Sonntag-blau des Staats« Anzeiger und II set-old «M«"qu uns-thva sie mW zupitsf Vou Mari- Dicke. Miedmacher können wir überall ans der Welt sinden. Es ist die Dummheit, die.srei iiber der, ganzen Erdball geht. Es lohnt auch kaum eine ernsthaste Anseinandersetznng mit ihnen, denn sie sind nnaustotts —bar wie Bazillen und Ungezieser, und ihre einzige Gefahr ist dieselbe, die auch von diesen Lebewesen auss aeht: die Ansteelnng nnd lieber-tra gung. Das-s hat schon Frau Rat Goe the gewußt: Jst-wisse seige Mennnen sind ansteckend wie Schnupsen. ich gehe ihnen weit one dem Wege« Der Sclnnariseher dagegen ist an sich kein verächtlichei Tat-. er dars nicht ais unnatriotisch oder auch nur utsz schwachiniitig dargestellt werden. Er schwatzt nicht ins Gelag hinein, unt sich interessant zu machen. Es liegt ihm nicht-J an deiiiEiiidriikt, den er- hervorbringt, sondern e- iit ihm eine heilige Sache der lieberzeiignng, die er ost wohl selber gerne gegen eine andere, eine teichtere. umtan sclxen möchte, wenn seine strenge Ehr lichkeit ihm das siiclit verböte-. Er ist. sing- nrteilesiihig nnd hat einen tie sen. wenn auch zuweilen keinen uni saisendett Blick. Man darf ilnn durch i.n-J nicht den Vorwurf eines Man gel-I an Objektivität machen. Noch weniger den eine-I Mangels an Pa trioticsiniis, eine thni heiti e Angele genheit, von der der Diesingcher nichts ahnt, die er nur ini Munde siihrt, weil sie zufällig Modesache ist. Dass Sannarzsehertnm steckt im nordisihsgerinanischen Bott. Ein tei ser Zusah von Melancholie im Blut, etwas Sisetiebelhastes, Schweres. lind der tatteite Schwarzseher ist der Patriot mit dein Zwang in sich, zn tsliitosovhieren alle Dinge sich set tser nnd den anderen zn objektiviei ren. Wer aber ties nnd immer nn ergriindtieh tiefer in alle Erscheinun gen hineinsehen will, wer jede-n aus« stammenden Tatensturm ans den in nernen Grund zu kommen trachtet, der arbeitet sich unr Zu bald durch den Rausch nnd die Begeisternng hindurch zu unwerteren Grundlagen nnd Motiven Sogar ver Sanvarzsener sasnneg iin Jubelsiurm der unvergeszlichen Sommertage von 1914. Sogar der Schwarzseher lief nnd holte sich in später leendimude nach die letzten Extrabliittcn die letzten Kriegsnachs richten. Ich nahe ilni leuchten sehen wie eine Flamme, und nichts Sanimrzes Iuar an ilnn von der Wurzel bis zum Gipfel. auch nicht nn hintersten Winkel seine-I- Philoso piieiilopies. Er hat geiiibelt wie ein dumme-I kleines denlsches Mädel, so rein, so hell, so sorgen- nnd gedan kenlos. —- Dann kam das erste leise Zweifel-Einem »Diese Sieger-ei wird nnheinilich.'« Es bat die-I- mancher gesagt in dein Wogeninan der Berichte, aber es- liat frisch und lachend hell getönt. Beim Schimkzselier klang schon die erste dunkle Note aus. Es wurde ilnn wirklich im Ernst ,,unl)eiinlich«. Miesinacher hat damals auch ge sprochen: »Wer weis-. ol- auch alles wahr ist. Die seindlichen Berichte liigen —- ob unsere es nicht anch niauelnnal tunl« Das war der Mieeniacher.swie er leibtsuud lebt. Ja, ja: du gleichst dein Geist, den du begreifst Wohl ist es eine Beleidigung des Scknvarzseluer, ihn suit dieser Ltrt zu vergleichen Aber in den Siegestaqen nass schon wieder