I Staats— Anzetger und J cerold Sonntagsblatt des — qu dIMzIsfk .-—; sie p- is gis-sm- iu ist-i ser Zeit tut-seht - M. Th. V. iTakota Volkszcitttng.) Die Namen meiner russischen CL kvährsmänner mögen Reduktionsge lseimnis bleiben. Seitdem ich auf bulgakischem Boden weile, ist es mir gelungen, mit meine kussifchm Quel len allmählich wieder zu etschließem vie mich Jahrzehnte hindurch in Pe tetsburg joutnaliftisch gespeist haben und nur während der jüngsten Kriegt-nannte versiegt warm. Und weder der Monaten-schen Gent-atme tie, noch der Sfuchomlinowschen Mi litåjtzenfur gelingt es, diese jeyt wie-: der floftfließenden Nachrichtenbächs lein zu unten-india Jn den Zorenlanden sieht es ge genwiirtig keineswegs so aus, wie ei uns die russischen Amtstetegramme und Dreiverdands - Druckeeschwiirze glauben machen möchten. Längst vertraute Nachrichten und Stim muugsbilder sind es, die mir hier jetzt aus Russland zugehen. Wenn meine rufsischen Gewährsmiinnee mit er öblen, wie Jntrige, Genußsucht und Volksgroll sich in den gegen-ritt tiaen Zeitliiusten zu einer echt eufsi schen Sinfonie vereinigen, so erin nere ich mich, dieses wenig liebliche Tonstück schon 1905 in Russland gestört zu haben Wie sagte doch der Graf Kototozow vor Jahresfrist in einer seiner Dumaredem »So war es und so wird es bleiben in Nuß tond.« Man hat lürzlich viel vom General Rennentatnps gesprochen, den der tommandierende Großfürst vor ein Kriegegericht zu stellen ge denke. Man hat auf die Minute ge nau ausgerechnet, unt wieviel Stun den zu spät dieser General mit seinen Truppen das Schlachtfelb betreten und dadurch angeblich den Rufsenring nicht rechtzeitig habe schließen lassen. Mag sein, und wir wollen uns mit strategisch - tottischen Fragen hier gar nicht weiter abgeben. Ader vie we nigsten wissen vielleicht, daß die- jet zige Autschaltung des Generals Ren nentamvf eigentlich nur den Schluß att seines Jntrigenstiickes ausmachte, das schon seit Beginn des Krieges spielt. Ueber den diisieren Großföp sten wird die Weltgeschichte später viel Jnteressantes und wenig Erbau liches zu erzählen haben. Der Mo nomachos - hut läßt ihn seit Jahren nicht schlafen. Jn einem Reiche, wo die Herrscher nur selten eines natiiri lichen Todes sterben, gibt es Raum genua siir einen Kronenjiigen der das Herrenmenfchliche über das Sitt liche stellt —- und Nitolai Niiolaje witsch glaubt genügend Ueber-umsch tum in sich zu fühlen, um früher oder später Ritolai Alexandrowitsch die Krone zu entreißen. Der zweiten Katharina genügte ein einziges Gar dereginient, um den-blutigen Thron zu besteigen; der erste Aiexander be nutzte dazu gar nur einige wenige Höflinge und Qfsiziere. Jn unserem Zeitalter der Konzentrationen und Massenaufgebots müssen Arm-ern herangezogen werden, wenn man den Krönungszug nach dem Mostauer Us reimt-Dom antreten will —- siegrei che Armen, die den Lorbeer ihres Führers mit dem giildenen iirftens reif schmücken. Mit diesen danken hatte der Großfiirst.schon im Juni dein schwächlichen Zaren die ersten versteckten Mobilisierungibefeble ent rissen und mit diesen Gedanken ist er in den Krieg gezogen I rem, teiseaibi Diesen Ausgangspunlt dars man nie und nimmer auszer Acht lassen, wenn man die Vorgänge in Russland esstig bemerken nnd inbezug auf