Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, December 20, 1912, Zweiter Theil, Image 9
Uebraika Staats— Anzeiger und J set-old Jahrgang Zk Grund Island Rein-» 20. Dezember 1912 Hweiter Theil) f Nummer 19 . RDie Heilige Pacht Mäg hoch über aller Erdenstürtne Toben, hoch über bunter Zeitenbilder Pracht: Wie stehst du hold und klar aus Licht gewoben, Du heilige, du wundersame Nacht! Was immer nur aus sel'gen Unschuld tagen Von froher Kindheit Glück das Herz gespürt, Hat deiner Sterne Diadem getragen. Hat deiner Engelfchwingen Flug be rührt. Und wo des Lebens schwere Wander stunden Mit Schutt und Staub Erinn’rung zugedeckt, Hat deiner Glocke Laut den Weg ge fanden. Hat zaubetleis die Schlummetnde er weckt. Dann zog durch Wintetdunlel lockend Klingen, Ein Ruf von Bethlehem ging suchend aus. Es klopft das Herz — die Engel hört’ es singen Und fand am Ktipplein wieder sich nach Haus! Adclicw Eljsthcth Mohn Der Vater nnd sein Hchnauzl Weibnachtögeselzichre von Reinhold Lu MCUIL Den Kragen der strengen winter lichen Kälte wegen bochausgeschla. gen, die hände tief in die weiten Taschen des Mantels versentt. schien-« derte Rudolf Harling durch die Stra-? ßen Münchens. Er wußte nicht recht,! weshalb er es tat; wußte nicht, wes-! halb er die gemiitliche Eile im Rats-! teller aufgegeben hatte, und warum er durchaus davor zurückschreckte,i heimzukehren Gewiß, es würde Laus iein im Atelier und eine mühselige Ar beit, mit den vertlammten Fingern Feuer anzumachen Jm Natsleller’ war es warm gewesen und hier aus der Straße — nun, das war, als schnitten hundert seine, haarscharse Messer in die rotgesrorenen Ohren. Er zog ein unzufriedeneg Gesicht; vor je dem Lokal blieb er ein Weilchen zöL gernd stehen, um den Schritt doch end lich weiterzusetzem zehnmal wandte er sich in der Richtung nach Schwabing, wo er seine einsame Bude wußte, und bog doch immer wieder bei der ersten Querstraße ab. Er fühlte sich elend —- ohne Frage sehr elend. So ein merkwürdiges, un-( behaglichesGesiihl in derMagengegend,! das auch der vorzügliche Bardeauxs nicht hatte vertreiben können. Und beim Anblick der zahllosen winzigen» Lichterchen, die allenthalben hinter den Fenstern slammten, breitete sich diese Empsindung einer reinlichen Leere bis. in die Region des Herzens aus. Was» war das siir eine Sitte, die Christbäu me gerade vor die Fenster zu stellen!—! Hatten sie denn nicht in irgendeinem Winkel der Stube Plah —- an einer versteckten Stelle, wo der Schein ihrer Kerzen die Leute aus der Straße nicht zu stören vermochte? Und mußte man bei jedem Schritt daran erinnert wer den, daß es Weihnachten war? Wirklich —- dieseö heimlich festliche Treiben, die fröhliche Geschäftigleit und freudige Erwartung in den letzten Wochen war unersreulich genug gewe sen fiir einen, der teineei Teil daran hatte. Und nun, da Rudolf Harling diessnzeichen eines allgemeinenGiiickes auf Schritt und Tritt begegneten, wuchs die Bitterkeit des Gefühls, da oon ausgeschlossen zu sein, ganz uner träglich in ihm. Wie zum Trost sah er sich nach Leidensgesöhrten auf der Straße um, ater wie er im Ratsteller außer einiger mürrisch dreinschauen den alten Junggesellen fast der einzige Gast gewesen war, so begegneten ihm auch jeßt nur wenige Menschen —- und die meisten eilfertig ausschreitend und mit Paleten beladen, die noch Ueber raschungen für die Lieben daheim ent halten mochten. Jn Rudolf harlings herzen regten sich allerlei rebellische Gedanlen. Fünfzebn