Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, August 05, 1915, Sonntagsblatt, Image 9
Sonntagsblatt des Staats ««-Ä.nzeiger und Il'cerold. Grund Island, Nebr» Donnerstag, den 5.-2lfjtgf1yuft 1915 stimmungetsils Im Fett inttstiiens in Lotsen-gern Durch vie Freundlichkeit von Dr. M. Löwenthal, 2453 E· Sö. Straße, ist uns der folgende stim ncungsoolle und hochinteressnnte Feldpostbries zur Verfügung gestellt worden, den sein Nesse hani Löwen thol von der Front in Lothringen nn seine in Berlin wohnhnsten Eltern ge schisi hat: Wieder mal ans Fell-wache, s. Mai 1915. Meine Lieben! Gerade wnr der ersehnte Moment, in dein ich in Gedanken ein wenig bei Euch weilen kann, gekommen, als Euer lieber Bries eintrns. Jhr seit halt doch immer die Alten« immer gui und lieb, und andererseits er gänzen sich Pol-is und Muttls Worte so, dass es mir möglich wird, mir ein Bild zu machen, wies zu hause steht und geht. Und die Nachrichten von Hause, das ist nach wie vor sür uns deutsche Soldaten Licht uno Lebens lnsi — ob gut oder schlimm. Jch glaube, daß unsere Gegner schon ves lsallr verlieren müssen, weil ihr Post wesen nicht sunltionie1t, und va- ist uur eines der wichtigen Glieder der Organisation. Freilich wären sie in ihren innerlichen Bedürfnissen so start wie wir? —- der Wille zur Tat ijt ja saft dasselbe, wie diese selbst Jhr glaubt garnicht, wie erhebend uns unsere«tstr1tionkileigenschnsten ge rade erst iin Vergleich mit denen ver Gegner zum Bewußtsein kommen, wie wir eigentlich von Tag zu Tag an innerer Stätte gewinnen. wenn auch der Körper vie Spuren der neun Kriegjmonnte nicht verleugnen lnnn. Wenn ich von einem Vergleiche sprach, so hat das seinen ebenso gu ten tvie eigentümlichen Grund: Eine Eigenschast aller Lebewesen, die deine Menschen in Friedenszeiten sast ganz schtäst, wird in diesem durch den Krieg su neuern, mächtigem Lesen geweckt, und man merkt mit Starr-s nen vom ersten Tage an, wo rnan durch die gross Rot-sum Herde-tin wird — wenn dies Wort noch aus ten deutschen Soldaten angewandt werden darf —- und doch ist es ja im Grunde so —, wie dieses neue unge lmnte Organ «Justintt« sich regt und einem durch das Wirrwarr der taglichen Röte hindurchhilst. Freilich dersagt es dei manchen und die liegen bar bald an Erschöpfung oder gar Gemütstrantheiten im Lazarett — aber die« die durchlonrmen, die sind gestählt bis aus die Knochen. Uebri gens, um Jertiinrern vorzubeugen. natürlich hat jenes Maß an natür lichen inneren Reserven, toie nian sie auch benennen mag. mit der Wider sn:nd5söl)igleit gegen das ost geschil derte silrtillerietrommelseuer sehr we nig zu tun, was schon daraus erhellt, daß m diesem so gut wie alle Betrof fenen der Nervenzerreiszung zum Op ier stillen. - Jn großer Anniiherung un diesen Moment des Retszenz der Nerven, t.dcr immer noch ziemlich weit gliick ice-erweise, habe ich nnd wohl jeder Mitten, der in der Iront steht, mich seyen öster befunden. Am sxrzlimnp sten war es bei Lunisvtlle damals-. Ihr werdet Euch erini.ern, daß ich in einem Brief aus iener Zeit, in dem ich jene Momente, besser Stunden i.