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About Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918 | View Entire Issue (June 3, 1915)
III III- ss EIN Von Wirt Matten-D MS ich vor einigen Jahren in der Nähe ron Dresden lebte, sagte sich unvermutet unser Vetter Gaftvn de Same-se bei uns an. Ich hatte bis her nichts weiter von ihm gewußt, alr- baß seine Großmutter, eine Deut sche, vie Schwester der meinigen ge ien mar, nnd daß er als Colonel ein JnsanierieiRegiment in irgendeiner leinen Stadt der Provence lern mandtertr. Wie er mir schrieb, wollt er mit seiner Familie den Winter in Dresden zubringen, um endlich einmal seine Verwandten ten nen zu lernen und sich zugleich in der deutschen Sprache zu vervolllonnns nen. Es war Ende Oktober, da holte ich ihn cnn Sage ab. Zu unserer Verwunderung nnd zur großen Hei terkeit der Menge entstiegen dein Ab ieil drei nbenteuerlich ansgesiattete Nordpolfahrer. Gestan. seine Frau nnd fein vierzehijiihriger Sohn wa ren nämlich bis über die Ohren in lange, zottige Anwmobilpelze ge hüllt, trugen hohe. warmgefiilterte Schaftiiiefel und spihe Olterfellmüi zen. Nachdem sie die überhisten Ge sichter aus der Vermummung heraus geschält und sich der Fausthandschuhe entledigt hatten, begrüßten sie mich mit angenehmer Herzlichleit nnd äu ßerienjhre Ueberraschung darLben Ns lvtt tm Petvsl seyn wrao Mur me statt zwanzig Grad Kälte hätten. retlagten sich aber bitter über die s nöt ti««.)en Blicke des deutschen Publikums, unter denen ihre Pelze von der Gren ze an bis Dresden ununterbrochen zu leiden gehabt hätten. Wir wurden bald gut; Freunde; anch Stadt und Land getielen ibnen mit jedem Tage besser-. Immerhin dauerte es eine geraume Weile, bis sie sich tät-erzeugten daß das Königreich Sachsen eigentlich mehr Aehnlichkeit mit Franlreich hatte als mit Libi rien. Madame zum Beispiel war au ßer mit dem Zettelpelz, der nun als überflüssig im Schrante hing, nur mit zwei derben, braunwollenen Haustleidern ver-seyen —- vom billig sten Schnitt, um unter der deut schen Frauenwelt nur ja nicht als herausgeputzt aufzusallens —, ihr ein ziger Hut schien eher aus Rottbus als aus Paris zu stammen, und auch Gaston selbst trug ein wahres Räu ber-Zioil, dem nur die unvermeidliche Rosette der Ehrenlegion eine gewisse exotische Würde verlieh. Sie wun derten sich sehr, daß es in Deutsch land bebagliche Wohnungen, ia sogar glänzende Paläste gab, und daß man in den billigsten Wirtschaften even so gut oder vielmehr besser speiste, als in den Restaurants des südlichen Frankreichs Wir tamen satt täglich zusammen. Nicht ohne patriatischen Stolz führte ich meine Gäste in den Straßen der Stadt und in den hübschen Willen Vororten spazieren- Auf Iouren ins Elbsandsleingebirge bewunderten sie die blinkenden Ortschaften, das idyl lische Schandau und die drohend hingelagerte Feste Königstein Als der Member lam. waren die San tdse in der Dresdener Gesellschaft schon wie zuhause, überall mit voll-» kommenster höflichteit und gastlicher Sitte aufgenommen, und als drüben bei uns aus der Loschtoitzhöhe die Ro delbahn in Betrieb kam, da sauste der lustige Lucien, der überhaupt noch nie mals Schnee gesehen hatte, mit sei nen deutschen Schultameraden jubelnd zu Tate. Die deutschen Amiisements, so beteuerte er immer wieder, seien wunderlichertoeise bie schönsten von der Welt. « Bot allem fesselte den Colonel na türlich der Anbliet unserer Truppem Jn den ersten Tagen spöttelte er . Die Mannschaften waren ihm zu ungeschlacht, die Ofsiziere zu her risch. Eine Parade, der er in unse ihrer Gesellschaft beiwohnte, stimmte ihn schon nnd-deutlichen wenn ihm auch der Sinn eines strauunen Pa rademar chee durchau- nicht einleuch tend-tin Alserdannaber ein zelne Ofsiziere personltch rennen lernte, sich über militärische Fragen offen mit ihnen aussprach, die Raser nen besuchte, dem Ausbildungsdienste zusah, da veränderte sich binnen kur zem sein ganzes Wesen. Unter ber Decke von franzbsischer Blagae und Selbstzufriebenheit kam ein ernster. gegen sich selbst wie gegen seinen Beruf sehr strenger, nach Vollkom menheit strebenber Charatter, eine durch und durch soldatische Natur sum Vorschein. Es packte ihn eine wahre Gier rsach immer neuen militärischen Ein drücken und Erfahrungen Wo es etwas vorn bunten Rock zu sehen gab, da war ver Colonel de Santeze zu »Ich bin kein Spion!« pflegte er stolz zu betonerr. »Ich besise einen Paß von ber Botschaft und habe mich beim Stadtkommandanten gemeldet Abet allei, was nur erlaubt ist, will ich sehen von dieser merkwürdigen Traben-sacht «'de rette foeae earieuse et Mir'. Ich bitte M. stellt mich sor, siibrt mich ein, Iso es im mer sur msglåtgs ist« sit ging M, was in ern Wir n s- ibs zustehe besonders aber, seit es umseht-a im Frieden sich empfiehlt, Besitzes-w die eine tappen-nacht nnd überlegene Kntinr vor Augen zn siitzeen Ein Erlebnis dar altem schien es silzin angetan zu haben — denn ein Erlebnis war es in der Tat siir ihn, —- es erregte ihn so hestig, wie ich es nicht sin ntögiich gehalten hätte. Der Komm-Indem des Echiitzenregii mentes hatte ihn zu einem größern KasinosAbend eingeladen. Da saß der Celonel im Kreis- der Osiiziere. die Regiinentss ssiapelie spielte, Reden wurden gehalten, bei allein zurückhal tenden Takt nicht ohne tiesere Bedeu tung; er tat einen Blick in den Geist des deutschen Windher das er als Nationalist dpm reinsten Was ser daste. nun wider Willen bewun dern mußte nnd wohl von diesem Tage an zu fürchten begann. Bei der zweiten Flasche Seit brach sich das nerväse Temperament des bei al ler Klugheit so ossenherzigen Ge siihlsmenschen pldslich Bahn. Sein anfangs leichtes Giplauder ging in lebhafte Rede über, steigerte sich schließlich zu leidenschaftlichen An tlagen —-— Antlagen gegen die eigene Armee. Gaston de cantesze delannte Esich als Novalist. als guten Ratt-eli ten und als eiseigen Anhänger der Militärpartei. Er ironisterte die Re pubiit mit ihren schwarzrdckigen Kriegsminiftern, sprach erbittert von ziien sozialistischen Generalen, mit de Inen et sich herumzuschlagen hätte, wie Isie ihm den Besuch der Messe ver Iisieten wollten als einer Demonsirns tion gegen das kirchenseindliche Staatswesen wie sie ihn als verdäch-» tig frommen, unvellstiimlichen Ari-" Estotraten nach dem Süden straft-er est und ihm nur sehr ungern den Elllr aub nach Deutschland bewilligt Ehätten. »Ihr dagegen«, rief er in» Ezorniger Klage, »Ihr habt Euren EKaiserS Jhr hcdt den Esprit de Carus Jhr habt die unerschüttersk Eliche Disziplin der Mannschaften. Euer Valt hat noch den Glauben an sGott und die eigene Kraft — mit ei nern Wort: Jhr und Euer Ball hath ialle-.s!'