Jahre waren es nun, daß er das Fest in dieser Weise verlebte —- seitdem er zum leßten Mal unter dem elterlichen Weihnachtsbaum gesessen hatte. Gewiß -— ed waren ne ben seinem angeborenen hang zur Einsamkeit hauptsächlich die Arbeit und die Armut gewesen« die ihn in den ersten Jahren dazu gezwungen hatten. Dann aber —- als mit den ersten Er folgen seiner Bilder sich auch ein besse rer Verdienst einstellte —- biitte er doch am Ende an dieGritndunß einesheimi denken können, wenn ihm die Gewoan heit des Alleinseins nicht in Fleisch und Blut ilbergegangen wtirr. heute war es wie ein Aufruhr in ihm. Was war das für ein Leben —- keinen Men schen zu haben, für den man sorgen konnte und der einem mit ein wenig Liebe vergalt, was man ihm an Liede gab. Hier herumzulaufen, anstatt glücklich zu fein mit andern —- und an alledem war nur die eigene Stutnpfs heit schuld. Er runzelte die Brauen und blies die Backen auf, als könnte er durch vie grimmige Grimasse die unerquicklichen Gedanken verscheuchen. Da tauchte plötzlich ein Etwas vor ihm auf — langhaarig, schnauzbiirtig, mit dünnen Beinen und unförmig großem Kopf, huschte um eine Straßenecke, blieb vor ihm stehen, sah ihn aus großen, klu genAugen aufmerksam an und wedelte mit dem Schwanz. Doch ein Lei tensgesährtel dachte der Maler und bückte sich fast mit einem Gefühl der Erleichterung, den Kopf des Hundes zu streicheln. «Gelt — du weißt auch nicht, wo du hingehdrst?« sagte er in teilnehmendem Verständnis, und der Hund heulte wie zur Antwort kläglich auf. Es lag et was Mitleiderregendes in dem weh mütigen Ton; und es gehörte heute nicht viel dazu, Rudolf Harlings herz zu rühren. »Ja, Schnauzl, so tann es einem er gehen, wenn man häßlich und unlie brnswürdig ist wie du und ich,'· fuhr er fort. Es war ja selbstverständlich daß der arme vierbeinige, zitternde Kerl Schnauzl hieß —- teinMiinchener hätte einem Vertreter seiner Rasse ei nen anderen Namen gegeben. Und es war unverkennbar, daß er den Namen erkannte. Schweifwedelnd sprang er an Rudolf Harling empor, und statt des melancholischen Denkens bellte e: ein paarmal freudig auf. Und er roich ihm nun nicht mehr von der Seite. Wohin er sich auch wenden mochte —- tvie ein Schatten blieb der Hund hinter ihm, so dicht an seinen Beinen, daß er alle Augenblicke fürchtete, ihn-zu treten. Und seltsam, —- Harling zitterte fast davor, daß ihm das Tier doch noch davonlaufen tönnte —- daß der merkwürdige Ge fährte ihm verloren ging, den er da in seiner Einsamkeit gefunden hatte. Er sprach mit ihm, er redete ihm fortwäh rend freundlich zu, und blieb hier und da stehen, ihm den unbeschreiblich häß lichen, struppigen Kopf zu streicheln, in dem doch die llügsten und treuesten Hundenugen standen. Jede dieser Lieblosungen beantwortete Schnauzl mit seinem dankbar freudigen Bellen, und diese lebhaften Laute erfüllten den Maler mit wunderbarer Berubiaiing. Er war doch nicht mehr allein; er hatte jemanden, mit dem er sprechen konnte -- und dem er eine Freude zu bereiten vermochte. « l Jn der ersten kleinen Wirtschaft an der ihn sein Weg vorüberführte, han delte er fiinf Paar Weißtoiirste ein, und eilsertig strebte er sodann mit dem neu gewonnenen Freunde dem kalten Atelier in Schwabing zu, vor dem er sich doch so sehr gesiirchtet hatte. Hier wollte er Schnauzl ein Mahl bereiten —- ein Mahl, wie es ihm vielleicht seit langem nicht geboten worden war. Freilich konnte er sich’s nicht versagen, ihm schon unterwegs den