-schriev, von einer Apoll-je oder sust urinatiirlichen Ruhe: Broindeeresseu eu. sprach, das ist so ungefähr der Anfang vom Ende, und tatsächlich hielt dre Nervenschisdigung dieses Ta gef« lange Zeit nn, bis sie glücklich überwunden rom Wie ost sind seitdem die schrecklichen langen Dinger, die die Nationen aus speien, in meiner Nähe irepiert. mei stens zu dreien oder vieren, wie osl haben wir rnit Spannung den-. Pfei Ien der nnionrnirnden Grunaien und Schrapnells gelauscht, das durch das schnellen —,tveil den geraden, iiitzei ten Weg nehmende —- Wou, Wau der Kantine angeliindigt wird Sei-redlich ist dieser eiserne Ten. ein s.rsi menschlicher Schluchirus, der vorn Echo sssort suriickgewoesen wird ichs her das zweite »Mu«). Inst noch schrecklicher alt die täg iiqe unt persönlich nngehende Attil lerieisiisieii sind die in letzter Zeit selienen Mnenntiden bei Verdun; in skiiheteu Monaten, alt Verdun und Tcui noch nitueller waren und be sonders. nls diese Gegend den Brenn punlt der Yestsront bildete, zitterte die Erde und die Lust unaushiirlich unter eine-n sueqtbaren Leben. Kein Wunder, sollen d allein die deut schen Geschiish die II in diesem un sern Nachher-kaum zeitweise bestra tsen habet-, in die Tausende gehet-. Wie i haben wir da in Ularsbeeeilschot gelauscht in den PM, denn das ist die Haupt-ten te- Iedernen Impsesz und Denn ist«-er das gleichmäßige Rollen der mittleren Kaltber pliißlich die großen und größten in den Forts ihre Don nerstimme erheben, da ist es, als hielt die Natur ihren Atem an. Was ist ter natürliche Donner gegen dieses Beben! Je unheimlicher die Nacht von Va str aus, desto lieber-wird sie srl Ueberraschungen ausgenußt, und ge rade in den abscheulichsten Gewitter rmd Regennächten mußten wir hin aus, wenn wir nicht schon ohnedtes csus Borposien lagen. Jedes Gefecht rechts oder linsls von uns hat seine Rückwirtung in unserem Abschnitte, allerdings werden diese Schwingun gen resp. die Größe der Ausschliige immer geringer, entsprechend der im mer furchtbarer und starrer werden ren Besestigungem die die eiserne Mauer des Westens bilden. Unser Abschnitt ist sicher einer der interessantesten der ganzen Westsront. Mit allen anderen Teilen derselben hatte er nnsänglich gemeinsam eine ziemlich große, mit anstrengenden Likiirschen oertniipste Ausdehnung und eine größere Elnstizitiitz seine Besonderheiten liegen hauptsächlich im Gelände, und dann in der Eigen tiimlichteit des Grenzverlauses, der auch aus sehr kleinen Entfernungen solche Windungen und Unregelmäßig triten hat, daß die Orientierung und te: gesamte Kampf siir Führer und Mannschast sich äußerst schwierig ge stiittet, und es kostet z. B. nach meh reren durchwuchten Nächten, durch die rie Denlsöhigteit sehr herabgemindert wird, ost große Mühe-, sich das Ge tandebild oon dort aus, wo man sich gerade befindet, vorzustellen. Und ons ist eigentlich sast fortwährend notwendig, ost oder ganz besonders rasch und star Das gilt hauptsächlich von den Patrouillegängrn bei Nacht, dem schö nen Vorrecht der Unterofsizierr. Jn tsnseretn »Geiände« sindet man weht sämtliche denkbaren Schwierigteiten nnd Eigentümlichteiten anderer Fronts teile. Die Ratt-r ist von einer uner schöpstichen