Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, January 10, 1913, Zweiter Theil, Image 12

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    Iris-II
Msstte von Franz Wichmanm
Hpsie bitt-schen?«
Ists-If setnius fah nicht gerade
W berührt auf. Der Besuch
M ist in einer eiltgen und wichti
sn Arbeit
Eise groß-, schlanke Dame in
Metze-e Kleidung stand vor ihm.
Sie hatte den Trauetschleiee zurückge
Htsgem und ihr aschblondes teiches
paar nahm sich fast wie eine Puder
feriicke aus det Zeit der Vorfahren
sus.
setnius betrachtete mit dem Jn
eeeesie des Unatomen die acfchrneidigen
Formen des prächtig gebauten Kör
pers, die schmalen Hände mit den et
was abgenußten Handschuhen und die
weiche, glatte Haut des Halses. Höch
W 28 Jahre konnte die schöne
Freude zähten
»Du-f ich nach Jhten Wünschen
frage-M
· Die Dame sah ihn fest aus den
dunklen Augen an, die leicht verschlei
ert, dennoch von einem innerlichen
Feuer durchhellt schienen. »Ist-unten
Sie ed sich nicht denken, here Pro
fessok, als Sie den Namen hörten?«
Ihr Ton hatte etwas Scharfs
faß Metallisches; ein leichtes Vibrie
eeu wie von verhaltener Etwgung
sae- darin. ·
setntus schien in Verlegenheit zu
fett-ten.
»Wie war er doch gleicht "
:Ja so —- ich glaubte Sie könn
ten das nicht vergessen. Stahlberger,
s- vertoittvete Doktor Stahlberger.«
Der troti seines berühmten Namens
noch juaendlich zu nennende Gelehrte
schob die Papiere beiseite und sann
Bei-: »Dosten Stahlberger —-- ist das
Die junge Witwe trat ihm einen
Schritt näher und ein heißer Atemzug
tras sein Gesicht. »Miissen Sie sich
wirklich erst aus den Namen eines
Mannes besinnen, dessen Leben Sie
auf dem Gewissen haben!«
Jiih fuhr der Professor aui: »Mei
ne Dame, —- ich muß doch bitten,
—- toenn ich nicht an Ihrem gesunden
Verstande zweifeln soll «—««
»Ich sollte es an dem Jhren«, fiel
sie ihm kalt ins Wort. »denn unmög
lich können Sie den Namen, der so
ost in der Zeitung genannt wurde
veraessen haben."
»Ja, ja —- ich erinnere · ietzt.
Hat er nicht ein wissen astliches
Bett herausgegeben: »Die wandern
de Biere und ihre Behandlung?"
«Ende vorigen Jahres — fa.«
»Und ein Vierteljahr später er
seht-Je sich der Autor. —- Ganz rich
.Das heißt, Sie töteten ihn.«
Ich?« Bernius trat unwillkürlich
einen Schritt zurück.
Durch Jhre oernichtende Kritik im
Medizinischen her-old, jawohll Max
hat jahrelang gedardt, um nur seine
Studien beenden zu können. Seine
Arbeiten erregten Aufsehen, aber das
seniigte noch nicht zu seiner Zulassung
an der Universität, die sein Lebens
siel war. Ei hat nicht jeder, Herr
Professor, hohe Verbindungen und
werd-solle Protettiom die ein umfas
sendes Wissen erst in das rechte Licht
stellen. Mein Mann hatte seine
ganze hofsnung auf das Wert gesetzt
an dem er zwei Jahre gearbeitet. Er
rechnete mit Sicherheit darauf, sich
nunmehr habilitieren zu können. Aber
auch jetzt ließ man ihn nicht als Pri
oatdozenten zu Und daran war die
Hesprechung seines Buches schuld die
Sie. Herr Professor, in der grdßten
und angesehendsten Fachzeitschrift ver
itssentlichten.«
»Mit bestem Gewissen, gnädige
Frau, —- aus Grund fester, unumsiiiß
licher Ueberzeogung.«
»Und weil Sie meinen Mann nicht
als Kollegen in der Fakultät wünsch
ten! Warum ist denn das Wert in
allen anderen Blättern mit ungeteil
