Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, February 10, 1916, Sonntagsblatt, Image 10

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    W
per MI- elsee M
-—b
Von Karl Ogssr. , »
Vor einigen Jahren hatte Seh in ei
nem schlesischen Städtchen kzn inn.
Schon seit langem hats ich es mir in
den Kopf gefest. vors Nachforschun
gen nach etwaigen Vorfahren meiner
Familie anzustellen Die Spuren wie
sen deutlich dorthin, und auf eine An
trage erhielt Ich vom Pfarmmt me
Mitteilung daß die Kirchenbüchet
aus der zweiten Hälfte des 17. Jahr
hunderts zum Teil wenigstens noch
vorhanden seien. So benuyte ich Denn
einen notgedrungenen Aufenthalt in
breiten-, um den kleinen Abstecher zu
mache-n
Ich halte mir das Städtchen win
ziger nnd stiller vorgeftellx Die
Scheu-alleine zahleeicher Fava ragz
ten auch hier schon in die Luft große
Mel- unp stattliche Privnthåuper
umgaben den Marltplax und an den
weislävfigen Güter-schuppe- ves Bahn
MD konnte man leicht das Vorhan
densein einer ausgebreiteten Verg
wertsinduftrie erkennen
Als ich den behäbigen Hotelivirt
nach deiii Pfarrer sriigte verklärte sich
sein Gesicht Und aus der Art wie
er rnir Bescheid sagte, entnahm ich zur
Genüge, welche Verehrung der Geist
liche in der ganzen Stadt genoß.
Das Pfarrhaus liig nicht direkt an
»der Straße, sondern war etwas zu
rückgevaun Jin Sommer mochte ou
Lcriv der mächtigen Zinstcinien, die wie
Wächter widerstanden es halb ver
decken —- jetzt un Herbste schimmerte
es freundlich durch die schon halb ge
lichteten Bäume Auf dein Wege m
gen hier und da die iiiisgevornenen
Hüllen und die reisen Feuchte, niich
denen zwei Gassenvuben durch den
Zaun angema. und wenn einer dann
eine Kasteuie erreicht hatte, gab et
eiii helles Trininphgeschrei. das iii der
glasrlareii Herbstiusi weiter als sonst
prang.
Der Pfarrer selbp paßt-e zu dem
freundlichere hause nnd ver ruhigen
Klarheit. die ringsum verbreitet
wor. Gesagte heiterteit und stiller
Friede, der teiiie Stürme nnd teine
M rennt. sprachen aus seinen
Ding eri. Er schöne zu den Menschen,
deren Ruhe schon wohltut.
Bereit-einig wies er mir vie erbe
tenen Kirche-Meyer vor, tät-irrte niir
den neben seine-r Arbeittzininier gele
seneii kleines sibliotheteranni ein,
in dein ich nach herzenslnst die ver
gilbten. innernzeeieefseiien Winde
Mdlättmi bunte, iind tat auch
sonst allei, um iiiir meine Aufgabe zii
erleichtern Die Zenit Pastorin stellte
inte. ohne aus irgendeine Widerrede
zu achten. ein bescheidenes Frühstück
auf den Tisch nnd entfernte sich dann
mit ihre-n Gatten zugleich. Da saß
ich m nnd"tonnte pie längst geheg
ien Absichten ausfkchrem Jch be
gann auch wirklich zu suchen: Die
Leute wurden getauft nnd Fenste
iniert· dann heirateten sie, meldeten
selbst Kinder ein« starben. Ei war
sehsann hier so ganze Generationen
gleichsam an sich vorveizieden sii se
hen. Und alles Namen längst Ber
sterbener nnd Vergesseiier —- Rennen,
beten Träger tein Lebender nicht
kunnte. Unwilltiirtich ward es stiller
in einein; und vorsichtiger, als störte
ich die Toten sonst, wendete ich Blatt
weilslatr
Jm Zimmer inne eine wohn-ge
Warnu- Oie Bücherichkönte ringsum,
du ftoßflectige Rupfeeftich iibek der
Tüt, all die Möbel und Sessel mit
den offenbar von dankbaren Kon
fjrmuiioiniien geichenlteii Schlummer
epllen waren wohl Jahrzehnte alt und
sahen fo friedlich und behaglich beein,
als sei der Geist bes Hausherrn mif
sie übergegangen Kein Wunden baß
innn vie Zeit vergaß.
