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About Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918 | View Entire Issue (Jan. 22, 1915)
Certendelchew Etizze non Lunis sit-tot Wir saßen in meines bescheiden, oder gemittitch eingerichteten Jungge seltenbiide. Rosen standen ans dein Tisch, und in den Giäsern funkelte goldgeloer Wein. Blangraiie Ranitzwöiichen ninztttetten die onnteibehiingte Luni re, und kein Geräusch stör:- die an dachtsvolle Stille, als das leise Ticken der kleinen Standnhr ans ter Korn mode. Wir hatten musiziert —- Sach Beethoven. Mozart« unsere Lieblinge —- dann hatte Vand init sxsner scho nen, eindrucksvonen Stimme etwas dergelesenz ein turzes Genick-as trian :e sich daran, und nun traunten wir irr unt hin, froh tii deni Gesiihh ein under zu hatten und fich innerlich noch so verwandt zu fühlen wir vor zehn Jahren. — heftiges Klopfen an der Tür lies nnti beide erschreckt aussahirn Aus meinen Ruf erschien Iris-. Bergen inetne Wirtin, nnd überriichte tnir eine Depesche. »Ich fand sie eben ini Kisten, als ich nach hause tiini«, erklärte die Frau· «Hossentlich ist es nistits Wich iiges, denn ich din schon zwei Stun den sortgewesen —- so lange kann sie schon dringelegen halten« Als die Frau draußen war, ent sattete ich das Papier nno iioerfiog es. »Mensch, der Rols hat knien Juni gen: Hier siegt «Kriistiger Stamm yatter soeben eingetroswt Freii’ Tich mit niir nnd niachs mir bald nach. Fröhliche Grüße Dein gtiiittii aser Rots.«' «Rots — Rats, grübetxe Hans. «Ach —- ist das der Zuschlags Die one »Nachtei;te", wie ich t,n sriiher :i:ulierte?" »Ja, steilichl« antwortete ich. Untier der Name Paßt seit Jahr und Tag nicht mehr siir ihn. Kannst Du Dich seines Abg-nigra noch ent sitttien?" »Wa, und ov", lachte niem Freund. »Herrgott, wie sollte ich das- Original oergeiienl Oft genug hu- er doch untere fröhlichen Zusammentiinfie durch seine melancholischen Anwands I«-ngen gestört. Freilich wa: er dann immer einsichtsva genug. sich still ikhweigend zu drücken, wen-- er merk ie, das seine Stimmung nicht zu der rnierigen paßte. — Das merkwür dtgfte war doch der Abich:ed. Ich weiß noch genau, welchen Schreck ich hetmn« als ich an jenem Ell-end fein Zimmer betrat. Er hatte uns zu ei nem «gerniitlichen Abend« «-ngeladen. Und was war est Das reinm ha ust-»ein Weiß ver Teufe-, wo er, tet unseres Wissens mit temern weid Lkchen Wesen vertehrte, plödlich diese rier bitt-hübschen Mädel retgeiriegt hatte, vie uns, als Odalisten oertleis det, begrüßten und nachher diese wil 1-en, arientalischeo Tänze vorführ ren. Und ich ieh ihn nat-, wie er, ais wir alle um ihn herum tobten und tallien, in sich zusannnengeiuni tin auf dein Stuhle saß, plixhlich fein Glas nahm, es auf einen Zug leerte, gegen die Wand warf —- ditett auf tste Photographie eines tleinen Mäd chens, die dort hing —- und dann hin cngranntr. Er kam nicht wieder. Wir vermißien ihn auch wohl inuni, als wir endlich, mit unseren »Ol)a litten« am Arm hinauswantten in den erwachten Margen.« »Ja, das war fein Abi.«t:ieh", fiel ich ein. «Spätet vetamen wir dann sehr vergnügte Ansichistarten aus Tirol, aus Italien und ichlkeßlich aus Vleghpten.