tene Lohe besprochen worden?«
Bernius tat, als habe er ihren drei
sten Ton, die verletzende Bemerkung
nicht gehört; er zuckte nur leicht die
Achfelir
»Die Ansichten sind eben verschie
den. Jch habe nur gesagt, was ich
fegen mußte.«
»Und haben den Mann gernordet,
den ich über alles liebte! Durch Sie
zur Verzweiflung getrieben, blieb ihm
nichts übrig als der Pistolenfchuß,
nett dem er feinem Leben ein Ende
mochte«
Jn den Augen der Witwe funkelte
der Daß, doch der Professor hielt auch
fest ihrem Blicke ruhig stand. »Ich
kann Ihnen darauf nur antworten,
das es mir um die Folgen, die die
Ineiligtett des Verstorbenen ver
schuldete, leid ist, aufrichtig leid, Frau
Doktor, —- rnrd Denn ich diese irgend
wie gut machen tsnnte —- — —«
»Sie glauben doch nicht« —
.Daß Sie zu mir gekommen sind
einer Unterstüsung wegen, auf die
Sie als die Frau eines unglückliche-a
Kollegen ja auch vollen-f Anspruch ba
den. Wenn sich etwa- für Sie tun
,Ist. fo- foc es an mir gewiß nicht
—,« Si- likß You nicht ausredem
- ske, mean- ich hin nur
ski- srknich sei-km
den Zähnen hervor, — »nur Sie zu
töten!«
Blißschnell hatte sie einen zierlichen
Revolvier her-ausgerissen und die
Mündung auf seine Stirn gerichtet
»Das werden Sie nicht! Ihre
ITat wäre so ungerecht, wie es der
iikereilte Tod ihres Mannes, meines
Kollegen, gewesen ist·« Mit eisernem
Griffe hatte er ihr Geleni gepackt, so
daß die Hand sich öffnete und die
Waffe llirrend zu Boden fiel.
»Und nun können Sie gehen, Frau
Doktor. Sie ’,aben das Jhre getan.
Fee Tote kann mit JhneiHufrieden
em. «
Die junge Witwe schien auch fee
lisch entwasfnet. Wie gebrochen
stand sie da und nur mühsam kamen
die Worte über ihre Lippen. »Sie
nennen ihn selbst Kollegen? Und Max
sscgte doch daß Sie ihn nicht anerken
Inen wollten, daß —- nur -— der
Neid-—
! Bernius lächelte schmerzlich doch
verzeihend
I »Ihr Mann war verbittert Aber
iset Schaffende bleibt dem Kritisierem
den gegenüber immer der Größerr.
Der eine baut ans der andere reißt
;em und zerstört. Nur darauf kommt
Ieg an. daß jeder das Seine mit ehr
lieber Ueberzeuguna tut.«
T Niemals noch hatte heriha solche
HWorte vernommen und mit sichtba
irem Staunen hörte sie ihm zu. Plöt
lich biickte sie sich, um wie beschämt
jden Revolver aufzuheben
; Doch der Professor kam ihr zuvor.
»Bitte —- Sie könnten mir einen
großen Gefallen tun, — wenn Sie
diese Waffe mir überlassen wollten«
Sie sehen dort an der Wand meine
Sammlung, zum Teil von Reisen in
fernen Ländern mitgebracht. Jch bin
Liebhaber davon An jedes Stitck
knüpft sich eine kleine Erinnerung.
Und dieer Stück würde mich beson
ders interessieren.«
Jn herthas Augen flammte es auf.
»Sie wollen mich verhöhnen!«
Bernius verbeugte sich. »Pardon.
Wenn vielleicht fiir Sie selbst irgend
eine Erinnerung
»Aus diesem Laufe kam die Todes
lugel, die meinen Gatten —·
»Und mit dieser e wollten Sie
ihn an mir rächen! denke, wir
bcben gleichen Anspruch darauf. Aber
schließlich hat doch der Lebende das
größere Recht.«
Sie erzitterte leise unter dem
Blicke, den er auf sie warf. und such
te mit den Augen den Boden. »Wenn
Sie es so meinen —«
»Selbstverstiindlich werde ich die
Eesiilligkeit vergüten. Ich biete Ih
nen 50 Mark fiir die Waffe, die auf
g; Stelle zu Jhrer Verfügung ste
Die Dame sah ihn mißtraurisch an.
