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About Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918 | View Entire Issue (March 5, 1915)
Z er arise Ist-end Hintern-sti- von Viiiiia Wolfgang. ··Endiich liabe lchgeeebt. Ei was hocher Zeit, denn lange hätte ich ei iin Dienste des guten Vateii Staat nicht ausgehauen Nun tanii ich tun und taffm. was mit gefätlt. Jeh weide au dein Bueeau auttteien und als vornehmer Mann leben. Abek nicht gleich. Ich ivill die Sußigteit des Aofchieoi durchloften die zur Neige — ich will mit Ge stant abfahien tvie der Teufel. Mein Chef inuß blasen und die Gatten tlafe des Pkäfidenten muß Schnell poita tanzen Jch bin ini Pessidialbureau. O das ift etwas Feine-. Man hat iin Zimmer einen Teppich und ani Leib einen ichtvatzen Otoit —- Jin Neben «iinniet, hinter de-. Tapeteniiir, siht mein Chef, det here Rai, von deni jeder, wenn et ihn sieht, glauben muß, das tann nur dei liebe Gott fein oder zumindeft der Mann. der das Pulver erfunden hat. —- Ja, es ift feht vornehni ini Prasidialbureau. « Nur ich bin nicht vornehm. —- Man hat mich auf diefen Platz gefehl, weil ich der Mageefte bin nnd einein Diplomaten gleichfehe, doch ohne def fen Bezüge. —- Uteine Bezüge sind außerordentlich fchäbig. —- Deshalb muß ich mit die Piäfidialnoblesse zu fammeiipunipeii. Ich inufz es tun, denn dei Chef hält sehe viel auf Re peiifentation. Jch muß immer alle Befuche min defiens eine halbe Stunde warten lassen, damit fie, fiaunkn, ioie viel der Chef zu tun hat. Dann inufz ich im iner eine sorgenfchivere Miene machen geichäfiig heiumfchießen und geheim nisvoll reden, als ob ich etwas Be sonderes wüßte. — Jch inufz den ganzen Tag ins Biireau fein und auf irgen) etwas warten, was nie eintrifft. — Wenn irgend eine Klin gel ertönt, inuß ich springen wie ein Langmut-, das den Bauch voll Ge heiinatten bat. — Briefe an hohe Herrfchaften muß ich fchteiben, in al ten Folianten hetuinioiihlen, tleine Naer überbringen und viele ähn liche Sache-L Das werde ich nun alles los wer den. —- Nnr mein Spiißchen will ich noch haben. Also, das mache ich so. Am Mitt woch ist Empfangen-g Jch tomnie friih ins Bureau mit einein Jäger bemd und Ums-getragen. —- Die Araioatte ist mir leider herunterge ialten. An der Weste habe ich nur einen Knopf. Der Rock ist uralt, ge siint und viel zu eng· Die Hvse bot berausgebdhrte, glänzende Knie nnd unten Fransem Das Prachtstiick sind die Schuhe. — Die baden teine Absäyh dafür aber berunterbiivgende Sohlen und vorn kann ich, die Zehen heran-stecken nnd damit spielen. So ausgerüstet nehme ich im Prä sidintbnrenn meinen Pius ein nnd riinche rnir eine Zigarre on. weiche drei Pfennig tosiet und höchstens zum Ausriiuchern von Füchsen verwendet werden sotstr. — Kein besserer Fuchs wirv diesen Rauch vertragen. Jch rsiuche eine Weile nnd schneide mit der Scheere die Ecken von den Alten ird. —- Dann bringe ich in ei nen dickleibigen Att ein wenig Ver wirrung, indem ich bei den meisten Ziffern und Attzahlen aus den Nul ien Nenn-r .und aus den Sechsern Nullen mache. — So unterhalte ich mich eine Weile ganz gut. Dann lornmt der Baron Meyer, mit welcher-r unsere Behörde sehr große Gelaiiiste macht. Er ist sehr nobel Jch setze mich in Position mit übereinander aeschlagenen Beinen nnd frage: »Bitte wünschen Sie, lieber Herr?