Staats Anzetger und J cerold— Sonntagsblatt des fmkfxm Its-i sie trinkt zu einein ists htm. eEinc Liebesgeiklncliie in Feldpofibriefen Von Ziegfried erac. Ali die Männer nnd Briefchen hin nuszogen fiir König und Vaterland, gol« ein Herzdriicken und Buffeln, als ok« .B’hiji Gott« für die Ewig keit fein folli. Nur der anchfrnnzl flond mutter feelenallein und hatte keinen Men schen zum Lebewolfl sogen. Jhm druckte keiner die Hand und weinte eine Träne um ihn. Er war hali n Woifenlind. Aber net weit von ihm fiand dief Weidenhofleni. Die häit’ dem; Fronzl fürs Leben gern die Hondl dracki und d’hiit Gott gefngi, damit der arme Bau net gar fo verlassen in den Krieg gehen folli. Aber sie wan halt got verfchiichieri und zaghaft; vor fo viele Leut'. Der Franzl war doch net ihr Schaf und fo durf« ihm net sagen, wie ihr kleines herz voll Mitgefülzl fiir ihn war. Als der Bahnzug avgefahren nnd» die Ariegsleui’, die zum Lehewohl mit den spüren schwenkten und ein. fröhliches Lied vom Wiederfchnnen fangen, net mehr zu sehen waren, ging die Gemeinde mit frommen Gebet im Herzen heim. Siilr und friedlich nian im Dorf. recht wie ein heiliger Gotte-Zinsf. Auch der Leni tvar recht kirchlich zu Sinn. Sie mißt ielbft net. war- . unk. Konnt net begreifen, warum Si ihr grad so siedlieiß iin Herzen war Sie tniete in ihrer Kammer vor dein Muttergotteebild nieder und schickte eine innige Füroitte auf zum Himmel » fiir all die braven Ums draußen im Krieg and empfahl sie feinem gnädig; gen Schutz. « s s T Eines Tages tain die Leni zum deren Lehrer, der in der Gemeine viel nin Rat nnd Tat angegangen wnrd«. Jhr Gesicht nmr wie ein Apriltag niit Sonnenschein und Re-» gen; Friplilingslacheln nnf den roten. Lippen und helle Tränen in der- Reh-» augen. I »Was willst denn-« fragte der Lehrer sanft. Leni zapfte verlegen an ihrer Schürze »J derstr net ainnl aus-« sprechen, Ver- Lehrer. ’5 is a rechts Anliegm . »Mir srei heraus mil der Red«, er- ; niuntette sie der Lehrer. »F wird? doch nir Unrech« seini« z »G"tviß i-et«, eiferte Leni UndJ schiveratrnend fuhr sie fort: Alsdann will i’z sagen. Schaut-, i' wollt« schön bitten, ihr soll« so sreundli sein nnd iotlt mir a Briefl schreiben. J dersteh’ rni net drauf. Und’5 sollt« a rechter schöner Brief werden« »Ei. Leni, du haft doch selber in der Schuf sei sauber schreiben ge lernt-· «Abek net fa, wie i möcht·, dak der Brief fein«fvll. I soll —- fuhr sie rnit Wichtigkeit fort — »F soll a Feinsppsivkiei seit-. usw reiche-J bring« i nimmer z'sanimn.' Der Lehrer lachte gutmütig. .Meinettvegen, schreiben nier halt«. Er feste sich und legte Papier und Feder zurecht. »Alsdann’t An wen f-:ll'j gehen?« «An den Waschhaule Der Lehrer machte ein pfiffigei Ge sicht. »So, so! Alsdann nur zu. Sag an, was i schreiben foll.« Leni begann zaghaft und lchautei unverwandt auf das Muttergottesbild ! iiber deni Tisch, als wollte sie au« dessen giitigem Antlitz Trost und Mut schöpfen. »Sixt, Franzi, i hab' mir halt denkt, biit a arme Seel’, die tei’ Menschen auf der Welt hat, der an Di denkt. J hab’ stehen« tote D« Routine-richten bitt und tei« liebe Hand hat Deine druckt. ’s hatt rnir schier Ioetj q«tan. Alle Burschent kriegen Griifds nui der heimat g’fchiett und sonst was Lieb’-. Die wird nix g’schickt. Das is a triiiirig’i Lag. ; Drum pack i Dir a bissel ein. Werts aber net bit-. J is bloß a Wurst, n Päckel Tabal und a paar Strümpr Die hat-· i selber g'ftritt. J meins( 's wird Dir gut tun und D« hatt auch a Freud'. J will recht spare-us uut daß i auf d’niichlt nach a Stücketj Schinten zutun kann. Brauchst at Pfeifent So las-. Bist net bit-J get» Sirt, daß auch a Seel· an Dt denkt und’ Di schön ariißt und b’hiit Grtt wünscht B’liüt Gott« Iranzlt Die Weidenhoflent.