Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, April 20, 1916, Sonntagsblatt, Image 9

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    Sonntag-Hatt de
GUIW risse-tand, Reisk. ,DI-u iifiaw
Staats Anzetger und Wer-old
W
J Zur Feinde-land.
Von E. Weilchen
Das deutsche Lazntett nmr am
Ausgang des französischen Dorfe-z
nntetgebracht, in einein schloßariigen
Gebäude, das einer dettvitivetenFrnu
von Martigny gehörte, welche außer
ihrer Tochter und ihrer Nichte nn:
noch ein altes Dienerpaar bei sich
hatte. Als der lettende Arzt des
Laziirettes, Doktor Hinge, ihr seine
Answottung machen wollte, ließ sie
sich mit leichtem llnwoljlsein entschul
digen, aber zu gleicher Zeit ihn bit
ten, an den Mohlzeiten bei ihr teilzu
nehmen, falls es seine Zeiteinteilung
erlaube.
Der Arzt sagte zu. Wenn er fiel ,
abet von diesen Stunden des Zu
sammenseins mit seinen Wirtinnen
eine Erholung versprochen hatte, sollte
er bitter enttönscht werden.
Gleich bei dein ersten Mittagessen
äußerte Frau von Martigny mit ih
tek müde-n leidenden Stimme: »Ich
hoffe, wir stimmen in unseren An
sichten überein, Monsieur-, wenn ich
Sie ersuche bitte, alles, was
sich auf den Krieg nnd die politischen
Verhältnisse bezieht, ans unserm Ge
sprächsstoss zu bannen.«
si
ymze gmg yosucy aus Iyr Herum
gen ein. Er erzähtte von den Ge
genden Nordsrantreichs, die er jetzt
kennen gelernt hatte, von früheren
Reisen. Aber jeder der Anwesenden
fühlte, daß die Gedanten des andern
viel mehr bei den Geräte-schen und
Vorgängen der Straße waren, atö
bei dem soeben Gesagten.
Vor dem hause tonk ein stete
Kommen und Gehen. Leicht Ber
tonndete tnmen herangehintt, aus
Stöcke gesttißt oder von Kameraden
sorglich geführt. Krankenwagen nnd
Autott fuhren vor und entteerten ihre
traurige Last. Dann zogen wieder
mit bottendem Schritt Jnsanteeiere
gtmenter vorüber, und durch die ge
schlossenen Fenster drangen dentttch
die Kommanbots der Offtzierr.
— Soeben festen « draußen hunderte
von kräftigen Sokdatentebten an zu
dem Gesange: «E"s braust ein Ruf
wie Donnerhall. . . .«
Frau von Martignys Gesicht wur
de noch um einige Schattierungen
blässer.
»Daß sie immer singen müssen.
diese Deutschen.« murmelte sie.
»Das ist doch noch das Beste an
ihnen, Mama,« sagte die hatbtvtich
sige Rose vorschnetL »Eigenttich
paßt das Singen gar nicht zu die
sen...." Sie biß sich auf die Liv
pen und warf einen ängstlichen Set
tenblick aus den Arzt.
»Barbaren!" wollten Sie sagen,
nicht wahrt« vervollständigte Hinze
den Satz und sah das junge Mäd
chen belustigt an.
Die etwa Fünfzehnjöhrige errötete
start.
»Berzen)en Sie meiner ausme das
unhösliche Wort, Monsieur,« wandte
sich Elinne de Martignn an den Arzt.
»Sie ist noch ein halbes Kind-«
»Ich bitte, hnt nichts zu sagen.«
Das Intermezzo hatte das Gute,
daß die Herrin des hauseå jetzt mehr
aus sich heraus-ging; sie wollte oifen
bar die Unnrt ihrer Tochter gutmas
chen. Eiione dagegen blieb weiter
still. Sie lenkte mit sast unmerkli
chen Winken den ouswartenden Die
ner nnd sorgte peinlich dnsiir, daß
es dem Arzt an nichts mangelr.
