ICIIVO Stizge von Aanie Oarrah ....Nun sind wir schon vier Wo chen im Lazarett. Liegen Bett an Bett, ich und Viktor. Alle verwöh nen sie uns und sind reizend. Und wenn ich meine Blicke ein bißchen seit wärts richte. dann liegt da auf einem kleinen Tischchen etwas, da- gich im mer wieder mit jubelndern Herztlopg sen erfüllt . . . . das Eiserne. . . . Freilich, mein Arm wird steif blei ben. Ader es ist ja nur der linke. Und ich hätte doch gern alle beide und noch viel mehr gegeben, daß mir das geglückt ist« . . . Mein Herr Schwager la Ike schlummert· Jst recht dünn geworden und blaß, aber sein Fuß heilt. Er darf schon bald mit Gymnastil an fangen, daß er wenigstens daraus langsam gehen lann. Also . er schläft. Und inzwi schen dollsiihre ich, was ich schon lange wollte: die Nacht unserer Rettung in Worten festzuhalten, sür uns und dich, tleine Schwester Ina, und fiir später. Denn wir haben ja jetzt wie der ein Später vor uns! Wunder doll. Also höre. Jna! Wie lange ich gelegen datte2.... Es tonnten drei Stunden sein.... aber es konnten auch dreiundzwanzig sein. . .. Jch wußte gar nichts ande res mehr, als daß ich am Arm einen Stoß-erhielt, während ich ihn heraus schlepdtr. Und nun lag er ntden mir und war bewußtlos. Jch hatte zu schlafen versucht, aber der Arm tat viel zu weh. Jch fühlte, daß der Knochen ganz taputt war, denn die Hand hing schlaff. und ich tonnte sie nicht bewegen. Und im Ellbogen hatte sich ein Splitter durch gebohrt. III-. txt-k-- s---s- LI- nspsc II-h ap« Ist-s ughu »so cis-. not reden konnte ich auch init niemand, weil niemand da war. Ein paar tote Franzosen lagen zwar nicht weit, aber mit denen war nichts anzufan gen. Versuchsweise holte ich die paar Bogen Papier, die sich noch in inei ner Brusttasche befanden, und das Stümpschen Blei und probierte zu schreiben. Jch dachte, wenn ich mich slach aus den Bauch strecke. geh-« schon. Und den taputten Arm legte ich gerade vor mich hin, daß der Knochensplitter nicht gar so stechen sollte. . Aber es ging nicht. Es ging wirklich nicht. Nach ein paar Zeilen fiel rnir das Blei ans der hand und rollte ins geseorene Gras· Und ich. am erschöpft von den paar Zeilen, blieb liegen. Spiirte nur, wie das Blut rann und meine Augen heiß nnd schwer wurden. Dotie, am Viktor neben mir stöhnte. Und dachte nur: Wenn sie euch nicht finden!. . . . Und dann dachte ich an dich. Was aus dir werden solltet Und. . .. wie das alles geworden war. Dochte. Dachte.·.. Es mußte wohl gegen Morgen gehen. Der Vollmond leuchtete noch, aber sein Licht wurde schon blasser. Langsakn kamen die Wäldertetten aus dem Daniel. Und ich hatte gemeint, ich würde sie an diesem Morgen nicht kriegt sehen-. . . · Oklsumllll 1011 War Dck gcskskcnc Boden. Ungefähr, als ob man aus lauter Eis lage! Mutter-s Bett ist weichen wahrhaftig! Ganz dössg war mein Kopf und mächtig heiß. Und manchmal wollte er mich glauben machen, oer nächste Waldhügei vor mir stelle sich aus die Zehenspitzen und habe lauter grüne, stachlige Beine. So viele Beine, daß sie nicht mal unser Mathematikpros sessor hätte zählen können ge schweige denn ich mit meiner drei zu vier in der Mathematik. Aber ich hat« dein dummen Kopf doch nicht so recht geglaubt. Wie soll denn ein ehrbarer Vogesenwaldhiigil zu Beinen kommenl Und wieder dachte ich: Ob sie uns toohl finden? Zu sehen war nichts, zu hören auch nichts. Was konnte ich wissen, wo die Unseren waren. Vorwäets ging's, dessen erinnerte ich mich noch. Und dann beruhigte ich mich wieder, daß