« Dubei schnippe ich leutselig mit der rzroszen Zehe des linlen Fu ßes und der Nebenzehe die gerade neuaierig lreroorgurlerh —-— Der Ba ron ist ossenbar ein Mensch von et was steifen Manieren Er schneidet ein Gesicht und sengt hochnasig ob der Nat be- ist. Jch sage: »Aber ja, gehen Sie nur hinein, aber bitte ohne anzutlopsen.« Der Baron geht hinein, ich höre nichts und verzehre einstweilen mein Frühstück, bestehend aus drei recht täsigen Quargeln und einem iilteren Jahrgang Ertraronrst, dazu eine Brotrinde. Es schmeckt vorzüglich und ich befinde mich sehr wohl. Aus einmal tomnit der Baron wie der heraus und sagt mit sonderbarem Lächeln: »’tschuldio,en Sie, der Herr Rat ist gerade sehr mit Nachdenken be schiistigt, so daß er meine Gegenwart an: nicht bemerit. Möchten Sie viel leicht die Giite haben, ein wenig zu verwittean »Warum nicht« erwiderte ich freundlich und gehe hinein Ah. das ist aber merkwürd Der Rat sitzt in seinem Lehnstuh und schliist wie ein Nachtwächter. —- Jeht ver stehe ich, warum ich den Austrag habe, niemanden unan emeldet ein julassern —- J schaue n die Sonne, die dar enster hereinlacht, da irrat es n ter ase, und Apis-si nieseich wie eine Kanone. Der ichIim tii t aus, als ob er ein Torpedo versch nat hiitte. —- Dabei wirst er die Tinte um nnd befleckt ein Maiestäisgesuch —- Sein Gesicht allein ist wert, date man iiinssJahre ohne Adjutum dient Or stottert: »Drehe die Ehre, Herr darun. May zu nehmen. Wahn sinnig viel zu tun. Unioohtsein.« Der Baron lächelt. Der Rat sieht mich wütend an. Seine Augen tre ten hervor wie GalläpfeL Aber er sagt nHts mehr. —- Der Baron iiis chelt merimiirdig und macht nichts als: »Ijsisi«. Jch mache eine Ver beugung. wobei mir ein Blechinapf abspringt und unter den Tisch rollt. —- Dee Baron hiilt sich die band vor das Gesicht. Jch halte meine Vose sesc und verschwinde Die Unteiredung dauert nicht lan ge. Der Baron geht« schnuppert noch einmal in meinem Zinnen der Geruch scheint ihm nicht zu passen. Dann ist er fort. Gleich daraus kommt der Rat herausgeschossem »Wie tönnen Sie den Herrn unangemeldet bei mir ein treten lassen? Warum haben Sie ihn nicht warten lassen? Jeh ienne mich ja nicht aus vor Arbeit.« »Das wollte ich eben dem Herrn Baron-eriliireii. Er meinte, Herr Rat hätten geschlafen. Jch wollte thn gerade auseinandersetzen, daß dies teinen Schlaf, sondern die äu-( szere Form des Dienstes höherer Viongllassen darstellt. — Leider muß te ich niesen.« « »j iir eine solche Dienstleistung Lunte ich bestens.« zischt der Rat und. nsustert mich von oben bis unten. »Auch scheinen Sie, herr Doktor. vom standisgeniäßen Benehmen eines Beamten keine Ahnung zu haben-" »Das tut mir aber unendlich leid. Sollte ich in irgend einer Weise die iinzusriedenheit des Herrn Rates er regt haben?" »Wie sehen Sie denn aus? Am Besuchgtag wagen Sie es, in diesem mehr ais saloppen Auszuge ins Bureau zu kommen, wo Sie doch mit besseren Leuten zu tun haben?« »Ach so, daran habe ich nicht ge dacht. Uebrigens ist dies leider mein einziger Anzug-« Jch ziehe mein enmuax in wei chem ich etwas Zwiebel habe, nnd führe es an die Nase. Meine Augen fangen nn zu tränen und ich verietze meine Stimme i.1 ein leichtes Vibriei ren. - »Es ist mein einziger Anzug. Es sind meine einzig-n Stiefel, mein les leg hanc-, meine einzige Unterhoie. Jch bin Orts und Staatspraktilant, tkoollen das herr Rat gütigst beden en.