« »Auf der Reise hat ee wohl auch feine jehige Frau tennen gelernt-« nagte mein Freund Als ich hexahte, fuhr er fort: «Menichen5lind, nun :rtlär' mir bloß, was hat den plöhlichcn Wandel tei dem Jungen bewirkt. Ei, der Melancholitche, ver Weibersrind und fast Lehenäiiberdrsjssige, gis-i uns ein solches Fest, verschwindet plötzlich, tchreibi uns überinütige Karten und s— ver-lobt sich ain Schluß! Das ver iteh’. wer ignnlf »Wenn JUU VOL- Vckllcycll Will-, erwiderte ich, dann mußt Du Dir eine lleine Geschichte ersah-en lassen, die mir Noli selbst nur schweren Her zens anvertraut hat-« »Alfo bitte, erzähle!« Hans filllte die Gläser, gab mir eine seiner vorzüglichen Jiizarrem de ren Quelle er niemals verriet, und ich begann Wie du weißt, hielt Noli sich vor fast zehn Jahren in eine: kleinen tchwiiviichen Stadt auf· Er lebte Dort sehr zurückgezogem und fast fein einziges Vergnügen war es. allabends lich ein paar Stunden in .mein tlei neu Taff- zu verbringen. Es war eigentlich ein nngemiitlicheö dunkles Lokal, und der Rassen ten man dort betarn. war von recht zweifelhaf ter Güte. Was ihn imme-- und im mer wieder dorthin zog, war die nied liche, punteläugige Wirtstoitster. Sie hieß Guttat-, war knapp 16 Jahre alt und sonnte so nett und lustig plauderrn daß ihm, dem Vereiniarns ten ganz wohl und warm ums Vers wurde, wenn sie sich zu ihm fette Bei der Mutter-, einer aufgslchwenim ten, häßlichen Person, machte er sieh dadurch beliebt, daß er stun denlan mtt ihr »Wähle« oder Da me« sp lte. « Oft genug aber iaß Jettrudel chenc wie er sie getauft h tte, allein an feiner Seite and hörte ihm staa Inenv zu, wenn er von Hamburg, )Berlin. vom Meer iind tun fernen Ländern erzählte Denn sie war nie libet die nächsten Berge hiix.:usgetoin men. Er aber fah, wie die Sehn iiicht aiis ihren Augen leuchtete wenn ir von all dein Schönen in der Welt sprach- . So ging elt worden-, inoiiatelang. Gertrnlielazens Augen glaszteii iinr ihr Mund lachte vor Glüil. wenn et zur Tür hereintani, und er fühlte sich unendlich wohl dort, wenn sie nur da war. Nichts besonderes er cigeieie sich. Nur von eitiiiii Abend hat er mit erzählt. Als n in die Gasse einvog, in der vae Cafa lag, Tain sie ihm atemlos eiiigeg-.«igetaufen. Hinter ihr her torlelten Jst-ei junge Burschen, die ihr unflatige Bemer kungen zukiejem Sie ichii.iegte sich Lngiilich an ihn, nnd er cseoyte den tierien init teinein Staa· worauf dieie sich yöhniich auflacyeiir- iii eine entengasse zuriiazogm Las Mad a)en erzaylte ihni yaitig, daß iie bei einem Bauer in der Votum-: gewesen wäre, uin noch einiges zu holen; daß oann plötzlich die beiden Bur schen autgetaiicht waren uno sie gieicli s:i ver geineintten Weite del-«iiigi hat ien. Jiiziviichen waren tie vor oein Hause ihrer htttuiter angelangt. Sie stand start atmend vor ihm und hielt noch seine Hand, unt ihiii zii danken. Er legte, wie um sie zu veriihigeiy fei nen Arm nin ihre Schulter und sah iyi in die verängtiigten, tranenerfiilli «en Augen. Ployiich als sie so eng aneiiiderges schmiegt basianden, und er die War sne des tleinen Körpers durch feine Kleider hindurch spukte, ttiigen bis tHer nicht enipfundene Wunsche in ihm auf, nnd er fragte ganz unver i..itiell: »oui; mal, (Bertrudelche:i, hat dich schon einmal ein Mann gelüßr'-"« Sie sah ihn erstaunt an and sagte einfach: ,,:tteiii, noch nie·" »Auf Ehre und Geioiss-i-?« »Ja, auf Ehre und Gewissens zltichi einmal mein Vater — den ten ise ich ja gar nichl.« Er faßte das Köpfchen, aae sich ge kentt hatte, unters Kinn und beugte sich zu ihr hinab. Jn demselben Augenblick öffnete sich über ihnen ein Fenster. und die schellte Stimme der Mutter er :i;nte: «Gertrud. bist du da untenl Komm sofort herein!