Nebraska Staats-» Anfeiger und II set-old. Grundqu -ebN »F1'km-ll sen-thun tx· « « — Tsnmotecste von Reinhold Drinnen-L Jch war siebenundzwanzts Jahre alt geworden und hatte eben das Glück gehabt, eine sehr woblbabende Tante zu beerben. Während sich bis dahin eigentlich tein Mensch um mei ne Herzensangelegenheiten und um mein künftiges Lebensglück gekäm ert hatte, tauchten jetzt plötzlich von en Seiten liebreiche Seelen aus« die mir durchaus dazu verhelfen wollten, an der Seite eines reizen den, jungen Weibchens einer der bes» neidenswertesten Sterblichen zu wer-l den. Ich gestehe. daß ich selber dazus nicht übel Lust verspürte nnd bei derl mir leider angeborenen Setnichternil heit und Unbeholsenbeit in der Tat wenig hoffnung hegte, durch eigene Unternehmungstust an das loaende Ziel zu gelangen. Mein bisheriges Leben war nicht danach angetan ge wesen« einen Salonlöwen und Her zenestiirmer aus mir zu machen. Und wenn ich iiberhaupt eine nennenswerte Tugend besaß, so war es höchstens die Tugend der Bescheidenheit. Nichts war mir so schrecklich, als die Vor stellung, daß ich bei irgend jemand Anstoß erregen könnte. All mein Be streben war daraus gerichtet, jedem nur das Angenehmste zu sagen und von dem schönen Geschlecht, das ich noch so gut wie gar nicht tannte, hatte ich die denkbar höchste Meinung. Unter solchen Umständen war ich begreiflicherweile sehe geneigt. einer der erwähnten lief-reichen Seelen die Mühe der ersten Auswahl zu über lassen, nnd ich fühlte mich einem Ber liner Vetter dritten Graden aus das Jnnigste verpflichtet, als er mir eines - Tage-«- drieflich mitteilte, es sei ihm l durch den glilcklichften Zufall von ver Weli gelungen, gerade des Richtige fiir mich zu finden. Es handelte sich um die achtzednjiihrige Schwester ei nes Gefchöftsfreundes, ein bezaubern deg, junges Mädchen mit einer gera dezu erdrückenden Jiille von Vorzu gen. nach Anlage und Erziehung wie fiir mich geschaffen. Auf eine groer Mitgifi war dürfe ich nicht rechnen, aber ich« ei ssr in der glücklichen Lage, iiin des edlen Kernei willen auf die goldene Schale verzichten zu können. Die Familie sei natürlich höchst an ständig und lebe in den angenehm sten. bestgeordneten Verholtnilsen. Er habe in meineianteresse schon ein wenig sondieri und glaube mir eine freundliche Aufnahme versprechen zu dürfen, obwohl man begreiflicheri ioeise sehr wählerisch sei und nicht daran denle, ein so seltenes Kleinod dein eriien Besien anzuvertrauem Man kann sich deuten, wie mir· auf eine solche Schilderung hin der Mund wässerte. Es wurden noch ein paar weitere Briese gewechselt; dann fuhr ich zur Brnutfchau nach Ver-in. Die Pröliminarien wirren in der Weise geregelt worden, daß ich zu nächst eine «zufiillige« Begegnung mit dem Gefchiifiefteund meines Vetters-, dem Bruder meiner Zuliinitigen, ha ben und dann von ihm zu einein Mittagessen eingeladen werden sollte, isei dem auch Fräulein Gerda mit ihrer Manier erscheinen sollte »All« übrige," sagte mir mein lieureicher Vetter beim Empfang aus deni Bahnlsof, »wird dann eben ganz von Deiner Gefchicllichleit abhängen, dich bei der jungen Dame wie bei ihren Angehörigen in das günstigste Licht zu feseii.