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About Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918 | View Entire Issue (Dec. 11, 1914)
Ue braska WWStaatss· Anzetger und J set-old. — eins-Es- f seiest-tadelt Von satt Münzen Zürickx Da, ivo sich die Stadt in Wiesen ttnd Felder auslöste, stand in einem schsnen Garten die Van des herrn don Bodmen Geboren in Mülhausen, als das Land an Deutschland siel, war er all Deutscher ausgewachsen und nach manchen Fahrien und Taten in der Welt in die heimat zurückge kehrt. -Seine Frau haiie ihm zwei Siihne geboren, die nun zehn und neun Jahre alt waren. Mademaiseue Elaire, die Gouvernante der Knaben, war im hause geblieben, auch als die» Fu Ghmnasiasten herangewachsenen ihrerseauisichtigung entraten konnten. Die sansie heiterleit ihres Wesen-, ihre schelmische Anmut hatte sie allen so lieb gemacht, daß man sie zu blei ten bat. Und sie blieb gern. Clnire hatte einen Bruder, der in Paris als Leutnant bei der Jnsant: rie diente. Sie liebte ihn sehr uns pflegte eine unermüdliche Korrespon denz mit ihm. Auch kam er gelegent lich nach dem Clsaß, war dann Gasi in der Badinerschen Villa und machte sich gleichfalls allen angenehm. Jn einem tnappen Zivil war er ein hüb scher feuriger Bursche, aber über die Liebe zum Vaterland hinaus schien er andere Leidenschaften nicht zu len nen. Ei iatn der Sommer des Jahres 1914. Trübe« iiihl und regnerisch. Claire saß tagelang in ihrer Stube und schritt-. Abends trug sie um kangreiche Oriefe zur Post und holte ch solche vom Amt. Jhre heiterieit wurde stiirmisch, ihre Liebenswilrvis ieit hestig. An einem regnertsazen Invena sag man in der stillen Billa und wartete mtt tem Essen aus den Hausherrn Plöhlich hörte man dumpfes Grollen von der S bt ber, ein gebämpstes Brausen. te Knaben eilten ans usin, die Nacht war dunkel und ill. Da trat der Vater ein. Er war blaß, seine Augen leuchteten. Priest· ries er. «Kriegl Jn; muß satt. Unhlanb, Irantreiehc sicher hatte man die Spannung der Völker mit sicherem Gleichmut be trachtet. Krieg war Traum, Phan tasie, Unmöglichkeit Aber nun war er da. Plöhlichj unwabrscheinlich und furchtbar. Frau von Bodmer wußte nur eins: ,Du mußt fort . . . .« Er ging noch in derselben Nacht. Er hatte es nicht weit, sein Reginsent stand in der Nähe. Aber ehe er ging, bat er Mademoiselle Claire, heimzu trisen. . « » Clatre sagte: »Meine Heimat ist bei Ihnen. Drüben in Frankreich ist nur mein Bruder, der muß hinaus. Was soll ich in einem mir entfremk beten französischen Lande? Lassen Sie mich btee·« »Sie sind nicht sicher, Elairr. Die Deutschen, wenn sie siegen, werden zn den Frauen ver anderen Nationen böslich sein.« Claire vergaß sich. Mit funkeln den Augen sagte sie: »Wenn sie siegen . . . .« Aber schon gefaßt, fuhr tu fort: »Ich bin Deutsche. Das Land, das wir lieben, ist unser Vaterland. Frauen haben nicht die Begriffe der Männer vom Vaterland.« Sie blieb. Aber sie war viel drau ßen.