Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, November 06, 1914, Image 9
- ff Staats Anzetger und Jcerold. schwimmend-i sinds f Von Aug. Kommt-ern Das Dorf Waalhaufen, in dem die nachfolgende Erzählung spielt, liegt stviichen dem großen Teufelimoore nnd dem St. Jiirgenilande (der Name des tchtvimmenden Landes) nnd füllt mit dem legteren den gro ßen Winkel aus, den die beiden Nie derungsflröme Damme und Wümme bilden, die dann spciter als Letums laß gemeinsam unweit don Bremen n die Untertoeler münden. Die häutet des Dorfes liegen in langer Reihe, jedoch durch Gebüsch nnd Wald voneinander getrennt, auf hohen Worten, um sie vor den win terlichen Ueberichtoemmungen zu fchilsen Vor dem Dorfe zieht sich ein 2 bis s Kilometer breiter Mietenftreifen hin, während das Dort selbst und das hinter ihm liegende Gelände aus Dochmoor besteht. Die Bauern Waathausens sind größtenteils Großgrundbesißer, denn ihre Böse haben meistens eine Größe don 400 bit 500 Morgen. Sie sind durchweg wohlhahend und bilden ein Gemisch don Sachsen und Friesen, jenem uralten troßigen Bauernoolie« das sich sowohl durch seine zähen Kämpse mit den Brenier Erzbischösem ais aiich durch sein Ringen im Kampfe mit Wasser und Wogen et nen undergänglichen Namen erwor ben hat. Auch die Waaihöuser haben ihr Land in jahrhundertelangen Kämp sen dem Sumps und Wasser abge rungen, daher auch ihr selbstbewuß tes, irastdolles Auftreten, ihr Eigen sinn und starrer Mut. Den Sturmsliiten, deren man sich jeßt niit allen Mitteln zu erwehren sucht, derdanten die Bauern Waaks hausens doch recht eigentlich ihren Reichtum. denn sie sind es gewesen, die das ichlammartige, fruchtbare Meer- und Wesertoasser ihnen u siihrteii und den moorigen Wiesen erst jenen seiten. deiruchtenden Ueber sug verliehen, den sie heute haben. Aber auch noch in anderer Weise wirkten die Fluten gewinnbringend, indem sie an den mit breiten Schilf riindern beseßten Usern der Damme ein Stück Land nach dem andern anseßten und so zur allmählichen Vergrößerung der böse beitragen Anderseite aber riefen sie auch wie derum mancherlei Streitigkeiten her vor, die dadurch entstanden, daß an grenzende Nachbarn sich über das an getoachsene Land nicht einigen tonn ten. Ein solcher Streit herrschte bereite seit Jahrzehnten zwischen den Be sißern des Segeltens und Kohlmannss hofes. Die Väter, ein paar harte Konse, hatten den Streit begonnen, der schon so viel Kummer und Herze leid iider die beiden Familien ge bracht hatte, und die Söhne, die jetzi gen Lieschen hatten ihn übernommen als ein unangenehmes Erbteit ihrer Väter. Das Unglück oder, besser gesagt, das Glück wollte es, daß Dirt Kohl mann einen Sohn und Arp Segelten, sein Gegner, eine Tochter hatte. Er toar ein echter Kohlmanm dunkel breitsehutteeig und stiernackig. Sie dagegen hellblond, schlank, mit schma tem Gesichtooval und tornblumblauen Augen. Ein echter Iriesenthpus. Die Nachbarschaft, der gemeinsame Schul weg und manche anderen Gelegenhei ten brachten ei- niit sich, daß die bei den einander ost sahen, sich tennen nnd lieben trrnten. Der alte Kohlmanm dem dies zu Ohren lam, rief eines Tages seinen Sohn zu sich in die gute Stube und Iagte zu ihm: »Johann, du kannst tn übrigen tun und lassen, was du willst, denn du bist alt genug, um su wissen, was recht und unrecht ist, bloß eins will ich dir ingen: die Deren« —- und dabei zeigte er mit dein Daumen iiber die Schulter nach dem Segeltenhofe —- .triegft du nicht. Eber tvill ich dich entetben und meinen hvf vertausen, alt zu sugeben, daß dein seine Tochter in mein Daus als junge Frau ein lebt Schlag dir die Deern aus dern zopiz es wird nichts draus!