Das berührte ihn sympathisch, und
er hätte gern eine Unterhaltung mit
ihr nngetniipst, ober, — war sie nun
eine wortlnrge Elintnr oder lnm sie
über die Feindschaft der Französin
gegen den Deutschen nicht hinweg —
genug, sie spann den gegebenen Faden
X nie weiter, ließ ihn jedesmal sast ab
sichtlich nach kurzer seit sollen
Dann nichts sagte sich Hinze ör
gerlich.
Am nächsten Morgen war er schon
wieder sriih aus den Beinen. Aechzen
und Stöhnen empsing ihn in den zum
annrett unigewaredelten Sälen. Grau
sah der Morgen zum Fenster herein;
der Epirnrnel schien nrich uneins zu
seies, sollte er den Regen nur in tei
nem Trapsensnll zur Erde schielen
oder gleich in rnuschenden Strömen
Dinze hotte gerade den durchschosi
senen Arm eines Franzosen neu ver
bunden, da iissnete sich die Stir, und
aus der Schwelle erschien, ein wenig
:«. - « ernd, aber doch mit-der Sicherheit
»s— " M Dame von Welt, Eitane de Mar
ttsun Sinn dee weißen eeteivee von
« «sestera trug see heute ein puritanisch
Akt seinsachee Leinenllew und iider dem
" selben eine große Schürze.
diene ging aus sie zu, ein leichtes
- «Stnnnen in seinen Augen«
Sie neigte ein wenig den Kos
. m ; .so wie eine König-r
s- Be allen grüßt,« dachte der
««Jezt beinsUgL
« wollte Monsieur see-sen. ob
der-Moo- dts W
prnnzosen irgendwie helsen könne«
ch habe in sriideren Jahren einen
Samariterknrsus durchgemachi.«
Es ärgerie ihn, daß sie nur von
ihren Landsleuien sprach.
»Aus die Nationalität kommt es
hier nicht an, Mademoiselle," sagte
et ziemlich schtoss; »eö stände schlimm
um die verwundeten Franzosen im
Saal, wenn ich so dächte wie Sie.«
Eliane hielt seinem Blicke ruhig
stand.
»Wenn ich meine Hilfe den Solda
ten Frankreichs widme, werden an
dere helsende Vände für die verwun
deten Deutschen srei. Also diene ich
jenen zu gleicher Zeti.«
Eriwußte auf diese Schlußfolge
rung nichts zu erwidern, hatte auch
zzu Spitzsindigieiien jetzt seder Zeit
snoch Lu u.st
E »Ich nehme Jbr Anerbieten also
an Mademoiselle.«
Das mußte er sich bald eingeslehenk
das junge Mädchen lonnte ihm eine
wertvolle Hilfe im Lazarett werden;
sie scheute sich vor keiner Arbeit, und
ihre zarten Hände konnten überm-l
schend sest zupacken.
CI IPIMY ask llllcq kllllgsll Bllllls
den seine Anerkennung aus.
Sie nahm es gleichmiltig hin.
»Sie erwähnen etwas Selbstver
;itändliches,« sagte sie kurz.
Als er am Nachmittag zum Essen
im Speisezimmer erschien, machte
Eliane an Stelle ihrer Tante
die Wirtin. Frau von Martigny
liess sich entichutdtgen Sie hätte in
der Nacht wieder einen ihrer Herz
ansiille gehabt und bedürse dringend
der Ruhe.
. »Die arme Mama! Das dauert
nun gewiß wieder einige Tage, ehe
’sie wieder bei Tisch erscheinen tann,«
’sagte Rose bedanernd.
» »Wir müssen dantbar sein,d.1ß
nie bei der ständigen Aufregung in
diesen Wochen nicht noch mehr her
untergetommen ist« erwiderte Elianr.
»Aber loet fragt danach, welches
Ungliickss diese Zeiten iibet den einzel
nen bei-geni« Sie betonte- das-.w·e«,.
und Hinze verstand, daß es ein tleis
ner Seitenhieh siir ihn als Vertreter
der deutschen Nation sein sollte.
»Dort ich vielleicht Madame meine
Hilfe als Arzt anbieten?« fragte er
höflich.