ausgesungen bei ils-n, und in diesen harten Wochen, da ji« ausgewachsen llnd die Stunde des Stint-ansehen war wieder ein mal gekommen Er hielt sich nicht an alberne. kleine-, atbeitolose Liengite Ob Luck nnd Stalluvönen wieder einmal in tussischen Händen waren, ob unsere Heere zukiickgingeiu ob die Verlust listen anschwolleih das tvak itnu nicht das Wesentliche-. Darüber tiefsinnige itauneaieszereieu zu hattet-, mit Gra lesstinune scheuszliche nnd bedrolsliche Dinge von sich zu gebeu. Matsch iiber eine Beritinunung zwischen Kaiser nnd Kronukiuz zu verbreiten alle diese aeschuiactvollen Dinge überläßt er neidtos seinem unterne ordueten Vetbeechen Aber er blickte in seines Volkes Tiefe hinein, und die Zukunst der deutschen Nation zog sich schwer und schwarz iiber itun zuiannnm Nicht einseer politische Ereignisse sind siir ihn bestimmt-nd- Mit-Nein einzelner Sies, und es Iviirde auch nicht eine einzelne verlorene Schlacht sein. Dazu ist die intelligente Seite bei ihm zu start ausgeprägt Er würde nie so dunnn sen-, anzuneh men,—dasz ein von allen Seiten mit ebtcoser Hinterlist angenrisienes Volk nur zu blasen brauchte, um alle Anschläge nnd Uebersölle wegzu pusterh und daß sogar Niederlaaeir. Verwüstungen seiner Grenzgebietr. ein Hin und lder im wogendeu Kampsbild und gewaltige Opfer am Blut seiner Söhne etwas anderes wären, als selbstverstiiiidliche Er scheinungen diese-z iurchtbarsten aller Kriege. Aber er sieht (nieht mit Haß, sondern mit dein doppelt geschärsten Blick der Liebe), daß auch in unse rem Volk und Heer ,.uicht alles ist, iuie es sein uiiißtc«. Er sieht überall die Fehler, sogar an den leitenden Stellen. Er sieht, daß sich überall wieder Eigennutz, Eitelkeit, Klein lichteit der Gesinnung durcharbeitet. Ihn erregt die Haltung der Presse, das-s Fourualistentuin Die Art der Verleihung des Eiserneu Kreuzes an Männer. die gar nicht ius- Feuer ge lonunen sind, auiilt ihn. Sogar un ter den Soldaten sieht er rohe, auch ilraiwiirdige Kerle. Diese sind jene Leistung unserer Heere geniigt ihm nicht. Die Feinde machen es ebenso gut und besser. Wir mahlen zu viel. Dann beschäftigt ihn das Nachher. Wac- iit die Folge dieser gewaltigen Horhspaunung dicier Opferuiassenk Wird ess- dein auch nur annähernd entsprechen? Wird nicht alle-I wieder iusannneusinkeiu verslachentt Wozu war es- dann? Das sind Schwarzseherss Erwä gungen in dieser Zeit· So hält et seine Ernte iui dröhnenden Kriegs geteilte-v Das ist es, das ist sein Unter schied von anderer, niederer Art: je des seiner Feststellungen nnd Tadel worte bat Grund nnd Boden unter sich. Nicht-S davon ist willkürlich, aus der Lust aearissen oder and Lust an eigener Wichtigkeit erzeugt. Jede Beschwerde wird eine Probe ans ihre Stichhaltiqkeit bestehen. Er wird alle Gegenbeweise entwassnen und den Harnilosem der mit nichts als seiner instinktiven Begeisternng ihm entge gentritt, von seiner Höhe herunter holen, ilnn Fürs siir Stück seines schönen Man nd ans den idiinden schlagen nnd ilni zuletzt kleinlant nnd niedergedriiitt sieben lassen. Wenn es also nach der natürlichen Logik ginge. so wäre hiermit die Sache zn Ende, nnd wir miiszten unst- triistcn, wie wir könnten. Aber