Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, November 22, 1912, Zweiter Theil, Image 10

Below is the OCR text representation for this newspapers page. It is also available as plain text as well as XML.

    per Tag der ver
gestreng.
du Jst-I
(6. Fortsetzung) I
Das vertraurnekwerkende Wesen des d
Zungen Mannes, sein ossener Frei-;
mut ließen keinen Zweifel an der
Reinheit seiner Absichten auswmmmi
»Ich hin Ihnen sehr verhindean
erwiderte Dalton kurz; »aber wie
Sie sehen haucht meine Tochter sei-»
nen Beschützer mehr. Hier kann sie
seine Besuche empfangen, ich empfehle
mich Ihnen daher besiean .
Stanhape verheugte sich und griff(
nach seinem Dut. »Entschuldigen Siez
mich, bitte, bei Fräulein Evans —s
Verzeihung« siammelte er ertönan
.unter diesem Namen kannte ich sie
in Bah Ridge.« s
.Es isi ver Name, der ihr gebührtxs
vergessen Sie, daß sie je einen anderns
getragen hat. Sie gehört einem hö-(
hem Gesellschastskreise an und des-;
halb wünsche ich, daß sie sich Daltons
nennt, so lange wir hier unserni
Wohnsitz ausschlagen." (
»Mir mich with sie immer Frau-;
sein Evans bleiben,« rief Stanhope. s
Der alte Mann ging unruhig hin
nnd her.
· Ich habe Sie nicht nach Jhrem
Namen gefragt,« sagte er, »weil die
Monats-hast aus keine Weise fort
ekt werden kann; hoch möchte ich
ie bitten, falls Sie in hiesiger
Stadt wohnen und der Zufall Sie
noch Tinmai mit meiner Tochter zu
sammensiihren sollte, derselben als
ein Fremder gegenüber zu treien.«
höchlich betroffen über diese Zu-.
mit-eng zauderte Stanhope, eine
1
snttvort zu geben. War es denn
nicht überhaupt am besten, wenn er
Muth nie wiedersah? Sie durften
einander nicht angehören; fein Le-:
hensgliick war zerstört, aber auch ihr!
innerer Friede schien gefährdet —;
das hatte ihnt die kurze Zeit ihresj
sefatntnenfeins deutlich gezeigt. Jn;
einer Trennung auf NimmerwiederzH
ehen lag fiik fie das einzige Heil.(
r er waste nicht, das furchtbarel
Wort auszusprechen-und ohne Ab-’
schied von ihr zu gehen.
·Jch will tun, was Sie verlan
gen.« fagte er endlich, dem Alten«
der bebend vor ihm stand, feft inz!
Auge blickend, »nur gestatten Sie mir
zuvor, Fräulein Evans mitzuteilen,
daß nicht mein Wunsch, fondern ih
res Vaters Wille mich zwingt, ihr auf
ewig Lebewohl zu fagen.«
»Deffen bedarf es nicht,« rief Dat
ton, »ich selbst —« er hielt erfchreckts
inne. Die Zimmertiir öffnete fich?
und mit dem Freudenruf: »Mein Va-;
ter,« kam Marh hereingeftiirzt und«
lag an des Alten Brust.
Stanhope warf noch einen weh-»
mittigen 7 litt auf das geliebte Mäd-;
gen: »Ich sehe, Sie bedürfen meinerz
ienste nicht länger, Fräulein’
Evans,« fagte er in gepreßtem Tan.
»Wenn ich fort bin, fragen Sie Ih
ren Vater, warum ich fest fo plötz
lich fcheide und weshalb wir uns
fortan nur begegnen dürfen, als hät
ten wir uns nie gelannt.«
Er war im Begriff sich zu ent
fernen ,als ein halb zorniger halb
angstvoller Ausruf Daltons ihn auf
der Schwelle zurückhielt
»Ja die Zeitung eingeriickti Un
glückliche, was haft du getan! Wie
lautete die An ige, sprich —- fage
fie mir Wort «r Wort.«
Sie vermochte vor Schrecken keinen
Laut herkorzubringem
«
»New, orangle er, »W- Span
nung bringt mich um. Welchen Na
men hast du genannt —- Dalton oder
Evans?«
»Dnlton, Dnlton,« stammelte sie.j
»Ich wußte nicht, daß ich unrecht
tot; ich fürchtete, es sei dir ein Leid
geschehen —- o, steh mich nicht so anl
»Sage mir den Wortlaut der An
Ieige —- daH ist alles, was ich wissen
will. « i
Sie schaute verwirrt und mile
um sich, das Gedächtnis schien ihr zui
versagen; da begegnete f e Stnnhopeg
mitleidsvollem Blick.