« Jch erwiderte etwas benommen daß ich zu meiner Geschicklichkeit in diesen Dingen nicht eben allzu gra fkei Vertrauen hätte; aber er beru higte mich lächelnd. inn paar Attigleiten, namentlich fiir die Damen, wirst du doch toohl aufbringen können. Und um ihnen für geistreich und unter-haltend zu gelten, hast du schließlich nichts wei ter nötig, als hier und da eine bog hafte Bemerkung iiber andere zu ma chen. Das ist unter Umständen noch wirtsamer als eine Schmeichelei.« Das Rezept wollte mir zwar nicht über die Maßen gefallen, aber ich hatte ein so schranlenlvses Vertrau en zu ver Weltgetpanbheit und Men schenienntnis meines Vetter-, daß Ich mir doch vernahm, wenigstens im Rotfail davon nach besten Krä ten Gebrauch zu machen. Die zufa· ige Begegnung mit dem Geschäftsfreunde, einem sehr an enehmen unb elegantrn herrn Rogaen aum, fand, tvie verab redet, in einer Weinftube stati, nahm einen durchaus erfreulichen Verlauf und endete damit,· daß er mich bat, am nächsten Mittag »a la fortune du bot« einen Löffel Subpe bei ihm zu essen. Leiber war mein Vetter durch unvermiilete geschäftliche Ab niachungen verhindert,«mich zu beglei teni und er konnte mir nicht einmal den ersten Abend wir-wen Aber er hatte die Liebenswiirdigteii gehabt, mir ein Billet siir die Oper zu besass gen. und da ich durch derartige tünstis ierische Genüsse noch nicht allzusehr verwöhnt war, unterhielt ich mich ausgezeichnet —- abgesehen von eini gen Verdrießlichteisen, die meine Nachbarschaft mir bereitete. Die Einladung für den nächsten Mittag lautete aus drei Uhr. Weil man mich aber in meiner Kindheit strenge zur Punttlichteit erzogen hatte, hielt ich es für besser, schon eine Viertelstunde vorher zur Stelle zu sein. Das Dienstmädchen empfing mich mit einem —- ipie mir scheinen wollte — etwas verwunderten Gesicht und führte mich in den sehr hübsch eingerichteten Salon mit dem Bemer ten, die Herrschaften würden jeden falls gleich lominenx Nichtsdestoweni ger blieb ich volle siinsiindzwansig Minuten-allein, und als dann endlich herr Roggenbaum in tadellosem Ge sellschastanzug erschien, erschöpste er sich in Entschuldigungen, daß seine Gattin, durch ihre Hausfrauenpslichs ten bis zum lehten Augenblick in An spruch genommen, sich bei der Toilette etwas derspätet habe. »Auszerdem,« siigte er mit einem lleinen Lächeln hinzu, ,,hatten wir Sie ja auch. osseii gestanden, so sriih noch nicht eiidartet.'« »Mein Gott," sagte ich erschrocken, »ich hatte mich also verhärt, als ich glaubte, aus drei ilhr eingeladen zu sein?« »Nein, durchaus nicht. Aber man pflegt in Berlin immer erst eine Stunde später zu erscheinen, als man eingeladen ist. Aber das macht ja nichts. Meine Frau fand es sogar sehr nett, daß Sie es so eilig hatten« Zehn Minuten später erschien Frau Noggenhaum, eine recht hübsche und sehr gut angezogene Dorne von un gefähr sünsundztoanzig Jahren. «ie lächelte mich äußerst liebendmrdig an und gah ihrer Freude, mich ten nen zu lernen, den lebhaftesten Aus druck. Solange sie sich nur nach mir junv meinen Lebensgewohnheiten er kundigte, unterhielten wir uns sehr gut. Dann aber tam das Gesprach etwas in- Stoaem und ich sagte mir, dasz es wohl an der Zeit sei, von settogs anderem als von mir zu reden. IUnd ich fand eine Anknüpfung s »Sie sprechen einen so allerliebsten »für-deutschen Dialekt, gnädtge Frau,« lsagte ich. »Wahrscheinli sind Sie laue Franlfurt am Main « · ! «Nein,« lächelte sie, »meine Wiege Island in Bruchsal.