Sonntags-blast des . SkaakS-» Anzeigner unnd Jcerokd « Gm ndJsl ,ch -MIT Mf I. Nov flimmern-antr- Abenteuer-. Von R. Geiiettncher. Sein Name fchon bedeutete für un feren Freund einen Schickfalstuint mit dem ZaunspfahL Mach dem Flimmermann als Kunstfchiige, Aus bilfjtellner, Versicherungsagent, Ge legenheit-photograph- Gefangnereinsi dirtgent und noch »in einem guten Dutzend anderer Berufe debtttiert hatte, erkannte er endlich seinen Da feinsztvect und weihte sein Leben fortan der Kunst aller Künste, der edlen Flimmertunft. Er wurde Auf nahmeoperateur dersftdsmopols Filiri gefellschast und zog mit dem Kurbeli tasten unterem Arm im Lande um her, um Eisenbahnungliitte, Kaiser paraden, Dentmaloenthullungen und andere welteetchiitternde meigniffe fiir die Mit- und Nachwelt auf den Zellttloidftreifen zu bannen. War auch sein Eintonimen als Kintoppons tel nicht mit dem eines Roaefetler zu vergleichen, so fühlte sich unser Flim mermann in feinem neuen Berufe doch ganz wohl und dachte vorläufig an tetne Orientierung Da tam der Krieg. Ein altuelles Ereignis sagte das andere, und un fer Freund hatte mit dem Kurbeln don Lruppenausntärfchem Regimentss besichtigungen, Straßenfzenen usw. alle Hunde voll zu tun, bti eines Ta ges die Einberufungsatder diefee löb lichen Tätigkeit plötzlich ein Ziel feh te. Flimmermann wurde eingezogen, zehn Wochen lang in eine zwar arg verschkisfene, aber nichtsdestaweniger ehrenvolle Rettutenlluft gesteckt und erhielt dann eines schönen Tages ta dellos neue, schmucte Kleidung, feld grau naturtich. elm nachften Morgen in aller Frühe wurde er mit fünf hundert tlameraden unter den Klein gen der Garnifongtapetle zum Bahn hof gebracht, um nach der Front hin austrangportiert zu werden. Damit begann nun seine abenteuerreiche Hek denfahrt, und damit beginnt auch un gere wahrheitsgetrette Chronit derfel« en. - - ! . ..,..t:es!-t,-« s-.1 .---I. III-Isl- IIIIIL Ullslusllwclh VIII VIII Tage währenden Fahrt wurde Flim mermnnn In Kutno in Polen ausge laden, bezog in einer Zuckersabrit Nachtquartier und sekte sich am sol genden Lllsorgen mit dem Trupp in Bewegung, seinem Bestimmung-arm dem Schunengrabem entgegen. Don nerlvetter sa —-k der vollbepaelte Tor nister druckte wirklich unheimlich! Schon begann Flimmer-traun seine »gute Jdee" zu verwünschen, die« darinnen bestanden hatte, dasz er we der Leibblnden noch Strümpfe in seinen »Afsen« gepackt, sondern den dafür vorhandenen Raum mit einem Handlurbelappatat und etlichen Films rollen ausgefüllt hatte. Na ja —- er war eben Geschäftsmann, Künstler und Soldat gleichzeitig. Da draußen im Schuhu-graben mußte sich man che interessante Ausnahme den-nistel ligen lassen, deren Negativ von seiner Firma, wenn auch nicht mit Gold, so doch mit Silber aufgewogen wurde. Aber wie gesagt —- der Tornister quälte infolge dieser Belastungsprw be erbarcnungslos den Rücken seines Trägers. Flimmermann dersant bei jedem Schritte ties in die landwirt schaftlichen Reize der ausgeBDichten ·polnischen Landstraßen und blieb mehr und mehr hinter der marschie renden Truppe zurück, bis «et sie schließlich bei einer Wegebiegung völ lig aus den Augen verlor. .