Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, August 19, 1915, Sonntagsblatt, Image 9

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    Sonntag-hinkt des
Staats Any-Zeiger und J cerold
GmudJsl tmeinle ,Dou Mit n91.21ugut9f115
W
Die liebe Faun-.
Novellctte von Ultvin Rudolph.
Die« Bäuerin hatte vom Besten
Insgettagen, was in Ranchkamnier
end Keller zu finden war. Nicht
cinmal an Festtagen war der Tisch
"o reich befest. Und ein Fe tas
var es ihr heute, ein großes est.
War der Christian, dem dieser Aus
dand galt. auch nicht ihr Sohn,
schaute er auch ordentlich männlich
Ins. sie sagte doch immer »Mei
jung« zu ihm. Sie hatte ja sonstt
keinen und den Christian hatte sie
ils kleines Kind aufgenommen, als
Inn tnkz hintereinander Mutter and
Vater gestorben. Die Mutter des
thistian war ihre beste Jugend
frenndin. Sie hatten zusammen
zesreit, waren zusammen mit ihren
Schätzen zum Tanze gegangen und
hatten am selben Tage Hochzeit ge
halten.
Da war nichts natürlicher,als das
sie den kleinen Christian zu sich
nahm, ihn groß zog nnd er eigenti
lich ihr Sohn wurde. Und alt sol
cher galt er jedt überall irn Dorf
Damals seeilich tuschelte man, sie
tue ei nnr wegen der Erziehung
Felder von der Gemeinde. Als sie
die aber nicht abdob. hieß ej, sie
volle sich einen Dütejnngen ersparen.
llber die Petersens hatten nicht viell
zu hüten. es tani auch nichts dazn,i
pas zu bitten gewesen wäre. Sie
laszen nur als Pächter aus deintlei«
nen Opf. und sie hatten ihn tintner
Mein mustern tönnen und höchstens
sur Erntezeit eine Taglöhnerin neh
rnen müssen. Das wußte auch ders
Christian. nnd hatte sich. als er die
Schule verließ, bereits nach einem
dienstherrn umgesehen. Als der
Tag aber kam, da er das haus ver
lassen sollte, tonnte er nicht die Türe
hinaus. Man hielt sie ihrn zu, und
lan selbst war sie verschlossen. Nicht
daß man sich dagegen lehnte, oder
sie verriegelt hätte. Der Weg war
frei und auch nicht. Er konnte an
Den Bauers-teilten die ihm die Eli
tern gewesen« nicht oorbeitotnmen.
nnd diese wieder konnten ibrn nicht
sie Hand zum Abschied reichen. Zu
erst biese es, er brauchte erst am
Nachmittag zu gehen. Dann aber
wurde es Abend, weil er den zwei
Kühen noch einmal srische Streu
gab. Schließlich blieb alles beim(
litten, und der Christian wurde bei-.
Zoda vie hause-, M jetzt sienichs
Den Peterseng als eigen gehörte.
Einmal ging es doch ans Abschied
ieinneeh und das war, als der
Christian zum Regiment eingezogen
murre. Aber das war leicht zu ver
schmerzen· Jn zwei Jahren tam
er zurück, dai war sicher. Und so
Ist er Sonntag-intan bekam, tebrte
kr bei seinen Pflegeeltern ein, von
oo er, nicht so leicht, als er gekom
men, abends wieder in die Stadti
wa.