»Ah —- ich verstehe, — Sie möchten
wieder gut machen — mir auf diese
»Weise eine Unterstüzung zukommen
ilasseni Aber ich muß danken,
kich schlage mich, allein und linderlo3.
ischon durch. Und von Ihnen darf
ich nichts annehmenk
Bernius biß sich leicht auf die Lib
pe. »Derartige Gedanken lagen mir
wirklich sernd Auch habeich Jhnen
s on bemerkt, daß der, welcher nur
heine Pflicht tut, nichts gutzumachen
at«
Die stolzen Worte verfehlten ihre
Wirkung nicht. Der Ausdruck des
Staunens in herthas Gesicht wischte
sich mit Bewunderung. Zaghaft schob
sie ihm selbst den Revolver hin.
»Dann nehmen Sie ihn als Geschent
von mir zur Erinnerung an eine
Torheit, die zu begehen Sie mich noch
rechtzeitig verhindert haben.«
Der Professor lächelte, als habe et
gar nichts anderes erwartet, und
hangte dankend die Waffe an einen
nrch freien Plah an der Wand. hät
te ich es nur auch bei Ihrem Gatten
vermocht. Uebrigen-, wollen Sie sich
nicht endlich sehen-—
Galant ihre Hand ergreifend, führ
te er sie zum Sofa. Die schlanken
ianer bebten in den seinen, aber
noch einmal kam das zögernde Miß
trauent über fie, 4
»Ich weis nicht, —- Sie oeyanoeln
mich wie —— eine Kranke —«
»Wie eine Genesende, die der zärt
lichsten Sorgfalt bedarf, gnädige
Frau.«
Mit einem Seufzer ließ sie sich auf
die weichen Polster nieder. »Ich glau
Ihe, ich hin wirklich wahnsinnig gewe
en —«
.Daö unglückliche Beispiel Jhres
bedauernswerten Mannes —«
»Sie lauhen, daß er —- —«
Zweifellos an hochgradiger Ret
veniiberreizung gelitten hat.«
«Jeßt —- nnrtlich —« sie stockte
und -errötete.
»Was wollten Sie sageni«
»O — eigentlich sollte ich ei nicht.
Ader seit ich in Ihnen einen ganzen,
einen gesunden Mann kennen btne
—»— fest kommt es mirs wirklich so
vor, als sei Max immer krank gewe
sen. Ueberall sah er sich verfolgt von
Neid und has-« seiner Kollegen, seine
Mißerfolge foer nur ihre Schuld,
er ängstigte sich vor Welt und Le
ben —- nnd seine Furcht steckte auch
mich an.«
»Das Bewußtsein, ein gediegener
Gelehrter zu fein, —- und das ist er,
tros mancher Irrtümeh ohne Zweifel
gewesen, hätxe ihn in der Tat iiber
M Widrige hinweghedeu, ihn trot
Hig W ethilten sM
« IDas sagen Sies«
»Aus voller Ueberzeugung. Oder
glauben Sie. ich wäre einem unbedeu
tenden Geiste gegenüber mit so schar
set Wehr zu Felde gezogen?«
»Sie sind ehrlich selten ehrlich!«
enthhr es der schönen Witwe unwill
türlieh
.Erschreckt Sie dass« fragte er,
näher riietend und leise ihre Hand
ergreifend.
«Ja.—- weil ich Sie so ganz ver
tcnnt habe« —- gah sie stockendz z.u
»Es ist mir als sahe ich bei Ih
nen wie in einem Spiegel alles das.
was meinem Manne abging.«
»Und übersehen darüber, was auch
mir fehlt. Niemand ist vollkommen
Man täuscht sich nicht« lächelte et.
«Oft braucht es Jahre, um einander
kennen zu lernen, ost reichen auch
die nicht aus.«'
»Aber wohin kämen wir dann?«
»si- nichtj, wenn wir nicht den
guten Willen hätten, einander zu
trauen. Frau Doktor wollen Sie ihn
haben und mir glauben, daß ich es
nur mit der Sache, nicht mit der
Person zu tun hatte?«
»Ich will« —- sagte sie nach kurzem
Zögern und Land aus.
Mit freudig ausleuchtenden Augen
küßte er ihre weiße hand. ohne daß sie
es wehrte.
aund dann, —s mochten Sie mir
nicht Gelegenheit geben, den Toten
aus Jhren Erinnerungen besser ten
nen zu lernen, als ich es aus seinem
Werken vermochte. Nicht nur der Ge
lehrte, auch der Mensch interessiert
mich, —- und vielleicht wäre ich der
Berufenste. Max Stahlbergers Vio
gravhie zu schreiben.«
Die Tür, an die er sie- geleitet,
schon in der hand. blieb sie stehen.