»Ich danke Ihnen, mein Herr,
aber meine Tante würde diese Hilfe
kaum annehmen." Eliane sah, wäh
rend sie sprach, hochmütig aus ihren
Teller nieder.
»Aber warum denn nicht, Eliane?«
wandte Rose verwundert ein
»Uederlaß das mir, itind,« gib die
Kustne kalt zurück.
Also eine Deutschenhasserin vom
reinsten Wasser-, dachte der Arzt; ihre
Stellungnahme in diesem Falle tacn
ihm reichlich lindisch vor.
»Was ist das eigentlich sitt ein Ge
riicht im Ort?« nahm Eliane dann
das Gespräch wieder aus, wohl in
Dem chllslscilh OUH Dis Uslllkskllijcll
der Tnnte ihr Repräsentntionsvslichs
ten auferlegte, denen sie sich nicht
entziehen konnte »Die Strnnten im
Saal sprechen erregt von einer gehei
men Telegrnphenleitung welche die
Deutschen hier im Flecken vermuten
Auch unser Diener redete davon. Da
nlle Häuser vorn Boden bis zum
Keller untersucht worden sind, ist
diese Annahme doch völlig töricht nnd
nur dazu angetan, Beunruhigdngem
sn Feindseligteiten gegen unsere ar
men Bewohner hervorzurusen.«
Der Arzt lächelte.
»Unmiiglich ist nicht«-, gnädiges
Fräulein. Dem Urheber tnnn seine
Geschicklichkeit und Kühnheit schwer
zu stehen tontmen Daß es eine
Verbindung zwischen hier und den
seindlichen Stellungen gibt, ist er
tviesen. lind wir werden die Leitung
zu sinden wissen. llnd dann wehe
dem Tätet!«
«Sicherlich! Aus einen mehr oder
weniger Erschassenen lontmt es jn
den Deutschen kaum nn,« wandte
Ellnne spöttisch ein.
»Da irren Sie sich, gnädiges Fräu
lein, denn doch gewaltig," sagte der
Arzt ernst. »Wir spielen nicht srivol
mit Menschenleben Votlstrecken tvtr
ein Todesurteih so ist es eiserne Not
wegdigteth und es tut uns selbst
tve .'« —
Das Mädchen zuckte die Achseln.
»Ich wundere tnieh nur, daß die
Deutschen bei ihrer vielgerithmten
Gründlichteit nicht schon den armen
seiknzösischen Poteioten etc-gesungen
ent«
Hinze wollte etne hesttge Antwort
geben.
»Ist lafssen siei dochudie Aaeeles
gen t.« agte oe. « ns g
sn nichts on.« " NR
Jn diese-n Augenblick wurde der
Ae t 1dgerusen.
le er eine halbe Stunde später
in den net ging, unt nach dem die
sleussakriöpelsLuefiz you-Brauch et
tou u r ringen Its
s , er aus einer sont
iRosg Sie wnr offenbar ersreut
über sein Kommen und rückte unge
niert zur Seite, ihm durch diese Be
wegung zum Niedersetzen einigt-end
Er tot der Kleine-n den Gefallen und
fette sich neben sie.
Als er auf ihrem Schoße ein Zei
tungsblatt liegen sah, fragte er:
»Lesen Sie den »Moniteur de la
Ville de Guise«, gnädiges Fräuleins
Sie wars verächtlich die roten Lip
pen aus.
»Den liest schwerlich eine Franzis
sin. Ueberhaupt die deutschen Zei
iungenl Jhre Presse liigt gräßlich.«
Er sah sie ernst an. «
! »Glauben Sie das nicht, Fräulein
Rose. Lügen halten wir siir unter
unserer Würde und auch siir gefähr
llich unter diesen Verhältnissen Es
Hwiire siir Jhr Voll besser, wenn die
Tranzöstschen Zeitungen nach dem
gleichen Grundsatze arbeiteten. Hat
inmn Jhnen vielleicht wieder große
sranzösische Siege in Flandern dor
gcspiegelt oder gar glänzende russi
sche Erfolge nn der deutschen Ost
irrem-T«
: Rose stand ärgerlich aus.
