W Stein« Von Emaiiiiela Varwiin Maul Löwen Kruz. Einige unter uns has-en sieschivöri nierisch geliebt, andere taszieii sie — wie Schnlmiidcheii das qui töiiaen« rnit tausend Sticheleien und tiiidi schen Bosheiten Gleichgiiltig blieb teine. Sie lernte gleichsam spielend Wenn wir iider das Thema eines« Aussaszes seiiszteii, untereinander lot spelien und ratlos in die Ecke-irre Klassenziininers starrten, ipitzte Jn ne seeleiiriihig eine Anleyi Bleististe, die neben dein Uebungddeite bereit liegen mußten, neigte die getraiiste Stirn über das Blatt und begann. Bald gewohnen wir, daß der Slosf siir sie jegliche Sprödizleit verloren hatte, denn sie geriet in fliegende Hast, und ein Bleistisi nach dein anderen wanderte, stiiinrs geworden, aus seinen Plan zurück. Ein leicht ongespanntes Lächeln lag aus ihrem Gesicht, und während der starren un serer weniger beschivinqteii Phanta sie langsam dahertrödelie, in tausend Nöten wohl aiich stecken blieb, siihri te sie ihre Arbeit in brillaiitern Fluge zu-Eiide, tranite Fch ein Buch von zu hause aus dem Schiilrani zen und oertieste sich darein. Sie liebte es nicht, uni ihr- Letiiire be srsigt zu werden. Wir sahen auch nie die verlockenceii Ukiisciiliige einer goldgepreßten Klara Einn, Eninii Nin-dem oder sonstigcis Bactsisuss schwarin in ihriri Das-dein sondern es schienen wissenschaftlsche Bücher, die sie der häuslichen Bitsliothetents noininen hatte. Später alk- ich ihr ein wenig nat-erstat, erfuhr ich, daß sie sich nöchtelang init Schopenhiiien Nietzsche und sonstigen ichioergriindii gen Philosophen heriisrsschlug Tee und starken Kasse dazu trank, wäh rend die nichts ahnenoe oder allzu nachstchtige Mutter einige Zimmer weiter rudiii ichtiei. Daß Jrene durch die Wahl ihrer geistigen Führer, durch den Wust von viel Undersiandenesn nnd das absolute Unorrmiigen, sich einem er saheenen Berater zu osienbaren, der sie in diesem Wirrwarr, der Emp sindnngen hätte leiten tönnen —- in große seelische Not gehet meine ich wohl. Anderseits litt sie wie alle Vertiinder und Vortäxnoserz sie war die erste in unserem Krreie, die nach erweitertem Wissen hungerte und dürstete. Als die Hotaschulen spä ter den Frauen wirklich ihre Tore gastlich össneten« erwarzete ich nicht anders, als dass unsere Jiene eine der ersten sein würde, sich den Wis senschasten nun völlig in die Arme zu wersenUDas geschah jedoch-richt. Sie war inzwischen sowohl in gei siiger als auch in soziaier Beziehung eine Eigenbröilerin gen-orden, ich lande, es wäre ihr enttsszlich gewe sen« aus ihrer geliebter. Einsamkeit herauszuttetem in der Schar der Studierenden ausgehen zu miissen Vielleicht auch lodten tie Wissen schasten nicht mehr, da ihr unqeleii teter Sinn in der Dich-; schthlcs durchgriibelter Nächte die Bittetnis immer neuer, ungelöster Fragen durchgelostet hatte. Inzwischen war Jrrne 18 Jahre alt geworden, und erst seht wird es mir oåilig llar, wie eigenartig schön sie « jener Zeit war. Wie waren so.srhr an tie blossen, regelmäßig gezeichneten sil ge gewöhnt, dass wir weiter tein Wesens daraus machten, und wenn ein Fremder s:i9te, wie itiiin sie sei. so nisten wir rnit dea Siöpien nnd meinten »ja, ja, recht hübsch« ——. Aber heute erscheint mir Jeenes Antlitz als das hinreisiendsie und dabei süßeste, das ich in meinem nanzen Leben aesehen inde. Dem Drängen ber J.