Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, April 27, 1916, Sonntagsblatt, Image 9

Below is the OCR text representation for this newspapers page. It is also available as plain text as well as XML.

    Sonntag-statt de
StaakS Art-Zeiger und Hei-old
MYFSIIIUN ,Dvu
——
1800 Deter- iilser d I
Beet-. «
l
Ein Feldvosrbries von der Lckolcr Sile-l
ironi. ·
l
Standort, im Februar
Keine frassen Bilder werden hierj
entrollt werden vorn Jammer denl
Krieges, don Bini und Wunden«
Schmerzensschreiem Wimmern undl
Nöcheln zersepten Fleisches. Nur rein·
sachlich soll vielmehr vie Organisa
tion des Snnitätsdienstes geschildert
werden« wie er von unserer Hamps
gruppe gehandhabt wird. Jn erster Li- l
nie denkt da der Leser wohl an dies
Verwundetenfilrsorge. Die steht ruan
gewiß ans dem Programm des Sms
niiiirsselddiensies in der dort-erstens
Reihe, nicht geringere Wichtigkeitj
aber-, wenn nicht noch größere Be
deutung, kommt im Kriege der Ges»
sundheitspslege im allgemeinen zu.j
Als bekannte Tatsache sieht ja sest,«
daß bisher in allen großen Feldzü-.
gen die Einbußen der heerc durchs
Ertrantungen bei weitem die Ver-:
luste durch den eigentlichen Waffen-l
gnng überwogen haben. !
Einer unserer Leute hat unliingsd
aus einer Feldposilnrte die launigej
Bemerkung nach Hause gemeldet:
»Hättest die Juni-me nicht die un-!
rnaniers gelegentlich herzuschieszenH
» -rnan tönnte sich hier wie irr einer
Höhenlusttur siihlen." —- Der Mann!
hat mit diesen Worten — unbewußt:
wohl —- unserern Sanitiitsdienst das»
höchstmögliche Lob gezollt. Nur»
schwer stellt man sich vor, welche Un-i
surnrne von Mühe und wart-sinnen
Arbeit es kostet, unter sodiel Mann-s
schast verschiedenen Alters nnd der-!
schiedener Konstitutiom unter Leuten
die zudem dei uns durchwegs schon
17 Kriegsdienstmonate hinter sich ha
ben, einen befriedigenden Gesund
heitszustand zu erzielen —- dei so
engem Nebeneinanderleben, unter
Strapazen, Wittesungsunbill und
sonstigen Gesährdungen des Gebirgdiz
kriegei. Ei rnag paradox tlingen,
aber tatsächlich haben wohl Hundert
tausende unserer Soldaten bisher noch
sie svsstertisch geteilt. und so unter»
ständiger Obhut des Arzte-, Gie jetzt
im Kriege.
Doch sehen wir uns zunächst die
Oertlichteit an, wo in unserer
Kampsgruppe die Fäden des- vielver
«·rdeigten Sanitätödienstes zusammen
lausen. Sieben wir nicht gerade aus
dein Dauptwege durch die Stellung,
an dem auch die Sanitätsstation
liegt, wird ein Fremder gut daran
tun, sich zum Gange dahin seine
Steigeisen oorzuschnallen. Die Ver
dindungspsade durch das Lager er
scheinen zwar unseren Leuten recht
tonrsortadel, siir einen dergsrernden
Begleiter aber möchte ich doch lieber
nicht einstehen. Arn Ende könnte noch
unser dielbeschiistigter Herr Doktor
rnit einem neuen Besuche zugleich
schon einen Patienten mehr bekom
MOII
Unsere Sttnitätsstation liegt also,
wie bereits bemerkt, nn dem Haupt
wege durch die Stellung, und zwar
am äußersten und geschütztesten
Punkte in einer Rat-ein« ties in den
Felsen eingesprengt. Nach Möglich
ieit ist somit Vortehr getroffen, daß
ein seindlicheg Geschoß nicht extra
den Weg nuch hierher finde. Fehlen
hen übrigens kann man zu unserer
Sanitiitsstation nicht. Von weitem
schon ist lagermärts die Fahnenstange
sichtbar mit dem wehenden Banner
des roten Kreuzes. Daneben grüßen
zu beiden Seiten der Knoerne zwei
eingepflanzte Tonnenbäurnchen den
Besuchen Zwischen diesen schließt
ein Verschlng aus Naturpsiihlen den
Eingang in das Ietsengemach. Den
Giebel bekleidet frisch-grünes Tan
nenreisig. ·
Zur linken Hand ist der Raum
site das ärztlicbe «Apparternent« ad
geteilt. Mit Wellblech gedeut, die
Wände mit roten Decken tapeziert,
macht sich das iirztliche Zimmer sehr
resdeitabeL Wohin man blickt, aus
den Fischen. an den Wänden, in
Nassettern Kisten, soeben, überall be
zegnet das Auge iirztlichem, chirurgis
Esther-n pbarmazeutischem Jnventnr.