Nach dieser Zeit schaltete der
Christian aus dein tleinen Hose,
vie aus seinem eigenen. Der Bauer
satte ers in den Beinen und brauch
e elnen Strecken wenn er aus dem
hause auch nur bis in den Garten
onlltr. Und die Bäuerin zeigte eine
ietriichtliche Röroersiille, so daß sie
ieben den beiden Kühen am Stall
’aum Platz sand. Sie wußten den
dos in guter Obhut. Morgens,
oenn die dicht geschlossenen Laden
roch teinen Lichtstrahl ins Zimmer
ieszen, hörten sie den Christian
traußen entweder sluchen, oder sin
ken nnd Pseisen. Das Fluchen hielt
mnier länger an und verkündete den
Sauersleutem die noch unter den
picketr Fedeebetten lagen, dasz das
Wetter siir die Arbeit, ohne schilyens
teg Dach iiber dem Haupt, nicht
unlich sei. Das Singen und Pseis
en aber war immer nur lurze Zeit
.u vernehmen. Denn dann schien
sie Sonne, und der Christian war
iald aus dem hause. Das galt
such siir den Winter. Kalt mochte
s sein« daß das Wasser beim Wa
chen Eis ansetzte, wenn nur die
Sonne schien, oder wenigstens die
Iusstcht dazu vorhanden war. La
ierte der Nebel undurchdringlich um
pas hör-schen, oder hing der Schnee
im Vimmel so dicht und massiz ais
volle er alles Leben im Nu er
tickreh so stand es schlimm um
ten christiam Nichts gelang ihm.
Er mochte es anstellen, so geschickt
r es nur tonnte und mit aller er
penttiihen Vorsicht, es ging then ver
iuer und das mit tsdl Sicher
ieti sein Wunder, da da des
s und Itumorens kein
iud- ’tvar. Ader es nur l e
Schleier til-er die en, die d
Sinne bald zerris, var siir den
chrisisn sein halte-.
IaUnd nun ers im Sommers M
selan la
spo- Msusäeltksines mseiner DOM
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herunter. Da brauchte er auch tetn
großes Morgenessen. Milch und ei
nen Ranken Brot, den er meist noch
mitnahrn, und er stand draußen,
stapste durch den Garten, wars den
Kühen Futter hin, packte sein Ar
beitsgerät und hinaus ging es in
die Wiese, die von dem ersten be
tiickenden Glanz erfüllt war. Stieg
aus dein Knmin des hauses der
erste dünne Rauch, hatte er schont
ein Stück Arbeit hinter sich. Mit
einem besriedigten Blick maß er es»
und ging zum zweiten Frühstück. s
Bald noch den zwei Jahrens
Dienstzeit wäre es beinahe zum Ab
schiednehtnen gekommen. Da hatte.
die Annemnrie von der Posthaltersij
witwe Gesullen an dem Christian
gesunden. Der has aber bot keinen
Play mehr fiir ein junges Paar
Der Christian snh sich nnch einem
anderen Stiibchen um und wollte
taglöhnern gehen. Die Annemarie
dagegen hatte sich das andere aus
gemalt. Sie hatte gemeint. daß
das haui ohne den Christian zu
sammensallen müsse und der Chri—
stian wirllich schon der Sohn der
alten Petersens wäre. Taglöhne
rin aber war sie schon, das brauchte
see nicht erst zu werden. Datum
auch wurde nichts aus der Sache,
und die Bauersleute konnten weiter,
wenn sie, die offenen Augen gegen
die Decke gerichtet, andächtiglauschs
ten, entscheiden, was der Tag sür
Wetter bringe. Auch nicht einen
Tag war das anders.
Und dabei wäre es gewiß ge
blieben. wenn nicht der Mord von
Sarajewo gleichsam über Nacht eine
völlige Umwälzung aller bisherigen
Ordnung herbeigeführt. Von dem
Mord hatte man nicht mehr ver
nommen, als daß er eben passiert
war. Aber man wußte: er hatte
dazu geführt, dasz der Kaiser die
Treu-den ausbot. Aus dem Dorf
plasz vor dem Amt war man zu
sammengeiommen und war abmars
schiert nach der Garnison. Die
meisten hatten die Brust voller Blu
men.
Dazu gehörte auch der Christian.