es- ist noch etwas dabei. Es steckt hin ter allen Dingen dieser Erde ein Doppelsinm gleichsam ein Dappelgei lieiinnis. nnd das; der Schwarzsetier blind nnd taub daran vorübergeht, wird siir sein ganzed Dasein-Sprecht verhängnisvoll. — s DasJ zweite Gesichi, dass jede Er scheinung des Lebens trägt, dass ist e-:-, was uns bescheiden machen soll, nnd was dein Schwarzseliek entgeht. Er schlagt das Leben 'iiber einen Leisten. Das- Gnte nnd Krastvollc das, was als Edelbestand in der Nation lebte nnd plötzlich wie ans dem Schlaf geweckt ans Licht stieg, das ist ihni ,,selbstverstiindlich«. Aber die Kanten nnd Ecken, den natürli chen Kupiergelialt in der Geldmä schnng, ohne den die Legiernng zn weich sein wiirde znni Wirklichkeitsi gebrauch, den sielit er, aus den heftet sich sein starrer nnd niahnendet Blick. Wie aber jede-Z Ding sein doppel tes Gesicht hat nnd danach beurteilt werden muß, so ist auch der Schwarzseher von diesem Gesetz· nicht ausgeschlossen Und dennoch ist er so wohl eine Gefahr loie eine gute Gabe siik miser Volk Eine Gefahr ist er, glatt heran-z gesagt: heute, so lange überhaupt ivie der Krieg währt. Heute brauchen wir keine Schivarzseher, keine Schul meister, keine Schriftgelehrten nnd Pharisäern Heute wird Gregers Wekle mit seiner sittlichen Forde rung zur Spottsigiir. Denn heute steht unser Velt siir sich selbst. Seine Fehler zu bejannnern, Kritik an nn sereni Heer und seiner Leitung zu iiben, ist nicht nur überflüssig, schief und sinuloo, es ist auch eine Gefahr« Und zwar dieselbe Gefahr- die von dein divziplinlosem urteilsunsähigen MieHniacher droht: die Verdüsterung der allgemeinen Stimmung. Es ist mehr wert, als wir deiilen, dasz wir heute start, ruhig nnd zu vecsichtlich bleiben. Unser Heer iin Felde braucht eine sestgesiigte, ge schlossene Einheit hinter si . Denn unsere Soldaten sind auch keuschen. Wird die Stimmung im Lande schlecht, ängstlich, unsicher, geht das blinde Vertrauen zu seiner Leitung das unser Bolt so selig. so stolz nnd start machte, unter hehr-enden nör gelnder Kritisietekei verloren, wird sogar unser todesinutiges Heer he mängelt, seine Erfolge verkleinert seine Leistungen herabgesext jammern beständig Frage urch die Luft: »Geh« noch nicht bald wei ter? — ach Gott, das dauert sa viel liinger, als wir dachten« —- schillekt dann diese Stimmung in den Brie sen an die Soldaten durch, da muß allmählich auch iiber sie eine Unruhe, ein Aekaergesiihh zuletzt gar eine Unlnst und Verdrossenheit kommen« die alles lahnilegt. was sie bis jetzts so uniibertvindlich machte. lind dann! ade, deutsche Mast und deutscherl Ruhm. Wenn erst in den Adern dei-J stier Söhne dies Gist zu wirken be-’ sginnt, dann sieh zu, wer dein Schwert teagen soll. Das ware die Gefahr, die der Schwarzseher nnwissentlieh verbrei tet. Aber Gott sei Dank, es ist nicht nur wegen der Gefahr, das; er ein nnniiszes Stiick Möbel ist in der ge steigerten Tatkraft dieser großen Zeit, er ist auch ein Plnnitomseher. Es ist Lug und Trug, was in seinem Munde sa ernste Wahrheit scheint — i.nd morgen. iin Frieden, wieder zur Wahrheit werden mögt-. Lug und Trug. Denn nicht-J Kleinlichecy lein Fehler, tein Man gel, keine Torheit, ja