»Frage ihn-« slehte sie, »e: muß die
Inseige gelesen habe-if !
Rasch zog Stanhope dns Zwangs
biatt aus der Tasche, welches den be
wußten Aufruf enthielt
Daltons Zgrn wnr verflogem erj
las die Zeilen ohne sichtliche Beine-?
ung, nur als er die Narbe erwähnt
nd, sah ihn Stanhvpe die Linie
Mich krampfhoit schließen
»Es ist nicht so schlimm, als ich
bestes beruhigte er seine ängstlich
jeher-de Tochter. »,Sage mein Kind-,
Epi sich niemand nach mir erkundigt
Mend meiner Abwesenheiit hast
ärsesnchgedcbåg ch Es
bespang m i n
spat der Augenblick ge
sel zu lo
»Ist-»F
md ch r m nn
M KI- hct Mutter-me
W Benehmen
; »Wir-in war dass« stöhnte er; «doch
nicht heuiei«
- »Nein, schon vor einigen Tage-M
erwiderte die Tochter rasch. »Aber
gestern war er wieder hier im hause,
ich sah ihn die Treppe hinausgehen,
ich glaube er hat ein Zimmer im
oberen Stock gemietet.«
Eine toahnsinnige Angst bemächtig
te ii des alten Mannes. »Warum
hast u das nicht gleich gesagt!« rief
er. ,Weis;t du nicht, daß er mein
Feind ists Zehn kostbare Minuten
sind verloren, in denen ich hätte han
deln tönnen.« Jest siel sei Blick aus
Stanhope, dessen Gegenwart er ganz
vergessen zu haben schien. »Sie müs
sen entschuldigen.« stammelte er,«ader
ich habe allen Grund jenen Mann zu
fürchten -- glauben Sie, daß mich
jemand hat ins haut kommen hö
ren?« ·
»Die Brauns vielleicht,« erwi
derte Stanhope, .ihre Zimmertiir
steht ossen nnd wir haben nicht all
zuleise gesprochen.«
»Man muß den Brauns Geld ge
ben, sie sind bestechlich. hier sind
siinf Domm, zehn, zwanzig — nur
damit sie schweigen. —- Sie aber,
mein her-, sagten Sie nicht« Sie
wollten meine Tochter an einen siche
ren Ort dringeni Das ist ein guter
Gedanke, ich weise ihn nicht zurück.
Können Sie den Plan nicht ausfüh
ren, so soll meine Tochter rasch zu
sammenpacken wag sie braucht. denn
sie darf seine Nacht mehr hierbleiben
und ich auch nicht.«
Die plötzliche Wendung der Dinge
überraschte Stanhope so sehr, daß er
teines Wortes mächtig war. Er der
deugte sich stumm zum Zeichen seiner
Einmtlligung . A
»Wir werden Sie nicht lange war
ten lassen,« rief der Alte, »bleiben
Sie unterdessen als Wächter hier, in
fünf Minuten sind wir wieder bei
Jhneet.« Er schritt mit der Tochter
auf das hinterzinimer zu.
»Alten« rief Stanhope, aus sei
ner Erstarrung erwachend, »wir
brauchen einen Wagen, Fräulein
Evani Koffer muß fortgeschafft
werden.«
»Ich will für alles sorgen," er
widerte der Alte, »nur bleiben Sie
—- erwarten Sie uns hier.'«
Mary warf Stanhope noch einen
freudeftrahlenden Blick zu, dann
verschwand sie mit ihrem Vater im
Nebenzirnmer.
Schon inc nüchften Augenblick kam
der Alte jedoch zurück; fchritt rafch
auf die Kiste zu, welche den ver
borgenen Schuh enthielt, beugte sich
nieder, warf die Kleider heraus und
verließ gleich darauf ohne Wort
und Gruß das Zimmer wieder,einen
kleinen Reisesack is der hand.
Ver-mittelst einer sinnreichen Bor
richtung hatte sich das Stück Zeug
auf dem Boden der Kifte durch einen
einzigen Griff in einen Geldsack ver
wandelt. «.