die nächste Zukunft richtig .einschiitzen will. Der russische Generalissirnus tämpst urn Leben und Krone: ter Kriegsschiusz wird ihn als Zaren oder als toten Mann sehen. Und weil er das weiß, sieht er in seinen Untat-e sehlihabern Armeesiihrer und Kö nigirnucher zugleich· Jn General Rennentamps glaubte er eine Zeit lang einen seiner besten Adepten ge sunden zu haben: ein schier trantitass ter Ehrgei wohnt dem General inne, dessen riick tchtsloses Wollen im umge tebrten Verhältnis zum ernsten Kön nen steht, und ich erinnere mich wohl dass man schon im vergangenen Früh jahr, alt die ersten Sturmeszten sich zeigten, in den Petersburger Ossis zierslasinos sich ge efenseiti zuraun te General Rennen amps abe in ei ner — bei ihm nicht seltenen — Weinlaune gemeint, er würde nach ei nein siegreichenskriege das N aus seinen Generaladsutanten - Epaulette mit einer Drei, anstatt wie bisher. rnit einer Zwei zu schmücken beben. Zwei Irnieesiihrer waren es na mentlich dte dem Kronenlttsternen einen Vorn irn Auge ansin en: Sscmsenetv und Jst-anon WMrnln italWespen-lett d dabei ernste QMW Manrtnnns tetn Ruf, die man im Etnsifalle nicht ausscholten konnte, wollte man nicht die öffentliche Meinung und weitere mi litäeische Kreise vor den Kopf stoßen. Der Gkoßfiiest gab ihnen Atmeen, als aber General Ssnmsonow seine Natelv - Armeen in der ehernen Um llammexung hindenbutgs ersticken seh und flehentliche Blicke nach Jn stekbutg richtete, wo ver Großsüesi mit sechs Renneninmpfschen Armee lotps tatenlos dastand, da schickte Nitolai Nitolnsewitsch auch nicht ein einziges Bataillon dem verblutenben Ssamsonow zu hilfu er opferte lie ber die ganze Narewaeknee, als daß er den derhnßten Widersacher ret tete. lind der arme Sfamsonow ruht denn auch in einem der zahllosen Rus sengriiber an den masurischen Seen. Was wird noch dem General Iwa now erblühen. der jent Nußlands -siidwestliche Grenzen gegen den An prall der Deutschen und Oefterreicher zu schützen hats Wird auch seine letzte Stunde schlagen? Der Großfiirst ist ein erbarmungslofer Lassen Als Rennenlampf sah, daß des Großfiiri ften Kriegslunst schmählich versagte daß diesem die Zarentrone vorerft entfchliipfte. beging er die große Unvor,sichtigteit, in Freundeskreier lich darüber auszulassem einige un gweideutige Worte nach Petersburg gu richten — und er hatte damit feine Rolle ausgespielt: er ist der Jntrige, die ihn zum Armeefiihrer erhoben, nunmehr auch zum Opfer gefallen· » Auf Rennentanrpfc Glück »und En de glaubte ich um deswillen etwas ge nauer eingehen zu müssen, weil diese iErziihlung überaus charakteristisch ist site die Vorgänge, die sich gegen Iwörtig in Russland abspielen, weil sie uns gar manches erklärt, wovon ich jent aus Russland Kunde erhalte· Die russifchen Vorbedingungen nnd Beweggründe für den gegenwärtig stobenden Krieg hatten von vornherein »mit einem wirklichen nationalen Sol len nnd Müssen nichts zu tun, wie idenn überhaupt das Zarenreich seit des ersten Napoleon Einbruch noch nie« einen national berechtigten Krieg geführt. Und so mufzte er nuch dies mal -- wie noch jeder Krieg vorher —- unpopuliir bleiben. Immerhin so lnnge die ruffischen Truppen an geblich auf Berlin zu gingen, hatte die garifche Regierung leinen Grund, die Folgen dieser