sie uns schon suchen würden. Denn er war doch Leutnant irn dritten Batnillorn Und sie mochten ihn alle so gern. Suchen würden sie-. . .. Dann kam wieder der verdammte Waldhiigel dazwischen! Denkst du, der hätte seine Beine drunten behal teni Ali ob mich die toas angegan gen wären! Und so böse wurde ieh aus ihn, weil er mich so anzu grinseu schien. Und ich hatte doch getan, was in meinen Kräften « stand! Daß Viktor die Kugel des legten Alpenjägers traf ich konnte ihn nicht mehr deckenf Ina, liede, kleine Schwester, ich konnte nicht! Dann warst du aus einmal da· Ganz deutlich sah ich dich nnd-wollte aufs-ringen nnd vermochte til doch III-L Aber ich W M U W mitbixtedeie—ssnndavehdaj. Und davon toill ich zum M W auch zum leiten Male Ieii die spre chen· Nicht im Musik«-h sie in jener Nacht, sondern m sue nnd W. Mk es doch Mc gesagt W Uns-. von dem endlosen Klapierspielen. weil du so arg vielen dummen Wangen Stunde geben mußt, damit der Deine aufs Gyrnnasrum gehen tann. Nicht wahr? Aber schau, seit sie uns zwei Drei viertelerßarrte im grauenden Morgen fanden. rechtzeitig fanden, find wir quitt. Und ich brauche mich nicht mehr zu schämen, weil du alles tufl und ich gar uichtil Aber ich will der Reihe nach er zählen! Denn ich höre im Geist schon unseren .Maxiinnl«, unseren vielge liebten Deutsch-Professor, mit seiner lieblichen Stimme, die mit unserer ungeölten Koeridortiir so eine ver zweifelte Aehnlichleit hat: »Diese Lei stung, Lang, ist durchaus nicht als Maximalleistung anzusehen Es sehlt an der Disposition Ei fehlt an der Konsequenz. Seien Sie sichs Jch bin sehr unzufriedenl« Jch mag dir nicht konventionell danken sür die viele Schinderei. die du mit mir gehabt hast, Jna. Du weißt, »Dante" sagen und Pfötchen geden, hat mir nie gelegen. Aber das sollst du wissen, daß ich gar nicht so dumm und blind war, wie du wohl gedacht hast, und daß ich dein schmerz volles Lächeln vielleicht manchmal bes ser verstanden habe, als du. Und wenn ich zuweilen ruppig war, so steckte immer dieses Lächeln dahin ter. Weißt du, es ist lein schönes Ge fühl, wenn man von dem Edelmut und der Ausopserung eines anderen so täglich zu Boden gequetscht wird —- und wenn man nichts tun kann, gar nichts, als die paar elenden Rach hilseftunden geben, mit denen man sich noch nicht mal seine Schulbiicher ver dienen tnnnZ Also die Mast-ärms teit, die weißt du jetzt, wo sie her stammt ss ----- OO IX- I---O- sc ;,- aussehn-of » ,,-.. . .. .- , fast nicht mehr mitansehen wie dii dich aufgerieben haft! Eine gelähmte Mutter und so einen Bengel von Bru der, der immer nur koftet and kostet und koftet wahrhaftig. ek- war gerade genug fiir dich! Und nachher erst, als die Sache mit Viktor lam! Du denkst natürlich. ich weiß das nicht! Ja Kuchen! Jch hab’ doch gesehen, wie gern ihr euch geheiratet hättet! Und es wäre ja auch gegan gen, wenn nicht wieder der Bengel, der Bruder, dagewesen wäre. Und einmal habe ich euch helaiifcht es ist zwar eine Gemeinheit, aber ich mußte ilar fehen nnd ich weis, wie du zu Viktor gesagt hast: »Es geht nichts Jch kann mei nen Bruder nicht im Stich laffen!.. Aber es dauert ja nicht mehr lange. finf Jahre, dann ist er fo weit! Wir miisfeu warten!' — —- Siehst du« damals hin ich davongelaufen wie ein Verriiater nnd habe inir die Lippen entzweigebisfen nnd habe doch gewußt, ich kann's nicht ändern! Damals habe ich gewünscht, es möchte irgend waö kommen. irgendwas, nur daß ich zeigen könnte, daß ich dir das ver gelten kann!