- Sie wanderte im Land umher, obschon man sie warnte. Sie wagte sieh weit inaus auf ihrem Rad-, fuhr in die Wälder, an den Rand der M Sie ermunterte die oeioesv , auszugehen und die militää M Stellungen zu beschauen. Arn Ade-d ließ sie sich erzählen. Sie lauschte mit verbisiener Hingabe. Bis weiien kamen Gäste, es gehörten Of fiziere zu den Freunden des Hauses. Dann hat Frau von Bodmer tattooll die Jranzösitn den Solon zu verlas fen. Claire ging lächelnd. Zwischen den Portieren siand sie. Jn ihr Ge hirn gruben sich die Worte, die sie auffing. Sie notierte mit iliegender Fond, was sie hörte. Nachts schrieb e. Die Blätter verbarg. sie an ihrer usi, und am Morgen radelte sie heran-, fort, in der Stadt langsam, dann schneller und schneller, bis der Wald sie aufnahm. Ader pünktlich war sie stets zurück. Eines Tages, plöhiich, hörte man in dem stillen hause den ersten Schus. Es waren die Franzoieri,’ die Ader den Berg mit ihrer Artillesi rie radtamen und die Stadt de fchoi n. Jn wenigen Stunden was; Its dieRachrichten in Miilhauieir. ; ,« riäf radi: vTun äadnierii an r e war Meist von ihm. Sie wollte , aber claite hielt sie suriiet ttch claire fiel-erte. Jn ihrer Auf-s regung fah es die freundin doch. ; Arme Elaire,« agte sie, »du tei seit III unfqetwillem Seht Rossi IIII Vit. drei-is uns. Ich stirchiej va- Schkeatichste. unsere akaka hier sind schreit-sh. Die Franzosen tommen tiber uns.« Cis-ice sagt-: .Jch brav-, Lichts-. Wenn ei not tut, kann ich mich site eine Französin ausgeben. Jch werde( euch beschützen lönnen.« i « Arn Sonnabeæ1 abend prasselte est fern. Jn das d pse Rollen der Ge« schüde hagelte das Feuer der Gewebres hinein. Jn der Stadt wußte mant nichts Entscheidendes. Aber die Dra-« goner ritten sori. Die Kasernen leer-J ten sich. »Wodini« schrien die Bür ger. Man antwortete nichts Leute rüsteten sich zur Flucht. Der Bahn bos war leer, verlassen, tot. Alle Lichter gelöscht. Jn den sinsteren Straßen hasteten Schatten aneinan der vorbei. Man sliisterte nur. War man im Stich gelassen, ausgeliefert? Jn der abseitigen Villa ahnte man nicht attes. Die Knaben durften nicht hinaus. Gärtner und Diener waren längst einberufen. Nur noch Frauen waren im haus. »Wassen,« sagte Frau von Bodmer, »vor allen Dingen Waisen. Wir ergeben uns nicht.« Sie sieberte vor Tatendrang und Verzweiflung Nur ein Revolver war da. Und Claire nahm ihn an sich. »Du zitterst ja,« sagte sie. »Laß ibn mir. Jn meiner Hand ist eaer Leben-« Sie ballte die Fäuste, um den Ju -bei ihrer Stimme zu unterdrücken. Arn Sonntag morgen, nach einer schlaslosen Nacht, hörten die Bewoh zner der Stadt Hufeilappern. Aber Idie Freude wurde Entsetzen. Fran« Yzosen waren es, die durch die Stra tßen aus den Rathaus-platt sprengten, fund schon war am Stadthauö die Mollamation angeheftet: Anx kn tanrs Our-sam- Und zugleich kam jein Regen weißer Blätter über die JStadtz aus dem klaren, lichten Him mel, von Lustsahrzeugen entsendet, flatterten goldene Versprechungen auf fdas zitternde Voll herab. Stadt verlassen,.so ritten die deut schen Dragoner hindurch. So waren die Armeen tn üblung, ein Gefecht stand bevor. D Leute richteten sich in den Kettern ein, schafften