keine Lumpe kei. wie sie in einein Millionenvolk nicht plöylich ausgetilgt sein kaum gilt etwas-. hat Sinn nnd auch nn: so viel Wert, dein eine Minute in schweren Gedanken nachzuhangen Denn jetzt steht die Tat in Blute, die Kraft, das edle Blut, dass jene sun gen Reginienter da oben an der bel gischen Grenze unter dem Gesange »Dentsehland, Deutschland iiber al tes« den todsbeienden Feuerschlünden entgegenstehen liest. I»Wnndeklich Sinnen-Matten wir nicht Alle gekannt solch ein Jungengesicht—« das junge Reiterblut, der alte Preu s;engeist, die lachende deutsche Kraft die noch im ergeanten Landstnkiw inaune lebt — ,,Von meinem Regiinent ist jeder einzelne ein Held« —- es hat niem cher Fiilnec in tiefer Bewegung so gesprochen —- — Schwarzseher. als du dies alles lasest, nne word dikda? Fühl test dn nicht im heißen Herzwchem niie wankend der Grund war, aus dein dn stehst? Und fühlst dn nicht noch etwa-k- an lderesz wie alle deine klugen nnd ge rechten Reden vielleicht denen weh netan haben, die das alles heilig und heiß ini Innern miterlebtein denen vielleicht ein lieber Junge mit dabei war, der dort gefallen ist, den levten stlang noch auf den Lippen? -· Der Schtvarzseher sitzt znnieilt geborgen zu Hause-. Aber es steht mancher seines Alters mit in den Stnkinreihen Wie sällt dieser Bee gleich ais«"3«.-—-Aenier Schwur-ziehen (,,Tiikiner.«) -- ptk OW. Von Geoig Muse-let Jm Hosthenter sollte Oihello ge geben werden; die Probe war zu Ende. Der Obertegisseut atmete aus; der berühmte Gast war gntee Laune gewesen und hatte nicht alle seine Anordnungen iiber den hausen geworfen. Uebethanpt ein liebens würdigee herr, noch ganz Kollege, trotz des berühmten Namens, den ek sich erworben holte. W «- ,p. »Vi I Ul( Uclscll Illlllllcll llll Wcssklluj un der Nanipr. Alle Schar-spiele: hatten die Bühne verlassen; nur ein paar Theaterarbeiter machten sich im hintergrunde zu schassen. Aber auch der Sonssleur saß noch in seinem Kasten, in tieses Sinnen dersnnlen. Da hüstelte der Oberregisseur, und er schral empor und machte sein Buch zu. Einen Blick wars er nach oben, und der Gast sah in ein altes, cha rakteristisches Schauspielergesicht, loo rin die Furchem die der Beruf ge« graben hatte, sich mit allen jenen, di: Alter« Kummer und Sorge zogen, zu einem seltsamen Labyrinth vereinig ten. Jn: Auge schien immer noch ein wenig Krast und Feuer zu leben, nnd das volle weiße Haar gab dem Manne ein wiirdevolles Ansehen. Als er sich von den beiden da oben beobachtet sah, beugte er leise sein Haupt, und bald war er lautlos in der Unterwelt verschwunden »Ich mache Ihnen mein Konsplis ment, herr Kollege«, suhr der Gast sort, »ein ganz vorzügliches Zusam --ienspiel, eine tressliche Szene, und urn auch noch das Lehte und Untersle zu erwähnen, ein ausgezeichneter Soussleut. Der Mann bat eine wunderbare Sprachtechnil.« Der Oberregis eur lächelte und er widerte: Rein under, ee hat selber einmal oben gesundem hat auch den Othello gespielt und sogar tnlt ihm gastiert. Wissen Sie, wer dieser gest haltet ists Sie finden seinen itbnennamen aus den älteren Bläts tern unserer cheatergeschichte mit Ach tung aenannt.