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About Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918 | View Entire Issue (April 16, 1915)
Staats Anzetger unld II set-old Sonntags-Matt des Gdesln61.Apri ssis sites sie-. Stizze non Else Reisst Et hatte ihr am Friihstiickstisch von der Morgenzeitung nur die Bei lngen überlassen Da leuchteten ihr die sett gedruck ten Buchstaben förmlich einlodend entgegen. »Erössnung der Weißen Woche... Eintan von Wäsche jeder Art in der denkbar Jesnsten Ausführung Spe zialität: seine Diener Spidenwäsche.« Eine ganze Weile saß Frau Lotte niäuschenstill und-las. Ihre Wangen glühten, ihre Blicke toeiteten sich, und ihre Augen wurden no blauer und heller, wie sie itn Gran e genommen schon waren. Und ioie ein Regen aus irgendeinem plötzlich ossenstehenven Märchenlande ergoß sich über sie ein weißes Geriesel ans Bcktisi Spihen und blaßblauen Seidenbiindern, schmückte ihre Jugend-, schmiegte sich nm ihren Körper, un silllte so man che Lücke ihres großen Wäscheschrans les init wundervollen Schätzen »Walter«... sagte sie endlich ver klärt und sliifternd. Er hörte nicht sofort. Er halte auch heiße Wangen und glänzende Augen. Aber seine Gedanlen wanderten ganz andere Wege. Sie waren im Fein desiand bei den deutschen, Eint-sen den Brüdern, die. gesegneter waren als er und die mit ihrer Treue und ihrem Leben dasiir einstanden, daß die geliebte, heimatliche Erde deutsch blieb-» »Walterlein,« sagte sie darum noch einmal lauter und sit-ingeniöser Jeßtshod er den Kopf. «Na, was denn, Grete?« Sie atmete tief auf, hob sich, legte beide Arme um·den Hals vor sich und küßte ihn. »Du . . . 'ist schon wieder Februar!« »Ach nee.'« sagte er, sle sachte, aber sicher von seiner Leitiire sortschiedend. »Ja... und weiße Woche, Schuß da liest bloß mal... Nie vorher dagewesener günstiger Vertauf von Wäsche jeder Art.'«...» , A Jetzt war er schon wieder ganz in seinem Feldpostbries aus einein deut schen Zchiißengraben. Er hörte abso lut nichts. . Als-er da lam ihr Mund schon wie der, der so siiß küssen lonnte. ; »Sei doch mal endlich nett, Waltersj lein. Du mußt doch gleich ins Zion-I tor. Du brauchst doch nicht alles dop pelt und dreimal zu lesen, wag oon diesem schrecklichen Krieg handelt. »Ich fühle wahrhaftig mit den ar nsen Soldaten da draußen im Sehnens aber ich tue doch schon genug fiir den; Krieg. habe ich nicht erst auf alle« Weinnachtegeschenle zugunsten der» Krieger verzichtet? habe ich nicht geil striat, gestrickt die zur Bewußtlosigs reit, habe ich nicht siirs Vaterland täglich Kriegibroi gegessen, obwohl ich immer Seil-schmerzen davon lriege all-» ich dringe schon Opfer genugl Liedes Walterleini Einen einzigen lumoischen Hundertmarlschein ..... oder wart mal... zwei vielleicht wirst du doch wohl noch für deine Frau übrighaben, wenn es sich um so praltische Sachen wie Wäsche han delt, die man ietzt in der weißen Wo che halb geschenkt einiaufen kann Ader ich weiß ja schon. meine Wün sche lommen erst zuleßt... und du.« . . . «,.Na, na,... aber Gretelein Puppe... nun fange bloß nicht noch an zu weinen! Jch war eben so froh als ich don den neuen Siegen las da draußen. Und nur... nur dei hald... weil wir wieder ein Stück vorwärts mit unsern prachtvollen deutschen Jungen getomnren sind... nur deshalb sollst du auch froh sein. Hirn-. laus dir, was du brauchst» lause dir. was du willst.