« Das Mädchen erschrak fr-, daß sie sich sofort losriß und ins Haus stürmte, während Rolf traurig unb verstimmt fortging. An den folgenden Abenden lam er iisieder wie sonst und planderte un befangen und heiter niit Gertrubels chen. Endlich war feine Zeit uni; er mußte zurück nach Berlin, aber er er mahnte es mit teineni Wort. Als der letzte Abend tun, schlug :r ooa ein paar Lieder zu singen. ts- ioar zufällig ein alter Zitherspies ler da; Rolf nahm die alt.:, bänbers «·,eschmiickte Gitarre von dei Wand« ind so fang die tleine Gesellschaft fe iie schönen, schwermütigssiißen Lieder« wie sie nur der Süden lenn: und sin gen tann. Allen Schmerz und alle Sehnsucht sang er sich for-. Gertra delchen legte leis ihr Köpfchen an seine Schulter. Als er aber einmal in ihrer dun liln, iraurigen Augen sah, iiar’g mit tsim Singen vorbei Schnell leerte er sein Glas-, nahm, eine Verabredung vorschiitzmu hastig Abschied, und stürmte hinaus. Dein Mädchen, das ihm bis vor die Tür gefolgt war, rief er noch liu: »B’hüt di Gott, Gertriidel-.;,eii. leuf Ilimmerioiedersehn!« — Am nächsten Morgen ist-, er im Berliner Dssug Jch machte einen Uslngeiilslick Pause Als aber mein Fraan leine Frage tat, sondern nur nachdem lich an feiner Zigarre zog, fuhr ich fort: Ein halbes Jahr verging. Die Zeit im Süden lag wie ein schö ner Traum hinter ihm. Anfangs hatte er Gertrudelchen ein paar star ttn geschickt, aber teine Antwort er halten Da lag eines Tages auf seinem Tisch ein tleiner lilafarbeiser Brief« Blumen waren drin, und ein rosa Bändchen hielt die Bogen zusammen. iir tvar von Guttat-. Sie schrieb, 25 sei in ihrem Leben der erste Brief, den sie verfasse, nnd in nuiven, aber heißen Worten gestand sie ihm ihre Liebe. Sie könne ohne ihn nicht ie ben, und der Gedanke an ihn erhalte sie einzig und allein. Es tvat ein Geständnis-, tvie er noch keines gehört oder gelesen hatte. Er schrieb ihr freundlich, aber vor sichti unb vernünftig wieder. Se schien ihn nicht zu verstehen. Brief auf Brief folgte, einer immer liebe-heiser unb sehnsüchtigek als der andere. Er antwortete sklten unb immer gleichmäßig ruhig unb zurück haltend. Sie wurde lranl, und eine Freun din mußte nach ihrem Dittat schrei ben. Fast wider Ermatten ber Aerzte genas , und dann schrieb sie ihm einen rief, in been es hiesi. baß sie nun seinettvillen ben pr gestreift hät te; das sie es aber ieht nicht mehr aushalten lönnie und bei nächster Ge Neuheit durchbreuiieii und nach Ber l.n kommen werde. Da setzte er sich hin sind sehte isi llar und deutlich auseinander,l baß er sie gewiß selsr gern l;abe, dasz ei ihr aber nie meist als ein treuer und zuverlässiger Freund sein könne. Daraus lain keine Tini-start, nur nach langer Zeit ein Brief« ver nichts ciitlsielt, als einen m Papie- getvickeli tin goldenen Reis mit einein roten Rubin l« Das war ihr lebter Grisz. Ein panr Tage draus schrieb ihm sein Freund der sich in den Stils-t chen aushielt, dasz man hie lleine Uertrud V» oie er doch auch lenne,» eines Morgens aus dein Maar gezo Jen habe. Das Motiv ver Lin sei unbekannt —- — Als ich mir setzt eine Zi·;e.retic an ziindete, sah iiiekii Freund aus und sagte: »Der arme Ilerll Jetz-. verstehe ich sii seine Me.aiicholie. Wie ge mein von mir, daß ich ilxii iininer so gehanselt habe. — Alb-. — wie lani denn mit einemmal dxtser Um schiouiig?