Stanhope befand fich in einer
schwierigen Lage. Solange er das
Mädchen allein und schadlos wußte,
war ei seine Pflicht gewesen« ihr zur
Seite zu stehen. Doch nun ihr na
türlicher Beschützer zurückgekehrt war,
lagen die Sachen ganz anders. Daß
Herr Eva-is ihm die Tochter anver
trauen wollte, ohne auch nur nach sei
nemRamen zu fragen, mußte ihm zum
mindesten befreundlich erscheinen, es
warf ein noch abenteuerlicheres Licht
auf den Vater, der seiner Tochter
Wohlfahrt unb Glück so rücksichtslot
aufs Spiel sente.
Von solchen und aynltchen Gedan
ken beunruhigt, bemertte Stanhope
nicht« wie die Zeit verfloß. Endlich
dauerte ihn: das Warten doch zu lan
ge; er zog seine Uhr heraus und
horchte. Jm Nebenzirnmer war alles
still, nicht einmal Marys leichter Tritt
ließ sich vernehmen. Er beschloß, die
Uhr in der Hand, noch süns Minu
ten zu warten· Bald jedoch bezwang
er seine ilngeduld nicht länger; er
eilte nach der Tür und klopfte, —
als teine Antwort erfolgte, trat er
ein.
Das Zimmer war leer, die Tür
am andern Ende stand ossen; fee
siihrte in den hauögang und von
da durch ein hinterpiörtchen aus die
Straße. Stanhope erkannte aus der
Stelle, daß er nicht weiter su
chen brauche. Vater und åuochter
waren entflohenz wahrscheinlich wiiri
de er das geliebte Mädchen niemals
wiedersehen — der Traum seines
Lebens war vorüber. —
Stanhope war im Begriff, den
Ort zu verlassen; aber da lag ja
noch aus dem Tisch das Geld, wel
ches Dalton dorthin geworsen hatte
Es war bestimmt, die Brauns zum
Seht-bei en zu bewegen Was wür
den e von der plösliches
lucht jener beiden denken, die
o unmittelbar aus die unerwar
tete Rlicktehr des Vaters gefolgt warf
—- Der junge Mann hielt es· stir
seine Pflicht, zu einer Verstär
nrit den hansmeistergleuten zu one
nren, obgleich ihm diese Ausgabe höch
lich Ovid-der war
Der alte Shuhilicker, ein roeiszhaas
USE- miirrischer Mann, saß in sei
ner Altes der Arbeit ohne bei
bei Eintritt auch nur aus
. Desto bereitwilliger ging
geschmäsige Frau aus alles
gis-as von ihr verlangt wurde. Ve
seiss sie nachdtn Basan
dideesprach reinen Bunds-da
Idee-here- Daltond
.. Z "
—:s
zins sür das nächste Biertelkahr vor
ausdezadlt habe; sie werde das Zim
men verschließen. und möchten die
herrschasten zurucklommen oder nicht
sie würden ihr Hab und Gut stets
sinden wie sie et verlassen hätten;
der junge Herr solle nur ganz ohne
Sorge sein.
»Noch eins,'« ries Stanhope, ihren
Redeschwall unterhrechendt »Vin- im
Hause wohnt ein Mann, den ich spor
chen muß. Jch lann mich nicht aus
seinen Namen besinnen; er isi groß
und dreitschulterig und hat ein Ge
sicht voll Blatternardenk
Der Schuhslicker war ausgestan
den und öffnete schon den Mund sum
T,prrchen ader seine Frau lam ihm
zuvor
«Ein solcher Mensch wohnt hier
nicht,« ries sie schnell.
»Daß er vor einigen Tagen hier
gewesen ist, weiß ich,« entgegnete
Starrhope. .Er hat im obern Stock
ein Zimmer bewohnt.«
B'ewahre. ries die Frau, »nur
angesehen hat er's. aber nicht gemie
tet. Er sagte es sei zu unsauder
und ging werden«
»Wie heißt der Manni«
«Glaul)en Sie, daß ich jeden, der
meine Zimmer ansieht, nach seinem
Namen srag ef«
.Jch habeg eine Schuld an ihn zu
zahlen,« suhr Stanhove fort, »wenn
« setvieder lommen sollte —- —«
»Die Zimmer waren ihm ja nicht
sauber genug, da wird er sich schwer
lich noch einmal blicken lassen.«
Bei diesen Worten schaute ihn
die Alte mit einem Blick voll so iihers
iegener Schlauheit an, daß Stau
hope einsah, er wiirde ihr nichts ent
locken. was sie entschlossen war, zu
verschweigen. Nachdem er Frau
Braun nochmals eingeschsiirst hatte,siie
das Eigentum der Daltons Sorge
zu tragen da es sichera ehoit wer-»
den wiirde wenn die Bei wer nicht
zurückkehrten, verließ er das Haus.
in welchem er« innerhalb weniger
Stunden soviel Unerwartetes erlebt
hatte
Demes sys.