Unpopularitöt zu befürchten, denn selbst künstliche Sie geslorbeeren berauschen. Anders wur de ee jedoch, als Berlin immer wei ter von den ruffifchen Armen-. zurück blieb, nle bolnifche Schützengräben die Russenleichen nicht mehr zu fassen vermochten. Und«heute beginnt in den weiten Rufsenlanden eine gefah renschwangere Erniichterung Plan zu greifen ——- dies wird übereinstim mend aus allen immelsrichtungen des Zarenreiches mitgeteilt. Der re voltierende Vultan, aus dem Nuß land seit einem Jahrzehnt steht, läßt wieder ein unterirdisches Grollen ver nehmen, und jedwede Schlappe, die die russische Kriegsfiihrung erleidet macht dieses Grollen deutlich grol lender. Allein in der ersten Hälfte des russischen Novembers sind dort gegen 400 Verhaftungen von der Gendarmerie ipolitische Polizei) vor genommen worden -—— eine Zahl, die man drüben seit dem Kriegaubbruch nicht mehr gekannt. Bei der Bil dung der neuesten Reserveformationen in den Militärbezirlen von Wilna Kiew und Odeffa ift man von behörd licher Seite aus neugebildeie Orga nrsotionen des heruchngten Wannny Ssojus gestoßen, der vor neun Jah ren in den Militiirausstönden von Se dastopol, Kronstadt und Stvenborg gesilhrt hatte. Jn den Festungen von Kowno und Grodno hat man eine sehr große Anzahl von heimste-nistet .ten Ausrufen des revolutionären lVerbandes beschlagnnhmt, die mit »den Worten schließen: »Entledigt Euch Eurer -Ossi4iere, die Euch Euer Blut siir Ränte der Zarensninilie vergießen lassen wollen!« Bei den türzlich verhcisteten neun Dama mitgliedern der sozialdemokratischen Partei hat man unter anderem den Entwurf eines Ausrusö an das rus »sische Voll gesunden, worin es heißt: ;»Genug des umsonst vergossenen Vollsblutest Jeder russische Sieg würde eine neue Kette siir das ge tnechtete Ruszland bedeuten« Noch ein anderes Symptom läßt mich vermuten, daß die russische Re gierung eine aufsteigende innere Ge ssahr wittert und das altrussische Ven Itil zu Zssnen gedenkt: die zunehmen lde, anscheinend planmäßig vor sich ehende Juden-, Ostseedeutschem und innenbetr. Die erste Zeit des jet zigen Krieges hindurch schien dort eine Art Vurgsrieden zu herrs . Matlolonp selbst, dieser lletnlichste i lettant, den Russland unter seinen di lettierenden Ministern e gesehen, hat te irn Ins-g Etat-e rodtnjgpuvets nenre durch uds reiben ausse sordeet« ,tn der Ante uns der gel ienden Gesetze gegen Juden und an detsgläubige Christen Mäßigung Jwalten zu lassen«; eine ähnliche Di Ztettive wurde mündlich nn den sinn löndtfchen Generalgouverneur Ge Tneral Sehn bei dessen Septemberbe Hsuch in Petersbukg vom Jnnenmini jster erteilt. Aber schon Anfang Ok stober erfolgte eine Wendung. Melk jschitvtm A. «Stolypin, Glinta und wie Wie anderen sonst noch heißen m" en Idie vom Petersburger Amtstrog ehe »reichltch gefüttert werden und sich ten anhnlt ihrer Zeitungsaussähe aus dem dortigen Polizeidepnrtement je )den Tag holen, ver-fielen nicht nur in sihren alten Ton gegen Juden, Ostsee sdeutsche nnd innen; sondern ver Isuchten darin ich gleichsam selber zu iibertrefsen Seit einem Vierteljahr hnndert zwingt mich mein Beruf, den Dust russischer konservativer Zei tungsjauche ein paar Stunden täg lich einzuatmen, aber wag die mir jeht zugehenden russischen Tagesbläts :er vom