Ein transportndler Osen dient für
die Beheizung, elektrisebe Beleuchtung
ermöglicht präzise ärgtliche Arbeit
auch bei Nacht. Der Feind fragt ja
nicht nach der Stunde.
Damit sieben wirssebon bei Kapitel
Eins des Sanitiitsdienprs im Felde,
die Verwundeteniztirsorgr. Vor al
len Dingen ist du siik den raschesten
Ineansport von Verwuan zur
Sanitiitssiation nusreichend gesorgt.
Aus den entfernte-n tote den nahen
Stett ungen, sile den Wisle tote
del dlöiticher Betchtedone lieben ge
schulte Blessiertentrii aæer iederzei zeit
riet-herein Wenn nö , wird dieses
Lords noch durch eine Unzahl don
idilnrbettern dersiett die hierzu
Der Berwundete lonnnt als-, wenn
angezeigt, bereite mit einem Rotvers
band aus dein Verbandpiickchen, das
jeder Mann stets bei sich tragen muß,
zunächst zum Arzte in vie Sanitstss
station· hier findet er rationelle
Behandlung, tote sie elbe in den
Kliniten der großen tnntennnstols
ten im wesentlichen nicht anders und
nicht besser eleiftet werden tann.
Chirurgifche equifiten find in befter
Beschaffenheit und reichlichft vorhan
den· Von den Spezialinftruenenten
angefangen bis zum bescheidensten
Pflafterl fehlt da nichts,was vie ärzt
liche Erfahrung file die Wunvbehanvi
lung vorschreibt. Auf einer Stellage
sehe ich einen Vorrat Tubea mit Te
tnnussSerum, zur Schutzinjettion ge
gen diefe furchtbare Wundinfettion,
die bekanntlich in so vielen Fällen
tödlich endet. Desgleichen ist in un
ferer Sonitätsftation Mastive vor
rätig, ebenfalls ein neues, aber be
reits tlinifch befterprobtes Spezifi
tum zur Fixierung der Wunden. Be
sonders erwähnt feien auch die hie-;
baren Glievfchienen, die sich vortreff
lich bewährt haben. »Wir sind hie-",
fagt unser Doktor, Assiftenzarzt Dr.
Michael Engel aus Temesvar, »in
mancher Hinsicht noch befser ausge
stattet, als sogar manche Krunlenans
stalten im Hinterlanvr. Denn alles
beste Material kommt nnverziiatich
zuerst an die Front."
Jn allen nicht gerade ganz gering
fügigen Verwundungsfällen bat der
Blessierte bestimmungogemäß alsbald
non der Sanitätsftelle in die nächste
Krankenanftalt nach rückwärts zu
kommen. Jst indes ein solcher Trans
port untunlich, dann bleibt der Mann
in der Sanitätsstation in Pflege.
Decken fiir die stets srierenden Ver
wundeten gibt es hier in Hülle und
Fülle; Rognah Mineraltvässer, neue
stens sogar tondensterte Milch, Scho
tolade und Fruchtsäste versüßen dem
Blessterten die bitteren Stunden des
Wundlagers.