« Wie gut sie aufsangen lonntr. Ein blauer und ein roter Kassenschein Hundertsiinssig Marl... das war anständig von Walten Sie lieh ihn eine ganze Weite vor Seiigteit nicht tos. Aber über seinen dunklen Kopf hinweg flatterte und zitterte ei schon wieder wie Spideni geriesei und biußbiaue Seide-wärt der... Tag-, Nachthemden». ein Prinzeßroet im Winter Schnitt-. und eine Morgeniakte aus getupftern Malt mit Vulenciennes... oh... Winter Iviirde ja in die Luft gehn vor Entzücken· wenn er sie darin sah . . . . Heute mitiag schon, wenn er nach Haufe tam, ipitrde sie Probe unsic hen nach Tisch. Vielleicht reichte es auch noch zu einer Optik-tinan die io tleidiarn und entzückend fest Mcde waren. Linie und rechts dicke Sei dentussen·.. einfach sum Küssen schön!... Weiter tvnr noch ieine Stunde im Geschäft, ais sie auch schen auf der Strafe stand. Aus beschneite Wege siel blanke Wintermorsensonne, spiegelte sich in dem Glase der Schausenster und be lrsnzte die herrlichleiten der weißen lWache, die darin ausgestapelt waren, mit gleißenvem Licht. Frau Grete hielt ihr hanbtäschYn mit dem Gelde zärtlich im Arn-. ie tleine Frau lies durch die hellen Stra ßen. als schreite sie mitten durch den IFMhlina. Ein paar seldgraue Sol daten, die an ihr vorbeihumpelten, Ihätte sie beinahe überlausen. Ganz jerschrocken sah sie in vie verlegenen, blossen Gesichter. Daß es heute sowas überhaupt gab... Bertvundete in Berlin... beinahe hatte sie es ver gessen in der großen Erwartung und» Freude der geplanten Eintäusr. J An der nächsten Straßenecle stockte! der Verkehr. Da mußte sie wartenJ bis der Schutzmann die Wagen vor-s überfahren ließ, die sich treuzen well-I Iten. s Frau Grete drangte bor, stieg gest gen jemand an, der seitwärts uin die Straßeneite bog, und starrte in das tief verschleierte Gesicht einer Freunsl din, die sie wohl Monate nicht mehr; gesehen. Schwarzer Krepp iiber dem? blonden Haar, schwarzer Krepp unter; dem dünnen. vermeinten Gesicht..«i »Mein Gott... Mariechen... bist? du's denn wirtlich?« fragte sie entfessU Die andere hielt wortlos die handl fest. die sich ihr so hastig entgegen gestreett. Und würgte... und schluck i ( l te... nnd lehnte sich schließlich ge fgen die hauswand, vor der beide Frauen sich getroffen. »Dir... dir ist doch... nicht je imand.« ge«... Frau Grete wagte das Wort nicht zauszusprechen vor dem Jammer der1 Janderen. Die nickte schwer. »Mein Mann« sagte sie. »Vor vier Wochen schon. Er fiel vor Loch-« Die beiden Frauenhiinde hielten sich immer noch. Und unwillkürlich dräng te die Witwe aus dem Menschenge wiihl fort und in die ssillere Neben straßr. »Dein Mann ist nicht mit · « nicht wahrf Grete vreßte die Lippen aufeinan der. Sie mußte jetzt wohl ttwas fa gen, etwas Tröstliches · .. das gehörte sich doch so. Sie wußte nichts. Sie dachte nur daran, wie glücklich die beiden Menschen gewesen waren in ihrem bescheidenen Nest da hoch oben im Süden Berliii5. Wie reizend die drei Kinder waren, und wie lange der Mann auf eine gute Stellung ge wartet hatte, die ihn sorgenlos aus tommen ließ mit seiner Familie... Nämlich-im April vorigen Jahres hatte er.sie gefunden. ·. in einem Ge schäftshause, das infolge des Krieges seinen großen Betrieb an Luxusge genständen einstellen mußte-» «Mein Gott-» Mariechen..«. das ist ja fchrertlich.