Betten und Proviant hinab, berramrnelten die Türen und Fenster. War es der jüngste Tag? Die sAbrechnung der Sünden? Noch immer, da er in den eigenen Gassen stand, blieb der Krieg Traum. Aber mittags zogen die Franzosen sin die Stadt ein und durch sie hin !dnrch. Stundenlang wälzten sich die iduntlen Massen durch die stille Stadt· ISelbst die, die sie hoffend erwartet Hund verraterisch ersehnt hatten, wa rten bleich. Jn der Gattentilr stand lCtaikk Sie hielt sich km dem Gitte sest, unt nicht den Truppen entgegen zustiirzen, mitzuziehem Gliibende Leidenschast schüttelte ste. Vaterland . . . Frankreich . . . Sie fühlte sich snun ganz als Französim Die Attil »lerie tant rasselnd. An einem Prop »wagen hing ein buntes Bild der deut Hschen Kaisersaknilie. Kaum hatten die Franzosen die ) Claire hielt fich nicht. »Ah,« tief sie. »Von-r tritt-Z its voirs ü liest-link« Sie fah sich nen. Sie war allein. Die anderen standen im Haus an den Fenstern Man hörte sie nicht von dort. Die Soldaten grüßten sie. »An den Rhein!« riefen fie. »An den Rhein!'« antwortete Claire. Und wieder Jnfanterie, rafch, ist dunklen Uniformen. Unter den zu rückgeschlagenen Mänteln leuchteten die roten Hosen grell. »Gafton!« schrie Claire, »Gafton!«· Mit seinem Zuge ianr ihr Bruder vorbei. Sie fürchtete nichts mehr, mochte man sie sehen! Sie stürzt hin und drückte ihm ein Päclchen in die Hand. Er hatte ieine Zeit, sie zu umarmen. Die Artillerie besetzte die hohen, die Jnfanterie blieb in der Stadt. Es war still. Die Franzosen waren freundlich und höflich. Sie iuchten Begeifterung zu erwecken, Jubel zu entfachen. Aber eingefchreclt, veefchiichtert, der Lage noch nicht trauend, blieb das Volk scheu und bedrückt. »Gebt schlafen«, sagte Elaite am Abend. »Es geschieht nichts weiter Wir sind sicher. Iürchtet Euch nicht« Man hatte in der einsamen Villa lein Licht gemacht. Die Köchin aftd das Stubenmadchen wagten sich n cht in ihre Mantarde. Sie fußen ins Keller und schliefen dort, auf Wein fiifsern ii end Frati von Bodmer blieb im immer ihrer Kinder. Und claire —0 claire stand auf dem flac chen Dach nnd wartete und lau Sie hörte Mitternacht schlagen. cht mehr alle Uhren der Stadt, nur noch eine. Man hatte vergessen, fle aufl suziehem oder die Franzosen, die nach ihrer seit gestellt, hatten sie vers - duckt-Euer löslichf p te die schöne, stille; Sommer-tacht an briillte, Wie. i Eine Kanone hatte ihren furchtbaren S lund geöffnet. laire zitterte, als wenn das Haus unter ihr wankte. Und fchon fejte die Schlacht ein. Claire fpähte hin aus. Dort, wo Burgweiler lag, sah sie Funken, Flammen, Wolken. Von dort hagelte es Schäffr. Krachenb schien dort der Wald sich niederzie legen oder die Erde sich zu spalten. Und näher und näher kam dieser eue, unbekannte, furchtbare Lärm. chon unterfchied man im Getöse die Töne der Gefchiitze, dunkle und hohe, Paß und Falfett. Dann verstumm ten die tiefen, nur die Gewehre festen die Sinfonie fort, furchtbar eintdnig, unerträglich ihr Motiv wiederholend Da ftand Frau von Bad-net neben Claire. Und bte beiden Knaben, in ihren Nachthemben, kamen hanb in hand, faffungslos, wie da das größte Erleben in ihr Kinderdafein dröhntsr. Niemand sprach. Bis der Aeltefte sagte: »Kämpft Vater mitt« Daj fiel die Mutter auf die Knie unr; fagtet »Betet. Aber fiir alle. Für: unser Land.