« Dem Lehrer war ei beim Schrei ben feucht in dte Augen gekommen »Ist willst dem Iranzl fchicken«', fragte er ieit weich. » a. Derf S dennt« »Ireiltch. Di« is net verboten. Wo haft die Sächel?« Unter der Schürze hatte Leni die Liebesgaben verborgen. Sie gab fle· detn Lehrer, und tieser machte das Patet sertis. »So tann’s aus d’ Post timma«t« fragte Leni und wickelte es behutsam in die Schätze. »Und i tu’ nix Un recht’f?« Der Lehrer nahm ihren Kopf zwi schen seine hände und sagte ernst: »Du bist a brave Dirn! Und der liebe herrgott wird dir was Besonders ins Mertbuch schreiben." I II Franzl tat sich heldenrniitig hervor. »Na an Menschen aus denr Spiel steht, schicken S’ rni hin, Derr Dauptmann", sagte er. An mi: liegt nir. Um mi weint tei’ See’.'« Fröh lich und beherzt war Franzl allzeit in Gefahr und Rot und wurde nur trau rig, wenn die Ieldpost tarn und den Kameraden was Liebes aus der Hei-s mat brachte. Da seufzte Franzl oft recht schwer. Eines Tages wurde auch sein Na me aufgerufen. «!t Pöckl für den Franzl!" Dieser traute seinen, Ohren nicht und drehte du Ding nach al len Seiten. Endlich öffnete er die Schachtel und fand obenauf den Brief. Er las und las nochmals. Ein Schinnner des Glücks hnfchte iiber fein Gesicht. »An mi denkt einer in der Vetcnat«, flüsterte er gerührt. »D’ Len( ists-, bös liebe Dirndl· Ihr dass weh g«taa, daß tei« Mensch mir zum Lebewohl d’« Hand druckt dat. Muß doch a rettJ gut«5 Herz ha ben, U- Madel.« Trämerifai blickte er vor sich hin and suchte mit seinen Gedanken die Heimat. Aber sonderbar, da sah er nir andres als die Leni ganz allein, und so schmuct und so sauber. Es wurde ihm ganz warm ums herz, wie noch nie im Leben. Dann nahen er fei« Pfeier und stopfte sie mit Lenio Tal-at, umständlich und vorsich tig, auf das fet« Körnl verloren gehen sollte get liess-. frisch-i G"sicht«i han«-, geübelte Franzl weiter. »Und ob i a Pfeifen urauch, staats- Wär’ net übel. So .i G’ichenk von einem lieben Mädel, da müßt« antal der Tobak schmecken! Ireili been-cis i a Pfeife-L Eier med« is fch'reiben.« Franzl erbat sieh von Kameraden Papier, nahm den Tornister aus die Knie nnd schrieb: »Liebe Lenil Wann D’ hätt’st sehen wollen« wie sich a Mensch freuen tann, bött’st Di glei selben einpacken nnd mitschicken mixssen Mi hat's herz g'schlagen, so tant wie a Büch senschuß. Aber g«steut bab’ i mi ganz still. ’s war mir so sonntäglich from-n zu Sinn, baß i tei· lau« Wärst hören wollte ’s ie halt doch was Schön'i, wenn a liebe Seel’ an einen denkt. Manns nun gar u Schatz wör’, der einen gern hätt’, bös müssf schon a Seligkeit sein. J dank Dir tausendmal siir Dei’ liebe G’schent. Vorn Tobak hab« i jetzt a Pfeier fischt-raucht J gwan so a Pseilen, wenn Du mir schicken tät’st, würd’ net anders schmecken, als wann’i von dö lieben Engeln kimma wät’. Der liebe Herrgott grüß’ Di und g·seg’n ’3 Dir. J möcht’ sakri gern aus Dank an llein«s Bussel eini legen« aber i bin Des Schon net, nnb Du tönnt’st bös werden und net mehr schreiben. Drum b’biit Di Gott« nnd dent’ bald wieder un mi Franzl.