·. das wußte ich ja gar ,nicht·" Die junge Witwe senite miide den Kopf mit dem langen Schleier. »Es stand nur in der Verlustliste. wir haben teine Llnzeigen fortge fchictt,'« sagte sie, wie uin Entschuldi gung bittend. »Ach·.. Grete·.. wo ich dich nun gerade treffe... Besuche machen tonnte ich nicht in meinem Leide. .. wenn du mal was hörst bei deinen Belannten, die etwas zu nä hen haben... oder du selbst... ein fache Blusen... Wäsche... ich habe ja sonst auch alles siir mich und die Kinder allein gemacht. Jch nähme es gerne an... es ist der Kinder we gen... die tleine Kriegspension reicht nicht aus... und der Chef meines Mannes tann nichts geben!... Mit Zimmer-Vermieten ist das ja ietzt nichts im Kriege, aber nähen.·. schneidern..— ich lann es ganz gut. Jch... ich möchte auch die beiden großen nicht aus der guten Schule nehmen, sie sind so begabt... und Heinz hatte so stolze Pläne mit dem Ltunaen.« . .. , Die Stimme brach-» Frau Grete war mit der einstigen Freundin aus frohen Mädchentagen weitergeschritten... ohne Ziel... stumpf und dumpf geradeaus. Ein Zerren in ihr... ein Schütteln und Brausen... so daß sie sich beinahe mehr an dem Arm der Witwe fest biett als biete an ihrem eignen. Sie wagte auch gar nicht wieder in das Gesicht neben sich zu sehen. Sie hatte es im ersten Augenblick zn ges-. nau betrachtet. Die schmalen Wan gen-« bie roten Augen« ber Mund... der einst to gern gelacht und-geküßt da oben in dem niedli chen Rest zweier glücklicher Men schen« Tiey Runen waren da rum... als ob et sich nicht lqtt nß... sit ob er sich Nicht öffnen durfte, um nicht die tiessie Rot sit veråciiien .be.. i ’ e a r ng durch die Weiße Woche, un- sicho Spisenwäsche zu tau sen. Sie aber träumte von Seiden biindetn. .. Luxus» Tand .. -. ,Ja natürlich... Mariechen,« sagte simsans leise und gequält, beinahe ewusztsein einer schweren Schuld ..,.wenn du siir mich nähen willst ...oh... ich weiß ja, wie geschickt du sit-was alles machst! Jch komme Regen zu dir . . . warte mal ... viel leicht heute nachminag schpq... unt-I dann sprechen wir Näheres darüber. Was-» was nahst du denn am lieb sten?«... ,,Ach«.·. Die junge Witwe lächelte unter Tränen. Alles! Gestein habe ich eini Dutzend warme Soldatenhemden ge-» näht . . . bloß . . . es bringt wohl nicht« so viel ein wie für Privnttundschast.I .Aber. . wenn du mal Nacht hemden siir deinen Mann willst. .; oder so hübsche Passenhemdem wie deine Mutter sie die so schön genäht hat damals... ich sticke auch gleich Monogramme hinein.«... Frau Grete hob jäh und rasch den Kons. Jhre Hände griffen nach dein Ledertiischchen .. . einmal . . . » zweimal... das drittemal gelang es. «Jch... ich... das paßt sich ja: schön... ich wollte gerade einkausen in der Weißen Woched.. Wäsche».l Mariecheni Wenn du sie nun nähenj willst? Da... hier ist Geld... duj mußt doch Stoss einkausen.«Aber...» aber nimm nicht so dünnen... viel-T leicht verschente ich auch mal an mei-1 nen Frauenverein etwas Wäsche...i und» . es hat auch nicht solche Eile ...Mariechen... Nur weil ich das Geld gerade da habe... und... aber so nimm doch... vielleichts brauchst du gerade was für Lebens mittel oder Schulgeld... denn das hat wirklich Zeit mit der Näherei siir mich . . . wirklich, Mariechen.« d« Wie sie stotterte, die tleine Frau.i Und so rot und heiß war sie, aisl begehe sie ein unrecht· Aber kam hatt-( die Freundin doch wenigstens das Geld. Und dazu ihre Hand... nein, gleich ihre beiden Hände . . . und durch das Schluchzen lam es wie ein als-s sendes Ausatmen. . ( Frau Gute riß sich los, und ver sprach bald zu kommen. Sie wußte, daß es ganz aus war mit ihrer Kraft, wenn sie jetzt noch länger blieb. Ohne link-, noch recht-'s zu sehn, lief sie nach hause zurück... weinte... lachte... und hatte dann noch Tränen in den Augen« als Walter mittags heimiam und neugierig in ihr seltsames Ge sicht blickte. »Na... Puppe-» hast du dein Geld glücklich angebracht?" Sie sagte siirg erste gar nichts Sie hielt ihn nur fest. Seinen gelieb ten Kaps, seine starken Schultern, die früher, als sie noch schmaler waren. siir militäruntauglich erklärt waren ....und weinte sich eine Weile ganz aus. Dann erzählte sie... stotterte und schluchzte dabei wie ein Kind, und plöylich kam wieder das Lachen mit ten darein. Der Mann hörte still zu. Er sah keine Spiyenwasche.