· . . . Ach, Ina, was soll man denn zei gen? Jch lonnte ja nichts als ochfen Wenn ich-i auch rechtschafer getan habe, weiß Gott, mehr, als rnir manchmal die Laune fiand aber was ist denn das dagegen! Dagegen. daß eins fein ganzes hiffel Lebens glück nimmt und in einen Kasten steckt und nicht anrührt —- — bloß, damit ein Dritter wag werden kann! Jn.i« ich hab«5 nicht gewollt! Tie ses Lpier nicht! Wenn es nich mir geganan ware, ein Handwerker ver dient ja auch Geids Aber das hast du ja nicht geduldet und schiieß lich, wozu denn wieder und wieder über diese scheußiichen Dinge reden!— Aber vergessen werde ich dir das nicht, Ina, nie. . . . Daß ich in den Krieg als Freiwil liger ging ich habe schon gewußt warum! Nicht, daß ich nicht gerne leben möchte! Herrgott, ich weiß ja überhaupt noch gar nicht, was leben beißt — so wenig wie du Bei uns war'i doch bloß immer Schinde rei. Und daß nie einer inni, der uns aufgefordert hätte: «Nirnrn doch, es ist ja zum Nehmen da!' Und daß nian sich's allein nie zutraiiie. Aber siehst du, wenn einer schon zu sonst nichts niiie isi .. znrn Krieg iann rnan jeden brauchen Und keiner ist iibersiiissig und seiner zu schlecht. Jch sage dir, M ich einmal, das erstemal, was tun konnte, ioas leisten, daß ich was wert war. daß ich nicht iinnier nur so ne satale Sache war, aus der erst was werden mußte! Ausgeaiinet habe ich dor lauter Lichtsetn, daß ich endlich, endlich was niisen konnte, und nicht nur den steinern niedrigen, eietbaften Geschich ten, dein Geidverdienen und Sparen nnd Knausern, sondern so etwas wundervoll Gras-ein etwa-, das die anze Weit umschließt nnd was doch fedee siir sich hat und keiner ihm neh men kann « .Deutschiand Und dann .. . . ich konnte vielleicht ddch ihn Mühen vdet ihm seist-den« wenn's auch nach außen umgetchrt ichm Das habe ich mir geschworeisn da mals, beim Ausmarsch daß ich nicht allein heimkomme Ich habe Inein Wort halten können, Gott sei W! bitter liegt neben mir nnd chisst glaube nicht, dafq WITH-il its. et site »unan »Ist-sites Gesohr mehr. Ich habe hier schon die nnniöglichsten Dinge erlebt. was alles heilt. Warum denn bei ihm nichtl Wenn dn tollstest .. »ich könnte heute noch lachen, wenn inir niein Arm nicht so weh täte, wenn dn wüß tesi, niit welchen Schlichen ich es er reicht hohe, in seine Kompagnie zu toinrnenl Vorn Unterossizier aufwärts habe ich sie alle redellisch gemacht. bit ich ej schliehlich durchsehtel Aber et war gut! —- Teusel noch mal, et war wirklich gut!.... Wie viele von unserer Kompagnie wohl noch leben? Das war ein hö ser Sturms Ader den Franzosen ist es auch nicht gut bekommen. . .. Jch muß dir doch erzählen, Ina, wie alles ging! Stelle dir einen steilen Waldhang vor! Steine, Wacholderbüschn Fich teniungwald alles eine einzige Falle. Und da drin die Franzosen Und schießen, was sie können. der ganze Hang spuett Feuer-. Wir.... hinaus! Bajonett vor» ..Stimn! Es ging ja nicht anders! Wir tonns ten doch nicht ewig und drei Tage dieses gottlose Wespennest vor der Nase haben. Dreimal mußten wir zurück. Das viertemal ging’i. Und nun die Franzosen aus der an deren Seite ennter, tot-'s noch viel steiler war. Wir nach. llnd alles im Granmenhagel Da hat es Vit trr erwischt. Wenn ich den vertrock ten Alpenjäger nur vorher entdeckt hätte! Aber da war nur ein Iler stranchZ Nachher, da habe ich ihm steilich eine Kugel durch den Raps gejagt. Aber da war es sür Bittor zu spät. Jch stützte ihn, so gut es ging, und schleppte ihn raus. Aber dann der