« Aber sie fand tein »Wart. « ! Claire regte sich nicht. Es war drei iUhr morgens. Noch funkelten die Sterne, ungerührt und still. Noch war es finfter. Aus dem Garten dufteten Nefeden start Da raffelte die Straße Artillerie herauf, flüch trnd« aufgelöst. Ein furchtbares Ge töfe näherte sich der Stadt. Claire zuckte zufammen, als hätte eine Kugel sie getroffen. Sie beugte sich über die Brüftung, sie lauächtr. Nichts. —- Aber plötzlich ein »O tra, hurra!'« Es waren die verfolgenden Deutschen. Die Franzoer flohen verwirrt, entivaffnet. Gatte, außer sich, schrie den Fran zosen zu: «Steh’et, siehet! Wohin? hinter Euch liegt der Rhein! Feig linge! Feiglinge!« Aber ein einziger Ruf schallte zu» ihr heraus: »Verloren, verloren!« Da sah sie Frau von Bodmer. Jhre Kinder an der Hand, stand die deutsche Frau da. «Sieg!« rief sie. »Wir Deutschen siegen! Kinder-, Eure Zukunft wird gegründet, der Feind slieht.« Claite sah sie einen Augenblick an haßverzetrt schrie sie: »Deutsche!« Nicht mehr. Alle Verachtung, Feind schast gegen Deutschland lag darin. Das Wort allein war Beschimpfung. Sie hob den Revolver und schoß aus die Frau und aus die Kinder. Die drei fielen, ehe sie begriffen. Zuckend stürzten sie nacheinander, gut getrof sen, und schnell gebrochene Augen riefen die Sterne an. Claire sah aus ihr Werk, ais es im Garten laut wurde. «Claire,« rief jemand, «Claire!" Aber sie tonnte sich noch nicht rüh ren. Man lies in das Haus und sand sie. Jhr Bruder trat aus das Dach, wo zwischen den Oleanderkii dein die drei Toten lagen. -Clnite!« Soldaten, ein Korporal drängten ihrem Leutnant nach ,,Claire, loinms Mit uns! Wir rnitlan zurück! Komm! Wer sind die, Claire? Was ist dass« Elnire sagte ruhig: »Ich tat, was Ihr Feiglinge Unterliefzet· Seht, da liegen sie, diese Deutschen!« »Eine Frau!« schrie Gaste-m »Mu der!« »KnabeU,« fngte Claire, ,,einini.rl Männer, Eure Feinde." »Du haft sie getötet2« rief er triumphierend Aber ehrt sie noch antworten konnte, i rief der Korporah »Es lebe die Oel din! Einen Säbel der Tapferen!'« Und unter den begeisterten Rufen der französischen Soldaten warf er iihr eine Schärpe über. Gaston riß stiefan sich und küßte sie. Aber sie r e : i »Komm, ich weiß alles! Jch kenne ;die Wälder-, in denen sie liegen, ihre. iPositionem ihre Kräfte-. Kommt! Jch führe Euch!« Und einem Soldaten den Säbel entreißend, lief sie, die gefchmiickie Verbrecherin, Mörderin und Spio nin, ihnen voraus. Aber von der Gortenpforte her blihte ihnen der Tod entgegen. Deut fche Gewehre tauchten, und entfekt, bleich, verzweifelt ergab sich der fran ösifche Korporal mit feinen Soldaten aber den Leichen der gefallenen Ge fchwister — Guter Rat. Fremder: Wie weit ift’s noch ins Tali Einheimifcher: Eine halbe Stunde, —- roenn Jhr Euch aber runterlugeln wollt, leide