Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, October 28, 1915, Sonntagsblatt, Image 9

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    Staats Anzeiger und II cerold.
Sonntagzblatt des
Gta dJslan ,ct.Nb -IMD MM
»Statuts-IN
Wie es einem deutschen Lfsirier in eng
lischer Jrimegefmmonsctmsr erging.
Arn 8. September 1914 wurde
Oberleutnnnt v. N. in dem Gefecht
bei Orln nn der Mnrne durch einen
Kopfschuß schwer verwundet. Das
Geschoß. ein Jnsrrnteriegeschoß,
drang als Querfchlöger unterhalb
des rechten Auges in den Kopf und
blieb darin stecken. Blutüberströmt
und schwach geriet der deutsche Of
fizier in die Blinde der Engländer,
die ihn und verschiedene andere ge
fangen nahmen. Oberleutnnnt d.N.
ist jetzt als Austnuschgesangener in
die Heimat zurückgekehrt Ueber sei
ne Erlebnisse in englischer Kriegs
gesnngenschast hat er noch einer Ver
öffentlichung der Nordd. Allg. Zig.
folgendes unter Eid nuägesngn
Die Engländer behandelten mich
zuerst gut. Am folgenden Tage
wurde ich von einem englischen Un
terossizier nach Waffen durchsucht.
Er nahm mir das Tlrschecicnesser und
eine Nagelschere weg, beließ mir aber
alle anderen Sachen. Kurz darauf
ram aber ern englischer Damian
soldat und nahm mir mein Geld in
Höhe von mehr als 500 Mart,ntei
ne Uhr nebst Kette, meinen Siegel
ring sowie andere Sachen fort, um
sie, wie er grinsend sagte, als »Sou
venir" zu behalten- Jniolge mei
ner Verwundung tonnte ich teinen
Widerstand leistet-, auch nicht rusen.
Ich war derartig schwach, daß ich
in halber Betäubung dalag. Das
machten sich die Englander zunuye
. und plünderten mich rein aus. Sie
ließen mir auf dem nackten Körper
nur ein schmuyiges französischer
Bauernhemd, das sie mir überge
worsen hatten. und einen deutschen
Soldaten-.nantel. Jn diesem Auszu
ge wurde ich durch Frankreichtranbi
portiert, mußte mit nackten Beinen
don einem Eisenbahnzug zum ande
ren geben« und litt start unter die
ser ungeheuerlichen Behandlung. Vier
Tage bin ich so trani ortiert wor
den, bis ich am Is. eptemder in
St. sie-Hainf ankam. ,Doet wurde
ich von australischen Aerzten rpei
riert. Sie nahmen mir die im hin
tertaps siectende Kugel heraus. Arn
17. September wurde ich aus ein
Schiss gebracht und nach Englant
übergeiiihrt. Am 20. September
kam ich in Vortsmouth an unt
wurde in ein Halpital gebracht. Dort
stellte ern gesangener deutscher Miit-i
tärarzt seit, daß meine Wunde, dir
die Engländer zugeniiht hatten, in
sclge unsachgemiißer Behandlng start
vereitert war. Er stellte dies der
englischen setzten sor, konnte aber
erst nach langen Bemühungen er
reichen, daß fre« die eWunden össnåter
llllll lgiafgcillllh VIIIIIIWIIUL »u
dem Eingreifen dieses deutschen Arz
tes, dem sich wei andere deutsch
Aerzte anschlo en, verdanke ich meir
Leben. Soweit ich beobachtentonni
te, waren die sanitären Verhältniss(
im Hosvital recht im argen. Jcl
kam von da am 11. Dezember aul
das Schiff »Scotian«, wo ungefähr
1500 Kriegegefangene waren· Da
neben lagen die Schiffe «Lake Ma
nitoba'« und »Aera-ein« mit ande(
ren, meist Zivilgefangeneen
Die Schiffsverböltnisse waret
menschenunwiiedig Die Kost was
felyr tnapb und unschmaekbast. Füi
Verwundete war sie ungeeignet Dei
eine englische Arzt. der für uns allt
sorgen sollte, versagte vollkommen
Es ging augenscheinlich iiber sein·
Kraft, und deswegen tat er über
bannt nichts. Ein deutscher Feld