Wohlgeordnet in Reib nnd Glied
grüßen die aufgezählten Kostbarkeiten
vom Regel herab, für so manchen
Mart-den etn Gegenstand begebrlicher
Wünsche Denn til-lieblich- long
lang ist es ber, daß man um so lecke
res Zeug, so rar jetzt, ganz einfach
in den nächsten Laden zu springen
brauchte. »
Marode natürlich nnd Kranke er
scheinen auch in der Sanitiitsstatiom
vorschriftsgemäsz tagtäglich friih bei
der Marodenvistte. Allerdings-, ihre
Zahl ist geradezu unglaublich gering
bei uns. Ein ganzes Arsenal von
Büchsen, Flaschen, Dosen, Tuben u.
f. w. repräsentiert die eigentliche
Apotheke der Station; es fehlt somit
auch nicht zur ersten Behandlung in
terner Ertranlungen Sogar einen
Rachenspiegel und einen Ohrenspiegel
verzeichnet die Jnventarliste, ferner
auch znhnärztliches Gerät.
Nun aber endlich zu Kapitel Zwei
—- wie die Dinge jetzt einmal stehen,
dem bei weitem größeren Arbeitsfeld
unseres Sanitätsdienstes hier.
Wirklich ftauneniwert ist« was da
geleistet wird. Jmpfungen und Nach
lontrotle der desungen, ständige
Nahrungsmittel- und Wasserlcntrolle.
regelmäßige allgemeine Untersuchun
gen auf Jnfettionslranlheitem uner
müdliche Belehrung der Mannschast,
rastlose Acht auf Reinlichteit in La
trinen, Untertiinften, Küchen, schließ
lich ain Mann selbst, —- dat tviiren
nnr so die Richtlinien dieses hoch
wichtigen Dienstes auf dem Gebiete
der modernen Hygiene und Seuchens
Prophylaxis
MI- scssb und «-msc-vfuscö unt
.... .».. ».... ,,..-.»....,..,. -..»
Assistenzarzt sein oekantwortungsvob
les Amt nimmt, und zwar gerade in
vuntto hygienischer Vorsorge, das be
zeigt am besten sein — ihm übrigens
wohlbetannter — Spiynamen im La
ger, aus seine unermüdliche Latrinens
inspizierung zurückführen-. Kommt
ihm der einmal wieder zu Ohren,
dann lächelt unser Doktor sein. Er
weiss ja, vasz das im Grunde ein rech
ter Ehrenname ist siir ihn. — Um
ihn so zu titulieren, wie er es wohl
verdiente und toie es sein Vatersname
nahelegen würde, unseren »Staa
Engel« etwa, puntto leiblicheo Wohl
— dazu ist unsere Mannschast zu we
nig sentitnental. Veranlassung dazu
hätte sie reichlich; de sacto ist nämlich
bisher in unserer Nampsgruppe lein
einziger FranlensalL tatsächlich nicht
eine ansteckende Ertranlung vorgekom
men, seit des Olssistenzartei Juni
tionjdauer, seit einem inteliahn
Das spricht wohl sitr sich selbst genagt
Auch teinen einzigen Fall von Er
rierung hat unser Marodenbuch bis
» r zu ver eichnen. Freilich hatten wir
is nun einen allzu strengen Berg
winter. Wie man weist, lommen aber
oie meisten Grsrierungen durchaus
nicht bei absonderlicher Kälte vor, die
von selbst zu Schusmaßregeln an
spornt. Speziell oor Erfrierungen
schlist nur ständige wachsame Bartes-r
Uinsonlt natürlich sollen solche Er
Ufolge nicht in den Schoß. Kopfzerbres
chen und Milhse kostet das hinreichend
Dr. Engel läßt sich’5 als propbylattis
schee Gefundheiisupoftel sogar an der
mündlichen Propaganda allein nicht
genug sein; et zeigt mit Ilugfchriften,
Merlbliittet, Plalate u. a. die schwere
Menge, mundgerecht und fchlagteäftig
abgefaßt in ver Wirkung auf die
Mannfchaft. »Noch dein Stuhlgang,
«ooe dein Essen, hiinderoaschen nicht
vergessen« —- «Fliegen verfchleppen
Flecktnphus-, Cholera- und Ruhrleis
rne von den frei umherliegenven
Darmentleekungen" —- »Die Bekämp
fung der Läufeplage« — »Die zehn
Gebote bei großer Kälte« —- »Der
Gebirgölrieg im Winter«, ein beson
vers treffliches Merlblättchen für den
Soldaten.