Spwnntees geschehen, daß ich des
Stunde nicht iiaiieie uno nie-ji wenig
überrascht way nie mich die Pfar
tetsleiiie zu Tisch baten. Tie Einla
dung ivuede iiiii so liebengioätdigek
Selbstverständlichiei vorgebeochi. daß
eine Ablehnung unhöfiich gewefen
wäre. Nach beeii Eier verwendet
teii wie iioeh eine znnze Weile« fo daß
der Nachmittag fmoii ziemlich vorge
rückt win, ehe ich zu meiner Arbeit zu
rückkehren konnte. M- sie gegen
Abend beendet war, übrigens ohne
Erfolg, ließ ich mich gern auch noch
länger zunuthaltein
Jeh sehe alles noch wie heute bot
mit Jn dein geräumigen Arbeite
jiniinet saßen wie beei. Rechte iiii
erßvuteefiuhh die übliche Pfeife
til-sehendi rPfaeeeU nebenbe
Lennpe cis Schreiwa feine Heini
seit je endeinee handarbeit; ich seht
lieu, von meiner IM et h
Tal-M
als mäee W Zwischen uns. Der
Man-es H Itit abwesende-i Augen
vvt si( W Hin nnd-Feder schmeckte
sein Meine-Wand Dort hing ein
fleis- , Biid Hin gewähniicheni
Witwe-. Ei Heute eine alle
Its-ji dan- Die Bisse konnte ich nicht
erkennen.
Mir ward die Stille quillend
Even wollte ich ausstehe- iued mich
mit einigen Worten des Dankes emp
fehlen, als mein Wirt gieichfam zu
erwachen schien nnd so freundlich tun
Nachsicht bot, daß ich fast verlegen
ward. Jch jagte ihm often, eine wie
seltsame Empfindung mich vie-hin be
schlichen hobe, und fügte zur Erklä
rung bei, daß mit manches im Leben
passiert wäre, was mich für derartige
Stimmungen empfänglich mache. let
wechseln mit seiner Jena einen ka
fchen Blitz nnd sagte zögernd: »Auch
ich habe manches erlebt« weis wohl
seht merkwürdig ist« so daß die Leute
mich einen Ratten scheuen würden.
wenn ich's erzählte. Oder eigentlich:
es ist mit nur eines passiert. was fich
mir unpetgeßlich eingeprägt hat« over
das ist daka um Je wunderbaren
Auch bin ich weder ein nervöser
Mensch noch irgendwie phdntnsiebotl.
Früder habe ich die Geschichte manch
nml zum Besten gegeben. Ich tue es
schon seit langem nicht niedr. Auch
Sie bitte ich· deute nicht in mich zn
dringen- Aver du ich Jdnen nach dein
Vorgesullenen doch ivodl eine Erklä
rung schuldig bin, so will ich den Vor
snll, den ich meine. ansschreiden nnd
Ihnen den einsachen Bericht senden.
Mögen Sie sich dann selbst einen
Vers daraus machen!« —
Jloch in Breslnn erhielt ich in ei
nein sorgsam veriiegelten Briese seine
Auszeichnungen sen habe sast nichts
daran geändert. Mit Bleistist stund
über dem Berichte: »Mutter U,
ZZ.« Als ich noli-schlug« snnd ists die
Worte: »Wie gar nndegreislich find
seine Gerichte nnd unersorschtich seine
Wege!« -
lind dle folgende seltsam erweisen
de Begebenheit sand ich nns den weni
gen Blättern erzählt:
Seit zwanzig Jahren bin ich fest
hier Psarrer und habe mich nicht zn
oetlagen. Als ich herkam, sand ich
eine arbeitscnne Bevolkernng por, die
wochentngs rästig schasste nnd sich des
Sonntag-, soweit es anging, nicht
vergeblich von den Glocktnguken lies.
