Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, January 01, 1915, Image 11

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    ...K I.Issi
sen Berti-a della-Ich
Süßer Schlaf, der Müden Icöstty
Und see Inne- leytek M,
sls eIII von der Luft Etlöstaz
Tkögst du ihn sum Frieden-ort
Müttetlit», mit zarten Banden
Mtjt dII ih n sum TraumcslaIId,
Ihm alles IIIIII zu sseIIdeIh
Was et nie Im Leben and.
Ueber geiße Augknsterne
gest die Ader fpchIU
Ttückft alles III oie Ferne,
sszn traurig erst gemacht
Alles Uend, alle Sorgen,
Deckft du zu, so mild so weich,
Und für .IIk e Stunden bergen
Kannst du I m ein RöttiqreIchl
—
NIM
Von S. Jakobs-.
Die Gnstwietssrnu bürstete ihren
Mann ab. Er stand auf einem
Schenkel und dre te sich langsam wie
eine Schausensersigur, damit die
Gattin, ohne sich zu bücken oder um
ihn her-umzugehen, oen langen Bra
tenrod säubern könne.
Sie bürstete mit ganz lurzen, ein
tigen Strichen, und jeder Strich war
zugleich ein liebevolles Streichen.
»Er gibt, Karl. Was sind deinem
Bruder tausend Mart!«
»Mir ist nicht wohl.«
»Wir hat« noch nie was von ihm
verlangt. Du würdest ihm auch
geben« wenn vu hättest.«
»Liebe-: ging ich zu Fuß nach
Notn.«
«Mach dirs nicht unnötig schwer-!
Er ist dein einziger Bruder, ihr liebt
euch. Als du trank warst, schickte er
ein Patet nach dem andern. Wie
herzlich er schreibt! Von jedem Aus
slug eine Ansichtstnrtr. Er sagt
immer, wenn du was brauchst. sollst
du verlangen . .« Er hats-dazuz(
Als fie mit wurnen anmutig sing
er vom Stuhl herab. Er machte ein
wehleidiges Gesicht und war um so
mehr bekümmert, als er sich bemitleis
det wußte. Er vergaß, daß der Bitt
gang, den er eben antreten waäte,
ihm mindestens ebenso zugute tam
wie seiner Frau, und das-i sie ebenso
trostbediirftig war wie er.
Sie reichte ihm den wohlverpaclten
Kuchen; sein Mahl zu bezahlen, hatte
sie gestern das lehte Goldstück gewech
selt. Leichter hatten sie ed mit den
gleichfalls feft verschnürten Wiirsten
die sie nur aus dein Schrank zu neh
men brauchten. An so etwas hat ein
Gastwirt auf dem Lande immer Vor
rat. Die Frau schärfte ihm ein,
Kleinigkeiten für den Neffen und die
Nichte in der Stadt zu taufen. Das
Nest zählte nur ein paar hundert
Seelen; hier gab es nichts, was
Stadttinder erfreuen tonnte.
Die lleine Frau liißte ihn zärtlich,
streichelte ihm obendrein die Wange
Stumm und schwer nahm er Ab
schied. Als die Dorfstrnfze um ein
Gehiift bog, um dahinter zu ver
s schwinden, drehte er sich um: da stand
die Frau im hauseingange, ein paar
Stu en iiber dein Erdboden, und
wintte ihm den Tribut des Mitleids
nach. Der Mann empfand den Trost
wie Hohn; aber er hob den Arm und
winkte wieder. Dann schritt er rüstig
alls. «
Bis zum Bahnhof hatte er eines
reichliche halbe Stunde. Die Straße
siihrte über welliges Land, vorbei an
Feldern. Die Lust war frisch, taum
erwärmt. Die Sonne det- Frühlings
morgens gab den Bäumen, die diel
Straße begleiteten, ein reizendeos
Aussehen. Die gelben und rotenJ
schon sichtlich anschwellenden Blatt-I
tnospen, teet und saftig, schienen garl
nicht zu den trockenen Jweigen zu gesj
hören, auf denen sie Oafzen Hier und
da standen Sträucher mit frisch ge-!
iijrbten Flatschen- Das Grün, das’
mit dem Braun der Flur ivechielte,
leuchtete hoffnungsvoll, nicht mehr«
mit der dürftigen Winterfarbr. Dis
Vögel zwitscherten und trillerten,.
als tönnten sie sich gar nicht über
die Pracht beruhigtm — Jn- Wart-»
dein wurde ei ihm leicht. Er schmau
zelte, sein Gram war gar nicht so»
groß, als die zurückbleibende Frau«
wähnte. Gediehen nicht die Bäume;
die Sträuche, die Fluren —- und was
war iiber sie hingegangen! Der Som-!