« — Alle-it- Was verstand er Edarunteri Run, dies eben war es.l itvas ihn so erschütterte, ohne daß er das Letzte und Hochste aus-zusprechen Ewagte: Ihr habt dereinst die Gewähr des Eiegesl E «- - . E , Es war Ende November vorigen! JJahres im vierten Kriegsmonat, das Ihielt ich mich wieder siie einige Tages in Dresden aus. Ein Majoe vaenE Kriegsministeriurm den ich tannte, sagte mir gesdrächsloeise, daß er in den nächsten Tagen auf dein König-" stein dienstlich zu tun habe Z Und wissen Sie auch· fügte ers jhinzu, »wer jetzt dort oben mit den andern französischen und rusftschensk Dfsizieren gefangen sitt? Jhr Vetter, der Colonel de SantdzeP Nicht möglich! Scherzen Sie? Liegt auch kein Jrrtucn vari« »Im Ernst! Jch habe mich auch schen vergewissert und unsere Listen iachnials nachgesehen: Calonel Gastan ae Santkze vorn 160. Jnsanterie-Re gitnentx leicht verwundet, gefangen bei Armentietes.« »Kann ich ihn besuchen?« :Will sehen, was sich tnachen laßt. Es ginge höchstens in meiner Beglei iung.« Der Besuch wurde mir gestattet, unter der Bedingung. daß ich dein irspizierenden Major nicht von der Seite wiche, mir die Kontrolle des Be suches gefallen ließe — Ala wir von Ders Königstein den steilen Weg zur Festung hinausllotns men, überschlich mich ein zwiespiiltii ges Gefühl des Mitleids und der Genugtuung. Vetter Gaston hätte sich das dar drei Jahren gewiß nicht träumen lassen, daß er seine Partie in die Sächsische Schweiz sa un freiwillig wiederholen Mitbe. Nun war er erst in Wahrheit unser Feind, wenn auch nur in einein fet nen politischen Sinne —- als liebens werter Mensch uin so mehr zi« bedau ern. Düfter stieg über dem dichten Zith tenwald der langgestreckte, maifigh Standsteinbloa auf mit seinen Kasse-» matten seinen tegelförmigen Wachtsj türmen und dem tahlen grauen Häu sertrait, hinter dessen bergitterten4 Fensterehen sich nun die herren Rufs » ten und Franzosen über ihr ver-J hängnisvalles Bündnis unterhatten tonnten » Auf dem Waagang längs der fiar-J ten, steinernen Brustwehr butnnieltenz sie paarweise, die hände in den lPurnphose n vergraben, schwaßend hin und her, oder standen in Gruppen bei einander auf der wellig erhdhten Grasfliiche des Plateaui, halb gelang Iweilt und halb sehnsüchtig hinab in das von Flößery Zillen und Vergnü gnngsdampfern froh belebte Ell-tat blickend Der Colpnel de Santåsze war mit einem Kameraden gleichen Rangez in einein Zimmer der Geargenburg, des ehemaligen Staatsgefiingnisses, nn Itetgebraiht ,;Die her-ten haben sieh wahrhaftig nicht zu beklagen,« bemerkte lächelnd .der Major. »Sie wohnen ans kont fortabeL Von den Genera hat je der sogar sein eigenes M nebst anfmertiamer Bedienung.« Und den nach fiihlte tth mich nun iaii beschämt, .nnsetm guten Gasen in feiner iexn" sen Lage gewissermaßen mit der S qeriniene en utretein l Gewiß- ee reine sich- mich nieder Zusehen est wenigsten- höflich-mis fo, als ei ej then etn aufrichtige Berg-tilgen wäre. aber ich merkte da slei sofort, Iß es tnn ihn stand: das "er völlig siedet-gebrechen war. Tod« müde, alt nnd grau geworden. schleppte er sieh oorwath stand dann auf einen Krückfton gestiist lahm »und gebeugt vor uno und hatte Trä nen in den Augen » Berbindlieh lud ihn der Major zum Sitten etn Der andere Colonel, im Hintergrunde des Zimmera mit feinen Briefen befchäftigt, entfernte sich rücksiehtsvolL sobald er bemerkte, daß es sich um einen Prioatbefuch handelte. Jch erkundigte mich nach dem Be finden feiner Familie. Er hatte über Genf Nachrichten den ihr; fie befand sich fest in Nizza, lediglich wohl. »Ach —- aber mein Lucien, mein Kleiner-, mein Einziger!