« »Ach was, Sie haben fünfundvier zig Mart monatlich. Das ist ein schönes Gelt-. Da brauchen Sie nicht so herumzulaufen.« .O, here Rath. Belieben gütigfl auszutechnei., wieviel auf Stiefel nnd Kleider bleibt, wenn ich filan zehn Mart fiir die Wohnung zahle und täglich nur unt eine Mart Essen brauche.« »Es ist ein Sinndnl, ein Stan dal,« jammecl der Rat. »Das lotnmt in die«3eitung. Wir sind kompro miliert durch Sie." Jch zuckt demütig die Achseln und sage nichts« als: »Ju, leider, fünf nndvierzig Mart..." Der Rat schnuppert in der Luft wie ein Korniclei. »Die: riecht es aber sehr eigentümlich« »Verzeiht-L her. Rat. Das ifl mein frugnleö Mahl. Das large Mahl eines hof« und Staatspraltp lauten. Qienegeln nnd antiquarische Plerdewurst.« - »Das ist ein Slandnl,« fchnanbt der here Rat vergeh-n murmete ich. »Un, inni undvierzig Mart...« Der Rat verschwindet Jch glaube, et will mich los werden. Seine Ab wesenheit benühe ich, um einen schö nen, wichtigen Geheimatt in den Osen zu stecken. —- Wiihrend er leise verglimmt, bedauere ich, dasz ich nicht mehr dabei sein werde, wenn sie ihn suchen werden. Ein Brief liegt da, welchen ich er pedieten solt. —- Er ist nn eine un geheuer hohe Persönlichteit gerichtet und besagt in den Ausdrücken der tiefsten Erqebenheit, dasz der von dein hohen Herrn empsohlene Beamte sicher angestellt werden wird, obwohl et nicht schreit-n und lesen kann. Jch steete diesen Brief auch in den Osen und schreibe einen anderen. Er lautet: P. T. Mit Bezug aus das lästige Schrei ten oom 12. d. M. wird Jhnen mit geteilt, dass das hohe Amt es nach gerade denn doch schon endlich ein mal satt hat, sich mit der verdammten Protettionsnirtschast herumzuschla gen. — Wollen sich Euer Wohlgeboi ren anderswohin bemühen, toir brau chen nichtg, wir sind schon mit Posel siir die nächsten dreißig Jahre verse hen. —- Dies zur Darnachochtung. Mit der nötigen Hochachtung usw« usw. Den Bries schicke ich gleich mit ei nem separaten Diener ern den Exceli lenzherrn Kaum ist dies vollbea i, ertönt» schon die Klingel des Peä deuten. — beleibe sehen. : ie Kilngel ertönt noch einmal» Rasch« dreimal hintereinander. Schritts nnd wütend. l J «hletbe sism nnd denke mir, jest at ee schon seinen Kops rot wie ein idornee Mise. Die Klingel beginnt nochmals zu raten. » den. Fest sehe ich mich langsam in Oe nr gPräsident empfängt mich wie ein briillender Löwe. « Was-eint kommen Sie nicht augen blietlich, wenn ich isnteW Entschuldigen here Präsident erge benst. Jch war draußen. »Wie dranszeni« schreit er. JNnn draußen. Wie foil ich nur-l sagent Ei ist nicht standesgemiiß. diesen Ort zu nennend· » «Da3u brauchen Sie so lange?« «Uerzeilsen, Herr Präsident. Ich» esse wenig, und habe daher wenigi Uebung.« s »Sie werden sofort das Präsidials burenu verlassen. Verstandeni Jch werde Sie der Registratur zuteiien.'« »Das werden mir here Präsident doch nicht antun. Jeyt gerade, wo ich mir eine ganz neue Gnrderobe an getchsltt habe« Der Präsident betrachtet mich wiis tend nnd macht nichts als »Hii«. Jch sage mit zitternder Stimme: »Es bleier mir nur jeden dritten Monat zwei Pfennig für Kleidung.« Der Präsident wallet und siebet und brauset nnd zischet. »Unerhörter Standai. Sie sind ein freches Sub jett.« Und Sie ein Dummiopf.« :Wns sagen Sie da, Sie haben sich einer Amtsehrenbeleidigung schuldig gemacht!