Unregelmäßigkeit, und setbst unsere großartigste-i Besestis gungsnntngen verschwinden darin, i.nd man tann sich dem Genosse die srr Naturprncht ungestört hingeben, soweit einem die seindiiche Artillerie Viiihe läßt. Ja, wir sind seht soweit, die Kämpfe, die sich über-, aus nnd nkitetdings unter der Erde abspielen, MS zur Natur gehörig anzusehim ais ekn Element, das ihr erst recht Leben gibt, den Knmps zwischen Werden nnd Vergehen erst so recht deutlich m die Erscheinung treten läßt. Man tann schon bald mit dem selben Wohlgefallen eine aufsteigende Lerche trillern, ein habichtspaar über ice Waldhöhen seine Kreise ziehen, ia:d eine oder mehrere Granaten pseisen hören —- besonders, wenn sie einem nicht selber zugedacht sind, son tern einein menschlichen Habicht, ei ncas seindlichen Fliegen Ihr macht Dach keine Vorstellung von dem Ras sinement, bei dein das Kriegsslugwei sen jetzt angekommen ist, und welche außerordentliche Rolle eo spielt, mit welcher Ansmerlsarnteit und Erre gung jeder Flieget oersolgt wird und weiche ausregenden Mimpse sich dort cben ost entwickeln. Die Flieget wer ten oon beiden Linien wie rasend mit echrapnelto beschossen und beschieszen elnander mit Karabinern und sogar Maschinengewehren. Die Franzosen sind erstaunlich frech. Die Frechheit teiuht wohl hauptsächlich aus dem hervorragend leichten nnd beweglichen Bau ihrer Flaggeuge, die im Ge en sad zu unseren —— obwohl dogetahns iicheren — aber viel schwerer irr-nier ien und in der Lust duntler ausse heiden Tauben, wie durchsichtige Schmetterlinge dahingleiten, ein Cin trnek, der durch das bekannte srans zosische Iliegerabzeichem die tot-irden crtige Trikolore unten an den Flü geln, noch erhöht wird! Von mir kann ich als Neuigkeit einen sehr interessanten und auch gut gelungenen Patrouitlengang melden, und zwar war es eine steiwillige Ausgabe: Beobachtung der eindlichen Stellung aus nächster Nähe, einem zasarnmengeschossenen Geht-ist Früh um drei Uhr brach ich mit zwei nimeidigen Kerls, die mir oom Kom pagnieches selbst empfohlen waren, aus« kam etwa um 4 Uhr in das Gehöst, welches wir ebenso wie die umliegenden Gärten niit aufgedslanzi tem Seitengeweht durchsuchten und von Franzosen srei sanden, und hiel ten uns dann den ganzen Vormittag darin aus, jeden Augenblick mit der Msgllchteih durch die seindtihen Ar tilleriebeobachtee oder Jnianteriepos sun entdeckt und unter Feuer ge nommen zu werden, wobei tolr na-, nietich oon dee ersten Granate unter ren zusammmstitrzenden Mai-ernsten begraben worden wären. . CI MOII aM nichts dergleichen, Mensch-innen wen unsere ranner die gegnerische zu stark in Anspruch nahm. Daher konnte ich in »Sa lcnruhe« vier Zeichnungen machen und mich mit diesen mittags, als die Uriillerie Mittagspause u halten und der strahlende zrühlingös tag auch sonst die Feindfeligkeiten etwas milder gestimmt zu haben schien, aus dern Staube machen. Dieser Rückzug über gänzlich offenes Gelände, über einen langen hübeni rücken hinweg, war das aufregendste am Ganzen. Glücklicher-weise sahen uns die Jranzmänner. die sonsi so tasfiniert aufmerksamen Kerls, ein klein wenig zu spät, und so konnten wir uns außer Gefahrbereich