Ein Fachschriftchen neuesten Da
tums für Aerzte lommi mit auch vor
Angen, über die jiingften Erfahrungen
bei der Wundbehandlung: Ratschläge
zur Hintonhaltung von Gelenlsvers
steisungen bei Vetletzungen'«. —- Und
ich staune, daß unser vielbeschästigtet
Doktor noch Zeit findet, auch hier sich
weiterzubilden wie daheim. Mit dem
geschilderten Dienst allein ist es näm
lich um sein Tagewerk nicht getan. Da
gibt es jn auch noch schriftliche Arbeit
genug: Jmpfliften und Krankenratv
vorte, Erfordernisausgnbem Referate,
Vorschläge usw.
Mit besonderem Stolz verteer ten
von unserer neuen Badeanstalt, vie
zurzeit täglich der Eröffnung entge
aensieht. Es ist ein veritables Warm
bad mit einer Wäscherei —- ünd einer
Desinfettionsabteilung Einen Des
infettionsapparat mit Heißluft haben
wir bereits seit langem;- der steht
fleißig in Betrieb und säubert die
Kleidunggstiicte von unerwiinschten,
zinsfreien Mitbewohuern.
Das Wasser beziehen wir in der
Hauptstellung aus einer gefaßten
Quelle und mittels eigenen Autzuges.
Jn den höher gelegenen Stellungen,
wo das Wasser durch den Trangvort
leidet, wird die Mannschaft mit Mi
neralwasser versorgt.
Damit Schluß siir heute. Eine Be
merkung aber lann ich mir zuguter
ietzt nicht verbreiten- Wie ei wohl in
puntto Sanitiitswesen bei unserem
Gegner jetzt aussehen mag, den her
ren Jtalienern? —- Was man so ge
legentlich von Gefangenen hierüber er
fährt, taugt gerade auf keinen Fleiß
zettei. Auch erinnert man sich wohl der
aussehenerregenden Anklage, die (im
Frühjahr?) 1915 ein italienischer
Professor laut werden ließ, ungehin
dert von der italienischen Zensur; mich
ein Geständnis!
(,,Allgemeiner Tiroler Anzeiger«.)
-
Hundes III-un der Gurt-lea
Miss
Erziililnng bun Lislar von Hiibicln
Der deutsche Ossizier streckte sich
recht bequem auf der aus einer
Strobfchiitte und darüber gebreite
tem Mantel bestehenden Lagerstätte
ause. Das auf dem rohen Herd
brennende Feuer verbreitete eine
recht brauchbare Wärme, während de:
Rauch, der nur mühsam durch die
Ballenriyen der Blockhiitte den Weg
ins Freie sand, etwas weniger an
genehm die Augen beizte. Durch
die Rauchtringel seiner Zigarette
blinzelte er zu dem österreichischen
Kameraden herüber, der an der an
deren Oüttentvand ein gleich kom
fartables Lages inne batte und rnit
tundigen Augen seinen Burschen bei
der Bereitung eines kräftigen Tees
beobachtete. Das Brodeln des Was
sers in dem Blechgefäsz tlang an
heimelnd durch das Sausen des
Windes und eintöntge Klatfchen des
Regens, der draußen mit gediegener
Gründlichleit den serbischen Boden
aufweichte. Die beiden Osfiziere
hatten im Verlause des Krieges ge
nügend Gelegenheit gehabt, Wind
und Wetter in jeder Form und Gil
te auszulostem um die ihnen zuteil
gewordene bebagliche Stunde nicht
voll einzuschähem Der Diener bot
den Tee in zwei sehr verbeulten
Blechbecherm doch konnte das primi
tive Gefäß dem beißen Getränlnichts
von seinem wohltätigen Einfluß
rauben. Der Deutsche hob den Bes
cher. »An diesem Sinnet Proft
Kamerad!« Er tat einen mächtigen
Schluck, dem der Oesterreicher ge
wissenhast nachtum.