in sehn Minuten dort. —- Belehrung Mutter (auf der Bahnfahrt zu dein schreienden Baby): »Wenn Du jetzt nicht gleich ftill bist werfe ich Dich zum Fenster hinauM Der acht ährige Fris: «Das darfst Du nicht, Diana-: Das Hinausweri fen von Gegenständen ilt its-eng un tersagt-l l« In Irrt-essen der Its-an spielte-im » Skizze von Arkadij Aivcrtschenlo. Is Der Regisseur verteilte die Rollen und reichte der Liebhaberin Ljubar sia ein dickes, gewichtiges Heft. «Ohv!« sagte diese, mit anschei nend gemischten Gefühlen. , Sodann gab der Regisseur ein« gleiches Heft dem ersten Liebhaberl Satatotv. f »Grundgiitiger!« seuszte der mit bor Schreck geweiteten Augen. »Aber-« das sind jaszwei Pfund! Das bringel ich nicht fertig. Anderthalb hätte ich’ noch lernen können, aber zwei nicht!" »Narr, Dut« dachte die junge De-j biitantin Marystin. »Das ist ja keine Rolle, sondern eine Bibel«, schrie die Ljubarska, in dem sie sich stellte, als breche sie un ter der Last des bestes zusammen. » ,,Niirrin«, dachte die Marysiin »Wenn sie mir nur zehn Seiten da von abgeben wollte, ich würde End schon zeigen —!« Indessen erhielten auch die ande ren ihre Rollen: die tomische Alt Kowrigin, der Komiker Lutschinin der zweite Liebhaber Taliew und di zweite Liebhaberin Magdonaldowa. Der Debiitantin Marystin lie das Wasser im Munde zusammen und sie fragte mit mühsam verhalte nen Schluchzem »· . . und ich —?« »Auch Du betommst etwas, mein-. Liebe«, sagte der Regisseur. »Da"has Du eine Rolle —- dirett zum Fin gerablecken!« Zwischen seinen Fingern kam eiI winziges, zertnitterteg Papierches zum Vorschein. »Das ist die Rolle —?« »Das ist die Rolle.« :Ja, wo denn?« » »Ich sehe sie nicht«, sagte die M-1 rhstin verleßh »Nun, das macht nichts«, tröstet der Regisseur. »Sie ist zwar tlein dasiir aber giebt sie reichlich Gelegen heit zum Spielen und Du kommst im zweiten Akt-zu Besuch . . .« »Und was habe ich zu sagen?" »Feigendes: Mit anderen Gästen tritt auch die Polujanowa ein. Sis »geht aus die Gastgeberin zu unt ttiiszt sie. . ; sie saqt:» Endlich, mei Hne Lieben, habe ich mich zu Eua ausgemacht . . . « Die Hausfrau »Seht erfreut; ich bitte Platz zi nehmen« »Ja, ich bunte, das will ict tun; und ich werde sogar ein Täß chen Tee trinken-" »Bitte sehr . ' Die Polujanowa setzt sich und trinti Iee.«' »Das ist alles?« fragte die Mary stin verzweifelt. »Wenn Sie mir doch wenigstens zwei Seiten gegeben hätten . . .« »Aber, meine Bette! Jn dieser Rolle kommt ja alles einzig aus das Spiel an! Schau, toie typisch: »End lich, meine Lieben, lxabe ich einmal mich zu Euch ausgemacht . . .« sagt diese Frau. Das ist ja ein Mensch aus Fleisch und Blut! die russische Rausmannssrau wie sie leiht und lebt! . . . Und dann: »Ja, danke, das will ich tun; ich werde sogar ein Fäßchen Tee trinten . . Bitte zu beachten: einstweilen hat ihr noch niemand Tee angeboten, sie aber kündigt schon von selbst an: »Ich werde trinken . . Das ist doch ein Typus! Das ist doch das Leben, aus rie Bretter übertragen! Jch verstehe schließlich, mnn die Frau des Hau ses ihr angeboten hätte: »Bitte trin ten Sie doch ein Täszchen Ter, Frau Polujanowa.