·. teine lichten Seidenbändrr bei seiner kleinen Frau, wie er erwartet. Aber ein ganz ande ree Gesicht und ganz andere Augen als heute morgen. Und so wunderschön mußten die aussehen, daß er gar nicht anders tonnte, als sie immer wieder zu küs sen. Und er tiiszte so lange und so sroh, als hätte er schon wieder einen Sieg gelesen... aber einen noch viel größeren· —-.—--.-- — — Ein Gemütsmenfch »Ja, was soll ich denn lrinlen, Herr Doktor, wenn Sie mir das Bier ver bieten?« »Na, lommen Sie mal mit, das wollen wir bei einem guten Schop pen näher erörtern!« —- Auf der Selundärs bahn. Schaffner (die Fahrlnrlen revidiereno): »Da haben Sie ja den unrichiigen Zug bestiegen, Frauchem der geht ja noch Kniklelburg!« Frau: »Aber der Wtier jagte mir doch, der Zug ginge nach Werdel hausen.« Schaffnen »Sagle er ons? Dun nerwetter, da find wir ja am Ende gar schon auf der Rückfahrtl" —- Neid. Junger Bummler fzu einer Dame mit großem Chnnleclers hul): »Mir nicht so stolz, Freileim von wejen den jrotzen Kilerilr auf’m Koppe «- den hab ick vorije Woche noch. Regenwürmer fressen febenk —- Der Russophobr. Der Zar sitzt beim Kasseeiisch und liest die Zeitung. Schmunelno denlierx .Wieder 50,000 Ritzen wenigerl Glänzend! Meine Versicherungsprä mie gegen lälliche Angriffe fällt jetzt täglich um einige Prozrni!« ge- tan-- ist-at. . s Slizze von Kutt Münzer. Jn seine leiten Ferientage fiel das Große, Schreckliche, Schöne. Der tleine Georg wußte-nicht, wie ihm ge schah. Er wurde ganz still und horch te nur. Krieg —- den kannte er wohl don der Schule her. Da waren die Griechen und Römer — weiter waren sie noch nicht Aber das waren ei gentlich Sagen, das war Historie Nun sollte er es erleben? Als er in die Schule ging und das dumpfe Zimmer der Quarta be trat, geriet er wie in einen Wirbel. Die Zwölsjährigen lärnnen durchein ander, begeistert schon wie Jünglinge» Sie hörten, daß der und jener Lehrer; einberufen war, schon auf dem Mar-« sche, vielleicht dem Feinde schon ge genüber, im Kugelregen oder mit geschwungenem Säbel ein Dorf stür-« mend. Ehrfurcht -und Liebe ersiillte die kleinen Herzen· Viele hatten auch den Vater oder einen älteren Bru der sortziehen sehen. Sie spreizten sich und triumphierten und waren der Gegenstand der Bewunderung, als tdrügen sie selbst die Gloriole des Hel en Aber dann erfuhr man, daß einige Schüler der Prima eingezogen waren ausgebildet wurden unv ins Feld »sollten. Aus der Selunda hatten sich die Siebzehnjährigen freiwillig ge stellt, und zwei waren auserwählt kworden, mitzuziehetn Die ganze» Schule sieberte vor Neid. Die Kna ben verstummten vor Herzweh: sie mußten hierbleiben, die Bänie brül len, tote Gelehrsamkeit aufnehmen, und die anderen, die Kameraden, er lebten das IGrößte und Herrlichste.» waren ahne weiteres aus Schulbuben Männer geworden! s Der kleine Georg litt sehr. Mit brennenden Augen ging er heim und erzählte von dem Gliict der Großen,’ die in den Krieg gehen durften. Ali-H er bei den Schularbeiten