Zipfel einer Wurst zu geben, aber die Hauptsache —- die hauptsache sollte doch erst da heim kommen-— die große Bescherungl Und ein Gedanke fuhr ihm durch den Kopf. Es gehörte ein Christbaum zu einer ordentlichen Weihnachttbeschei kung —- obne Frage. Vom christ baum sollte sich Schnausl seine Wiirste holen. Es mußte ihm gelingen, noch ein Bäumchen auszutreiben. Lichter genug hatte er daheim, ihn damit zu schmücken. Er geriet in einen freudigen Eifer und in eine Erwartung, wie er sie seit Jahren nicht mehr empfunden hatte. Wirklich gelang es ihm, noch einen Baum auszutreiben — eine kümmer liche lleine Tanne freilich nur, mit we nigen dürftigen Zweigen und einer wehmütig getnickten Spitze. Aber ein Baum war es doch: ein richtigerWeih nachtsbaum, der in seiner Bude bren nen sollte. Was verschlug es, daß er ihn selbst nach Hause tragen, mußte und daß ihm die Hände erstarrten da bei in dem grimmigen Frost? — Er wollte ein Feuer machen im Kamim daß auch ein Ersrorener zu neuem Le leen daran erwachen mußte. Und dann — dann sollte sein Feft begin nen. Und es verlies programrnäßig Drei mal schnitt er sich allerdings in die Finger, ehe eine genügende Anzahl kleinen Holze-Z zum Feuermachen von den großen Buchenscheiten herunterge säbelt war, aber er fühlte den Schmerz loum. Und als die Flamme dann im Ofen prasselte und eine behagliche Wärme sich im Atelier zu verbreiten begann-, da stellte er in feierlicher Rüh rung den Baum in eine Ecke, an dem er die Würste befestigt hatte, und ent zündete die Lichter —- eineg nach dem andern. Wie er aber dann in die un ruhigenFlämmchen starrte —- da über lam es ihn mit überwältigenderMacht, die Freudlosigteit der letzten einsamen Jahre, die Kindheitserinnerungen und tausend wehmütige und schmerzliche Gedanken. Und er tat, wozu es ihn drängte — er legte den Kopf auf die Arme und weinte wie ein Kind. Auf der Stelle ließ Schnauzl von der herrlichen Wurst, die er gerade zwischen den hungrigen Zähnen gehal ten hatte. Den Kon legte er feinem neuen lHerrn sest auf die Kniee; und als Rudolf Harling nicht darauf ach tete, da setzte sich Schnauzl in eine Ecke und begann zu heulen —- verzweifelt, durchdringend zu heulen, mit einem long anhaltenden, klagenden Ton, der durch Mark und Bein drang. Verge bens sprach der erschrockene Harling ihm zu und ftreichelte ihn; sobald er die Hand von ihm ließ, hob jenes Heu len wieder an, mit dem ein leidersijll tes Hundeherz sich zu erleichtern suchte. Da saßen sie nun nebeneinander aus dem Fußboden unter dem brennenden Weihnachtsbaunt, an dein noch zwei und eine halbe Weißwurst baumelten, —- der Herr und der Hund, und es wußte wohl leiner von ihnen, wessen Herz schwerer sei. Plötzlich sprang der Maler erschrot: ten aus. Fest und energisch war an ’die Tür gepocht worden; und er glaub te seinen Auan nicht trauen zu dür sen, als auf sein verwirrtes ,,Hetein!« ein weibliches Wesen aus der Schwelle erschien· »Verzeihung!« sagte eine llangvolle, tiefe Stimme. »Ich bin Jhre Nachba rin. Und weil ich glaubte, daß hier ein Kind schrie, so wollte ich —- —« Sie sah den Christbaurn mit ieinent seltsamen Schmuck, sah den Hund und seinen Herrn, der mit bochgerötetent Gesicht daneben stand — und vor Er staunen vertnochte sie den begonnenen Saß nicht zu vollenden. Schweigend standen sie sich gegenüber, bis Rudolf harling fühlte, daß er doch wohl et was sagen müßte. »Sie wollten helfen?