Zu sragen nach dem Wie uno
M oder gar nach been Aphis-.
war nicht seine Art. Und da die
Sonne die ganze Fülle ihrer Pracht
auf die in die Stadt ein-ziehenden
Massen ausschüttete, war dem Chri
stian ganz wohlgemut und ihm al
les recht. Singen tat er allerdings
nicht. Man sang um ihn herum
genug. Doch dieser Gesang war
nicht der seine. Sein Liederreichs
tum war mit der Sonn’ aus grüner
Au und dem herztausigen Schatz er
schöpft. Das tonnten schon die
Wände des häuöcheni singen, das
seine heimat und fein ganzes Hei
matgeiiihl umfaßte. Das tannten
schon die Vögel und die Feldmiiuse,
und hatten sich aewurideri, wenn es
einmal anders gekommen war. Zum
Singen war er schon ausgelegt, das
sah man an seinem Schritt Jms
mer wieder stieß er mit den Knien
an die dumme lange PappsrhachieL
die fein Vordermann trag. So trieb»
S ihn vorwärts. (
Ein großer Redner war der
Christian auch nicht. Es mochtenl
Gespräche geführt nnd hunderterleii
Meinungen ausgetauscht werdend-ins
ihm hörte man teine. l«
Ader das war alles gleich. Esi
ging vorwäer man schoß und es
ging wieder vorwärts-. lind vors
allem: es schien die Sonne, als
rücke man ihr immer näher. Spiel
die ein Feuer! Die Glut war manch
mal unerträglich, besonders wenn eä’
«Marsrh! Marsch!« hieß. Abers
prächtig war es doch. Der Glanz«
vergoldete alles: das sreinde Land,
die Menschen, die so ganz anders
reden tonnten, das Schieszen und al
les, was dazu gehörte. Aber singen
tat der Christian nicht. «Und auch
nicht pseisen. So viel auch gesun
gen und gepsissen wurde. Ja, wenn
es die Sonn' aus grüner Au gewe
sen wiire, oder von dem herztausis
gen Schuh an Nachbars Garten
zaun.·.
Das alles aber sand ein schnelles
Ende· Der Christian stand in ei
nem Graben. Den himmel bedeckte
eine bleischwere graue Masse, bei
nahe so tiesduntel wie der Weiher
im Moor nach Achierlund zu. Und
dann goß es hernieder, und das war
ebenso, als patschte ei aus diesem
Tümpel. In dem Graden stand das
Wasser dein cheistian schon ither die
Stieselschiistr. Das war wie nie
mals zuwe, ein Wetter zum Flu
chen. site bisherigen Wetter und
Unwetter hätte er im oerseituns
bitten missen wegen des rohen Un
rechts. her der cheis n fluchte
auch steht. Es schwerste sa seiner
tun ihn. Muts-, singen tat· man
thensalls n .
Und er suchte auch nicht, der
christiary als das schier endlose
Grau sich entfärbte und ein schönes
klares und unschuldiges Weiß wur
de, das Tag fiir Tag und Nacht für
Nacht niederging. Und auch dann
nicht, als ei ihn nach diesem Schnee
fall an den Ohren, den Fingern
und den Füßen immer mehr tniss
und zwackte und ihm zuletzt fast
die Seele im Leibe talt und starr
werden ließ. Aber das war eine
Lust, als das weite weiße Feld wie
die Sonne gleißte und glänzte.
Schade, daß man den Kopf nicht
heben durfte.
Jetzt aber saß der Christian wie
der in dem häuzchem das ihm die
Heimat war. sund die Bäuerin er
staunte, wieviel von dem Brot« dem
Sperl, dem Schinlen und dem kalten
Rindsdraten zwischen den Kinnla
den des Christian verfchwand.Nicht,
daß sie es ihm in den Mund zählte.
Von der Sorte war die Bäuerin
nicht und auch nicht der Bauer· Der
überhaupt hatte an seinen Beinen«
gefliss, Uns lllc Dllllkclll Illllll
gerade genügend beleibt. Und dem
Christian wieder war es gewiß nicht
darum zu tun, sich gleich ihr zu
entwickeln. Nein! gewiß nicht. Aber
Speck und Schinten war von dem
Ferkel, das er vor nicht ganz einem
Jahr aus Lungbn geholt und das
bis zu der Mordtat da unten seine
Sorge gewesen und noch darüber
hinaus. Denn in seinen Feldposts
briesen hatte er auch darnach ge
fragt. Und den Rindsbraten hatte
die Blaszaug vom Schneider Mi
chelsen hergeben müssen, der daöling
le Auge weiß eingetreist war, wo
bei der Christian immer an das
Monolel seines Oberleutnants aus
der Dienstzeit beim Negiment erin
nert worden. Jeßt wurde er zum
erstenmal des Lohan siir all seine
Mühe teilhaftig und zum anderen
war er daheim. BeiMutternschmecks
te es immer besser, und wären es
nur trockene Brotrinden, die die
alte Frau nicht mehr beißen tann.