mer dörrte den Boden aus, Wochenl
hindurch, daß die feinen Wurzel-;
fasern auch nicht einen Schimmers
Ruchti loit anfog n. Der Winter.
enlte roftige Starr tief in alles
Kiirperliche«— und doch: wenn derl
Frühling las-, und er lam jedetj
ahe, schoß das volle, undertitnimerte
eben nach außen, aus Licht. 4 —
Wns anders suchte ihn jetzt heim
als feine Zeit der Dürre? Nach zwei
unmäßig trockenen Sommern war
lein Geld unter den Leuten; auch
feste Trinler mieden die Schenle.
Wer eintehren mußte, aß das Not
wendige und hütete sich, es sich wohl
sein zu lassen. Gegen Weihnachten
war er ertranlt; Arzt nnd Arznei
hatten Geld geleitet und die Kräfte,
den Verlust einzuholen, waren ihmf
enprnrnen. Nun stand der erste«
pril vor der Tür, der Mietzins fürs
die Wirtschaft Steuern, Löhne. eine
Menge sich groß zufammenhallenderJ
Länderlchnlden war fällig und sein«
Geld irn Haut Die Rechnungen
sfitr Cetränte nnd andere Waren, die
er neben «feiner Schenle vertanfte,
hatten bezahlt werden müssen; dabei
waren feine Mittel ·dranfgegansen.
pessima die ihm beispringen konn
ten, fehlten. Jn den sechs Jahren,
die et die Wirtschast sühtte, war et
noch nie in so oeeziveiseltee Lage ge
en wie seit
och was war dabei, wenn et den
Bruder anging? Selbst einen Frem
den zu bitten, war peinlich,.weiiee
nichts. Es hieß dem Geld zuviel
Ehre erweisen-s wenn man sich seinet
wegen das erz beschwette. Geld
war kein St ck des Körpers, es has
tete nicht von Geburt. es war aus
dein lebenden Menschen nur eine
betete Metallschicht. Warum sollte
man ei nicht von dein, der Uebeksluß
hatte, zu dem Datbenden hinunter
nehmini
Nun gar, wenn der Besitzer dei
liebende, der einzige Bruder wart
Er handelte in der nächsten Mittel
stadt mit Stoffen und Kleidern.
Alles glückte ihm. Fast vom Tage
der Begründung nn hob sich sein
Geschäft, so daß es schon jetzt, nach
siins Jahren, eines der größten der
Stadt war. Allerdings hatte er mit
der Fkaii Glück gehabt. Aus einer
seht, seht reichen Familie der Groß
stadt, war sie ihm aus Liebe in den
tleinen Ort gefolgt, eine Schönheit,
die, selbst arm, dieWonne jedes Man
nes gewesen wäre.
Dem an ländliche Frauen gewöhn
ten Manne schwoll das Herz, wenn er
an die seine Schwiigerin dachte.-Kin
der hatten sie! Einen Knaben, zart
wie ein Grasenlind, ein Mädchen,
rund, rot und doch heilig vornehm.
Das obere Augenlid der Kleinen trug,
wie bei der Mutter, ein dünne-,
strenges Fittichen Als der Wirt in
den Zug einstieg, dachte er an dieses
Fültchein Es erschien ihm als selt
sames Kennzeichen einer bewunde
rungswürdigem nirgends sonst ver
lörperten Vornehmheit.
Die Heiterkeit hielt während der
Fahrt "an. Wie gütig ihm Bruder
und Schwägerin stets begegnetent
Fühlten sie ihm gegenüber eine Art
Schuld, das-, ihnen, die ihr Unterneh
men später begonnen, so reicher Er
folg blühte, während er in der Dürf
tigteit blieb? Gern würde der Bru
der die tausend Mart hergeben! Jst
nicht überhaupt geben seliger denn
nehmen? Ver-hilft nicht der Bittende
dem, den er angeht, zu einem Genuß,
ist also nicht der Gehende der eigent
lich Schuldiget Unzählige waren die
sen Augenbliet in der gleichen Ver
legenheit«wie er« rüsteten sich zum
Bitten und fanden Gehör· Auch ihm
versagt man nichts. Er wird leicht
hinwersen: »Du tannst mir 1000
Mark geben, Bruder!«. Der wird
sagen: »Nicht mehr? Du brauchst
dich nicht genieren.« Oder er drückt
ihm das Geld stumm in die hand.
ednfalls ist er aus der abendlichen
imfahrt um 1000 Mart reicher als
auf der hinfahrt. Lachend wird er
seiner Frau erzählen, wie schmerzlos
er zu dem Gelde lam.