Blutderlitst, vielleicht auch«der Schmerz. oder bei see aus einmal wird er ohn rnächtig· Und der ganze Hang liegt unter Artillerieseuers Und der Mensch ist schwer, sage ich dir! CDas nächste Mal suche dir bitte einen weniger langen Bräutigam auj!!!) Runter kann ich nicht« denn da balgen sie sich wie rasende Rosen. Jnder sind dabei und Schwarze . . .. ich kenne sie arn Kreischen und da herunter mit eineni Bewußtlosen danke be stens! Also hinaus! Den steilen hang hinaus mit dem willenlosen Körpers Zeit meines Lebens werde ich den bang nicht vergessen und die Stauden und die Granaten. Es wird Morgen, alles voll Nebel und Regen . . .. das war noch ein Glück. So sahen die Feinde wenigstens nicht viel· Aber das Feuern ging trotzdem weiter auss Geratewth Und end lich, wie die Nacht schon ganz nahe ist« sind wir oben. Viktor ist inzwi schen ein paarrnal aufgeweckt, aber kennt mich nicht, stöhnt nur und sagt ,,Jna Jna' Dann ist er gleich wieder weg. Was ich froh war, als ich ihn droben hattet Und, so’ne Gemein heit, erwischks rnich nochmal. Einen Schuß durch die hand hatte ich schon weg. Und schlägt mir den linken Arm kaputt, daß ich nichts mehr von mir weiß und bewußtlos iin Grase liege. Und da blieb ich Und alles war still· auch keine Granaten mehr Und Viktor stöhnte immerzu im Fieber und kannte mich nicht. Nicht mal. wenn ich ihn anries und strei-« chelte. s « r ich war wach. Heute wun dere ich mich darüber, und doch weiß ich, ich irre mich nicht. Tie Aerzte haben·s mir auch nicht glauben wol len. Aber wenn ich die Augen fchlie« ße, dann meine ich, ich fehe wieder ganz deutlich den— Waldhiigel, der durchaus wieder zu tanzen anfangen will, und zahle die immer matteren Schläge meines herzens und über lege, wie lange es noch dauern kann, daß ich von dem fortwährenden Blut verluft auch wieder ohnmächtig hin . Jch werde es wohl nie derges fen.... Und dann pliislich hörte ich etwas . Schritte, als wenn ein bund läuft Und auf einmal fiel mir ein« daß Viktor rnir erzählte, in der Etappe hinter uns feien Sanitiits hunde angekommen. Und da hoffte ich wieder. . . . daß uns doch vielleicht einer auffchnuppern würde. Denn ich spürte: es wird Zeit, lange halte ich mich nicht mehr Jch rief wieder. . . Aber ich kriegte wieder keine Antwort, bloß das Tap rien und Trippeln war noch da. Jth lain es näher. Und ich dachte mit derfchwirnmenden Blicken: Jst das feuchtes Doky, das fo grünlich glimmti Ader hol spaziert doch nicht umher. Oder spielt mir mein Kon wieder einen Streichi Aber das Glimrnen war nahe da. Und ich fteengte mich an, zu fehen. .. Und jeht lam es ein Schatten hufchte wahrhaftig ein handl. . . . Er fchnupperte an Viktors Hand und rannte weg» Jch wartete. Und der Schweiß stand mir auf der Stirn vor Aufre sung Nur meine herzfchliige hörte ich noch sonst nichts Und jest Schritte eine Laterne flackerte mit wachsendem Licht« Sie lamen» Und da wußte ich, daß das alles nicht itme war, nicht dein O pfei, Ina, und t das meine. Und daß ich VI dir Jurist-tagen würde . . Ins W Mr, nnd das wir endlich qiiitt ftsd quittt seiest-. SliZZe von Insel-org Kanonen-s iTeiiisch von Julia KoppelJ Der Lanvpfarrer in Klingerirs schüttelte halb lächelnd. halb mißbils Iligend den fion über seine Schmie l,gertochter vie in dem niedrigen Lehn stuhl neben seinem Schreibtisch saß Ja, sein Sohn hatte recht gehabt, alt er schrieb, daß er fürchte, seine El tern iviirden seine kleine Anna gar zu oberflächlich und flatternd finden; ok er aber auch recht hatte, als er gleich zeitig versicherte, daß ihr Herz von «Gold sein« und daß sie unter ihrem oberfliichlichen Wesen einen Reichtum von Gefiibl verbrget Er hatte seine Eltern, die in der Mindeer Pfarri aus einer einsamen Jnsel wohnten, ge beten, sich der kleinen, fliichtigen Großstiidterin anzunehmen; er sei sicher, schrieb er, daß der Verkehr mit seinen Eltern dazu beitragen toiirdel »die Schlaaen zu entfernen, so dass nur das reine Gold übrigbliebe.