Kaliber der Nowoje Wretnja an haß, Denunziation und Blutgier gegen neprawoslawnyje Untertanen des Zaren allnummerlich zutage s·o·rdern, grenzt schlechterdings an ci nse Psychosr. Der berüchtigte Rennii iow ist nach den russisch - baltischen Provinzen entsandt worden« von wo aus er jeht jeden Tag ein —- wohl sehr gut rentierendei Engrosgeschäit in Denunziationen betreibt, «die die Notvoje Wremja sorgsam registriert. A. Stolhpin, der unanständige Bru der des anständigsten«Ministers, den Rußland je gehabt, führt auf densel ben Hehgebieten eine Sprache, die selbst den Besucher einer Petersburger echtrussischen Teebude erröten machen muß. Der brave Glinla verlangt lurz und bündig die Verbannung al ler Ostseepovinzler mit deutschen Na men nach den sinnischen Bergwertem während der nicht minder brave Pu kllchkktvlksch neulich anempsohlen hat« alle Deutschen, Finnen und Juden in Russland ohne Unterschied in Alter und Stellung zum Bau von strategi schen Bahnen und Straßen hinauszu jagen. Und diese gedruckten Worte scheinen sich nach und nach zu deutli chen Taten zu verdichten: die nnr hin zugegangenen Berichte meiner Ge währsmänner verzeichnen während der jüngsten drei Wochen nicht weni ger alil 27 Judenp rome in Russisch-« Polen, den westru ischen Provinzen und dein Kiewer Generalgonverne ment; das; solche binnen kurzem in Witebst, Mem Odessa, Winnisza, Ki schinew und anderen Orten bervorste hen, sollen die betressenden Gou verneure bereits amtlich nach Peters burg mitgeteilt haben — ob um den Minister von ihrer Arbeits-willigten zu überzeugen, lasse ich dahingestellt sein. Der Präsident des sinnländis schen Abgeordnetenhauses ist aus »ad ministrativetn Weg« siir die Dauer des Krieges nach Sibirien verbannt worden; das gleiche Schicksal scheint nicht minder als 42 baltischen Ritter gutebesitzern russischer Staat-sange härigieit bevorzustehen, über deren Nichtwohl und Weh gegenwärtig in den Petrograder Amtsstuben ver: handelt wird. Der akademischen Jugend, dieser Phalanx russischer Vollenusstände glaubt man diesmal sicher zu sein seitdem das vor Wochenjrist zur Aus führung gelangte neue Gesetz sämtli che Studenten ohne weiteres den Kriegsschulen überwiesen bat — we niger um dem zur äußersten Gefahr ewordenen Ossizierömangel abzu lsen, als um diejungen Brause ropfe damit m die Zwang-innre zu stecken. (Wie rigoros man übrigens nach dieser Richtung hin verfährt, be weift die mir zugegangene Meldung daß aus dem Peterkburger Polytechs nilum allein 2,653 Studierende des Offizierjpreffe überliefert worden sind.) Auch die Arbeiterschaft hat der Regierung noch keine or dentliche Angst eingeflofo sie ver blutet jetzt, als Opfer nilvlaitischei anenschwäche und nitolaitischer Ge lüfte aus den Thron, auf den großen Schlachtfelde-m von Polen und Ga lizien. Der Bauer, sagt nmn dort ferner. hat feine Jugend nach dem Kriegsschauplaß gesandt, der Städte feine Söhne und jungen Brüder. Wes soll da die Aufruhrfnhne schwingen fragt selbstgefällig der betreßte Tfchinownit. Wer? Der Schüsengmbekn ant worte ich darauf. Jene russifchen Ar meemoffen, aus deren Mitte erst vor zwei Wochen im Bereich eines einzi gen Korps 17 Unteroffiziere und Ge meine in aller Stille «revvlutionäte1 Umtriebe wegen« dem Denker über liefert wvrden