Herzen-kämpfe.
Vierzehntee Kapitel.
Eine Ueberraschung
Es giebt Ereignisse, welche so ties
in unser Leben eingreisen« daß wir
fühlen, bie Zukunft, wie sie sich auch
gestalten möge, könne zu unserer Ver
gangenheit in keinerlei Beziehung
mehr stehen. An einem solchen Le
bensabschniti war Stanhope jeht an
gekommen. Während er durch die
nächtlichen Straßen seinem use zu
fuhr, sehnte er sich, so s nell wie
möglich aus dem Lärm und Gewühl
in die Ruhe und Stille seiner eige
nen Gemächer zu gelangen. Gleich
am nächsten Morgen wollte er si
dann in die Arbeit stiirzen und dur
rastlose Tätigkeit zu vergessen suchen
was ihm noch vor kurzem als das
höchste Glück aus Erden erschienen
war.
Der Traum war ausgetriiurntx
nun galt es eine Entscheidung u
tressen, welchem Beruf er seine Kräfte
zuwenden wollte; Vielleicht wiirde
er am besten tun, die politische Laus
bahn zu wählen, wie sie sein Vater
in den legten Jahren mit so roßetn
Erfolg betreten hatte. Die Liege aber
wollte er aus seinem herzen bannen,
nebst allen weichen Gefühlen, die der
geäsenung stets neue Nahrung zu
n
unter formen uno ayntrazen we
danten erreichte er endlich das Ziel
feiner Fahrt. Völli ermüdet von
den mancherlei Eindrücke-( und Auf
regungen des Tages, fant er bald in
feften Schlummer, der ihm Stärkung
und Erquickung brachte.
Als er am nächsten Morgen das
Frühftiiaszimrner betrat, begrüßte ihn
Frau White mit fa freudigem Aus
druck, da er sieh erstaunt fragte, was
das zu deuten haben lönnez denn
jede Luft lag seinem bergen fern. Sie
wandte nun den Blick nach dem Fen
fter hin und als Stanhopes Auge
dem ihrigen unwillkürlich folgte, fah
er dort eine blonde, junge Dame fie
ften mit traufem haar und liebli
chen iigen, bei deren Anblick ihm
alles lut zum Herzen ftrömir.
»Meine neue Gefellfchafterin,«
sagte-Flora und fügte dann, der
Fremden nässee tretend, freundlich
hinzu: »Er uben Sie mir, Jhs
nen herrn White vorzustellen, liebe
Marg. here White, dies ift Fräu
lein Dalton, deren Beianntfehaft ich
meiner Freundin, Frau Delapaine.
berdante.'«
Stanhope traute feinen Augen
taum, er fragte fuh, ob er wache
oder träume; die geftri e Ueberra
fchung war nichts im gleieh zu
diefer wunderbaren Begebenheit Da
ftand das funge Mädchen das er
eben noch unter fo ganz anderen
Verhältnissen Besehen hatte, als
Schüsltng der itwe feines Vaters
in dem reich · ausgeftatteten Gemach
und blickte ihn vertrauensvoll nnd
glitt-sich an, als fei nun aller Mun
arer zu Ende.
Um feine Verwirrung und se
rgung zu verbergen, verneigte u
tief-und muri-rette eine Erwide
rung, du«-ersinle ingen feste.
seh, für ihn war viel unerwartete
Utederfehen kein O sa, nur eine«
W des tW inneren
W, Hugaesseiensmutj
Die halbe Stunde, welche sie bei
der Mahlzeit zrebrachten, diintte ihm
eine Ewigtein Er selbst sprach we
nig und höxie nur wie irn Traum
dem Geplander der beiden Damen
u. welche wie zwei vöilig gleichstei
hende Gefahrrinnen traulich mit
einander verkehrten. Ihm gegeniiber
zeigte sich Mary weder schüchtern
noch befangen und doch schien auch sie
sich an Daltons Worte zu erinnern,
daß sie, wenn das Schicksal sie je
wieder zusammen siihrte, einander
als Freunde begegnen sollten. Aus
seine höfliche Frage, ab sie immer
hier am Orte gewohnt habe. erwi
derte sie leicht errötend. aber mit un
gezwungener Offenheit, sie habe meist
i.. Philadrlphia gelebt. Erst dar
einigen Monaten sei sie mit ihrem
Vater nach New York gezogen, je
doch in eine weit weniger angenehme
Gegend der Stadt. als diese.