« Der alte Pfarer war nicht so fest davon überzeugt. Die achtzebnjiihrige Anna war ein sehr hübsches Mädchen, aber verzogen und so selbstbewußt. dass man sich fast darüber ärgern mußte Jmnier hatte sie ihr Urteil bereit, und der lächelnde Rinderinunb konnte Be merkungen machen, die so scharf roie eine Messerschneide waren. Eine solche hatte sie eben zum be sten gegeben, und darum sah der alte Pfarrer sie so mutlos an. »Nein. Schwiegervater,« sagte sie bestimmt, «an diese Art Wohltätigkeit »glaube ich nicht, davon kannst du mich ’nicht überzeugen. So edel ist tein Mensch daß er zehn Kronen fiir vie Armen gibt, wenn er sich selbst von jmorgens bis abends ums tägliche Brot plagen muß und so ärmlich wie Jdie Frau die eben hier mar. Das ist nichts tvie Scheinbeiligteitz entwe der narrt sie dich und ist gar nicht so arm, wie sie sich den Anschein gibt, oder sie will nur vor den Leuten vrahlen." »Du bist nicht leicht von einer Mei nung abzuvringem Anna,« sagte der Pfarrer still und blickte mild vor toursivoll auf das eifrige junge Mäd chen herab. «Rein, Schwiegervater,' nickte An na triumphierend, »ich bin nämlich nicht blind; ich kann den Menschen glelch ansehen, was in ihnen ist, und was die alte rau over das alte Mädchen betris t —- so —- —« .,Ja —- so möchte ich wohl wissen, Anna.' unterbrach der alte Psarrer sie schnell und bestimmt, »al) du dein Urteil nicht lindern wirst, wenn du ihre Geschichte erfährst, so wie mein Vorgänger tm Amt sie rnir erzählt hal. .Dai alle Mädchen- das eben hier war, Intt geht Kronen sür die Weils nachtlbescherang armer Seeleule, lfl jetzt nah an die achtzig. Sie heißt Rat-ts- Klintagaarv —- diesen Nach naenen belarn ihr Vater, als er den has selben Namens lauste, den größ ten hier aus der Jnsel.« Der, dessen Wälder und Wiesen ganz bis an die hohen Felsabhänge gehen, die wir vorige Woche besichtig ten?« fragte Anna interessiert. «;za:- mare ver Pfarrer. »Unser große Hof hat ihrem Vater gehört, der als der reichfte Mann der Jnsel gestorben ist. Der hof liegt etwas einsam, wie du ja auch gesehen hast, und damals-, als er ihn tauste, war es eine ganze Meile bis zum nächsten Nachbar. Aber Niels Klintegaard schien die Einsamkeit nicht zu stören, er lebte ganz zurückgezogem und die meisten hielten ihn fin einen- Sonder ling. Niels Klintegaard wurde von vielen beneidet« denn er war unge wöhnlich vom Glück begünstigt. Als er den hof übernahm, war er start belastet, aber schon nach wenigen Jah ren hatte er alles zurückgezahlt, und sogar mehr Land und Wälder dazu gelauft. Niemand tonnte daraus tlug werden, ob sein Grund und Boden so viel besser war ais der anderer, eines aber wußte man: daß tein Strand so viele Strandungen auf weisen lonnle wie seiner. Die höch sten Felsen der Jnsel ziehen sich ober halb der Waldungen von Klintegaard ein großes Stiick ins Meer hinaus, und dort i die Miste voll von schar fen und teils unsichtbaren Rissen.« «Welchen Vorteil aber hatte er da »von, das die Schiffe auf seinem Be s sistinn ftrandeten?