« fügte er, mit den Tränen teimpfend, hinzu. »Ich werde ihn vor Friedensfchluß nicht wiedersehen, vielleicht auch nie mals, niemals wieder! Er gehört nun fchon zu den Siebzehnjährigen nnd muß zum Frühjahr mit den lehten Reserven ins Jeth .Vielleicht wird es nicht fotoeit lormnen«, perfuchte der Maer zu trö sten. »Auf beiden Seiten hoffen wie ja, daß es vielleicht schon vorher zutn Frieden tornmt.« Gatten schüttelte hoffnungslos den Kopf: »So rasch wird sich unser» Zsranlreich nicht ergeben. .L!s wird« tarnpfrn bis zum lettzen Mann-« « »Und ihre Verwundungt« lentte ich ad, auf den lahmen Knochel deu tend »Nicht der« Rede wert. Jch freue mich, daß ich wenigstens nicht ganz unverletzt-in die Hunde des Feindes gefallen bin. Die Schande wäre sonst noch größer gewesen« J »Es ist teinr Schande. . .« i »Du doch —- oy doch! Ein now-l mandeur an der Spitze seines Regt-s ments. . .! Bis zum äußersten, bisll zum letzten Blutgtropsen hätte man! sich wehren inufsenl Wir warens umzingelt. . . trotzdem Wäkk es noch möglich gewesen, wenn nicht. . . wenns ich in mir selbst. . . aber ich wills es Jhnen erklären; denn Sie, meins Herr Vetter, haben. wenn ich ers recht bedenke, auch Jhr Teil dazu hei-’ getragen." »Jcht! Ein harmloser Zidilifi?« »Ja, Sie! Sie als der gesättigt Freund und Führer, der mir die Be kanntschaft mit Deutschland und dem deutschen Militiir so eifrig vermittel te! Beachten Sie wohl: ich wußte noch nichts von Ihrem Lande, bevor ich damals zu Ihnen kam. Jch konnte leider nicht Respekt haben dar dem Zustand der eigenen Armee, im merhin glaubte und heffte ich, sie sei ver deutschen noch ebenbürtig. Die sen heilsamenJrrtum hat mir der Umgang mit Ihnen, mit der deutschen Gefellschaft gründlich zerstört. Von dem Tage an, wo ich nach meiner Garnison zurückkehrte, war ich ver zweifelt —- ja, damals schon verzwei felt und niedergedrückt von Angst. Wenn je der Krieg kommt, so sagte ich mir, werden diese Deutschen« so wie ich sie kennen gelernt habe, uns til-erkennen überschwemmen sich ins uns verbeißen, hartnäaig zäh undl unerbittlich wie ein wundervolles wil-( des Tier. Jch sage: wundervoll, weil ich es —- qcht inva, leid-it — sp fiihltr. Denn dies ist das Schreck lichfte von allem. Jch habe mich in euer deutsches Wesen verliebt, so wie man Hals über Kopf, zum eigenen Entsetem in die Fallstriae einer Frau gerät, die man doch hassen und verachten möchte, ja· ganz w.e in ein fremdes rätselhaftes Weib, das einem auf einmal jünger, schöner, rassiger« ankommt als das eigene. Jch ge höre Frankreich mit Leib und Seele, ich bete sie an, meine geliebte Maiwu ne. wenn sie auch zurzeit noch die Jakobinermiize trägt; euer Deutsch land aber hat mich irregemacht an ihr. Und dann, als der Krieg lam, mitten in der Schlacht, da habe ichl ihr die Treue gebrochen und habe mich? euch überliefert — ohne Not. Es ist aus! sagte ich mir, als ich euch vor mir sah. Alles ist aus! Sie ist unwiderstehlich, diese Macht. Zweck-» los, sich weiter ihrer zu erwehren! Sie ist schöner, gewaltigen sieghaster alt jede Macht der Erde. Jch liebel — ach ich tier sie, die meine Heini-ins ist! Schon lange gehört ihr meines ganze Seele; so soll sie denn auch» noch das Leste von mir nehmen —» was liegt daran! Es ist wahr, meine Kameraden hatten mich schon lange im Verdacht;sie warnten mich vor dem deutschen Blut in meinen Adern und fanden immer, daß ich mit unter driietter Zuneigung von Deutschland spräche. Aber das es nicht« Wie-J viele unter uns sind utscher Abstam mung! Nur wenn ie Deutschland und die deutschen Sol aten so tennen wie ich, werden sie ähnlich fühlen. . .. Kein andern aber tann so wie ich darunter leiden. Denn es ist eine Sehnsucht, die mich peinigt, ein ewiges heim-eh nach dem Lande« in dem ich nun gesungen bin.