unterarzt nahm sich der Leute an
Auf unsere Beschwerden hin kan
eine englische Kommission an Bort
und stellte fest, daß der Aufentbal
fiir Verwundete nicht geeignet war
Das stimmte mit den Aeußerunger
des englischen Militärarztes über
ein, der uns wiederholt gesagt hatte
daß die Schiffe an einer sehr unge
fanden Stelle lägen. Es wurdei
in der Tat nach der Untersuchung
durch die Kommission. die zuden
festgestellt hatte. daf; wir bei del
Zumessung der Speisen betroget
wurden, die Schweroerwundeten von
Schiff fortgeschafft. Es befandei
fich darunter viele, die trog ihres
leidenden Zuftandes aus den Do
spitiilern auf das Schiff geschass
worden waren, weil die Dospitiile
iibersiilll waren. «
Am 22. Dezember wurde ich nael
holt-port, Mittel-England, gebracht
Dort war die Lage at, und zwa
deswegen. weit die n litt-der sis
nItr auf die smachrlng chränkten
und wir deutsche Krieg-getan en
selbst für uns sorgen konnten. spi
hatten dort einen deutschen folzier
der als Lage-ältester untere Jnteres
sen wirksam vertrat. Es zeigte fia
auch dort wieder, daß die deutsch
Orgmisation der englischen bei wel
-
tein überlegen ist«
Jn Holyport hörte ich von meh
reren kriegsgetungenen deutschen Of
sizierem daß sie in englischen Ge
wehren und Patronentaschen Dum
Duni-Geschosse gefunden hatten. Jchl
will dazu gleich bemerken, daß ichi
später von englischen Wachmanus
schaften im Gespräch hörte, sie hät
ten um Gewehre eine Vorrichiung
wie ein sigarrenabfchneider, mit
dem sie die hierfür eingerichteten
Patronen leicht zu Dum-Dum-Ges
schossen machen könnten·
Jn holyvort hörte ich ferner, daß
die Engländer in zahlreichen Fällen
deutsche Passagiere von neutrclen
Schiffen, auch solche, die nachweis
lich lange vor Kriegsbeginn amerisl
tunizche und andere Häer verlassen-J
hatten, heruntergeholt und in Ge-J
fangenschuft ge.ommen hätten. Un-;
ter diesen befanden sich auch Leute«
die durchaus lriegsunbrnuchbar wu
ren, Kranke, die nach Europa fuh
ren wollten, um sich dort in ärztli
che Behandlung zu begeben, Leber-,
Nieren-, Tropen-Kranke die gar
nicht fähig waren, in den Militärs
dienst einzutreten Die wittert-echt
liche Festhaltung durch die Englän
der hit diese armen Leute gefund
L-1:Al L. s-s-.--- --Ij.«-: Si NA- —«-L·«
l—
sstsssspse Wiss-M nsswsssvss o- usw-«
te hier nur den Namen des Leut
nants ver Reserve Sp. erwähnen,
der tron seines trutntngeheilten Ar
mes von einem neutralen Schiffba
untergedolt und zunächst nach Gi
braltar und sodann nach England
geschafft ist, obwohl et gar nicht
wehrfiihig war. Unter den auf neu
tralen Schiffen sestgenornrnenen
Deutschen befanden sich viele Reser
veoffiziere und auch manche aktive
Ossizierr. Je nach Laune der La
getlvnttnandanten wurden sie in dem
einen Gesangenenlager als Osfiziere
behandelt, in dem anderen mit den
gefangenrn Mannfchasten zusam
mengesteelt. Manche erhielten Ge
halt, manche keins, so dass die Lage
von vielen sehe traurig war. Jn
holypokt befanden sich die beiden
Aetzte vorn deutschen Lazarettschifs
·O helia«, das von den Engländern
wil d einer Rettungsattivn ge
lapert und nach England geschafft
war. Zunächst hatten die Englän
der behauptet, es wäre ein Minem
legefchiff. Als sich diese Behaup
tung nicht aufrecht erhalten ließ, be
zeichneten sie es als Signalschifs,
und erklärten es als gute Weise. Die
Ossiziere der «Ophelia« wurden
nicht als Ossiztere behandelt,