« Aber nein, keine Spur! Sondern dreist: ,, . . und ich werde sogar ein This-then Tee trin ten.« Diese Dreistiqteit mußt Du unterstreichen . . Die Marhstin las ihre Rolle mit einer Grimasse des Widerwillens nochmals und sagte: « »Ich hingegen stellte mir diese Po lujanotva ander-z vor: obwohl sie ei-« nee beschränkten tinuimannsfamilie· entstammt, möchte sie dennoch hinaus, ; and Licht, in eine andere Welt . . . Sie hat ihre Ideale, ja sie ist sogar» in einen Schriftsteller verliebt, aber ihr Mann peinigt und unterdrückt sie mit seiner Grobheit und Niedertracht. Sie jedoch ist seinbefaitet nnd zart iühkend und strebt irgend wohin hinaus.« «Meinettvegen«, sagte der Regis seur, «Mag sie nur immer streben. Das müßt Du ja wissen . . »Ich werde sie ein wenig exaltiert, ein wenig hysterisch aufsafsen . . .« »Saß’ sie hysterisch aus! Weiter . . . Die Rolle des Dieners Damian. Das sind Sie, Apollonow. Das Dienstmädchen Aaterina——Sie. Wol siagP ie Marysiin ging mit ihrer Rolle in Gedifnäen nett-ken, von. dannen. Il. « . . Der zweite Akt begann. Die Szene stellte den Solon im hause der Frau Ssolnzewa«-(Ljubarska) dar. Die Gäste finden sich ein; unter ih nen der Komiker Matodorow (Lut schinin), mit dem die Frau des Hau seS ein gezwungenes Gespräch führt, da sie jeden Augenblick das Erschei nen ihres Liebhabers Tfchodumotv erwartet, der sie mit der Baronin hintergangen hat. Eine Szene von höchster Dramatik bereitet sich vor: im Vordergrund die Auseinander setzung zwischen den beiden Lieben den, im Hintergrunde die harmlose Unterhaltung der nichisahnenden Gäste. Beim Aufgehen des Borhanges ge wahrte man auf der Bühne einzig die Ssolnzewa. Sie lief erregt auf und ab, rang« die Hände, überflog wieder und wieder irgend ein Zettel chen und flüsterte: »Ist es denn möglich . . .? O, der Zchuft —!« Jn diesem Augenblick trat ein Zchwarm von Gästen ein; die Ssoln ;ewa nahm sich gewaltsam zusammen md ging ihnen zur Begrüszung ent ;egen. Sie verneigte sich, küßte die Frau Jolujanowa (Marystin), und als der Zoufleur erfreut sagte: »Ah, Sie! :iielch’ eine angenehme Ueberra chung . . .!« freute sich auch die krau des Hauses ungemein und oiederholte gefügig: Ah, Sie! Das nenne ich aber eine ngenehme Ueberraschung! . . ." Trotz dieses liebenswürdigen Em fanges sah die Marystin an der Haftgeberin vorbei in die Ferne und liifterte traurig: »Endlich, meine Lieben, habe ich nich einmal zu Euch aufgemacht!« »Seht "ersreut!« flüsterte der Zouffleur zuvoriommend. »Bitte, nehmen Sie Platz.« Die Marystin schlug ein hnsieti jches Gelächter nn, tnüllte ihr Ta chentuch zwischen Fingern und et .-.-ibekte: »Ja, danie, das will ich tun; und .ch werde sogar ein Täßchen Tee ;rinten.'« Sie setzte sich aus das Saft-, und ihr Herz treunpfte sich schmerzlich zu samtnen. «Alles . . .« dachte sie bei sich. Al Tes . . .! Das ist die ganze Rolle! fzch bin settig«. »Seit dem Morgen quält mich chon so ein Durst«, setzte sie aber löslich laut hinzu. »Na, habe ich nie gedacht, wenn ich zu Ssolnzeth .omme, werde ich dort Tee trinken. Nichts stillt eigentlich den Durst so iuie Tee. Jcn Auslande soll er aber nicht Mode sein . . .