« »Da-z sollst du gleich hdreii", sagte .ch, nachdem ich iueiii Glas ausge ..unleu und ivieoer gesiiut Hatte. »Er ljiit es mir selbst erst später geschrie ben. Also siiiis lange Jatzre lastete dieser Qrua aus ihm. In seiner grnblerischen Art haiie er sich ganz tu den Geoaiileii sestgebisse:«, das er oer Mörder des Maochens sei. Er tarn nicht daiuver hinweg, und daher ieine lituioaudlungeii bei unseren si deleii Husamiiiiiiiunstem -— Da geht er eines Lage-·- .-iirch die Franlsuri zei Allee und hdri hinter sich sei iieii Minnen rufen. Ei- dreyt sich uin und sieht eine eiiisache zram die riii lkiiiv aus« dein Arm bar. ivahreno sich zioei andere aii ihre Schutz-. han ·gen. 7 «Verrjee, Herr Zuschlag, tennen »Sie mich denn gar nimm-ji« Er sieht genau hin. Lieser süd deutsche klang in oer Sti:utiie, diese Augen« diese Jtasr. Mein Gott, dar isi sa — — ,,Qertrudelchen", entsahr: es ihm, »Als-) doch!·' antwortete die grau. »Ju, ich heisze setzt wertrud Hinschle. Mein Mann ist Hchlosser. Wir sino izierher gekommen, wen der Vudienst on unten im Schioobeiandle so schlecht war. Jeßt waren wir yier di; Pur :ierstelle, und es geht uns ganz gut. Wollen Sie uns nicht mai besuchen tstommen Sie doch Sonntag nachmit-s ing zum Rassen da tounen Sie mei nen Mann auch tennen lernc.i. Er ist ein rechter Schwab. Jch lernte ihn damals tennen. kurz nachdem ich so trant war, wissen Sie. Zuerst mollte ich nichts von ihm .v:isen. Ich irae so närrisch zu der zeit, so menschenscheu und iebeiiaiiberrrussig, baß ichs am liebsten der Gertrud vom Rotiditor Hiivner n..chgemacht hätte, die man eines Lager aus dem Ytectat zog. —- Ja, In, »das waren böse Zeiten« und da war's mein Gtiia, das tch den Frist kennen lernte. Er nsar so bescheiden und so lieb und gut zu mir und —- Gott ja — Ichlieszlich ist’s doch bei uns) Mädels die hauptsache, daß wir einen ordent 'ichen Mann triegein lind der meine ri-. ordentlich; Sie werden .-;-n ja ten nen lernen —« Noli entschuldigte sich mit einem eiligen geschäftlichen Gang. Zu Hause lramte er in seine-n schreib tisch, bis er einen vergilbten nnd ab segrtssenen Brief sauo. Litkchtig, da stand nur, dasz die tiinm ixsbzehnjiihi rige Selbstmorderin eins gewisse Gertrud H. aus L. sei, nnd das; man bns hübsche nnd lustLge Mädet allgemein gern gehabt hab-· —- Rols schlug sich vor die Stirn :.nd lachte laut auf. Geriiudelchen hieß Has nerl -- lind darum also ssnns Jahre lang diese Qual. —- Er zerriß den Brief in hundert Fetzen nnd rannte hinaus-, denn das Zimmer war ihm zu eng geworden. s- Am nächsten Abend gab er uns das bewußte Fest —- ein Jahr draus war er ver -tobt. — Jch schwieg, trank mein Glas aus und sah Hans an. Der lächelte still vor sich hin, dann goß er uns beiden ein, hob das Glas und sagte nur: »Ich glaube, das- eine Jahr nach her hat ten Verlust der iiinf qual vollen Jahre wieder koeti gemacht. — Na prost, Rolss Junge soll le den!« Vom nahen Kircheniuin schlug es zwölf. R —- V e r r a t e n. —- Großmutter: Die Manto hat ihre goldene Uhr, die ich i ! zum Namenstag geschenkt habe, eparatur gegebene Elschem Freilich, ich bin ja dabei gewesen. Großmutter: Na da wird sie woh wieder iel dafür bezahlen müssen! Eljchem Gar nichts braucht sie zu bezahlen, sie hat sogar Geld dasiir. herausbekommenl s —- Auch so einer. — Zofe (te Köchin): Die Franzosen machen ge walttge Umsassungsversuche gegen uns. Köchin: Ja.Sich ichhatte mal einen stans osen alsS aß, der wollte mich qiichi mmer