-tutter mich gebend, entschlos; sie sitt-, mit uns nndeeen Ballnobizen die erste Tanz unterhaltung zu besuchen. Jede vcn uns meinte sich aufs Mächtigste her ein-geputzt, aber ieine mar, vie nicht doch einen Stich im Herzen emp sand, nts sie nn jenem Abend Jres nens gewahr wurde, denn samt und sont-ers schienen wir Ltschenputtel neben ihr... Die Mutter hatte sie in weißen Atlas gekleidet wie eine Vermi, an der Brust tru; sie weis-e Rosen, und die im Riscten insge steckten Blondzöpse mater mit lan gen Perlenschnüren «urchflocl.ten Die jungen herren scharren sich um sie, und wer leinen T.-iiz, teinen Blick, iein Wort ethalcken konnte. blieb dennoch stehen und gafste sie nn. Ihre Mutter strahlte ocr Selbstbewußtsein in eitler Freude Aber Jrene babe ich tacht ein ein ziges Mnlliicheln gesehen Sie tanz te, wie mnn ein Penium nbtnt «Mich macht bns alle-! so müde.« ilngte sie mir, als wie Auen Augen bliet vor einem Spiegel allein stun den und die Tänzer in respektvoller Entfernung harrten. — .Wenn man mit geschäeften, wachen Sinnen in dieses nufgeeegte, hatbivnbnsinnige Treiben bineinblickt. meint inan nichts andere-, als hast man sich in einein still-out befinde. Warum mirs meine Empfindungswelt fo febr von bee euren nbtveichen —- lch glau be, ich toeebe in biesetn Leben telnen eins Insenblick des Glückes but tosien... Nach diesem ersten Soll hat re ne nie triebee einen besucht. De en unaeqchtet siebenten semimberer unb — Bewerber ins Hauss. Wenn sie nun vielleicht von einein ehrlich verlieb ten Jungen nenivorhen worden wä re, wenn es hindernisse und Hin terhalte gegeben hätte, ein bißchen Poesie, vielleicht hätte ixch auch tie ses Antazonenherz ergeben. Aber eo war nicht die nötige heilige Stille unr ste, daß ein Schicksal-met ver nehmbar gewesen wäre. Nicht ein junger Mann tatn —- nein, zehn, zwanzig —- inehr, die halbe Stadt hat sich bei Jrene einen Korb ge holt. Und weil sie immer darauf vorbereitet fein mußte, Laß einer si giirlich oder auch in Wahrheit vor ihr aus die Knie sattt, hatte sie eine Gebärde der Abwehr angencrns men, die ein Rüstungbstück wurde, das sie nicht mehr ablegte. Sie glaub te einsach an diese Liebe nicht, die sich an ihrer Gleichgutiigteit ent zündet hätte —- — sie lachte den Männern ins Gesicht, tagte ihnen tausend Bosheitem nahm sie nicht ernst· Das ging Jahre lo sort.Jh re Schultolleginnen hatten samt und sonders geheiratet. W.eder war sie die Vertörperung eines neugebore nen Frauentuni5. Sie ivar in un serem Kreise die erste, rie dem be lächelten oder gesehm-Um Stande der »alten Jungser« den Nimbus von etwas Stolzern, Zieigetvähltein autdriictte. Jreneno trotziges Her,;, das sich der Mitwelt zu verschließen liebte, össnete sich in Gottes sreier Natur. Sie nslegte weite Streisziige in die Bergwelt zu unternehmen Die Uebertvindung von Saioierigtriten bot ihr starten Anreiz, nnd im Lau se der Zeit bildete sie sitt zu einer hkchtouristin aus, der manchtiihner, den Frauen bis nun vermehrter Aussiieg gelang. Als sie eines Tas ges von einer halsbrecherischenTour zurückkam — von der ist-. besorgte Mutter wie gewöhnlich nicht allzu viel ersuhr — den Filzhut mit ei nein Kranz Alpenblutnen geschmückt, . wes innuovnsfirsnnto Reitliis in leuchtende heiterteit getaucht, als sie den Bergstock an die h,I.