« »Ah-« machte ich interessiert. »Ich zlernte mal einen Herrn aus Bruchsal stennen —- ein ultigeo, altes Hans. Er hielt sich drei Lage in unserer ;Staot auf, und ich have nie eitlen «Menschen gesehen der soviel trinken ltonntr. Nachher hörte ich. daß der larme Kerl zu Haufe einen- wahren EDrachen von einer Tochter habe, die Iihn sehr turz halte und ihm das IHauS zur Hölle mache. Darum schlug see denn auf der Reise so über die sSiröngc Vielleicht haben ihn gnä ;viae Frau gelannt. Er hieß Bei-tel Imunn und seine Tochter führte, toenn sich mich recht besinne, den schönen Namen Jrrttgard. ergaro Erblei mann —- fehr drollig, nicht wahrt-« Jch lachte aus Leibesträftenx Herr silioggenvaum aber faßte mich um lArm und sagte hastig: »Dars ich Ihnen vielleicht etwas zeigent Jch habe da im Nebenzimmer ein paar sehr hübsche Bilder.« Sobald toir aus dem Salon her aus waren, raunte er mir zu: »Was Sie da von dem guten Brölelmann usw. erzählt haben, hat vollständig seine Richti leit; aber es ist vielleicht besser, das hema nicht weiter zu be rühren. Er ist nämlich mein Schwie gervater, und seine Tochter ergard list meine liebe Frau.« Jch hatte den sehnlichsten Wunsch, dass ver Boden sich austun und mich »verschlingen möge. Da er es aber nicht tat, und doch etwas geschehen mußte, um das Unglück wieder gut zu machen, eilte ich spornstreichs in den Solon zur-Im und trat mit er heuchelter Unbefangenheit aus die et was säuerlich breinschauende Frau Noggenbaum zu: »Glauben Sie mir eine tleine Richtigkeit, gnädige Frau. Jch habe ein so elendes tltamengediichtnis. Der here von dein ich eben erzählte, hieß natürlich nicht Bröielinann, sondern Hut-en und seine Tochter siihrte den Taufnamen Theresr. Jch weiß gar nicht« wie mir die Verwechslung pas sieren tonnte.« - »Nun, es steut mich jedenfalls, daß es eine Verwechslung war,« er widerte die Dame. .«Uebrigens, um von etwas anderem zu reden —- hat mein Mann Ihnen das Porträt mei ner-Schwester gezeigtt« »Nein. Aber ei würde mich außer ordentlich interessieren, es zu sehen.« Das for-trat wurde herbeigeschasst nnd ver ente mich in einen wahren I - Bausch des Gntziickens So lieb und unschuldsvoll hatte ich mie meine Zu liinstige selbst in den ausschweisendsi sten Träumen nicht vorzustellen geil wagt. Und ich hatte keine Veranlas-; sung, mein Wohlgefallen zu verhehlen. l »Das ist ein junges Mädchen. wie ich mir immer gewünscht habe, eines« lennen zu lernen· Diese süßen, ab-. nungslosen Augen — dieser· reisende, linderbaste Mund —- nnd diese ein-s sache Schneckensrisur! Nichts Gemach-, tes und Geziertes —- teine arrange-i nehme Frübreise —- teitee Koletterie und Gesallsuchtl Bezaubernd — wirllich bezauberndi Jett kann-ich Jhnen ossen gestehen, daß mich de gestrige Abend ein bißchen ängstli gemacht hatte. Jch war nämlich in der Oper —- mein Vetter hatte mir