in die grünen Wiesen unter die Maiblurnen sehen und nach Belieben verschnauserh Der Oberleutnant lonnte ein Schulun seln nicht verbeißen, als ich mitä arn hellen Mittag wieder bei der am pagnie einsam-. Den Brief von Waller habe ich er halten, der arme Junge tut mir leid. Aber ich kann ihm zum Trost sagen, daß ich die hundehüks nn, Misse, Gestank, Schlaflosig leit acht Monate zur Genüge gekostet habe, und seine Gefühle tei ltn und verstehen kann. Gent la Hirt-Pfeil Aber nein, was hilft das Klagen, man muß sich aus allem das Beste lxeraussurhen Jn wünsche Walten kaß bei ihnen drüben an der Rawla rer Frühling bald so herrlich Einzug halten möge, wie hier, in Lathrini gen-B Gefilden Das bringt einen auf andere Gedanken Seid alle vielmals gegrüßt von Eurem Hanneh Nie-der mit Beethoven. Ein sonderbareo Abenteuer-. das« zeigt, wie sehr die Franzosen schon den Kopf verloren haben, wird einein italienischen Platte aus Marseille berichtet» Jn dern Vernichtungstrieg, den die Franzosen gegen alle Deut schen, auch die Toten. unternommen haben, wurde Beethoven bisher noch immer ein wenig geschont. Zur Beru higung der Gewissen hatte ja der Figaro herausbetominem dasz dieser Beethoven eigentlich ein Belgier, rnit hin ein Verbündeter, wäre. Ganz so sicher scheint den Franzosen aber die ser Nachweis doch nicht geführt wor den zu sein; denn schließlich sind sie dazu übergegangen, auch Beethoven auf die Liste der Verdammten zu set !zen. Jhre blinde Wut hat ihnen dabei einen spaßhasten Streich gespielt. Jrn großen Rathaussaal von Marseille, in dein auch Konzerte abgehalten wer den, stand seit vielen Jahren eine Buste von Beethoven aus denktslodii uni. Als nun vor einigen Tagen wie der ein Konzert gegeben tverden soll te, das nur Werte völlig unverdäch tiger Franzosen enthalten darste, hat ten die Beranstalter in richtiger Bor auitahnung des Kommenden die Büste wegnehmen lassen. weil man sonst einen Ausstand der in ihrem stan zösischen Gefühl getränlten Konzert desucher zu besiirchten hatte. Leer tonnte man den Plag, wo die Miste gestanden hatte. aber doch auch nicht lassen, und so stellte das Komitee un die Stelle Beethovens eine Büste von Berlioz. Das sollte siir den arnien Berlioz, der so viel Ungemach ini Le ben erduldet hatte, verhängnisvoll werden. Kaum war das Publituni in den Saal hineingetassen, als es sich wild aus das Podiurn stürzte und unter Pseisen, Heulen und Klat chen —- die Biiste des großen sranzösi chen Komponisten zu Boden wars und erschnietterte. Keiner unter den Ra senden hatte bemerkt, daß der gesähri liche «Boche« gar nicht inehe da war, und alle triumphierten über den glän zenden Sieg, der wieder über die deutsche Kultur davongetragen wor iden war.... Jst Defects Jwan Pktvlvtoittckh der General, saß in feinem Zimmer über der Ratte und dachte nach. Dann tlin7 gelte et. Sergei Jultwitfch, der Ad Intant« tmt ein: »Was befehlen Enek Exzeltenz?«« —- »Sekgei Juli tottfch, schau einmal hin auf vie Ratte. Siehst Du vteie höhe?« — ,quohl, Einmqu -,- »Dek Berg Hin-h befeht werden. Sorg« dafür, Eund melde tnik, wenn et geschehen ist« —- «Jntvoh!. Exzellenz!" — — Nach zwanzig Minuten tlopit eg· Sei-get tritt ein. schlägt die hacken zusammen und fnluteetL —- »Was ist, Seegef» mein Söhnchen?