-·toandlehn te und mit ausgelassenem Schwung den Nuctsait irgendwo mg Gras-ab wars, saß die Mutter itkll an ihrem Plas in einen Wust von Zeitungen vergraben. Und Jrene ersuhr, daß während sie sorglos durch die Weite streiste —- Krieg ansgsherchen war. Die Mutter wollte m Sommer srische nicht verlassen, learnte oor übereilten Entschliissen, die Ziige wären übersiillt, da in wenigen Ta gen der Verlehr iin die Reisenden würde geschlossen werden. Aber Jn ne mochte nicht hören. Totsmiide packte sie noch an demselben Abend die Koffer, und am anderen Morgen suhren sie nach der Deimat zuriiet. Keine Stunde sollte ve:.c-ren gehen. Unverziiglich trat sie eixtim Pslegei tursus bei, der auch ktliche ihrer ehemaligen Schultamerrinnen der einte. lind ganz wie zur Kinder zeit übertraf sie uns alle. Keine wußte so geschickt mit Dein Werd-ind zeug umzugehen, überwand so rasch das Grauen vor dem Entseylichen Während wir ansango blaß nnd ängstlich durch die Kraniensiile schliipitrn, leuchtete aus ihrer Miene die hohe Freude, helfe-r zu dürsen, die Genugtuung, endlich tnit ihren Iiihigteiten einer Sach: restlos die nen zu können. Die Verwundeten siebten sie« hingen an «t-:, und war einer nrch so trositos, sie vermochte ihn auszurichten Manch armer Junge litt unsinnig, Jrrne saß ne ben ihm, hielt seine )«’;-einde, be schwichtigte ihn wie eine Mutter,er zählte don den Schlachten draußen, wo die unseren wie die Löwen törnpstem und daß tin-J Blut, das auch er mitvergofsen, ten herrlich sten Sieg erlausen srsiirde —- — endlich lächelte so ein zermartrrtes Gesicht in seinen Qualer« und leise drückte eine schmerzzittsrnde Hand die ihre. n « s , « ...,s---— W Jll Ulclkl okll ging mir unsre-s Jrene eine Wandlung wi. Wir hin ten kaum mehr ein hdnniiches oder hechsahrendes Wort dosi ihr. Sie war nur vcn Männern umgeben — die sie ehemals zu ver-selten vorgab. denen sie tausend Kleinlichteitem Schwächen und Eitelke.trn vorwari —- ini Spitnl lernte ti- des Man nes Sein und Wesen tennen, in dieien Kindern, die eeneden litten, nachdem sie wie helden gelöcnpit bat ten. Die Mast und dse Größe, die Güte und die Geduld zeteg einzelnen unter ihnen offenbarte »Ich ihr irrte ein heiliaes Evangelium »Jrene war auch nicht melancholiich oder geübte risch in dieser Zeit, nee von nns allen in diesen Winmtagen hat denn nn sich denlen nsdaeni Wir waren eine Armee von helfenden händen und brenne-seen hergen. nickts anderes tvar in unsereni Leben als die Säle unseres Spitan die sich ini Wandel der Wochen und Mo nate stillten und leerten. Eines Tages brachte man uns einen jungen Qberleutn.s.nt von den Kaiseriiitzem Er war start benom rnen von den Qpiumgidrn die den Iranipprt hatten ermöglichen müt sen. Its der Rausch und die Be-« nomrnenhett von ilnn wich, litt er und Nacht unter quälendsten S mer-en, das-i die Ilsezte ratlos standen und befürchtete-i er lönnte der Schmerzen tobltistisig werden« Ei war die Rede davon, ihn in eine Retoenheitanitali zu übersiihrentlltr dies etwa noch zu vermeiden, trug sich Jrene ern, die Pflege dieses Ver wundeten völlig zu übernehmen. Jn unserem Spinne wurde ein tleinej Zimmer nusgeriiumh dort brachte sman den Leidenden unt-r, Jrene unds ich betreuten ihn. s Was Jrene dabei leiitcte, ist un-; I.sagbar Jch weiss nichr wie sie es zuwege brachte, aber unter ihrent IHänden wurde er still, stöhnte undt «sv sehr wußte sie ihm Mut zu ge f seuszte nur mehr. Ich weiß nichts mehr, wag sie sagte oder tat, aber immer ruhiger wurde er, ein Scheins von tvieder