Schnelley als man ei erwarten durs
te, blühte die Stadt auch aus. Die
weitere Erschließung der nahen Berg
tverte tat das ihre dazu: große Fa
drrien wurden angelegt, ein starker
Strom von Arbeitern ward der Ein
wohnetzalil zugefügt. Und ob sich
auch eine Menge Elemente rnnter
des-Indien« die der Kirche sein lich ge
sinnt waren, so lmn ich itn ganzen
doch gut mit den Leuten are-, nnd
manch einer bat mir in meinem Sin
dierziinnier sein herz ansgeschiittei.
Im meisten steute ej inich stets, wenn
spät abends noch ein Arbeiter lam,
was nicht selten geschah. Denn die
meisten stammten an- ven Dörsern
des Kreises nnd bewahrte-i ji«-rein al
ten Pastet, der sie tonsirinieet dritte,
ein bißchen Anhanglichieit Weil sie
damals« wo ei noch keine Sonntags
rnbe gab, in die Kirche selbst nur
selten toininen konnten, so klopften sie
wohl nach Feierabend manchmal an
meine Tür.
Eines Abends —- es sind nun auch
schon viele Jahre her — saß ich bei
der Lampe uver dem Predigtdanv ei
nes berühmten Berliner Kanzeln-d
ners. Das Buch steht heute noch in
meiner Bibliothel von den anderen
gesondert, und in ihm liegt als son
veebates Lesezeichen ein alter Brief
umschlag, den ich damals in der Eile
ergriff. Jch hatte den Tag viel zu
tun gehabt und war etwas müde. So
mußte ich wohl ein Klopfen an der
Tür über-hört haben. Und ich fah erfi
auf, til-b die Lampe zu blaien begann
und ein empfindlicher Zug mich traf.
Jn der offenen Tür stand ein Miit
tercgen Es mochte nahe an die Sech
zig sein und hatte ein graues Um
schlagetuch über Kopf und Schultern
Ich tot-tue es nicht genau sehen, denn
an der Tür war's dämmerig, nnd
meine Augen Mienen durch das Lesen
auch angestrengt zu sein«
,Rnn, gute Frau, was wollt Jhr
denn-" begrüßte ich sie und nickte ihr
ermunterst
MZAQ Alschsgstsy Sie Mc
man s mmen —- ..
Initiaer —- da nicht« ein Wen
der das heilige Abendmahl --—- Korn-s
gerne 28 —- aber es rauh gleich Mj
nicht erst morgen. Wenn der :
Psfpr II gut wären —- --« T
»Minder« Jose- ich neuen m(
stand anf,««iq lernt-e sofort J- el-·
Me- s-« »- W sssp
JO- ist«
. Mehr sitt-I We senkte den
IMIW Sie mir sei
wie—-«Oseisbwsievenan
nicht zu M Denn das Zimmer
war leer Dis Zeanchen engste schen
ZMIM sein« Vielleicht hatte die in
nen Ungß sie nach hause getrieben.
VII g wießie se die Adresse: Korn
go OR
ie Koengnsse lag am Ende det,
Stadt in der Nähe der Fels-eilen und
word sast mit von Arbeitern bewohnt
Zwischen wenigen Mietitaseenen sinn
den tleine Betonen die gerade nur
für eine Familie Raum boten. Und
Nr 23 schien wohl solche Qitncke zu
sein« denn vie Zenit hatte in teinen
Reimen genannt.