« staate er nn Hsicher, und suhr sich mit der Hand bin ier den halslragem der ihm plötzlich zis. eng erschien. »Das —- das ist — sehr gütig von Ihnen. Aber Sie se hen, es war kein Kind — es war — nur ein hund.« Sie geriet nun selbst in einige Ver wirrung. Aber ihr lluges, angeneh mes Gesicht drückte doch die lebhafteste Teilnahme aus. »Acht« sagte sie. »Und weshalb hat der arme Kerl so geschrien?« Nun hatte der Maler doch zu seiner Erleichterung einen Gesprächsstoss ge fanden. Mit der größten Ausführ lichieit erzählte er ihr, wie ihm Schnauzl auf der Straße begegnet sei —- und sie hörte ihm aufmerksam zu. Unvernierlt tanien sie ins Plaudern; und erst nach einer guten Weile sagte sie: »Aber nun will ich sie nicht länger stören —- Sie erwarten gewiß einen Besuch« Rudolf Harling erschrak aufs hef tigste. Und hastig sagte er: »Nein, ich —- ich erwarte durchaus niemanden. Das heißt — die Wahr heit zu sagen — ich bin ganz allein Aber Sie —- Sie werden gewiß in JhH rer Familie -——« . Sie schüttelte wehmütig den Kopf. «Jch habe keine Familie mehr,« sagte sie. »Und ich bin in meinem Zimmer allein wie Sie." Es war gewiß eine traurige Mittei lung. hacling aber erfüllte sie mit siirmlicher Freude. »Dann bleiben Sie doch hier!" rief er lebhaft. »Weshalb sollen wir das Fest nicht zusammen feiern . . . Jch kann Sie versicheru, es ist entsetzlich, so alleio zu sein.'« Vielleicht bedurfte es der Versiche rung nicht, sie von dieser Tatsache zu überzeugen. Sie sah in sein gutes, ehrliches Gesicht, und mit einem klei nen Lächeln sagte sie: »Wir lennen uns aber doch eigent lich gar nicht« Herr —« »Harling,« ergänzte er rasch. »So -— nun wissen Sie, wer ich bin. So genannter Kunstmaler, siebenunddrei ßig Jahre alt« nicht vorbestraft und irr-weiten . Und nicht wahr, Sie wer den bleiben?« Sie sah ihn noch einmal an. Und dann streckte sie ihm die Hand entge gen. »Feiern wir also zusammen, Herr Harling,« sagte sie. »Aber ich meine, wir gehen lieber zu mir herüber — und den Baum und Schnauzl nehmen wir mit. Es ist nämlich — ein biß chen ordentlicher bei mir — und viel leicht ein bißchen behaglicher.« Dagegen hatte Rudolf Harling ganz und gar nichts einzuwenden. Mit dem; Baum in der Hand folgte er ihr in» das gemiitlicheMädchenstiibchen, dessenj Tiir sie vor ihm öffnete, und Schnauzls schloß sich unaufgefordert an. Seines aufmerksamen Blicke wanderten vont dem einen von ihnen zum andern — und er mußte sich wohl getrostet haben! niit seinem Herrn, da der lange, be-« haarte Schwanz in beständiger Beine-; gung blieb. Eilfettig verzehrte er sei-—s ne letzten Wärste, um sich's dann int einer Ecke des Sofas bequem zu ma-; chen. ; Die beiden einsamen Menschen abers feierten dann doch noch einen heiligen; Abend, wie sie ihn wohl kaum er-« träumt hatten. Im Anfang erzählten sie einander ihre Geschichte —- die Ge schichien zweier stillen Lebeiigläuse, arm an äußerlichen Erlebnissen und reich an verschwiegenem Kummer. Sie war eine mittellose Lehrerin, die sich ihr Brot sauer genug verdienen mußte. und die Gemeinsamkeit des Kampfes gegen Armut und Not, den sie hatten führen müssen, wob von vornherein ein Band des Verstehens um die bei den. Dann setzte sie sich an das Fila vier und begann zu spielen —- alte, schlichte Weihnachtgweisem wie sie zu gleicher Zeit wohl in ganz Deutschland erklingen mochten. Und der Maler stand neben ihr; erst mit seiner Ver legenheit kämpfend, und dann mitsin-· gend — erstaunt darüber, daß seine Stimme wirklich noch nicht eingerostet war. Lied um Lied sangen