Doch noch mehr bewunderte die
Bäuerin, daß ihr Jung so geschickt
das Messer handhabte, obwohl ihm
an der Rechten die drei legten Fin
ger und ein Teil der band fehlten.
. Wie er dazu gekommen, hatte der
Christian eben erzählt. Die Son
ne hatte sich von Tag zu Tag län
ger aus der wrißen Decke gewälzt
und daran geleckt. Zuletzt sah man
überall nur grünes, grünes Land.
Da war es arg langweilig, und er
wäre beinahe bei all' dem schönen
Sonnenglanz ins Fluchen gekom
men. Aber da wurden gerade Frei
willige siir eine Schleichpatrouille
verlangt. Und dabei hat es ihn
getrossen, an der Hand und an der
Schulter-. Die Bäuerin hatte dar
aus gemeint, das an der Schulter
wäre nicht so schlimm. Aber sie
hatte es nicht gesehen und sah es
auch jetzt nicht« Der Christian ent
gegnete ihr, im Lazarett hätten sie
gerade umgekehrt gesagt. Das tam
heraus, als entscheide er sich sur tec «
nen von beiden. ·
its-s »Ist-s- Imovxssn tin-Tib- hist
Bäuerin, noch ehe sie richtig die
Augen aufgetan: es ist ein con
nentag. Mit einein Blick gab siei
ihre Entdeckung dein Biuern kund
und der gab ihr ebenso Bescheid-.l
»Der Christian singt, da scheint also-s
vie Sonne,' wollte sie gesagt has:
ben. Und der Bauer: »Ja, ja.' !
Alles war ioie sriiher in dem
Häuschen, nur daß der Christian
des öfteren vom Bostboten ein Pa«
pier ausgehändigt bekam und ihm
ein solches mitgab. Die Mutter Pei!
tersen hatte es zuerst gesehen. Aber
sie fragte nicht darnach, und Vers
Christian sprach nicht davon, bis er
eines Tages meldete, er habe die
große Stube bei der Witwe Boisen’
gemietet. Mehr brauchte keines zu
sagen. Arn nächsten Tage aber
meinte die Bäuerin: im Häuschen
sei schon noch Platz, auch eine Wie-·
ge könne noch stehen« Dabei zeigte.
sie aus die Ecke am Osen. Sie
hätten an der oberen Kammer ge-«
nug, siigte sie nach einer Pause
haft-. Sie saßen alle Drei um die
M ttagstasel und jedes sah aus sei
nen Teller. Der Christian sagte
nichts dazu, und das war so gut
wie ein Wort.
Die Bäuerin war keine Frau, die
etwas zurücknahm und der Christi
an gab ihr darin nichts nach. Da
wird es denn allgemach so gekom
Inen sein.
—- Der kleine Phiiolog.
Nachbars Kurt (lsiöhrig): »Kann
Dein kleines Schwesterchen schon
»Oui«
Oberlebrers Frthchen Miit-tw
«Ja —- abee noch sehr unartikuliert!«
—- Gerechte Scheu. Gus
digste sehen heute aus wie ein Mär
.36i« wogen doch here-must- va
nitt nicht sagen: »Es war einmal«f«
per stehet auf dem seiest
pfui-.