»Ein hundewettey bas,« meinte
der Deutsche, .mtr tun nur die ar
men Kerle leid, die heut draußen
sein müssen, der Gedanle an sie
sit-et das eigene Behagenl'
«Minut ich nicht sagent« gab der
Oesterretcher philosophisch zur Ant
wort. «Deut’ dir, morgen mir, ich
beneide niemanden und bedaure nie
manden. Wie es trifft, so fällti.«'
Er bersentte sich in feinen Becher.
»Na ial Glückssache, daö!« be
stätigte der Deutsche, «tibrigens ba
«ben wir uns unser Ruhestündcqen
kehtlich verdient. War ne seine Sa
chegestern mit den Serben. Kenne
jetzt diese angenehme Völlerschast
gründlich.«
»Unsere Nachbarn, die wir stets
mit Glaeehandschnhen angreifen
mußten,« bernerlte ver Qesterreicher
bitter. »Vorber hat uns lein Mensch,
auch nicht tnDentschtand, geglaubt,
wie wir ständig gereizt und provo
ziert wurden. Ihr habt doch stets
anständige Gegner gehabt. wir aber
bösartige verschlagene Feinde, die
alle Waffen für gerecht und kein
menschliches oder göttliches Gesetz
heilig halten. Jetzt leentet Ihr sie
selber tennen.«
»Na!« meinte der Deutsche, »mit
der Anständigleit der Gegner war
das auch mal so ne Sache. Gegen
die Franzosen und Rassen will ich
nichts sagen, die Morvbrennereien
der Kosalen nebenbei, das ist so
Eigenart der Rasse, die russische Li
nie ift brav. Aber die Engländer,
Kamerad, vie Engländer! Hetzen die
uns einen ganzen Hagenbeck exoti
scher Völkerschasten auf den Hals.
Farbige gegen Weiße. Jst das an
ständig? Da waren die farbigen
Kämpfer für Old Englands Ehre,
fast die besseren Menschen« Er
schwieg eine Weile und lachte dann
laut aus. »Ich will Ihnen die
Geschichte von Sundra Ftban dem
Gurthaosfizier, erzählen.
Bei La Bassee war es, wo ich
zuerst die Bekanntschaft des schwar
een Bengels machte. Eine Brigade
ndischer Söldner ging auf unsere
Vorstellungen los· Mit jenem tod
derachtenden Futalismug der Aste-—
ten. Vielleicht mußten sie vorwärts
gehen, denn hinter ihnen standen
englische Maschinengewehre. Sie ta
nten nicht weit. Wir waren vorbe
reitet und nahmen sie unter ein
höllenseuen wie sie es- getviß nie
erlebt hatten. Die Sache ging rasch
ez waren nur einzelne Trümmer der
Brigade, die in unsere Gräben ge
langten. Leute, matt gehetzt, mora
lisch und« physisch vollständig nieder
gjbrochen Die nicht der ersten Wut
M bange-news- erlagen, ließen
sich stumpssinnig gesangennehmen.
Ein nicht großer, aber untersetztc
Bursche mit schiefstehenden Augen
und schwarzem hinunter-hängenden
Schnurrhart war mit dem Messer
aus mich losgegangen Ein Stock
hieb auf den rechten Arm entwass
nete ihn, woraus er die Arme sofort
hochwarf und sich ergab. Nach dem
Angriff, als wir die Gefangenen zu
sammentrieben, meinte der gute
Mann im schauderhastesten Englisch,
das ich je gehört, er sei Ofsizier und
bitte, darnach behandelt zu werden.
Jch sah mir den Kunden genauer
an und muß gestehen, ich fand die
Methode der englischen Ossiziere,
ihre indischen Standesgenossen als
minderwertig zu behandeln, sehr
gerechtfertigt Mein Gott, sah der
Bursche aus! Aus der Stirne trug
er in roter Farbe ein dreizintiges
Lastenabzeichem wag seinen Anspruch
auf höhere Wertung sichtbar machte.
Sonst sah er mäßig aus, militärisch
schon gar nicht. Trug einen lehnt
braunen Kittel mit ausgenähten
Brusttaschen, ein paar Streifen am
Kragen, eine schmutzige, turbaniihn
liehe Wollmiitze und Wickelgamas
schen, was nicht schön anzusehen
war. Die übrigen Gurthahelden wa
ren ihm ähnlich. Ein bißchen start-J
schmutzig, dervtnochtg, ran Augen
wie schwarze Schuhtnöppe. Bunt
fcheetige Mustergalerie indifchen Völ
kergemisches. Ein paar Leute waren
darunter, die ftark hervorftachen.