« O It il Leni bekam einen Brief. Den ersten in ihrem Leben. Gar einen Fetdposthries. Zitternh nahm sie ihn in Empfang, trug ihn in die Kammer nnd verschloß ihn sorgfältig in her Truhe. Schon den Tag oarans iacn sie zum Deren Lehrer-. »Was hat der Franzl geanttvortet?« fragte dieser. »War er voll Freud-W Leni zog den Brief aus ihrem Buseniueh und reichte ihn glückstrohlend hin. Der Lehrer las und lächelte »Js a gutes Durst-is Lini. hast ihm a rechte herzensfreud« g’macht. Was willst ihm heut’ schreiben?« Leni wurde blutigrot und zupste an der Schürze herum. »Da, bös hab' i g’iaust«, sagte sie verschiiint und zeigte ein prächtige Pfeife mit einem Trodhei daran. ( »Jj lieh von Dir, Leni. Und tvas willst dazu schreiben?« Das Madel seuszte gar schwer. «J weiß halt net, was i ha siirhringen könnt. J tus so gern, daß i ihm was ichick und niöcht’ auch, has 's ihm Freud macht. Wann s net Krieg wär nnd der Franzl net so allein in her Welt stünd', häii’ i nimmer an ihn denkt. Aber ’I is halt so an ar mer Bnaf »Aus Mitgesiihl tust das, gelii« fiel der Lehrer ein. »Es-en deiwegenk «Fiirs Vaterland, siir einen braven Krieger, gelt?«« «Eben deswegen« « »Wie a so sauberer, rechtschaffe ner Bna ig, geni« »Es-en deswegen« Mit leisem Seusil ser kam es heraus. Leni wußt’ net mehr, was geschah. l »Am-nun weiß i schon, was i« schreit-I Werk aus: Mei lieb's Franzi! Weil wir daheim auch was sier Vaterland tun sollen, Ioie der Herr Pfarrer lehrt, schief i Dir al Pseisem Und weil Du an so armer-s Bua bist und Dir der Tabat gar so viel gut schmecken tät aus einer Pfei sen, die oon mir kommt, so probier’ss hat amal mit derer. Und warum-I Dir gut tut, dann blas’ mit jeder Rauchtvolten a Gruß an mir her andi denk’ halt sei dran, daß e zum herrgatt siir Dei' Heimtehr bitt'. Aber i taxin nix dafür, dös hat al lein der ledige Krieg oerschuld’t. Aber wann D« heimlomtnst, weißt, daß D' a 'treue Seel’ sind’st. Dei’ Leni.« ,,Jesses —- Maria!« fuhr Leni aus« »So schreit-» net, Herr Lehrer. Was sollt’ der Franzi von mi den ten! J müßt’ kni in d’ Seel« 'neitr schauten-« Der Lehrer legte begütigend die Hand aus ihr Haar. »Dummes Dirndlk Wonne- dir so tm Herzen is, was willst’s net eingestehent Und daß dirs so is, weiß i längst. Als dann gib di drein. Der liebe Herr gott hat’gs so gefügt. Dent’, daß der arme Bun jeden Tag vor seinem End’ stehen kann. und du soll man ihm a rechte Herzenosrend’ gönnen. Meinst net, Leni?« Diese sentte demütig den Kopf und sagte mit behenden Lippen: «Wann’5 der liebe Herrgott so fügt und der Herr Lehrer meint —- dann schicken’s den Brief fort. Aber net, daß der Franzl unrecht von mi denkt!« «B’hiit’z!« Er wird denken, das-. der himmel ihn net vergessen und ihm so a llein’3 Hetz’l au gespart hat, das um ihn bangt Und fröhlich jauchzt wann er g’funv heimkehrt: IS net wahr, Leni'i« «J weiß gar nix«, sagte Leni. «J bin völlig vamlich.« Und sie sing an zu weinen, daß die dicken Tropfen iiver vie «Wangen rannen. Und schleichzenv saht sie sott: »F niein’ nur — a schöns- Bussel lönnt’5 noch auf schreiben, herr Lehrer. . . .und der Schinlen is noch net ausg’rächert, der timmt später« Damit preßte sie vie Schürze vor die Augen und schlich weinend hinaus lit It O Zwei Wochen danach ließ der Leh rer Leni zu sich rasen. »J hab da einen Bries«. sagte er neckenv »Rat amal von tve1n?