find. seh hin im Be siie einer Reihe von achrichtem von beklaubigten Na richten, die mich diese —- an sich r ein wefteueopäii schei Ohr unglaublich flingende — Behauptung auffiellen lassen. Uns ich werde mich demnächst bemit n« Mc Behauptung restle zu hegä n Häutung-bitt aus einein ) Briesilamrtett i ’ Das folgende lebensfkische Schrei ben ist Deren Dr. Bernhard Dem bnrg, dem früheren deutschen Rola nialsetretär, von feiner Tochter, die »als freiwillige helferin in einem iKriexzsslazarett sich betätigt, zugegan gen: - Grunewald, 16. Januar 1915.» Geliebte-: Vater-: heute bin ich schon um drei Uhr aus dem Lazatett gekommen, und be knutze den freien Nachmittag, wieder an Dich zu schreiben. Von unserer Tätigteit als altive Helferinnem glaube ich, weißt Du noch garnichts. Seit dem Ersten tannst Du jeden Morgen um sieben Uhr zwei Delierinrken in vollendeter Tracht im Laufschritt nach dem ha ienseerbahnhof gehen sehen. Es ist stets noch duntei, wenn wir ausriieken, und osi bitter naßtalt, wir nehmen stets unserm bestimmten Zug und sind Punkt acht Uhr dreißig auf dem Bahnhof Friedrichsstraßr. dann ha ben wir noch zehn Minuten zu lau fen. Es ist ganz hell geworden, und alle Menschen stürmen an uns vorbei zu ihren Geschäften. Schon von wei tem leuchtet uns die große Rote Kreuz-Fahne entgegen. Es ist ein ziemlich großes, mittelalterliches Haus, mit einem großen Flur, wo ein Riesenschild hängt: »Reserve-La zarett Seel und Bole Wenn wir tlingeln, schlägt es meist DreioierteL Ein Soldat öffnet, in seinem saube ren blau und weiß gestreisten Laza rettanzug. Meist hat er in der Hand einen Besen oder eine Schippe. Nach allgemeinem händeschütteliu denn so wie sie die Kiingel hören, kommen die Frühaufsteher sämtlich aus ihren Zimmern, begeben wir uns eine Eta ge höher, um abzulegen Dann geht jeder zu seiner Stube. Leider liegen sie meist noch im Bett, —- dann ver suche ich ein sehr böses Gesicht zu machen —- es gelingt mir aber nie, — denn alle fünf biirtigen Gesichter ver schwinden verschämt bis über die Oh ren unter der Bettdecke. Nach einer Nutzen, lautlosen Wette kommen zehn Beine zum Vorschein, — und befriedigt von meinem Resultat, rufe ich nur noch »Guten Morgen aller seits, in siinf Minuten tomme ich wieder.« Dann verschwinde ich, um in den anderen Zimmern Visite zu ina chen. · Aber ich muß Dich noch mit mei neu fünf speziellen Landwehrmiinnern bekannt machen. Sie haben ohne Ausnahme im Osten gelämpft und je der eine nicht zu tnappe Wunde da vongetragen Schwere Arm- und Beinschiisse, die wir Gott sei Dank so weit haben, daß die Wunden nicht mehr eitern nnd sich wildes Fleisch zu bilden anfängt, — das Verbinden ist aber manchmal noch schmerzhafter wie eine Operation. Jm Durchschnitts sind sie alle fünfundvierzig aber lieb nnd dankbar wie die kleinen Kinder Draußen auf dem Flur begegnet mir die kleine Nachtschivester in ihrer gro ßen weißen Kleiderschiirze und Hau be, sie hat eine ganz helle hohe Stim me, und redet wie ein kleiner Wasser fall. Sie hat ihre eigene Art, mit den Soldaten umzugehen, die ich sehr komisch und niedlich finde. Wenn sie mit den Leuten spricht, nimmt sie den erzählenden vorzaubernden Ton einer liebenswürdigen Kindergärtne rin an, die um sich eine Zahl Jun gens von drei bie- fiinf Jahren