-« k« » -’ Fliinmcrmnnn blieb mehr i: J mehr zunut. Flimmertnann hatte schlapp ge macht —- an dieser Tatsache war nun leider nichts zu ändern, und er mußte versuchen, den Vorsprung, den seine Kameraden seht hatten, batdniöglichst wieder einzuholen, vielleicht alt blin der Passagier eines Bagagetvngens. heute war sreilich damit nichts mehr zu wollen; aus der Straße ließ sich tein uhrtvett blicken, die Sonne ver sank reits hinter dem horizont, und unser held slihlte sich so zerschunden und zerschlagen, dasz er sich sehnsüch t nach einem Rachtquartiere umfah. Einige hundert Schritte abseits vom Uege lag ein anscheinend verlassener politischer BauernhoL Rissen Giebel deutschen Grnnaten zum Opfer ge fallen war. Immerhin konnte er noch ein leidliches Obdach fiir die Nacht bieten. Jtinnnermnnn gab sich einen energischen Ruck, schutterte die Knurre - über und ging entschlossen auf dass Haus zu. , Seine Vermutung bestätigte sich; »die Ruine war unbewohnt« einige Raume aber noch leidlickå erhalten. Und da —- sah er recht? atsächlich, da stand in eintr Kammer sogar noch ein Bett! Allzugroß war die Ver suchung, um ihr widerstehen zu tön "nen, odgleich unser Freund von ge wissen spezifisch russischen Hat-stier chen allerhand gruselige Geschichten hatte erzählen hören. Er warf Af fen, Knarre, Koppel und Waffenrock ab nnd sich selbst in die Falle. Fünf Minuten später schon entxührte ihn die Kinomuse sanft in ie seligen Gefilde holder Flimmerträumr. Gegen Mitternacht erwachte er plötzlich infolge eines gewaltigen Lärm-z, der im Nebenzimmer voll führt wurde. Leise schlich er sich an die Tür und warf einen Blick durch das Schlüsselloch Um den koman ten Bauerniisch saßen drei schmutzige, in schwarze slaftane gekleidete Män ner beim Wutli. Vor ihnen ausge breitet lage1« Karten und Pläne, die sie eifrig studierten. Ilimrnermann wußte sofort, daß er es hier mit rus sischen Spinnen zu tun hatte; ihr ganzes Gebaren und die in russischer Sprache gefühste Unterhaltung ließen keinen Zweifel daran aufkommen. Leise fchlich er nach feinem Bett zu rück, nahm fein Gewehr zur Hand nnd war eben im Begriff, die Tilr aufzuftoszen, als er plöhlicheinen un widerstehlichen Ritzel in der Nase ver spürte. hagih —- da half alles nichts, Flimmermann mußte dreimal laut Ilimmermqnn enzißte dreimal laut IRRLI nießen. Drüben wurde sogleich die Lampe verlöscht. Man stieß die Tür aus« und bevor unser wackerer Ba tetlandsverteidiger noch von seiner Waffe Gebrauch machen konnte, er hielt er einen derben Klaps aus den Kopf Alö Ilinurermann aus seiner Ohn macht erwachte, herrschte um ihn tiese Finsternis-. Er lag mitten in Stroh nnd sühlt nur allzuveutlich die eilt telnden ewegungen eines suhrenoen Wagens. Hände und Füße waren gesesselt, der Mund durch einen Kne vel verschlossen. Jn dieser hilflosen Lage blieb ihm nichts anderes übrig, als sich mit Würde ins Unvrrtneid-" liche zu schicken und wieder einzuschm Im Viele Stunden mochten vergangen sein, als der Schluintnernde zum zweiten Male auf recht unsanste Wei se Morpheus’ Armen entrissen wurde. tttohe Fäuste packten ihn und zerrten ihn dont Wagen herab. Ein Blick belehrte ihn, dafz er sich in einein tus fischen Borpostenlager befand. Der Kontmandierende desselben, ein hö herer Offizier, erhol- fich vom Macht euer, schritt auf den Wagen zu und sprach längere Zeit niit dein Führer, einem jener Spioite, die Flimmer niann in dem zerschdssenen Hause he lauscht hatte, und eer die geheimnis vollen Karten und Zeichnungen über hrachte. Die Blicke, die der Gesan gene von seinen Feinden erhielt, wa ren nicht eben sehr ermutigend Der Offizter trat auf ihn zu und sagte in gebrocheaem Deutsch: «Hund, elendiger, tverrrden wirrr dirrr helfen spionierrren! Jn einerrr Stunde du sollst sein eine Leiche!