« »Sie werden zurücktehren nach Wen Irantreich«, sagte leise der» or. . .Ja, ich werde und ich will. Die aber wird man mich eins-san t Man wird es wissen oder doch a , daß Iich mich ohne Rot ersehen habe, und wird mich denndmarten — vielleicht mit Recht. Und ich selbst werde mich nicht mehr achten können, weil ich allein weiss. wie schlimm ei Im lmich steht. Jch werde mein Vater land Frankreich verloren haben, nnd das andere in mir auf ewig unerreich bar! " s Ein innerlichej. tränenlosei Weinen ichiittelte seinen armen, adgezehrten Löwen Erbarmnngiwiirdig erschien Hmir dieser ehemals so stolze ehren seste Ossizier, der in einem tiefern ISinne gelangen saß als irgendeiner Fseiner immer noch ganz Jus-ersichtli Jchen Kameraden. Wir wußten ihn inichts mehr zu sagen, schüttelten ihm inne stumm die hand nnd ließen ihn sallein mit einem sassungmllen sGrann — » »Er ist übrigens nicht der einzige seiner Art', sagte draußen mein Be gleiter zu mir. .Jch habe schon »nmnchen Gefangenen gesprochen, der, wenn auch unbewußt, Deutschland mit Tgleichem Interesse und mit wachsen der Zuneigung betrachtete wie dieser Colenei. Dort in den Schüyengräs Hben, in ihrem eigenen Lande, sangen sie bereits an, sich mit den Unsrigen zu verbriidern. Fast hat es den An schein, als würde die rappeltöpsige Marianne doch noch Vernunft nn nehmen; dann könnte aus den beiden seindlichen Nationen später einmal so-I gar ein glückliches Paar werden« ; Messikieleh Stim- eson M. v. Mühenielgz Jrn tleinen Thüringer Villenstiidti chen standen zwei helle. freundlich augschauende Landhiiuochen dicht ne-» beneinander. Die Gärten waren nur« durch einen Drahtzaun voneinander getrennt. Die Zweige der Bäume neig ten sich von einein Garten zum an dern. und die Kletterrosem die zu beiden Seiten des Drahtzauns blüh ten, verrantten sich untereinander und schmückten beide Gärten. Man hatte das Gefühl, als seien diese beiden Häuser Schwestern; es war, als ob sie von desselben Bauherrn band ge schaffen sein müßten. Man sreute sich der großen Harmonie, die von ihnen ausströintr. Jn Wahrheit gingen die zwei Häu ser einander aber seit langem nichts mehr an· Frühet, als die beiden Männer, die gemeinsam das Grund stiirt tausten, es unter sich teilten und die Schwesterbauten errichten ließen. noch lebten« da war ein reger Ber tehr zwischen den zwei glücklichen jungen Waaren, die sich hier ansiedel ten, gewesen. Die Männer hatten ge meinsame Geschäste, und die zwei jungen Frauen liebten einander zärt lich. Sie ergänzten sich in allein; sie lieb ten sich inniger als Schwestern sich lieben können. Eine jede wußte im Hause der anderen wie iin eigenen Bescheid. Das Schietsal selbst schien sie auch als Schwestern anzusehen, denn Jahr um Jahr verteilte es seine Gaben gleichmäßig in beiden häuserm Beide wurden Mutter; beide hatten sie et nen gesunden, dunkeliiugigen Jungen. und zwei Jahre später trug jede vo-. ihnen das ersehnte Töchterchen nn Arm. Dann tanten dunkle Zeiten. Frau Ernac Mann, der an einein schnee reichen Wintermorgen zur Stadt ge ritten war, wurde am Abend all Leiche nach Hause gebracht. Der furchtbare Schlag machte die Freund schaft noch tiefer, wärmet und inni ger. here Martin ward Vormund von Ernaz Kindern und