erwachenrem Leben spielte iiber das versutl ne Gesicht, ben, daß er selbst zu hcfsen und zu glauben begann. Auch die Aerzte sprachen von einer möglichen Ret tnng. Jrene brnchte ihm täglich Blumen, Orchideen, Reiten, Rosen — er ahnte taum, wie kostbar die Gabe war. Und nie sunnIe er sie wie uns andere »Schu-·ester'·, son dern »Mutterl" sagte er zu ihr. Als es immer besser mit ils-n stand, ver langte er Bücher. Jch wollte in unserer Spitnlsbibliothet etwas siir ihn holen. ,,Laß nur,« sngte Jrene, »ich will selbst Bücher siir ihn bringen. Es macht mir Freude, ihn ein bißchen zu beschknten, und ich möchte, daß sie ihn spatei im Leben on »Mutterl« rrinnern...« Rnn waren es aber nicht jene Schtnöler, die sie zu lesen pflegte, sondern um Fensterpintz unserer- tl: :nen Ober teutntmts türmten sich prächtig ge bundene Gedichtenbiinde, vaterlän dische Werte Biittser von Frühling nnd Blumen, Liebe und Freund schaft. Und mit niiichsggem Prithosl Eines Tages stectte mir miser junger Mann in aller heimlichteit ein selbstversnßteg Poe.n »u. Ob es etwas tnuge? Ob der Leser nicht darüber lachen würde? Ob man esi wagen tdnne, es jemand zu Füßens zu legent Daß nicht .ch der besag i te Jemand sei, wußte itt natdrtsch Die Verse waren unbeholfen, nbers ein echteg, jungheiszeg ikswuchen und» Fühlen sprach aus ihnen. Jch well-» te ein bißchen Schicksal spielen, steck te das Blatt Jrenen zu· Sie riß eg mir aus den Händ-in Beninhe zeigte sich wieder die tte Herbheit An diesem Nachmittag überließ ich kä- l.- LI-- kä- F-ll.k4 « l. ---- ID .«. .».»«. ,..., ,.».. ... » sorguiig vor Sie scheinen sich chiiiich diiriiber, baß ich die Verse besiiß, die eine andere anging-ern verständigt zii haben. Als ich in ins Zimmer trot, saßen sie niit leuchtenden Ge sichtern. Wie ein Mäu-« ten verhielt ich mich bescheiden, um nicht zu stö ren, versentte mich in meine Arbeit. tehrte ihnen den Rücken zit, on ich nichts sehen sollte. Stille war's- im 3iininer. Die Frühtiiigzscnne schlug eine goldene Briicte errin, nnd iitg ob immerfort Enge vorüber gin gen, sielen hinter niir leise, zag-! hafte, glückntmenbe Worte. Jrene war gewiß uin iniinchei Jahr äl ter nls iinser Krieger, ioiig tiit es.« sie ioiir plötzlich jung, sinnig, eine selige Benut, obwohl its das Ge heimnis bloß von ihren Gesichtern ablnsk Die beiden blieben stiiiiiin Dann ptöhlich —- eiiie Wochespäs ter — geschah das Unfiiszbiire. Die Aerzte sprachen von Rotiirilitiitioneii, Operationen. Unser P·iiient war-. be unruhig. biis Fiebkr nnb die Schmerzen kehrten z.«riiii »Noch eiiininl miissen ioie ihn :etten,« iiig , te Jrene Mit anruiiis unb Fami iisniiis, mit der nniiusrrttbiireiiGe wißheit, baß sie stärker sei iils das. Schicksal, tiit sie Uebe::nenichliches. Aber ihr Wert zerbrach in ihren hönben Nur ioor tin-I Ende gott lob sanft. Am letzten Tag tiinieii Ivoii ireit her seine Eltern Und Ge-v schwister. Schlichte Leute bie ver sstört in der ctiibe siißiri und ri.sch storeoer hinaus-gingen gse Cum-c t ftern wollten noch die Kirchen der4 Stadt besuchen — Irr-te mußte sie erft mahnen, zn bleiben. fonft let men sie zn spät. »Vieileicht iibers windet er die Krife do.t: noch,« lag-. ten die Eltern mit terfchlossenen, ftnrren Gesichtern Am Abend gin gen sie in ihr hoteL Gleich am Morgen würden sie wiederkommen Auch ich verließ das Zimmer. Jrene konnte allein mit dem Sterbenten bleiben. Jch gönnte