Jhre natürliche Anmut und die
leichte sichere Art und Weise. mit
der sie sich den neuen Verhältnissen
anpaßte, erhöhten noch Stanhopes
Verwunderung Woher nahm sie
diese Kenntnis der Welt und ihrer
Umgangssarmeni hatte ihr Vater
recht gehabt mit seiner Behauptung,
se sei silr hiihere Kreise bestimmte
Jbre Anwesenheit hier im hause,
Frau Whites Verkehr mit ihr wie
mit einer Standesgenossin, das al
les tannte unmöglich ein Spiel des
Zufalls sein. Thomas Dalton hatte
es zuwege gebracht, aber wie —- das
blieb —- fiir Stanhope ein Rätsel.
.Wie dankbar hin ich der guten
.Delapaine," rief Frau White mit
ssichtbarer Freude, «erst neulich sprach
Hich mit ihr davon. daß ich eine
iSchwester, oder wenigstens eine Ge
sährtin haben möchte zum Trost in
meiner Einsamkeit Sie sagte, sie
»wisse eine junge Dame« die wie fiir
mich geschossen sei, und nun hat sie
gir dies liebe Mädchen hier geschickt.
rst gestern abend ist Fräulein Dals
ton angetan.men und schon weiß ich,
sdaß ich mir teine bessere Freundin
r iizischen tönnte."
iyioras soua ruhte oei oieien Wor
ten mit aufrichtiger Bewunderung
auf Mart-; sie ahnte nicht, roie selt
sam die Schicksalsfiigung war, wel
che gerade diese drei Menschen hier«
zusammenbrachta
» Um dem Diener einen Befehl su
»geben« trat Frau White einen "·lu
igenbliet in das Nebenzimmerz auch
jStanhope war ausgestanden; er griff
leben nach der Morgenzeitung als er
sdicht neben sich Marys Stimme oers"
nahm. ,
»Mein Vater hat mich hierher ge
hraeht,« sagte sie in leisem aber fe
Istem Ton. .Mir ist es gerade so
Innoerstiindlich wie Ihnen. Ich soll
JFrau White Gesellschaft leisten, mit
ihr aussahren, ihr vorlesen. Ver
-raten Sie mich nicht« um- meines
Vaters willen.«
Die Worte hatte sie sich wohl vor
hin überlegt, als sie bei Tische sa
ßen, aber die sichtbare Bewegung,
mit der sie die Bitte vorbrachte, ihr
liebliches Erröten war der unmittel
bare Ausdruck ihres Gefühls.
Einen Moment noch ruhten Stan
hopes Augen mit Wonne auf dem
goldschimmernden haar und den e
liebten Zügen; dann verheugte et ch
ehrfurchtsvoll und ohne den gering
sien Anschein geheimen Einverständ
nisses. Er legte die Zeitung hin,
bat, Mart) möge ihn bei Frau White
entschuldigen. da seine Geschäfte ihn
ahriefen und verließ das Zimmer mit
freundlichem Gruß.
Die hand auf ihr tlopfendes Vers
gedrückt, blickte ihm das junge Mäd
chen nach. Fiir sie war dieses Wieder
sehen ohne Bitterkeit. das las man
in ihren glückstrahlenden Mienen
Fünfzehntes Kapitel.
M Ei n n e r a r t.
Mit dem festen Entschlus, feinen
Koffer zu packen, um sofort nach
»Washington abzureisem hatte sich
iStanhope auf sein Zimmer begeben
Ists er dort jedoch die inzwischen ein
sgelaufenen Briefe durchzusehen be
nn, erkannte er bald, daß er sein
orhohen fürs erste aufgeben müsse
Er bedurfte noch geraume Zeit, um
die Geschäfte seines rerftorbenen Va
ters zu ordnen, und dieser Pflicht
tonnte er sich nicht entziehen.