« Und nun nannte er einen Namen, der den andern erstaunt aushorchen ließ. Der Künstler« der den getragen hatte, gehörte zu seinen Kindheit-er sknnerungenz mehrmals hatte er ihn in Shalespeareschen Stücken gesehen istd einen bedeutenden Eindruck vor ihm empfangen. Ein langwieriges Hals-leiden hatte ihn aus seiner Bahn geworfen; Arzt- nnd Bitdertosten ver schlangen seine «Ersparnisse. Zwar lam die Krankheit zum Stillstand, iaber sein Organ war dahin. Mit dieser trächzenden Stimme ließen sich nicht einmal mehr die schlimmsten tBösewichter spielen. Manches hatte Jer seitdem versucht, aber alles war tihm mißgliiclt, und so blieb ihm lschließlich nichts übrig, als in den iSoussleurlasten zu kriechen. Der Gast fragte: »Ob ich den Al ten einmal aus meine Erinnerungen hin anrede?« »Das müssen Sie mit sich selber aussmachen«. sagte der Oberregisseur, »er ist menschenschen geworden nnd hat den Jntendanten geradezu gebeten, man möge ihn mit Anspieliingen aus seine Ver gangenheit verschonen, nnd so geht er einsam seines Weges. Er ver sieht piinltlich seinen Dienst —« »Aus-gezeichnet versieht er ihn!« »Ausgezeichnet? Jch werde froh sein, wenn Sie das am Ende de: heutigen Vorstellungen sagen. Drei oder viermal hat er uns einen bösen Streich gespielt. Es mangelt ihm durchaus nicht an gutem Willen, aber in solchen Stücken, worin er selber sriiher eine hauptrolle hatte, gerät er zuweilen ins Träumen, und so tann es kommen, daß er vergißt, in wichti gen Augenblicken das Stichwort zu bringen. Wir haben öfters in Angst und Sorge geschwebt, das letztemal noch, als einer Ihrer Berliner Freun-l i i de hier gastierte, der im Verdachte steht, zuweilen nicht ausreichend zu lernen Daraufhin ist Exzellenz sehr energisch geworden und hat ihm gesagt: Noch einmal eine solche Lage durch Jhre Schuld, halten und Sie sind auf der Stelle entlassen. Sie wis sen. daß ich Wort halte.« — Das hat bis Fest geholfen. Er muß wohl achtgeben, denn er befindet sich in schlechten Geldverhiiltnissen, weil er bis vor kurzem auch noch für die Familie eines verlorenen Sohnes zu sorgen hattes« Noch am selben Abend war die Vorstellung. Sie gestaltete sich für den berühmten Darsteller zu einem Triumphe. Das Publikum war er schüttert, hingerissen. Unten in sei nem Kasten ktimpste der alte Sanss leur einen seltsamen Kampf. Wie aus weiter Ferne nmbransien Beifall stilrrne sein Ohr und weckten die Er innerung an jene Zeit, wo sein Kön uen auf der Höhe war. Schmerzlich zuckte es in seiner Seele aus, sein Herz brannte. War es Neid gegen ten Mann, der da oben stand nnd Lorbeeren und Geld in reichstem Maße erntetek Er suchte sich zu sammenzunehmen Vor Beginn der Vorstellung hatte der Regisseur ihn aeniahnt: Phalter heute abend ganz venünstig sein! Denken Sie an dir Drohung Ihrer Erzellenz!