oerwaltete ihre Geschäfte. Die beiden Frauen trennten sich taum noch, und die Kna ben, die längst zwei wilde, pausbiits tige Schiingel geworden waren. hin gen mit größter Zärtlichteit aneinan der. Das Trauerjahr ging siir Frau Erna langsam zu Ende; da besann sich das Schicksal daraus, daß es nicht ganz gerecht gewesen, wars den fun gen, lebenssrohen herrn Martin aus ein schweres, schmerzhaftes Kranken lager. von dem er sich nicht mehr er heben sollte. Die beiden häuser blieben äußer lich hell und lustig; aber drin in den Räumen wohnte tiesei, tiefes Leid. Not und Sorgen blieben den jung verwitweten Frauen erspart. Die Männer hatten treu sür sie gesorgt. Aber das Leben begann schwer und eintönig zu werden. Saßen sie zusam men, so sprachen sie oon ihrem Schmerz. Die Lieder der einen waren verstummt, und der früher so rege Geist der andern drehte sich nur ums die eine Frage: s »Warum hat Gott das geschehen» »Juki« s Die Kinder wurden größer. Dies Knaben erhielten einen gemeinschaft-l lichen Lehrer, der ihnen die Anfangs-; griinde beibringen sollte, und dieseti Lehrer war es, der den beiden Frauenl das Beste, was sie außer ihren Lin-! dern hatten, nahm: die treue, gutes Freundschaft zueinander. s Sie hatten et beide selbst gwashi das Frau Ernai Sohn ein Yiller» ernsten etwas streberhaster unge! war, und ebenso hatten sie gewußt« dein tleinen Martin zuviel Phan-: ia «e, zuviel Fröhlichkeit mit aus dens II Oberåmtggbenqtveäe Sie-Chai-; au g br n, ten’ beraten, spie sie es rna scientes-J daß dem einen der fehlen Irohsinmj Ideen anderen der mangelnde M lbeiaebracht werden könne und jede der beiden Miitiet hatte treulich ge sucht, gerade aus den Sohn der an Idern erzieherisch einzuwirken Bis dieser sresnde Mann sich ewi schen sie stellte, bis dieser Mnnn, der sich mit seinen piidagsgischen Kennt Inissen briisiete, das Gift in die See len der Frauen gos. Der ernste, sirederhaste Junge war sein Iall; dein sagte er eine gute Zu lunst verant; site den phantasiebes gnbten sah er schwarz. Mochte er nun ein guter Pödagoge sein oder nicht —- ein guter. duldsa mer Mensch war er aus reinen Fall, denn statt auszugleichen und zu ver mitteln, zog er den einen an sich her lan und würdigte den andern zum sriiudigen Schaf herab. s Die Mutter des tugendhasten Jun igen sah plötzlich voll Angst aus den ;Spielgesährten mit dem allzu heile ;ren Sinn. Jhr wurde bang. War ed nicht möglich, daß böse Keime in der ’jungen Seele steckten, die sich aus ihr Kind übertragen lonnten? Und die Mutter des fröhlichen Knaben blickte voll Mißtrauen aus den ehrgeizigen Jungen. der das Ziel hatte, ihr Kind zu Boden zu drücken, um sich selbst einen Höhenweg zu bah nen. Die Freundschaft war aber zu echl und tiesz sie ließ sich nicht im Au genblick erschüttern. Beide Frauen lit ten, aber beide beherrschlen sich und ließen den Paduas-gen drei Jahre sei nes Amtes walten. Dann kam der schlimme Tag. an dem der tieine Martin träneniiberi strömt zur Mutter gelaufen kam. Freund und Lehrer waren iiber ihn hergesallen und hatten ihm gesagt, daß nie etwas aus ihm werden tön ne, und der Freund war piöhiich tait und hochsahrend geworden und hatte mit dem Lehrer einen Blick getauscht, der dem warmherzigen leicht erreg baren Jungen die Besinnung raubte. Er hatte um sich gehauen —- biind, wütend gegen Freund und Lehrer — und nun tniete er bei der Mutter und siehte: »Laß mich sort von hier! Ich bitte dich, tu mich sort von hieri« Der