Nach Dedlvig von Puillamexu
Mit «einekn heiterm einein nas
sen Auge« las ich es: Die Franzo
sen verlangen die Abschlnchtung al
ler Deckel! Denn der Daclel ist
ihnen neuerdings die Vetsmnbildlii
chung des verbaszten Deutschiunisi
War-um«- Weil unser Kaiser eine
besondere Vorliebe sük diese Rasse
hal? Es muß wohl so sein, denn
eine allgemein abzuleitende Aehn
lichkeit itn Aussehen können doch so
gar verblendete hasser nicht zwischen
den Deutschen und dem Tectel lon
struieten. »Klein, trunnnbeinig und
niederläusigj —- wernyill das vom
deutschen emaan zu oeoaupren wa
gent Die Kennzeichen der Dachs
hunde in bezug auf ihren Charakter
könnten schon eher fiir den Daß der
Franzosen Anhaltspunkte geben.
»Sie zeichnen sich durch Eigensmn,
Bissigteit irno eine gewisse Pfisftgs
teit an3," lese ich da. und will ei
gern glauben, daß diese drei Eigen
schaften den Franzmiinnern bei un
seren tapferen Feldgrauen ost ge
nug —- satat sind! Jch weiß nicht,
ob die Rasse in rantreich sehr ver
breitet ist und viel gehalten wird;
man sollte es fast meinen, da der
Kaninchenreichtum dort groß ist,
und Daclel und Kaninchen bekannt
lich Todseinde sind. Jedenfalls wird
mancher arme Waldi seht den Sonn
tagstisch des armen Mannes jenseits
der Vogesen zieren, weil es als
Deutschfreundlichleit ausgelegt wer
den tiinnte, wenn man solche Erin
nerung an die »bocheö" noch länger
als hausgenossen dulden würde.
Jch selber bin ein großer Dackeli
freund und lornme weder auf der
Straße rasch noch in der Bahn oder
sonstwo an einem Daclel vorbei, oh
ne ihn schnell zu streicheln oder ihm
ein Wort sitzt-rufen das seine klu
gen Augen aus mich lenkt. Jch habe
es meiner Herzensfreundin jahre
lang nicht vergessen können, daß sie
mir wegwerfend sagte: «hab’ dich
doch nicht -so! Es war doch nur
ein hund!", als sie mich in Tränen
traf, weil mein Dattel überfahren
worden war. Jm Taclel steckt so
etwas wie eine Seele, davon bin ich
fest überzeugt, er liebt und er
haßt, er lacht und kann traurigansi
sehen, wenn ihm auch das Köstlichs
ste, die Menschenträne, versagt blieb.
Er mault und grollt, wenn er
glaubt, ihm geschieht unrecht, er
heuchelt und beträgt mit unglaubli
cher Dickselligleit, wenn er etwas
Verbotenes vor-hat. fein Charakter
hat viel weniger edle Züge als der
des Jagdhundes oder anderer Ras
sen, dennoch liebt man ihn, wie man
ein unartiaes, eiaenioilliaes Kind
vielleicht mehr liebt ile die anderen.
Er hat eine nnsreiwilliae Komik, die
in seinem Aeuszeren begründet ist,
und die zum Lachen reizt, mitten
im hestigsten Aerier Liber seine Un
art. Er ist ein guter «.·isychologe und
studiert Gesicht nnd stimme seine-:
Herrn sehr gründlich, so daß er
genau weiß, toie er iiiti zu benehnien
bat, um ihn wieder zu versöhnen —
falls ihm nämlich dursin liegt. Meist
ist er »bockig«, wie mir als Kinder
sagten, und will, das; man ihn herz
lich und mit allerlei Versprechunaen
bittet, »wieder gut« zu sein. Jn mei
ner Jugend hatten mir zu hause
einen TeckeL »Murl5« hieß er, der
sich ganz von selber in die Ecke
stellte, d. h. er steckte den Kopshim
ter den Tiirvorlian»,i, wenn er et
was verbrochen hatte-, und war nur
mit dem liebevollstcu Jureden aus
seinem Schmollwinlel herauszuholen
Dackelgeschichten sind so alt und
so ewig jung wie der Daciel selber
es ist. Schon ini Jahre 2000 vor
Christi gab es Hunde dieser Rasse!
