per Tag der ver gelte-ag. AUTOR-ex (12. Iortsesungx Ist-fees such. Oberst Veering. Einunddreißigstes Kapitel. In Angst und Sorgen. Bei seiner Heimtebr war es Stan dopes erste Sorge, der Witwe seines Vaters Mitteilung zu machen über alles, was sein Herz in den letzten Stunden so heftig bewegt hatte. Flora stimmte ibm vollkommen bei, baß es der unerwartete Anblick seines Tobfeinbes gewesen sein müsse. der thtem Gatten die Besonnenheit ge raubt, seine hand. welche die Pistole hielt, unsicher gemacht nnd so mittel bar den unglücklichen Schuß veran laßt habe. »Ich werde Ihnen später alles noch nauer berichten,« versicherte Stan gkppy »aber jetzt muß ich Mary wie versehen.« »Sie haben recht, gehen Sie schnell zu ihr,« rief Flora eifrig. »Das arme Mädchen befindet sich in schreck licher Aufregung-— aus welcher Ur sache ahne ich nicht. Sie ist bleich wie die Wand und schreckt bei jedem Geräusch zusammen. Was sie quält, will sie mir nicht anvertrauen, viel leicht vermögen Sie ihr Gemüt zu beruhigen.« Aufs heftigste erschrocken eilte Stanhope ins Bibliotetzimmer, wo er Marh in unerllärlicher Angst seiner harrend fand. « »Welche Nachricht bringst du?« rief sie ihm entgegen, »war jener Mann ein Mörder oder nicht?« »Er war meines Vaters Feind. Der Schrecken, den er bei seinem; vlößlichen Anblick empfand, hat ihnf heftig erschüttert und so das Uns gliick verursacht. Aber erfchofsen hat« Oberst Deering meinen Vater nicht« »Und war es das Zeugnis des ar-» men alten Mannes, zu dem ich dich’ rief, welches Licht in das Dunkel brachtei Hat ei den Obersten aus dem Gesiingniö befreiti« »Ja. einzig und allein; es war von der höchsten Wichtigkeit.« Sie schwieg einen Augenblick, dann nahm sie alle Kraft zusammen. »Hm sich der Oberst seinem Retter dankbar erzeigt für den ihm geleiste ten Diensif« Stanhope fchiittelte den Kopf. »Nein,« sagte er, »bei einer früheren Gelegenheit hat sich der Oberst mit dem alten Handwerker verfeindet, und die beiden sind einander durch aus nicht gewogen. Wir suchten ihr Zusammentreffen zu verhindern, abers es ifi uns nicht gelungen —- Marv, Math, um Gotteswillen, was fehlt dir? Du bist bleich —- einer Ohn macht nahe — Flora, Flora!« — »Still, still,«' flehte Marn, sich! zusammenraffend. »Nufe niemand — du allein tannft mir beistehen — du mußt ihn retten. Länger darf ich mein Geheimnis nicht bewahren. Der alte Handwerker —- Stefan Linse — ist mein Vater. Er schwebt in furchtbarer Gefahr. denn Oberst Deering ift sein Todfeind." »Ist das möglich! Stefan Huse s— dein Vater! So völlig unkennt lich hat er sich gemacht! O, nun weiß ich auch, Geliebte, warum ich bei aller Freude so oft den Aus druck stummen Entsetzens in deinen Blicken las.« Sie richtete sich mühsam auf und plä»mechanisch Hut und Mantell r. l »Wir müssen rasch hin zu ihm,«; rief sie. »Er mag einwenden, was ers will, aber ich lasse ihn nicht mehr; allein, nun ihn fein Feind gefehenf hat und weiß, wer er ist. Nichtf wahr, er hat ihn wiedererlannt?« 4 »Ich fürchte es, Mart-. Die BH deutung feiner Blicke und Worte war mir nicht llat, aber jetzt verstehe ich sie. Komm, Geliebte, laß uns zum? Marsham-Platz eilen. Oberst Dee-» ring foll deinem Vater kein Leid an-i tun, fo lange mein Arm ihn be fchiiten lann.