ein Billet besorgt —- und da hatte ich das Mißgeschick, neben einer jun gen Dame zu schen, wie sie ja wohl hier in Berlin die Regel bilden. Sie erinnerte sogar in ihrem Aussehen ein bißchen nn Jhre holde Schwäges kin, niidige Frau. Aber welch ein Unter chiedl Ausgedonnert und zu rechtgemacht, daß ich immer ein Be dürsnis sühlte, idc die dicke Schmtnte von den Wangen zu wischen. Und dies Augenspiel — diese Asseltiert heit ins jedem Wort, das sie mit ih rer Begleiterin wechselte. Der Acr ger über dies Geschöpf hat mich um die Hälste des tünstlerischen Genusses gebracht Und ich mußte im Stillen den Unglücklichen bedauern, dem es mal beschieden sein wird, diese stül) derdokbene Modepuppe zur Frau zu kriegen. Jch siir meine Person hätte sie übrigens schon wegen der Mutter nicht genommen, der sie sicherlich tral sehr ähnlich werden wird. Eine sol che Schwiegermutter —- brrr! — Ein Scheusal, sage ich Ihnen, me: ne Herrschasten -- einsach ein Scheu sal!« Gemäß dem Rezept meines lieb reichen Schwagers hätte ich sicherlich noch eine Menge weitere Bot-betten losgelassen; aber in diesem Augenblick öffnete sich die Tür, Herr Noggens baunt ries: »Ah, da sind ja endlich die liebe Mama und unsere kleine Gerda!« und ich erhob mich, um die Damen zu begrüßen. Aber im näch chen Augenblick wurde-es mir schwarz oor den Augen. Die liebe-Martia und die tleine Gerda traten ja meine Nachbarinnen von gestern in leibhas tiger Person, und zu alle-n Ueber slusse mußte die Matrone auch noch sagen: »Ach wie reizend! Sind Sie nicht der Herr, der gestern in oer Oper neben uns gesessen l)at?" »Nein, durchaus nicht,"« stotterte ich, »das muß ein Irrtum sein — eine Verwechslung —- ich habe ein so schlechtes Gedächtnis —- das heißt ich meine — Herrgott, da sällt mir »eben ein, daß ich ja eigentlich eine andere Verabredung hatte — etwas ungeheuer Wichtiges. Es handelt sich um zehntausend —- nein um fünfzig tausend Mart. Sie müssen mich wirt lich entschuldigen, meine Herrschaften — es tut mir sehr leid —- aber viel leicht ein andermal —- wenn ich wie der nach Berlin tomme — -« Herr und Frau tlraggenbauni mach ten leinen Versuch, mich zu halten, und der Hausherr berzichtete sogar darauf, mich hinaus zu begleiten. Eine Stunde später saß ich aus der Bahn. Und dies war »die erste,wie die letzte Brautschau meines Ledeiio. kapitiiu Lan-r. Mobiltuastmngs - Eplsodc von Paul Zelt-indi Der Fördedampfer »He-Meiji« lag unter Volldampf an der Barbarossa brücke im inneren Kielerhafem Kapitän Lange wirft einen Blick auf seine Uhr und sieht, er hat noch über zehn Minuten Zeit bis zum Ablegen. Er hat den Dampfer voll Reiervilteu . und Seewehrmänner, welche er nach der Werit brinqu muß, wo sie die Reserve Geschwader besehen tollen. Mit ein paar Sätzen iit er wieder mitten unter ihnen, er kannte sie alle, die nun als behiibige Männer wieder kamen, um dem Flaggeneide getreu: »Mit Gott für Kaiser und Reich«, zu siegen oder zu sterben. Jeder will ihm die hand reichen. Alle, alle tannten Kapitiin Lange, manchen hat er die ersten Seemannsi tnoten machen gelehrt auf den alten Segeltorvetten und mit ihnen in mancher Sturmesnacht, auf den Naai en, Segel