sondern von den Briten in ein
Mannschastilager gefteckt Nur die
beiden Aerzte kamen nach Hold
port. Dort befanden sich auch zu
meiner Zeit viele Deutsche aus Ka
. tnerun. die ledr llaaten. Man bat
-vv-v qqswii
qte sie zusammengetriebem in unge
nügender Kleidung zur Küste trans
portiert, wobei sie tagelang in glü
hendstem Sonnenbrand oan Labung
marschieren mußten, bewacht von
. schwarzen Soldaten, die sich mit
Wissen und Willen der Engländer
gegen die deutschen Männer, beson
ders auch Frauen, roh benabmen,
und dort zur Cinschifsung nach sing
land auf Dampfer gebracht. Jn
zwischen hatten die Engländer die
deutschen Anstedlungen ausgepliicp
dert und die Geschäftsbücher der
J deutschen Kaufleute teils vernichtet,
. teils den ausländischen Konkurren
- ten gegeben. Durch dies Verhalten
, hatten sie viele deutsche Kaufleute
petuniär vernichtet. deutsche Beamte
und andere schwer beschädigt. Die
Leute aus Kamerun klagten ferner
über die iiblen Zustände aus den
Dampfern, die schlechte Kost, den
Schwieg die Etel erregende Art. in
der ibnen dasselbe Gefäß zum Wa
schen, zum Essen und als Nachtge
schier angeboten wurde, die Lage
des Abortes auf dem einen Damp
fer, wo bei Wind der ganze Schmutz
über den Dampfer und in die Kü
che hineingetrieben wurde. Viele lit
ten start unter dem plötzlichen Kli
mawechsel·
Arn 29. April tam ich nach Do
nington hall. Dort war das Ef
sen schlecht und tnapp. Der Army
und Navy Stvre, der die Verpfles
gung besorgte, machte augenfällig
ein gutes Geschäft daran. Auch sonst
waren die Zustände weniger gut als
in heim-ort- Man errichtete dort
am hauptpromenadenweg einen ganz
un ureichenden Abort und schloß· u
un erern großen Erstaunen dafür
den tm hause befindlichen Wasser
abort »aus sanitären Grönden«. —
ch hörte dort von einem deutschen
eeoffizier, daß ein englisches Schiff
unter argentinischer Flog e gesegelt
und dadurch einem deutf n Unter
seebvot entkommen sei. —- Jch hörte
weiter in der Gefangenscha von
deutschen Ofshterem dafz die Eng
länder in dem falschen Glauben«
bayertfche Truppen machtens teine
Engländer zu Gefangenen, an kriegs
gesangenen Bayern ihr Miitchen ges-!
fühlt hätten. Sie sollen in der
Gegend von St. Omer lriegsgesaws
gene deutsche Soldaten gefragt lia-I
ben, wer Baner wäre. Die Danach
die sich darauf meldeten, wurden als-z
geführt, man hörte nichts mehr von.
ihnen. Daß diese Crzählun en iiberl
meuchlerische Ermordung riegögei
sangener lein Truppentlatsch sind,
beweist solgendeö Erlebni3:Jch hör
te persönlich von einem deutschen
Ossizier, mit dem ich in Gesungen
schast zusammen war, da’, ein eng
lischer Ossizier ihn den englischen
Soldaten. welche die gesangenen
Deutschen bewachten, tnit einer
handbewegung bezeichnet, und sich
dann umgedreht habe, woraus ein!
englischer Soldat mit dem Basis-!
nett nach ihm gestochen hobe. Der
deutsche Ossizier entging nur da
durch dem Tode, daß er sich zur
Seite drehte, wodurch der Stich nd
gelenli wurde und ihm nur quer
von der Schulter zur Brust ging,
und daß er die Geistesgegenwart
hatte, sich niederzuwersen und tot zu
stellen. Der Borsall hat sich im
März bei Neuve Chapelle zugetms
gen. Jch sah selber den Stich im
Mantel und ans der Brust des Os
siziers, der mir diesen Kriegsrechts
verstoß mitteilte·
Am 26. Juni lnm ich nach Lon
don und wurde als Augiauscbvep
wundeter nach Deutschland entlas
sen.