« -—— »Melde gehorsamst Exzeltenz, daß dik- tdöhe besetzt ists« —- »Schon be icht? Das ist fette schön, mein Söhn chen, sehe schön. Wes ist denn aus tsek ist-M —- .Metve gehorsamst — cte eutfchen. Exsetlenz!« sie kein-km l Novelletie von Richard Rief-. Frau Beitina kam heute ein wenig spät nach hause. Der Andkang war während des ganzen Tages beson ders groß gewesen, und sie, die man nicht mit Unrecht »die Seele« der Suppeniiiche nannte, mußte stets bleiben, bis alle Abtechiiungen eile digt waren. So sah sie den Gatten bereits am Abendbiottisch siyen, ais sie ins Eßzimmer trat. Sie ent schuldigte sich mit hastigen Worten, ein wenig huschig, und rief nach der Zofe, die Pelzjatett und hat hinaus tiiig und mit dein Serviektablett zurückkam. Frau Bettina etziihltex von den Ettebnissen des Tages und ven Ei snhrungen ihres Amtes, das sie so manchem Schicksal verschwistettr. Die Aerinsten vertrauteii sich ihr so manches Mal an. Fingten, ob sie nicht schon für zwei Pfennig den Teller Suppe erstehen durften; das dritte Kupfekstiict sehle ihnen. Und wurden dabei ost iot vor Scham. «Wegeii eines lumpigen Pfennigö, EbeihatdL Denke Dii!« Und dann mai heute auch die Friiiize wieder getoiiimen. Die holte stets suiis Por tionen aus einmal. »Man solt einem einzigen eigentlich gar nicht so viel geben, Eber, aber: bei den Leuten essen sieben Personen im diesen »siins Betteln-» Ileven Personen sur juris zebn Pseiinig. Und eg sind Buben dabei, die im Wachstum stehen..." Frau Bettinas Augen glühten; ihre Wangen waren rot oor Erregung. Sie hatte sich niemals so wohl ge siihit, wie in dieser Zeit Ver Näch stenliebe. Nur hatte sie ja endlich einmal eine richtige Sorge! »Du hast heute viel zu schaffen gehabt?'· sragte der Gatte, der ge rade ein Stück Kalb-braten gabelte. Sie sreute sich seiner Anteilnahme: »Ja, weißt Du, man muß seine Au gen überall haben... Jetzt merte ich erst, daß man als praktische haus seau auch etwas wert sein tann... mit seinen Ersahrungen»· Aus die jungen Miit-eli. weißt Du, die »Hel serinnen", ist recht wenig Verlaß. Sie meinen es ja alle herztich gut, nber... Wollen alles machen, aber... weißt Du, die Leute haben nicht das rechte Zutrauen zu so jungem Volk. Wir wollen doch auch Das Vertrauen ver Leute gewinnen. Teilnehmen an ihrem Leide, ihre Not mildern. Jch dente mir, das könnte die beste Brücke schlagen über die Gegensätze von reich und arm." So plauderte Frau Bettan und vergaß auch nicht das Abendbrot. Dann schob sie den Teller beiseite und verlangte nach der Zeitung, die Herr v; heller noch immer in der Hand hielt. Der aber widerstrebte ihr und sagte mit bemertenswerter Feierlichteit, zärtlich: »Laß. mein Muzzitindchen... nicht Zeitung lesen jeht... nicht... den heutigen Krieger-nicht kennst Du doch schon«i« »Warum soll ich nicht« Eber. . · die Familiennachrichten. . ji« »Erschrict nicht-» es es steht etwas drin, roug...« »Was, Eberhardf Um Gottes tvillen. was?« »Es steht heute drinnen...