saß, weinte er ungesehen auf -den Cornelia-Z Re pos herab. Sein jung-H Herz war etne Beute bittersten Neides. War um war er noch ein Kind-? Warum hatte der Krieg nicht noch fünf Jahre gewartet? Aus ihn, daß er sein hel dentum beweisen konntet Jn ihm erwachte das schmerzlichste Gefühl, das ein Kind je haben. kann: er spürte die Fessel seiner Jugend, die Unzulänglichkeit seiner Jahre. Ihm schnürte die Gebundenheit seines frü heren Lebens tief ein, er sehnte sich nach Mannestuin So begann siir den kleinen Georg eine ernste Leidens-zeit. Er empfand wie ein Erwachsene: mit glühende-n Fetzen und tapferem Blut, den ein eibesschaden untauglich zum Sol-! daten macht. Seine Schulausgaben verwars er innetli ch als nutzlos und sinnig-L Europa kämpfte um die Zu kunft, und er lernte Wurzeln ziehen! und lateinische Votabelu. Statt deH Gewehres die Feder, statt nassen Schüsengräben ein warmes Bett, statt Sieg ein Tadel tu Mathematik Er verachtete sichs Er drückte sich scheu an seinen Va ter und fragte —- uud es war Miß billigung und Scheu in seinem Ton: »Papa, schämst du dich nicht« zu Haus zu bleiben I« Der Vater zuate doch zusammen bei dieser Frage seines Kindes. Er sagte: »Sie brauchen mich nicht· Sie haben viel zu viele und nehmen lie ver die Jüngere-L Freust du dich nicht, daß dein Vater bei dir blei ben darf?« Georg antwortete nicht. Aber sein Herz rief ihm laut zu: »Nein, ich freue mich nicht. Jch schäme mich. Jch kann nicht hinaus und du darfst nicht. Oder willst du etwa nichts« Ein schrecklicher Verdacht wühlte in feinem aufgeregten Gehirn. Man konnte doch freiwillig gehen. Gab es —- gab es Männer, die feige wa ren, die ihre Kameraden fiir sich tämpfen und sterben ließen und selbst am üppigen Tische saßen, wohl be hütet und warm-! Langsam zog er sich von seinem Vater zurück. Er be griff, daß der Tod des geliebtesten Menschen ein Stolz und eine Erhe bung sein konnte, wenn er das Opfer siir eine große Sache war. Auf der Straße musterte er alle Männer. Er tat es verächtlich prü fend und zornig. Sie gingen ihren Geschäften nach, plaudekten, l ten. Sie waren ihm nicht besser als schwo Fä- Frauen. Sein Weltbild verwirrte Ei kamen die Siege, die Tage der Fahnen, die Nächte, die von Gesang durchbraust waren. Georg schwin delte. Jeder Tropfen seines Blutes sauehztr. Und nachts lag er wach im Bett, lauschte auf die Straße hin aus und litt unsäglich, weil er einge sperrt, hilflos« tatenlos war. Seine "leichten zwölf Jahre waren eine uner trägliche Bürde. Jn der Schule erzählte ihnen eines Tages der Lehrer von der lleinen Hel din aus Oesterreich, die den kämpfen Qden Soldaten Wasser in die Schlacht getragen hatte, ins Feuer hinein, mit ten durch Granaten und Kugeln hin durch. Bis sie selbst getroffen wurde Aber der Kaiser war zu ihr gekom men und hatte sie gestrei elt. Sie hatte eine Auszeichnung elommen. Und dieses Mädchen war nicht älter als Georg Stumm, bleich saß er da, indes die anderen um ihn jauchzten· Er empfand es wie einen Schlag ins Gesicht, wie einen Hohn! Aber was tun? Wie sollte er in die Schlacht? Sie tobte nicht draußen vor der Stadt, sie war weit weg, weit weg, unerreichbar . . . Er sah aus, als würde er krank. Er aß nicht« seine Nächte waren schlale oder von wilden Träumen verstört. Die Eltern sorgtcn sich und fragten. Er schwieg. Ex, der gute Schüler, ließ in der Schule nach. Er wurde unaufrnertsam und unordent-« lich. Der Lehrer mußte ihn oft aus tiefer Abwesenheit aller Gedanken mit harten Worten zu sich