-.--—-—.
Zeiten-im- hei den Gefan
sen-u.
i In der Dututte Kiisekne in Douai,
.ivo in Friedenszeiten die be
seiihmten »Reichstsofener Kämmen-«
itiegein hatte ich, sagt ein Krieg-be
kichtekfmttet, Gelegenheit, mit einer
großen Anzahl französischer Gefan
gener eingehend zu sprechen, die frisch
laue den Kämpfen um die Lokettohöhe
teingebtacht worden waren. Die Leu
te waren überwiegend guten Mutes.
Sie hatten ihre Pflicht getan, das
tonnte einer dem anderen bezeugen,
denn die meisten von ihnen, enva
fünfzig, gehören zu demselben Ne
fetde -« Negiment nnd hatten ihre
Schicksale schon während des ganzen
Krieges miteinander geteilt. Sie inst
ten nn dek Maine mitgefochten, dnnn
bei Albert. Beidemale in der Reser
ve. Auch diesmal glaubten sie nich
in der Reserve zu sein, als sie schon,
zur Rechten und zur Linien att!oe
Regimentek, in der vordersten Linie
waren. Sie hatten dann alle Not
des Artillekiei und Nahtnmpfeg
durchgemacht« bis die Deutschen die
Sappe ducchschlugen und die Abtei
lung abschnitten, so daß ihr keine
andere Wahr vitev, ais sich totschla
gen oder gesangennehmen zu lassen.
th waren sast alles ältere Leute, uber
40 Jahre und Familienbater. Viele
von ihnen gehörten den gebildezen
Kreisen an, waren Beamte, Raus
leute, Lehrer. Die llnisormierung
war recht ungleichmäßig Neben der
neuen grauen Unisorrn, die nach der
Aussage der Leute jetzt bei Der gan
zen Jnsanterie eingeführt sein scll,
sah man noch blaue Wassenröcte und
rote Oasen, und die neuen grauen
Unisormen sind sehr verschieden ge
tönt, anscheinend wenig wetterbeslan
dig. Davon abgesehen machten die
Gefangenen, von denen einige leicht
verwundet waren, einen recht guten
Eindruck.
Merkwürdig war, daß keiner von
ihnen seinen Division-tominandcur
tannte oder auch nur dessen Namen
wußte, obwohl sie sonst recht gut in
den militiirischen Dingen, die sie an
gingen, Bescheid wußten· Ihren Os
sizierssiand erklärten sie als noch ans
reichend, es tämen immer zwei Os
siziere aus eine Kompagnie. Die
Rachsiillung der Negimenier gehe
schnell von statten und die Depotg
seien voll. Attive Regimenter, welche
große Verluste gehabt hätten, seien
schon vierzehn Tage später wieder
vervollständigt in der Front eingesetzt
worden. Bisher stünde erst ihr
Jahrgang 1915 in der Front, die
1916er befanden sich noch in den Dei
pvts. Sehr stolz sei die ganze Ar
mee aus die rasche und erfolgreiche
Vermehrung der Artillerir. Man ha
be ihnen gesagt, siir jedes Geschutz,
welches sie im Anfange des Krieges
gehabt hätten, hätten sie seht deren
zehn. Das habe die hossnung aus
den Ausgang des Krieges gehoben.
Ueberhauvt sei die Stimmung im
Heere gut. Man tönne nicht sagen,
dass die Soldaten ini allgemeinen an
dem siegreichen Ansgange verzwei
selten. Viele Pessimisten gäbe es al
lerdings, besonders unter den So
zialisten, welche behaupteten, daß das
Voll allen Mut verlieren würde,
wenn die Regierung ihm die Wahr
W
beit einzugeftehen wagte. Die met-J
sten von denen, welche ich sprach, hat-l
ten aber nicht den Eindruck, daß th-»
nen die Wahrheit verheimlicht werdes
Allerdings, den Fall von Annvcrlen
hatten sie sehr verspätet erfuhren, da
gegen die Einnahme von Lille recht
zeitig. Uetier die Niederlagen der
Rassen wußten sie nicht-Z oder nur
wenig. Man sage allerdings-, daß
die Rassen zurückgegangen seien, aber
man habe ihnen mitgeteilt, daß das
etn wohlerwogener Plan sei, um die
Deutschen, Oestetretcher und Ungarn
htnter sich herzuloclen und sie dann
mit gesammelten Kräften zu vernich
ten. Freilich. als es nach nnd nach
feftftand, daß die Rassen den »Vor
marlch gegen Berlin und Budapest«
aufgegeben hätten, sei die Enttäui
schnng sehr groß gewesen. Jetzt hof
fe man nicht mehr allzuvicl von der
rnisischen Hilfe. Die Hauptsache set,
daß die Rassen recht viele Annecn im
Osten beschäftigen, damit diese nicht
Frankreich überfluteten.