Die Felder, die Wälder flogen vor
bei. Nichts von dem, wag sie bar
gen, stand still, alles gedieh an einem
Ort, um anderswo zu nützen. Ebenso
sicher, ebenso leicht würde ihm das
Geld von jenem zufliegen Wohlge
mut lam er ans Ziel.
s I I
Um die Mittagsstunde llingelte er
an der Tür des Bruder-. Die
Schwägerin strahlte vor Ueberra
schung und Freude. Wie der Bruder,
wie die Kinder sich freuen würden!
Der Bruder war im Geschäft, die
Kinder mit dem Mädchen ausgegan
gen. Ueber die Geschente vollends
lonnte sie sich nicht beruhigeu. Ein
über das andere Mal beteuerte sie,
solchen Kuchen gäb's in der Stadt
nicht für schweres Geld! Die Wurst
sei ihre Lieblingswursd Warum
sollte er außer diesen überreichen Ga
ben noch für die Kinder Geld aus
geben! Die reizende Puppe! Das
niedliche Pserdchenl Er schämte sich.
Es waren doch leine selbstlosen Ge
schenke.
Zu den Vorzügen der Schioagerin
gehörte auch der, daß sie sich um die
Küche tiimmekte. So hüpfte sie denn
unter vielen Entfchuldigungen hin
aus; schon nach wenigen Augenblicken
tam sie zutiick. Das wiederholte sieh
ein paar-mal. Wenn er allein war,
dachte er mit Beklemmung an die fei
ner hartende Aufgabe. Doch noch
fehlte der Bruder; noch tvar er der
frohe, unbekümmette Gaft.
Aus die Minute pünktlich trat der
Pkuder mit den Kindern ein; sie hat
en ihn, wie sie zu tun pflegten, aus
dem Geschäft abgeholt. War das ein
Jubel! Der Bruder tiiszte ihn zärt
lich und bestimmte auf der Stelle, am
Nachmittag werde ek dem Gefehiift
fetnbleihen und mit dem Gast und
der Familie einen Ansftug machen.
Die Kinder umtanzten ihn, fragten
nach der Tante, nach der wackelnden
Ente, die sie im Sommer gefiittert,
nach dem hofhund und unzähligen
anderen Dingen. Er fühlte sich un
wiirdig der Teilnahme, die die feinen,
unschuldigen Gefchöpfte ihm spende
ten. Er ahnte nicht, welche große
Rolle er bei ihnen spielie. Die Kin
der, die den Oniel jedes Jahr ein
his weimal besuchten, liebten ihn und
die ante, sie fchwiirmten von feinem
Anwesen, in dem alle-, das haus, der
hof, der große Garten, ihnen gehörte,
von dem Dorf, das sie Ioie ein Miit
icheu anheimelie. Waren sie attis, fo
smurde ihnen ein Besuch bei Ontei
foerhetßen und ste waren frohge
»stimint« als Strafe drohte man,
Fihnen die steife zu vttfagem und sie
waren betrübt. Aus frisch gepflegten
Vdrstellungen stellten sie ihre
raschen Fragen, während die Eltern!
schweigend daneben standen und baldl
einen stolzen Blick auf die Kinder-i
bald enen zufriedenen auf den Gast
richteten.
Bei Tisch war die Reihe, ausführ
lich zu fragen, am Bruder. Seine
Teilnahme, ernsthafter als die der
Kinder, wandte sich dem Befinden der
Gattin, dem Gange der Geschäfte zu.
Ohne eigentlich zu tlagen, ließ der
doch durchbiicken, daß er nicht gerade
auf Rasen gebettet war. Der Bru
der schenkte diesem Umstand ehrliche
Aufmerksamkeit Jetzt, bei dem Glas
Wein, das der Bruder zu Ehren des
Gasres tredenzte, war das Gespräch
leicht aus die Bitte zu bringen. Doch
die Schwägerin war fo herzlich, die
Kinder so rührend ahnungslos, daß
er’s nicht über sich gewann, den
Rausch ihrer harmlosigkeit zu ermäch
tern und in ihrer Gegenwart eine
Sache zu erörtern, die ja den Bruder
allein anging. Wenn er ihn auf dem
Ausflug ein Weilchen unter vier Au
gen sprach, dann.... Als er dieten
Entschluß einaml gefaßt hatte, atmete
er auf, schmeckte das Essen ihm noch
einmal so gut. Kaum hatte man ge
speist, so fuhr der Wagen vor, der
die Familie ins Freie brachte.