ihr diefchmerz liche Weiheftnnde des Alstchiedek » Am anderen Morgen war nllesY vorüber. Seine Verwandten wein ten und flimmerten und tnieten rund unt das Lager. Dann fchoben sie zufammen, gaben die Naht frei fiirl Jrene, die einen dnntlen Veilchen trunz auf feine gefnttcten Olinde legte. hochanfgerichtet ging sie. Siek verbarg den Schmerz, nie sie die Liebe heimlich getragen. Beim Be gräbniffe anr von uns beiden nurj ich anwesend Jrene hatte neue Patienten übernommen nnd pflegte in einein der Säle. Jus i vom; Begräbnisse zurückkehrt-. sie in die Arme fchliefzen wollte, irehrte pe .Nicht fprechen,« bat sie, »nicht tw nn rühren, sonft ertrag ich’s nicht!«t Später fngte sie ein-nat trnntnveri loren —- vielletcht hätte ich ed nicht hören fallen —: »Mir einen Wnnsihl — Vereinigung —- er Wt mich birld« Bald nachher ertrantte sie an Lun genentzilnduiig. Sie tyt te sich auf gerieben, ihre ertchöpfteu Kräfte tot derftnnden nicht. So ging ihr anfch in Erfüllt-nd Jrene in nicht mehr . las ee nnd- oarans vor I F Zvei steter-. Von Eugeu Stande-L »Die Nebelsrauen laufen wieder übers Feld«, sagte der lleine Nudi. «Und zum Lazarett —- als ob sie auch die Verwundeten pflegen woll ten« meinte ernsthaft Hans-Paul — beides tleine. hübsche Jungen in Uni forrnen, mit helmen und schleppenden Säbel-i — Dinge, die das Christtind gebracht hatte. Ja, der Nebel zog in langgedehnten, dicken Schwaden über die weiten Wiesen —- es fah aus, als ob ziehende Gestalten mit lang ausgestreckten Arm.n nach einem Ziel griffen. . . Und wenn die Nebelsrauen so Ebers Feld ziehen, stirbt einer — dachte Erwina. Das war eine Sage aus ihrer fer nen WölderhcimaL Erwan stand im Rahmen der Tür des tleinen Gärtchens und sah mit ihren seltsam großen, unendlich tiefen und dunklen Augen wie müde in das graue Trauben So bekommen, so nostle machte dieses Wetter. »Gehst du wieder pfleger Matti?« fragte hansAisauL der die weltfremi den, seltsamen Augen der Mutter ge erbt hatte. -.,Ja, Kind —- heute wird wieder xin requ Verwundetentransport er wartet.«« »Dann spielen wir wieder Schlacht inzwischen und verhalten die Russen,« sagte Rudi Minnen-Lend ,,Jr —— spielt schön, Kinder — behiit Gott!« Mit geschnunqenen Daveln unem ten die hübschen Jungen davon. Etwan ging ihren stillen Gang Erst durch die Häuser der großen Jrrennnstult hindurch —- ihr Mann war Beamte hier. . · An einem Fen ster ward ein Gesicht sichtbar — ein Frauengesicht, jung und schön. Dicht an die Scheiben gepreßt war das Ge sicht — rabenschwarzes Haar umfloß es gelost wie Fittigex die Augen start ten. . . So las-, sie immer — wie ver steinert —- mit starrenden Augen« Nur wenn sie Menschen sah, todte sie. . . Und sie sah Erwinm Da gellten sie aus, die grauenhnstem gräß lichen Tobstlchtsschreie — marter sehiitternd . . Was mochten ihr die Menschen getan haben? —- Erschau eend ging Erwina weiter. Jst das Schicksal tviltliirlich? Jst ee weise? Sie fragte es sich so oft. . . Nun bog sie in die Landstraße ein. Zur Linien dehnte siet weit das slnche Land — Innz weit —- biz zu einem Bahndrnnnn über den wie eine schma te, schwarze Schlange, ein Vorortzug kroch. . . Die Nebelsranen ««ogen noch immer iibers Feld und grisfen mit langen, lun en Armen nach ein und demselben Zie. . . Wilde, vertrachsene Weiden stunden cnn Weg mit wehenden, sliisternden Zweigen. Tropfen fielen, grrß wie Tränen. Erwan ging durchs Dorf —- der »neuen Jrrenanstalt« zu —- aber die war sitt Berwnndele eingerichtet. . . »Schwestet Erlvina.