Merkwürdig, daß ich auch nicht ge-j
sengt hatte! Ich sah mich uni. Eins
seichter Nebel lag in den Gassen, aus
denen nue wenige Menschen zu etlslits
ten waren. Plötzlich war mit ais ob
ich das alte Itauchen ini grauen Uni
Ischlogetuch voe mit sshr. Ich ging
,schneilee —- wie konnten den Weg
doch zusammen machen, und sie könn
te mit ein paar Winke geben itet
die arme Seele, die bald zur ewigen
heimai eingehen wollte .. Aber ich
Ihaite mich getäuschi. Ein Schalle-I
ibiåi Nebel schien mich irregesiilsei z
ben
Dabei fiel mir ein, daß das Miit-’
terchen einen Dialett gesprochen hattesv
wie er hier im Uinteeie nicht üblich
war, sa sehr er die schlesische Abkunft
verriet. An diesem Dialett konnte es
liege-, daß die paar Worte, die et ge
sagt hatte, so merkwürdig fest in mir
hasteterk
Endlich war die Korngasse erreicht.
Richtig: Nr. 23 war eine Baracte
Zu jeder Seite der Tür ein einziges
Fenster. Darüber noch ein kleineres-.
Die Haustür war verschlossen Jch
mußte tlopfen. Kurz daran ward
ein altes Tuch. vak- als Vorhang
diente, vom Fenster zurückgeschoben,
ein Fliigel geöffnet. und ein anschi
ger teon tain zum Vorschein.
»Wer ist hat-"
»Der Pfarrer.«
»Tai-send, herr Pastet. wo kam
tnen »Sie den nach so spät herl«
«Jch bin zu einem Stett-enden ge
rufen.«
»Ja eine-n Sterbendeni Nee, Herr
Pastet, da irren Sie sich aber in ver
Hausnurnmerl hier ist alles gespan
«Ja, ist hier nicht Karngasse Bi«
fragte ich ersaunt
.Stisnan! Aber das rnit dein
Sierbenden —- nee! Seit meine
Frau in Beeilau ist« woher ich hier
allein im hause. und ins Gras
beißen möcht' ich nach lange nicht.
Ueber mir wohnt noch ver Franz
Möiler — na, und wenn ich alter
Kerl noch nicht ans Sterben denke.
set-er erst recht nicht. Da haben Sie
sich gründlich verhärt, Herr Basler-B
Einen Augenblick ward ich sama
Aber die Worte des alten Mütter
chenz tlangen mir förmlich tin Ohr:
Karngasse 23. Es mußte stimmen.
,Mich hat eine alte Frau besielli,«
sagte ich deshalb ruhig. »Ur-hat hier
leine?«
«Bielleicht Mutter Pößeu Aber
das ist weiter rauf: Nr. 21. Da
make wohl stimmen. Der alte Pat
zelt iin schon seit Wachen auf den
Tal-. Na, abjöi auch, Herr Versteck
Er wallte das Fenster schließe-.
und ich dachte schau daran, in sit. 21
anzustagem all ich in plöslicheen
Entschluß und um mein Gewissen
vollständig zu here-Were sagte: »Has
fen Sie mich doch ein. Ich will mal
zu dem andern nach aben. Vieseicht
ist doch etwas presst-ev
halb lachend, halb brummend
schloß er aus und ging ohne Gruß
in seine Stube zurück. Mühsam klei
ierte ich die steilen Stufen empor.
Oben zündete ich ein Siteichhoiz an,
bei dessen siackerndern Licht ich die
Tür entdeckte, auf der grob in Krei
de geschrieben stand: «Franz Moller'
—- die Visiteniarie der nrrnen Leute.
Auf mein Klopsen riß ein junger
Bursch die Tiir aus. Aus dem geo
ben, halb geössneten Wallheind schim
merte die nackte iräsiige Brust Er
schien ansangs der Zwanziger zu fein
und hatte gerade Lein seine-, aber ein
ossenes nnd ehrliches Gesicht, das
durch einen gewissen Kindlichieiiszng«
noch gewann.
Cz folgte dieselbe Szene wie unten
Auch er war weder irani, noch hatte
er die alte Jena gesandi. Schaut
wollte ich-endgültig versteh-en und!
hatte bereiii »Er-ten Abent-' gesagtJ
at set man ein wenig ich-echten
-and verlegen, mich sueückrief.