Es war einer der Tage, an denen
selbst der eingesleischte Geschäftsmann
Lust verspürt, das Geschirr des All
tags abzuwerfen und sich frei zu tum
meln in der Herrlichkeit der Wett, der
Tag war der grünenden helligteit des
Morgens treu geblieben. Jtn Som
mer zehrt jede vorrückende Stunde
von der Frische, dem töstlichen Gut
der Frühe, so daß der Mittag schläf
rig, der Nachmittag verbraucht ist.
Im Frühling sengt die Sonne nicht,
sie schont den Morgen, so daß er sich
ungehindert dehnt und der ganze Tag
Morgen bleibt. Die junge Frau mit
der Tochter saßen auf dem Hauptsitz,
ihnen gegenüber die beiden Männer;i
der Knabe thronte neben dem Flut-i
fcher. Sie sprachen, doch nur wenig,
ihr Auge ruhte auf der Flur und ge
noß die nach dem Winterfchlaf wun
dersam erquickende Erneuerung des
sprießenden Leben-» Jeder empfand,
dieses Wunder war gewaltig und
nichtig daneben alles, was sie sich
sagen konnten. Und das war nichts-,
nachdem diese miteinander vertrauten
Menschen sich die wenigen Neuigtei-i
ten, die es vom letzten Zufarnmensein
herzu eröffnen gab. ausgeplaudert
hatten. Im Schweigen empfand man
sich als eine festliche Gemeinschaft.
Jhr Mittelpunkt war der dantbar
aufgenommene, fein Verdienst froh
empfindende Gast vom Lande. —
Bei einer nahen Försterei, einem be
liebten Ziel fiir solche Wochentagss
ausfliige, hielt der Wagen. Man
trant Kaffee nnd aß dazu den mitge
brachten Landkuchen, dessen Vorzüge
erst jetzt erkannt und anerkannt wur
den. Dann durchstreifte man den
Wald. Die Kinder wichen keinen
Schritt vom Onkel, so daß auch die
Erwachsenen zusammenbliebem die
Gelegenheit zur Aussprache aber in
die Ferne rückte. Doch die Minute
des Alleinseins mit dem Bruder
würde erscheinen; im schlimmsten
Falle lonnte sie zuletzt durch ein paar
Worte geschaffen werden. So gab
der Gast sich-ohne Schranken seiner
Unbedenklichteit hin. Er scherzte mit
den Kindern, gab ihnen einfache Rät
sel auf, sagte der Schwägerin Umg
teiten und neckte den Bruder. Man
war auf zarte Weise liebenswürdig
nnd ließ sich von ihm leiten, ohne daß
er es merkte. Er and ländliche und
forfiliche Kenntnisse zum besten, be
nannte einen Strauch, wies auf einen
frühen Käfer, erllärte den Sinn einer
auffälligen Pslanzunggart Man
hörte achtunggvoll zu, selbst die Er
wachsenen fchliirften die Belehrung.
Mit wanderndem Nichtstun, ganz der
Natur hingegeben, verbrachte man
den Tag.
Kurz bevor man sich zur Heimfahrt
rüstete, nahm die Schwögerin die
Kinder fort, g daß die Männer
alleinblieben. a legte der Bruder
seinen Auni in den des Gaste-.
»Wie sinddie Kinder?·'
«Süfze Kinder.«
»Du glaubst nicht, tote sie dich lie
ben. Onkel Karl ift ihr Himmel
reich! Besucht uns doch öfters Ihr
auf dem Lande tönnt leichter «abkom
men als unsereins. Eine Freude,
totesnahe wir uns sind. Viel Brit
der trennt das Leben! Wir sind noch
eins wie in der Kinderftubr. Ob du
glaubst oder nicht: das ist das Beste
in meinem Leben!
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Kart erwiderte nichts; der Bruder
empfand, daß er’5 so meinte. Da fiel
feine Pflicht ihm rin. Doch er ge
wann es nicht über sich, die feltene
Weihe zu stören. Bis zur Abfahrt
war noch eine reichliche Stunde, viel
Zeit. Der Bruder bruchte ihn meist
allein zur Bahn. Und wenn nicht .. .
Er atmete befreit auf, als vie
Schwä erin und die Kinder sich zeig-»
ten. ie fielen aufgeräutnt iiber ihn
her, als wollten sie die ohne ihn ver-i
brachte Spanne nachholen.