« fragte Anna ver ! wundert. «lionnte er durch das Ber lgen der Leute so viel verdieneni'· l »Nein, Anna, das nichts Aber in damaligen Zeiten durfte der, auf des sen Ufer ein Schiff strandete, das Schiff und die Ladung behalten, die oft wertvoll war, wie du dir wohl denlen tannst. Darum meinten auch alle, daß Niels Klintegaard sein vie les Geld durch Stranngt verdient habe, und daß er so ernft und schweig sam geworden war, weil es etwas Trauriges ist, sich durch den Schiff bruch und Untergang anderesMens schen zu bereichern. Als Riels Klin tegaard schon iiber sechzig war, hei ratete er plöilich ein armes, sein hübsches- . sitbiehuisbtioes Mildchm die Tochter eines Kiitners aus seine-n Gut, deren Eltern in der tleinen ärmlichen Diitte wohnten, die ich dil gestern zeigte —- dieselbe, in der di alte Karin est· wohnt. sus Liebt heiratete Hi n reichen Rieis Mintes goard nicht« sondern tu ihren Elter ein sorgenfreies Alter zu verschaffen. War auch etwas Eitelleit mit tin Spiel gewesen, wollte sie gern die reichste Frau in der Gemeinde sein, so wiirbe die arme Frau bitter siir ihre Schwäche gestrast, denn liirze Zeit nach der Geburt der lleinen Ka rin wußte die ganze Insel, das sie todungliiitlich sei. Das früher so le benssrohe junge Mädchen wurde eben so ernst und verschlossen wie ihr Mann. Er ging nie in die Kirche« jeden Sonntag aber saß sie in dein Stuhl, der zum dos gehörte, und mein Vorgänger hat mir erzählt, daß es ihn jedesmal wie mit einem eisigen Schreel biirchsiihr, wenn er ans das starre, weiße Gesicht mit den vergriinp ten Zügen herabsah, oder dem ver zweifelteii Blick begegnete, der einen untröstlichen Kummer zii verbergen schien. Die Zeit verging. Mels Klintes gaard starb, als seine Tochter zwei Jahre alt war. Sie dachte nicht dar an, sich wieder zii verheiraten; nach dein, was die Dienstboten sagten, dachte sie wohl überhaupt an iiichis, laiim an ihre -Tochter, die nach Be lieben zii Pferde iind zu Wagen her uinstreisen darste, und nach und nach verbreitete sich das Gerücht, daß Riels Klintegaards Witwe nicht ganz richtig im Kopf sei. Tagelang saß sie am Fenster. bon wo sie das kleine Kät nerhaus, worin sie geboren war, sehen tonntez sie beschäftigte sich gar nicht, saß nur blaß und tränenloj da und antwortete einsilbig, wenn man sie fragte. Ihre Tochter Karin war, wie ge sagt, ganz sich selbst überlassen. Sie war hübsch und lebhaft, sagen die, die sie als junges Mädchen gekannt haben, und hatte mehr gelernt als die meisten Baaerntöchien Filr baut-li che Arbeit hatte sie wenig Sinn« son dern liebte es, durch Feld und Wald und ani Strande iiinherziistreisem wo merlwiirdigerwrise nach ihres Vaters Tode viel seltener Siranbungen vor lamen s Aus einem dieser Streisziige lernte fie einen jungen Maler tennen, der am Strande saß und eine Partie des Meeres mit den vorspringenden Klip pen malte. Der junge Mann hieß halsdan Thöger und war aus Nor wegen. Er wohnte den ganzen Som mer im Krug. und malte die schönen fussichtspunttr. Er and Karin tra en sieh hänsig, und du hast gen-iß schon erraten, daß es nicht lange dau erte. bevor die beiden sieh ineinander verliebten. Wenn man sie zusammen sah« strahlten sie vor Glüc· Latini Mutter aber ahnte nichts davon bis zu dein Tage, wo die Tochter den jun gen Mann mit nach Mtntegaard brachte und als ihren Verlobten vor stellte Latini Mutter empsing das junge Paar still und ruhig. wünschte ihnen viel Glück, und überließ sie dann sich selbst. halsdan Thöger aber sand, daß er der Frau, deren Tochter