»Ich hätte ehe-Mich eine Bitte,
Pasiet . . ., Inder-n SieI rann
nichtiibel»»ichdathiersur,vei1
Sie doch mal hier find...and Sie
ten ja auch In dem alten Schwarz
der W sp sreundlich.», da
« ie- ie doch vielleichwietieichi
.-.-, III sep- Sikp Posa
Somciag sein-ne ich M seist
Kirche« da III unsereins -
isen nnd die schinen Genie
HEFT
s Eifng
svstsessdsssssvstf rckf - - .
ehrlicher Wenn. Its ee M et
stmmies Gesicht fah —- ich mag auch«
den Kopf gefchiitteit haben —:- iqtej
et, ehe ich ein Wort erwidern Quinte:
»Ri- jn, ja das geht wo nicht«
Denn nehmen Sie’j nmn n i öbei.«
Ists cause neusten wie immer in dies
IKitche, da trieb die Mutter ichs-m
Lund das Jahr-, das ich noch der Zion-I
rsitmation noch ini Darf war, nahm
isie mich mich immer zum Ubendmabls
;mit. Nun hab' ich’i schon nichtwehtl
ibetommew seit ich in der Fabrik bin-z
»Und das weiden so der Jahre breit
auch schon her sein«
» Mir war bei feinen Worten merk
würdig zumute geworden, gerade als
jbiitfke ich biet nichi nach dein Buch
Hfiaben gehen unb müßte ver atmen
iSeele den Herzenswunsch etfiillew
jAbek noch regten sich in inie Beden
.ten.
T .Das heilige Abendmahl,· gab ich
sibm zur Antwort« »in auch das
jSattament des Altar-. Rat thesi
warf der Diener dee Kirche es brin
igem der in Todesnot schwebt und
sseibst nicht mebe vor den Mist treten
staun. Außerdem ist eine stille Bot
Jbeeeitung durch Gebet und Beichte-«
; »den Pastek,« unterbrach et mich
Hund feine Augen lenchieien, »Sie
Iweeden es mit neben-«
i Ob er aus meinen Worten den ei
genen Herzen-wrong heran-gelesen
hatte —- ei war eine freudige Ge
wißheit in seiner Stimme, unt wie
»von dieser felsenieften Gewißheit be
zwungen, nickie ich und sagte ,Jai«
Er atmeie tief auf, entschuldigte
sich siir einen Augenblick und trat hin
.ter einen Vorhang.
Da stand ich nun allein, und es
war mir sp seltsam zumute wie fast
nie in meinem Leben
Dos Zimmer, in dem ich tnich be
fand, war niedrig. Wenn rnan den
Arm ausfindig berührten die Fin
gerspißen die Decke. Bei dein Lämp
chen. das recht sparsam leuchtete, fah
man wenig genug. Vier ern roher
Tisch. dort ein Stuhl. da ein Belt,
darüber an ver Wand, wenn ich recht
salz, ein Bild, nnd an die Tür gena
geli ein paar Jlluiirationm aue dil
iigen Zeitschriften
Es dauerte nur eine lleine Weile,
da lmn Franz Miiller wieder zan
Vorschein. Er hatte den schwarzen
ein-as ausgewachsenen Sonntager
angelegt und sich so gut als tauglich
in ver Eile ausftnssiert Sein Ge-.
ficht war ernst und feierlich. Ja
icheuer Ehrfurcht streifte sein Blick
den Kelch.
Nun« wir haben gebeiei und die
Kirchenbeichie gesprochen Er tut et
inbrünstig. Dann reichte ich ihm das
heilige Abendnmlsi. Und so gewiß
ich einst eine ielige Sierbeiiunde er
hosse —- nir war rnir feierlicher und
reiner zumute und in leine: Kirche
hab’ ich mich unserm herrn und Hei
land fo nahe gefühlt, wie in dieser
Arbeiiertpohnunz
Franz Möller ließ es nicht zu, daß;
ich allein ging· Wenigstens wallte er]
mich durch die Arbeitergassen begleisl
ten. Jch erlaubte es gern. Unter-?
wegs fragte ich in Nr. 21 nach. Nie-l
mand wußte etwa-; dem. alten PätzeltT
ging es besser; feine Frau war nicht
bei mir gewesen. So machte ich michil
mit dem Gedanken vertraut, dass
Opfer eines rohen Witzes gewarten!
zu fein. Ein P arrer in einer Stadt,"
wo mancherlei lemente bauten, muß
auf alles gefaßt fein und ei ertragen
lernen. Und wenn ich das ftille fee-bei
Gesicht des jungen Arbeiters fah, tnt
mir der Weg auch nicht leid.