« Dann wandte er sich an seine Leu te und erteilte einige Befehle· Flim herniann fühlte sich recht unbeh.iglich; er wußte, daß sein letztes Stündlein gekommen sei und sah leine Möglich keit zur Rettung. Tatsächlich began nen einige russische Soldaten ntit ih ren Spaten ein Loch in die Erde zu wühlen ——« Flimmertnanni Grabs hingerichtet auf Polene unwirtlichen Gefilden — ell war zum verzioeifetnl Und dabei lonnte die deutsche Front gar nicht toeit von der Taltnulde entfernt sein« in der das russlsche Vor poftenlager aufgeschlagen toar; denn man hörte ununterbrochen den Don ner der Geschiihe, und dicht hinter ei netn Busch, der halblinli einem klei nen Jlllhchen vorgelagert war, erscholl auch heftig-ne Jnsanteriefeuer. —- Ar mee Flimmetii2ann, so sollst du also sterben, ohne deinem Vaterland we nigstens mit sdelnent Tode einen Dienst zu erweisen! Nicht einmal eine stinple Filniausnahtne kannst du als Brett deines Opfer«, als unsterbltchet eichen deines Kriegerdaseini heim sendenl —- Und plötzlich packte un eretn Freund eine unwider ehliche Lust, noch einmal auf Erden d e Kur bel zu drehen, bevor er dieses Ge schiist im Jenseits versehen sollte. Sein Tornister, der den Apparat ent hielt, lag lauen gehn Schritte von ihm entfernt, Fesseln und Knebel hatte man ihm abgenommen . .. Ein liihner Sprung —- sehvn lniet Flim mermann vor dem Assen, schon hält er die Filmiiste in der Hand und hat den Zelluloidstreisen eingesetzt. Erst jetzt werden die Feinde aus sein Ge baren aufmerksam und stürzen schrei end herbei. Aber Flimmermann läßt sich nicht stören. Kaltbliiti richtet er das Objektiv aus die uttibrüder und beginnt zu iurbeln. Doch da —- ivas soll das heißen? Die tapseren Scharen des großen Ni kolaus stieben schreiend auseinander und rennen in wilder Hast davon. Einige der Helden, unter ihnen auch der Ossizier, sind vor Flimmermann in die Knie niedergesunlen und win seln kläglich um ihr Leben: »Gnadde, Panel Gnaddei Nix schießen! Nix schießen!« 17 - » RWW «—-:— »Giiadde, Patie, Gnaddet« Aha! —- Flimmermann, geistesge genwärtig wie immer. erfaßt rasch die Situation. Sein Kurbellasten wird von den intelligenten Feinden siir irgend einen neuen Thp eines Maschinengeioehrg oder sonstigen Mordinstrumenis gehaiten —- daher ihr Schreck und ihre Todesangst Es lebe die Flimmertunsti Jetzt ist er gerettet. Jmtner das Objektiv des Apparates aus die zitternden Russen gerichtet, bemächtigt er sich zunächst der geheimnisvollen Zeichnungen und Pläne, die der Spion dern Ossizier überdrachte, und die dieser in der Nähe des Feuers niederlegte. Und dann gibt er seinen Peinigern einen Wint; sie sind jetzt seine Gefangenen nnd solgen ihm ohne einen Versuch des Widerstande-s hinüber nach den deutschen Schützengriibem die wirklich jenseits des Baches hinter dem Busche liegen. Die Angst vor dem geheim nisvollen Maschinengewehr ist größer, als die vor einein beschaulichen Hel dendosein in den deutschen Gesange nenlagern. hiermit endet Flinnnermanns er stes Kriegsabentener. Seine Knebel tiste hat i m nicht nur das Leben ge rettet, son ern ihm auch bereits das Eiserne Kreuz und die Beförderung zum Vizeseldrvedel eingebracht; da die Pläne, die er dein Feinde abge nommen, siir den Generalstab von großer Wichtigieii waren. Wer don unseren Lesern häufig ins Kind geht« wird sichir auch den