« Jch bin auch Beam «SIe auch. ter...« »Aber das freche Subjekt tann ich beweisen-" »Und ich den Dummlopf. Das gleicht sich aus· Uebrigens habe ich nicht angefangenk Der Prasident starrt auf mich tvie ein wilder Stier. Dann ergreift er das Tinienfafz. gsch nicht faul« springe auf den Tisch, daß die Arten im Zimmer herumslie gen, Pariere mit einein Lineal das Tintensnß nnd säbel: dem Gegner die Perücke von Kopf. Jm Nu find wir handgemein Ober ich bin flin ter Jch triege ihn bei feinem run den Schadei zu fassen und hämmere niit feiner Nase auf die elettrifchen Taster, daß die ganze Dienerfchnft zusammenwqu Da plötzlich, zu meinem Erstau nen, reißt ter Kopf ab Entsetzt lasse ich ihn f-.It)ren Er plumpst zu Bo Eg dröhnt ein dumpser Schlag. —- Die irde zittert —- nnd ich bir erwacht· Alles ist nur ein Traum. ——— — -..—-— ; Zonnensiutternis. i i Von Magda Tisoit »Die Kosnten toniinen!'« Wie ein einziger Ausschrei tönt’5 durch das kleine ostpreufzische Dorf, furchtbar, schreckenerregend. Alles, wag sich bis her zitternd und zagend in den stroh gedeetten hätten verborgen hat, stürzt hinaus, in wilder Hast, nicht nach rechts und lints schauend, nicht der brennenden Augustsonne achtent, nur fort, geradeaits, ftolpernd, schreiend, ischluchzend — fort aus die Land Tstraße, uni wenigstens das nackte Le Jben in Sicherheit zu bringen. Man Hreißt die auf der Straße arglos im Staude spielenden Kinder hoch, ieiszt sie niit fort —- vergißt auch hier und »du eines, das erst ganz sussungslos sfeine tisinderaugen uinhersfikweifeii :(iißt, dann aber zu weit-en an ngt. s Die Kosalen lonimen wirklich jWie hungrige Bestjen diitchstöbern ie die hätten, schlagen nieder, wag sich ;ihnen in den Weg stellt, johlen bei je der neuen Mordiat iaiii auf vor Ver gniigen und stecken mit »Heissa!'« die Häuser in Brand. Die beitanbten, sonnenverbrannten Gesichter gliilxeii dor niedriger, tierischer Leidentchast Würfte, Brote, Schinleii, Butter, al les, wag die Vorratslaininern bergen, schleppen sie zusannnen, um mitten im Dorf auf dein freien Plan ein Mahl zii hatten, iind dazu sollen ih nen die Brandsaaeln leuchten. Hei, wie das schmeckt, während ringsum das morfche Holz. an dein die feuri gen Zungen nagen, tnucktt Wie es dann Prnsfeliid zusamnienstiirW Heissm wie die Funken auf den Dei cheri. tanzen, wie die rauchenden Strohbündel durch die Luft fliegen, iiin verglimniend zufaminenzusallint Die böitigen Gesichter glänzen vor Befriedigung Frohloaend schauen sie auf ihrer Hände Wert nnd der schwören sich gröhlend, ans ganz Deutschland nur einen einzigen Schutthaufen zu machen nnd das ganze Volk, einerlei, ob Mann, Frau oder Kind, zu vernichten. Während sie so sitzen und essen, schallt plötzlich angstvolles Kinderw schrei. Als fie aufblicken, sehen sie, wie einer der Ihren ein etwa vier siihrtges, blondloetiges Mädchen trägt, das sich verzweifelt gegen die Umar iniingen des rauhen Kriegers wehrt. Die blonden Locken ringeln sich um ein reizendeö Kindergesichi, aus dem die großen, blauen Augen voll Angst herausschauen Es ist nur in ein lan ges, weißes Nachtgewand gehüllt, wahrscheinlich hat es in sanftem Mii tagschlaf gelegen, als die Verwüstung hereinbrach. En elgleich steht es jetzt inmitten der Ko aien, aber schon hat einer den krummen Säbel aiis der Scheide gezogen, und in der nächsten