Arn nächsten Vormittag stürzte
meine Frau aufgeregt ins Zimmer.
Unfre Lokalzeitung hatte ein Extra-I
blättchen ausgegeben. Es ift nach
beut in meinem Besitz. Jst fette-n
Druck darauf die Meldung, daß friih
um achteinhalb Uhr in der großen
Xfchen Fabrik eine Kesselexptofionf
stattgefunden hätte, bei der der Ar-;
heiter Franz Miiller getötet und ein
anderer fchtver verwundet ware.
Jchs habe nur eins noch hinzuzu
fügen: Zum Begräbnis kam der
Bruder herüber, der einige Meilen
nach Norden zu als kleiner Kätner
fein Dafein friftete. Jch fah ihn erft
am Grabe, und nach meiner Reue —
mir zitterte die Stimme dabei —- trat
er auf mich zu und drückte mir ver
legen die hand. Ich sprach its-n
Treff zu und begleitete iba vorn na
hen Kirchhof zur Stadt. Sofprt
beim ersten Worte aus feine-n Munde
erkannte ich den Dialekt. Ich hatte
iihn an jenem Abend gehört, als ich
inach der Waffe 28 gerufen wori
)vea spar. tap- Maec sen-s- hun
ihn nicht a brachen — die drei Jah
kre hier in der Fabrik hatten ihn ver-i
DIE-i per fchl bei jedem Wert
« n e.
»das ich rni- desingsruder des- eben
chöeäc Mit-g nicht- stelle erkennen
l nen.
» L ing nähen Im Bette-festen
Gefäss strick-, so zitterten mit sie
Knie. Das Bild Hellle die alle Its
dar-, die mich nach der Lunge-sie Li.
23 gerufen hatte· Her Vgl-et des
Verstorbenen war aufmerksam gewet
den. "
»Warum los- see... denn nich-l
zum Begräbniss«
«A·»ch. Herr Psstoh das sind nun
ja auch Pan drei bis vier Jahre
her, daß te tot ist« Deshalb hat ja
der Franz foetmlissen.«
Jch fragte nicht mehr. Aber ich
mußte fortwährend das Bild betrach
len.
Mel-eigen —- ich half zu hause
noch eins — ganz genau lo. Wenn
det Hm Pasioe vielleicht . . . viel
leicht...«
Er bekam ei nicht dem-L Ich
mußte ihm helfen. So kam das
Bild in meinen Bestj. Es hängt in
feinem alten gewöhnlichen Poe-prah
men on der Wand neben- meinem
Schreibtlsch.
Das isl allez, was ich zu erzählen
habe.
per seen
—
Stiege von Derta liuhr.
Aenne konnte nicht widerstehen
Sie lief mitten hinein in die Blu
menwiefe und feste sich zu dem
gelben Löwenzahn und den vielen
taufend Gänfedlumen.
Ringen-n brannte und duftete der
Sommer, Heitnchenkonzert war dai
und ein tiefhlauer himmel.
Aenne war jung, achtzehn Jahre,
fchlanl, blond. Sie trug einen
großen hut mit schwarzem Samt
band am Arm und hatte lange Zöp
fe rnit himmeldlaucn Schleifen.
Jrn nahen Fluß jauchzten baden
de Kinder commer, warme-, blit
hender Sornrner ringsum in einer
fo friedlichen Landfehaft, al- gäbe.
es in " dtefer Sommetfoisxenwelt
nirgends den großen Krieg mit fei
ner Not
Aenne flocht einen ileinen Kranz
aus den Gönfedlumen und ließ ihn
gedanlenlos auf der Spiße ihres
zeigefingers hin- und herfchankeln.