lucy von orn Englandern hauen
die Franzosen und auch andere, die
ich vorher gesprochen hatte, teine liber
triebene Meinung. Der Engldnder
sei persönlich sicher mutig, aber lein
wahrer, auggedildeter Soldat. Au
ßerdem sei es offenbar, das-, die eng
list-den Kräfte auf Kosten der Fran
Tzosen möglichst geschont wurden.
«ächließlich habe England auch sein
rsprechen nicht gehalten und vtel
lrtniger Soldaten geschickt, alg es zu
tschicten sich verpflichtet h.1tte. »Und
»das halten Sie von Jhren deutschen
Feinden?« —- »O,« hieß es von al
len Seiten und mit unreihonlener
Anerkennung »der Deutsche ist ein
beloundernstoerter Soldat-. es gibt in
diesem Kriege überhaupt nur zwei
Soldaten« Deutsche und Franzosen.
Das sagen totr nicht, unt den Deut
schen seht als Gesangene nach dem
Munde zu reden, das halten wir tm
mer anertannt. Wir würden uns ge
trauen, mit den Russen alH Feinden
ebenso sertig zu werden, wie es die
Deutschen sich zutrauen Aber mit
den Deutschen werden wir nicht ser
tig. Die Deutschen haben vor allem
eine viel bessere Dieziplia als wir.
Was der deutsche Soldat wert ist,
das sehen wir namentlich an den Ge
fangenen. Sie bleiben stramrn, sind
toorttarg und verschwiegen und te
nehrnen sich in allen Dingen so, als
.ob sie noch unter ihren Fahnen stun
den.«« —- »Wie glauben Sie nur« wird
sdieser Krieg ausgehen?" --« »Als
iFranzosen hossen trir aus unseren
«endlichen Sieg und ztoeiseln nicht var
Zan. Daß wir ietzt hier an dieser
Stelle der Frone oder an einer ande
ren durchbrechen tonnen, diese Hoff
snung hat jedermann dei uns ausge
sgeve Ader saiiieizlich wird oas
arosze Heer Italiens so viel Kräfte
von der deutschen Front abziehen, daß
eo uns gelingen wird, die deutsche
Linie zu zerreißen« --- ,,Gls.iuk1eii
Sie, daß Jhnen vie Jlaliener Viliz
lträste nach Frankreich senden wer-:
dens« Dies-, Frage löste hier, ivie
iauch bei anderen Gelegenheiten wo
«i"ie gestellt wurde, eine ziemliche ent
rüstete Ablehnung aus« --— »O nein,
ioir hassen nicht, daß wir die Jlalie
ner nötig haben, tun unser Land in
befreien. So viel Vertrauen mus;
Frankreich noch iii sein eigene-J Oel-i
liaben.«« Es zeigte lich, daß die Zu
ioersicht zu der triegerischen Tüchtig
leit der Jtalieiier außerordentlich tie
ring bei den Fraiiiosen ist. Immer
hin sei es ein modern aiisgerijneteg
·und sehr zahlreicheg Heer, das tie
ltröchtliche Kräfte aus sich ziehen und
binden müsse. Dazu sei es ia uisyt
nötig, daß der einzelne Italiener als
Soldat etwas tange.