Zilm gesehen haben, den Fiininierinann als Gesangener der Russen im kritischsten Augenblick seines heldenlebens aufge nommen hat und wird somit die Wahrheit dieser Geschichte bestätigen können. Frnii gott- mid ihre drei zeidgriiiieik Eli-Hi- vuii Margarete LiiidiiitiZitjiilz. . .»Denn ich könnte nicht ruhig schlafen in meinem kühlen Bette, Mut terli, wenn ich wüßte, du weinst iini mich. Du lennst doch das Märchen doni Tränenlriiglein. Auch das nieii nige slösse endlich von dzinen vielen Tränen über und ich würde nimmer Ruhe haben Sollte es de-. siiinnit sein, daß ich siir die teure lideiniat mein Leben einsetzen muß, dann, Mutterli, sei stolz ans deinen Bubi —- nver leine Tränen, bitte, bitte.«. . . . Jn zitternden Händen hielt Frau Lvtle den letzten Feldpostbries ihres Jüngsten. Vor zwei Monaten hatte sie ihn erhitiien, dann tam nichts mehr von ihm. Und heute endlich, nach bangen, schrecklichen Tagen, hatte sie die Gewißheit: auch er, ihr jüngster nnd lehter Sohn, hatte seiii junges nchtzehnjähriges Leben siir die Größe iind Freiheit des Vaterlandes darge bracht. Jhr sonniger, allezeit froher Bubi. Sie konnte es nicht fassen, daß er nie wieder sagen würde: »Mutterli". Das Kosewort des Nesthiiichens hatte Frau Lotte siir den slotten Bru der Sindio beibehalten. Sie konnte sich einsach nicht mit dein so gesetzt tlingenden Namen Eberhard ires Zliibifsten zurechisinden Er blieb der ii . Rie hatte sie diesem sonnigen Jun gen niit dein anschniiegenden, schmei M Ichelnden Wesen einen Wunsch versa Igen können. Nur Freude hatte sie in den achtzehn Jahren seines jungen Daseins an diesem Kinde erlebt Und jetzt sollte sie ihm seinen Wunsch nicht einmal erfüllen? «Doch, doch, mein Bubit Siehst bu, dein Mutterli weint ja gar nicht, sie ist ganz ruhig. Aber denlen dnrs sie an dich, immer, stündlich, gelt?«. .. Mühsam gebändigtes Weinen um zittette die fest, willensstart ausein andergepreszten Lippen der armen Mutter. A szrau uorre nat-enorm oie noch so jugendliche Witwe eines Großindu striellen, war jetzt ganz einsam ge worden. Alles, alles hatte das Va terland von ihr gefordert. Drei Söhne, die ihren ganzen Le ben-Einhalt ausgemacht hatten, waren draußen geblieben. Werner und Hans, die zwanzig jiihrigen Zwillingsbriider, die direkt von Bonn aus, don der Universität, begeisterungsfroh hinausgestiirmt wa ren, fielen vor Lüttich, nur wenige Tage im Felde. Stolz, selig, mit einem frohen Gefühl, als diese Fe stung eben genommen, schlossen sie die frohen Blauaugen siir immer. Da tröstete der Achtzehnjährige die arme Mutter: »Mutterli, denke doch, wie schön, wie herrlich schön eben dieser erste, glückberheißende, gewaltige Sieg mit dem stolzen Bewußtsein: du konntest mittun, du hattest teil daran nein, da darfst du nicht weinen. Alle diese Helden, auch unsere beiden Hel den sind mehr wert als ttlagen. Mut terli, das Klagen ist fiir die alten Weiber, du mein junge-z liebstes Mutterli sollst nicht weinen.« Da hatte sie unter Tränen ver sucht, zu lächeln, das wiirgende Weh mühsam hinuntergeschludt. Sie war ja noch reich, ihr Bubi war doch noch da! Und dann ianr ein Tag, an dein sie glaubte, nicht wetterleben zu tönnen. Bubi, der mit mehreren Abiturienten die Not pritfung bestanden hatte, war am glei chen Tage auch freiwillig gegangen. »Nun hast du mir den ersten Schmerz getan, der aber traf·«, preßte Frau Lotte beim Abschied mühsam hervor. Den Schrei, der den Hals zu sprengen drohte, erstickten ihres Bubi zärtliche Adschiedstiisfr. »Mutterli, lasz mich gehen, das Va terland braucht uns- alle. Auf ein fiegreiches Wiedersehen !