« Und nach einer Pause: »Friedtich Farga ist vor Soisson gefallen, mein Lie bes«. Und stockte wieder nnd nictte schwer mit deni Rot-re Nun durste Frau Beitinn selber lesen. Jer, es fund darin, mit schwarzem breitem Rande, treuzges schmückt: der Sonn ihrer Schwester-, das einzige Kind» den Tod fiirs Vaterland. . . Frau Bettinn erhub sich, tieferregt. Zertniillte die Serviette, die sie hin ter sich wars und ging ins Wohn zirnmer. Zog dort die tleinen Gur dinen von dem Ertersensterchen nnd presste ihren Kopf gegen die Scher ben. Bald siihtte sie einen leichten Kuß im Nacken Und Eberhnrds Atem: «Geht es dir so nahe. Lie desi« «...ich dent an sie, Ever... nicht an den Buben-. Fennni ich ihn denn? Wie oft werd« ich ihn in den fünfzehn Jahren gesehen habeni Aber sie! Glaubst Du, daß sie nun auch den Schlag noch verwinden wird?« »Es wird sie schwer tressen. Es war ihres Lebens ganzer Inhalt. Er war ihr Stolz«. »Ihr Stolzi« fuhr Bettina aus. »Er war ihr hoch-nut, ihre Eitel. . ,,... er wirr, mein gutes Kindl« Sie empfand den gerechten Vor wurf und siihlte das Nahen der Tränen. »Nun tsi alles vorbei Eben» nun ist sie nein wie ich, Einem nein. noch ärmer, noch viel ärmer... Nun sind wir alle gleich Dann schwieg sie, lange Zeit. Sie war in den Sessel gesunlen der in dem Erler stand, vor einem Damen schreibtisch Jm Dunkel saß sie so, lange Erinnerungen füllten ihr Denken aus. Die Doppelhochzeit dor zwanzig Jahren... die beiden Zwil lingsschwestem die »Unzerirennli chen«. Und nun an einem Tage Ellen den Assessor und Bettina den Baumeister.·. Die Großmutter hatte gewarnt: Nur keine Doppelhoch zeit;.. das dringt keinen Segen... Man hatte gelacht: die gute aber gläubische Großmutter... Und war doch die Klügste gewesen. Daran hatte Beitina dst denlen müssen. Reinen Segen... Die ersten Jahre steilich... Jminer hatte inan beiein ander gehockt, im ersten Jahre, im mer: Bettina und Eber und Ellen und Jütgen. Aber dann... dann kamen die Jahre des Glückes sur Ellen und siir sie die langen, langen Jahre des Hoffens und Harrens und Begehrenö und des Neides-» oh des Neides-. und schließlich der Verzweiflung! Fiir fie, sijr Beninal Ellen hatte ihren Jungen. und sie? Kinderlosl Ellen durfte sich in ihrer Freude sonnen. Und sie zeigte ihr Glück· Reinen andern Gedanken als der Bud. Jmmer und immer nur der Bud... Das war das Thema ihre-?- Herzens nnd ihrer Worte. Bet tina sühlte sich verhöhnt durch dieses Glück der Schwester. Sie hatten al les gemeinsam getostet, nun war sie benachteiligt? Oh« sie lernte es, die Glückliche schließlich zu hassen! Die sonnle sich in ihrer Freude· Sie aber wollte lein Mitleid! Was der andern Licht war« war ihr Leid Die junge Frau.Bettina lonnte nichts hören von den Sorgen der Mutterschast· All das reiste ihren Kummer. Verhöhnt fühlte sie sich, wenn Ellen von ihren mütterlichen Freuden erzählte. Beschimpr Und sie rächte sich durch Zank. So kam es zum Bruch mit der Schwester... Fünfzehn Jahre war das her-» Iiinszehn Jahre dergeblicher Hass nung... »vielleicht, ach viekeicht doch nachl« und schließlich der Ergeben heit in ihr Geschick. Und siir Ellen: Fünfzehn Jahre des Muttergliicles, des frohen, sicheren Besitzes-. Und beide waren sie alt geworden. Ohne einander näher zu