Jm Laufe des Tages erfuhr er,
ohne besonders danach zu fragen,
noch manche Einzelheit über Marys
Anlunft int Hause. Ein Wagen
hatte sie gebracht und zwar nur we
nige Minuten vor seiner eigenen
Rückkehr. Sie mußte also unverzüg
lich vom MarthamiPlah dorthin ge
fahren sein Ihren Koffer hatte sie
nicht bei fich; derselbe tam bald nach
dem Frühstück mit dern Patettoagen,
er-war ganz neu und gar nicht
schwer; davon konnte sich Stanhope
selbst überzeugen. lion ihrem Vater
tra keinerlei Botschaft ein.
en Mittag ging Stanhopein
Ges ften aus nd als um sechs Uhr
die Essensfiunde annahte, begab er
sich in das Klubhaus, wo er den
Abend schreibend « nnd lesenb ver
brachte. Ei kostete ihm teine geringe
Uebertoindung der Statte fern zu
Ibleibern nach der ihn seines present
langenzog, aber das ture Zu
immer-fein mit Mach acn orgen
tie ihn dariiber belehrt, daß er
nun hoffen durfte, in dein Kam
u bleiben, Denn er ihre
iehnngen Wiss In ser:
i
gessen trachtete und die Gegenwart
des geliebten Mädchens mied, soviel
dies unter den schwierigen Verhält
nissen tunlich war.
Dieser erfie Abend war nur An
fang einer langen und miihfeiigen
Selbstiiberwindung. Gern wäre er
der Versuchung entflohen und hätte
das haus verlassen. in dem er sich
gezwungen fah, den beiden Damen
täglich mindestens einmal zu begeg
nen. aber die Pflicht bannte ihn un
erbittiich an des Vaters Schreibpult.
Mit Many allein zu sein vermied er
aufs Aeußerfte, und Flora, welche
wußte, in wie seltsamer Lage er sich
der ganzen Frauenwelt gegenüber be
fand, mußte es fa begreiflich finden,
wenn er ihre Gesellschaft nicht vor
zugsweise aufsuchte.
Trohdem er sich aber fa geflissent
lich zurückzog. war es ihm nicht ent
gangen, wie schnell Marh heimisch
geworden war in dem Reichtum und
Luxus ihrer neuen Umgebung, ohne
doch dabei etwas von ihrer-Einfach
heit und Raiiirlichleit zu verlieren
Jn Zieras Nähe erschien ihr Wesen
noch anziehender als sonst. Die bei
den waren fast unzertrennlich man
sah sie ftets beisammen und die junge
Witwe fand in .der frischen. noch
unberührten Seele und dem feingebils
deten Geist ihrer liebenswürdigen
Gefährtin einen Reiz und Genuß,
wie ihn kein früherer Umgang je filr
sie aehabi hatte- -
Daß Flora«und Mach die Zurück
haltung Steinhoves schmerzlich em
psanden, konnte dem jungen Mann
nicht verborgen bleiben-. In Floras
Augen war er entschuldigt, aber wie
sollte sich Marv sein seltsames Be
nehmen erlliireni Die Wochen ver
gingen und mit Besorgnis nahm
Stanhope in Marys Wesen eine stei
gende Unruhe wahr, ihr Yrohsinn
schwand und ihr Blick war trübe.
Der Gedanke, daß er, ohne es zu
wollen,’ dem armen Kinde vielleicht
Kummer bereite, kchmerzte ihn ties
und er sann aus Mittel und Wege,
sie. ohne ihr Zartgesiihl zu verletzen,
wissen zu lassen, weshalb es nicht
mehr in seiner Macht stehe, iiber seine
eigene Zulunst zu bestimmen
Jm Begriss auszugehen tras er
eines Tages mit Flora, die aus der
Stadt zurücklehrte, in der Vorhalle
zusammen.
»Wie sreue ich mich, Stanhove,«
ries die junge Witwe les-hast« »Sie
seinen Augenblick allein zu sehen. Sie
Ehe-tiefen sich vpch allzusehr in di
IArheit und entziehen uns Jhre Ge
sellschaft ganz und gar. Fräulein
Dalton must sich wirklich darilher
ywunderm daß Sie auch nicht einen
stllhend sdaheirn zubringen. Wenn Sie
Lieben freundschaftliche-i Verkehr mit
uns Frauen meiden. müssen wir in
Ist-when Sie seien ein Weihe-feind
!geworden.«
! Flora wur. während sie dies sprach,
jin das Wohnzimmer getreten, wohin
iihr Stanhope mechanisch folgte.
! »Meine Zeit ist ietzt so, sehr von an
Ideren Dingen in Anspruch genom
Jmen, daß ich einstweilen aus die
sFreuden der Geselligleit verzichten
smuß,« sagte er. »Sie diirsen mir
Jdas nicht als Unhöflichleit auslegen.