gewa tsatn umfasseni Hei-unt in der Fremde-. Zlizze von tunl Mönch-. s l Gewaltig ist der Krieg; erschüt-v :ernd, und tatm wohl manchmal das Herz erbeben machen; alles Lebendige :st so verankert in des Daim» llrs grund, daß jedes Leben einen Augen llick wenigstens stuszte, wjz im Schreck, wenn der Tod aus unzahus gen Blitzen ihm entgegen zuste. Und doch geschehen Toten, die von diesem Gefühl nichts mehr erkennest lassen. Den Tod zu scheuen — das ist eine Aufgabe des Lebens-: aber es geschah, daß Boten im furchtbarsten Feuer der Geschütze Befehle zu den vorauf Iiegenden Schützenreihen brachten; osifz ein Kameer den gefallenen ver xvundeten Kameraden aufhob und ihn sisrtbrachte, wo das Aufstehen aus liegender oder hocteuder Stellung fast sicherer Tod war. Daß ein« Trupp lein Menschen ein Geschutz wiederholte aus mörderischern Feuer, nachdem sie vorher geflohen waren, alk- die Pferde gefallen waren und die Munition »aus-gegangen war . . . » Was war nun die-J- MutZ Viel Iteicht gibt es etwas, das größer Und imehr ist als vloszer Muc, etwas ice den Mut mit einschließt, aber doch mehr noch ist. Es war die Seele der Heimat, der Geist eines Volkes, das ein ganz tiefes und in dieser Tiefe fromme-«- Gesühl von oer Unverlehtlichieit seines Lebens hatte und darum den elementare-i und jedem natürlichen Schreck heim ersten Tönen der Geschosse überwand. Da war dann nur noch das eine Wissen — tein Denten und Philosophieren wehr, nur noch das eine Wissen: hier stehen wir —- und nun los! die Biltchtl Was war all diesegs Menschen mit gutem, weichem Herzen hatten reine Jreudr. weni. sie vom Schiitzengraben ans eine feindlich-e hervorragende Ge stalt mit sicherm Schuß niedertnall ten; wenn sie tnit dein Bajonett, nach dein Sturm, im wiisten Nahtatnps Feinde nieder-stachen nnd den Sieg endgültig machten. Es lonnie aber ;ein, das sie am Abend der Schlacht, Quartier suchend, die Schönheit ei nes stillen Herdstwaldeg oder den hachroten Avendainunel anstaunten —- wie sie’5 im Frieden »zu Hause« auch wohl getan hatten; daß sie in den Dörsern die surchtsanien Bauern beruhigten, die Kinder ans den Arm nahmen und vorn Brot mitteilten. Und das machte wohl, weil jenes Gefühl, das sie »Heimat« nannten, aus so großer Tiese ansquollz denn nur die Wasser groszer Diese speisen das, was im Menschen gut und wahr and echt ist. Diese Menchen gaben .sngeschosseneii Feinden, die im Gra ben oder in der Furche lagen, den letzten Tropfen, das- letzte Strick Brot. Wie oft war dag Denken ihrer Rast stunden: Heimat! Die Zeitungsbliitter, oie»Kreisblätter«waren Heimat; darin der Wehrntann nnd der Reservist seinen Lamm und seine Dis-schen ein gewickelt hatte, und et hatte die Blät ter wer weiß wie ost, abends bei trü bem Licht im Quartier, gelesen — wenn nichts- uteuerek da war. Und hinter den Zeilen stand aus: das Bild der Stadt, die Wege da und der Umkreis mit Gärten, Flur und Feld nnd Wald· Stand aus das Bild des Markteiy der Kirche, der Schule; und das Licht der Erinnerung war ein Licht, das jeden Plag, jede Stra ße, jeden Stein der Straße schön machte . . . Es lamen auch Tage größerer nnd ioirtlicherer Freude: ein Brief von der Liebsten, von der Mut ter, von der Schwester, vom Bruder. Vom alten Vater. Von den sein iern . . . Waren die Menschen Träu iner, die, während am Feuer ihre triesenden tllöitc trockneten, die ani Abend ausgegebenen Briese lasen, jeder tnit dein Brief sein