Als es tühler wurde, bestieg man
den Wagen, um heimzufahrent Man
wollte den Gaft durchaus zum Abend
brot vabehalten, doch er weigerte fich
entschieden, weil feine Frau ihn rnit
dein erften Abendzug erwartete, Als
alles werden« auch das von keinem
verftän tgen Gedanken, nur von Liebe
geleitete der Kinder, vergeblich Isr,
peschlosz mau, die Meinen sollten nach
use ebraeht werden. während die
rwach enen mit dem Wagen gleich
zum Bahnhos weitersuhren. Das
Dossnungslicht des Gastes schmolz
schnell herunter. Nun standen siel
sich gegenüber, er im ossenen zjsrrtsteri
des Bahnwaggonö. Bruder und
Schwägerin aus dem Bahnstcig. M m!
wünschte ihm glückliche Reise. i).ni:.:«
für sein Kommen, trug ihm Grüße
aus, dankte wieder und gab ihm liebe
volle Ratschläge siir den Weg. Er
sah verwirrt bald aus den Bruder,
bald aus die Schwägerin. Jn seinem
Auge slackerte etwas, dessen er sich
schämte und das er doch gern ange
seuert hätte. Merlte man nicht, daß
er einen Wunsch auf den Lippen hhtte
und verzweifelt war, weil er nicht
sprach? Sollte er jetzt den Mund
austun und zu guter Letzt ein Wort
sagen, das seine Lauterteit verdäch
tigte, das den Wert des ganzen Ta
ges umstieszi Sollte er verraten, daß
er den gezollten Danl nicht verdiente,
daß die Freude, die er bereitete, der
vorweggenommene Lohn für eine
andere Freude war, die man ihm
machen solltet Um keinen Preis!
Mochte er lieber bleiben, was er zu
sein schien, der Gebende, Danleswiirs
dige. Mochte der Tag mutet sein bis
zur Neige.
Das Zeichen der Absahrt ertönte.
Den letzten Augenblick rifz er sich fort
zur Freude darüber, daß alles war
wie es war und nicht anders gekom
men. Er hätte sonst nicht die rechte
Munterleit gesunden. auch seinerseits
zu danken und den Winlenden harm
log zuzuwinken
Als er sich aus dem Fußtvege sei
nem Hause näherte, eilte vom erhöh
ten Eingange, als hätte sie hier den
Tag verbracht, seine Frau ihm ent
gegen. Herzlich und erwartungsvoll
drückte sie ihm die Hand; sie gab sie
nicht frei
»Run?« — »Drin»« -— Er legte
den Mantel ab. Sie setzte sich und
blickte ihn scharf an. »Hast du das
Geld?« —- »Nein. Jch tonnt’s nicht
saqen.« — Die Frau erbleichte. Ohne
ein Wort des Vorwurfes neigte sie
das Haupt und weinte. Schuldve
laden setzte er sich gegenüber und flü
sterte nur: »Sie waren so gut. Jch
konnte nicht."
Die harte-einter Beuan
Ein Berliner erzählt folgendes an
geblich wahres, felbfterlebteg Geschicht
chen: Jn einem Cafis des Berliner
Westens fihen mehrere Schriftsteller
um ein Marmortischcheii herum, als
der durch besondere Neugier ausge
zeichnete Redakteur des Witzblattes
,;Lahme Ente«, Eugeii Sengespech
mit mehreren Zeitungen unter dem
Arin sehr langsam vorübergeht, be
gierig wie immer, etwas von dem Ge
spräch der Gesellschaft zu erhaschen.
Jn diesem Augenblick meint der bog
hafte Theaterlritiler St» ohne schein
bar den lauschenden Sengespecl zu be
achten, zu feinem Nachbar: »Es ist
die höchste Zeit, das endlich die »Lah«
me Ente« eine solche Beilage erhält-«
—- ,.Was file eine Beilage?" platzt
Sengespeck heraus· »Sie haben sich
wieder etwas Gehöriges vorlohlen
lassen· Wenn unser Verlag sich zu
einer Beilage entschlossen hätte, würde
ich es aus alle Fälle wissen." —- »Sie
Unglücksmenfch«, sagt St» »wissen.
also noch nicht einmal, daß vorn
nächsten Ersten ab Ihrem Blatte eine
humoristische Beilage beigegeben»
wird!« Alle lachen, und herr Sengei
fpect entfernt sich wütend. »Mut
ioiirdige Menschen, diese Witzblattres
dattcure«, bemerkt ein durcki seine»
Ruhe ausgezeichneter Auslandsredalif
tenr B., ,,betoniinen sie wirllich ein-i
mal einen richtigen Witz zu hören, foi
laufen sie sofort empört nnd entrüstet
daooii.«
—
It o s e n .
Mein Lieb laiii umringen iiiit Nasen
aiii Hirt .