« » »Schweigen Sie«, flüsterie der Souffleur. »Die Ssolnzewa geht zu den übrigen Gästen . . « I »Wie kommt es nur, daß Sie so blasz sind, meine Liebe?« fragt die »Marysiin unerwartet. »Hab« Sie Unannehcnlichkeiten?« »Ja . . stainmelte die Hom ;ewn, die außer sich war, daß die Utarystin solches Zeug sprach. Die Liebenswiirdigteit des Sons ijcurg ioar restlos erschöpft. ,,«I)alten Sie den Mundl« sagte er aufgebracht. »Was reden Sie da für Sachen, die nicht in der Rolle stehen? Zum Teufel! . . . Die Stolni Hewa geht zu den übrigen Gästen... SsolnzeioaI Gehen Sie!« Die Ssolnzeidm die bisher die Marystin in stuminein Entsetzen an gestarrt hatte, nahm ihre ganze s öpferische Art zusammen und im pr visierte: »Ich bitte mich zu entschuldigen . Jch muß noch die anderen begrü ßen . . . Man wird Jhnen sofort den Tee servieren . . .« «Bah, die Begriißung läuft ja nicht weg«, sagte die Marystin hatt niickig. »Wenn Sie wüßten, meine Teure . . . Jch bin ja so unglücklich ...Ach, mein Mann, dieses gro«-e Vieh ohne Herz und Gemüt . . .!« Die Marystin führte ihr Taschen tuch vor die Augen und schluchzte shvltetischt »Nein, lieber den Tod, als ein Leben mit diesem Menschenl« »Warst Du jetzt endlich aufhören,« knirschte der Soufsleur. »Warte, slllexei Nitolajewitsch wird Dir hel fen!. Die Ordnungsstrafe ist Dir si er.« »Und ich habe mir das Leben so ganz anders ausgemalt,« klagte die Marystin händerringend . . . »Ich will hinaus —- an’s Licht! ·ch will studieren! O, Frauenloos, kaum loos, wer hat dich nur so grausam gestaltettl . . .« »Beruhigen Sie sicht« sagte die Ssolnzewa, ihr Gleiches, verzerrtes Gesicht dem Publikum zuwendend »Entschuldigen Sie, bitte, ich muß zu bewundern Gästen . . .·« Die Marhstin griff sich Verzwei selt an den Kopf. «Zu den anderen Gästeanw wer sind denn diese anderen Gäste? Nichts als verächtliche heuchler und Para ttent Agrippina Nikolajewnat Bot ihren Augen leidet ein wirklicher Mensch, und Sie wollen ihn gegen irgend welche Hohltöpse austauschen O, Gott!,-2... Alle kennen nur die reiche Frau Polujanowa, aber ih re Seele, ihr zermartertes Herz will Niemand kennen . . . Barmherziger Iheiland, welche Qualen. , »Sie ist verrückt geworden,« sagte der« Soussleur, llappte fein Buch zu lund versank in die Tiefe. ! »Ich will keine Heilige sein-« schrie jetzt die Marystin, an die Rainpe tretend. »Ich bin ein Weib, und ich liebe . . . Ja, ich liebe! Und wissen Sie, wen?« Sie packte die Ssolnzewa beim Handgelenk, durchbohrte sie mit den Blicken und zischte in höchster Erre ;gung: »Ich liebe Jhren Geliebten, den Sie erwarten! Er gehört mir, und ich lasse ihn Niemand. Alles, was inan Ihnen von der Baronesse geschrie ben hat, ist erlogen! Jch allein liebe ihn! Sie beißen sich aus die Lippen, Madame? Hahahat Ja, die Frau Polujanowa kennt keine Rücksichtenl Ich habe einen Geliebten und sein Name ist Tichodumow!