« Von leiten der Eltern des Mäd chens wurde die Liebschaft der beiden Iwar auch nicht rnit frohe-n herzen gesehen, wenigstens nicht unter den obwaltenden Umständen. Aber Se gelten bötteg wenn iich eine passende Gelegenheit gefunden, itn Interesse Ums eigenen Kindes vielleicht doch Dant- purn Frieden geboten, denn« er tvar von hanc aus eine der ans lichere Natur, alt der alte obl-; sann; er artete nach feiner Matten Iber dazu war dorderhand gar teineT Its-ficht Wenn auch feine Frau tbn oft quälte mit Bitten und Lied ben, doch denr Glück der Kinder nicht im Wege zu stehen und dem Nachbar die hand snr Versöhnung zu reichen, so lebnte er dies doch mit Entschies denbeit ab. »Das Recht isi aus unserer Seite. Der Richter bat uns die Wiese von rechtswegen zugesprochen. Koblmann hat also gar keine Ursache, mir böse zu sein, aber er tut mir jeden Tort an, den er nur ansdenten tann.« I I . So standen die Dinge, als ich im Herbst 188« nach Waatbauskn tant. Die Schule, ais deren prodisoriicher Verweser ich ernannt war, lag ans einer niedrigen Mart. Es war ein altes, mit Stroh gedecktes Fachtverts haus, wie sie hier üblich sind. Rings um das Haus herum war ein kleines Wöldchen aus Bitten nnd Erlen zum Schuh gegen Wind und Wetter. Nesz ben einein mit Bitten bepsianzteni Fahrwege, der durch Sandansschiit«’ tung etwas erhöht war, führte zuri Schule noch ein 2 bis s Meter brei ter Schissgraben, in den von allen hösen des Dorfes eine Menge ande rer Gräben einrniinbete. Nahe ani Schulbause war ein tleiner Hasen, in dem ein winzig tieines Boot an der Kette lag. Jn Kost ging ich bei Arp Segel len, als dein nächsten Nachbar, der auch zugleich Schulvorfteher war. Das erste, was ich nach meinem Ein tressen in Waalhausen aus Segellens Rat gelernt hatte, war das Jahren in dem tleinen, liellosen Boote, das hierzulande mit dem merkwürdigen Namen Seelenoertäuser belegt wird. Diese Boote werden nicht durch Ru der vorwärts bewegt, sondern mit tels einer langen Stange, die an ih rem unteren Ende eine mit Eisen be schlagene Verbreiterung aufweist; denn bei der Enge der Gräben wä ren Ruder nicht zweckmäßig gewesen. Bei niedrigem Wasser und den ho hen Ufern dieser Schiffgräben bot das hren in dem tleinen Schiffe allerd ngs telne besonderen Schwie rigkeiten. Anders jedoch bei Doch wasserz da war die Sache durchaus nicht so ungefährlich und der Name Seelenvertäufer wohl am Platze. Jch mochte wohl etwa 5 oder S Wochen in Waalhausen gewesen sein, da gewahrte ich eines Morgens, daß ich von der Außenwelt ringqu durch Wasser abgeschnitten war· Wäre dieses Ereignis so ganz unvorberei tet eingetreten, so hätte es mich wohl mit dem größten Schrecken erfüllen können. So aber hatte mich mein Kostwirt längst daraus vorbereitet· Außerdem hatte ich ja ein Schiff, und wenn es auch nur ein Seelen-» oerläuser war, und tonnte fahren. «J Als ich nach Segeltens Hofe tam,! stand der Bauer vor der großen Ein-! fahrtstiir seines Hauses und schaute prüfenden Auges in den Wasser schwoll. Ganze Schwärme weißgrauer Mä wen trieben treischend ihr lustig Spiel in den Lüften, andere ließen sich von lden Welten aufs und niederschauteln. Dies alles waren sichere Anzeichen stir den Wettertundigen, daß noch »mehr Wind und Wasser zu erwarten »waren. i Segeltrn traf daher als umsichti