Man staune! Der alte Thutmosig
von Aeghpten hatte eine Liebhaber-ei
siir sie, aus seinem Grabdentmai»
sindet man Abbildungen niit deni
unvertennbaren Abzeichen unsereri
Ieekelhundr. Jch habe es meinem
Freund «Männe« von nebenan er
zählt, und er tat, als derstände er
die respetteinslöszende Wichtigkeit,
die in so ehrwürdigem Alter liegt.
Jedenfalls wandte er sich achselzuti
tend, wenn ich so sagen dars, von
dem Stückchen Kriegsdutterbrot,dai
ich ihm hinhielt, und seine schwarze,
leicht geriimpste, spiye Schnauze sag
te deutlich: »Ohne Wurst7« Jch
nahen es ganz verschüchtert wieder
an mich und« werde einen Dis-kömm
ling weniger alten Geschlechts da
mit beslticken müssen.
Meine Daselliebe findet sognriml
Kriege immer neue Nahrung. Jni
den Fewpostbeiesen eines lieben,
jungen Freunde-, der seit Beginn
des sein in Flandetn und,
Notdfrankreich kämpft, spielt deti
Kompagniedackel eine wichtige, oft.
lustige, oft ernste Rolle. Mein ges-i
ßer Wunsch ist, daß Here und Hundj
heil und gesund aus all dem Schlach-;
tengraus heimkehren, damit ich« den»
guten, tleinen Kameraden auch nochi
ein bißchen verziehen kams. Jch lasset
einige Auszüge aus diesen Briefenl
folgen, damit der »Kriegsdackel(«
Schulte von der s. Kompagnie« auch
meinen Lesern bekannt wird.
«Wissen Sie, wer zusammengetolli
und wie ein weicher, warmer Klops
auf meinem für ihn sehr unbe
quemen Männerschoß liegt, während
ich Ihnen schreibei Ein Hundchem
raten Sie und haben recht, das tonrl
nicht schwer! Aber was für einer?
Ein Deckel ist es, das will sagen:
ein schwarzes, weiches Fellchen mit
irgend etwas Wabbligem, Haltlosem
darin, vier dicke Patschem zwei lan
ge Behiinge, die ein uralt verrun
zeltes, in Hautfalten verstecktes Hun
degesichtchen beinahe zudecken. und ei
ne nadelspihe, höchst fidele Rate die
gleich dankbar wackelt, sowie ich ihn
streichle. Als wir vor zwei Tagen
in Reserve nach... zurückgenommen
wurden und ich die in den verlasse
nen Häusern ringelegten Mannschaf
ten revidierte, fand ich in dem ei
nem Bauernhaus zehn Kerls dicht
gedrängt um einen Tisch, auf dem
zwischen Kommißbrot, Speisenäp
feu, Stiefeln und Liebesgaben un
ser Dackel saß und heißhungrig et
was Milch lectte, die sie ihm in der
hohlen Hand boten. Sie hatten ihn
in einem Stall neben der toten Al
ten gefunden und, tierliebend, wie
unsere Leute alle find. das halbver
hungerte Tierchen ausgenommenEZ
war etwa vier Wochen alt.«
Da brach der Bericht ab, weil
Wichtigeres den Schreiber in An
spruch nahm. Ein paar Wochen
später finde ich wieder etwas:
»Mir scheint, ich habe Jhnenlans
ge nichts von »Schulte" erzählt!
Rein, das ift teiner meiner braven
Pioniere, das ist unser Teckel, den
die Leute neulich im Unterstandfei
erlich so getauft haben. Es gab
Bier und feine Zigarten, und der
TZusilng hatte eine ,,Leibdinde" aus
das Schwänzchen bete-innrem und
um den Hals hingen sie ihm an ei
nem Lederriemchen die Ecke-Marias
inarle, auf die sie, weiß Gott wic.
wirllich eingestanzt haven:- Kriegs
dackel Schulte, L. Pion.-Btl., s.