« Leni schwieg unv wurde vuderrot. ,,Alsdanii will ich vorlesen. «Merl aus; Mei lieb’5, lieW LenH J hab’ gejauchzt, daß d’ Franzmänner drüben im Schützen graben vor Schreck auf's Schießen vergaßen. Lenl" Du guts DirndU J hnb’ niemnlen g’:vuszt, zu was a Krieg in der Welt gut is. Jetzt weis-, i’s Du hätt’si nimmer g’incrit, daß D’ niir gern hastA wann i daheim g’blieben wör’. Und i hats nimmer g’merkt, was für a treue liebe Seel’ in der kleinen Lenl steckt. Model, jetzt siihl’ i’s, i bin Dir so viel gut, i hab’ Di sv viel gern! Dög weiß nur unser herrgott, wie sehr! J dab’ bisher venti, ’S sollt’ nii amal n Kugel treffen, eher«ini als einen andern. ioeil i doch teinent zu Rufs g«wesen. Jetzt aber will i beten zum himmlischen Llatern droben, daß er mi b«fchitgt und b’biit’t, daß i wieder heiinlirnni und mei Leni gern haben kann. J will jetzt leben fiir Di. Leni, und d’ Feind z’fannrafchla gen, daß 's ihr« Lebtag an den Busch franzl denlen sollen. Du glaubst net, Leni. wadi für a Freudv in mir hab'! Und Dei« Pfeifen hab’ i Lenl g’tauft, dö trag i am Verzeih wann i in den Kampf geh’. J bin g’wiß, da trifft mi tei’ Kugel. Dö ie mei’ Schuhpatron Nun« b’hiit’ Gott, herglieb’s Dirndli B’hiit’ Di Gott und bet’ aufs Wiederseh’n! Dei Franzl!« · Leni stand versunken da. Freude und Glüd lagen auf ihrem Gesicht, wie die Maienfonne auf der blnmigen Wiese. Von ihren Wimpern tropsten dicke Tränen herab. Der Lehrer trat zu ihr und fragte leife: »Nun, Leni. sagst gar nir? Hab' i teinen Gasse-. lobn verdieni?« Noch blieb Leni einige Augenblicke unbeweglich. Dann schlangen sich kläglich zwei weiche Arme um den hals des Lehrerj, auf feine Wangen preßien sich ein paar warme, feuchte Lippen und freudebebend barg Leni den glühenden Kopf an feiner Schul ter. Jch selbst weiß nicht, wie einem al ternden Mann zumute ist, wenn so einjungeb blühendes Geschöpf in fei nen Armen hängt. Etwas Gu« muß ’s wohl sein, denn der here Lehrer hielt das Dirndl eine lange Zeit festl und sagte schmunzelnd: »Dös is auch schon a Gott’slohn!'« l Die andere-, se minder-» Aus den Kämpfen von Sennheiln Von H. Seliede - Heller Straßburg-. h Der Tag wollte nicht zur Ruhe ge en. Rot und heiß lag er über dem mächtigen Lamm der slzüdvogefenl Der breite Kon des großen Belchen blutete aus tausend Wunden, und der purpurne Strom floß aus den spähen des Mottenraing und Roß derges die Addiinge hinunter, urn sich im Waldesdickicht zu verlieren Der Wind. der von Westen über das Tal fegte, ließ die Soldaten in ihren vom Regen noch nassen Klei dern erfchauern. Schritt für Schritt gingen sie über der dampfenden Erde, sanken bis: über die Knöchel in den durch Gram ten aufgewiihlten Waldboden ein-« Sie suchten nicht einmal mehr Det tung vor dem bleiernen Hagel, den die Franzosen ihnen ans Flinten und Maschinengewehren nachfandtem llJlechanifch wurde ein Fuß vor den anderen gesetzt. Die Glieder schmerz ten, die Tornister drückten auf den Schultern. Jnnner weiter ging es zwischen trdpfelnden Tannenzweigen und gedorstenen Bnnmsianunen den Unterständen zu, die den Soldaten die zur nächsten Ablösung Schutz bieten sollten Vorn weg fchritt der Vizefeldwe del Lüder5, ein Student der Medi zin, der an Stelle eines toten Leut nants das Konnnnndo ergriffen hal te. Mit freundlich aufniunternden Augen blickte er über die müde Schar: »Vorwärts, Leute! Wir find bald am Zie!!« Das war ein heißer Tag gewe sen. Beim Morgengrauen waren die Franzosen mit großen Verstärtiengen herangeriictt, und an den Tressern ihrer Artillerie hatten die Deutschen ertannt daß ihre Stellung verraten worden war· »Vorwärts, Leute!