« »Ich weiß, was ich weiß, und un
isere Zeitungen reden die reine Wahr
iheit!« sagte sie trotzig. .Und wir
Iwerden doch schließlich siegen-«
s hinze hielt es siir geraten« das
IThema zu wechseln, nnd wie wenig
Her Rose mit ihrem Patriotismus ernst
zu nehmen brauchte, erkannte er
daran, wie seelenvergniigt sie schon
wenige Minuten später »von der
gleichgültigsten Dingen der Welt re
:dete, und dies mit einer Wichtigteit,
die ihnen wahrlich unter den jetzigen
Verhältnissen nicht zukam.
»Ich musz nun wieder zu nieinen
Kranken,« sagte er und wandte sich
lzum Gehen. Rose schlosz sie ihm an
»und ging schlendernd neben ihm
. Vom Park kamen sie in den hof,
der. gut gepflastert, das Landhaus
umgab
,Wa3 hat Jhre Frau Mutter sür
einen prächtigen Hund!« meinte Hin
ze, als sie are einer saussallard geräu
migen hundehiitte vorbeischritten, vor
dem eine stattliche englische Dogge
lag.
»Gehen Sie nicht so nah an Cä
sar heran,'« warnte das junge Mäd
chen. »Der Hund gehört nicht Ma
ma, sondern meiner Kusinr. Jch be
sgreise Eliane nicht, warum sie das
Tier an die Kette legt. Cäsar war
vorher so gutmütig. Aber seitdem
er an der Kette liegt, ist er bissig
und läßt außer seiner Herrin nie
mand an die Hiitte heran.«
»Aber warum quält Jhre Fräu
lein Kusine denn das Tier unnötigW
Rose guckte die Achseln.
»An dem Ta e, als Jhre deutschen
Soldaten unse n Ort besetzten, band
Eliane Cäsar sest. Sie meinte, er
könne einem Deutschen etwas tun,
und wir bekämen dadurch Unannehm
lichteiten. Torheit!'« — die Kleine
schnippte mit den Fingern verächtlich
in die Lust; »Cäs"c’tdhätte nie jeman
dem etwas getan.«
Sie rief dem Hunde ein paar be
gütigende Worte zu und ging dann
mit dem Arzt in das Hauf-. —
Die Erregung unter der deutschen
Besatzung des ssanzösischen Markt
sleckens wuchs. Wieder war eine
wichtige deutsche Maßnahme von
weittragender Bedeutung dem Feinde
verraten worden. Soviel die Be
wohner des Ortes auch leugneten und
die Unschuldigen spielten, die vermu
tete Leitung mußte vorhanden sein.
Eine erneute hausuntersuchung
wurde anbesohlen. Eine Abteilung
Feldgrauer durchstöbette jede mensch
liche Wohnung, jeden Stall. jede
Scheune in dem Ort.
Auch in das haus der Frau von
Marttgnh kamen die Grenadiere und
durchsuchten jeden Winkel.
Vor dem Schlaszimmer der Schloss
herrin stand Cliane mit blitzenden
FAMILle
»Meine Tnnte liegt irkmi zu Bett.
Jch dnts wohl annehmen, daß Sie
ihre Ruhe respektieren und dies Zim
iner nicht betreten.«
Der deutsche Ossizier, der die Sol
dnten ansiihrte, bedauerte.
»Wir haben Beseht, jede Räum
lichkeit des Schlosses zu beichtigcn.
Jch bitte, uns den Weg srei igeben.«
Ali die junge Französin nicht von
der Schwelle wich, schob er sie mit
einem »Berzeihung, Mademoiselle, ich
habe stritten Beseht!«' beiseite und be
trat das Zimmer.
Die Krante schrie aus und bedeckte
stbhnend die Augen«
Sie glühte vor Erregung.
Nach einer Viertelstunde eisrigen,
aber erfolglosen Suchenl wandten sich
die Soldaten wieder zum Gehen.
Eliane lächelte spöttisch.
»Nun, haben Sie die Telegraphew
ieitung gesunden?« sragte sie, und
ihre Mundtoinlel zogen sich verächtlich
herab.