Komp.« Er entwickelt sich unter der
allgemeinen liebevollen Pflege ganz
großartig und ist im Schiitzengraben
»ebenso ruhig wie wir. Nacht-ern ihm
zdie breiten Soldatenstiefel mehrfach
auf die dicken Potchen traten, waH
bei der Verkehrs-enge ja nicht zu
verwundern ist, und er fiir fein Ge
Null-sc Uklllll IIULU UU(!IUl(lII OUJIIIZ
statt Bedauern zu hören betani, hat
er es gelernt, sieh ioie ein Aal aus
dem Wege zu drücken und in den
winzigften Vertiefungen des Bodens
Schutz zu fuchen.«
Dann verging längere Zeit, ohne
mir Nachricht von »Schulte« zu
bringen, der in jedem Patet ein,
Paar Extrasoiirftchen initgefchickt er
hielt. tsrft inehrfachesz Fragen hatte
Erfolg.
»Sie fragen nach Schulte? Ja«
das ift ein großartiger Kerl ge-;
worden, der fich treulich ein richtisi
ges Pionier - Heldenftiick geleistet
hat. Er ist mein unzertrennlichert
Begleiter, wahrscheinlich wegen der’
töftlichen Würftrtien, die ich ihm
mit einem Graf-, vorn »Frauchen«s
stets fetber gebe. Die Leute lass-ins
ihn niir auch ohne ttherfucht, wäh-«
rend sie untereinander oft geradezu;
um feine Grnnft buhleri. Neutichs
belaufchte ich im Dunkel des Un
terstandeH folgende Unterhaltung:
»Schulte! Schultetenl Romas bei
mich! Kon1m’!« — »Nee, Schulte,
jeh’ nich, der slerl fchnarcht fo doll,
iomrn’ man, du fchläfft bei mich viel
feiner!« Wie Schatte sich entschied,
blieb mir unbekannt. Jin allgemei
nen trägt er die vielfeitige Fürsorge
mit dem Gleichmut eines Grands
feigneurs, der es gar nicht anders
gewöhnt ist« als daß man fich urn
ihn bemüht. Aber Sie follten ja
fein heldenftiick zu hören bekommen
Jch muß vorausschicken, wenn et
auch Jhr weiches Frauenherz als
roh berühren mag, daß wir Schatte
an toten Franzosen »scharf« dres
siert haben. Er ift Gift und Galle.
fobald er sie in der Nafe t, und
haßt sie mit aller Kraft fein s tteis
nen Oundeherzem fett sie ihn, der
sich frech und harmlos zwtfchen den
Linien zu nah an ihren Graben
püefchte, mit Pfeife-i und Johlen,
mit Stett-witter uns fogar ein
paar Schüssen, die gottlob vorbei
gingen, in Angst und Scheecken zu
tllckjagten
»Wie bauten Sap engiinge, wo
und warten darf tq huen ja nicht
s—-I—«
schreiben, ist ja auch egoi. Halb auf
den Knien rutfchend, mal liegend,
mal gekrümmt stehend, arbeiteten
wir uns heimlich in der Erde vor.
Schulte, wie immer, neben mir, auf
mir, vor mir,rvie und wo gerade ein
-Winkelchen für feinen naiglatten,
gefchmeidig fchlanlen Leib frei war.
Mit einem Male, während wir Un
feren Stellen weiter geradenus bor
trieben, macht er »Mfff!« —- diefer
unbefchreibbare Ton nbivartendek,
sich fteigender Entrüftung, den nur
der Dackel hat. »Ruhig, Schulte!«
Aber wieder, energischer-: »Mfff!«
und zugleich fängt er wie ein Ver
riiclter an, halb links hinter mir
die Seitenwand anzuschlagen, zu
groben, zu schnaufen wie toll und
dabei immer das versteckte, wütende
Lauigeben. Jch schimpfe. «Weber,
Iayuthjcu Ver Um stiller llllcg sckll
Eingang zurückl« Der Mann will
den Hund fassen, aber Schulte tut,
was er noch nie getan, er beißt ihn
in den Finger, und als der ihn
mit einein kräftigen Fluch losläszt,
sitzt er schon wieder mit der Schnau
ze im weichen Crdreich und vrustet,
weil ihm die Nase voll Sand ist.