« Der Liiders fühlte weder Hunger .noch Mattigkeit. Ein heißes Fieber don Daß und Zorn rann durch seine Glieder Er dachte an die Verräter und knirschte zwischen den Zähnen: j.Die Hunde —- die elenden hunde!« i Er, der frohe Heidelberger Stu dem, haßte in dieser Stunde dies Wand mit seinem Nebel seinem Re :gen, dies enge Tal, dessen Berge ihn . schier erdrücktem die zerschossenen Dörfer, in denen jämmerliche Gestal ten untherirrten. W war alles sc grau und tot, und er sehnte sich nach Leben und Wärme. . Am Ausgang des Waldes lagen die Unterstiinde. Hn schweren Mas sen sielen die Soldaten aus ihre Strohlager. Die erlösende Nacht war gekommen und sentte sich mitlei dig über die qnaloolle Erde. Arn anderen Tag kam Verstärtnng nnd der Beseht, in der kommenden Nacht die verlorene Höhe zurückzu erobern, mochte es kosten, was eH wolle. Gegen siins am Abend standen die Soldaten marschbereit. Jm Wald hockte dichter Nebel zwischen den Tannen, der teine lirtundigung iiber das Gelände zuließ. Kurz vor dem Erreichen des Ber ges hielten die Leute still. Es galt, sich geräuschlos »in den Feind heran zuschleichem um klyn jäh zu überfal len. Liidero nnd zwei Soldaten gin gen voran-, um zu erkunden, aus welcher Seite die Wachen standest. Lautlo5, lang hingestreckt pirschten sie sich zwischen itarrenden Biischen und.stechenden Zweigen am Berge hoch. Auf halbe-n Weg gab Lüders seinen Begleiter ein Zeichen, aus ihn zu warten. Es war ein toll-es Wagnis, das ihn vielleicht das reisen tosten würde; aber er wußte, ans; davon das Ge lingen des ganzen Planes abhängen lonnte. Er hatte den Mantel abgelegt ttnd den Revolver zwilchen die Zahne ge nommen Der itsgeweichte Boden heftete sich an seinen Kleidern ttnd Stiefeln fest. Trotzdem rückte er ge wandt nnd geschmeidig immer weiter vorwärts. Nun mußte er bald die ersten Vor posten erreicht haben. Ein scharfer Wind blies ihm um die Ohren Er lauschte gespannt anf, und seine Au gen suchten die sternlose Nacht zu durchbohren. Es war nichts zu se hen. Noch ein Stückchen kroch er weiter. Und plötzlich stockte ihm der Atem, und etwas Kaltes rann durch seine Glieder. Zwei Schritte von ihm entfernt, so nah. daß er im nächsten Augenblick ihn hatte berühren müs sen, stand wie ein schwarzer Pfahl ein französischer Posten. Ein Tritt mehr wäre sein Tod ge wesen. Gewaltsam raffte er sich zusammen und meisterte den Schreck, den dtei jähe Ueberraschung ihm durch die Glieder gejagt hatte. Behend wie eine Katze stürzte er sich auf den Posten, daß er lautlos zusammenbrach Du großer Gott das war ihm selbst hart ans Leben gegangen! Vorsichtig, wie er gekommen, schlich sich der Vizeseldwebel wieder davon und lehrte zu den Soldaten zurück die ihm aus dem Wege folgten, den er eben unter tausend Gefahren zu rückgelegt hatte. Unbemertt gelangte die Truppe bis zur Stelle, wo der tote Posten lag — alle Nerven ins Erwartung gespannt. s Und dann erfolgte das Signal» zum Stürmen. Bortvärts — marsch — marsch! ( Wildes, wütendes Kampfgeschrei,s Laute, aus den Urtiesen des Men schen quellend, zerrissen das Schwei gen der Nacht, daß sie jäh in tau-« send Scherben zerklirrtr. Schüsse trachten. Rote und blaue Flammen loderten grell ans. Men schen fielen. Und iiber sie hinweg schritten die Lebenden — durch die dicke, schwere Nacht —- in allen Glie dern der brennende Drang, den Feind zu treffen und zu töten. Die Kameraden mußten man rä chen — die vielen Opfer, die der gestrige Verrat gekostet hattet Vorwärtg — wie ein Wirbelwind, der sich über das Land wirft. Jetzt ging eH Mann an