Fräulein Dalton wird es gewiss nicht
tun; denn in ihrer Stellung kann sie
.wohl keine besonderen Ansprüche er
? hehen.«
» »Jn ihrer Stellung? Glauben Sie
etwa, ich betrachte dies liebreizende
junge Mädchen wie eine bezahlte Ge
sellschasteein? Sie ist mir eine liebe
Freundin nnd der Umgang mit ihr
mein größtes Vergnügen Wundert
Sie das etwai«
i O nein,' entgegnete Sianhope —
»ich finde das sehr natürlich· Fräu
eine höchst anziehende
)Crscheinung.« Er sprach in einem
Ton, der seine niedergeschlagene
Stimmung deutlicher verriet, als er
selber wußte
Die jungeu Witwe sah ihn betrof
fen an. E Weile schwieg sie und
fuhr dann mit völlig veröndertem
Wesen fort:
»Ich habe imme- gehofft, Sie wiiks
den mir eine Mitteilung machen,« —
sie stockte —- »haben Sie noch leine
Spur des jungen Mädchens gefun
den, welch-« Sie —-« der Sah blieb
unvollendet, die Worte wollten ihr
nicht iiber die Lippen.
»Fragen Sie mich nicht,« tief er
heftig bewegt. »Ich bin gezwungen,
das Gefühl aus meiner Seele zu
reißen, und jede Hindeutung auf das,
was ich fiir immer vergessen muß,
macht mir den Kampf noch schweren«
Flora schrai unwilliiirlich zurück;
aus einen solchen Ausbruch war sie
nicht vorbereitet Sie wars einen
trosilosen Blick um sich her; wie öde
und weetlod erschien ihr in diesem
Moment W Leben, die Welt, die
Pracht und der Luxus, der sie umgab
und um dessen Bksii sie iioch vor we
nigen Monaten ihr eigenes Selbst
verhandelt hatte
klierzeihen Sie,« stammelte sie end
lich, «daß ich hnen wehe getan -
be. Es soll n mehr geschehen. ch
sprach nur aus Freundschaft«
»Und ich sprach aus der Tiefe mei
ner beliimmerten Seele. Vergehen Sie
mir meine Ungeduld. Viel lieber will
ich selber leiden, als iemand iriindw
der ägitttg und edel ist wie Sie.«
« I Lob verdiene ich nicht,« rtes
sie beschämt und dennoch beglückt,
»aber ich will versuchen —«
wurden sie von seit-weiter
brechen, der eine Botschaft auszu
richten hatte. Flora benutzte gern die
Gelegenheit urn der llnterredung ern
Ende zu machen. welche in ihrem
setzen wieder Gefühle wach gerufM
hatte, die,sie siir immer erstickt zu
haben glaubte. Sie folgte dem Pie
ner ins Varzirnnrer und bald hörte
Stanbope sie die Treppe hinausstei
gen. Er seufzte tief auf und wollte
ich eben entfernen; da fah er in der
unkelsten Ecke des Gemacht eine
schlanke Gestalt sich von dem bald
verborgenen Divan erbeben und vor
ihm stand mit dleichem Gesicht das
geliebte Mädchen, welches fort und
fort alle seine Gedanken beberrschte.
Der Anblick übermältigie ihn
.Mary!'« rief erJn namenloser Ue
berraschung.
»Ich hatte Jhre Worte gehört,«
sagte sie leise. »Es war nicht meine
Schuld; dann aber schämte ich mich
aufzustehen und das Zimmer zu ver
lassen.«
Er fiibite. daß der entscheidende
Augenblick seines Lebens ekommen
war. aWenn Sie alles ge Zrt ha
ben,« entgegnete er, »so wissen Sie
auch, daß-ich einen tiefen, unheilbas
ren Gram im herzen trage. Das
Gefühl, von dem ich sagte, ich rniisse
es aus meiner Seele reißen, ist nichts
anderes als meine Liebe zu Ihnen,
Mary.«
Ein Ausruf der Verwunderung
entrangsich ihren behenden Lippen.