»Ja, —- das müssen Sie sein, —
denn Sie sind der Ehrlichste. Jch
werde Jhnen alles Material bringen,
das mir zur Verfügung sieht, — so
weit Sie es brauchen lbnnen.«
.Tun Sie das — und tornrnen Sie
recht oft —« bat er in innigem To
ne, —- «recht oft, um rnir von dem
Verewigten zu erzählen Wann wer
den wir uns wiedersean
l »Morgen — oder wann Sie wol
en —«
»Sobald ich Jhnen meinen Gegen
besuch machen darf -—'
»Lange werden die Verhältnisse mir
es nicht mehr gestatten, in der ver
waisien Wohnung zu bleiben« — such
te Hertha auszuweichen, indem sie
ihm verlegen die hervorgesuchte Visi
tentarte reichte. »Die Adresse steht
darauf.«
Mit dankbarern Lächeln geleitete
Vernius seinen Besuch an die oberste
Stufe der teppichbelegten Treppe.
»Mde das Glitt-, das Jugend und
Schönheit liebt, Sie bald eine neue
finden lassen.
Ali das Kleid der schönen Witwe
im hausflur vertauscht war. ging er
in sein Arbeitszinnner zuriich um ihr
vom Fenster noch lange, lange nachzu
sehen.
Selbstsnfrieden rieb er sich die
hände. »Bei Gott, eine sträfliche
Torheit, voreilig die Flinte ins Korn
zu werfen, solch ein Weib allein und
schuglos zurüetzulassen.«
se- per-.
Der Schauspieler Robert hilltard,
der mit Vorliebe helden spielt, mußte
sich einer leichten Operation unterzie
hen.
«Gut — sagte hilliard —·ich habe
nur eine Bitte: tun Sie mir nicht
weh!'
Der Schauspieler fragte, ob es nicht
ratsam sei, Aether anzuwenden, aber
der Arzt wehrte lächelnd ab und ging
an die Arbeit. hilliard lriimrnte und
wand sich unter dein Messer und jam
merte. Endlich war die Operation In
Ende.
»Sie sind Schauspieler, herr Hil
liardi«
«Jawohl.«
»Und Sie spielen heldenrolleni«
»Ja; weshalb fragen Sies«
»Ich möchte Ihnen nur sagen: Sie
Füssen ein vorzüglicher Schauspiel-er
e n.«
sitt Uns-are- Artikel.
»Ein fliegender höndler« hatte auf
einer umgeftiirzten Seifentifte an der
Straßenecke Posto gefaßt und ein
Kreis Neugieriger bildete sich um ihn.
Mit lauter Stimme verkündete er:
»Mir fiir herren! Die großartig
fte Erfindung der Neuzeit!«
Der Kreis erweiterte sich mit nn
heimlicher Geschwindigkeit
»Die-e, meine herren, hier fehen Sie
die Senfation unseres Zeitalters:
die magnetifche Schlüssellochplatte fiir
hanitiirem Diefe Platte ifi fo ftart
magnetifelx daß fie auf eine Entfer
nung von zwei Fuß mit unwidersteh
licher Unziehungstraft wirkt! Sie
haben weiter nichts zu tun als den
haugfchliissel in die Hand zu nehmen
und ihn in »das Dunkel der Nacht
hinauszuhaltem Die magnetifche
Türplatte wird dann fofort auf den
Schlüssel wirken und ihn mit unfehl
barer Sicherheit in das Schlüsselloch
dirigieren.«
Drei Männer erlitten erhebliche
serleiungen in dem Gedränge, das
bei dem Ansturm auf den Vorrat des
Indien entfiand.
sie noli-negat
Eine Erntegefchichte von Röte Lubolvökii
Der Rittergutzbesiger Kurt von
Efchingen hörte dem alten Jnfpettor
Jörl5, der an diefem beißen Sonn
tagrnorgen extra von dern kleinen
Pachtvortoert herübergelonnnen war
urn den Befehl feiner jungen Herrin
auszuführen rnit bochmiitigetn Ge
ficht zu. Nur einmal unterbrach er
, .