Bei dieser Gelegenheit fand ich wie
der bestätigt, daß die Franzosen auch
sich selbst in ihrem Werte als Sel
daten verschieden beurteilen. Ganz
hervorragende Scldaten seien aner
kanntermaßen die Leute ans dem
Norden, dann die Bretoneii, aie Nar
mannen und die Savoharven iernei
die Chasseurö alpiiig. Wenig tang
ten die Lothringer, am wenigsten die
Südländer, die teine Nerven hätten
und das Artillerieseuer nicht aushiel
ten. »Das ist," so meinten sie, .,ganz
wie bei Ihnen, da unterscheiden Sie
ja auch die verschiedenen Völkersiäim
nie nach ihrem soldatischen Wert.
Wir haben gesunden, daß alle Deut
schen, die wir gegen uns hatten, gleich
gefährlich waren « Aus die Frage«
was sie glaubten, wie lange der Krieg
noch dauern werde, erwiderte-i die
Franzosen, darüber habe man sich
bis vor kurzem keinen guten Hofs
nungen hinzugeben gewagt. Avei
jejt, tvo Italien in den Krieg ge
gan en sei, sei man voll der veften
hoffnung, nun müsse sich Deutsch
lands Mast ganz schnell erschöpien
Die deutschen Verluste halten die
sranzitsischen Soldaten silr märcheii
hast hoch, ihre eigenen siir ziemlich
unbeträchtlich. Nur einzelne. denen
die Gefangenenlisten der »Gazette des
Ardenneö« in die Hände gefallen wa
ren, waren über die dort veröffent
lichten Ziffern entsetzt. Ein Einge
ständnig der sranzösischen Gefange
nen war recht bemerkenswert: Am
Anfang des Krieges sei die Pariser
Hetzpresse gefüllt gewesen mit Erzäh
lungen von den Grausamkeiten wel
che dir Deutschen in Belgieu bisgan
gen hätten. Man habe das allge
»mein im Heere geglaubt. heute glau
jbe man es nicht mehr Jetzt erzahle
die Presse von den Grausamkeiten,
welche die Deutschen angeblich im
ifranzösis schen Ollupationsgediet be
gingen. Man wisse aber ans-«- den
Erzählungen der von dort über die
Schweiz zurückgelehrten Einwohner
und auch aus einzelnen über die
Grenze getammenen Brief-du« dasz sich
Ldie Deutschen dort sehr ansianoia
aufsiihrten Ueber ihre eigene Be
lhandlung in Deutschland waren die
Gefangenen außer Sorge.
-.
lxielseslsrief an meine Frau.
Von Tr. ertlsnr Zticlcr.
Liebes Murgnretje, Du weißt es
noch: »Erziehe Deine Frau zu Deiner
lijkliebtenl« —- so ähnlich tonr der
Gedanke, über den wir uns zu Hause
unterhielten. Nur bin ich — obgleich
draußen im Felde ’5 ,,Bangenett« noch
immer wütet — lnnnmetihnrtig mit
dem minutenpiintttich eintreffenden
Dssug nach München gefahren und
erlede hier innere Sonnentage, wenn
gleich es mich mal vorn Himmel gießt.
In der Stadt der Hos-Maßtriige ist
irr diesem dürren Rriegsmonnt »der
kriegen erst recht ein Segen«, wie der
»doedische Bitltor" in unserm ganz
engen töniglichen Vaterliindchen Sach
sen sagen würde.
Ob ich auf der Reise was von der
Aughnngerung Deutschlands geseher
habet —- Nichts habe ich davon ge
sehen, «nischt nich«. Jrn Speiseivn
gen hat der banerische Karterrprllfet
uns meine Frage nach dem Mittages
sen wahrheitsgetnäß geantwortet
»Von Plouen bis Hos werd’ g'fresse'
—- Na, und dent inul, liebe tlein·
Wirtschristsliinstlerim es gab für T-.
Mart —-- nns rotlendem Bahnrode
-— während des großen Kriege-! —
eine seine Nudelsnppe, ein butterge
Lriiteneg Schnitzel. einen strlsnenijber
gosienen Rehdraten mit dustigsgrii
nein Kopfialnt, dann noch frische Erd
beeren. Das iii nach der lleberlurus
nussassnng nus der Zeit des lnnger
Friedens sijr internationnle Fern
fchrnecler ein ganz nettes Menii; aber
dn liebes Herrgöttle, -—- es ist Krieg
siebenmal Krieg! rechts um di(
...-t
» .