Beim Abends-rot beschwerte sie sich
in erregten Worten bei Doktor Dinge
(
FF
ii r die Rüäsichtslosigieit der Deut-—
s n. —
»Meine Tante hat Ihnen in hoch
håzigster Weise Gastfreundschaft ge
wshrL Jhre Pflicht war es also,
uns vor der Brutalität Jhrer Sol
daten zu schildem die nicht einmal
veir dem Krankenzimmer der Schloß
herrin haltnrachen.«
»Es tut mir herzlich leid, daß ich
Zhnen und Ihrer verehrten Frau
ante da nicht entgegenlomtnen konn
t«e. Einmal stand es nicht in meiner
Macht, und dann hängt von dein
Auffinden der Leitung so Ungeheue
res für unsere Trupp-n ab, daß jede
Rücksicht hier schweigen muß.·'
Eher als sonst empfahl er sich dort
den jungen Damen· Ein paar
Schwervertvundeie nahmen seine
Kraft start in Anspruch. Seine Ner
ven verlangten dringend nach Ruhe.
Abends begab er sich zeitig zu Bett:
er hssfte auf eine gute Nacht.
Aber es wurde kein erquickenker
Schlaf. Alle halbe Stunden schreckte
er auf. Mehrere Male hörte er den
Hund draußen böse lnurren. Zn
spaßen war mit diesem offenbar nicht.
Jetzt bellte er kurz auf. Aber das
Bellen ging gleich darauf in ein freu
diges Winseln über, als begrüße das
Tier einen guten Bekannten.
Nach wenigen Minuten hörte ihn
Hinze heftig an seiner Kette Herren.
Und wieder kam Dieses leise Winseln,
das aber entschieden eine Liebesbr
zeugungmseinjolltr.t
.-»·:(.« »Es
IllU III-sc yuuc Wen Induqu du«-e
toäre bissig und ließe niemand außer
Witwe an seine Hütte heran. Du
mußte sich die Kleine doch geirrt ha
ben; denn es war jetzt ein Uhr nachts,
und die schöne Eliane de Martigny
la sicher schlafend in ihrem Bett und
tr·umte von einer Niederlage de:
derhaßten Deutschen.
Am Tage vergaß hinze den Vor
fall unter der Arbeit und der Aufre
gung, die immer mehr unter der
deutschen Besahung des Ortes un:
sieh griff. Wenn die geheime Lei
tudg nicht gefunden wurde, so war
alles Planen und Dispoaieren der
hiesigen deutschen Kommandos um
sonst; ungeheuern Schaden drohte
den deutschen Truppen
Ein Preis wurde fiir denjenigen
Feldgrauen ausgesetzt, der das Ge
heimnis erlundete und den.T·citer
zur Bestrafung brachte.
DenPreiö hätte sich mancher gern
verdient, aber alles Forschen war
vergebens-.
Nach dem· Abendejsen ging Doktor
Hinze in das Wirtshaus-, um bei
einem Glase Wem das aufregende Er
eignis des Tages zu besprechen. Müde
ging er gegen elf Uhr heim und legte
sich zur Ruhe.
Er mochte vielleicht eine Stunde
geschlafen haben. als er geweckt
wurde.
Am Tage vorher hatte er einem
sächsischen Jäger den Finger umdu
iieren ·miissen, da die Gefahr der
Wundstarre vorlag. Alles war gut
abgelaufen, und er hoffte den Anm
sten seiner Familie und dem Vater
lande zu erhalten. Aber in der Nacht
hatte sich der Zustand des Kranken
stark derschlimmert.
Als er an das Bett des Verwun
deten trat, erkannte sein ärztlicheå
Auge sofort, daß hier nicht mehr zu
helfen war.
Jn dem Augenblick erscholl wieder
das leise Freudengetoinsel des Hun
des aus dem ose.
Neugierig g ng Hinze in das kleine
unbenutztr Zimmer, das an den Saal
stieß und das mit einem Fenster aus
den hof hinausging. Wenn man
den Körper dorbog, konnte man di
ganz nahe stehende Hundehiitte mit
ihrem Jnsassen bequem sehen.