«. . . Wie in besteiendem Aufatmen llang das von so vielen Lippen ,Schtoester Erwina —- die Wunde brennt nicht mehr so, wenn Sie da sind.« Die lnelancholiiche Frau lächelte leise. Aus den loeltsrernden, seltsa men Augen tliclte Güte jeden ver Ar men an. . . Die Dberin tam. »Schtveroertoun«.)ete lomnten heu Ertdina nickte nur —- und begann so lind wie möglich einen, der sich in Rußland den Gelentrheuinatiömug ge holt, heilend zu massieken. tc Die Verwnrdeten kamen. . . vom Osten her. Und einer war darunter, dknr war die gan» untere Gesichts hälste weggeschossrn. Man sah nur rrnen weißen Verband und darüber zwei Augen —- sclnvarz, Ioie ans ed tem Samt geschnitten, und darnber. wie aus dlaßgelblikltem Marmor ge sormt die Stirn i-— die sich eine wirre Welle schwitzen Haares bog. Die Oderin neigte ihr Haupt erschüttert zu Erwian »Der tann nur tiinstlich ernährt werden! Wie lange nur?« Jst das Schicksal willtiirlicht Jst es weise? Wieder sraate es lich Er rvina Könnte es auch hier noch ei nen Art-gleich schaffen-s Und fre trat an das Lager des Allerärmste»n. Das Unstete in den Augen milderte sich· Gewinn hab an zu reden in ihrer dunlelleisen lieben Art und Inn dabei aus das Kartchen an der Brust des Verwundeten »Nonge mald Torsen·« hieß er. Rongetvald2 — Sie hatt- diesen Namen noch nie esehbrL . . »Wir psl:gen Sie schon wieder ge sund —— es lomnst mal wieder Sonnenschein —- bessere, glückliche Zeit.« Rangetvald Torsen aber machte mit ler Hand eine seltsam bezeichnend-e Geste. Wenn er doch zerstört sei siir immer durch die sehtende untere Ge sichtshälftett Was nn te ihnr da Le ben und Sonnenschein ! Ersotna sah ihn voll all ihrer Toiite an. Eber Sie können sehen, hören —- das Edelste ist Ihnen geblie oen. Und morgen schon sollen Sie Oelga von heidegg hören, diese be rühmteste der jungen Sängerinnen — — ich selbst hate an sie geschrieben und ssie gebeten zu tontmen." I Rougewald Tarsen schloß erschöpft die Augen. , Und Helga lam s Als ob eine Undine —- die Lores lei selber —- das Pvdium betriite . . . Uliiirchenhaar —- rotgolden und glän Izend. . . Blaugriine Augen« wie lSonnen unter langen Wildern in dem jungen fast griechisch-schönen lGesichL Und Helga sang — mit all dem Zauber ihres-« vollentseten Kunst — thd mit ihrer ganzen Seele, sang Izum Schluß auch leichtem ausheitern de Weisen »Voget.im grünen Wald, Kannst wie alt?« So zuversichtlich, so lebenssroh klang es: ,.Dreis3igmal, vierzigtnal sntsszt du schreien.". . . Da fühlte sie den Blick zweier Au gen. . . Diese Augen ließen nicht iib von ihr. . . Dort —- in einem weichen Lehnstuhl saß ein Mann. Nur die Augen sah man noch — sonst nichts-. . . Wie zwei Sterne waren diese Augen. . . Helga von Heidegg schritt durch die Reihen der Verwun deten hindurch, sprach niit vielen. herzlich, schlicht —- und stand dann vor den bannenden Augen. Grauen, entsetzliche-Z Grauen stieg wie eisiger Frost in ihier Seele hoch und rann ibr iiber dcn Körper-. Erwina hatte ihr von drin Aern.sten erzählt. . . Helga wußte. . . so -— ohne Gesichts hölfte — ohne Mund —— ohne Lä cheln — immer künstlich ernährt — io sollte ein Mensch leben? Die samt schwarzen Augen isihen tic noch sm rnct an —- zwei sremde, nie ge tannte Stett-e. . . Und Helgas Grauen schwand in einem unsiiglichen