iger hausoater seine Vortehrungen. Er rief seine Knechte herbei und gab ihnen Befehl, die Schiffe, die an ih rem gewohnten Plaß vor dem hause lagen, an einen geschützteren Ort, wo sie dem Wind und den Wellen nicht so ausgesetzt waren, su bringen Dann ließ er die ftarlen Bohlen, die sitr einen bestimmten Zweck auf dem haushoden lagerten, herunter holen, um fie im geeigneten Augenblick sur band zu haben. Jch war inzwischen wieder zur Schule gefahren, tvo nach und nach auch die Schüler eintrasen. Sie ta men deute alle in Booten. Die älte ren fuhren selbst, die kleineren wur den von ihren Eltern oder Dienstbo iten hergebracht. ! Den Tag iiber stieg das Wasser stetig. Als der Nachmittagsimters richt beendet war, stand es bereits oben am hausivarf Jch entschlos mich daher, der Einladung meiner Kostwirte, bei ihnen zu wohnen, zu folgen und traf alle Vorkehrungen, um meine Bücher nnd sonstigen Sa tchen vor dem Wasser zu schüyem IDann bestieg ich meinen Kahn und jfubr zum Segeltenbof. . Ills ich an einer Waldecke vorüber !tam, machte ich eine merkwürdige icntdeetung: Am friiben Morgen bat Iten diese Bäume noch tief im Wasser gestanden; fest aber waren ibre Wur gn taum vom Wasser bedeckt; und j i Wasser war doch nicht gefallen, Esonbern im Gegenteil stetig gestiegen. Diese Erkenntnis nahm natürlich mein ganzes Interesse ia Anspruch. Jch fuhr dicht an den Rand des Wal des und befestigte mein Schiff an einer vorspringenden Baumwurzeh Mit der langen Ruderftange unter suchte ich dann den Waldlwden auf seine Feftigteit. Als ich mich über zeugt hatte, daß er mich tragen wür de, sprang ich getrost aus dem Schiff aus eine hochstehende, dicle Baum wurzel. Wahrhaftig! D e t g a n z e Wald schwamm mit allen Bitfchen und Bäumen auf dem Wasser, das konnte ich deut lich wahrnehmen, wenn ich mit dem Fuße fefi auftrat. denn da zitterte und bebte weithin die Fläche, und das Wasser am Rande des Waldes fchlng Wellen. Es war nicht anders: Durch den ftarlen Wafferdruck hatte sich die obere, etwa einen Meter dicke Moor fchicht vom Untergrunde abgetrennt and schwamm vermöge ihrer leichten Beschaffenheit auf dem Waffen Das Bäume von foicher Größe schwim men können, das sollte ich erst fpäter erfahren, als ich die wahrhaft riesi gen Wurzelballen einiger vom Stut me umgeftiirzten Tannenbäume de trachtete. Meine Verwunderung über dies Naturereigiiis sollte noch größer wer den, als ich bald darauf an einer läche grünen Kornlandeö vorüber uhr. Auch dieses schwamm, wie ;mich die Untersuchung bald lehrte, zauf dein Wasser, während die Wiesen ringsum überflutet waren. Als ich nach dem Segellenhofe lam, war man hier eifrig damit be schäftigt, das Vieh aufzublocken, in dem man Kühe und Pferde aus den Fätiillen holte und den Fußboden der zStälle durch starke Bohlen und darunter gelegte Ballen künstlich er Ihöhtr. Jch fragte Segellen, ob denn das Wasser deni Korn auf den Feldern nicht schadet .Nein," erwiderte er, »so lange. »das Kornland schwimmt, schadet das ;Wasser nicht. Darum machen wir Hauch alles Kornland, was nicht mehr schwimmt, zu Wiesen. Sie tönnen daran erteiiiien, daß das Schwimmen« des Landes auch von Segen Ieln )tann; denn sobald unser Land auf ihört zu schwimmen, können wir .Wiiathauser Bauern lein Korn mehr bauen. ,,Zivar machmal,« so fuhr er fort, »tiinn das schwiinmende Land auch großes Unheil anrichten, wenn näm lich der Sturm große Stücke von den Büschen losreißt und in die Wiesen treibt.