« i ——-——— i Zweiunddreißigstee Kapitel ! Auge in Auge. i Es war fchon Spätherbst, aber an jenem Tage lag eine drückendex Schwiile in der Luft. Ein Gewit-. ter mußte im Anzug fein, bat ter-i Iiindete auch das dumpfe Grollen am; Mel und die düstere Beleuchtungs die bereits in S an hufei Werk-» tt schte. e abgezehrte Ge-. t b sich nur wie ein gespensti , iten von dein Dämmerlicht der Umgebung ab. Das Itab am Fenster drehte sich heute nicht, aber doch vernahm man äu lautes Sehn-irren in dein Raums tun Thomas Daltons Maschine M in vollem Sange auf einem Seitenth « . · sit dem Schlage drei Uhr trat W in das Zimmer, finfter und; — s« . Der jahrelang gefürchsx by iia Mis« Sten- ist . - ZU e » c · - M ex. ais-W wie angewendet hätten. um mir zu ent fliehen-« Bei dieer Worten fchien Stefan Hase — oder follen rote ihn Thomas Dalton nennen-plötzlich alle Furcht zza vergessen. Mutia erwiderte er: »Als vor fiinfzehn Jahren Ihr »Auf an mich erging. Robert Deering, Iwar ich zur festgefehten Stunde an Idem bestimmten Orte. Der Betrug. den Sie damals für gut fanden aus Izuiiben, hat mich jeder Verpflichtung enthoben, Ihrem Wink auch ferner izn gehorchen. Sie ließen uns sagen, Jdaß Sie im Sterben lägen. Die IToten haben lein Recht mehr an die Lebenden. Auch gaben Sie uns durch Ihre damalige Botschaft deut lich zu verstehen, daß wir ungehin dert von dannen ziehen dürften.« »Ihr Gefährte hat meine Worte anders ausgelegt. Sobald er fah, daß ich noch am Leben fei, gehorchte er dem Befehl und zahlte die schuldi ge Buße ohne Wider-rede —- oben drein an feinem Hochzeitstage-« »Samuel Whites Begriffe von Mut nnd Ehre sind nicht die meinen. Jch bin nur ein fchwacher, alter Mann, der fein Leben liebt und feft daran hängt.« »Auch Sie selbst haben den Sinn jener Botschaft wohl begriffen,« suhr der Oberst unbeirrt fort. .Sie hät ten sich sonst nicht in der ganzen Zwischenzeit die jämmerlichsten Aus sliichte erdacht, um der Strafe zu entgehen, die Ihnen, wie Sie selbst anerkannt haben, von Rechts wegen. gebührtef »Ich tat das, weil ich Ihren ver-« ruchten Plan durchschaute weil ichs Sie in Ihrem Versteck erspäht hattei und wußte, Sie waren heil und ge sund. Wenn sie uns an jenem Tage gestatteten,das Haus lebendig zu ver lassen, so war es, weil Sie sich noch serner an unserm Jammer weiden und ihr Spiel treiben wollten mit unserm Elend· Sie bereiteten Jhrer Rache nur einen volleren, glänzende ren Triumph, wenn die Zeit anen gekommen schien und Sie des War tens miide wurden. Es war ein höl lischer Gedanke, der mich mit Abscheu ersiilltr. Einem ehrlichen Widersa cher hätte ich mein Leben hingegeben mit allem, was ihm Reiz verlieh; einem Teusel in Menschengestalt, der sich mühte, neue hossnung in unser herz zu pflanzen. damit er uns desto grausamer zerschmet tern könne, wollte ich Troh bie ten biö zum Aeußersten.. White ahnte nichts von Jhrer Hinterlist und sreute sich des neugescheniten Lebens, das ich ihm nicht verbittern wollte. So ließ ich ihn bei dem Glauben. daß Sie tot seien; ich selbst aber dachte aus Mittel und Wege zu mei ner Rettung. Zum zweitenmal ber änderte ich meinen Namen und suchte mir einen neuen Wohnort in neuen Berhältissen, wo ich hossen durfte, mit meinem Kinde einsam und ab geschlossen oon aller Welt leben zu können. Aber Sie haben mich den noch ausgespiirt und jetzt srohlocken Sie über meine Niederlage; denn Sie sind ein has-haften unbarmherziger Mensch —- das wußte ich längst." Die Arme über der Brust gekreuzt stand der Oberst unbeweglich da. »Ist es Jhnen gelungen. die Nar be in Ihrer Hand zu zerstören oder sind die Linien noch erkennbar?