« —- Er dachte daran. Was würde aus ihin werden, wenn er sich nicht zusammen nähme? Sein ganzes Leben war mit der Bühne verknüpft; da hatte er Ruhm und Ehre gesunden, da fand er noch sein bescheidenes Brot. ais Ruhm und Ehre ihn verlassen halten« als sein Name in Vergessen tceit niedergetaucht war. Zusammen nehmen! Jmmer wieder stiegen die glänzenden Bilder der Vergangenheit tsor seinem Auge aus und umgan ielten seine alten, dürftigen Tage. Zusammennehrneii! Sollte er jehts weggeiagt werden, welche Bühne wär de ihn noch als Soussleur nehmeni Das war der einzige Posten, wo ei seinen Mann stehen konnte, nachdem et sich aus allen anderen Gebieten vergeblich versucht hatte. Die Sache ging qui; vier Ausziige waren bereits vorüber. Er glaubte den Abend überwuiiT-en zu haben und siiblie sich freier und sicherer. Da tam der Austritt in Desdemonas Schlaszimnier, wo der Mohr seine Gemahlin ermorden will. Die Ans sassung das Gastes bestiedigte ihn nicht. Kein Stil zu naturaiisiisch. Ueberhaupt, das Problem des Othel lo! Der ist im Grunde doch eine vornehme, edle Natur Jst das bei einem Neger überhaupt mögliehi Viel leicht ist ei besser, ihn as Miihreii ans-us sen, etwa als eine Art von dunkel utigem Kautasier Nun war er wirklich schon wieder mitten drin in dem unseligen Träumen; er hiirte die Worte Dezdemonai nicht mehr, nicht mehr das Wüten Otheilos. Bei Gott, ich sah mein Tuch in sei nen Händen, Meineidig Weib! Eine Pause —- ein Siam sen mit dem Fuße. Dem Oberregis eur hin ter der Kulisse irampste sich das Herz zusammen. Der vertrnckie Souffleurt Zum zweiten Male: Meineidig Weib! Der Jniendant in seiner Lege ward aufmerksam und rückte unruhig auf seinem Sitze hin und her. Aus dem Souffleurlafsten kein Sterbenshauch Othello sch eu derte die Bliße leidenschaftlichen has fes nicht mehr auf sein unglückliches Weib —- sie drohten den Kasten vorn an der Rampe zu entzünden Da drinnen aber träumte einer davon, daß ein berühmter Fursi ihm für seinen Othello einmal Worte höch ster Anerkennung gewidmet hatte. Es war ein Glück, daß der Gast gefaßt blieb; als er teine Verse mehr be lam, machte er selber welche. Sie waren freilich lliiglich aber er blieb wenigstens im Geiste seiner Rolle isnd seine Mimit und das leiden schaftliche Spiel der Hände wurden sogar wunderbar. Eigentlich griff er in diesem Augenblick verzweifelt nach einem Strohhalm aber das Pu blilum hielt es für eine der höchsten Offenbarungen seiner Kunst. Ale die falschen Verse das Ohr des »Hu-s menden Souffleurg trafen, weckien sie durch den ungewohnten Mißtlang «einen Geist. Durch seinen Körper ging ein Ruck; blitzschnell zischte er dem hilflos werdenden Künstler dass Wort zu: Jch sah das Tuch — Des demona gab ihre Antwort. und ohne weiteren Unsall ging das Spiel zu» Ende. Endloser Beifall. Die Zuschauer hatten das Theater verlassen. Auf der Bühne raste Othello zum anderen Male. Jm höchsten Pathos schrie er nach dem Souffleurt ,,Schleppt mir den Men schen vor mein Angesichts Auf ein Haar hätte er mich zur Leiche gemacht vor der Zeit, begraben hätte er mich leinah unter den Trümmern des Stückes! Erdolchen werd’ ich den Menschen!« Plötzlich hielt er inne. Der Ge sorderte trat aus der Kulisse her-· aus, das Haupt zwar nicht schuld bewußt gesenkt, aber mit einem un endlich trautigen Ausdruck in den Augen. Zwei Männer standen ein ander gegenüber, die, jeder zu seiner Zeit, als berusme Vertreter großer tragischer Rollen gelten konnten, der eine von ihnen in voller Kraft, der andere von einem harten Schicksal in Trümmer geschlagen. »Ich habe Sie um Verzeihung zu bitten, mein Herr«, sagte der alte Soussleur