Und tiliiiztc iiiiai aiix «Zi1ii«, steliii sie
iiiic gut?«
Ich sah niik dass bliilieiidc Wunder an
iltid sagte niit leiieiii Lächeln fodaiin:
»Macht iiiedlirli, iiieni Zchäscheiu ieb
iiiide jedoch. . .«
»Ei', subt- sie daiiiriiaietn »ein leer
nachf«
Sie lJcittc aiii liebsten ein wenig ge
sannollt,
Dienieil ieli iiiir lyallicii Beifall gezollt-.
Da hao’ iiti niietj iasiti zu ihr niederge
ltiiiit,
Das Rauschen ibi Mist m deii Nacken»
gedrückt, «
Taf-, dicht vor nimm mic- wunderbar
Crntiihte ihr schivellisiidees Lippenpaar,
lliid sprach unter .tiiiii·eii: »Herzliebfte.
bei- eihl
Es- iit aber iiiiistliiii eiii Aber dabei:
Sie Rosen beislieieii die IZaiibertraft .
Zii all dieser bliilienden Nachbarschaft«
—-- ·..- -- -
—- Schreitlitn Gattin: »Sa
ge mal, ist dass wirklich tvnhr? Pto
fessor Tüstler ist stumm geworden?
Gotte: »Ja, sinnt Plötzlich! Vor
acht Tagen ist er Davon befallen wor
den!« i
Gattin: »(5ntsetzlich!« (
Gatte: »Davei spricht er sieben
Sprachen!« (
Gattin: »Und in allen sieben ist
er stumm geworden?«
—- Besserunq. here Müller
ist von seiner Gattin im ersten und
zweiten Jahre ihrer Ehe jedesmal mit
Drillingen beschenkt worden.
m dritten Jahre kommt er eines
aged steudestrnhlend auf seinen
Freund Krause zugesteuert: »Dent"
it, was mir Angenehmes
passiert ist . . . diesmal sitt-P schon
Zwillinqu
Jus-Meeresatem
tMO
Eine iormnische Geschicktr. Michel-zählt
von Dr. P. iilnleL
Einer der ichlauesten Polizeibeam
ten, die »Ur-im je gehabt hat, war
Sin Hän.
Gewöhnlich wird ein verdächtigek
Verbrecher geprügelt, um ihn zum
Geständnis seines Verbrechen-s zu
bringen, gleichviel ob er eines began
gen hat oder nicht; aber dieser Be
amte nahm zu solchem Mittel seine
Zuslucht nicht. Wenn jemand des
Diebstahls verdächtig war, so hatte
er eine ganz neue und iiberzeugende
Methode, die Wahrheit oder Falsch
heit der Anklage zu erproben. Er»
war der erste, der die Tatsache ent-»
deckte, daß die Menschen drei ArtenJ
von Gang haben: einer ist gleich dems
des Pferdes, ein anderer ist gleich dem»
der Kuh und ein dritter ist gieichl
dem des Hundes.
Sin Hön war auch erfahren im
Gedankenlesen und konnte einem
Menschen gar manches, was seine
Ehrlichkeit betraf, vom Gesicht able
sen. Und doch kam die Zeit, da selbst
Sin Hön aus seinem Spezialgebiet
übertroffen wurde.
Ein Distriit auf dem Lande wurde
von einem besonders tühnen Räu
ber mit ganz eigenem Erfolge ge
brandschagi. Irgend ein reicher
Mann pflegte, wenn er eines Morgens
aufwachte, einen Bogen Papier an»
sein Tor geilebt zu finden; auf dem
Papier war ein Chrysanthemum dar
gestellt, während darunter die Worte
geschrieben standent »Bringe freund
lichst hunderttausend Casch (hnndert
Dollargj an den und den Platz um
Mitternacht, oder ich sehe mich in die
schmerzliche Notwendigkeit versetzt,
dir das Hans iiber dem Fiopfe anzu
ziinden.« .
- Das Geld wurde natürlich immer
gebracht. Dies Sache wurde dem
Polizeichef berichtet, aber trotz all sei
ner Schlauheit war Sin Oön nicht
imstande, dem Diebe auf die Spur
zu kommen. In dem so eingeschiichs
terten Distritt lebte nun ein früherer
Freund von Sin Hätt, der fest be
hauptete, der Schelm könne niemals
gepackt werden. Sin Hän, der auch
anderes zu tun hatte, gab so ziemlich
die Hoffnung auf, den Spitzbuben
zu erwischen, als einer seiner Be
amten, Kim Se-p’utig mit Namen,
um die Erlaubnis bat, den Fall zu
bearbeiten. Das wurde bereitwilligst
gestattet, und mit einer schweren
Börse verfeheit, machte sich der Be
amte heimlich nach dem heimgesuch
ien Distrilt auf den Weg. Dort
suchte er sich einen Mann aus dem
Volke aus« und bot ihm soviel Geld
an, daß er ein hübsches Haus in ei
ner wenig besuchten Gegend bauen
konnte. Als das Haus fertig war,
wurden einige Dachziegel, die gerade
die nach oben umgebogene Eele des
Daches bedecken sollten, nicht an Ort
und Stelle gebracht; aber wenn die
Nacht tam, pflegte Rim selbst, geklei
det in duntle Gewänder, aus das
Dach zu steigen und sich dorthin zu
legen, wo die Ziegel hätten liegen sol
len, während seine Augen iiber den
Rand derDachrinne lugten. Jn der
Dunkelheit war er von den Dachzie-l
geln nicht zu unterscheiden.