hat und ihnen etwas erzählt, worauf sie sich recht besonders freuen sollen. Vor Weihnachten vom lieben Weihnachts mann, der all die schönen Sachen bringt — vor Ostern vom Osterwo chen mit den vielen bunten Eierchem — zum Schluß wendet sie sich immer an ihren besondern Liebling, einen lleinen duntetn Menschen, mit stillen deutschen Augen, einem sträubenden tartarischen Schnnrrbart und einem tadellos pomndisierten Scheitel: Und nun heintelchen, mein Herzenstind, freuen Sie sich mal tüchtig. Bei die-« sen einschmeichelnden Reden ist es im mer mein größtes Vergnügen, die biirtigen, pfiffigen Gesichter zu beob achten, die halb mitleidig. halb amii-« siert, mich ansehen und doch beifällig dazu gransen Dann verschwindet sie nitt ihrem großen Sammeltorb, denn dies alles geschieht beim Austeilem im nächsten Zimmer· Sie hat für jeden ein freundliches Wort und überall ist sie beliebt. Wenn ich also meine Visite been digt habe und nach ausgemachten fünf Minuten in mein Zimmer komme, sind sie alle fix und fertig nnd fünf große braune Männerhiinde strecken sich mir entgegen, sie wollen das lange Malen sen wieder gut machen. Jest kommt vom ant herunter eine große blaue S rie, die iiber die weiße ge hindert toter-, und das steinern n »Ist los. Das erste: das Fen er weit aus und srische Luft rein lassen. Dann machen zwei ihre Betten und betätigen sichs während ich einem wa schen heise, Stiefel zumachen u. s. w. Dann kommt ein Eimer mit Seifen lauge, das Zeichen, daß alle ver schwinden sollen, denn teinemachen muß ich in aller Ruhe, und nichts wnn es geht: »Schwester dies,l Schwester das.« Sie verschwinden» nur sehr ungern und langsam, denn sie wissen, daß ich auf eine gute Stunde nicht zu sprechen bin. Sie ha ben mir alle so viel zu erzählen, vom Kind-Konzert, von ihren Bxiefen und Gott weiß was. Wohl zehnmal schiebt sich immer ein anderer Kopf durch die Tür und als abweisendes Zeichen hebe ich nur meinen Scheuerlappen. Jch beeile mich immer sehr-, um noch ein Stündchen fiir sie übrig zu behalten, denn von elf Uhr ab wird operiert. Da müssen vorher schon Berbiinde gewechselt werden, Instru mente ausgekocht und sterilisiert sein. Aber auch ein sehr wichtiger Moment ist das Frühstüaem denn manchmal vierzehn Stunden Blut sehen auf lee ren Magen, ist ein Ding der Un möglichteit, auch das stete Einatmen der von Aether geschwängerten Luft macht schlapp und müde. Den Re tord an einem Vormittag haben wir mit fünf Operationen geschlagen, schwere Briiche, Entfernungen von Kugeln u. s. w. Danach ist man aber auch, als ob man selber in Nar tose gelegen hätte. Denn es ist nicht nur das Stehen und Zuguclen, son dern man muß angestrengt auspassen, um im richtigen Augenblick Instru mente rasch reichen zu können. Wir haben liebenswürdige Aerzte, die gerne erklären und belehren. Sie sind menschlich mit den Patienten und be handeln sie mit Achtung und Freund lichkeit. Jch muß sagen, ich habe mich riesig schnell gewöhnt, Tratttiges und Zerfleischtrs zu sehen. aber mein her-z hat doch mächtig gepuppert, wie ich die erste Riesenhand vom Verband frei machen sollte. Am liebsten wäre ich gleich davon gestürzt, aber Scham vor mir und den prüfenden Gesich tern ließen mich nicht los, —- es war aber auch zu fürchterlich. und tein Mensch, der