« fragte er mit eiserner Ruhe. »Sie wissen, was Sie gelobt haben, und elende Feigheit ist es. wenn Sie auch nur einen Augenblick zögern, den Schwur zu erfüllen, sobald ich Ih nen sage, daß Jhre letzte Stunde gekommen ist· Reichen Sie mir Ihre Hand, ob ich das Zeichen noch sehe.« Allein Thomas Daltons Linie blieb sest geschlossen. »Dochten Sie etwa mich zu et weichen und Jhrer gerechten Strafe zu entgehen, als Sie mich durch Jhr Zeugnis aus dem Gefängnis befrei ten?" fuhr Deering fort. »Wie ta men Sie gerade damals in die Nähe des Whiteschen hauses?« »Ich hatte Sie tags zuvor unter der Menge gesehen; ich ahnte Jhre Absicht und wollte meinen Schicksals gefährten warnen. Es war jedoch zu spät —- der Rächer hatte sein Opfer bereits gesunden." «Glaubten Sie, ich würde aus Dantbarteit für Jhre hilse verges sen, Gerechtigkeit zu über?« »Nein; ich folgte nur der Stimme meines Gewissens.« »Jhtes Gewissensk hohnlachte Deering. .Sind Sie im Lauf der Jahre so tugenddoft gewordeni« Sein Spott stachelte Dalton, zu grimmiger Wut. »Was-den Sie, in meiner Brust sei jeder bessere Funken erloschen, weil ich einmal, von hunger und Verzweiflung getrieben, eine unselige Tat begingi Auf hrer Seele lastet lein Verbrechen, un doch würde ich schwören, im Angesichte Gottes, des fen Donner iider uns grollt, daß heute in meiner Brust mehr Liede für alles Gute nnd heilige wohnt, als in der Ihrigen. Wer 25 Jahre lang nur fürchterliche Rachegedanken ini setzen hegt, weiß nichts mehr den Tugend und Edelmui.' »Sie sollten die Milde preisen, mit der ich Sie die langen Jahre hindurch straflos aussehen ließ fiir das Verbrechen durch das Sie mir alles eaubtzm spat ich aus Orden ne HSÆdmmenmmip Ibiißt es wäre tausendmal besser ge wesen.' «Miiglich; aber ich ließ Jhnen die IWahl und Sie wollten leben utn Ihre Reichtümer zu genießenf I »Das ist mir nie gelungen.« :EI lag auch nicht in meiner Ub sicht« »Aber meiner Tochter fallen sie zugute kommen. Samuel Whites Sohn und Marh lieben einander. pöierin hat sich mir die Vorsehung Jgnädig erwiesen. Werden Sie ihr Glück ungestört lassen, wenn ich in mein Verhängnis gehe —- oder er streckt sich Jhre Rache auch aus mein Kind?« »Mit Weibern fechte ich nicht. — Doch nun zur Sache: Sie haben Zeit gehabt, Jhre Waffe zu wählen. Wol len Sie auch zur Pistole greiseniP »Wie gerne hätte ich Marh nach einmal wiedergesehen,' sliisterte er mit einem schmerzlichen Seufzer. Da tönte ein Schrei hinter dem Obersten und Mach erschien atemlos aus der Schwelle ihres früheren Zim mers, die Hände sleheno zu ihrem Vater erhoben. Sie eilte an Der ring vorbei und stellte sich lühn zwi schen die beiden Männer. »Meinem Vater dars kein Leid geschehen, das nicht zuvor mich trifft, Oberst Deering,« ries sie. «Lange genug hat er Daß und Ver folgung durch Sie erdulden müssen.« »Sie irren,« entgegnete Deering. »Von meiner hand droht Jhrem Vater teine Gefahr. Geschieht ihrn ein« Schaden, so hat er ganz allein «Ebenso wie mein Vater in seiner Todesstunde,« unterbrach ihn eine andere Stimme. Der Oberst wandte sich rasch und sah Stanhope mit drohender Miene ihm gegenüber stehen. »Man hat mich in eine Falle gelockt, meinethalben —» ich sürchte nichts,« ries Deering tin-sl erschüttert. »Aber Sie, junger Mann,j fragen Sie zuvor, welches Verbre chen Jhr Vater begangen hatte und« welche Schuld aus der Seele dieses Mannes hier lastet, bevor Sie set ner meine Wege treuzen und michs hindern, unschuldig dergossenes Bluts zu rächen.