gereift und geborgen. Mit anderen wieder auf dem alten Artillerielchiss »Notw« Pulver und Granaten bei Tag und Nacht zum Schießen geschleift, bis sie endlich so weit ausgebildet weit-en, daß sie als Gefchiihfiihter entlassen werden konn ten. Und dort die Jüngeren, auch die kannten ihn, hat er ihnen doch so oft den Kompagniebefehl und öfters noch die Kriegsaktiiel vorlesen müssen. Das war of- ungefähr fünfzehn Jahren, als er zum Feldwebel er nannt wurde Wie diese Erinnerungen doch so wohl taten, wie das Blut schneller ittulierte, wie der Puls tlopftesEr iihlte sich heute selbst um vierzig Jahre jünger. Seine drei Jungens waren ja« schon gegangen, um für das Vater land zu streiten. X Der Aelteste hat erst gestern den Postassisientenroct ausgezogen und Lfing schon heute morgen an, Freiwils lige auczubildew Der Zweite war da drüben aus dem Flaggschiff der heimischen Flotte und brannte daraus, an den Feind »Ja kommen, um ihm zu zeigen, wie ein deutscher Stückmeister zielt und trifft. Der Jüngste war draußen auf ei nein der lleinen Kreuzer und wird auch sein bestes tun um den Feind schlagen zu helfen Er ging gesenkten Hauptes auf die Brücke zurück, verstört sah er nach der Uhr,.steckte ssin die Tasche und rief mit seiner Baßstimme »Los« fund gleich daraus »Kla: Deck«. Die kalten Ellerbeeier Fischer die nach der Kriegs- Erklärung den Dienst als sMatrosen aus dem Danpser versa hen dachten, sie seien auch aus einein Kriegsschiff denn der Kapitän de nahtn sich wenigstens so. - Schnell brachte Kapitän Lange den Dampser nach der anderen Seite, wo er die Reservisten am Werfttore ans fteigen ließ. Aus Wiedersehn, riefen manche; andere wieder sagten: Besten Dank, here Kapitän. Während dir alten riefen: Hein, ict sah de morgen obend. Diese Nacht konnte er nicht zur Ruhe kommen, es fehlte ihm etwas, nach langem Grübeln wußte er, was los war. Am nächsten Morgen ging er nicht zum Dampser, wie er er seit Jahren regelmässig getdn hatte. Kapitän Lange ging diesen Morgen die Hol tenaner Straße hinaus und wandte sich direkt nach der Kommnndantur. Der Possten hält ihn aus« erinnert sich aber» osort, daß der ælte Kapi tän stets ohne Anmeldung oder Weg weisee das richtige Zimmer zu sin den weiß. heute suchte er aber doch ein we nig, denn das Zimmer, das er haben wollte, gab es in Friedenszeiten nicht und er spähte den langen Korridor hinunter, da sah er endlich am ande ren Ende ein tleineg Plalah ,,Kriegs freiwilligen-Vlnnr1niiie«. Die innere Tiir ist ossen und er sieht ObersLentnnnt z. See S... am Schreibtisch sitzen. Ohne weiteres geht er hinein nnd sagt zu dem ihm die band reichenden Ofsiziert Herr Oberieutnnnt, ich möchte gerne als Freitvilliger eingestellt werden. Aber Herr siapitam sie sind schon lange iiber die Llltersgrenze hinauf-: sie sind zu alt, es tut mir leid, atet ich kann nicht anders. Der Kapitijn senkt betrübt sein Haupt, zu alt nnd doch nimmt er es mit jedem Jüngeren aus. , Da geht die Türe auf »und Admi ral K... fragt, den Kopf hinein steckend: Haben sie viele Anstagens Zu Befehl, Erzellenkn iiber fünf zig Prozent« mus-, ich aus spater ver triisten und sehr viele wegen der überschrittenen Vilterggtenze anweisen Exzellenz ti. lächelte und sagte: Jn, ja, die wollen alle mithelfen, es ist erhebend. Kapitän Lange tritt militärisch an und sagt: tsxzelteng ich lvill auch gerne mithelfen. Admiral R. dreht sich um und er kennt den alten niederen Dampsertns pitän, er reicht ihm die Hand und sagt: Aber Ranitiin Lange, wer wird denn unsere Scheiben nach dem Krie ge schlepme Nach dein ltriege?