rufen. Was hatte Georg gehört? Ferne Kanonen Kugelprafselm das heulende Sausen der Riefengranaten durch die Luft. Er verschlang die Zeitungen. Erl gab sein Taschengeld für sie aus, las» sie im Gehen, auf Treppenwinleln, in» den Schulpausen. Die Feldpostbriefe; erschütterten ihn. Das war unis mittelbares Erleben. Die amtlichen; Depeschen klangen schon wie historie,; waren trocken und abstrackt. Aberl was da einfache Soldaten, junge Of fiziere oder gar Dichter aus den Schlachten schrieben und dichteten. das ging ihm ins Blut, das erlebte er mit, das verstand er und empfand er.J Die Mutter, die nachts an sein Bett schlich, hörte ihn im Schlafe re den, tommandieren, schreien, stöhnen. Sie weckte den kleinen Träumer, und er fuhr auf, tara zu sich nnd begann zu schluchzem »Warum wertft du mich, Mutter? Jch war im Kriege, ich war gefallen, eine Kugel im Bein. Ach, es war so schön.« Er konnte stundenlang mit ge schlossenen Augen dasitzen und lau-s schen. Auf das Echo der Schlachten. Wenn er die Zeitungen las, brüllte· es ihm daraus entgegen. Er hörte! die Schreie und Befehle, das Rassean der Artillerie, den Sturm der lllaij nea, oben in den Lüsten das wilde Knattern der Motore. So gingen zwei Kriegsmonate hin« Dann lamen die Herbftferien. Diel Eltern wollten mit Georg fort, in ein! stilles Walddörfchen, wo er sich erho-« len sollte. Aber er weigerte sich. Er bat und bettelte. Er glaubte, dort noch mehr vom Kriege abgeschnitten zu sein als hier in der großen Stadt.l Er stand am Fenster und wartete auf neue Siege. Er war ganz zerrissen, der tleine Junge. Er erwog das Un möglichste: fliehen zum Heer, in die FronL —- Aber er hatte gehört nnd gelesen, wie man schon oft solche jun gen Freiwilligen heimgeschickt hatte, mit Lob und Freundlichkeit zwar, aber gewiß mit Geringschätzung ihrer Jugend und Dürftigteit. Aber nun sollte die Schule wieder angehen, und das dünlte Georg uner träglich. Jn der letzten Feriennacht tat er das Unvermeidliche. Er zog sich leise an, nahm die Schlüssel vom Nagel Und schlich sich ans dem Haus. Die Ottobernacht war regnerisch, windig und talt. Er lief durch die Stadt, wußte nicht, wohin· Schließlich war überall Krieg in Osten und Westen. Jrgendwo würde er auf Soldaten stoßen. Nachdem er sechs Stunden gelaufen war, durch Wald und of fenes Land, brach er müde zusammen, am Wegrande, im Regen, ein Hauf-« lein Ohnmacht und Kummer-. Am Abend trug man ihn zu seinen Eltern hinauf. Er fieberte, und der Arzt kann " Ja, nun brauchte Georg nicht M die Schule zu gehen. Er lag lrant im Bett und phantasiertr. Er war Soldat in der Front und erlebte das Härteste und Herrlichste. Er mar schierte und marschierte endlos, unter Entbehrungen, aber immer begei stert. -«- Er lag im Schützecigrctben, stor, schoß, hungerte, sang, tominan vierte. Er ritt Patrouille, von Ku geln verfolgt, schlichnachts in die Rei hen der Feinde und erlundete ihre Stellungen, zerstörte Brücken und Tunnels, er stürmte brennende Dör fet und rauchende Forts. Er fiel, tatn ins Lazarett, stand auf »und kämpfte weiter. Als er aus feinem herrlichen Traumleben erwachte, matt und ernstlos, lag neben seinem Bett ein sunlelnder Helm, ein blitzender Mir-asz, ein Gewehr, ein Säbel. Der Vater hatte ihm das aufgebaut. Georg lächelte glücklich. Also träum »te er nicht. Er war verwundet und lag :im Lazarett. Jn der Brust saßen die Kugeln. Sie schmerzten sehr, aber diese Schmerzen waren das größte Glück, das er je gekostet. Er beta stete» die Wassenstiicle. Wie waren