Das Zimmer war finster, und der
Arzt machte nicht erst Licht.
Hinzes scharfe Augen erkannten
alle Gegenstände aus dem Hofe, unt
er konnte die Umrisse einer Gestalt
wahrnehmen, die sich der Hundehiitte
näherte.
Er sah qespannt hinüber. Cäsar
schien unruhig der sich nähernden Ge
statt entgegenzubrängen
War da jemand?
Blitzschnell zog der Arzt seine elek
trische Taschenlampe heraus unt
stellte sie aus das Fensterbrett, mi»
»der Linse scharf nach Cäsars Hütte
Hin. Er selbst blieb tm Dunkeln.
Das Tier starrte in den grellcr
Lichtstrahl Dann sing es an, will
an der Kette zu reißen und tvütent
zu hellen.
htnzes Blick bohrte-»sich sest in der
Eingang der hätte
himmeL das war doch eine mensch
liche Gestalt, die davotlauerte.
Ja dem Bruchteil der Selunde
da hinze diese Wahrnehmung machte
suchte sich die dunlle Gestalt in der
großen Eingang der Hütte zu zwän
gen.
Also ein Mensch war in Cäsqu
Olittef
Aber wert Und zu welchem Bedeckt
s , isss - . .«
, «(.-s- »»..,-, -. , « z ,z
Der Arzt öffnete lautlos den Fen
sterflügei.
»Wer da?" rief er herrisch über
den Hof.
Nichts regte sich. Nur der Hund
raste förmlich an seiner Kette.
»Er-nimm Sie aus der Hundehiitte
hervor, oder ich schieße!'«
Kurz und hart klang der Befehl
durch die schweigende Nacht.
Da s-— das Erscheinen eines Kop
fes im Eingange der Hütte, ein Auf
blitzen draußen «an dem Hofe .
ein Knali —- -—— und eine Kugel fuhr
zischend an Hinzes Ohr vorüber
Nun riß er seinen Revolver in
Anschlag, zielte und schoß in den
Eingang der Hitndehiittef
Einmal -—-, —- zweimal....
Ein unterdrückt-: Aufschrei· . . .kin
leises Wimrnern draußen....
Mit einem Sprung war Hinze ans
dem Fenster der Hochparterrewoh
nung hinunter auf den Hof. Von
allen Seiten stürzten Fell-graue her
bei, welche die Schüsse aus ihrer
Ruhe ausgeschreclt hatten.
Cäsar gebärdete sich wie tollwiitia.
Ein Schuß des Arztes streckte ihn
nieder-. Jn einem Satz war Hinz-:
an der Hütte und leuchtete hinein.
Mit schreckensbleichem Gesicht tau
melte er eine Selunde später zuriickJ
Ohnmächtig. . . .l)lntend lag darin
eine weibliche Gestalt Eliane
von Martigny. s
,,Zuriicl, Leute!« s
Dann winkte er einen llnterossspi
zier heran, und mit ihm zusammen!
zog er die leblos scheinende Gestalt
aus ihrem sonderbaren Unterschlups.1
Was hatte die stolze junge Stirn-«
zösin nachts bei der Hundehiitte zu
tun? Tausend Gedanken durchkreuz
ten blitzschnell das Gehirn des Arz
tes. X
Er ließ die Vertoundete in das
Haus bringen und gab einem Unter
ossizier und einem Soldaten den Be
schl, die Hütte eins das sorgsältigste
zn untersuchen. --
Schon nach kurzer Zeit stürzte ihm
der Unterw- narh.-« täten-los
ganz außer sich vor Aufregung.
»Herr Doktor die geheime
Leitung. . . .« kenchte er. »Die Hun
dehiitte hatte rechts eine doppelte
Wand. . . .die ganze Einrichtung san
den wir dort . . .. die Drähte gingen;
direkt in den Erdboden....« i
Doktor Hinze wollte seinen Ohrenl
nicht trauen. Eltane die Schuldige,l
die Verräterin! !
Darum also das Anletten der«
Dogge, das sreudige Ausheulen nachts,
wenn die junge Herrin kam, um die
verräterischen Depeschen auszugeben.