Sie faß wohlig da, toie eine Eidechst
fe auf einein ionnentvarmen Stein.
Aenne war die einzige Tochter;
des Amtrnannei zu Mariendorf. l
Peter Schwendt karn gegangen«
Er war Knecht beim Mühlwirt und
trug die feldgraue Uniforrn.
.Morgen gehst fort, Fräulei. Ich
komm nu auch raui — ins Feld
Ich hab' noch zwei Tage Urlaub
gehabt. Morgen unt funfen geht's
fort.«
Aenne fchral auf.
.Was fagen denn Jhre Eltern,
Peter? Die find wohl traurige«
»Ich hab’ keine Eltern mehr, auch
leine Geschwister. Nach mir tut
keiner fragen, Fräul’n «
Zither die Braut wird weinen,
Beter.
»Ich hab’ auch keine Braut-,
Iriiuln Nach mir tut keiner fra
gen. Jch geh’ fchon gern. Ei braucht
dann keiner weinen —- wenn ich fall«
—- keiner-·
Aenne hatte Peter oft deirn Mith
lentviit gefehen. Wiedielrnal hatte
er ihr doch Kirfchen til-er den Zaun
gereicht! Das fiel ihr ein.
Sie nohtn den kleinen Kranz z,
band ur weiteren Zierde ihre blaue
Zopff leife dorntn und reichte ihn
Peter .
»Wie-, das fchenk' ich Ihren zum
Ihfied . Das miiffen Sie initnex
txgen . Das foll Sie be
fchii dr ußen im seid. hier oben
nisten Sie ihn traen .« Aenee
Wienan die linie ·te ihrerj
r driff den kleinen Kran- tnit
großer-, unsefchisten händen Er
unsel- rpt nnd verlegen.
«Danle, seiest-in danke fchsnl
sites cui-, Mut-ni« Er nahte ab.
sen-e ließ sich noch ein Weilchen
die Sonne auf ihre iibernsiitige, klei
ne Itafe W und ging dann mit
nachdenkliIeU seficht heizn - I
j f- " l
Peter kam nach dem Westen. Erz
tara dinein in vie Arrastämpsr.k
Albain sah die heidentntrn Peters
aus Marienvors und all’ der Feld-I
grauen, die wie die Teufel dort ihrei
Stellungen verteidigten.
Ein stiller Abend war's aus ein
mal nach hartem Knmps Tag und
Racht Das stummen, Sausen und
schrille, hohe Pfeisen der Gram-ten
war verstummt, da- Klqtschen ver
Kugeln schwieg. j
Ein sttser Abend mer«-. Der
Mond Miete. Man sah iiber die
simyssshen hin bit so dem toten,
geisterdeisteu Artus in der Fern-.
Man ruhte und sprach vor- va
gen Briefe. Ida-Ke- rvaren da.
Dei-ist« Zeche-, Kinder stän
te Wirte schöne Träume
Xier S dt hörte smbesimtw
te vie verschiedenen sent-nagen und
leitete mich etwa-, wer-I ihm einer
anbot.
Er tauchte dazu ernste, beinahe
uusliietliche sage-.
IRS-e Braut schreitet weht nicht
satte ela itan nnd W.
»Er hat gar seine-« Wie ein
W, .s3«eim ich ei- bschee
M Ist-. is koste quasi
Ok
»Sieh Its-. Mi- ZIIIW.« III
triumphieer schwenkte Max Uri
bgttz ein vieler, kleiner Pan-metho
M seiner kennt bin nnd ben
Seter Schwulst wurde rot. Er
zog« langsam ans der inneren Tasche
seines Rades den kleinen Kranz
und hielt ihn vorsichtig auf der la
chen band vor sich uns vfeinen
mer-des hin- - ·
.Das tlt von nreiner Braut stin
Ibsehied,« sagte er letchtltitr. .Sie
heißt Aenne Vormeifter und wohnt
in Martern-oer Er zog etn Zet
telchen ntit Arnnez Rennen heraus.