« i »Von der Bühne herunteri'« brüll Jte der Regisseur hinter den Kulissen I »Jetzt sehlt eigentlich noch ein hy sterischer Ansall,-' dachte die Math stin. »Wenn man sich hervortun will, ist das das beste Mittel . . .« Sie warf sich Aus das Sosa, ver barg das Gesicht in den Händen, und ihre Schultern begannen zu zittern . . Sie weinte und lachte, rang die Hände und schrie: »Ich laue iyn nrchr . . . oh . . . ich lasse ihn nicht . . . Du sollst ihn nie haben, du falsche Schlange!« Noch niemals hatten die Zuschau er kläglichere, hilflosete Gesichter ge sehen wie die der Schauspieler wäh rend dieses Vorganges auf der Bühne. Sie alle waren seit jeher ein zig daraus dressiert, das Rollenhest nachzuplappern, sei es nun, daß es zwei oder ein oder gar nur ein Vier t psund wog, so dressiert, daß auch cht einem von ihnen die einsachste Redewendung, der selbstverständlichste Ausruf einstel, den jeder Zeuge eines hysterischen Anfalls unwillkürlich ge braucht. Während die Polujanowa auf dem Sosa mit Armen und Beinen um sich schlug, standen zwei der Gäste, als ob sie siir ihre Umgebung taub wären, vor einein Gemälde, betrachteten es mit höchstem Interesse und wechsel ten die augwendig gelernken Worte: »Diese Ssolnzewa muß in oer Tat reich sein. Schauen Sie nur, wie kostbar sie eingerichtet ist . . .« »Man sagt, sie soll etwas mit Ti chodumow zu tun haben . . .« »Nicht möglich! Wer sagt das? Jch habe noch nie davon reden ge hört . . .« Niemanden fiel es sein, der jam mernden Frau Politjanowa auch nur ein Glas Wasser anzubieten. Nach dem sie sich gehörig ausgeweint und ausgelacht hatte, stand sie auf — wantte —- und wandte sich zum Ab schied nochmals an ihre Rivalim ,,Leb’ wohl, schmähliche Jntrigan tin! Nun verstehe ich, warum du mir Tee angeboten hast! Jch habe wohl gesehen, wie dein Helfershelfer im Nebenzinnner ein weißes Pulver in die Tasse geschiiitet hat! Hahal Aber die Polujanowa wird, wenn ihre Stunde gekommen ist, freiwillig zu sterben wissen —- von eigener Hand! Jhr reicht nicht an sie heran, er bärmliches Gewürm! Lebt wohl, ihr Masken und Gliederpuppeni Hinaus, hinaus-! . . . Jch gehe hinaus in das Licht-in das judelnde Leben . . ».!« Die Maryskin ging ab . . . Aufs der Galerie aber brach ein Sturm der Begeisterung los, der auf die übrigen Ränge und das Parkett über sprang und sich fortpflanzte bis in dessen vordersten Reihen . . . Ul. Die Marhstin trat erschöpft hinter die Kulissen und wollte gerade in ih re Garde obe schlupfen, als sie auf den Regiszur stieß, der wie ein Ha bicht auf sie zustiirztr. »Da hast du deine Sachen — sie — sind gepackt· Achtundvieezig Rubel hast du zu bekommen, minus fünf undzwanzig Ordnungsstrafe, blei ben —- drei Da. . ,,Gut«, sagte die Marhstin müde. »Meinetwegen . . Lassen Sie meine Sachen in die Droschte bringen« « »Nilosori Schmeiß’ mal die Sa chen da ’raus!« »Adieu!« ,,Raus!« ) Die Marhskin fuhr mit der Band über das geschminite Gesicht, zog den ärmlichen, abgetmgenen Mantel Bster um die Toilette der Frau olujanotvg und wankte hinaus in die Recht . . !. Sie hatte doch ein smal eine große Rolle gespielt H ,