Jn der dritten Nacht tvnrde seine
Wachsamieit dadurch belohnt, daß er
einen Knaben im Schatten der Mauer
hetanschleichen und still eines der Er
pressunggpapiere an das Tor tleben
sah. Mit dem Sprunge eines Ti
gers stürzte Ritn vom Himmel herab
aus den Burschen, wars ihn zu Bo
den und wiirgte ihn so, daß er nicht
-««usschreiben konnte. Als er dem
Knaben ins Gesicht sah, war er über
rascht, daß es der Sohn eines der
Diener im Hause war. Der Knabe
sagte ihm nun, dafz ein »Herr« ihn
gebeten hätte, das Papier an das
Tor zu ileiben, aber daß er die Be
deutung der darauf geschriebenen
Worte nicht kenne. stini befahl dem
stnaben, ihn zn dem ,,.s)errn« zu
führen; sie schritten einem benachbar
ten Wätdchen zu und fanden dort
den schlauen Schurken, der wartete,
um dem Knaben seine Belohnung
fiir den erwiesenen Dienst zu geben.
stint rang mit ihm und überwältigte
ihn. Als man den ertappten Böse
wicht nach Seoul und vor Sin Hön
brachte, siehe da, da war es sein
früherer-er Freund, der alle Versuche
den Dieb zu fangen, fiir erfolglos
erklärt hatte. Sin Hön gestand, daß
er sich diesmal start versehen habe,
nnd fein Freund kam zu einem vor
zeitigen Ende —- ans Ende eines
Strickes.
Dies war der Anfang von Fiim
Se-p·nng«g Karriere als Detettiv.
Eine der besten Geschichten, die von
ihm erzählt werden, ist eben die, wie
er ein tltäuberneft im Chi-ri-Gebirge
aufhob. Er unternahm die Sache in
höchst merttviirdiger Weise. Nachdem
er öffentlich erklärt hatte, daß er im
Begriff sei, die Sache in die Hand
zu nehmen, reiste er offen nach der
gefährlichen Nachbarschaft ab, ob
wohl et sehr gut wußte, daß die
Räuber einen Preis, und zwar einen
anständigen Preis, aus feinen Kos
gesetzt hatten. Als er die Stra e
entlang ritt, stieß er auf einen
Mann, den er sogleich als einen der
Räuber erkannte, und begann die
Unterhaltung mit ihm, indem re.
sagte: «- i
-
shieiFY Eis-meIm Music «
bande zu sprengen Nun, wie Mit
det Jhr darangehen, wenn JO- an
meiner Stelle wiiret «
! ,,«Wohlan , sagte der Minder, is
dem er sich hineiniicherte über diesen
Grünschabel von Frager, »i girrt
be, Jbr tötet am besten in erlis
bung in die Berge hinmssniehen send
das Versteck der ttiiiubrt atszufoi -.
schen, als erste Grundlinie sur weite-l
teg Vorgehen-« » i«
»Gut«, sagte Kinn, »das will
morgen tun. Ich will ein pack FI
lis nehmen und ein Pferd und M
Anschein erwecken, daß ich ein Tis
stiller bin; dann will ich den
hinausgehen und mich umsehen.