er bald heimführen wollte, etwas von sich und seiner Familie sagen müsse. Dar um erzählte er, daß er der einzige Sohn eines Schissjtapitiins in Chri stianssand sei, und daß sein Vater vor achtzehn Jahren aus einer Reise von Christian-sub nach Stettin ver schollen wäre. Seine Mutter sei in ärmttchen Verhältnissen zurückgeblie ben, nnd er selbst habe einen harten Kampf überstehen müssen, bevor er so weit getornrnen sei. wie er seht war. Zu Karins großem Erstaunen be gann Leben in ihre Mutter zu tem inen. Sie sragte und fragte, undul sie schließlich den Namen des- Schissea erfuhr, sprang sie mit einein Schrei in die höhe und ohne dein erstaunten jungen Paar eine Ertiörung zu ge ben« nahrn sie niit zitternden banden einen tleinen Kasten aus ihrer Scha tulle. Er war niit Kostbarteiten, al tem Silberzeug goldenen ilhren, sei nen Ketten, Ringen und dergleichen gestillt. Sie suchte ein ziemlich gro ßes Goldniedaillon heraus, bssnete es und schob ei dern jungen Manne hin und jetzt war Halidan Thöger an der Reihe, zu erschreaen —- denn in den beiden ileinen Malereien des Me daillons ertannte er seine Mutter und sich selbst als Kind. Oben aus dem Medaillon stand der Name seines Va ters; das war der Grund, weshalb Nieli Klintegaard dieses kostbare Stück Strandgut nicht aus der Hand gegeben hatte. Bevor Ihalsdan This ger fragen konnte, erhielt er die Er klärung. Die sonst so berschlossene Frau hatte die Sprache wiedergesun deri, und was sie seht den beiden sun gen Leuten erzählte — dasselbe, was sie später meinem Amtdvorgänger er zählt t —, war eine ganze Beichte. Wie e den alten Mann geheiratet habe, und wie sie durch ihre Jugend Leben und Freude in sein haui zu bringen gehosst, wie es aber ganz an ders ausgesallen sei, und wie entsetz lich sich ihr Leben seit dem Tage, oder richtiger seit der Nacht gestaltet habe« als sie entdeckte, daß ei nicht Zusall war. daß die bielen Strandungen aus« Riels Klintegaards Besitztum passier ten, sondern dasz er in dunklen, stiiri mischen Nächten, wenn alles aus dem Zofe schlief, allein ausging. Eines f achtö war sie ihm nachgeschii ri, - und hatte ihn aus einein der hiich en » Felsen mit einer roszen Laterne ste : bin sehen, die er hns und herschwang. - An der Stelle waren gerade die ge ; ishrlichpen unterseeischen Risse, und« von dem Licht irregeführt. litten dle Schiffe. die in solchen Nächten unter wegs waren, aus Mel- Klintegaards Strand Schiffbruch. Sie erinnerte sich der norwegischen Brigg —- sie hatte die Sätge der Ertruntenen ge sehen, als sie zum Dorssriedhos gesahs ten wurden; sie hatte gesehen, wie Rieli Klintegaard diese Wertgegew stände, "die nicht oertaust werden tonnten, verbarg —, und sie tonnte ieyt dem jungen Mann erzählen, wer ihn vaterloz gemacht hatte. Ja, alle-, was sich an jenem Tage aus Klintegaard ereignete, weiß ith natürlich nicht, aber so viel weis ich, dasz Karin sich entschieden weigerte, halsdan Thörgert Frau zu werden, als er einige Tage später vdu neue-n um sie anhielt. Sie wage es nicht, sagte sie. sich mit dem Sohne eines Mannes zu derheiraten, dessen Tod ihr Vater dersehuldet habe —- sie sürchte die Vergeltung An dem einen Tage war Karin von einem jungen, heiteren Mädchen zu einer reisen, gepriisten Frau verwan delt worden« während ihre Mutter, die sonst wie dersteinert über ihrem Geheimnis gebriitet hatte, nach der Beichte ganz susammengesalten war und sich willenlos wie ein Kind den Karin leiten ließ· Als Halsdan Thöger abgereist war, schickte