mit heiserer Stimme, und oer berühmte Gast fühlte, wie ihn mit einem Schlage der Geist der Ra serei verließ. uud schon streckte er seine Hand aus und besann sich auf tin herzliches Wort, als der Inten dant dazwischenkrat Er beglück wünschte ihn zu seinem Erfolge und lobte die Verse, womit er Schale speares unsterbliches Wert bereichert habe. Lächelnd erwiderte der Gast: »Es ist ein Glück, daß der tote Dichter hundert Meilen weit von hier ent sernt schläft, sonst würde er sich sicher im Grabe herumgedreht ha ben -——— wegen dieser Berse.«« »Sie retteten eine Vorstellung die durch unverzeihliche llnachtsamteit ei nes meiner Leute gefährdet war«, sagte der Jutendant, und au Halter gewendet, fügte er hinzu: »Sie wis sen, wag zwischen uns ausgemacht worden ist.« Der unglückliche Soussleur zndtk zusammen und senkte das Haupt. Da folgte der Gast einer edlen Regung des Gemüts nnd bat fiir ihn; aber der Jntendant schüttelte, ohne ein Wort zu sagen, den Kons. »Ich danke Ihnen, mein Herr«, tprach Haltet-· »Geber! Sie sich wei ter seine Miihe; ich weiß, daß Erset lenz ihr Wort halten werden, und schelte nicht dar-um« Zucht muß sein, und ich tann nach dem Hentigen keine Gewißheit mehr geben, das-, ich in Zukunft die Vorstellungen nicht wie-— der gefährden werde. Leben Sie wohl" Er derbeugte sich vor dein Gast und vor dem Jntendanten, und dann ging er mit leisem, unhörbareni Schritt hinaus. Jn Okhellos Her zen wogte es; nochmals legte er Fitt bitte ein —- ein Achselzurlen des Jn tendanten. »Gut, Sie sollen recht haben, Ex zellenz,« ries da der berühmte Schan spieler, »in den Kasten dars er schwer lich wieder hinein; aber an einer großen Bühne gibt es so manches Winkelchen, wo ein alter Beter-an unterkommen kann, denken wir ein mal an Büro und Bibliothel. Ein Mann, der einmal etwas sitt unsere Kunst bedeutet hat, darf so nichtl zugrunde gehen. Jch selbst will sehri gern auch etwas tun, um ihm seine’ lehten Lebenstage weniger sreudlos zu gestalten. Wie er da so vor rntk stand, hindurch gegangen durch man nigsache Bewilligungen langsans herabgestiegen von der stolzen Höhej früherer Tage —- ich kann dieäi I==-'· Antlih nicht vergessen; es ist mir wie eine Mahnung menschlichen Schick sals erschienen. Nicht wahr, Erz-l lenz, ich darf morgen früh zu ihm gehen? Oder noch besser, ich werde ihn gleich in meine Garderobe zu rnir bitten lassen.« Der Jntendant lächelte und sagte nicht nein. Der Theater-dienen der den alten Sousfleur rufen sollte, fand ihn aber nicht mehr; ohne einem Menschen Lebewohl zu sagen, hatte er das Haus verlassen. — Halter trat hinaus in die kalte, sternenklare Winternacht Schnee be deckte die Erde, hart gefroren, knir schend unter jedem Schritt. Er fühlte nicht die Kälte; in seinem Herzen wogte und glühte es. Er wandte sich nicht seiner Wohnung zu; Straßen und Häuser beengten ihn. Er schritt seinen Lieblingsweg hinaus aus der Stadt; ohne es zu wissen, machte er den Gang, den er Sommer und Winter hindurch jeden Tag zu gehen pflegte, durch die An lagen am Flusse hinaus und dann ten gewundenen Pfad zu der Spitze des mäßig hohen Berges empor, der die berühmte Aussicht hatte. Er stieg, stieg, — ach, er stieg so gern