Langdeinige Kerle mit stillen, ruhi
gen Gesichtern. Jch fragte den gu
ten Gurihomann, in meinem schön
ften Englisch, was das für Krieger
seien. Er rollte die Augen.»Sickhs!«
rief er halblaut, ,,alles hohe Kaste!«.
»Hol dich der Teufel, mit deiner
Kaste!« dachte ich, aber die Leute, die
wie edle Bronzefiguren aussahem
gefielen mir. Sie trugen ein nach
denlliches Gesicht zur Schnu. Der
Krieg, in den sie willenlos getrieben
wurden, lastete in feiner ungeheuren
Schwere auf ihren Seelen. Anders
benahmen sich die Gurlhaieie er. Die»
tümmerten sich, nachdem de Krieg
fiir sie mit ihrer Gefangennnhme
ein Ende hatte, nicht weiter darum.
Was ging fie ein Krieg zwifchen
weißen Sahibs an, bei denen sie
nur das Kanonenfutter abgaben?
Gleichmiitig ließen sie sich hin- und
herfchickem sich nicht mit besonderer
Eile bewegend. Die Jndolenz des
Judiers kam bei ihnen zum schärf
sten Ausdruck Essen, trinken, schla
fen, beten ist ihre Lebeasirufgabe, die
durch den Krieg nur eine unange
nehme Erweiterung erfahren hat.
Der kleine Gurthaoffizier, der den
Stockhieb als perfönliche Auszeich
nung aufzufassen schien, drückte sich
fortwährend in meiner Nähe herum·
Ja seinem Blick lag ein hungrig
gieriger Ausdruck. Ich fand dies
nicht recht begreiflich, die Vermis
gung bei den Engländern ift fonft
das befte an ihnen. Endlich siegte
feine Beharrlichleit, ich erriet, daß
meine brennende Zigarette feine Be
gehrlichkeit geweckt hatte. Jch ver
fügte noch über einen kleinen Vor-»
rat Zigaretten und bot ihm einige(
nn. Der riß vor Staunen seinen!
nicht zu kleinen Mund noch weiter
auf. Solche Huld von einem Wei-(
ßen mochte ihm noch nie widerfahren.
fein. Dann klappte er fein Mund
merk zu und fteckte eine Zigarette
herein. Ein Ausdruck unendlicher
Freude lag auf dem fchmutzigen Ge
sicht, als er andachtsvoll die erften
Züge machte. Jch hatte fein Herz
gewonnen und durfte seiner Dank
barkeit sicher fein. Er beantwortete
meine Fragen bereitwillig Seinen
Namen nannte er mit sichtlichem
Stolz. »Romidra Sundra Khan'«
hieß der braune Kunde.
,,Sahib. mein Vater war von ho
her Kafte und berühmt im Volke
als Krieger. Er diente den Englän
dern gegen Sold, und die hefteten
ihm fiir feine Tapferkeit viele Me
daillen an die Brust. Er fiel inl
Tibet, von einer Kugel getroffen und
ftarb für die Engtiindek.«
Ramidra Sundra Khan zog fei
ne Augen zufammen, für die Eng
länder fchien er wenig Liebe zu ha
ben
»Als ich erwachsen war, nahm ichl
Kriegerdienste, wie mein Vater und
wurde häufig belobt.« Er warf sei
ne kurze Stumpsnase in die Lust
und blies in die Backen. Jch muß
te innerlich lächeln über diese mili
törische Wichtigtuerei, verbarg es
aber glücklicherweise da er sich sonst
beleidigt zurückgezogen haben würde.
»Ich stieg zu meinem heutigen Ran
ge empor, Sahib, und dachte, nie
ein besseres Leben zu sinden.«
Ramidrn Sundrn Khan warf den
Zigarettenstummel zur Seite uno
zündete sich eine srische an.