es noch nicht gesehen hat macht sich eine Vorstellung davon. Seitdem kann ich alles sehen, — wenn ich auch oft innerlich furchtbar darunter leide. Man sieht schließlich nicht mehr den Menschen, dem man weh tun muß, sondern man lernt mit dem ärztlichen Auge sehen, was einein selber und besonders dem Patienten sehr zu gute kommt. Nach dem Verbandwechsel sind sie alle treuzsideL denn es ist Aussicht aus ein wirklich gutes und reichliche Mittagessen. Herrgott, was geht in so’n Soldatenmagen, besonders un geheure Mengen Kartoffeln. Wenn wir unsere Operationsmäntel auszie hen, ist es meistens vier Uhr nach-att tag5, dann gehen wir noch runter, um die Verbrennungen. die von der Bi site des Dottorg her geblieben sind, zu vollenden. Unten auf der Treppe sihen sie dann meist alle und richten Lgespannt ihre Augen aus uns, es wäre "doch zu interessant, wenn eine inal bleich mit grünen Rändern uin die Augen und etwas wanienden Schrit ten die Treppe heruntertäme. Etwas enttäuscht fragt ein und der andere: »Na, Schwesterchen, gehts ihnen noch gut?« Die Antwort lautet sit-r sie unbesriedigend. Dann gehts ans Ab schiednehnien und es werden dann noch unzählige Karten an die herzul lerliebste Marie, Martin Rlnra u. s. w. in die Hand gedrückt. Einmal so gar war ich mit einundztvanzig Mann im Zirtus Sarasani. das Ent zücken iannst Du Dir wohl augmalen Neben ntir saß BursiuS, unser Atro hat, der mit sachmäunischen Aus-« drücken jeden halsbrechenden Schwung und Sprung am Trapez erläuterte ,,Sehen Sie, Schwester, die Arbeit da oben och.« Er wußte, wieviel je des Tritot kostete, und wurde mit jedem Kunststück unruhiger. Mir puppert gar das Herz, er wurde or dentlich melancholisch. Am nächsten Morgen habe ich sie alle ausgesragt, vie Eindrücke waren sehr verschieden, und die Urteile originell. Heute sollte ich durchaus mit ihnen in den Kind, aber das regnetische Wetter hat mich davor bewahrt. Jch mache ihnen ja herzlich gern eine Freude, ebenso aber hasse ich es, mich unnötig in Verklei dung aus der Straße zu zeigen. Wir haben Helferinnem die das herzlich gern siir mich tun. nur wollen es dann die Soldaten nicht. Wenn wir um sechs Uhr nach Hause fahren, nicke ich meistens in der Bahn schon ein. Das etwas sehr verspätete Mittagbrot schmeckt nur manchmal, am schönsten ist das weiße Bett. Es ist sehr an strengend, aber auch kolossal befriedi gend, und ein sreier Sonntag ist eine herrliche Aussicht Nun weißt Du doch, womit wir die Zeit hinbrinaem und daß wir nicht ganz müßig sind, — und es wird Dir leichter, unser Leben zu verfolgen. Jch nmarme Dich in Liebe Stets Deine Feiederike. Belgischc Klage. Einer der bedeutendsten Finanzmiin net Belgiens, Ernil Francqui. schleu dert in ven »Times« den Engländekn die Empfindung großer velgischer Kreise ins Gesicht: ,,k-·ieven Achtel der belgischen Bevölkerung befinden sich nocy im Mutietlanbe. Umgehen Don den iämpsenden Heeren, abgeschnitten s »von allen Verbindungsmegen, unter stehen die Belgier den Bestimmungen des deutschen Generalgouverneurs. Nach den Gesetzen der haager Kon vention braucht eine seindliche Ottus pationsarmee nicht für die Ernährung der Bevölkerung in den besetzten Ge bieten zu sorgen. Hilfe tonnten wir allein von unseren Freunden erwar ten, da wir nicht