Erbarmen hin. Zu leisem Lächeln sich zwingend-, neigte sie ihr goldschim merndes Haupt zn dein Verwundeten nieder. ,,hat Jhncn auch mein Sang ge f- Ilse- T« Ein schwaches Nisten wur die Ant wert. »Sol! ich Ihnen öfter etrvas vorfin gen kommen, Herr ’Lorsen«i« Rongetvnlds Händ flogen empor im Aar-brach der Verzweiflung daß leg teine Rede-, teine Verständigungss iusöglishleit fiir ihn gab. Helga von .Heidegg begriff kosort »Dir —- Sie werden sirh verstän digen lernen, ulles Schöne der Erde sehen und hören —- und sich ver ständigen «ruch; als qunz junges Mä ksel habe ich's auch gelernt -- Steno graphie.'« Da guckte es jäh auf in seinen An gen — er nittte eifrig. »Wie? Sie tönnen stenographie ren?« Wieder das Nickesr Da entnahm die junge Sängerin ihrem Handtiischchen ein tleines No tizbiichelchen und einen Stift und reichte Rongelvnld beides. Er griff hastig nach Leidens und schrieb. Der .Sängerin Blicl glitt an ihm nie älter. Schnitt —- ivie vom Hochge liirge ein Tannenhnum —- edel ge wachsen —- wie mußte er einft schön gewesen seien · . Da blickten die Augen wie flehend zu ihr empor· Helgn las im Steno grimmi: »Ich habe nie, nie Schöneres gehört. als Jhren Gesung!« «Möchten Sie, dosz ich öfter zu Jhnen törne?« Rongelvnlds Hund führte den Stist Oelgn lns: »Vor mir muß sich ja fortan jeder Mensch entfet izen;" Helgas blaugriine Undinenaugen tblictten lang-, lange in die schwarzen ’Stetne hinein. Jhre rechte Hand Yaing langsam empor —— und strich die eigensinnig wirre Haarwelle ans ider gelblichrn Stirn ziieiiik eine innendlich keusche, zarte Lielstosunky ldann ruhte die weiße schmale Hand IJer Sängerin aus dem schwarzen, glänzenden Scheitel —— es sah aus, ialg segne eine blonde Königin den yeldgrauen Krieger . . »Ich —- komme :rieder, Iliongewald Torsen —- dst, so ost ich tann«. . Sie glitt weiter. . . Ertvina hatte die kleine Szene be odnchtet . . Als sie später ihrem Iheins zuschriti — einsam zwischen den wilden, rerivachsenen Weiden hin i—— salteten sich ihre Hände Doch — es gnb ein Erbarmen des Schicksals —— einen Aug-gleich . Und als der kleine Rudi noch zivach in seinem Bettchen lag setzte sie sich zu ihm Und erzählte ihm ein twunderschönes rührendes Märchen .vois. einem armen Krieger und einer Hungeri, blonden Königin . . Und ’die Königin heilte ille seine Wunden und reiche ihm die Krone vom Haupt » de wurde er König und ihr lieber, lieber Mann. . Das war e: n schöner Schluß. Und Rudi schlief glückselig ein mit dochroten Wan gen· . . Helga hatte sich mit der Oberin angesreundet und kam ost, ihr zu hel sen. Ganze Nachmittage verbrachte sie im Lazautt —- und saß jedesmal lange, lange an Rangewalds Bett Denn er hatte wider zu Bett ge bracht werden müssen — er mußte «liegen. Die Augen strahlten nicht lmehr — matt blickten sie — ein Blick, sder Helga ergriff. Sie streichelte leise die Hand dell Kranken »Was haben Sie nur daß Sie mir smatter werdens Es ist als ob etwas W linnerlich nn Ihnen zehrek I Ein Blick W sik spie noch nie — ein qunlvoller Blick. Dann griss er jzum Stift. . »Sie haben Erbarmen mit mir — Iich weiß es; und ich danke Ihnen das innig —- aber Erbarmen ist keine Lie Ibez mich kann niemand mehr lieb ha ben —- ich möchte sterben.