« Damit erhob er sich, um nach dein Stande des Wassers zu sehen. Als er zurückkehrte, erklärte er in seiner ruhigen Weise: »Wenn das Wasser so weiter steigt, haben wir es in zwei Stunden im Hause« Doch beru higte er uns damit, daß dies voraus sichtlich nicht viel zu bedeuten hätte. zumal die Wohn- und Schlasraume einen Fuß hoher lägen, als der haus flur, außerdem die Flut aller Vor aussicht nach gegen Mitternacht nach lassen würde. So saßen wir denn noch eine Stunde oder auch zwei am warmen herdseuer und warteten der Dinge, die da tommen sollten. Unsere Au gen richteten sich univilltürlich nach der großen Einfahrtstiir, durch die das Wasser zuerst eindringen mußte, denn sie lag am niedrigsten. Da, nach etwa anderthalbstiindii gem Warten erblickte mein Auge et was, was mein herz fast einen Au genblick ftill stehen ließ. Was war ed nunt Ein Gegen stand von der Gestelt einer riefigen Schlange tani durch eine handbieite Oeffnung am Grunde der Tür und bewegte sich hin- und herwindend und dann breiter, immer breiter wer dend, die große Lehmdiele herauf. — Es war Wasser. — Die Hausbewohner mochten auch an solchen Anblick gewöhnt sein; denn Trina, die Großma d, rief la chend: «It-iett henl Nu s et da!« und lief dann mit dem Kleininecht zusammen die Diele hinunter, sich das Ereignis in nächster Nähe zu besehen. Fast schien es, als habe die Flut nur dieses Ziel ereichen wollen, denn von nun an stieg das Wasser nur sehr langsam, so daß es, all wieder eine Stunde verflossen war, das Flett, das allerdings eine handbreit höher lag, als die Lehmdiele, noch nicht erreicht hatte. Da Mitternacht nicht mehr sern war, so meinte der hauswirtt »Wir können ruhig zu Bett gehen. Hinrich und Jan,« dail waren die beiden Großtnechte, »Ein-» nen aufbleiben, und Trina kanns ihnen noch eine Tasse Kaisee iochen," damit sie nicht einschlafen. So blieb mir denn nichts anderes übrig, ais das Bett aufzusuchem das mir die freundliche Dausfrau in ei Hnetn Alloven der guten Stube, als idem tubigften Platz im Haufe, an wies. l Am Morgen bot sich mir ein feli lfainer Anblick: Der ganze hausflur iftand unter Waffen nur der Feuer lherd ragte noch daraus hervor unt-f inahnr fich mit feinem hellbrennenden Forffeuer seltsam genug aus. Ein ;der großen Schiffe hatte .man ins Gans gezogen und in die Nähe des Herbei gestellt. : Die Hausfrau teilte rnir mit, daß der Sturm ein großes Stück des "fchwimmenden Waldes losgeriffen und in die Wiefen getrieben habe. Die Knechte waren ausgeschickt, um die Nachbarn zu Hilfe zu rufen, wäh rend Segelten und einer der Tage löhner dein Flüchtling nachgeeili feien, um die auf dem schwimmenden Lande befindlichen Bäume zu fällen, damit sie dem Winde leinen Widerstand mehr boten. Bald fahen tojr die Nachbarn don fallen Seiten in Schiffen herbeieilen. lNur einer fehlte, Dirt Kohlmanm iEr halte sich entschieden geweigert, Imitzutun. pUicuchkllcgcll Mllg VllD cllllo Ilscll bleiben, wo es will, ich sehe teine hand darunt« hatte er zu den ihn aufsordernden Knechten Segeltens ge sagt. So mußte man das schwere Stück Arbeit ohne seine Hilfe ver suchen. Als eben die Bäume auf der Jnsel gefällt waren, begann plötzlich das Wasser zu fallen und zurückzufluten. Das war den Bauern natürlich höchst willtommen, denn nun konnten sie sich die große Mühe des Zurückholens parenz sie brauchten nur mit Hilfe! hrer langen Nuderstangen darauf zu schien, daß die Insel den richtiges Kurs behielt. Um das zu ermög lichen, fuhren sie in zwei Reihen