imstande sind, uns selbst zu ernähren. Und was ge schah? Ihr Engländer behauptet, uns nicht helfen zu tönnen, denn uns hel fen hieße den Feind unterstützen; ihr behauptet, den Hafen von Antwerpen bloctieren zu müssen, da sonst der Feind seinen Vorteil daraus zöge; ihr behauptet, uns nicht einmal Geld sen den zu können, da es in die Hände des Feindes fallen würde. So haben Deutsche, Franzosen und Engländer ein eiserneg Band um uns geschwie det. Kein Belgier kann ohne Er laubnis der Kriegfiihrenden das Land verlassen, teiner es betreten und so rou ren sieben Millionen Menschen der größten Not ausgesetzt. Dies war unsere Lage durch euer Wert! Da wurde unter dein Vorsitz des ameri tanischen und spanischen Botschasters eine Hilssattion in Szene gesetzt, die unser Volk vor dein Hungertvde be wahrte; unter amerikanischer Flagge gingen uns Lebensmittel zu: Jhr Engländer habt geruht, im Namen der Menschlichteit diesen Jinport nichi zu verhindern. Aber was tat D e u tschla nd? Deutschland ver sprach, daß auch nicht ein Körnchen dieier.G.abe von seinen Trupp-en be schlagncihnit werden würde, und es hat in der nllerpeinlichi sten Weise sein Verspre chen gehalten. So ist dnnk den Bemühungen des Hilfstomitees und unserer Feinde das belgische Voll fiir einige Zeit vor dem Schlimmsten bewahrt worden· Aber wenn ihr auch weiterhin aus eurem Standpunkt be harrt, dann sind tvir dem Hungertode preisgegeben« peksadtlichtei Stunden-nisten Städtische Bälle bei verschiedenen festlichen Vlnlässen sind ja schon in einer Reihe amerikanischer Städte veranstaltet worden; viel seltener sind ständige Tanzhallen unter unmittelba rer Kontrolle der Stadtvertvaltung und in vielen Fällen scheiterte ein derartiger Plan an den Kosten für die Halle. Vielleicht die beste Lösung dieser Frage hat Redlands, in Südtalifori nien, gefunden, freilich unter huld voller Mithilfe des Wettergottes· Die Stadt hat den ganzen Sommer 1914 Tanzvergniigungen, eines je den Monat, mit großem Erfolg ge geben. Der Ballsaal bestand ade einsach aus einem Geviert asphaltieri ter Straßen, welches zu diesem Behus mit Tauen abgesperrt wurde, woraus man den Boden leicht mit Maisi Mehl besprenlelte. Musik wurde von der städtischen Kapelle geliefert; nnd die geringen Unkosten für das Maiss Mehl und die Zuschauerbänle lvurden durch Subftription aufgebracht, und zwar ausschließlich bei den Ge schästsleuten Dem letzten Tanzvergniigen der Saison wohnten reichlich 4000 Perso nen bei. Eine halbe Stunde, ehe die Straße fiir das Publikum geöffnet wurde, boten berufliche Tänzer und Tänzerinnen Veranschaulichungen der neuesten Tänze. Alles wurde vor züglich geleistet und verlief so ord nungsgeiniiß ivie nur irgend ein der artiges Vergnügen in einem priva ten Heini. Die zahlreich aufgebotene Polizei fand in dem offenen »Poli saal« weiter nichts zu tun, als sich gleichfalls nach Herzenslust mitzu vergniigen. , —- Aal bla u. Gast: Ober, ge ben Sie mir eine Portion Aal! Kellnen Vielleicht Aal blau? Gast: Jst mir egal, ich bin farbens blind. — Mißverständnis. Som merfrifchler (der sich gern wiegen las sen tniichte): Na, erlauben Sie mal, aus der Bie wage werden Sie mich doch nicht t- en wollen? Das geht doch unmöglichl »O B gest fchonz auf der Wage wiegen tote a die größten chenk