« . . . . Das war vor sechs Monaten ge wesen. Weißer Schnee bedeckte die Erde wie ein Leichentuch Sie sah damals nichts als weiße, endlos weiße Tücher, die all den großen Jammer da draußen verhüllten. Und heute war leuchtender-, goldener Sommer. Frau Lotte sah nichts davon; sie erblickte nur ein große-«- ödes Feld, bedeckt mit einem weißen Tuch, un ter diesem Tuch ruhten alle ihre Hoff nungen, die drei so stolzen hoffnun gen, die ihr das Leben einst so reich und lebenswert gemacht hatten Vorbei: Und sie durfte nicht einmal wei nen. Sie durfte doch dem Bubi seine aller-letzte Bitte nicht abschlagen: ) »Mutterli, nicht meinen, denke an da- Märchen vom Triinenkrilglein.«. . »Nein, mein Bnbi. deine stille tliuhe werde ich nimmer stbren!« — s Frau Lotte lebte weiter. War es »ein Leben?! s Sie erwachte des Morgens zur ge itoohnten Stunde, nahm ihre Mahl Jzeiten zur gegebenen xjeit, machte ih ren täglichen Spaziergang, wie eben jetzt· Dann kam der Abend. der lan ge, lange Abend. Dann holte sie sich die Bilder ihrer drei Feldgrauen und hielt mit ihnen eine stille Andacht ab Das war ihr Leben. Jn diese trostlosen Gedanken ein gesponnen, schritt Frau Lotte über einen der schön angelegten Schmuck pliitze der Stadt. Miide ließ sie sich zu kurzer Rast aus die weiße Bank dort nieder. Lange saß sie so. Jhre trüben Gedanken kreisten immer um den einen Punkt: ihre verlorenen drei Feldgrauen. Ihre rege Phantasie, die nur im mer die drei Söhne vor Augen sah, brachte es wohl, daß sie mit schreckhast großen Augen aus die drei sekdgrauen Soldaten starrte, die da über den Plan kamen und geradezwegö aus ihre Bank zusteuerten Jhr Jnteresse wuchs·» Drei junge seldgraue Soldaten — verwundet. Da —- der mittlere, den die beiden Kameraden sorglich führten, war al lem Anschein nach erblindet; die zärt liche, sast srauenhaft zarte Fürsorge, die ihm die Kameraden angedeihen ließen —- seine tastenden Bewegungen —- lieszen es unschwer erkennen. Alle drei trugen einen Trauerslor am linken Unterarm. Ein untriigliches Zeichen ihrer näheren Zusammenguss rigleit; sie trauerten gewiß um ein lFarnilienglied gehörten wohl zusam men. s Frau Lotte hatte ihr eigenes großes «Leid sast vergessen, es war für Au genblicke untergegangen in dem Jn tetesse, welches ihr diese drei jungen Menschen da abnötigten. Sie konnte den Blick nicht von ih nen lassen. Mit innerlicher Angst, sie möchten an ihrer Bant vorüberge hen, rückt sie schnell etwas zur Seite, damit ihren Wunsch andeutend, daß die Soldaten sich zu ihr setzten. Die hatten es ohnedies aus das schiittige Ruheplätzchen hier abgesehen. Der Blinde wurde sorgsam zu dem Platz geführt, aus den er sich müde niederließ, die Kanteraden setzten sich ihm zur Seite. m-- « ULUU Dis-UT LUIUUI Ucls DUU UUU dem blinden Krieger nicht loslöfen Sie gedachte ihrer drei Feldgrauen, ihrer drei Jungen, von denen jeder — ein seltsames Geschick —- itn Alter und Aussehen diesen Dreien hier glich Der Blinde war ihr Bubi. Kraufes, blondes Haar quoll «iiber mutig unter der grauen Mütze her vor. Da half weder Komm noch Bürfte, die trause Flut ließ sich ein fach nicht einengen. Das wußte sie aus Bubig Kindertagen. Die beiden anderen, vielleicht zwan zigjährigen Soldaten waren Werner und hans ähnlich. Die