Selunde tollert das blonde Locken gatipt zwischen den Eßvorriiten auf r Erde. Sie haben laut gelacht, als das unschuldige Kinderblut sprit te, und-haben sich nicht geschwi, M süße, erblaßte Kinderantlih aus die Lanze zu spteszen und weiter zu essen. Einige ganz wenige hat das Gran sen gebaut, sie haben sich abgewandt und sind leise davongegangsem Aus tad« Losenhaupt strahlt die Sonne unds webt einen goldigen Schein um das engelsgleiche Köpfchen Viertelstunde aus Viertelstunde ver gehen, der reichlich genossene Wein und die schwitte Vise der August-Mit tagssonne machen die Leute müde. Sie wersen sich der Länge nach aus den Boden, um auszuruhen. Aber nicht lange. Einer nach dem andern erhebt sich, blickt forschend und unru hig umher, weckt den schlafenden -.s"iachbar. Was ist dar-? Noch steht die Sonne hoch am himmel, noch ist kein Wölkchen am Horizont zu se hen, und doch liegt es wie ein blei cher Schatten über der ganzen Ge gend. Fahl und saht, grauer und grauer wird das Sonnenlicht, und als der Blick der Soldaten aus das Kinderhaupt fällt, da sehen sie mit Entsetzen, daß ein grauer Schatten darüber gleitet, der die Haut blendend gelb erscheinen läßt. »Seht, seht!« zittert eg von den Lippen der Leute. Fahler und sahler uoitd das Licht, graues und dusterer swikv vie grau-n Dabei seien-u viel !Sonne. Jn den Bäumen stiegen dieI Vögel angstvoll zwitschernd umher, ein Unheimliches liegt in der Welt. Kei ner spricht mehr ein lautes Wart, keiner wagt, den anderen anzusehen." Nur einer, ein bärtiger Hüne, reißt mit abgewandtern Gesicht die Lanze aus dem Boden und schkendert mit ge waltigem Schwunge das Rinderhaupt herunter. Jent ist’s unbeinuich grau geworden. Jeder Laut in der Natur ist verstummt, und angstvoll harren die Kosaten des Kommenden. Jst’s nicht, als sollte in der nächsten Se tunde Schweset vorn Himmel fallen? Jst das des himmels Straer Da raunt es einer dem Nachbarn ins Ohr: ,,Weltuntetgang!« Erst geht das furchtbare Wort flüs sternd von Mund zu Mund, aver in wenigen Minuten ist eiJ angewachsen zu dem gräßlichen Schrei, der sich aus allen stehlen loötöst, in wilder Furcht und grenzenloser Verzweiflung: «Weltuntergangt« Der Hnumrt hat die Freveltat gesehen, der Himmel schiät die Rache. Es gibt leln Ent rinnen, das Ende naht. Da heulen sie auf wie die Wahnsinnigen, deireus zigen sich, schlagen an die Brust, wer «fen sich zur Erde und stammeln ihre Gebete. Aber die wilden Verzweif lungifchreie nützen nichts-, denn immer unheimlicher wird die Beleuchtur-g, nnd gespenstisch tanzen die gelbgtauen Schatten ans der Erde unihei. Weltuntergang! Auf deutscher Erde straft sie der Himmel fur ihre Freveltat. Der deutsche Gott nimmt Rache —- da relfzen sie sich empor-, fort, nur fort von unrechtiniifzigeni Boden. Sie werfen sich auf die Pfer de, die jagen zurück im toltfien Ga lopp, und wahrend ihre Schenkel die rasenden Tiere umklammern, tveri sen sie die Hände hoah empor, Gott anrufend. um Gnade und Erbarmen flehend. So jagen sie davon, das Weltgericht im Rucken wähnend. Die bleichen Sonnenschatten glei ten iiber die Erde, ürer das tote, aug gestorbene Dorf, haschen iibei Blut lund Leichen. « ei si- « Trontbetensignalr. Tromnielivirbelk Die Deutschen! Sie lommen. Lei der, leider zu spat, um das Grauen hafte zu verhindern. Jni tattiniißts .qu Marschfchritt, mit gesenkten Blit ten stampfen sie die Dorfstraße ent lang. Dann aber hebt wohl der eine »oder andere den Rai-f, stößt den Ka «ineraden an und zeigt zuni fahlen «Sonnenhiinmel empor. Lante, helle Rufe unterbrechen die Stille. Man hebt die Köpfe, man lauscht. Mitten durch die Reihen schreitet der Kont finandeur mit seinen Ossizieren, nnd Hmit erhobenein Arm aegen den fahlen Himmel weisend, ruft er hell: «Achtiing, Leute, beinahe hätten tvir es vergessen —- Saiiiieiifinsternis!