seit jener Zeit, als es im Leben mit ihm abwärts gegangen war. Biss.jetz"r hatte er sich durch redliche A:beit noch immer sein Brot verdienen können, nun aber: entlassen, aus-gestoßen von der Stätte der Kunst, der er sein ganzes Leben lang als treuer Jün ger gedient hatte, einstmals als ein Ragender, zuletzt aber noch immer als bescheidener Gehilfe. Aufatmend hielt er inne. Er war oben und setzte sich aus den Platz, too er gewöhnlich zu siyen pflegte. Er sah hinab aus die lichter-glänzende Stadt und sah über die Stadt hin weg aus höhersteigende Berge, die ein leuchtendes Schneelleid trugen, und weiter über die Berge lab er empor zu den ewigen Sternen. - Was sollte er jetzt beginnen? Bet teln gehen? Das Mitleid fremder Menschen anrusen? Nein, lieber dies Leben von sich werfen! Aber auch dagegen wandte sich etwas in seinem Herzen Nicht daran denken! Heute Hauch nicht daran denlent Heute noch »triiumen, träumen von vergangene: iseitl Und das Haupt des greiscn JMannes senkte sich, daß er die Berge und die Sterne nicht mehr sah; aber tsic Sterne seiner ruhmreirhen Ber gangenheit tauchten wieder vor ihm aus. Er sah sich als Oihello iiber die Biihne schreiten, in der stolzen Fülle seiner Kraft den Mann der Tat vertörpernd, Leidenschast in der Seele. Und dann sah er sich plötzlich im Schoße seiner Familie; sein Weib Hain ihm entgegen, da kam auch sein )Sohn, der verlorene Sohn — den lwollte er nicht sehen; er schloß das lnge vor ihm zu. Es gelang, und lder Sohn verschwand Andere Er lscheinungen tauchten ans: liebe Freun te. alle hatte der Tod sie von hinnen Igenonnnem glänzende Gestalten ta »·nen, die er ans Der Bühne vertörperr lhattr. Er vergiß alles ringsumher-, ler silhlte nicht die Kälte des Winters, Mußte nicht, daß er seinen Mantel im Theater vergessen hatte. Wolkllg warm ward ihm zumute Er hörte die Beisallkjsiiirme begeisterter Zu I.,io«rer, und zuletzt ging alles übe-. in line feine, liebliche Musik, eitle wun derbare, entzückende Musit, die ilm ganz in ihren Bann nahm, so sehr, daß er nicht mehr daran dachte, ans :usteben. —- — --— Am nächsten Morgen fand der be rühmte Darsteller den alten Kollegen nicht in seiner Wohnung. wie er ge hosft hatte; er sei gar nicht heim-ie totnmen, sagte nian ihm. Erschreelt, böser Ahnungen voll, veranlaßte er, daß sofort iiberall nachgeforscht tout de, und auf der hohen Aug-sieht warI ein toter Mann gefunden Tief ers schüttert folgte et loenixie Tage nach her dem Sarge dei- Seinigen-angeln Alle Mitglieder des Theaters hatten sich angeschlossen; auch der Jntendane fehlte nicht. Hinter dieser Leiche ward sehr wenig gesprochen; ernste Empfindungen durchfluteten dieSee len aller Leidtragendenz sie trugen Leid. ————-——.- .—--——s-—·——— — Fahneuflucht. Dieser Lehmann ist doch ein rechter Feiglingt Jth hat er sich als Kriegsfreitvib liger gemeldet Wenn er aber freiwillig geht, fli gen Sie ihm mit Jheee Behauptung doch ein bitteres Unrecht zu. Der reißt nur vor feiner Alten aus! - z -— Höchste Zerstreutheit. Dienstmädchen: «Melde gehorsamst Herr Professor, eg sind soeben Zwil linge angekommen!« , Professor (in seine Biicher ocrtieft): ,,Fiihren Sie die Herrschaften inz Wartezimmet!« St l