gleichen, hochgewachfenen, schö uen Gestalten, die wohl auch einst mals, gleich ihren beiden Jungen, ins Leben hinaus-wollten, und die gewiß auch eine große Hoffnung zu Grabe tragen mußten. Denn leidgezeichnet waren die beiden bleichen Gesichter der Bertvundeten. Keinen Blick ließ die Frau von deu Dreien. Bis es einer tnerlte· An menschenfreundliches Interesse und gütige Teilnahme gewöhnt, deu tete der Feldgraue, ohne ein Wort zu sprechen, auf die Augen, seinen trauri gen Blick auf den jungen Kameraden heftend, und gab zu verstehen — blind. heiße Tränen schaffen Frau Lotte in die Augen. Dieser junge, junge Mensch. Ach, und doch nur ein ein ziger unter den vielen Leidensgenofs sen. Könnte die Sonne denn überhaupt weiterscheinen, mußte sie sich nicht ver hüllen vor dem großen« gewaltigen Leid, das über die Welt hereingebroi chen wart Und dann lroch es an ihr empor, das befchämende Bewußtsein: Was ist dein Leid gegen das Leid, das du hier erfchaustl — »Bubi!« formten ihre zuckenden Lippen taum vernehmbar. Da überrann ein liebes Lächeln die schmalen, feinen Züge des Blinden. »Bubi, fo nannte mich mein Miit terlein.« — Das brach den Bann. Da erzählte Frau Lotte. Sprach vou ihren drei Feldgrauen Redete sich das Herz frei und die Seele leicht. Und als sie geendet, hörte man ein leises Schluchzen in die verstörte Stille hineintdnen Bubi weinte. Auch er weinte sich sein Leid von der Seele. VI »Er kalarnnl Er fühlte, die Frau hier an seiner: Seite, die fremde Frau mit der so; lieben Stimme, die verstand ihn, sos wie er ihr Leid verstand Und als Frau Lotte geendet hatte, als Träne ans Träne um ihre drei Feldgrauen da draußen in tiihler Erde aus die im Schoß gefalteten Hände tropsten, da erfuhr sie die Ge schichte dieser drei. Es waren wirklich drei Bruder. Die beiden schlankem hellblonden Zwillinasbriider zioauzigjäl)rig; Bubi. der jüngere, achtzehnsahrig. Und in Frau Lolie quoll esS ern por voll seliger Gewißheit: die Beans nung mit diesen drei Feldatauen war mehr als ein bloßer Zufall. Hier er füllte sich ein allgesoaltiaes Schicksal. Die drei Brüder gehörten dem glei chen Regiinent an; vor Ypern ver wundet, weilten sie hier im Gene sunggheinn Bnbi war erblindet. Doch er tlagte nicht« Er nannte ein göttliche-« Talent sein eigen: die Musik. Die würde ihn oft über die irdischen Sor gen hinwegtragen. Er hatte sogar schon tomponiert; dieses Talent wollte er weiter pflegen Frau Lotteö ungläubiges Staunen atmete jeßt die beseligende Gewißheit: »Gott hat sie mir geschickt, diese drei Feldgrauen hier.« Sie saß mit gesalteten Händen. Hier erstand ihr ja all das, was un ter dem weißen Tuche ruhte —- ihre ganzen großen Hoffnungen, die sie begraben hatte, sie erstanden ihr hier aufs neue. Auch ihr Bube hatte dieses Talent sein eigen genannt. l Ob der blinde Krieger denn ihre . s M Lieblingstompositiom Lassens herrli ches »Allerseelenlied« tenne, kam es ganz zaghast von ihren Lippen. Wieder verschönte das sonnige Lä cheln von vorhin des Blinden Züge und machte sie so rührend jung. »Wie sonderbar —- diese Komposi tion gehörte zu den Lieblingsstiicken meines Mütterleins — ost, sehr oft mußte ich ihr dieses spielen,« hörte Frau Lotte. Da sagte sie fast froh: »Es war auch Bubig Lieblingslied.« Die drei Feldgrauen erzählten wei ter. Auch sie, die Zwillinge, könnten nicht mehr ins Feld, zu ihrem großen Schmerz. »Mein Bruder,« sagte der an Frau Lottes Seite sitzende Soldat, ,,hat in solge einer Viervenertrantung die Sprache verloren; ob er sie je wieder erlangt und wenn, es tann lange dauern, gav uns der Arzt zu verstehen.