« ———-. .—.—-— Die »wir-ruhe dotfmeeeiusu Königin Liiife fdsrieb einmal an ihren Gatten den folgenden Brief: «Allerdurchlanchtnistet-, Großinäch tigfter König und Herr! Unter den vielen Bittfchriften, sie Jhte Königlichen Majeftäten täglich bekommen, möge lslott der Herr wol len, daß diese mit einem gnädigen Blick beleuchtet werde, damit meine alleruntertönigfle, demütigfte, weh miitigfte Bitte nicht unbefriedigt bleibe. hierbei lieaende Strümpfe sollen als Proben meiner Geschicklich teit und der Strickertunft zum Be weise dienen und mir hoffentlich mein Gefuch zu erlangen helfen, es besteht nämlich darin: daß Jhro Majeftiiten die Gnade fiir mich hät ten und mir zuliinftig alle dero Strümpfe ftricken lassen und mir da bei den Titel als wirkliche Jofftrib fteein alletgnädigfte erteilen lie en l Diese hohe Gnade würde ich all mein Leben in tieffter Untertiinigieit iertennen und mit dankbarem Herzen lerfterbem Ew. Königl. Majeftiit f » als untertänigfte Magd f »Ah und Untertanin i Lttise.« « si- Irren-Wirth Slizzc von Lilli Gran. Rrrrr — —- - « « Der Zug hielt plöhlich : An den Fenstern erschienen er schreckte Gesichter-, Ausruse des Schreckens wurden’lant, Fragen. ent rüstetes Schreien Mißvergnügtek und Ungeduldiget erfüllte im Nu die Wa gen. - Der Bahnhossvorsteher guckte die Achseln. Zwei Männer tletterten aus ihren Abteilen und liesen zu ihm, Austunst heischend. Die Schassner baten die Reisenden, ruhig auszusteigen nnd aus den näch sten Zug zu warten, der in einigen Stunden abgehen würde. Jetzt thun te man eben nicht weiter. Trupp-n transporte seien gemeldet, da müsse alles zurückstehen, selbst die vstpreu ßischen Flüchtlinge müßten toarttn. Es ginge eben nicht anders, und als ihr freundliches Zureden nicht mehr half, wurden sie grob, und endlich war der Zug leer. Lisa von Poggner stand vor dem kleinen Stationsgebäude und ver suchte, ntit Hilfe eines Bahnbeamten einen Wagen zu belommen, der sie nach dem einige Stunden entfernten Poggnershos bringen tönnte. Als sie endlich aus einen larrenähnlichen Gefährt Platz gesunden hatte, ienfzte sie erleichtert ans. Dann blieb die Station zurück mit allen den ausgeregten, lärnienden MxnschenH Sie atmetc erleichtert au . So fuhr sie durch die nebelgratte Morgendäntinernng der Heimat ent gegen. Lang dehnte sich die Land straße. Von Westen her lam ein feuchttvarmer Wind, es rieselte fern hernieder. Die junge Frau sah iiber die Stoppelfelder, die so herbstlich leer lagen. Der Nebel ward dichter und schwerer, der seine Rieselregen stär ler. Lisa sah zum Himmel auf, auch der war grau und trübe. Lag ihre ganze Zutnnft nicht auch ;o vor ihr: tichtlos, einförmig? Sie erschauerte. E E E Und dann stand sie in Poggners hof, und die Tränen strömten iiter ihr blasses, schmerzzerwiihltes Gesicht. Sie hob die Hände auf zum Himmel, als wolle sie ihn anrufen, daß er Zeuge sei des Jammers, des