« .Ein Verbrechen!« riesen Mary und Stanhope wie aus einem Mun de »Ja, ein todwürdiges Verbrean wiederholte der Oberst, unerbittlichi wie das Schicksal. . »Ich habe dich getäuscht, Mary,' stammelte jegt Thomas Dalton in bangem Weh. «Jch bin nicht derj schuldlose Mann, sür den du michi hältst. Der Gedanke an die Misse-. tat, die ich beging — in alter Zeit, vor deiner Geburt — hat mir all mein Lebtag Schrecken und Grauen bereitet. Jn blinder Wut tötete ichl »halt,« ries der Oberst mit furcht barem Ernst. «Laßt mich die Ge schichte erzählen. Jch hege seinen Groll gegen euch, ihr Kinder der beiden Schuldigen. Hättet ihr nichtl selbst gesucht, den Schleier zu lüs ten, ich würde das Geheimnis langer Jahre nicht enthüllen, um euch Din ge zu berichten, deren Kenntnis euer Glück nicht siirdern wird. Ihr beharrt jedoch daraus, weiter zu sorichen und zwingt mich, mein Schweigen zu brechen. So will ich denn reden im Namen der Gerechtigkeit, die ich ver trete, und euch nichts vorenthalten.« Verwirrt und bestürzt starrte Ma rh ihren Vater an; Stanhope war einen Schritt näher etreten und blickte dem Obersten se ins Auge, während dieser seine Erzählung be gonn. Trkiunddreizkgstes Kapitel Jn der Sierra. »Siebenundzwanzig Jahre sind es her," hob der Oberst an, »du herrsch te Schrecken in dem Lager, das eine Gesellschaft Goldgräber am Fuß der Sierra aufgeschlagen hatte. Jn der Nacht war Schnee gefallen nnd die iahlen BerggipseL deren Riesenmau er sich gegen Westen erhob, ileideten sich allmählich in ein weißes Gewand. Es drohte sum Leichentuch zu wer den für die elenden Menschen, die in ihrer Not der Verzweiflung nahe waren. Schon zwei Wochen zuvor hatte ein Schreckensgespenft Einzag gehalten im Lager —- der Man el an Nahrungsmittelm Jmmer fe er nisiete es sich ein und ließ sich nicht mehr vertreiben. »Die Gesellschaft bestand aus zwölf Männern, von denen zwei ießt vor euch stehen — und einem tleinen Knaben von Zwölf Jahren —- inei nem Sohn. E n gwiilfjähriges Kind an diesem Ort des Grauens, der beherzte Männer zittern machte! Er hieß Bernhard und war ein schöner Knabe. Alle Beschwerden, die wir ertragen mußten, hatten ihm seinen Frohsinn nicht getrübt, seinen Mut nicht gebrochen. Auch der neuen Ge fahr, die nnd sämtlich bedrohte, sah er tiihn ins Angesicht und befchämte, ohne es selbst zu wissen, die entmu tigten Männer-. Jch liebte den Knaben mehr als mein Leben und wenn ich daran dachte, daß ich. ihn selbst hierherge siihrt in den gewissen Tod, so fluchte ich dem Goldsieber, das mich betört hatte, und gelobte, wenn er mir er halten bliebe, keine nd mehr ant iuM nach den g ßenden Schät en nnd wenn rnir die Goldtinknpen auch dicht vor den Füßen lägen. Noch ein anderer Feind bedrohte an jenem Tage unser Lager: die Seuche. Vor einer Woche war unser Führer gestorben; wir hatten nicht gewagt, den Namen seiner Krankheit aus die Lippen zu nehmen, aber wir entstehen, sobald sein Atem stillftand. jWir .lannten den Weg nicht, gerieten In eine falsche Schlucht und verloren :fechs kostbare Tage in der Jrre, sonst iwaren wir schon jenseits der Berge gewesen, ehe der