« Jetzt erst bemerkte die Frau, daß dieser Bruder sich überhaupt nicht un der so lebhaften Unterhaltung betei ligt hatte. Ylur seine schönen Blau augen lebten in dem viassen Antlitz und· folgten mit Interesse dein Ge W »und ich , qies es weiter, indem er den leeren Aermel seines Rockes wies-, ,,werde nun mit der linken Hand Schreibübungen machen, damit ich meine thwrarveit möglichst selbst schreiben kann.« — Dann wuchs eine Stille zwischen diesen vier Menschen empor, die sich hier zusammengefunden hatten, stemd und doch so vertraut im gemeinsamen Leid, als kennten sie sich schon jahre lang, und diese Stille umhiiltte sie alle vier, legte sich wie in inniger Umarmung um sie, um sie nicht wie der von einander zu lösen. »Und als wir-wiederkamen,« sagte der vlinde Bubi ganz leise, mit einem zitternden Unterton in der Stimme, »hatten wir kein Mittterlein mehr; der täglichen Sorge um ihre drei Feld grnuen da draußen hielt ihre zarte Gesundheit nicht stand.«.... »Wir klagen aber nicht," fügte der Bruder hinzu, ,,unser Leid zu er schauen, blieb ihr durch eine gütige Vorsehung so erspart.« Und wieder slusterte der Jiingste: »Aber wir, wir drei, wir sind nun salieim ganz allein-". . . . Da überströinie Frau Lottes Herz. iSie war ja eine Mutter. Sie fand die rechten Worte siir die drei großen, aber doch noch so hilfsbediirstigen Menschen, die sich ohne Mutter wohl ’iaum zurechtsnnden. Und es war die rechte Sprache. Die Herzen der drei Feldgrauen öffneten sich weit· Frau Lottes gute Worte ertönien in seligem Widerhall, und ein großes-, feierliches Gelübde wurde hier gesprochen: »Ich will euch Dreien Mutter sein, uni Gott, stoßt mich nicht zurück, ich brauche euch, um nicht zu verzweifeln, um mich nicht in mein Leid einzu spinnen, euch, meine drei verlorenen, nun wiedergesundenen Feldgrauen!«——— Und Bubi, der kleine zärtliche Bubi, preszie impnlsiv einen heißen Danlegs tuiz auf die ihm dargereichte Frauen hund, auf die eine einzige Träne, eine Ckreudentriine wie ein leuchtender Dia inimt link-sen blieb »Mein Mütteriein Droben wird sich freuen, Dass ihr Bubi eine neue Pei mai gesunoen hit « flüsterte er. Und die schivermiitigen dunklen Blnunugen des Bruders waren auch nnnuggesprochen ein sinnnner Time — Arn Abend saß Frau Lotte vor den drei Biädern ihrer Fe!dgr.iueii, lenen sie ihr große-·- Er!eocii-3 beichtete. Am längsten währte ihre stunnne Zwie sprnche mit ihrem But-L ,,Gelt, mein Vubi, nun bist dn zu frieden. Dein Ucutterli wird nicht mehr weinen.« —-... —-.-« — Ullbeubsichtigie Gros heit. Herr iin einein äitiidien Fräulein-: »Aus ich Ihnen einen LOtuhl anbieten, sie sehen schon ganz iwgrsliilldcll auss« --Der englische Bart. »Ja, warum haben Sie sich denn oen v»-"chnurrvnrt abnehmen InssenW »Mein englischer Uehnurrdort ist mir schon znin Halse herausgewach sen s« —- Gut gegeben. Schmie rendiretror (der bei einer Probe ein echinrenhnxel verzehrt, ais nach dre sem einer der Dchauspieler sirziett): »Wer-erweis, der Blick nach dem Schin renhaxel ist großartig, — den solrten Sie sich aufheben, wenn Sie wieder Anat Den Orhello spielen!« —- Dns Motiv- »Wissen Sie schon, Herr Leuinant, daß Herr Leut nant Müller an Mageneriveiterung leidei?" · . »Als-) darum war der Mensch im mer so »ousgeblasen«?«