sie zusam men; den Zauber der Kindheit weckten die vertrauten Töne Spät war es, als Rudolf Harling sich verabschiedete —- und merkwürdig lange standen sie hand in Hand vor der Tür, ehe der Maler wirklich ging. Eine große neue Hoffnung nahm er« mit —- das herrlichste Geschenk, das ihm der Cristabend hatte bringen kön nen. Und als er in feinem einsamen Zimmer stand,da zog er den struppigen Hund an sein Knie, traute ihm zärt lich den langen Behang und sah ihm in die klugen Augen. »Ich dank dir, Schnaule sagte er leise. »Bist doch ein braves Vie cherl.« per Glittstliaumfemd Es dunkelte schon, als der alte Krause nach Hause ging, den Berg über den schmalen Steg, vorbei an der Sägmühle, deren Räder jetzt still standen, weiter den schmalen Weg über die Wiesen. Er kam von droben aus dem Bergwald. Wie oft war er so gegangen! Kraufe hatte im Winter wenig zu tun da oben, aber er konnte nicht im Tale sitzen Tag für Tag. Er mußte immer wieder zu ihnen hinauf, zu den harten, hoben Stämmen, die er liebte und die er dich belämpfte und be siegte. ; Mit der Axt schlug er ihnen tiefe Wunden, bis sie sanken. Wie’s halt ein Holzschläger tun muß. Dann, im Winter, verlud er ihre Leiber und fuhr sie zu Tal. Und andere Bäume wuchsen seiner Axt entgegen. Krause hatte viel Verdruß erfahren in den letzten Tagen da oben; immer wieder hatte er im Forst eine Lücke gefunden, wo seingliedrige Bäumchen gestanden baten. — Was unter den Bäumen groß und reif und nützlich geworden war, das mußte fort; aber die Jungen, Feinem die umzuschlagen, das — das war ein Verbrechen — das war Mord! » Und warum wurden die zarten Stämmchen ermordet? ; Weil ihnen die Menschen sür eine sturze Stunde ein ftrahlendes, glit zerndes Mäntlein umhängen woll ten! Jmmer die schönsten holten sie aus tien Reihen heraus. Ein Mord war fras, ein Verbrechen! Um Kindes slaunen willen. Einsperren müßte man die Leute« die einen Christbaum .l;aben, alle einsperren, alle! —- — Da war Krauses Haus. Es war alt und morsch, und das Dach saß ihm schlecht wie eine schiefe Haubr. Und darunter die Augen waren dun-? lel. Jn der Stube war’s kalt. i Krause machte Feuer, und er setzte sich dazu und freute sich, wie die roten Flammenzungen Spänchen um Spän chen gierig sraßen. Das bißchen Abendbrot war bald verzehrt, und dann saß der Alte — saß und sinnierte Und wußte doch ei gentlich nicht recht, was er dachte — heute am heiligen Abend — so allein, so ganz allein. — Wie langsam doch da die Zeit ver geht! Krause war schon ganz in graue Tabatgwolten eingehiillt, als er an den kleinen Hans vom Nachbar dachte. Der war ein allerliebster Bengel. Den liebte er — sonst hatte er wohl siir lei nen Menschen etwas übrig — weder Haß noch Liebe. Sein Nachbar lag trank, schon mehrere Tage — aber er war nicht allein, er hatte das Kind. Der alte Mann tappte langsam zum Fenster und bemühte sich, hinüberzu: seyen, dann löschte er die kleine Lampe aus und schloß sorgfältig die Haustür hinter sich zu. Als er beim Henschel ins Stäbchen trat, hörte er den lleinen Hans jäm merlich weinen und schluchzen. Ja — zu allen war das Christtind gekommen — zu allen — nur zu ihm nicht« allen hatte es etwas gebracht, nur ihm nicht —- und bei allen brann te ein Lichterbaum, nur bei ihm nicht. Der alte Krause setzte sich zu dem Kleinen aus die Bank, und seine harte Hand suhr immer wieder über den blonden Kopf. Er schluctte und wollte aus die Christbäume zu schimpsen an fangen; aber er brachte es nicht fertig. »Luß gutt sein, Jungel —- luß gutt sein!