kommen. Und wohnten doch in einer Stadt engen Mauern. Zwillingsschwesterm . . Frau Bettina weinte leis vor sich hin. Ganz leise war so etwas wie ein stiller Triumph in ihr geteiiar. Aber das zerstog. Sie liebte Ellen noch. Und hatte sich selber ja erge ben: Mutter der Armen war sie ge worden. Wenn sie in den spateren Jahren noch an sich selber verzwei felt hatte: Was ist eine Frau, die nicht Mutter wurde? Ein Baum ohne Frucht, ein verdörrender Baum!, da hatte ihr Haugarzt und Freund, Dr. Wegener, ihr gesagt: Daß jede Frau tausendfältige Mut terschast in sich habe, auch wenn nie mais eines Kindes Schrei ihr ezni gegenthlL Daß diese vielen stin der: die Menschheit. die arme, not leidenoe, ihrer Mutterliede entgegen harrr. So hatte Frau Betiina sieh denn ihrer sozialen Ausgaben zuge wandt, die sie schließlich augsiillte.i. Da war auch ihr Groll von ihr ge wichen· Aber eine Vlnnöhernng an die Schwester war doch nicht gesun den worden. Wie eben zwei Men schen, die einander einmal innWriye standen, schwer aus jäher Trennung den Weg zuriiclsinden. s Noch einmal nahm Frau Bettinai das Zeitungsblatt und lag, daß Friedrich Farng sur das Vaterlands gefallen sei. lind las auch den Arn-s men der Schwester, der Witwe des» Geheimrats Jiirgen Farga. An drei war nun die Reihe des schiiietzlichs sten Entbehrens gekommen· Zuerst der Mann, nun auch der Sohn... s »Die arme Ellen«, sagte Frau Bettina· Und als ihr Gatte, eini wenig zogernd, fragte: »Miirhtest dui nicht hingehen zu ihr?«, da hob sie den Kopf mit den rotgeweaii ten Augen nnd niate ihr: Ja! o s « Und dann lag Frau Ellen Farga ans der Ottomane, den Kopf mit den schon leis ergrauten haa ren in seidenen Kissen vergraben. Sie sprach tein Wort. Weinte aus-h nicht. Bizweilen nur hob sie ein wenig den Kopf und sah nach denn Bilde, das aus dein Tischchen, ihr zu häupteih stand. Nur minuiens lang ließ sie sich durch ihre Schwe lter von ihres Leids schwerer Not nblenlen Bettina hatte nicht viele Worte gemacht. Eine ilmarmung unter Tränen, und der Kummers hatte siinszehn Jahre der Trennnxigs hinweggespiilt, als seien sie vons nichts mehr ersiillt gewesen. als von einei Tändeltnges nichtigem Jnlsalti i Bettina streichelte die Niedergesun Nenn Da kamen wieder die Tränen Ellens, von der Zärtlichkeit des Mit .leide5 angelockt. »Nun ziirnsi du mir nicht mehr, Bettina.. . Nun ibin ich ja ärmer als du« Ich habe dich ja immer begreifen idnnen.. und nun begreif ich dich besser als je Jeht bin ich viel. viel ärmer als du.« Sie erhob sich ein wenig und wischte sich die Augen. Frau Bettis Jna erwiderte leise: »Vergib mir, du »Liebe, Gute. Wenn man jung ist, iund es bleibt einem das Liebste un erfiillt, dann wird man leicht grau sani und ungerecht. . »Die alten Dinge sind ja nun be graben. Sind... ja... nun... be gra...« wiederholte sie noch einmal und brach unter Schluchzen zusam men, als ibr die schmerzliche Bedeu tung dieser Worte vor Augen trat »Weißt du, was das beißt? Bettina: Mut-ter—see—len—allein! Das ist ein Leid, das nur die Mutter allein fühlen tann . . . Aber kein frohes Leid, Bettina . . ." und, lauter los brechend: »Sei froh, dasz du keinen Sohn hast. Da kannst du auch tei nen verlieren. Weißt du, daß ich dich beneide....beneide..., so sehr beneide....