ZJch will ihr gerakk heut« nochfchrets
en«
Peter Schwendt stand auf und
ging rnit abwesenvenr Blick von den
Kameraden flirr, hockte sich hin nnd
schrieb eine Karte an Aenne, vie er
dann aber nicht abzuschicken wagte.
.Liebe sennel
Aus dem Schilsengrnben sendetDit
viele Grill-e
Dein Peter Schwendt.«
Peter Schtvendt machte nachetnen
heißen Sturrnangrttf unvermutet-et
mit. Aber dann, in der Talnmlde
der Vintyhöhe ereilte ihn sein Schick
sal. Eine Kugel ging durch Kranz
und Karte gerade in fein «herz.
Das Blut floß über den kleinen
Kranz und färbte ihn nn vereinen
Seite brannten
Max urdan rampne an speier
Seite und sah den Kameraden fal
len. Er halte den stillen. ernsten
Burschen gern gemacht. So nah-n
er dem Toten später Kranz unb
Kariedon der Brust, tat beides in
einen Umschlag und schrieb Aenne
Psalmisten »der Braul«, einen Brief.
»Werks- Fräuleins
Jhr Bräutigam, Peter Schwendt,
starb hier --brauszen den Deldentod
siiri Vaterland. Ich sand aus sei
ner Brust Jhren Kranz und die
beiliegenbe Ratte· Sein Blut ist
darüber geflossen. Jch sende Ihnen
hiermit llranz und Karte zu. Viel
leicht ist Ihnen das Lin-deuten ein
kleiner Trost. Mit Gruß .
Max Urban. Jhree Peters
Wissenbruder.«
I . I
Aenne Vormeister saß irn Garten
unter einein breitiistigen Wams-si
bauin und spielte rnit einem kleinen,
gelben Dackelhund, als sie den Feld
posibkies erhielt.
Sie sperrte ihre blauen Augen
weit aui, als sie den Anfang las:
.Jhr Bräutigam, Peter Schwendt.«
Sie wallte lachen, aber es ging nicht
recht. Sie nahm den kleinen Kranz
rnit den braunen Flecken und .die
Karte behutsam aus dein Umschlag
heraus und legte sie vor sich hin.
Jer starb den have-nor fürs Va
terlanb.« der Peter, so stand es da.
Sie erinnerte sich so gut, wie er«
verlegen und vorsichtig ihren kleinen
Kranz zum Schun mitnahnn Nun
war er doch gefallen. Sie hatte illrn
ein Feldpostpäachen schielen wallen
nnd hatte es vergessen. Nun war er
tot.
»Noch mir tut keiner fragen,
Iräul'n. Es braucht dann telner
weinen, wenn ich sall’!«
Und sein Kamerad schrieb: »kr·
starb den heldentod fürs Vater
land." Scheu nahm Aenne den tlel·
nen Kranz niit der brauuroten Sei
de in ihre hand.
Und aus einmal rollten die Trä
nen aus ihn herunter-, und illenne
weinte uni den Mühlhospeier tote
urn einen Bruder oder nahen Freund
Endlich nahm sie Ränzlein und
Maria«-Gen in ihre Stube hinaus
und nagelte beides dort an der
Wand iesi.
Sie wollte Peter Schwendt und
seinen peldentpd nicht vergesse-L
sum Guten sollte sie das Kranzlein
wohnen, stets zurn Guten.
-—--.....-—
Eit- Ielbpsftiriei Ia ten TIIIIIIIIIWL
III- Bcüdck voII der ZIaIIImIIschkuIId:«
por- zul Vernehme: nIciIIc stunde
ue »Um-le aus dem smm euch sagt
Tet Inn IIIId Mut-I jIch IIIIIIII IIIII
PICMQ
Der Posten seht, Patwuitle reitet
Und Rufs-II sucht, scafakmvrut
Menschl —- Fczel l-— Mat, ver hat «IIe
ut
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