GUT, lllllv unt ulc Unk, du«-tue
Krieg! -— und es wird anders dabe
gescherbelt als im rvrunewald bei dei
Holzauttion Zwar, von der grim
uiigen Kriegesfurie würde oietleich
unser Leiszier Verlagz - Schwagei
sagen: »Den eenen sei sißes Hudiei
is den anderen sei Hundeluder."
Strahlewetter noch mal, es gal
iverschiedene Weibern-en auf der Reis
«da Und hier: Gegeuiiber thronte di·
licht etwa nntererniihrte, augendeut
litt,e Jsoldenbloiidine, die mit lachen
ider Lebensfreudigteit ihre rundlichei
Rnbengarine nnpiste und dann,tveite1
;rechtg: die in Trennunagiehnsucht iit
sternde schmale, tle ne »krin mit ihrei
sblunden drei Fiinderchen Zie fuh
Ivon Leipzig nach LUtijnchen Das uu
meinen sinken sitzenoe vierjährige Elst
then erklärte mir im Pleifzen Sprach
itlang lachend: »Joh, oer Vati is ver
toandet, wir besuchen ihn in’ Laie
redd, nich, Mutti.' s- Sie beiß
zur-end die schmalen Zähne in di·
olaszrote Unterkippr. Ach, sie hat ei
mir schon leise erzählt: ihr geliebtes
Mann hat einen rnisischen Säbel
stich durch beide Augen erhalten. Uns
nun vermag iie es nicht, ihren Lieb
lingen von dem grauenhasten Ungliic
zu erzählen Ich tann es auch nicht
Lächelnd fragt mich oag heitere Mä
delchen und sieht mich mit ihrei
Llaszblanen Guiterln an: »Dir is
wohl auch was ins Auge geflogen
Onkel? Mein lieber Vater sagt im
mer: til-schen, sieh nicht zu der Lo
goinodife vor —— da kannst Du blint
wert-ein« —- -- —
Meine geliebte Fran, da darf woh
auch ein Mann weinen.
Wie ich in der Jsarstadt wohne«
Ganz im Stadt-unrein in einen
Alt-Münchener Gasthof —- bürger
lich· nach Berliner Auffassung viel
leicht noch darunter. Eine sehr wohl
eraaltene, nicht hungernde Wittib mi
zwei schlanleren Töchtern — ebenholz
schwarz —- und einigen wenigen ein
heitlich im Stil ausgebauten Zim
inetmädels und Bierheben leitet da
große Haus und die lebhafte Gast
wirtschaft — nur ein einziger neun
zehnjähriger Hausdiener ist noch di
— aber auch dieser letzte Hahn in
Weiberlorbe geht bald »in d' Ka
sern«.
W—
Du, viel will ich Dir von der
Münchener Kunst und Baulichleit jetzt
nicht erzählen; Du kennst ja so man-«
ches davon aus Deiner reiseleichten
;Baclsischzeit, aber etwas doch: in dem
Millionen - Volksbad gibt es neben
der anderen Hallen und Zellen auch
ein Hundebad. Das wird Deine tier
freundliche Seele schnell siir den Stif
ster der gegen den Biersumpi arbei
tenden Wasser-anstatt einnehmen; er
«hiesz erst Karl Müller und wurde
schließlich durch den Bayerntönig ein
Rtter von Müller. — Weiter: Aus
dem Katlsplntze ist ein Brunnen
ausgestellt; ein Faun spuckt immer
fort — «ewig un noi Dage« —- einer
Bronzemnid mit gar nichts an —
inrmosinvergnügt ins Lärvchen — ob
er weiß murumt Oder ob er es nur
so tats
Ftijh Um sünse, kleine Maus, weck
tc mich das Läuten dieser Kirchen
nwcten aus der Morgentrnumkteisc
— »Frieden! Frieden! Das Ganze
hult«, antwortete meine Schlummer
secle. Aber es war der Frieden des
Wettmoedens nicht —- noch nicht! Der
darf noch nicht sein! —- Der Morgen
sglockenchor läutete den Peter-PUNI
Jng ein«
I .,Auf’n Dorne bimmels finie«, er
llärte mir später der vielleicht nicht
limer ,,boedisch« enipfindende ,,säclsche
Gollege« — »das ungliclliche Gäst
geilchen, das auch hierher hat reisen
i»n issen« —- nus Dräsden —
l Was ich in der neugefirniften Se
-3e sion Wertvolles qesehen habe? —:
dem gignntischen Völkerringen wird
schwerlich ein Pinsei gerecht, nicht in
seiner Schnuerlichleit nicht in fei
iner versit tlichenden Wirlung —- klei
lne Kriegsdilder sind wohl du, die
neues versuchen — —
Da gab die Fahrt mit dem Feder
Genossen über den See nuf dem
Dampfer —- im Stile Prachtschlitteu
isignig Ludwig — doch tiefer wirkende
Eindrücke
! Dannewnld und Fichtenboom.