rechts und links neben ihr her und versetz ten ihr von Zeit zu Zeit einen liebe vollen Stosz mit den schweren Eichen rudern, wenn sie versuchte, von der rechten Bahn abzulenten. Diese immerhin nur leichte Arbeit versehte die Leute in eine heitere Stimmung; und schon berechneten sie,j wann sie den Ausreifzer wieder an Ort und Stelle haben würden. Da gab es mit einein Male einen gewal tigen Ston und die Jnsel stand still wie ein Schiff, das auf ein unsicht bares Riff geraten ist. Der unsicht bare Widerstand stellte sich als ein Hog. Schlag heraus, eine Art Tor: faus Eichenholz und starken Pfählen, lwie er hierzulande bei allen EinfahrL ten zu den Wiesen und Weiden zu! finden ist. ? »Wir mijssrn wieder zurück«, riefi Segelten den Leuten zu, »sonst Dorn-; men wir ganz fest zu sitzen!« s So wurden denn die Schiffe wie der umgedreht und mit dereinten Kräften versucht, die Jnsel wieder abzubringen. Jedoch vergeblich. »Auf diese Art kriegen wir sie nicht wieder los,« meinte einer der Nach barn. »Wir müssen eine Sage ho len und die Pfähle absiigen.« Segellen befahl einem Knechte, schnell nach Hause zu fahren und zwei Sagen mitzubringen »Aber deeile dich, sonst ist es zu spöt.« Endlich kam der Knecht mit den Sagen zurück, und nun stiegen vier Mann ins Wasser und versuchten, die Pfähle abzuschneiden. Nach vie ler Mühe gelang dies endlich· Aber es war schon zu spät. Die Jnsel saß schon am Erdboden fest, und noch dazu auf Kohlmanns befter Weise. Als man ihm die Nachricht über brachte, war seine Wut natürlich groß. Er fluchte und wetterte· Aber was konnte das helfen? Hätte er gleich mit Hand angelegt, so wäre man vielleicht schneller vorwärts ge kommen und das Unglück nicht ge schehen. Jetzt war es zu spät. Fur Rohlmann bedeutete dies einen großen Schaden, der vielleicht erst nach Jahren beseitigt werden konnte. Der Grund von deni plötzlichen Fallen des Wassers war ein Deich bruch gewesen, der einem großen, blühenden Marschdistritt bei Bremen Unheil und lieberschtvernmung brachte. Zur großen Freude für Kohlniann und Segelken begann nach einigen Tagen das Wasser wieder zu steigen und hals so das schwimmende Land wieder slott zu machen. Diescnal hals auch Kohlmann mit. Man schnitt die Jnsel in mehrere Stücke und brachte sie so glücklich wieder an Ort und Stelle. Um ein abermali eö Fortschtoimmen zu verhindern, Schlug man starke Pfähle in den Bo den und band das Land mit starken Tsuen daran sest. Aber das Gelingen dieses Wertes hatte noch eine andere glückliche Folget Als nämlich die Arbeit vollbracht war, reichte Arp Segelten seinem Nachbar Kohlmann die Hand und sagte: »Rachbar! Dies Stiick Land hätte zu dem alten noch einen neuen Zantapfel fügen können, wenn der liebe Gott nicht ein Einsehen mit uns schwachen Menschenlindern ge habt und das Wasser wieder geschickt hätte. Darum laß uns an dieser Stelle Freundschaft schließen und den alten Haß und Streit vergessen. Hier ist meine Hand. Schlag ein und laß uns wieder Freunde sein!« Kohlmann zögerte. Der alte Groll schien sich noch einmal aufzubiiumen. Dann aber schlug er mit schnellem Entschluß in die dargebotene Rechte und sagte kurz und bestimmt: »Es soll alles vergessen sein, Nachbar!