Gesicht be deckend? Schijn ist das Wort Kamerad. Das tiesblaue Licln der Treue scheint aus ihm. Kanierad ist noch der Fernsie dem Fernenz denn jeden begleitet das Geheime, tlnsianbare: Heimat. Wo isas Schicksal sie zusannnensiihrte, itn Feld, im Graben, im Holz, unter seindlichem Feuer. waren sie Kamerad. In irgendeiner inörderischer Schlacht fanden sich ihrer zwei aus kurze Zeit, einen Tag nnd eine Nacht, nnd sie konnten sich ivie Von Kindheit an; und gingen auseinander nnd hatten wohl von der Hei-nat gesprochen und roch vergessen, einander die Namen zn sagen . . . Unter furchtbarem Feuer, wie in der Völle, in teuslich streitenden Echtannellö hatten sie sich alle aus die Erde geworfen, und einige hat ten da angefangen zu beten! Zu be ten in dem Gefühl, daß jeder nächste Augenblick das Ende sei . . . Und dann war es aus einmal zu Ende gewesen, siir einen Augenblick sast still sim nachsten llmlreis. Die eigene Ar ullerie hatte die seindliche still ge Imachh da waren sie ausgestanden und hatten sich angesehen; und der eine hatte gesagt: »Schiverenot, das war seit langer Zeit mein erstes Gebet —« und der andere, der nächste bei ihm, hatte etwas leiser esagt: »Bei mir auch. " Da hatten Fest ange sehen, sich angelacht — und sa schon gekannt. Sie waren von zwei ver schiedenen Regimentern, die hier in einander sl geschoben tten; und so kain es, asz sie den ag zusam nienblieben bis in den Abend daß siel im Quartier, in einer Hütte des Dorfes beim Feuer saßen und leisel anfingen miteinander zu sprechen. Sie hatten sich an der Sprache, an det Dialeltsärbung erkannt; der eine warl zus einem Flecken Rokdioestsalens snd der andere von nahe dabei, aberi Jus dem Hanniiverschen . . . «Wo bist du her?« hatte der einei ;:·sragt. »Aus Sielhus. Und dil?« »Aus Brothösen.« Da hatten sie gelacht; das war ja aar nicht weit voneinander; es lag nur die westfäiische hannöberiche Gren ze dazwischen. Die Heiniatbriesr. darin sie eben gelesen hatten, hieltens sie noch in den Händen. Und da begann der eine schon zu erzählen: » daß seine Braut geschrieben hatte» lnit der er seit Frühjahr ver obt war « Sie war jetzt bei seiner Mutter im Haus und versah mit der das Ge schäft, einen tlecnen Kolonialhandel mit Bäckerei. Und er erzahlte wei ter: wie vorzügliche Frauen das sei rn: die Mutter und die Braut; von seinem Haus, das er im Frühjahr noch hatte bessern und neu anstreichen -assen; von seinem Garten vor der Stadt. Und er träumte: wie es sein möge, wenn die Glocken der Heimat läuteten bei den großen Siegen, und wie die Kinder sich freuen würden, rrenn schulsrei sei. Und der andere erzählte auch das seine: Er war ein Uhrmacher und hauste auch rnit seiner Mutter. Er hätte wohl schon heiraten mögen denn er sei ja schon bald an die drei ßig heran. Aber die er hätte haben magern habe ihn nicht gewollt, son dern hätte im letzten Winter den Müller draußen vorm Flecken gehei tet. Dar- Geschäst habe er während der Krieggzeit zuniachen müssen, denn seine Mutter sei aus der rechien Seite gelähmt, da sei es schwer mög lich gewesen, daß sie wahrend des Krieges das Gescheist mit Hilfe eines Gesellen ioeitergesrihri hätte ..... lind das sei merkwürdig, da seine Mutter nicht schreiben tonne, schrei ve ihr die Briese ein Mädchen aus der Rachbarschasi; er tenne sie wohl, sie have doch eigentlich eine schöne Handschrift, und er hielt den Brief dein andern hin . . . Der lächelte Ja, und