Etends, des Grauens. Jhr Herz wollte zer springen vor unendlichem Weh. ls III P Jrgendwo fand sie den Jnspeltor. »Gn·ridige Frau, das Unglück« — Jeyt erst sah er, daß sie ein Wit stventleid trug. Da schrie er auf, »und die hellen Tränen stürzten ans Tseinen Angen. »Unser Herr, der liebe, gute Herri« ’ »Vor vier Tagen erhielt ich die JMeldungt »Bei Tannenbera ge fallen«.' ; Der Schmerz schüttelte sie aufs »nene mit grausamer Gewalt; sie schlang die Arme um den vertohl »ten Pfosten, der ehemals das Tor ge halten hatte, und fand doch teinen Halt, teine Stütze Jäh richtete sie sich dann auf. »Ich will alles sehen, Nitolsen; führen Sie mich.« Es war ein trauriger Gang. Leere Ställe, ausgeraubie Scheunen, Gar ten und Part bluteten aus tausend iWnndern das Schloß elend vermä ;stet —- das war Poggnershof s Ju der Halle saut Lisa ans einen sder alten, schönen Stuhle nieder-. sDer rote, ehemals so tostliche Brolat iwar zerschlitzt, die weiche Füllnng quoll heraus nnd schleifte auf dem Boden. Die Witwe stiitzte den Fious in die Hand. »Wie tonnte das nur alles geschehan War denn niemand hier, der« —- —— »Ach gnädige Frau, was wollten wir paar hier anfangen gegen diese Schwärme. ilnd dann waren nie fremden Arbeiter ja auch fort, als die ersten Rassen sich zeigten« Lisa nickte trostlos. Freilich, wie tonnte es auch anders sein. Was band die Fremden hier an die Schotte! Nichts Ererbtes, nichts Er arbeitetes. Sie tamen und gingen, so tote es nötig war. Das Gefühl der Zusanunengehörigteit zwischen Herr nnd Knecht war ihnen fremd, wie tonnte es sie da tümmern, was aus dem Besitz des Besitzenden wurde. Aber Schamröte färbte dunkel ihr Antlitz. Sie erinnerte sich des Tages, da Herbert von Poggner Ab schied nahm von ihr und den Kin dern, da er ihr die Herrschaft über den Hof übertrug und ihr seiner Väter Erbe anvertraute, daß sie es schühe als sein tapferer, guter Ka merad. Und dann mehrten sich die ersten drohenden Anzeichen des russischen Einfalles. Und mit ihm zugleich ta tnen Briefe und Telegramme besorg ter Verwandter aus der Reichshanpt stadt, sie möchte Poggnershof ver lassen und den sicheren Schuh Ber lins aufsuchen. Das sei sie sich und den Kindern schuldig. Da vergaß fie, was sie in jener großen Stun de dern Gatten gelobt, und reiste ab smit den Kindern, und wartete auf »ein Wunder. s Indessen aber tamen die Räuber nnd reden Poggnershos leer sind verla . . »N tolsen, das alles —- allei hätt uiio erspart bleiben können, wenn ich hier« —- —— Jcn heißen Schmerz der Selbstantlage rang sie die Kind-. Der Verwalter sah trübe arti sie nieder-. »Nicht alles. das wohl kaum, aber manches wäre gewiß anders ge .t»vrden, wenn die Rassen hier- nicht salles so gottverlassen gefunden hät lten! Und ich — ich konnte nichts zschassen gegen sie. Weiß ich doch tell-er nicht« wie ich davongeioinnieii bin init heiter Haut«. Lisa stand langsam aus. »Ich will sehen, ob ich hinaus tann in rseii oberen Stock«. Die schwere, eichene Treppe war schwarz vom Feheriauch, auch in den Raumen hier oveii herrschte das gleiche Elend. s An der Wand, neben dein Fenster-, shalb vertteclt durch zerrissene Bor hänge, hing ein Miniatucvild. Es war der Zerstörung entgangen, da es den Rassen gewiß als zu lveitloe und gering erschienen war. Lisa nahin das alte Bild herab. Es war ein stilles, feiner- Frauenge