Schneefall eintrat. I »An jenem Morgen ward aber mals ein Mann vom Fieber befallen; wir sahen es mit Schaudern, aber es war nicht das größte Uebel, vor dem uns bangte. Die brennendste Frage für den Augenblick war, ob wir den Uebergang des Gebirges wagen oder in der Schlucht warten sollten. bis man uns Entsah und Hilfe schickte. »Ich stimmte dafür. vorwärts zu dringen, White ebenfalls und auch — dieser Mann hier; aber andere von den Gefährten schraien zurück vor der Gefahr, denn der Schnee fiel in dichten Massen. allmählich füllten sich die Schluchten nnd Weg und Steg ward verweist. Wer geben wollte, mußte sofort ausbrechen, sonst war leine Möglichkeit des Gelingens für das Unternehmen. »Die Gesellschaft beschloß. sich zU teilen. Sechs Männer sollten über das Gebirge gehen, die andern sechs, unter ihnen der Kranke, in dem La ger zurückbleiben. Zwischen den bei den Gruppen bogen-» verhungerter Gestalten stand mein tleiner Sohn in der Mitte. Mit hellem Lachen, alg gelte es ein fffröhliches Spiel, lief er bald nach der einen, bald nach der an dern Seite: »Welches ist meine Partei, soll ich gehen oder bleiben«, fragte er lustig. Als ich in vorwurfsvolletn Ton seinen Namen ries, flog er wie ein Pfeil auf mich zu und warf sich mir an den hals. »Glaubteft du, ich würde dich verlassen, Vaterli« sagte er; »ich machte ja nur Span, das tue ich so gern'. »Von den kärglichen Lebensmit teln, die vorhanden waren. gaben die Zurückbleibenden für jeden von uns einen tleinen Vorrat ab. Der Knabe erhielt weniger, als ihm zukom, al lein ich überging das mit Stillschwei gen. Wenn wir nicht durch einen besonderen Glückzzufall den richtigen Weg fanden, waren wir doch alle dem Tode geweiht, bevor wir noch die Brotrationen aufgezehrt hatten. Vom langen Fasten waren unsere Körper triifte ohnehi-. dermaßen geschwächt, daß die zitternden Füße uns laum zu tragen vermochten. .So nahmen wir denn Abschied von unseren Gefährten und brachen auf, White und der Mann hier, Dick Vogt-ex ztoei Brüder aus Kentuckn, ich selbst und mein tleiner Bernhard. Kaum aber hatte ich einige Schritte getan, da ward es mir duntel vor den Augen, als sei die Nacht plötzlich hereingebrochen, ich vermochte die bleischweren Füße nicht mehr vom Boden zu heben. Hilflos streckte Ich die Arme aus, es war, als stürzte ich in eine unergründliche Tiefe, und die Sinne schwanden mir. Die Seuche hatte auch mich ergriffen, und die andern mußten ohne mich weiterzie ben. »Noch heute trage ich die Spuren der furchtbaren Krankheit im Gesicht. Sie raste mit dämonischer Gewalt in meinen Gliedern. Neun Tage lang lag ich in Fieberglut in der kleinen Bretterhiitte, die man für mich aufgeschlagen hatte. Als tch endlich zum Bewußtsein erwachte und die Augen öffnete, fiel mein erster Blick aus meinen kleinen Sohn, der bald jubelte, bald weinte vor Freu de, daß ich ihn wiedererkannte. »Er ließ nicht ab, mir die Hände zu küssen und die Decke, welche mich umhüllte; ich aber hätte vor Ent sehen ausschreien mögen, denn ich kannte seht meine Krankheit und die schreckliche Gefahr der Ansteckung. .Jch Mk jedoch Iwch ZU schwach um einen Laut von mir zu geben, und als er allmählich ruhig ward, lag ich still da und suchte in seinen geliebten Zügen zu lesen, was sich während der Zeit meiner Bewußtlos sigleit zugetragen haben mochte. Et was Gutes schwerlich,·denn seine sonst so runden, blühenden Wangen wa ren eingefallen, und in den lachenden Augen lauerte jener hungrige Blick, den ich sriiher nur bei den darben den Männern gesehen hatte. »Ist kein Entsah gelommen·i« stieß ich mühsam heraus. »Er schüttelte den Kopf, sah sich mit scheuer Miene in der kleinen hiiite um, beugte sich dann iiber mich und sliisterte mir ins Ohr: »Nein, aber sei nur ohne Sorge, ich habe Rahru genug sitt dich.