»Das ist ein guter Tabak, sehrl
guter Tabak, Sahib,« meinte er an-;
erkennend, »Maharatana würde ihn«
vergleichen mit dem Lüste der Nel
le.'«
»Wer ist Mahriratiina?'« fragte ich
ohne besondere Neugierde ;
»Meine Braut. Sahib. Eine»
Blume voll Lieblichkeit und Anil
mut, die mein Herz erquickte, wenn
es müde und sorgenvoll war.« (
»Die Lieblichkeit indischer Frauen;
und Mädchen lenne ich von einer
Orientreise her,'« sagte der österrei
chische Ossizier lächelnd, »ich habe die
schmutzigste südungarische Zigeunerin
noch immer hübscher und sxruberer
gesunden, als diese indische Weib
lichieit.« Er schüttelte sich bei der
Erinnerung.
»Na, dann lann ich es mir ja
vorstellen, wie die Maharaiana aus
gesehen hat, die ihr Herz meinem
Freunde Ramidra Sundra Rheinge
schentt, es gehört mal ein gesunder
Geschmack dazu," gab der Deutsche
anertennend zu. H
Der Gurthaofsizier schmauchte
meine Zigaretie gelassen weiter nnd!
schien ganz in die Erinnerung ans
Maharatana versunken zu sein. Jch
fand das rücksichtslos und fragte
weiter. «Zogt ihr gerne in den
Krieg gegen uns?«
Ramidra Suttdta Khan wiegte
abtvehrend den Kopf auf den Schul
tern.
»Als man uns sagte, es gingeges
gen die Germany, da dachten wir,
es sei nicht anders, als in Aegypkeu
und Kapland. Wir schießen und die(
Feinde laufen. Wir dach·ten, die
Germanh seien eine untriegerische
Kaste, die den ganzen Tag für die
Engländer arbeiten. Sie machen
verschiedene Sachen, die sie den Völ
kern vertausen. Für die Englän
der haben sie Götter gemacht, um sie
an die Stelle der alten zu schen.
Weil die Engländer ihre alten Göt
ter behalten wollen, haben die Ger
many Krieg angefangen, aber schon
viele Schlachten verloren. Bald ivirdl
England sie besiegen und zur Rahel
zwingen«
Jch hörte die lonsuse Erzählung
und sragte dann, woher er seine
Wisfellfchlkfko habe. Der Gurtha
glänzte ilber das ganze Gesicht, als
er prompt antwortete: »So haben
ei uns die engländischen Ofsiziere
erzählt, aber die En länder lügen
viel, wir wissen es. ir haben es
sa selbst gesehen, daß ihr nicht ge
laufen seid, wie wir geschossen ha
ben!«
Sich vorsichtig umsehend, zog er
einen ziemlich zerlnitterten Brief
Fogen aus der Tasche und sagte lei
e.
»Sie haben uns immer belegen,
die Gualanden auch seht, da sie uns-»
bei den Germanh leichten Sieg und·
reiche Beute versprochen Damit lock
ten sle viele Tausende meiner Lands
leute its-ihre Wer-belebte, um sie in
den sicheren Tod zu senden. Der
Sohn meines Vaters Bruder, Kach
chagana, hat mich gefragt, ob er
Dienst bei den Engländern nehmen
soll, da es den indischen Truppen
so gut gehe. Die schönsten Frauen
schenkten ihnen ihre Liebe, sie wür
den mit Blumen und Gaben über
schättet und als unbesiegbare Helden
geehrt. So sagen die Engländer,
um unsere Jugend zu verlocken, gis
sie zu kämpfen und zu sterben. ch
wollte den Sohn des Bruders inei
nes Vaters warnen vor den engli
schen Lügen, Sahib, und habe ihm
einen Brief geschrieben, den die
Engländer durchlassen werden«
Mein unverhohlenes Staunen
merkend, sagte er, vergnügi grinsend:
»Ich habe geschrieben, wenn du nach
Europa willst, um siir das großher
zige England zu kämpfen, kann ich
deinen Entschluß nur segnen. Es ist
eine weite interessante Reise durch
fremde Meere und Länder, du lernst
Völker kennen, die andere Sitten
haben als wir. Sie essen das
Fleisch unreiner Tiere und sind die
Sklaven ihrer Frauen. Solche Ge
brauche sind uns fremd, der Mensch
soll nach dem Willen der Götter al
les lernen.«
Ramidra Sundra Ahan sah mich
listig von der Seite an. ,,Sahib,
unsere Lehre sagt, die Götter wissen,
weshalb sie die Menschen in Un
wissenheit lassen, und es sei nicht
gut, ihrem Willen zu trotzen. So
wird mein Berwandtet wissen, was
ich in diesem Briefr meinte. Jch will
aber noch weiter lesen. O, Kach
chagana, Sohn des Bruders meines
Bitters, wenn du deine Absicht aus
führst, dann ist es möglich, daß du
in die Heimat zurückkehrst, die Brust
mit Ehrenzeichen geschmückt Tue
deshalb nach deinem Gefallen und
dem Willen der Götter.«
Wieder neigte er den Kon so ein
bißchen zur Seite und tlappte schlau
mit den Augen. Jch hatte jetzt
Freude an dem Burschen. Der Brief
mußte abgehen, er verdarb den Eng
ländern das indische Werbegeschäft.