« Dann zog Segelten den sich noch leise sträubenden Dirl Kohlmann in sein haus, und die übrigen Nachbarn folgten. I I . Gegen Weihnachten hatte die Freundschast zwischen dem Kohl manns- und dem Segelkenhofe be reits solche Fortschritte gemacht, daß man zum Feste die Verlobung der beiden Kinder beschloß. Und die gütige Mutter Natur, die sich schon einmal den Liebenden so wohlgeneigt erwiesen, hatte ein Ein sehen und baute ihnen eine schöne, seste Brücke aus spiegelglattem Eise, da der Verkehr zu Wasser doch tnit Schwierigkeiten verknüpft war. Yie edle xägkz Von Gun de Tirnnioncy »Mein herr«, sagte der Mann in Arbeitetileidung, indem er seine Mütze verlegen in der Hand drehte, »so liegt die Sache — meine Toch ter ist trank, sehr trank. Der Arzt war soeben bei ihr und meinte, sie sei unrettbar verloren, ihre Stunden seien gezählt. Unser einziges Kind —- eö ist hart! Wie haben wir uns um sie gesorgt, die Mutter und ich! Wir haben sie einen quten Beruf erlernen lassen. Sie ist ge schickt und hat Geschmack. Sie ver dient ihren Unterhalt als Modistin —- so hofften wir, uns eines Taqu zur Ruhe seyen zu können· Doch die TMlose s- sie treibt keinen Scherz. —" Und der Arbeiter wischte eine Trä ne sott, die über das durchsurchte Gesicht rollte, während der Student seine Geldbörse zog. Doch der an dere, dies bemerkend, wehrte ab. »Da-halb bin ich nicht hergekom men· Gott sei Dant, wir brauchen nichts- Doch hören Sie: Seitdem sie trant darnieder liegt, spricht meine Tochter nur von Ihnen. Jn ihren Fieberphanlasien tehrt Jhr Name jeden Augenblick wieder. Sie wer den begreisen, daß ich zuerst nicht wußte, was sie damit sagen wollte Doch der Portier gab mir einen Fin gerzeig — uud da suchte ich Sie auf.« »Aber —- wo wollen Sie hinaus-, lieber Freunds« ries der junge Mann, »was solt das bedeutens« »Ich bitte Sie, werden Sie nicht aufgebracht,« murmelte der andere verwirrt. — »Ich will dein Zweit meines Hierseing uiiher kommen: meine Tochter spricht von nichts an derem, als von Jhrer Person —- es muß doch da ein Grund vorlie « pcn — »Schon möglich — wag aber kann ich dnsijrs Gewiß nehme ich teil an dem Unglück, das Sie betroffen. Doch da mein guter Wille ohnmäch tig ist —« " »Mein Herr«, bat der Besucher, »ho«ren Sie mich noch einen Augen blick. Vielleicht ist mein Kind — in Sie verliebt. Das ist doch kein Verbrechen? Sie sind schon, das blendet unsere Kinder —— und jetzt im Fieber arbeitet dac- Gehirn — es schmiedet Jdeen«. »Wie sieht Jhre Tochter auss« forschte der junge Mann. ,,Eine schlante Briiiiette —- in blauem Tuchtleid —- mit einem ro ten Hute, den Rand auf einer Seite aufgehoben —-'« Jetzt erinnerte sich der Student Oft war er dem jungen Mädchen aus der Treppe begegnet. Sie war sehr hübsch: ein nnziehendes Gesicht-! chen. das er zuweilen flüchtig beobii achtet. Er erinnerte sich noch recht gut, wie sie ihn kürzlich im Vorbei gehen verstohlen ansah, als hätte sie das Bedürfnis, mit ihm zu sprechen —- ohne jedoch in ihrer Schiichtern heit zu wagen, ihn anzureden. Sie liebte ihn lso heimlich. Von ihr waren die leinen Veilcheifträußchen, die er regelmäßig an seine Tür ge heftet vorfand und die so oft seine Neugier erregten. Und dabei bil dete er sich ein, sie kämen von seiner blonden Nachbarin, während sie in Wirklichkeit das Sinnbild ihrer be scheidenen Liebe waren, die er nicht einmal geahnt Diese stumme Verehrung rührte n »Ich wiirde mich freuen, lieber Freund, wenn ich etwas für Sie tun könnte —- aber was?