- Exzellenz: lomtnt Zeit, tommt Rat. Meine Jun gens lämpsen gegen den Feind und ich will auch nntstreiten und in erster Linie gegen die Engländer. Admiral R. nimmt seinen Vollbcri zwischen die Finger und sieht ins Weite. Endlich dreht er sich um und sagt: Jch hab es, ich lann sie gut gebrauchen. Sie legen mit ihrem Dampser Minen, soviel sie nur neh men tönnen, alle selbstverständlich im großen Belt. Wenn sie fertig sind, bleiben sie dort auf Station und werden Kriegolotse bis zum Frie densschluss. Dieses ist einer der ver ’antwortlichsten Plätze, sie wissen ja selbst, daß der Feind Tag und Nacht versuchen wird, sich durchzuschlängelm sie müssen«dao verhindernehelsem Danke, ExzelleM Je größer die Verantwortung um so gewissenhafter der Dienst oon meiner Seite aus, ich denke, die Herren Söhne von Ex zellenz kennen den alten Lange. Jch sollte meinen, lächelte Admiral IK., die haben mir oft genug erzählt, ’ Idaß sie manchen Griff und Tritt tausendmal machen mußten, ehe Sie Izusrieden gestellt waren Jedesmal habe ich mich innerlich gefreut, wenn Sie so handelten. Sehen Sie, alle sind sie nun etwas geworden und werden mir und Jhnen teine Schande machen, alle sind schon auf ihren Kriegsstationen, Admiral K. wendet sich an Ober leutnant S. mit den Worten: Tra gen Sie Kapitiin Lange in die Deck-» ossizierliste ein und veranlassen Sie das weitere mit dem Dampfer. Wenn Sie die Papiere fertig haben, senden Sie sie zur Unterschrift. Damit dreht er sich um und sagt: Nun, Lange, ich hasse, daß wir unsere Feinde dort hinsenden, wo sie hingehören. ; Der alte Kapitiin lachelt und et roidert: Ai, Exzellenz, dat will be tou de Devel. zonueuticht Ein triiber Herbstmorgen, noch vor Tau und Tag. Auf der Landstraße, die hinaus zum langgestrectten Gü terbahnhos fahrt, glotzten die Later nen mit rötlichem Schein durch den stin herabrieselnden Nebelregen. Die weiten Blatter tanzten lautlos herab, ein Reigen des Todes und des Ster dens. Marschtritt ertönt, weiße Mützen leuchten durch die trübe Dämmerung-: eine Sanitätgtolonne riiat an. Uns sechs Uhr ist ein Lazarettzug gemel det, der zu entladen ist. Schnelter wird der Tritt, die Kolonne mus eilen. Jin Gliede marschiert, mit gesenktem Blick, der junge Ludwig Ansorge, in seine Gedanken verloren. Jtn Laternenlicht blitzt ein Ring an seinem Finger, der Verlobungsring, der erst seit kurzem seine Linie schmückt. Ludwigs Stirn zog sitt leicht zusammen. Er hätte sieh den Brautstand glücklicher gedacht, er hatte ihn siir den Höhepunkt der Se ligkeit gehalten, aber die menschliche Unzulänglichkeit und Unzusrtedenheit hing sich verileinernd und belästigend auch an diese Maienzeit des Lebens. Seine Braut war nicht so zu ihm, wie er erwartet. Scheu, zurückhal tend, erschien sie ihm ost talt und ah