»Ich niqu Sie bitten, mir dies
legte noch einmal zu wiederholen
Herr Jörts. Zwar ist Fräulein Will
ner eine Frau, und ich trug darurn
lange Bedenken. sie in den Pachtvers
trag, den ich mit ibrern Vater gemacht
habe, nach dessen Tode eintreten zu
lassen. Aber nun sie einmal feine
Nachfolgerin geworden ist. muß sie
auch alle Pflichten erfüllen. Alfo
was will fie?«
Der alte Mann fah zu Boden. Er
botte diefen Gang nur ungern aus
geführt. Auch fein rechtfchaffenes
Eint-finden lehnte sich gegen die For
derungen auf, die er zu überbringen
dritte. Aber er stand in Lobn und
Brot bei der Willner und mußte sich
fügen. Zögernd begann er von neuem:
«Fräulein Willner läßt durch mich
bitten. daß die Kleinigkeitem die au
fzer der Pacht abzugeben sind, fortfal
len sollen. «
»Ach so, die zehn Fuhren Weizen
vom Außenschlag, die drei guten
Stärtenlälber pro Jahr und, nach
dem der Roggen eingebracht ist, die
Erntelronr. Können Sie mir auch
vielleicht sagen, warum Sie das,
was schon mein Urgroßvater seinem
Pächter bestimmte. was ich als Tra
dition hochhalte und fordere, plöhlich
so — verächtlich findet? «
»Nein. herr Baron, das lann ich
nicht.«
·Aher ich bin dazu imstande.
Spräche die Not aus ihr —- weiß
Gott, ich erließe ihr das auf der
Stelle. Wären Schwierigkeiten damit
verknüpft, die sie in ihrem Fortkom
men hinderten — ich wäre der letzte.
der hart am Alten llebte. Aber so
—- entstehen ihr ja leine Schäden da
durch. Der Zins ist gering bemessen.
Sie hat ihr gutes, ia glänzendeg Aus
lcmmen. Sie treibt dzu nur der
Wunsch T-"was sie eine Demütigung
Ivor mir nennt --, dies schranlenlose
Anerkennen des herrn in meiner Per
sönlichteit weit von sich zu schleudern.
Die Frohn zu lösen. Darum bietet
sie mir schnödes Geld durch Sie. Sa
gen Sie ihr nun: Jch bin nach reif
lichem Ueberlegen zu eineni festen Ent
schluß gelangt, der durch nichts zu
erschüttern sei. Sie muß mir hal
ten, was sie mir versprochen hat.
Unverbriichlich. Den Weizen, die Käl
ber, die Krone, von ihrem Vormäd
chen aus meinen hof gebracht — mit
dem alten Ver-, der in mir den
herrn anerkennt. Jn allem war sie
mir entgegen. Schickte ich hinüber
und ließ bitten, dafz Jhr die Gräben
ein wenig früher räumen mäget, weil
meine besten Wiesen unter Wasser
ständen, so liesz sie mir zurücksagem
die Zeit wäre noch nicht gekommen.
Jm Pachtlontratt wäre erst der näch
ste Monat dazu bestimmt. Dies ist
nur ein Punkt von allem. Viel an
deres könnte ich Jhnen vorerzählen.
Aber es ist genug. Jch werde ihr
niemals den Willen tun.«
Die Stimme des alten Jörls beb
te, als er seht antwortete:
»Den Baron, sie ist eine von de
nen, die nichts in der Welt gesunden
haben als Arbeit und Einsamkeit
Sie hat leine Mutter gehabt und
teine Jugend. Immer den lranlen
Vater gepflegt, immer geschuftet·
Wenn andere Mädel am Sommer
abend amZaun bei ihren Liebsten
standen, saß sie über den Büchern
und rechnete, ob sie auch zum nächsten
Ersten richtig den Zins abliefern
tonnte.«
Jn das sonnenverbrannte, edelge
schniiiene Gesicht stieg ein tiefes Rot.
»Weil ich daran dachte, habe ich
doch nur so lange Geduld mit ihr
gehabt, Jörls. Glauben Sie mir,
bis- aufs Blut hat sie mich gelränlt.
Kaum ein gutes sanftes Wort hörte
ich von ihr. Die fixe Jdee, daß ich
ihr gegenuber immer nur den herrn
spielen wollte, ließ sie niemals los.