Hatte sie Mitschiildige? Rose-J Ma-«
dame de Martignhs Die Diener
schast2 «
Man weckte das ganze Haus und
stellte noch in derselben Stunde ein
strenges Verhör an. Aber soviel man
auch forschte und die Verhörten durch
Krenzsragen in die Enge trieb, eine
Mitschuld ließ sich in keiner Weise
feststellen. tfliane allein war die
Missetäterin Mit ihrem Einver
stündnig hatten sranziisische Soldaten
vor ihrem Abzug die unterirdische
Leitung hergestellt, und die Spionin
hatte vorzüglich ihres Amte-I- gewal
tet, wie die Deutschen zu ihreniScha
den gespürt hatten.
—--.- .——-————
stiegoteh
A
. Aber seit dem 27. Dezember-erhal
. ten sie zur Jausenzeit, das.
«- von 2 thr mittags bit-« 7 Uhr
- abends-, in ihren Stammlasseehäus
Eine ncnc Lebensmitteldcrfiignng in der
tiaiferiindr Wien.
Ueber eine neue, von den Wie
ner Behörden getroffene Einschrän
tungsmaßregel in Bezug aus Ue
benemittel lesen wir folgende launii
ge Plauderei:
Wir werden sie nun wieder ja
beln, die Vierderbiindler! Und den
Untergang der Mittelmächte ganz
- nahe wähnen! Denn das ist doch
gewiß der Anfang vom Ende-, das;
es in den Wiener KasfeehänsernteL
nen Jansentassee mehr geben darf,
was nämlich der Wiener darunter
versteht, denn zum Wiener sausen-·
lassee gehört unweigerlich, wenn
nicht ,,Obers«, auf norddeutsch Sah
ne, mindestens Milch, entweder mit
oder ohne ,,Haut«. Das Obers ha
ben sich ja nun die Wiener schon
seit einiger Zeit avgetvöhnen mus
sen, nachdem die hohe Obrigleit lzur
Streelung der Milchvorräte die Ge
winnung und Verwertung von Rahtn
in jeder Gestalt verboten hatte. Da
mals sagten die Wiener ihrer gelieb
ten Melange stir die Kriegsdauer
selbstverständlich nur, Lebewohl und
lasteiten sich mit seinem schlichten
Milchlassee, in dem höchstens eine
vom Milchtops abgeschöpste »Heut«
das verschwundene Oberg markierte.
heißt
seen auch diesen Milchkassee nicht
mehr. Die vorhandene Milch soll in
erster Reihe den Kindern vorbehal
ten Weibern Nur die Volk-lassen
hauen, die sogenannten .Tschecherin«
sind von dieser Einschränkung aus
genommen. Die Behörde geht näm
lich von der Anschauung aus-, daß
der Milchtasfeegenuß sin diesen von
.kleinen Leuten, Arbeitern, Dienst
boten, Siellensuehenden benutzten
Kasfeeschenken immer einem ernsten
Etnährungibediirsnis entspringt
Auch das Gestatten der Verwendung
von Milch in allen Koffeehäusern
bis 2 Uhr mitiags begründet sie nnt
dem Vorhandensein eines wirklichen
Ernährungsbediikfnisses bis zu- die
ser Tageszeit, während ihr der Ver
brauch nach 7 Uhr zu geringfügig
erscheint, als daß er verboten wer
den— müßte.
Das war nun ein harret Use-mag
fiir die vielen Tausenden von Kas
feeschtvestern beiderlei Geschlechts in
Wien. Eine Jause ohne Milchtafsee,
das war ihnen selbst , in diese-.
Kriegszeit ein Ding der Unmöglich
teit. Wer ihnen zugemutet hätte,
den Rassen wie das fast überall
außerhalb Oefterreichs geschieht,
schwarz zu trinken, den hätten sie
schön abblitzen lassen. Denn zum
schwarzen Kassee kann man doch
nichts essen, und eine Jause ohne
einen meiß ist in Wien ebenfalls
ein Unding. Es entstand also eine
regelrechte Kaffeeverschwörung. Die
einen beschlossen, dem Kaffeehaue zu
entsagen und ihre Jause zuhause zu
nehmen. Für die modernen Kaffee
schtvestern hat das nur den Uebel
stand, daß zur Wiederertoertung der
selig entschlafenen Kaffeekränzchen
ein einziger Haushalt all die Milch
beschaffen müßte, die die Krämerinn
teilnehmerinnen im Kasseehaus jede
fiir sich verbrauchten, was eben jetzt
im Kriege eine Unmöglichkeit ist.