Mann. Ein furchtbare-J Ringen von Mensch zn Mensch. Herrenlose Tor-nisten Käppis, Helme, Säbel bedecken den Boden. Dazwischen liegen die Ber tonndeten und Toten. Die roten Ho sen der gefallenen Franzosen leuchten wie Blutlachen ins dunkeln Gebüsch. Und weiter stürmen die Deutschen s— durch Wald und Nacht —- iiber Freund und Feind. Die Höhe ist ge lnommen Das Dorf ist erreicht, das sam Fuß des Berges sich hinstreckt. Es lgilt, auch hier den Feind zu werfen. iuin sich den Besitz der Höhe dauernd szu sichern. Der Morgen graut. Zoll um Zoll, Haus um Haus wird verteidigt. Aus Dachluten und Fenstern pras seln die Kugeln. Aber es gibt rein Zurückhalten Eine wilde Wut, die der Anblick der fallenden Kameraden noch steigert, hat sich der Truppe be inächtigt. Das halbe Dorf steht in Flammen Der weichende Feind wirft die( Brandsackel in die Häuser, dafz sie den Deutschen tein Obdach mehr bie ten. Der Wind treibt die Flammen hin und her. Mauern bersten Dachftiihle fallen trachend ein. tstin dicker Rauch steigt aus den brennen den Gehösten und faßt die Soldaten an der Kehle. Aber diesmal sollten die Opfer nicht vergeblich sein. Als der helle Morgen seinen Kopf über den schwarzen Belcheu streckte, war das Dorf im Liesisz der Deut l schen. . i Liiderg schaute durch seinen Feld sstecher den sliehenden Franzosen nach. lDann sammelte er seine Leute, um ’sich mit ihnen ein Quartier zu su chen, während listsatztruppen Dorf und Höhe bewachten. Sie gelangten etwa-«- außerhalb des Dorfes an ein Landhau·3, daH Licht ani Walde lag und nicht so sehr ge litten hatte. Ganz still und fried lich lag es da, ain Berg gelehnt, zun fchen Tannen und Taxushecken »Hier, Leute —« Liiderg schaute sich unt, aber ein Schnfz, der klir rend ihm den Heini durchbohrte, schnitt ihni das Wort vom Munde ab. Und dann folgte in rasender Geschwindigkeit Kugel aus Kugel. Wahnsinnig vor Zorn, stiiezte Liis ders ins Hang —- ihm nach die Sol baten. »Die hunde -— die Halunkenl« Auf dein Speicher fanden sie zwei Männer —- einen alten und einen jungen, die durch Dachziegeln geschos sen hatten. Sie hatten die Gelvehre von sich geworfen und die Hände ge hoben. Und der Jüngere jammerte: «Ayei Wie-, je fuis pere de famille!« »Kein Pardon«, knirschte Lüders, der am liebsten die beiden Mörder seiner fiinf Kameraden mit seinem Getvehrkolben niedergefchlagen hätte Jth kain auch die junge Frau mit einein kleinen Kind und flehte unc Gnade. Die Herrschaft sei zu Beginn des Krieges nach Frankreich gezo gen. Sie hätten dassHaus bewachen müssen. Dann seien die Franzosen gekommen und hätten ihrem Mann viel Geld angeboten. Und sie hätten ei gebraucht — die Not sei so groß gewesen. Liiders hörte lautn zu. Alles Mit leid war in Haß erstickt. »Abfiihten«, befahl er kurz, »daß tvir morgen nicht die Schtoeinerei ini ganzen Dorf haben.« Er sah das verzweifelte Gesicht der Frau, die in Todesangst verzerrten Gesichter der beiden Männer; aber : nichts regte sich in ihm. Er hatte in dieser furchtbaren Nacht andere und bessere sterben sehen. Als es still geworden war, gingen die Soldaten zur Ruh. Liiders streckte die miiden Glieder aus ein Bett aus. Langsam verebbte in ihm das tolle Fieber von Haß und Rache. Aber schlafen konnte er noch nicht Die Sonne schien durchs Fenster. Das war ihm trie ein Wunder nach den Greueln dieses Morgens. Und dann blickte er sich in seinem Zimmer um. Es mochte einem Stu denten gehört haben; denn Bücher Gliiser, Photographien standen