ileine Martin war an jenem Tage iu de- Tat das räuvigk Schaf gewesen, das ließ sich nicht verleug nen, denn er hatte die Hand gegen den Lehrer erhoben. — Diese Tat sache hob sich drohend gegen ihn aus; das, was vorangegangen sein mochte, hatte hier teine Gültigteit. Die betämmerte Mutter tat, was ihr Junge sich erbeten hatte: sie trenn te sich von ihm und brachte ihn in das Haus eines Geistlichen in der Stadt« wo er die Schule besuchen sollte. Sie riß sich den Jungen vom Her zen », aber mit ihm noch cui-as an deres, und zwar die Freundin. Auch die brachte ihren Sahn in eine Stadt, denn beide Frauen haß ten instinktiv den, der sich zwischen sie und ihre Knaben gestellt hatte. Von nun an gab es tein hinüber und herüber mehr zwischen den bei den Häuserm Die tieine Psorte im Zaun, die man des leichteren Ver kehrs wegen hatte anbringen lassen, hiieb geschlossen, und bald eantte sich der Eseu so dicht darüber weg, daß der einstige Zugang zwischen den Rachbargiirten völlig in Vergessenheit geriet. Lastend lag die große Bitterkeit auf dem blühenden Stückchen Erde, auf dem die ztrei hellen Häuser stan den. Die Feindschaft war da, aber ek- tvar eine Feindschaft, die nicvt aus tiefsteni Herzen geboren war — teine Feindschaft, die notwendig und darum richtig gewesen märe Zon dern es war die Feindschaft, die durch den Dritten in ihr Leben geichleudeU war, und die nicht alles vernichten konnte, was einstmals an guten Ge fühlen in ihnen gelebt hatte. Wenn die ernstere Erna an die einst so fröhlichen Lieder ihrer Nach barin dachte, tat ihr das herz weh vor Verlangen, sie noch einmal sin gen zu hören, und Frau Martin sehnte sich nach dem guten Rat und dem herzlichen Trost, den sie ost bei der guten Freundin gesunden hatte. Die Jugend nahm leise Abschied von ihnen; Frau Erna trug da haar glattgescheitelt und ein harter Zug lag um ihren Mund. Frau Mar tin weinte diel und grübelte über ein verlorenes Leben nach Eine jede von ihnen sehnte sich von Jahr zu Jahr heißer nach der andeinz jede von beiden sagte sich: würdest du ej liber dich bringen und zu ihr hiniidergehen, so würde sie dich mit tausend Freuden empfangen. Aber ihr Eigensinn, den sie Stolz nannten, hielt sie beide von einem guten, vernünftigen Weg zurück. Die Jahre flogen immer schneller zdahinz aus den Knaben waren Jüng linge geworden· und jeder von ihnen ging in seiner Weise einen guten, ge raden Weg. Sie waren hoc-gewachse »ne, kräftige Menschen, auf die die Mütter mit Stolz hinsehen durften. ;Sie waren beide liebenswürdige und nie Menschen, aber sie lonnten den i g Weine-aber nicht mehr finden. Der n eine Drahtzaun, der die zwei Gärten voneinander trennte, schien zu einer hohen Mauer geworden zu sein. , Ein heiser Sommer war ins Land Gesange-, — der levte ihrer Schul zeit. Rath ei- iurzer Winter, dann sparen tie frei nnd traten ini Leben sind-sk D ji kam siihlings in die Welt dir pl fiche Wendung. Ersi schlug ei wie-leise plätschernde Wellen an ihe Ohr-, daß oatn Krieg die Rede sei: sie lasen davon, aber sie glaubten nicht daran; sie dachten nicht einmal darüber nach. Dann fingen die Knaben an, auf zuharcheru Das schien doch ernst zu werden· Und sie liesen aus ihrer Ein samkeit heraus zur Stadt, um Nat-e res zu erfahren. Das herz war ihnen voll, als sie am Abend, jeder siir sich, zurücktrat ten. Jrgend etwas drängte sie zuei nander hin — irgend etwas war weich und gut in ihnen geworden. Jeder hätte mit tausend Freuden dem andern