Den Jausentaffee aber zuhause al
lein zu schlürfen, hat seinen Reiz
verloren. Die Geselligteit ist seine
zweite Wurze, und die hat man im
Kasseehaus so bequem und umsonst
obendrein. Andere wieder versuch
ten, im ,,Tschecherl« ihr Jausenbe
dürsnis als verkappte Leute aus dem
Volk zu befriedigen, ein etwas an
riichiges AuskunfsmitteL Wieder an
dere verschoben die Jause gegen die
Abendstunde, um dann Schlag 7Uhr
ihren Milchlaffee verlangen zu tön
nen. Die ganz Schlauen gedachten
der hohen Obrigkeit einfach ein
Schnivpchen zu schlagen, indem sie
sich ihre Milch in einem Fläschchen
mitbrachten und mit dieser sich ihre
Melange aus einem gewöhnlichen
»Schtvarzen« herstellten. Aber es
ging ihnen toie allen Ueberfchtauene
ihre Schlauheit ging-in die Brüche.
Die Behörde klopfte ihnen allso
gleich aus die Finger, indem sie das
Mitbringen von Milch ebenfalls ver
bot.
Die nächstliegende Lösung dieser
schwierigen Frage, die auch die Kas
seewirte sofort dorgeschlagen haben,
wäre, den Jausenkafsee durch einen
Fünsnhrtee zu ersetzen. Doch das
geht den Wienern durchaus gegen
den Strich Veileibe nicht« weil die
ser Fiinsuhrtee ein englisches Kul
turgewiichs ist, denn sonst haben sie
den englischen Vettern schon aller
hand abgeguelt und, wie ihre nord
deutschen Brüder, nur während des
Krieges schamhaft in die Ecke ge
stellt. Aber Tee trintt man in
Wien nnd ganz Oesterreich nun ein
mal nur,,.wann ma krank is«. Au
skerdeni ist Tee ja doch nur ein ge
färbtes Wasser, ein rechtes »G’schla
der«, bei dem einem keinerlei behag
liches Jausengesiihl aufsteigt. llnd
endlich ist das Teebereiten wirklich
nicht die starke Seite der Wiener
sitasfeewirtr. Besonders der Kriegs
Itee«, den sie ihren Gästen vorsetzen
Istatt der bisher iiblichen recht teu
Iern, umsänglichen ,,Portion", schon
trinlsertig in einer Schale oder ei
nem Glase mit fiins Stücken Zucker
nnd Runi oder einer Zitronenschnits
te zum jetzigen Kriegspreise der Me
lnnge gereicht, ist nicht gerade ein
Hochgeniisz. Unter diesen Umstän
den ist noch gar nicht abzusehen, wie
diese Wiener Kriegsjausenfrage ge
löst werden wird. Nur eines steht
schon heute sest: ertragen werden die
Wiener die Unbehanlichleiten, die ih
nen daraus erwachsen werden, genau
ebenso niutig, wie die mancherlei an
deren, die ihnen der Krieg schon ge
bracht hat, wenn sie auch darüber
raunzen
--
—- Jn der Brotmarienzeit
»Herr Maierhuber, was ist denn
rnit Jhnen los? Vor einer Stunde
saßen Sie in der »Krone'« und ver
zehrten dort ein paar Weißlviirste,
nachher sah ich Sie im Löwenbriiu,
eine Portion Teller-instit zu sich neh
mend, und nun tre se ich Sie hier im
Augusttner mit einer Schtoeinshaxe
beschäftigtl«
»Ja, wissen Sie, das tue ich meinen
Kindern zuliebe. .edein Gasihause
kriege ich in ein Brot Wäss
sen, und das irr-se ichtW