sieht, rein, keusch- iinsagvar edel. Hervert von Yoggnets urgroszaiai ter. Wie verloren sah Lisa nieder aus rie zarten, verblaßten Farben. Diese stille, sanfte Frau hatte da mals, als das Land lvilst war von ten Greueln des großen Besteiuiiggs kriege-F den Pflug selvst gewart, halte mit Hacke und Spaten den Hierhin-spi ien Boden aufgerisseii und gearbeitet, daß in Poggnershos wieder neues Leveii zil vluheii begann. Und als dann der Gotte nicht heimkom, da war sie erst recht ver Herr aiif Poggnershos, nnd sie erhielt ih:eii dtiiidern das Erde. llever das Gesicht der blassen Frau am Fenster raniien diriere Italien. »Und let-, -—— nnd ich —— ich lces da vori, als die Rot am groizien war, ich vergaß den, der draußen sur seine Kinder, sein Weilt lcinipsie nnd siard, ·ii der angstlicheii Sorge am nseiii tieiiieg Ich Ich verließ den Hof lind gab ilni der Vernichtung preis, aasi nichts mehr bliev —- nichts mehr«. Da war nir, ais brenne sie oao Elsenbeinbild in ihrer Hand. Und ihre Tränen versiegten jah, mit weitgeössneten Augen sah sie useder aus das Frauenbild. Jhr schien es, als spräche es zu ihr in seltsamen strengen nnd doch so nn endlich guten und tröstenden Wor tell. Lisa richtete sich ans. »Hab’ Dank, Frau Johanna, du Reine, Grec. Und wie du mir jetzt die Kraft givst zur Ruhe nnd Fassung, so gib ian auch weiter die sei-ask zur Arbeit, zum Gelingen,· gib mir demen Segen. daß ich es sertigbringe, dein heilige-« Vermächtnis zu bewahren, den Hof zu halten, siir deine Enkel«. Jhre Gestalt strasste sich, mir festen Schrit ten ging sie hinunter in die Halle. »Ritolsen, alles haben die Rus sen nicht genommen. Das Kostba ste ließest sie uns da, als ahnten sie, daß wir es brauchen wiirden für die Zutunft«. Sie hielt ihm das Bild entgegen. Der Verwalter verstand sie. »O gnädige Fran, den Ehrenplatz im ganzen Hause soll es betone nien«. « »Ja, den Ehrenplatz, Nitolsen, wenn Poggnerghos wieder so steht, wie es vordem war. Wir müssen es sertigbringen zusammen. Haben Sie Vertrauen zu mir? Wollen Sie mir i;elsen?« Der Alte sah die Frau erschiittert an. Er gewahrte dei: Schein einer tiefen, reinen Freude aus ihrem Antlitz, sah, wie die Trostlosigteit des Kummers daraus aewichen war. Er ahnte, daß Lisa von Poggner eine große, heilige Stunde erlebt hatte. »Ich will Ihnen nnd den Kindern dienen mit meinem ganzen Leben. So, als wären Sie der .5,)err'·. Von der Dorsstraße herein klang das Stampfen von Pferden. .,Gniidige Frau, es kommen Flücht linge zurück. Das Land wird wie der voll. Nun wirds auch nicht« mehr lange dauern« dasz das Reich uns Hilfe schieltl« Sie niste. »Ja, es wird Hilfe kommen; aber Nilolsen, wir selbst wollen nicht müßig sein. Und —- fie lächelte unter Tränen —- »der alte Gott lebt noch!« »Und der hat noch keinen Deut schen und teine tapfere deutsche Mut ter verlassen!« vollendete der Ver walten Es klang inbrünstig, wie eit Gebet. — --f——-— — Aus eigener Erfah rung gesprochen. —— Kriegsge spräch· Die Stimmung ist sehr zu versichtlich. ,,Selbstverstöndlich wer den wir siegen,« meint mit holdem Erröten ein niedlicher Bndfilch »denn iver könnt-.- wohl unsern Leistunan widerstehen!« — Ein Faulpelz. —- Bekann ter (aus der Hauptstadt zurückge tehrt): Jhr Sohn, der Student, läßt Sie auch grüßen! Vater: Natürlich, der Fnulpelzk Nichts tut er mehr selber, alles läßt et andere beforgenl 5 I