die hand gereicht, aber die jahrelange Gewohnheit des Sichmeis den« war zu start geworden. Einen sehnsüchtigen Blick wars jeder nach dem Garten des andern und ging zur Mutter ins haus. Und dann ward das, was noch wie bange Ahnung in der Lust geschwebt hatte, zur furchtbaren und zugleich zur berau scheuden Wahrheit. Das Herz der beiden jungen Men schen aus den Nachbarhiiuieru war zum Uebersließen voll. Ein heißer Tag lag hinter ihnen. Die Schulen hatten Noteramina gewahrt; nun mußten sie zur nächsten Garniion und ihre Dienste anbieten. Abend war es, und der sunge Martin schritt, in tiefe Gedanken ver funten, durch den Vorgarten, der deide höuser verband. Aus der Tür des Nebenhauses trat Ernas Sohn, sah den ehemaligen Freund, stuhte, wallte ins Hau: zuriirt und ward ge stoßen, gedrängt ddn einer unsichtba ren Gewalt. Und ebenso der andere. Und stehen sich plöhlich gegenüber, und ihre blinde umschlingen sich in festem Druck. · Martin fragte stockend: »Wi- mel dest du dich?« und in zwei Minuten sind sie :inig: sie gehen morgen mit sammen zur Garnison. Die Mütter haben un den Zen stern ihrer Wohnstuben gesessen und haben gesehen, was zwischen den jun gen Leuten vorging. Heiß tlapste ihnen das Herz; Trä nen traten in ihre Augen. Gott —« a Gott —- foll das mög lich seini Und Frau Erna steht mit zittern den Knien von ihrem Fensterplah auf. Es hat an ihre Tür getlorft. Ia lehnt die Mutter des jungen Mannes an der Wand, das Tuch an den klu gen und tann nicht reden. Zwei weiche Arme umschlingen sie; Worte sind nicht nötig Jahre des Friedens sind hinge rauscht und tonnien den langen Krieg in ihren Versen nicht enden. Nun erdehet die Welt irn Krieg, und sie haben den Weg zum Frieden gefunden Heil und lustig liegen am nächsten Morgen die beiden häufer im Son nenschein. Ernae Sohn und der jun ge Martin schreiten Schulter an Schulter den grdfzen Weg, den das Vaterland ddn ihnen fordert, dahin, und die blonden Mädchen plaudern miteinander. Die beiden Mutter sehen ihren Söhnen nach; die band der einen liegt in der der andern. Durch die Welt hallt der Krieg. Jn ihre Versen aber ist der Frie den gezogen. --——-«—-—7-. .—.-—— Ich hats einen Kameraden Wii schwangen die Jenseit un Eva-scie XII-usw« Mejn Finnierad voran Ta schlug die Trommel im Vernika Land: 3ui Fahne Mann sur Mannl Wir stellten uns freudig in Nein nnd Glied lind ichnlimkn dass Gewehr Und sangen der Heimat km lenke Ied Von Abschied und Wiedersehn Wir hielten zusammen in meines-km Strauß Treu brüderlich, Seit« an Seid Und einer sprach dem andern aus Des Herzens Gastlichkeit Da zog heran die moderne Schlacht Tes Todes Beute war schwer Und schlummerte- lag ich di« ganze Nacht: Tas Lager des Bruders war leer ) han« ihn begraben —- er iii dahin« er treu zur Seite mir schritt Ec- will mir ein Wörtlein nicht aus dem Sinn: »Eure-n bessern findit du nii'·.'· —- Triiiiger Grund. III-: »Es wäre doch neii, wenn Deine Gattin auch Karten spielen letnie.« B. .. »Um Himmelewillen — wie langweilig file mich! Ihr gegenüber müßte ich immer Jlein beigeben«.« —- Kinderniund. Mutter: »Ich habe Dir doch gestern ein Zeh nerle aefchentis Du sollst artig fein, und Du bist doch wieder ungezogen gewesen« chem »Ja, Matna, ich lasse mich eben nicht bestechen.« —- Reiv. Der Noaelbauer schaut ge wie am Buchenrain das dort ent ckie Gerippe eines vpesinlfluilichen Riefentieeei ausgegraben wird. Sa xendi«, murmelt er neidisch, Juni-: damals Kalbsharen geben daW