sie iliihl und glatt und hell. Aufstehen, aufstehen und weiterschlagen! Der Arzt war nicht zufrieden mit dem tleinen Georg. Aber dennoch hofften die Eltern, denn eines Abends schien es besser zu gehen. Georg er wachte und erkannte die Mutter und lächelte. Leise, unverständlich sagte er etwas. Er hatte sich so verändert. Sein Gesicht war gealtert und gereift, sein Blick so vielwissend, sein Mund schmerzlich froh. Die Mutter blieb bei ihm und wachte. Sie hatte nichts von einer Pflegerin wissen wollen-« Aber in die ser Nacht, der Besserung froh, schlief sie ein. Und sie schlief so fest, daß sie nicht hörte, wie Georg aus dem Bette stieg und beim Schein des Nachtlichtes sich in seine Unisorin ein kleidete. Er setzte sich den Helni auf, nahm den Küraß um, schnallte den Säbel an, das Gewehr in die Hand. Und so, leise tlirrend, glänzend in seiner Rüstung, Unter der das lange Nachthemd hervorquell, mit nackten Beinen und Armen, drückte er sich aus der Tiir « Als die Mutter erwachte, graute schon der Tag. Eine atemlose Stille erschreckte sie. Das Licht war aus gebrannt, und in dem trüben, schau rig stummen Zimmer war das Bett leer. Sie brauchte nur den offenen Tü ren nachzugehen Sie stürzte die Treppe hinab, und dort unten, am großen Haustor, fand sie den tteinen Georg. Diese schwere Pforte hatte er nicht mehr zu öffnen vermocht. Er stand, in Hei-nd nnd Rüstung, im Türwintel angelehnt, das Gewehr bei Fuß, wie eine Schildwache. So stand er, der tleinste Soldat des Kaisers, aus seinem Posten nnd war dort, in Dienst und Pflicht, wie ein Held, ab beknfen worden. Denn der tleine Georg war anf recht stehend und salutierend gestor ben. Wieder Kind geworden, mit er staunt offenem Munde und einer kla ren Stirn stand er da und war tot. — Bei der Schiniete. Di rektor (zum Regisseur): ,,Wiitstel sollen einem Schauspieler in dem heutigen Stücke serviert werden? Das nicht! Da läuft den andern das Wasser so im Munde zusammen, daß sie nicht sprechen idnnent« —- Kkitit Schriftsteller: »Ha ben Sie sich schon in die Lettiite meines neuen Roman-Z vertieft?« Arititeu »Nein, ich bin darüber hingkglitten, weil er gar so schlüpfrig Tit-T — .. —·Te n·a"n«et Be r ichtI PaTb lvörter beim RapportJ »Als ich mich diese Nacht gegen 12 Uhr auf inei nein Rundgang befand, vernahm ich in der Nähe des Gelviichshauses ein Geräusch. Jch ging darauf zu und rief: »Ist hier einec?« Antwort: »Nein, mehrere!«« Jch forderte sie auf, das Gewächshaus zu verlassen! Ant wort: ,,Steig’ uns den Buckel tauf!« Nachdem dies erfolgt war, ging ich« zu Verhaftung über.« — Aufrichtig »Mein Fräu lein, darf ich Ihnen meinen Schirm anbieten?« »Nein, erst gestern hat mir ein Hei-r den Schirm angeboten, und dann stellte eH sich heraus, daß er verheiratet ioar.« — Das Großmaul. Redak teur (der wegen eines Artikels zur Rede gestellt lvird): Ja, denken Sie denn, ich hätte mein Blatt dazu, um es vor den Mund zu nehmen? Sein Gegner: Beloahre, dazu ist es ja viel zu winzig. ——— Modern· »Ist es wahr, was man allgemein behauptet, Frau Gräsin wollen sich von Jhrem Gat ten scheiden lassen?" · Allerdings —- aber wir haben uns siir später schon wieder das Heiraten versprochen!« —- Auftlärung. Die Ma ma: Jungens, Jungens, seid ihr schmutzig! Die Kleinen: Ja, wir haben Krieg gespielt, und da mußten wir uns Jl-: Inoderne Soldaten in Schiihens graben einbuddeln. —- Zur Vorsicht. Bauer: »J« möcht a Heitpflaster.« Apotheter: »Was ist denn pas siert?" Bauer: »Noch nix —- die Kirch weih ist erst morgen." s