« «Bo ichti mit leisem Tritt schlich er in einen inlel der hätte, tauerte sich nieder und begann die Erde aus zugraben, wobei er sich von Zeit zu Zeit ängstlich umsah. Jch verstand sein seltsames Gebahren nicht« bis er plöhlich aussprang und mit seligem Lächeln etwas in die Höhe hielt, das mir ein Stück Brot zu sein schien. heiße Tränen stiir ten mir aus den Augen bei dem rii renden Anblick. »Aber mein hunger regte sich mächti und mit Gier verschlang i die tiickchen, tpewe er siir tm abbrach. Bei jedem Bissen, den ich as. strahlte er vor Freude, und als Hnein hefkiafirs Verlangen gestillt war und ich das müde Haupt nach der Wand kehrte. hörte ich nach vor dem Einfchlafen das kleine Gebet, das er aus dankbareni setzen zum Himmel emporfandkr. »Ich schlief lange nnd feskz als ich die Augen wieder ausschlng und mich nach meinem kleinen Sohn umfchaute, kam er eben von draußen zur Härten tiir herein. Er hatte irn Lager die Nachricht veriiindek, daß ich in der Genesung sei. »O. Valer." rief er, »wir dürfen wieder hoffen! Ein fremder Jäger ist heute früh angelangt, er fagk, daß Leute von der Ebene herangezogen kommen, mit vielen Wagen und gru ßen Vorräken an Leben-Brannan »Dann mufz ich rasch wieder ge sund werden« erwiderte ich. »Sie dürfen keine gefährliche Krankheit hier irn Lager finden, die sie ver scheuchen würde. Jst der andere Kranke gestorben, Bernhard?« »Der Knabe ließ den Kopf hängen« dann schaute er fröhlich auf. »Ja. aber er hakke auch keinen kleinen Sohn, der ihn pflegen konnte.« »Und die Leute, die in das Ge birge zogen? Hat man etwas Jan ihnen gehörki« »Wer einer Woche sind sie zurück gekommen, Vater. Sie haben den Paß nicht finden können. Jetzt wün schen sie, daß sie nicht zurückgelehrt wören.« »Weshalb denn, mein Kindi Sieht es hier im Lager so schrecklich aus? Sind noch mehr Leute lrani oder nahe am Verhungern?« srug ich. »Es steht schlecht, Vater, so schlecht, daß sie sich vor nichts mehr fürchten, sie fürchten sich nicht einmal hier in die hätte zu iommen,«« gab er mir zur Antwort. »Und du, Bernhard, siihlst du dich ganz wohl?" fragte ich besorgt. »O ja!« antwortete er, so zuver sichtlich er konnte »Ich sah, daß, wenn der Entsatz nicht bald kam. ich den Knaben, der meine ganze Freude und hoffnung war, nicht lange mehr behalten wiirs de. Bald darauf muß ich wieder eingeschlummert sein, denn ich hatte einen Traum. Der alte Mann hier —- er ist in Wirklichkeit mehrere Jahre iiinger als ich, wie unglaublich das auch seint —- lann sagen, oh es aus Wahrheit beruht. »Ja einer Schlucht, zwischen him melhohen Felsen, sah ich fünf Män ner mit oerzweiselter Anstrengung vorwärts dringen durch den sich im mer höher tiirmenden Schnee. Wie scharfe Nadeln schmerzten die eisigen Krustalle, die ihnen der Sturm ins Gesicht wirbelte; miihsam nur hooen sie die Füße und ich sah, daß ihre schwachen Kräfte hald erliegen müß ten, wenn die Wut der Elemente nicht nachließ oder irgend