»Diese Liebe ist mein Verhängnis
und meine Seligkeit, sie stiirzt mich
in Verzweiflung und bringt mir un
sagbaren Schmer fuhr er fort, ohne
seine Leioenschaft, die er bisher mit
starkem Willen geziigelt hatte, noch
länger zurückzuhalten »Von dern er
sten Augenblick an, da ich Sie sah,
liebte ich Sie mit aller Glut meines
Herzens. Aber ein grausamez Schick
sal versagt mir die Freuden des Ehe
ttandes. Sie mein zu nennen, wäre
mein böchiies Glück, dennoch —«
.Jch bin nicht wert, Jer- Gattin
zu fein,« lüsterte sie in schmerzlicher
lBewegung.
) Sie so gehemiitigt zu sehen. ver
j mochte er nicht zu ertragen. Er griff
tihre Hand und beteuerte, daß-sie sitt
)ihn stets die herrlichste Blume ihres
sGeschleehtS sein würde
» »Aber weshalb —« begann sie, uns
sitgte dann wie erschreckt iiber ihre
Jeigene Kühnheit leise hinzu: .irh
zweis; —- rnein Unter ,nicht wahr-F
J Er schwieg einen Augenblick. Jo.
ishr Vater hätte vielleicht tm Wege
Jgestnndem wenn sonst kein Vindernis
Irdrhqnden gewesen wäre. Aber ieht
Zwar er nicht der Stein des Anstoßes.
l »Nicht Jhr Vater —- sonhern der
! meinige.« sagte erendlirh seuszeno
i Sie blickte mit ttiiben Augen ver
qundert zu ihm empor.
I »Er ist Fa tot.»«
; Wie konnte er es ihr erlliirenf
EWelrhe Worte sollte er wählen? —
zSie tain ihm jedoch zuvor-.
»Ich verstehe,« sagte sie rnit edlem
:Stolg: »Snmuel Whites Sohn vors
teine Tochter von duntler Hertunkt
zum Weibe nehmen. —- Leben Se
’ wohlxssetr White!«
, Er hielr ihre hnnd selt. Nein,«
sngte er stehend, »verlassen Sie mich
nicht« bis ich Jhnen erklärt hobe,
warum ich meinem herze-r nicht sol
gen dars. Mein Vater hat, ehe er
starb, sür mich hie Waht getrostern
Er tat es ohne mein Wissen, aber ich
innn in einer so wichtigen Angelegen
heit nicht seinen Wünschen zuwider
handeln. Wenn ich se in die Ehe
trete, so rniiiste ich ein Mädchen hei
rnten, das ich bis heute nie gesehen
hobe. Jch werde anvermählt blei
ben. —- Nieht wahr. Sie begreisen
jetzt mein Verhalten Ihnen gegen
über. liebe Mathi« «
Statt der Antwort schiittelte sie
nur das haupt, starr und unnahbar
stand sie vor ihm, höchstens-konnte et
in dem welchen Glanz ihrer Augen
eine Spur der Teilnahme an seinem
Kummer lesen. Ein bitterer Sens
zer entrang sich seiner Brust; er
beugte sich ties iiber ihre kalte Band.
»Sie wislen nicht« was mein Vater
rnir gewesen ist,« sagte er, »sonst
wllrden Sie verstehen, daß ich sei
nem Wunsche gehorchen muß.«
»Ich dirs hier nicht länger blei
ben.« war ihre einzige Emiderung.
Seine Erklärung war ihr unver
ständlich, das erkannte er wohl.
«,.Nicht meines Vaters Reichtum bin
»det mich,« stammelte er verwirrt.
,Wiire er arm gewesen« ich würde
ihm ebenso unbedingten Gehorsam
geleistet haben. Es lagen Gründe
vor —« Aber von diesen lonnte er
’nicht zu ihr reden. Sie hatte seinen
"abgerissenen Worten mit gesenktem
Haupte zugehöri; seht entzog sie ihm
leise ihre hand.
.EI ist sehr giitig von Ihnen,
mir noch weiteren Ausschluß geben
zu wollen« murmelte , .aber mir
genii t die eine Taisa , welche Sie
uer erwähnten. Sie gehören einer
nderen on. O, warum muß ich
das erst Fest ersahren!«
Länger vermochte sie ihr Geiiihl
nicht u beherrschen. Sie preßte bei
de nde aus ihre wogende Brust,
rohe Tränen Monden ihr in den
ugen und slo en langsam über ihre
Wangen. Von Leidenschaft liber
mannt schloß Stanhope sie in die
Arme.
»Du liebst mich,« ries er, »du lei
dest Scheuer-en gleich mir. ostw
ry, Macht« -
- »» erster-wis- Hei-r
—
N