Gut, läßt sie sich von dieser irrigen
Meinung nicht belehren, to soll sie
mich wahrhaftig als den herrn ten
nen lernen. Sagen Sie ihr also:
Wenn ich nicht zur rechten Zeit —
das heißt, sobald der Roggen unter
Dach und Fach ist, die Erntelorne be
kame, nähme ich das Gericht in An
spruch- »
Das Bericht, —- -—-· — Margarete
Willner lchauderte, wenn sie daran
dachte, und war doch fett entschlossen,
ihren Willen gegen den seinen durch
zusehen. Der alte Jörts hatte ihr
wortgetreu Bericht erstattet. Und ob
gleich sie das alles voran-geahnt
hatte, war sie nun doch empört. Sie
hatte ei in dem kleinen Wohnhaus
nicht länger ausgehalten. Die Stu
dendeelen schienen auf sie herab zu
wollen und sie auch zu quälen und
in demütigen, wie jener — der ihr
Herr wart Jatvohl, der Ritterguts
besiser von Elchingen hatte einst ih
rem kranken Vater aus Barmherzig
leit die Pachtung gegeben. Das wuß
t- sie aus Blicken und Gebärden.
Weil der alternde, sieche Mann vor
—-1
vielen Jahren als Administrator kurze
Zeit dem alten Denn-von Eschtngen
gute Dienste geleistet, wollte der Sohn
sich erkenntlich zeigen. Gab ihm die
Pachtung iibte Großmut, hatte Ge
duld, wenn die ersten Jahre der Ter
min nicht so pünktlich innegehalten
wurde. Später freilich, als sie. Mar
ggrete Will-im bestimmend eingriss.
hatte er nicht mehr nötig gehabt.
gut und gönnerhast zu sein. Da war
alles pünitlich und ordnungsgemiiß
zugegangen. Mehr wie einmal hatte
er das lobend vor ihr erwähnt. Aber
er sollte sie nicht loben! Sie stand
nicht unter ihm. Sie war nicht seine
Dienerin, sondern blieb ein sestet.
starker Mensch wie er, der sich vor
nichts in der Welt beugte.
Als sie fest durch die reisen, gol
denen Aebren des Roggens ging
mußte sie den Schritt hemmen, weil
ihr dk Atem ausging. Jhr war, als
habe sie. die sich doch siir die Wahr
bastigteit matt und müde kämpfte,
sceben eine Lüge gesagt. Sie war un
stei. Sie ging umsomehr von ihm
ob- desto schärfer sie sich gegen ihn
auslehntr. Nur, um sich nicht von der
großen Scham verbrennen zu lassen.
wrllte sie sich von ihm lösen.
Mußte es tun! Durste sich nicht als
seine Leibeigene hinstellen, die ihm die
Aehren schnitt und band und herüber
schickte, als wollte sie sagen: »Michsi
Gott verdanke ich dir, du hoher
herr. das bißchen Brot!« Mochte sol
gen, was wollte — die Krone bekam
er diesmal nichts
heiß und schattenlos fieberten die
Sommertage über den goldenen Fel
dern. Das Korn stand start. und
der Arbeitskräfte waren nur wenige.
Dünn und sein sang der Klang der
schneidenden Sensen durch die brüten
te Stille. Aber endlich kam doch alles
Zu Ende. Margarete Willner war
iesmal so seltsam ruhig, daß es so
gar den jungen Dirnen auffiel. Sie
wisbetten es sich und lachten dabei:
»War- hett sei ditmolt Aha —- de
Kron’ liegt ehr im Koopt«
Jawohl. die Krone war es! Es
siand ja bei ihr fest, daß sie ungebun
den blieb. Aber ihr graute doch vor
dem, was darauf folgen mußte. Zwar
war sie imstande, ruhig und lühl der
Vorbinderin auf ihre Frage. ob sie
heute nun die Krone binden sollten.