War das schön! Die Alpenletle im
zarten FerndunsL —- die sonnenfreu
Digen Münchnerinnen, rund und le
densrifch — —— Sehr gut bürgerlich
« gegessen haben wir nuf der prächtigen
I Hotetegplnnade mit der lostlichen Ge
birggnugsicht Dort wiegten in ande
, ren Sonnnern Londoner Gold-Ludwi
ihre schlnnlen Glieder im Schnulels
- ftuhlr. —- Und dann am andern Tage
s der gründuftige Waldblick von der
Pullacher diasseeTermsse ins wald
und wasserrnuscheude Jssrtnl Al
: lein mit dem echt lnmetadschnftlich
- empiindenden Berufsfreundi Sehr
.schön wnr das! —« sonnig! Od
. gleichs mal regnete! «Schlag’ noch
sleinmal die Bogen uns- mich, du grünes
. .-?elt!««—— —
I Daß ich Dich noch lieb, will ich
Dir schreiben? Du hörst es ja doch
gern im wohl manchmal tleinlichen
1 Sorgentampf der haussrau Also, nu
« lebe schön hadjee und blase nie Trüb
: sal; auch ein Berliner Steuermann
lentdeckt schließlich im Kriege sein be
Isonderez Herztämmerchem wo süddeut-«
sches Gen üt wohnen darf Und es
ist ja alles da, auch bei uns —- wenn
oir s herscl)aseu.
Wenn ich heimkomme, erfährst Du
iu einigen Tagen oh, es sieht in die
s: Zeiten manch einer seine Traute
znicht wieder wie er dentt —- Du,
«- weißt Du übrigens-, ein wenig hat
s mich diese Fahrt doch verändert: alter
"Stache!draht will ich zu Dir auch im
Iccherze nicht mehr sagen —— ein
smal bist Du ja nie einer gewesen -- —
sIund dann: Dein Angesicht, so lieb
und schön, das hab’ ich hier im Bild
s gesehn
Es Mit Zehn milden Wangenliiszcheis
«- Deiu A. ct
—- -—
,i Die Gertuanrugildr.
ilnter dem tiiudruct des Veruich
! tuugslampfe5, der geaeu dag arbszte
iGcrmanenvolt das deutsche Bott, ge
siihrt wird, hat sich in Schweden eine
Germanenailde gebildet, die sich die
i:Ausgabe stellt, die Erhaltung aller
,aermanischen Völter zu sichern. Zu
ldem Ende sollen die verschiedenen ger
:«manischen Völter, also Standinadier,
- Deutsche, Deutsch-Schweizer, Nieder
«länder und Blumen, einander näher
l gebracht, gegenseitige-s Verständnis ges
lfördert und das Bewußtsein wachge
Frusen werden, daß die Gertnanen
i nicht nur zusammen gehören, son
-Idern auch aus einander angewiesen
ssind nnd mit einander leben oder un
tergehen werden Die Arbeit der
i Germanengilde besteht zunächst darin,
die gebildeten Kreise der genannten
leiinder durch Zeitschriften, Bücher,
-Vorträge und Besuchsreisen besser mit
I einander bekannt zu machen — Lange
hat es gedauert, so bemerken dazu die
ssMitteiluugen des Vereins siir das
I Deutschtum im Ausland —, bis der
t germanische Baldur erwacht, aber ein
-"mal wird es doch Friihlina werden
Ivotn Nordlap bis zum Gotthard.