da sei ee ihm schon ein paarnial gekommen —- man denke ja wohl manchmal iii einer ruhigen Stunde über manches nagt·i —- ioo er ti« ohl früher seine Augen gehabt hät te; sie sei nämlich hübsch, itichtig und scheine ihn wohl zu mögen; sie schrie de auch immer einen Gruß von sich selber aus noch hinzu. us schiene ihm sicher, daß er nun um sie anhal ten würde, wenn er heiintiime . . Wenn nur seine Mutter ihm so lange bliebe, bis der Krieg zu Ende sei... Und der andere nicktr. Ja, wenn sie heimtiimen! Wenn sie heiinliimenz darin lag all jenes goldene Hoffen, dar- inn alle Heimat hängt Aber am andern Morgen würden sie alle wieder hin aus-ziehen: ungebeugten Mutes Wenn sie heiniläinens Als wär das ein ganz natürlicher Gedanke, ein ganz natür liches Hoffen; als stehe nicht drau ßen in Nacht und Feld der Tod tau sendfach ans der Latier . . . Heimat in der Fremde. Sie wa ren, bis in die beginnende schwere Müdigkeit erzähleiid, zuletzt einge schlafen . Am andern Morgen gings sriih l)inau5; die Regimenter saininelten sich Sie verloren sich aus den Au gen; nnd da siel ihnen ein,s1e hat ten sich nicht einmal gegenseitig nach dem Namen gefragt. Und doch: sie tannten sich: Kameraden nnd Hei matniihr. Noch ioar das Wert der Fremde nicht zu Ende getan. Ader Heimat ging immerdar mit ihnen. LIrr letzte spiel. Eli-»ti- anci dein Triften-un du«-i gkett Von Bernhard Als-nun Christian Dorina sasz in seinem Stiidchen und tauchte Er tat tnappe, sparsame Juge, die den nie deren Raum mit den weißgetunchten Wänden leicht durchnebclten. Klar und hart lictie die alte Wandulkr durch die Stille. Mitunter stieß Tell, der unter der Ofenbank lag, einen kurzen, schweren Schnauser nus.Va ter Dörina gnctte durchs Fenster in die Talebene, die sich init blauem Dunst angefüllt hatte, in dem die Umrisse von einzelnen Gehöften, Bäumen und Hecken sacht verschwam men. Vor dem Fenster schwenlte ein Apfelbaum seine leeren Zweige· Nach der letzten Reifnacht hatte der Wind die Blätter davon gestreift. An dein obersten Zweige war ein Apfel ge blieben, eine rotbackige, ternige Rei nette. Der Baum hatte dies Jahr nur wenig getragen. Kaum ein Dut zend Früchte saß darauf. Die mei sten hatte der Wind gepflückt, aber dieser eine war geblieben. Just dieser eine, der am höchsten saß, am meisten vom Sturm umbraust wur de, und so schön rot und frisch aus sah. Jmmer mußte Vater Döring nach dein Apfel ausschauem Und da et einer von den Besinnlichen, Nach dentsamen war, von denen im Dor e die Rede ging, sie wüßten und ähen mehr als andere, so löste dieser Apfel eigene Gedanken in ihm aus« Jeden Morgen, wenn er in dieSttik be tam, galt fein erster Blick dem Apfel, ob er noch am Zweige faß. Jedesmah wenn der Wind kräftiger aushalte, fuhr des Alten fchlolftveis fzer Kopf nach dem Fenster, und die blauen Augen griffen nach dem Ap fel, als wöllten fie ihn halten, das er nicht fiele. Daß er nicht fiele! — An feine Jungen dachte der Alte, Einer war gefallen bei St. Quell cin, der andere bei Reims fchwet verwundet, den dritten hatte in Afri ta ein Fieber dahingerafft, der vierte war irgendwie und irgendwo — man wußte nichts von ihm — nnter die Räder gekommen. Nun tvnr der Jüngste, der Prachtjunge, allein noch im Felde —- der letzte Apfel! Und draußen fegte der Schlachtenfturm iiber me Felder und riß und fchiittelte an den Bäumen »der Menschheit Und mancher Zweig wurde leer —- ganz leer. ,,Huiii!