zu antworten: »Diesmal unterhleibt
e:.« Aber ihr Herz klopfte dabei so
ungetüm und voller Angst, daß sie
sich den Braunen einspannen ließ, um
zu ihres Vaters altem Freund, dem
Justizrat Badte, zu fahren,’um sich
alle Folgen ihrer Auflehnung nennen
zu lassen. Vorher ging sie noch zu
ihren Lieblingen in den Fohlenstatl
Da standen sie und spielten mit den
Ohren, sobald sie nur über die
Schwelle trat. Junge, herrliche-, edle
Tiere, denen die Liebe ihrer Frei
stunden gehörte. Wie hatte doch einst
Herr von Eschingen, scheinbar hohner
füllt, zu ihr gesprochen:
«Jch wollte, ich wäre eines Ihrer
Lieblingssohlen. Da schmeckte ich
wenigstens, daß Jhre Worte nicht nur
schlagen können-«
Ja, sie hatte ihr Herz an die jun
gen Tiere gehängt. Sie waren ihre
Freunde und Bertrauten. An ihren
schlanien hälfen konnte sie sich unge
hindert ausweinen. heute riß sie sich
schneller von ihnen los, als sonst. Sie
mußte sich eilen, um noch vor dern
Gewitter in die tleine Stadt zu kom
men. Die Wollen hingen bereits wie
aus schwarzen Netzen herab. Einen
Augenblick guckte in ihr der Gedanke
aus« daß sie diese Fahrt bis zum
nächsten Tage oerschöbe. Aber sie
oerwars ihn sofort. Eile war gebo
ten. Wenn herr von Eschinaens
Drohungen über sie lamen, wollte sie
wenigstens gewappnet sein
Der alte Freund konnte ihr wenig
Trüstliches verheißen. Sie mußte er
füllen, was sie übernommen hatte.
Oder sonst die Folgen tragen. herr
Von Etchingen war nämlich auch be
reits bei ihm gewesen. Er hatte er
fahren und gesehen, daß der Bor
toertgroggen zusammengebunden und
eingebracht war und daß die Krone
fällig sei. Er hatte darum dem auch
ihm gut bekannten Justizrat mitge
teilt, daß er sich niemals, durch nichs,
der Forderung seiner Pächterin sti
gen rde.
Margarete Willnee rüstete sich, mit
de und still, zur heimsahrt Der Ju
stizrat beschwor sie, jetzt nicht zu sah
ren. Er deutete aus das Gewölk und
sprach von der Gefahr der Gewitter
im Freien. Ei stand aber nicht ein
mal sest, ob sie ihn überhaupt hörte.
Sie suhr trohdems
fis-life zucktem Donnerschläge roll
ten tiber ihrem haupt. Der Braune
suhr zusammen, raste im Galopp- der
leichte Wagen schleuderte in den trot
lenen, ausgesahrenen Geleisen. Zu
treilen war die Lust wie schwarz ge
stirbt.
Als Margarete Will-irr am Forst
hause war, must-e sie eintehren. Der
Gaul tonnte nicht weiter. Balle zwei
Stunden weilte sie hier, so lange,
bis der alte Postbote mit seiner Mao
pe eintehrte und atemlos erzählte:
»Hei der Willnerschen ha« einge
schlagen. Jn den Fohlenstall Die
vom Eschinser sind zum Löschen ge
kommen. Der herr Baron mit. Und
denken Sie bloß, Förster, er ist in den
brennenden Fohlenstall rein. Ich weiß
es ja nicht, aber sie sagen, das er
drin umgekommen is.«
Ein Schrei ertönte. Er lam von
Margarete Willner's Lippen
Sie hatte alles andere vekgkssksis
Nur ihn sah sie, bleich, entstellt« »ein
Opfer der Flammen Für sie tn’s
Verderben gerannt! Jhr zu Liebe!
Als sie aus das Vorwerl lam, stießen
sich die Leute erschrocken an.
»Gott — dat Irölen — as en
Geist —«
Zum größten Teil stimmte die Er
Ziihlnng des alten Postboten Der
Folslenitall war wirklich niederge
kskanni. und Herr von Eschingen war
irr-s Bitten und Ahmahnunaen hin
eingestilrzt, um die Halfter der jun
gen. edlen Tiere zu liisen. Aber tot
war er nicht. Nur seine haare waren
versengt, und der rechte Arm trug
eine große Brandwunde davon. Jedt
weilte er daheim, und sie hatten nach
dem Arzt siir ihn geschickt.
Die Leute wurden nicht müde. sich
til-er ihr Fräulein - zu - wundern.