« Der traute Vater wars sich im Bett hin und her. »Ich weeß nich, was ich ihm noch sagen sull —- nu heult er mir schun den ganzen Abend a Kupp voll!«' »Sei gut, sei stille,« tröstete Krause immer wieder, aber das Leid saß zu tief in dem Kinderherzen Und er war ein fo niedlicher Ben gel! Kraufe fchwitzte und rückte voo der Ofenbank weg· Der Kranke winkte dem Alten. »Hätt’ ich ock a Bäumel beschaffen kenn — aber grade wie ich eens hol’n wollte, wurd ich krank — a bissel Chriftbaumzeug hatt’ ich fchun vum Markte mitgebracht — ’s liegt tm Schube —« Krause zog den Schuh auf Da lagen bunte Papiertetten, Lich te, Sternchen, Nüsse, Zuckerkringei. »Ich weeß gar nich, daß ich so un gezogen geweft fein foll,« jammerte es von der Ofenbank her, »ich hab’ doch immer gefolgt —-- —- und nu — nischt gekriegt —- nifcht — hu hu hu!« Krause seufzte aus tiefstem Her zensgrund. Eine Stunde später trug Kraufe ein wunderschöne-s Tannenbäumchen den Berg hinab. seltsame Yeilsnachtsseier Noch in den ersten Jahrzehnten des vorigen Jahrhunderts wurde in gewis sen Gegenden von Galizien das Weih nachtsfest aus eine ganz eigentümliche Weise begangen. Man belegte am Christabend den Eßtisch dick mit Heu, zur Erinnerung an die Krippe des Hei lands, und erst über das Heu wurde das Tischtuch gebreitet. Dann kamen aus diese Tafel Fische in allen mög lichen Zubereitungsweisen und die na tionale Weihnachtsspeise, welche »Kut ja« hieß und aus einem Brei bestand, der aus WeizenrnehL Mohn, Milch und Honig bereitet wurde. Wenn die ,,Kutja« auf den Tisch lam, schöpfte der Hausherr einen großen Löffel voll aus der Schüssel heraus und schleu derte den Jnhalt gegen die Stuben decle. Blieb der Brei droben an der Decke hängen, so galt dies als ein gün stiges Vorzeichen für das kommende Jahr. Gewöhnlich blieb denn auch der Breillumpen schon wegen feiner kleb rigen Bestandteile hängen und wurde nun mit aller möglichen Sorgfalt an der Decke zu erhalten gesucht, ebenso sorgfältig, wie man die glückbringw den Schwalbennester an den alten Bauernhäusern zu erhalten sucht. Man kann sich daher leicht vorstellen, wie die Zimmerdecken aussahen. Weihnachten in der csiinderliube Der Onkel (an eine vergoldete NUI zeigend): »Sieh mal, Fritzchm was ist denn das?« — Frischem »Ei schmutziger its-ingen« P »Kurtchen, warum ißt du denn deine Kuchen nicht?« — ,»,Heb’ ich mir auf bis nach den Weihnachtsi ferien, jetzt hat es ja doch keinen Zweck tranl zu werden-W III si· It ,,Groszpapa, hast du gute Zähnef — ,«,Leider nicht!«« —- ,,So, dans hebe mir doch bitte meine Nüsse aus.· Il- si ,,Mama, wir werden zu den Feier tagen schlechtes Wetter belommen.« --- »,.So? Weshalb denn?«« — »Ja, das Barometer ist gefallen.«—— ,»,Nun, wo her weißt du denn das?«« —- »Ich hnb’ es eben hinuntergetvorfen.« -.-———.-.-—.« — Weihnachten Wieder sliesst der Liebe Bronnen, Glänzt das große Fest des Lichts, In der Liebe Strahlen sonnen Wir uns- selgen Angesichts. Wie ein lieblich Hiinmelswnnder Kehrt sie sieghast bei uns ein Leid und Streit, sie geben unter Nur die Liebe herrscht allein· Lichtnmtvobne goldne Tage Steigen ans im Zauberschein, Es erwacht gleich ferner Sage Ein Crinnern hold und rein. Und die alten Kinderlicder Tönen unterm Weibnachtsbaum, Bringen süß vertraut uns wieder Unsrer Jugend selgen Traum. Jn dem Licht der Weibnachtelerzen Gliiht der ewgen Liebe Licht, Frieden gießt es in die Herzen. O verschließet sie ihm nichtl