ein Fels vorsprung ihnen ein schützendes Oh dach gewährte. Der vorderite Mann, der Führer der kleinen Schar, war groß, kräftig gebaut, mutig und ent schlossen. Er trotzte dem Sturm mit erhobenem haupt und rief seinen Ge nossen mehr als einmal ermunternde Worte zu. Jhnen zunächst schritt ein schmächtiger Mann, aber ziih an Muskeln und Sehnen; er glitt häung aus« erhob sich aber von jedem Fall und hielt sich dicht an seinem Gefähr ten. Sie waren ausgezogen um Gold zu finden, wonach ihre Seele dürstete, und nur der Tod konnte ih rem Trachten ein Ziel setzen. Die drei andern schleppten sich langsamer hinterdrein, nach wenigen Schritten stürzten sie immer wieder in den Schnee und alle Versuche der beiden vordersten Männer, sie zu stützen und auszurichten, blieben erfolglos. Bald erhoben sich auf dem öden Pfade drei Schneehügei, wo vorher alles eben gewesen war; nur die zwei mutigsten Wanderer arbeiteten sich noch weiter fort durch Schnee und Sturm. Pliss lich stieß der vorderste einen lauten Schrei des Entzückens aug. Sie wa ren gerettet. Zu ihrer Linien tat sich in der schroffen Steinwand eine Zuflucht auf; schon in der nächsten Selunde kauerten sie in der engen Höhle, wo sie, vor Wind und Schnee gestöber gesichert, die Augen wieder frei dem Licht zu öffnen vermochten. »Der gierige Goldgriiber kennt nichts Obdach als seine Leiden schaft. Statt auf die Knie zu sinten, um dern himmel fiir ihre wunderba re Rettung zu danien, ftierten die beiden Männer mit beißhungrigen Blicken auf das Felsgestein zu beiden Seiten der höblr. »Gold!« lallte der eine mit schwerer Zunge, »Gold!« stammelte der andere rnit bebenden Lippen. »Mit-read sie rnit dern Brot, das sie bei sich trugen, den nagenden hun ger stillen, schauen sie unablässig bald nach dein Gestein über ihren haup ten, bald auf den Boden der höbik Jth stürzte der eine nach einer Fel senspalte bin, in der er etwas glihern siebt. Als er suriickiomnit, zittert er an allen Gliedern vor Aufregung und verbirgt die Band in der Tasche. »Dein her,« ruft ian der stärkere Gefährte zu. Zögernd tut jener ihm den Willen; in der langsam sich öff nenden hand liegt ein Klilmpchen Gold, das sie beide unverwandt an starren. «Dicht aneinander gedrängt, um it d . M Pein-; ist« MI »g- Ist le Plas. .Wir dürfen nicht unter iliegen; unser Leben bat ietzt noch hWert wir müssen suchen es zu er balten,« das itt ibr einziger Ge danke. indem tie berechnen, wie lange ibr Brotvorrat noch reichen lann. Un terdessen fiillt der Schnee dichter nnd idichten er bäuit iich immer biiber auf vor dem Eingang der Hist-lex laum bleibt ihnen noch Licht gesag einander zu erkennen. .Die Flocken werden größer und fallen langsamer,« iaate der eine. «beute Nacht wird sich der Himmel aufbellen und moraen können wir zurückkehren. Was meinsi.du——-iol len wir unsern Fund aebeim italieni· »Ja, ia,« erwiederte der andere. »außer uns beiden darf niemand darum willen. Haben wir den Schatz gäb mit Gefahr unseres Lebens ent i.« »Das Laaer ist ein elender Ort, aber wir sind dort sicherer. als in den Beraen. Soll unter Reichtum uns ie Genuß und Ehre brinaen. To müssen wir alles daran i’eden, bei Kräften zu bleiben. big Hilfe lommt. Wollen wir Kameraden lein?« So sprach der eine wieder eifrig. »Ja, las; uns beide zusammenstes ben. Gebt uns die Nahrung aus« so sättigen wir uns am Golde. hur ra, burra!