Da werde ich nachdenklich. Donner
wetter, riecht er am Ende da et
was? Sollten die Franzosen..».
ich wage den Gedanken nicht zu En
de zu denten, jede Selunde ist koste
bar —- -— —- und tann die letzte
sein, die uns zu leben vergönnt ist.
Ein paar hastige Worte rückwärts.
wir lassen von unserer Richtung ab
und sangen an, Schultes Loch zu
erweitern, der, als er sieht, daß wir
ihm folgten, mit einer Kraft gräbt
und wühlt, die ich dem kleinen Tier
nie zugetraut hätte. Wie wir nach
her seststellten, blutete tatsächlich eine
Pfote, von der er sich einen Zehen
nagel abgerissen hatte. Braoer klei
ner Kerl! Nach endlos scheinenden
Minuten hielt Weber glötzlich an:
»Herr Leutnant, Lichtl« Jch leuchtete
mit der Taschenlampe. Bei Gott«
die Zündschnurl Parallel mit un
serer Sappe lief schon die des Geg
uers. Vorsichtig gruben wir mit
den Händen weiter. Der sich wie
toll gebärdende Schulte wurde mit
1Gewaltzuriickgedrängt und sanfte
hinter uns vor Wut und Eifer
Was soll ich Jhnen sagen, es war
Tatsache, der lleine Kerl mit seiner
scharfen Witterung hatte uns den
Weg gewiesen: wir konnten die
feindlichen Zijnder vernichten. Und
nach einer weiteren Stunde verbiss
sener, wütender Arbeit war der
Spiesi umgekehrt, und unserer Mi
nen warteten nur auf den Druck,
um ihre zerstörende Kraft auszu
üben· Es war uns ordentlich fei
erlich zu Sinn, als wir Maulwiirfe
wieder aus dem Erdloch anDTageåb
licht krochen, das wir wohl kaum je
wiedergesehen hätten, wenn Schulte
nicht bei uns gewesen wäre. ’Weber.
mein braver Feldwebel, und der Ge
freite Resiler und ich sahen uns an
nnd reichten uns die erdschwarzen
Fäuste in festem, tanieradschastlichem
Druck. Schulte sprang um uns her
um, schüttelte sich und strich sich mit
dicken, braven Pfoten ungeschicktund
drollig den Sand von der Nase,
dann setzte er sich bescheiden in die
Sonne und leckte sein trantes Bein
chen, bis wir Zeit fiir ihn hatten.
Seit dem Tage gehört er so fest zu
uns wie der beste Kamerad, und
ich glaube, da ist tein Mann in
der ganzen Kompagnie, der nicht
leuchtenden Auges etwas zu be
richten wiisite von »unserem Schul
»H
So schrieb mein Freund, und so
qebe ich diese »J!riequdnckelnesiizichie«
weiter. Möge sie den Dnckeln neue
Freunde werben! Und den Fran
zosen wollen wir esZ lachend zurufen:
»Wenn ihr mit eurem Haß schon so
nus den Hund« gekommen seib,dnnn
wird’5 niit eurer Siegeggewißheit
auch bald so weit sein« Wir tön
nen i-H« in Ruhe nbmnrteii!'«
k-..--. -—-—
L, diese Kindes-!
,,Frid«, spricht das- Oannansih .,glanb«
es mik,
Dur Floh ist doch ein Länge-non
So ists nnd chian-L denn kurz nnd
gut:
Er ist ki: Tier nnd saugt das Blutsp
Da sdiiittclt Friy den Kopf nnd spricht:
»Hört-ew'ge Junge hat cr nichtl«
»Nein«, wird cr donnernd angesrl)kien«
«chcnd'ge Jungen haben ihnl«
—-.-.-.——O
Medizinische Aufs-stund
»Frau-voll und leidvoIL gedankenvoll
ein«
Lungen und bangen in schwebender
em,
Himmele jauchzend,t iXitnt Tode bes
k -
Doch neurasthcnifch it die, M
so liebl»
—- Widetsptuch. »Wer war
denn die Mein-, mit der ich Dich ge
stern kraft Die konnte ja- den
Mund nicht eine Sekunde halt-W
»Das wars meine stille Lief-et