lehnend. Mein Gott! ckie war jung, sie bebte vor der männlichen Zärtlichkeit zurück, das war zu ver stehen, aber er konnte das Geiiihl nicht loswerden, era hätte, als sie seine Werbung annahm, wohl mehr aus den Rat ihrer Eltern, als auf die Stimme ihres Herzens gehört. Ein peinliche3, ein bedrückendes Ge fiihl! Die Kolonne hatte indes auf dem Bahnhos Aufstellung genommen; das erste Tageggmuen diimtnerte heraus, die Laternen erloschen. Unendlich triibe, in einem stumpsen Zwielicht lagen die vielen Geleise, die Lade hallen, die langen Fronten der Güs tertvagen nnd Loren. Zuweilen gellte der Psisf einer Rangierrnaschinr. Im tner noch rieselte der Regen, und der Wind strich tijhl ber, bis ins Mark durchfröstelnd Jetzt rasselte die Wa gentolonne heran: Lilan Kranken-, Post nnd Möbel-nagen welch letztere zum Verwundetentrangport besonders hergerichtet waren. An jedem wehte die weiße Fahne mit dem roten Kreuz. Da tauchten in der Ferne in dun: stiger Ebene die glühenden Augen der Lotomotive aut. Langsam ta men sie näher, ganz langsam lief der erwartete Zug ein. Wagen ans Wa gen glitt vorüber in unheimlichein Schweigen, tein Gesicht zeigte sich an einem der Fenster; also Schimmer wundete. Der Zug hielt, beinahe lautlos An die Arbeits Der erste Wagen, den Ludwig betrat, ein Wagen vier ter Klasse, besörderte Ossizierr. Uebereinander hingen auch hier die Tragen, in sedernden Gestellen; rote Gardinen vor den einzelnen Betten gaben dem Raum etwas Kabinenar tigesx die nbgeblendete Lampe warf ein bliiuliches Licht. Jn der vordersten Trage lag ein junger Ostizier, marmorbleich; man sah nur die sein geschnittenen Lip pen, die aristotratische Nase. Der Fibrige Kopf war verbunden. »Au genschuß!« sagte der Begleiter. Der junge Ofsizier lag regungslos, er schien zu schlafen; Ludwig wandte sich mit seinen Kameraden zunächst den anderen Ver wundeten zu· Einer nach dem an dern wurde aufgehoben, Truge um Truge mit größter Schwierigkeit durch die engen Gänge, von der Plattsorm hinab in das Auto ge schafft. Eine Arbeit von mehr als einer Stunde. « Schließlich blieb nur noch der eine, der junge Ossizier übrig. Er schien jetzt wach zu sein. »Diirsen wir Sie ein bißchen stö ren?« fragte Ludwig, an das Bett tretend. Ein seines, liebenswürdiges Lä cheln zog iiber die Züge des Kranken. »Sie können mich ruhig ansassen,« erwiderte er. »Alles heil, nur der Kopf, der Kon tut so weh.« »Gewiß,« murmelte Ludwig trö stend. ,,Ob ich je wieder werde sehen tön nen?" sagte der junge Osfizier, wär rend die Truge zurecht gemacht wur de. »Ich war so stolz aus mein Auge! Jch sah wie ein Falle. — Jch war Fliegerossizier,'« fügte er hinzu. Ludwig zog sich das Herz zusam men. Ein Fliegerosfizier! Hoch durch die Lust war er gezogen, tief unter ihm die Welt in leuchtenden Sonnenschein getaucht, uno jetzt! Vielleicht blind! -,,Die Kunst unserer Aerzte ist ja groß,« versetzte er. »Wir haben hier eine hochberühmte Augentlinit." ,,.hofsen wir das Beste!« erwiderte der Verwundete. Mit leichten und geschickten Grif fcn hatten Ludwig und seine Kame raden ihn indes aufgehoben, und die Truge schwankte fort. »Ach, meine Brieftasche!