Was hatte sie denn nur? Der Scha
den war doch durch die Versicherung
gedeckt. die sechs besten Tiere gerettet
und ein Menschenleben auch nicht zu
dellagen Warum lniete sie denn
ietzt vor dem rußigem leicht dampfen
den Gebsll und sah mit starren Au
aen in den Schutt und die Vernichs
jung! «
Erst spät Abends ging sie in’s
Haus- Die ganze Nacht schien aus
ihrem Fensterlrin ein Licht zu der
Brandwache hinüber. Am nächsten
Morgen war sie scheinbar wieder die
Alte, gab ruhig ihre Anordnungen
und ging, den Lodenmantel um die
Schultern, zu der Scheune hinüber,
die den neuen Roggen barg. Die
Mägde siarrten ihr verwundert nach.
Uns wollte sie denn da? Sie stie
ßen sit tichernd an, als sie wieder
bernuttam Jhre Arme waren voll
ooldener Aehren. Die längsten und
schwersten trug sie. Jhr Gesicht hatte
einen Rosenschimmer. Die goldene
Last war so schwer
Mit sesten Schritten ging sie in
das Haus« legte die Aehren nieder
und begann eine Krone zu binden.
Schönen als jemals zuvor, wurde sie.
unt als sie endlich sertig war, zog
sie den Mantel von neuem um die
Schultern. hob die Krone aus ihre
Arme und schritt den Weg, der zu
dem Eschingenichen Besitz binsiihrtr.
Nur einmal zitterten ihre Kniee, als
sie die hohe Freitreppe hinausschritt.
Aber ihr Gesicht war ganz ruhig, und
in ihren Augen lag ein seuchter Glanz.
Sie sragte auch ruhigen Tonee den
Diener nach dem herrn. Der össnete
schweigend die Tür und liess sie ein
treten. Er war alt und wußte mehr,
als er veriet —-.
Jm Lehnstuhl saß der Rittergutsbh
siher von Eschingen, weil ihm der
Arzt siir die nächsten Tage Ruhe und
Schonung auserlegt hatte. Alk er
die Eintretende gewahrte, wollte er
aufspringen, aber sie stellte sich io
nahe vor seinem Stuhl aus, daß er
es nicht vermochte. Jhre Augen erhob
sie nicht zu ihm, aber in ihrer leisen
Stimme lag ein Ton. der sein Herz
mit Jubel erfüllte. Sie selbst sprach
den alten Vers zu ihm-·
..Miigen diese gold’nen Aehren
Tit viel Freud' und Gliitt beschereni
Halten sollst Du Herrenrast
Unter dieser goldnen Last-«
Nun sprang er doch aus, nahm ihr
die Krone ab, sah sie einen Augen
blick an und riß die ichlanle Ge
stalt dann mit einem leisen Jauchzen
an sein herz. .
Sie wechselten tein Wort miteinan
der und siihlten es doch: Auch die
schwere goldene Last ihrer Liebe war
endlich zu der Krone geworden, die
ihrem Erntedantsest entgegenstrahltek
vornehmen-dein
Wie oft begegnet man in Wald und
Flur jenen warnenden Taseln, mit
denen geträniie Grundbesitzer das
Publikum davon abzuhalten suchen,
krumme und daher lange Wege durch
selbstgetretene gerade und daher lurze
abzuschneiden. Mit allen Mitteln der
Tialeltit, vom tategoriiehrn Impera
tiv bis zum sanftsäuselnden Zuspruch,
vom zarten Appell an die Natur-liebe
des Publikums bis zum apodiltischen
Verbot im Verordnungsstiele wird
versucht, das Publikum die eigens
dazu angelegten Wege zu leiten. Nicht
immer mit Erfolg. Ohne heimge
sährdende Stacheldrahtzäune gelingts
in den seltensten Fällen«
Ein Bäuerlein in einem Seitentale
des Jnnö hat sich sehr einsach zu het
sen gewußt. An einer Stelle, wo
jeder Wanderer bisher nach einiger«
mathematischen Ueberlegurtgen zu dem
Ergebnis lam, daß eine hypothenuse
immer titrzer ist als zwei Katheten,
stellte dieser iiindliche Menschenlenner
eine Tafel aus, die statt des groben
Verbots eine immerhin noch gan
sreundliche Einladung aussprache
»Nur Nindviecher dürfen ins Gras
geben« —
Er soll seinen Zweck erreicht ha
beut
L-— Zureichender Grun s.
Lehrer: «Warum bist Du gestr.n
nicht in der Schule gewesenisp
Schüler: «Jch war trant.«
Lehrer: »Was sitt eine Krankheit
hattest Du dennk
[ Schüler: »Meine Jacke war zerris
es.«