« — ich fwiißte nicht —« Da raffte der Alte seinen ganzen Mut zusammen und bat: »Kommen Sie mit mir — sie stirbt ja bald — es wde ihr eine große Freude sein« Sie zu sehen-« »Gut, ich komme mit«. Die Wohnung des Arbeiters iin sechsten Stockwerk war von großer Einfachheit, aber sauber gehalten: ein heller Strahl der Morgensonne fiel durch das mit Blumen besetzte Fenster, durchflutete das Zimmer mit heiterem Glanze und vergoldete mit seinem Schein den ärmlichen Raum. » Als sie das Zimmer des Mäd ichen betraten, lag sie in friedlichem Schlummer Das abgezehrte und weiße Antlitz glich einem unbelebten Marmorbilde. Der Student ließ sich neben dem Bett nieder, um zu warten, bis sie erwache. Bald jedoch quälte sie ein heftiger Anfall ihres trockenen Hu stens. Sie schlug die Augen auf und erkannte ihn —- ein leichtes Rot stieg in ihre bleichen Wangen. »Sie ——« sliisterte st , »Sie hieri iWarum nur sind Sie hergekommen?« Sie waren allein; die Alten hat ten sieh unbemerkt zurückgezogem er beugte sich zu ihr nieder und antwor "tete leise: »Weil ich dich liebe —« Die zarten Hände der Kranken beb ten vor Freude. und den blutleeren Lippen entschlüpsten die Worte: »Wenn du wiißtest, Liebling — wenn du wüßtest —« Sie fand keinen Ausdruck mehr, um ihm die geheimen Gedanken ihres Herzens zuzuslüstern, keine Worte, um ihre ganze Liebe und Glückselig keit auszudrücken. Und sie schwieg und sah ihn an mit einem Blicke, der ihr unaus sprechliches Glück verkündete. Plötzlich aber kehrten ihre Gedan ken zu der rauhen Wirklichkeit zu rück. »Wie —- wie kommt eö nur« dirxhß Sie hinsinch fragte sie ängst »Jch habe bei deinem Vater um deine Hand angehalten Sobald du wieder gesund bist, machen wir Hoch zeit.« Ein seltsame-r Schimmer der Hoff nung ließ ihre Augen aufleuchten und verklärte ihr Lächeln mit überirdi scher Freude: »O, das wird nicht lange mehr dauern — ich fühle mich schon viel. viel besser. Wann aber gibst du mir den Verlobungsring?« Ohne Zögern streifte er einen schmalen Uteif pon seinem kleinen Finger nnd reichte ihn ihr: »Hiermit schente ich ihn dir.« Jhre Glückseligkeit war so groß, daß sie nicht im entferntesten an die vielen Unmöglichleiten dieser Stunde dachte Schon oft hatte sie im Tran me den Geliebten ersehnt, der sie als seine Braut heimführen solle, daß feine Ankunft ihr nur zu natürlich erschien. Und ohne Nachdenken überließ sie sich dein Hauber der geheimsten Wün sit-e ihres reinen Herzens. Jn der folgenden Nacht entschlief sie, die Hand der- Berlobten in der ihrigen haltend, mit den zärtlichen Worten: »Wie gut du bist, Gregor — ich siihle mich so glücklich —- so gliicks lich Und ihr Ringen mit dem kac tonr leicht -— ging sie doch dahin in der edlen Lüge, mit der ein mitleidi geg Herz ihre letzten Augenblicke ver sijßte. »Mein Herr«, sagte da der Alte, »wir bunten Ihnen fiir Ihre schöne Tat. Doch bevor Sie fortgehen, möchte ich Ihnen den Riin zurückge ben, den Sie meiner Tochter schenk ten.« Doch der junge Mann wandte sich ab, um eine heimliche Träne zu ver bergen, die sein Auge feuchtete, nnd antwortete bewegt: »Lnssen Sie ihn ihr!'« — — Drohung. Puntosselheld: »Du, Amnlie, wenn Du mir heute wieder den Hausschliissel nicht mit gibst, dann — dann...« Sie (unheildrohend): »No, bannt« Er (eingeschüchtert): »Dann werde ich halt sehen, daß ich recht sriih heimlomm'!« —- Rnche. Der Simmetshoser hat in der Lotterie das große Los gewonnen und hält nun in seiner Freude die ganze Gemeinde im Wirtshause zechsrei. Jn der darauf folgenden Nauferei bekommt nun auch der Bestgeber seinen Teil als Das scheint ihm dqch zuviel. Als er sich endlich erheben kann, schreit er drohend: »Diissell sag i Ent, Leut’: meiner Lebtag mach i’ toan Haupttrefser mehrt« L;