« war die schnell folgende Antwort des andern. »Der Freudenruf hatte einen mat ten Klang, denn der einst so starke Mann war nabe daran zu erliegen Sein Kopf sant aus die Brust herab und er schlummerte ein. neben dem Gefährten Draußen hatte sich der Sturm gelegt. es herrschte Toten stille und immer langsamer fielen idie schweren Schneeflocken zur Erde. «Drei Tage später erschienen ote Ibeiden wieder im Lager, weit schwä Icher. als da sie es verließen; in ihren Augen aber iunlelte eine unnatiirlts che, wilde Gier. denn ein Dämon war seit jener Stunde in ihre Brust eingezogen, als sie den Goldschah in der Felsenhöhle entdeckt hatten. (Schtuß solgt.) cte angesehte Nish s Einem italienischen Arzte soll es gelungen sein, einer jungen Dame, Ider man bei einem Streit in einem Kasseehause die Nasensvitze abgebissen «hatte. nicht nur die Fleischteile der jNase zu ersetzen, sondern auch den »stiitzenden Knorpel durch ein Stiick des Rippentnorpelg zu ergänzen. Der Bericht erinnert an die Schilderun gen des alten bavelliindischen Wund arztes Louis Magerstedx in Nauen ibei Berlin. Der liebenswürdige Herr. Tdurch seine gesellschaftlichen Talente in demselben Maße ausgezeichnet wie durch die praktischen Ersolge als Heiltiinstler, tam zuweilen am Bier "tisch im Freundeskreiie auf seine Er lebnisse im Krimtriege zurück, den et als Wundarzt initgemackzi hatte. Be sonders galt es damals, wie er sagte. den Soldaten die von den Türken abgeschnittenen Nasen anzuheilew Hatte der Verftiimmelte dem Feinde die gestohlene Nasenspitze wieder ab gefagt, so war die Sache sehr einfach; man tlebte sie fest; sie wuchs dann vitichtschuldigst an und paßte stets. War aber das Kleinod in den hän den der Unglaubtgen geblieben, so mußte eine Wundstelle im Oberarm erzeugt, der Nasenstumpt daran ge heilt uni die Spitze nach einigen Wochen kunstgerecht her-ausgeschnitten werden. Hatte jemand jedoch eine besonders große Nase terloren, so mußte das Material siir die neue der Mustutas tur eines zweiten Soldaten entnom men werden, und man wählte hierbei die Körperstellr. die von der Natur am reichsten mit Mustelsleisch ausge stattet ist. Dort wurde der Patient zunächst »angeheilt«, und wochenlang blieb er der ständige Begleiter seines Leidensgenossen Die Situation war ost siir beide wenig erfreulich. »So unangenehm sind«, so schlos; der alte Doktor einst, »die heute ron den Be hörden erteilten Nasen längst nicht. Man saliet das Attenstiick zusammen und legt es in ein besonderes Fach zu den übrigen; dann ist der Fall ge wöhnlich schmerzlos erledigt.« f Die beiden Useissatttätem Jn Vatein dem schön gelegenen, vielen Alpenreisenden wohlbekannten dayertschen Forst- und Gasthause, siten am langen Tisch im inter grunde der Gaststube die o stiller beim AbendtrunL Das Ge präch i hochpolitilch- es dreht sich um Unterschiede der öffentlichen Zustände in Deutschland und Oesterreich. Der Wortsithrer ist ein von der nahen Gren e zur Arbeit herübergetotnmei ner Ziroler. »Dös timmt aber alles beher« —- so schließt er eine längere Auseinandersetzung —, »weil wir in Oestreich die vtillen Nationalitäten haben. Do is der Daitsche und der Welsche, der Behm und des Pol, der Slowen, der Kroat, der Ungar und sc weiter. hingegen bei eich in Daitschland it die Sach ganz einsach. Da gist bloß zwei Nationalitäten, da is halt bloß der Bayer und dee Meiji«