« i Erschiittert lns es Helgu. Tränen I schossen ihr ins Auge. »Rongewnlb«, sprach sie leise, feier lich, ,,tein Erbarmen —- nein s Liebel Jch --— liebe Sie — ja, so wie Sie sind — Jhr schönes Haar — die Stirn —— Jhre Augen — lieber s Rongewald’« Er schüttelte ungläubig den Kopf. Helga hob die gesalteten hände em por und legte sie ans die Brust lvie zum Schwur Da -- glaubte er. Der Stift slog über ein Blatt: »Mit dem ersten Blick, da ich Sie sah, habe ich Sie geliebt! Jch habe vordem nie geliebt-« »Rongervled! — Und nun ist alles guts Keine Bitterkeit mehr, lein Sterbenwotlen?« Sein Kot-i sank wie müde in die Kissen zurück- Sein Mund —- sein schöner, junger, roter Mund — wie würde er jetzt gelächelt haben — aber nur die Augen lebten ja noch. .Waren sie zu mntt zum Lä cheln? —- Helga stund aus nnd beugte sich noch einmal nieder —- und driiäte einen Kuß auf die lleiche, gelbliche Stirn. »Ich habe auch vordem nie geliebt — nnd nun bist du auch meine ganze Liebe.«. . . Als Helga um andern Nachmittag wiederkam, liefen die Nebelsrnuen wieder lang iiber die Felder. Es sah aus, als griffen sie nach zsem zittppelturm des einen Lag-nett hanses. · . Auf der Schwelle stand die Obe cin Helga rief ihr schon von weitem entgegen: ,,Torsen -— lvie geht es ihm mutim Die Oherin ward sichtlich verlegen. Da erschien neben ihr Schwester Er wina. Die melancholische Frau hob wie beschwörend beide Hände empor: «Fnssung, Helgn — Rongewald Tor ien ist snnst entschlasen diese Nacht . und es ist heiser sv.«. . . Helga schritt ini Erwinas Seite durch die Säle· . . Alles wie sonst. . .So viele, viele Augen sahen die junge Sängerin freudestrahletid nu. . . Und doch —- zwei Augen fehlten. . Zwei Sterne lenchteten ihr nicht mehr — nie mehr — die Augen des Gliicts. . . —-.-.——— Uns änder. Von H. Maro. Vor einer schloszähnlichen Villn iin vornehmsten Viertel von London hielt ein elegantes LlutoinobiL Ju ne schiifttger Eile verließ es sein Jnsnsse, Dottor Brotvn, der beriihmte Ir rennrzt, von dein reichbetreßten Por tier mit tieser Verbeugung begrüßt. »Mister Huniiltcn zu Hausei« Der Gesragte bejahte, und schnel len Schrittes verschwand der Arzt durch das Portni. Wenige Augen blicke später saß er in dem mit reicher Pracht auggestntteten Ernpsnnggsalon dem Herrn des Hauses gegenüber Der Arzt richtete seine Augen gespannt Jus das glattrnsierte Gesicht des Multi rnillionörs. »Sie sind gewiß erstaunt, Herr Doktor. dasz ich Sie rusen ließ?" ,,Jn der Tut, mein Herrl« erwi « «c I ·- Je- Mk- Wust derte der Arzt. «Woniit tnnn set) die um«-« »Es handelt sieh um meinen Bin der.« Und Mister Hmnilton tippte mit dem Zeigesinger der Linken vieltngend an die Stirn. Der Jerenarzt war sichtlich über rascht. »Nicht möglich! Jhc Bru der? Dieser junge, ledengsris.he Minn, dessen sporttiche Leistungen ich nus dem grünen Rasen so manches-sinnt bewundert hube?« Der Villenbesitzer nickte init betiiini merter Miene. »Und uns Grund welcher Sympto me sind Sie zu Ihre-n Verdachte ge kommen, Mister Hansilt0n«t" »Nun hören Sie« sagte der Mut timillionär erregt, ,,tvnrnm ntz rrn Eintritt einer geistigen Störung bei meinem Bruder annehmen muss. Er ist doch völlig unabhängig reich, tehe reich und hnt sich trotzdem —« stei toillig zum Eintritt in die Armee ge ;meldet, um für sein Vaterland zu -täntpfen. Nun« ist denn das nicht losnplette Verriicktheit?« --—-—-..-.—— —Doppeltinnig. Alte Jung fer (die einen Hund taufen michs Jst Mieter bund ankl- tret-? » Hundehändterr Freiteinchen, io ktreu tvnr Ihnen Iiberhnntst »e i nert l i