So was spricht sich doch rum bei
den guten Jndiern. Kein englischer
Zensor konnte etwas Betdiichtiges
darin lesen, nur der Empfänger
wußte, was er davon zu halten ha
be. Jch lachte und sagte ihm meine
Meinung. Er lsejahte lebhaft und
erklärte:
»Sie sollen nicht mehr Söhne
meine-J Landes in diese kalte Wüste
schleppen, wo teiner von uns leben
tann. Unter dieser bleichen Sonne
tann nur ein Weißer leben, nicht
wir!"«»·
»Und die Englander?« warf ich
fragend ein. Er spuckte verächtlich
aus-.
»Wenn ich nachhause tomme, wer
de ich meinen Landsleuten erzählen,
wie die Engländer vor den Ger
manyg gelaufen sind. Da werden
wir uns vor ihnen nicht mehr so
fürchten-«
»Dann ift zu hoffen, daß der
Krieg für England noch ein unan
genehmes indifches Nachspiel hat,«
sagte der Oefiertcicher.
Der. deutsche -Offiziee.zuckte die
Achsel. »Ja, wenn? Ob die Eng
ländee wohl je ihre indischen Sol
daten nach Indien zutiickschaffen. Jch
glaube es nicht. Ramidra Sundra
Khnn wird teinesfalls den heiligen
Ganges und die siifz duftende Blu
me seines Herzens, Maharatamt,
wieder sehen-"
»Weshalb nicht?« fragte der Oe
sterreicher.
Da sagte der deutsche Ossiziee:
»Der Mann liegt heute mit hoch
gradigee Tuberknlose im Spital.
Ein Einzelopfer des Völker ver
schlingenden Englands.«
Die Tarnstundr.
Tttrttftniid’ liiilt gesttcng drr Lehrer.
,,:’lllei:i"', sagt er, »was-H ich sittttt)·:
Springen, Wettern, Otliederftrccteih
Atti-so macht mir steifzig naits«.
llnd die Buben klemm- springen;
Streiten fest die Glieder ans-.
Tom Herr Lehrer späht inzwischen
Nach dem tieinen Nactivarhatsö.
Bald sein-n natn die Blondgcidckte.
Leise-J Flüstern, vald ist Schluszz
Rasch noch ans die :iiofei.lipneii
Einen wsrtnen seiten sian
Und er inisctit sich leichten Schrittes
Wieder in die Btiveiiselntr,
Licht nocli iivcr Blinnei linfiiien
Zeile tnit dein Lockenlsaac
,,’.’ilso'·, rnft er strenger Miene,
»Habt erfüllt ihr citec Pslicht«f«
Ll e schreien: »Ja« Herr Leliret··«
Nur der Hansl. der schreit nicht.
»Und nnr dn nicht«, sagt der Lenker-;
Stellt den sinnst scharf zitt· Red’.
»Alle-I- kann i«, sagt der seliiichtetm
»Aber dtiiseln tann i ini«'.
M-.
— Jn den Flittertvochem
Sie: Nicht wahr, Paul, du warst
gleich in mich verliebt, als du mich
M erstemal sahstt
Et: Ja, Ema, —- dt latnst, is«
sph- vu itme