« pfiff der Wind. Ein Blick aus dem Fenftet « .der Apfel faß noch fest. - Seit drei Wochen hatte er nicht »gefchrieben, der Junge. Drei lange Wochen. Ob er die Unterjacke noch »getriegt hatte, und die beiden har Iten Mettwürfte und die Zigarreni IEr tauchte fo gern. Ob er feine fFrende an den guten Sachen hatte, loder ob sie zurücklamen mit einem schlimmen Vermut? — »Na Bilder?« Der Alte fuhr aus feinem Sinnen auf. Die Schlviegertochter war hoch und blond in die Stube getreten. »Js del dai ot warm genaug, oder scholl et noch en beten inbeuten?«' »Ne, lnt man.« Pf fpff, pff! sog der Alte die ffchwe «de Pfeife wieder an. f »Jetzt foll Fritze die Sachen woll Ihaben,« meinte fie nach längereul fStillfchweigecr. ! »Heut, ja — soll er woll!" I Schweigen. Der Wind hatte noch nglassen. Draußen tralelte nochein Huhn aus dem Wege nach dem Wie Imen im warmen Kuhstallr. . Cristian Doring grübelte. An die Frauen der beiden älteren Söhne dachte er und an deren Kinder.Doch die hatten alle ihr gutes Auskom men. Gestern hatte die Frau des Jüngsten erst sitr jeden eine Sen dung Kartoffeln und Aepsel fertig gemacht. Sie war gutherzig und gab gern, hielt ihn —- den Alten — gut, trotzdem der Junge mit Nichts auf ihre kleine Stelle geheiratethat te. Die Dämmerung hüllte die Stube allmählich ein« Der Ofen bullerle. Die Uhr ticktr. Tell stand auf, reclte sich und schnauste. PlumpsI Draußen loar ein schwa cher dumpser Schall hörbar. Der Alte fuhr hoch, trat ans Fenster-, sah nach dem Apfel. Er war nicht mehr da. »Was hast du, Vatert« Sie trat zu ihm, fühlte, wie er zitterte. »Ort) — lat man!« wehrte er av. Auf der Diele klangen Schritte. ,,«)t’abend!« sagte der Postbote. »Wat —- wnt —- ig?« stotterte der Alte. «,Frisz hat geschrieben,« sagte der Briefträger. »Und gut geht’s ihm. Er meint, er kriegte woll das Ei serne Kreuz. Schuster Wichert hat auch ’ne Karte von ihm.« Die Schloiegertochter machte Licht, las die Karte vor. Der Alte atme te befreit auf »Wat is denn da noch?« fragte er, aus ein Schriftstiick deutend,das bei der Zeitung lag. »Ach --- das hab ich gar nicht gescheit --- soll woll vom Amte sein wegen dem Grenznieg —- oder die Lieriicheritng.«« »Lie; mal vor.«' Sie last »Wir machen Jhnen die traurige Liliitteiluiig daß Jhr Sdhn Heinrich aiii 23. v. Mis. bei — — deii Tod fürs Vaterland erlitten hat Eine Sehrapnelllugel hat ihn tödlich getroffen. Ani selben Tage haben mir ihni das Grab gegraben. Der Kompagiiieseldwebel.« Der Alte erschrak. Schweigend blickte er in die Ferne. Dann wur den seine Augen groß. Heinrich — daå war der abseits Gelomrnene. fürs Vaterlaiid.« Seine saltigen, — er hatte gesiihntl Still saß Christian Döting am Tische und lag immer wieder »Tod siir S Vaterlaiid.« Seine faltigen, verarbeiteteii Züge wurden licht, sei ne Augen hatten feuchten Glanz. Still sasz die Schwiegertochter und las die Karte von ihrem Fritz im mer wieder. Draußen aber zogen, aus Schilf rohren blaseiid, aus alten Kuchtöpsen troinnieliid, singend nnd iin Gleich schritt die Jungen ins Dorf. ,,Deutschlaiid, Deutschland über al les« sangen sie Der Alte nickte niit dein Kovfr. Eine Träne siel aus seine tnochige, zitteriide Hand. Die junge Frau hatte blanke Augen über der Kirte von ihrem Fritz. Der Bucheiitlotz iiiaclte im Ofen, und die llhr tirlte sich gelassen weiter in die Zeit. Der Wind lies wieder um die Hausecken, und der Kriegssturin segte durch die Wälder der Menschheit. .