Adieu,« «
Natürlich zog der Räuber sosetsi
nach dem Versteck in den Bergen un
bereitete seine Gefährten aus den
Spaß des nächsten Tages vor. Die
Sache schien zn einfach, unLausregend
zu sein. Seinem Worte getreu,
brach Kim mit seinen Kulis nach dem
Gebirge auf, und nachdem er weit
in die Wälder vorgerückt war, hies
er die Kulis- vorwärts gehen und
Holz fällen, während er unter einem
Baum sitzen blieb Sie gehorchten
tsnd drangen vorwärts-, bis sie plbsis
i.ch zu einem großen Steintor ta
inen, das den Weg versperrte. Eli-ei
große K·,erle starrend von Me ern
sprangen he,raus ergrissen sie nnd
befohlen ihnen, sie dahin zu führen,
wo ihr Herr wartete. Halb tot vor
Furcht fiigten sie sich; aber Kim kam
ihnen schon entgegen und sagte zu
den Räubern:
»Ah, Jhr seid Mitglieder der tap-«
feren Bande von Freibeutern, die in
diesen Bergen haust. Jch möchte-gern
Euer Versteck sehen!« '
»Das sollt Jhr«, sagte einer der
Schurlen mit vergnügtenr Lächeln,
,,tommt nur hier entlang «
Kirn folgte ihnen den Berg hinauf
und durch das finstere Tor, das mit
Krachen hinter ihnen zuschlugx
»Ich hielt es für das beste«, sagte·
Kim unerschrockem ,,hier heraufz u
loinnren und ein freundliches Gespreich
mit Euch über Geschäftsangelegenhei
ten zu führen Jhr habt hier einen
schönen und gut oerteidigten Plak
aber sagt mir ehrlich, findet Jhr un
Eure Leute eis- nicht hier schwerer-,
Euer Auskommen zu haben, als wenn
Jhr ehrliche Landleute oder Kaufleute
ioäret?«
Jhe müßt wissen, daß es uns
ehrlichen Leuten schwer fällt, uns vor-,
zustellen was für einen Vorteil Jhr
vor unserer Lebensweise haben könnt.
Jhe müßt hier zusammengepfercht«
auf dein kalten Berge leben und Tag
nnd Nacht sorgsam Wache halten.«
Jhr müßt Sommer und Winter ta
tig fein, nnd jederzeit müßt Jhr die
nagende Sorge fühlen, daß jeder
Streifzug den Jhr unternehmet, auf
Gefahr Eures Lebens geht Nun-,
haltet Jhr das in der Tat für wert ·
der Mühet Jhr seht, ich habe selbst
hier teine Furcht, denn ich bin ein
ehrlicher Mann, und wenn Jhr mirs
auch nur den kleinen Finger antasten
solltet, so würde die Regierung dent
Berg mit fünfzigtausend Mann unt-l
geben und Euch in kurzer Zeit aus
käuchern.«
Er blictte um sich und fah die Wir-s
tung seiner Worte auf mehr als ei
nein Gesicht geschrieben.
»Nun, seht her, ich habe Euch ei
nen Vorschlag zu machen. Jch will
jedem von Euch ein hübsches klei
nes Haus- und tttütchen garantieren '
und volle Verzeihung für alle frühe- :
ren Vergehen. wenn Ihr, einer nach «
dem andern, herauskommen und die
Gnade des Fidnigg annehmen wollt.
Unter den Banditen war eine leh
txafte Bewegung entstanden. Der alte
istänberhanpimann rückte unruhig auf
keinem Sitze umher und warf fra
c,ende Bliae auf feine Leute ,
»Wohian, sprecht Euch aus5«, sagte «
ttiun »ich tann mir denken, wag Jhr
Eiihlt und wie sehr es Euch gegen den
Strich geht; aber es ist ein anständi
neg Anerbieten, das Jhr nicht gut
nirückioeisen tönut.«
»Gehentt werde ich, wenn ich es
nicht tue!« rief ein strannner Bursche,
indem er seine Lttafsen tlirrend auf
den Fußboden warf.
»Na, das ist auch wahrl« lachte-S
Rim.
s Dies brach das Eis-» und sie Dräng-v
ien sich um dinn und schwriren, sei
nem Rate zu folgen. Nur der alte»
Hauptmann saß noch in diisterenn
Schweigen da. Zuletzt blickte er est-I
nnd sagte: «
»Es ist nur eine Schwierigkeit voi
shandein Die Leute werden erfahren,
Hvas wir gewesen sind, nnd sie wer
,den uns das Leben schwer machen,
»Wenn Jlsr alle unsere Namen änderte
und uns an verschiedenen Plagen,
ltveit von hier, ansiedeln könnt, so asz»
lnnsere Vergangenheit ein Geheimnis
bleibt, willige ich ein.«
» »Gewiß, Herk, jede Anstrengung
soll gemacht werden, Euch ein gutes«
JFortlomnien in der Welt zu sichern,
und ich will persönlich die Einzelhei
ten so arrangieren, daß keinerlei
Schwierigkeiten sich ergeben sollen."'
Es geschah, und von jener Zeit an
herrschte Friede im Lande; aber Kim
Se-p'ung hatte wieder einmal die
Wahrheit des Sprichwortes bewiesen,
daß es besser ist« sich einen Les-d
XI
zum Freunde zu machen, als
töten« -
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