« und wieder stiller: »Du hast ihn in nicht gesannL das gute Kind »das- liebe, gute Jugend kindl« llnsagliches Mitleid empfand Frau Betticta. als sie die Schwester so dar nieder sah. Und zugleich lauerte das unbewußte Gefühl der Genugtuung-. Ich habe doch des Schicksals besseres Log gezogen. llnd nicht von ferne tnm ihr der Gedanke, daß auch des Schmerzes Qual, die dem Geliebten gilt, selige Menschlichteit ist, wie se des Opfer der Liebe· »Du wirst an mir stets eine Stütze haben, Ellen,'« Isagte sie und: »Ich hab« ja solch tie ’ses, tiefes Mitleid mit oir." I Frau Ellen aber fühlte bei diesen JWorten noch schwerer die Last ihres sKumcnerL Mitleids Von der Frau ldie sich einst von ihr wandte, weil Ider Anblick ihres Glückes ihr uner träglich war's Oh, ihr Glück! Die langen Jahre! Die Freude an Frie dels Entwicklung. Die Schulzeit, »die der begabte Bub so leicht über «lvaud.... und im letzten Jahre dann der Stolz aus den großen Jungen. Wie sie einen erwachsenen Sohn hat te, der ein Korpsbaud trug Aus dein Nachttischchen stand ein Bilderalbum, das Frau Ellen immer und iunner wieder betrachtet hatte ...in ull der letzten Zeit der Tren nung. Hier lag die Jugend Friedels mit ihrer ganzen Entwicklung. Sie lebte all die Jahre wieder, wenn sie die Bilder betrachtete. llnd dann »die letzte Photographie...in der seldgranen Unisorm des Krieg-stet toilligen. Sie hörte ihn, wie er beim Abschied sagte: »Wenn ich salken sollte, Mutttchen, mein gutes, junges Muttichen, dann sei nicht traurig um meinetwillen Jst es nicht sein, daß alle unsere Jdeale plötzlich Wirklich leit werden töunenk llnd während Frau Ellen, unter Schluchzen, an all dies von neuem dachte, kam es ihr in den Sinn, dasz sie schier einen Verrat an ihrem ge lieissten Jungen begehen wurde, woll te das Leid um ihn zn vergessen su chen. War nicht gerade ihr Leid auch Gliicl, ihr Stole llnd...w-ir sie denn wirklich so arm und mit ieidloert mit der Erinnerung an die ietzlen Jahrzehnte ihres Lebens-? Es drängte sie, wieder Zwiesprach zu halten mit ihren Erinnerungen. Ill lein sein wollte sie mit ihnen, allein sein mit ihrem geliebten Sohne. Frau Ellen hob müde den Kopf. ,,Bettina,« sagte sie, ,,hal) vielen Dank siir deinen guten Willen...vieien Dant...ader, laß inich... sei mir nicht bös drum, laß mich....etn wenig ..dort driiden . . . in dem braunen-Kästchen dort . . . sind dieBrm sen-»eines FriedL Du hast ihn ja kaum gerannt, Bettina . . . . Aber ich . . .. ich will meinen Etle ein wenig aus richten daran (nnd sast lächeind:), ich hab es ja so nötig ...Dann wer de ich alles besser ertragen können, Bettina · . . . besser . . .« Da fiihtle Frau Pettina, wie reich die Schwester noch immer war, ——.-.-—-— isine prickelndk Geschichte. Der Mann alt-:- Rom: Mir schwani Vösesk Der Mann ans- Maiiand: Jeh habe saion lange keine Dresckke gekriegt! Ter Mann ans Iuriin Mir iuckl Ists zeu! Der Mann ans Florenz: Ich krauche mal wieder einen Ader-lass Der Mann aus Palermo: Mir müßten die Hosen mal strainrn gezo gen werden! Alle: Gut, machen wir also Kriegl «