« rief der junge Ossizier, als er schon im Auto lag, ,,sie liegt unter dein Kopslissen. Seien Sie so sreundlich.« Ludwig sprang noch einmal in den Wagen und nahm die Brieftasche an sich. Ein Brief fiel heraus; Ludwig bückte sich, sah unwillkürlich auf das Schreiben, L- tvie? das war doch die Handschrift seiner Braut? »Deine Jema,« las er als Unterschrift. Je der Zweifel mußte fchtviidem ·Er wollte nichts sehen, aber die letzten Zeilen sprangen ihm förmlich ins Auge: »Wenn auch unsere Wege sich trennen, Du weißt, wie unbeugsam mein Vater ist, wie überempsindlich stolz bei dem bloßen Gedanken, man könnte ihm oder mir ein Eindriingen in gesellschaftlich höher gestellte Kreise "vorwerfen, wenn ich apch so einem Manne folgen muß, den ich nicht liebe,,Dich Konrad, werde ich nie J vergessen l« Ludtvig war zumut, als habe er einen Schlag betomnien, als gehorch ten ihm die Glieder nicht mehr. Er sprang aus dem Wagen, taumelte, daß einer seiner Kameraden stützend zugrisf, dann reichte er die Tasche dem jungen Offizier, der sie auf seine Decke legte. Ludwig schloß leise die Tiir des Autos. « .,,An den nächsten Wagens« rief er mit einer fieberhaften, ganz unge wohnten Lebendigkeit. Standenlang ging die Arbeit. Ludwig war überall, er strengte sich bis zum äußersten an, nur um das bohrende Gefühl in seinem Herzen zu betäuben- Umsonst. " Endlich war die Arbeit getan, es ging— schon auf Mittag. Ludwig setzte sich, um auszuruhen, auf das Trittbrett eines Wagens-, todmüde, noch mehr seelisch erschöpft als kör Perlich. Wie der Nuß niederschlug, wie der Regen von den Wagendächern tropstel Ein poesieloses Stückchen Welt, solch Gilterbahnhof Und doch nicht ganz ohne Poesie. Seine Gedanken sprangen ab. Was- wollte er eigent lich, was verlangte er anderes-, alH diese triste Umgebung ihm bot, Ar beit, Ungemach und Entsagens Warum fühlte er sich so unsäglich elend? Was hcttte er verloren-X Nichts-. Denn die Liebe seiner Braut hatte er nie besessen. Ein feineH Gefühl sagte ihm das von Anfang an. Er mußte erröten, daß er da gegen taub gewesen oder sich taub gestellt hatte Es war eine große Zeit jetzt, voll Erhebung, voll Aufopferung Jener junge Ofsizier hatte das Opser sei nes Augenlichtes bringen müssen, er, der Fliegen gewohnt, sich im gol denen Sonuenlicht zu wiegen, mit unendliche-m Blick iu die Weiten! Und trug es mit Fassung. Und er« er tiimniette sich hier und verzagt-« konnte nicht den Entschluß finden, zu saaeuJ Sei frei! Ein anderer bedarf deiner ivirtlich und mehr als ich! Die Kolonne riiclte ob, in sestem Tritt. Ludlvig wurde bei dein siche ren Mai-schicken ruhiger und ruhiger. Zu Hans angetoininen, setzte er sich vor seinen Schreibtisch, es lvak in ihm ganz still geworden, ganz llar. Er schrieb ein paar kurze Zei len: »Liebe Jrina, Deinen Vater lei tete, als er unsere Verlobung gut hieß, kein richtiger Gedanke. Jch siihle, dasz Dein Herz einem ande ren gehört. Ein Zufall hat niir die Gewißheit gegeben. Dei-, dein du gehörst, ist hier, iin Laznrett Fort an bist Du sein Sonnenlicht, das ich ihm nicht nehmen noch neiden will. Vielleicht leuchtet auch mir noch ein mal die Sonne. Leb’ wohl, sei glücklich Denie meiner freundlich-«