Karin nach einem Rechtsan walt, und das Resultat der Verhand lungen war, daß dag,wassilindegaards Witwe besaß, in zwei Teile geteilt wur de. Der eine wurde Hasdan Lhdrger te stiert, der seine Jugend in Entbeh rung und Rot verbracht hatte, und dessen Mutter in Armut let-te. Der andere Teil wurde sur Legate sur Angehörige verungluclter Heeieute ausgesetzt statin und ihre Mutter zogen in das tleine Statuen-aus« dar einzige, was sie behielten, und dort then sie zusammen mit einem alten Yienninadchem das sie nicht verlassen wollte, und das Karins Mutter pfleg te, während Karin siir den Unterhalt siir sie alle drei arbeitete. Riels Klin tegaardfi Witwe schien sich wohlet in dein lleinen Kärtnerhaus als aus dein grossen Hof zu befinden —- sie schien Frieden gesunden zu haben, und et nige Jahre später eatschlies sie sanst und still wie ein Kind, das sich zur Ruhe legt. Seit der Zeit hat Kann allein gelebt; sie hat spinnen und we ben müssen, um ihren Lebensunter halt zu verdienen; sie ist genugsam und steiszig gewesen und hat jeden Groschen, den sie entbehren tonnte. Armen und Natleidrnden gegeben. Mein Vorgänger sagte, daß er sit ost zu überreden versucht hatte, nicht so grausam gegen sich selbst zu sein und halsdan Thöger zu heiraten, der ihr noch viele Jahre schrieb. Sie aber behauptete, daß sie es weder tönne noch wage. Das Wort der Bi bel: «Die Sünden der Vöter..." ließe sie nicht los, und es sei ihr wie durch göttliche stenbarung entgege ben worden, daß sie vielleicht ihres Vaters Sünden sühnen und Seligkeit siir ihn erlangen könne, wenn sie stei willig sür ihn Buße täte. Das hübsche Altarbild« das du in der Kirche gesehen hast, und das die Frauen an Jesu Grab darstellt, ist don Halsdan Thöger gemalt. Die dorderste Frau soll Karin sein, wie sie in ihrer Jugend aussah. halsdan Thöger starb underheiratet vor unge fähr zwanzig Jahren. Karin aber lebt noch immer, utn eines anderen Schuld zu sühnen. Jeden Sonntag sehe ich sie in der Kirche, und wenn ihr Auge aus das Altarbild fällt, wird es seucht von Tränen, ihre Lip pen zucken schmerzlich, und dann weiß ich, was die alte Karin betet — sie bittet Gott, daß er sich bald über sie erbarmen und tn seinem himniel mit ihm, den sie aus Erden ihr ganzes Glück nannte, und den sie sur die Schuld ihres Vaters opserte, vereinen möge.« 4 wer alte Pfarrer schwieg einen Au genblick, bevor er seine Schwiegertoch ter fragte: »Nun, stimmt mein Bild von der alten Aarin mit dem überein, was du dir? gleich von ihr gemacht hast, An na " Anna aber beugte beschämt den Kons, und in ihren Augen standen Tränen, alt sie sagte: »Ach, Schwiegervater, verzeih mir! Jch war·dumm, ja beinahe schlecht· Deine Kartn ist ja sasi mehr als ein Mensch. Sie ist eine- Märtyrerin, eine heldin!« »Ja, im verborgenen gibt es viel leicht mehr von dieser Art, als man glaubt,« nickte der Pfarrer milde, »und darum soll man nicht vorschnell mit seinem Urteil sein. mein Kind-P s-.-—--—— — Aus leiten Sohlen. Kunde Uum Schuhmacher): »Mei ster, machen Sie mir unter meine sämtlichen Stiefel Gunimtavsiiget· »Ah, Sie haben sich wohl verhei ratet, herr Duckmeher!« — Gut gegeben. Herr (aus dringlich:) »Gnödigeit Fräulein —- ich bin Jhr Sklave-l« —- «Schisn; dann bitte ich mir over aus, daß Sie sich ietne Freiheiten herausnehmen!« — Renommagr. Ellm »Mein Bräutigam ist so verliebt, daß er un sere Namen schon in ein halbes Du end Baumrinden geschnitten hat-« ekla: Bah, der meine hat nus diese Art schon einen ganzen Wald ruiniert« 4