um her. Das heimelte ihn in der un wirtlichen Gegend doch eitan an. Plötzlich entsuhr ihm ein Schrei der Ueberraschung. Hallo! was war das? Er rieb sich die Augen und nahm ein Bild. das über seinem Bette hing, von der Wand ab. Erst dachte er zu träu men; aber nein, es stimmte schon. Das toar dasselbe Bild, das er in Heidelberg in seiner Studentenbude hatte. Da stand er selbst mit Fritz Martin und zwei anderen Freunden in Nerlarsteinach — über ihnen die dunkle Silhouette der vier berühmten Burgen nnd zu ihren Füßen der Neckar mit seinen lachenden Ufern. Jrgendein sröhlicher Wundergenosse hatte das muntere Bildchen auf einem Studentenanssiug aufgenommen Erregt wandte er die Photogra vhie um und las: Souvenir de mon preinier seniestre is Heidelberg. Juillet 1913. Fiederic Martin. Jrederic Martin, so nannte er sich hier; aber in Heidelberg· im frohen Studentenlrei5, hieß er nnr der Fritz. Ein lieber Geselle war er gewesen — immer der erste, wenn es galt, einen »Streich anszuherlen —, ein guter zLautensänger mit einem Schatz voll der tollsten deutschen und französi schen Lieder. Ein Franzosentopf mit einem warmen, überfprudelnden Her zeu. Sie waren gute Kameraden gewe sen« Hatten sechs Monate zusam men gezecht nnd geschwärmt. Gott, wie weit die Zeit zurücklag —; die Zechereien im Pater-, die Bummel zur Mollentnr, die melancholischen Mondnächte im Schloßhof, wenn die Mandelbänme blühten nnd dnste ten . . Nun lam es Lijders auch wieder in den Sinn, daß Martin oft vom Landhaus seiner Eltern erzählt hatte es läge so schön zwischen Wiese nnd Wald in der Nähe des alten Städt chens c-. Er hatte ihn auch einmal dahin einladen wollen. Aber dann war Martin nach Straßburg ans die Universität gekommen. und die Einla dnng war ansgeblieben. Und jetzt lag der junge Mediziner im Zimmer seines Kameraden, nnd in dem Haus, das ihn als Gast hätte sehen sollen, war nach ihm geschossen Hwordenl Driiben zwischen Martins zBiichern stand fein durchschossener Helm. Wie seltsam launisch und nn »berechenbar das Leben doch war! Wo Fritz jetzt nur stecken mochte? Jn Frankreich. So verhielt es sich wohl. Aus dem einstigen Freund war ein erbitterter Feind geworden. Eine tiefe Wehmut schlich in das Herz des Studenten. Er gedachte eines Liedes, das er oft im frohen Kreise mit den Kommilitionen gesun gen hatte: »Die einen, sie weinen — Die anderen, sie wandern —- Jn Lust nnd in Leid —'· Die anderen« sie wandern. Zu diesen anderen hatte Fritz Martin ge hört. Noch eine Weile zog vor Liiders' Blick Erinnerung cm Erinnerung Dann aber, weil er sehr miide war schlief er ein: schlief ohne Träume sechs volle Stunden, bis die Wache ihn weckte. Und als er aufwachte, vom Raben erquickt, dehnte und reclte er die jun gen Glieder. Der Säbel klirrte in der Scheibe. tfr war wieder der Soldat, den es zn neuen Taten drängt. - —- Villigeg Verlangen. Gast lznm stellnen der eben einen Braten auftrng): »Du sollten Sie aber doch wenigstens gleich eine An weisung mit nnftragen, wie man die sen Knochen etwas Fleisch abgewin nen lann.« —— Immer Fachmann A.: .,Sind alle acht Töchter des Herrn Reddmann von so tndellosem Aut ßeren wie seine beiden ältesten?« Zigarrenhiindlert »Nein, es sind einige Feblsnrben batnnter.« s — Sein Traum Jolsn Ballen witd’s am Kannl so brenzlich daß er mit seiner Insel nach dem Mittelländische-n Meer gondelL —- Drncksehler. Mit Schrei ten bemerkte der dictte Studiu, daß er sein ganz-s Vermögen verbraucht butte. Z