W In ..gäusüeu". san-rette von O. P .Schnell! Schnell! Schadeh komm mal ins Schlaszimmer7 dort ist ein Waschenk Mit diesen hastig hervor gesprudelten Worten stürzte, glim rot vor Aufregung, die schwarzen Locken noch durch keine Tagessrisur gebändigt, Frau Dr. Liselott Froh koein in daz herrenzimmer, in dem ihr Gatte vor seinem morgendliehen Besuchsaang zu den Patienten bei ei ner dustenden havanna die Frühzei tung las. Ja aller Gemütsruhe legte der Ueherfallene das Blatt aus den; eiehenen Empireschreibtisch, der mits einer reichhaltigen Sammlung von Photographien der Frau Liselott in ihren verschiedenen Lebensjahren ge schmückt war. Der herr Doktor war nämlich als tüchtiger Arzt auch ein guter Men schenkenner. Er wußte daher, daß surBesichtigung des ungeladen im ehe lichen Schlasgemach weilenden Gastes keine dringende Eile erforderlich war. denn in diesem Falle hätte die Ehe liebste mindestecm dreimal ihr «Sehnell« ertönen lassen! Immerhin interessierte er als »kin derlos Verheirateter« sich fiir die uner wartete Vergrößerung seines Fami kienstandes und folgte seinem inzwi schen schon wieder in das Schlaszim mer gehuschten Frauchen. «Tschiep hat er eben gerufen!« meinte diese und sah den Eintreten den erwartungsvoll an. «Stumm ist er also nicht,« kon statierte Dr. Irohtvein im stillen vol ler Genugtuung, während es ihm klar wurde. daß »Hänschen« ein verirrteå Vögelchen sein müsse. »Wo sitzt er dennk fragte er nähertretend. «DC, dal« Jn der Tat. Hoch oben an dem Borhange des linken Fensters klam merten sich ein Paar Vogelbeine ängstlich an. Und im Schatten der Gardinenstange bewegte sich ein dunk les Augenpaar unruhig hin und her. «Tschiep hat er gerufen,'« wiederholte Frau Liselott energisch, obgleich ihre erste Mitteilung desselben Inhaltes aus keinerlei Widerspruch gestoßen war. Aber sie sah das spöttische Lit cheln, das in diesem Moment iiber das Gesicht ihres Mannes flog, und auch der Augenschein selber hatte sre bereits vorher darüber belehrt, daß hänschens Wert, wenn er einen sol chen überhaupt besaß, nur im Jn nern, also in seiner Kehle stecken konnte. »So, so! Tschiep hat er gemacht. Es wird doch teine Nachtigall sein? Grau genug sieht er ja aust« Der Doktor fühlte, wie ihn von der Seite ein halb tampseslustiger, halb besichtlicher Blick ob seiner Reckerei tr . »Ach, Nachtigallen werden sich wohl nicht aus unseren Hos verirren!« Wenn seine Gattin diesen belehrenden Ton anschlag, dann war es höchste Zeit einzulentenl Er äußerte also bedauernd: »Ja dumm! Allen möglichen alten Kram haben wir aus dem Boden, aber ein ausrangierter Bogelkäsig ist nicht dabei.« »Erlaube! Erstens haben wirs überhaupt keinen »alten Kram,« unds dann wirst Du doch hänscheu nichts in einen »ausrangierten« Käsig sper ren wollen« »Natürlich nicht,« räumte er als gehorsarner und kluger Ehemann mit allen Zeichen äußerer Zerknirschtheit ein· »Aber ich meinte nur, bis wir ein neues Vogelhaus erstanden haben.« »O ja,« siel sie ihm eisrig ins Wort, »an Ausnahmetagen habe ich in den Warenhäusern so reizende ge sehen! Weißt Du, Schatzeh mit ei nem Stönder und zum herausnehmen und an die Wand zu hängen. Die sinde ich so hübsch; aber Du wolltest ja nie einen Vogel im Haus dulden !'« Borwurssvoll sah Frau Liselott bei diesen Worten ihren Mann an, der sieh jedoch mit dem besten Willen nicht erinnern konnte, daß sie jemals den Wunsch nach einem gefiederten Hausfreund geäußert hatte. Nach ei nein Dackel wohl! Ader solches Vieh, das war ihm trog des vorangegange nen ,,ossiziellen" Nachweises seiner Unkenntnis aus ornithologischern Ge biete klar, gehört doch nun und nim mer zur Gattung: Vogel! Umsomehr sie er indessen die Notwendigkeit, . Gedanken, seiner Partnerin wei ter auszuspinnem ---- »Aber lclllcll lllllocll —- Kllslg nämlich —- sondern einen viereckigen. Das erhöht die Behaglichleit des Jn sassen seht. Wie ich ein Junge war, hatte ich einen Goldfisch, und der gedieh erst richtig, als er . .«« ·Ach, ein Vogel ist doch sein Fisch; und vor allem müssen wir hänschen erst haben!« Mit diesen Worten riß die eesolute Dottotsgattin den Faden kurz ah, der die eheliche Gegenwart mit det jugendlichen Vergangenheit ih res Mannes verbinden sollte. —- Es geht doch nichts über die weibliche ielbewußtheitt Aber-richtig war es. ie Nütnhetger hängten bekanntlich keinen. den He nicht hatten, also muß te man auch "nschen erst haben, ehe et in einem net anfgehängt wer den-M teiltch, wie den «Fang' Wiss-I M VII Ich beide der sat «M Why des-it Utstf dh W Leiter steigt nnd ihn sangt,« meinte die Frau Doktor nach einigem Nach denken. Entseht wehrte ihr Mann aber ab. Margarethe, das Mädchen, das erst tnrze seit die heimischen Gefilde Westpreußens verlassen hatte, besaß mancherlei Tugenden, aber behende war sie nicht! Es war deshalb zehn gegen eins zu wetten, daß sich auf der Leiter eine Katastrophe ereignet hät te, an der Mädchen-Leiter und Vor Fhand beteiligt gewesen wären, nur Gänschen nicht! Die Leiter durfte salso aus keinen Fall aus der Muße herausgerissen werden« der sie hinter einem Vorhang im Badezimmer bis zum nächsten häuslichen Reinigungss fefte vflogi Diese Erwägungen gingen unserem »Medizinmanne« blitzschnell durch den Kopf, und er begann diplomatisch: »Ich habe mal von einem Tierbändi ger gehört, man müsse es zuerst in Güte versuchen; ich will ihn sanft ausscheuchen.« »Nicht doch! Das ar me Biehchen soll nicht geängstigt wer den.« Die Stimme Frau Liselotts zitterte förmlich vor Mitleid. Daß Margarethe auf der Leiter hänschen sicherlich mehr erschreckt hätte, als wenn der Herr Doltor mit seinem sympathischen Organ: »Ke, te, ina chen and die Gardine schütteln wür de, erlaubte sich der gerüsfelte «Bar bar« natürlich nur zu denken! — Und schon feste seine Frau ihr Mit leid in die Tat um· Sie llingelt. dem Mädchen. »Margarethe, brins gen Sie aus dem Speisezimmer die Semmel. die der herr iibrig gelassen bat, und eine Untertasse.« Es ge schah· Das Bestehen wurde von zar ter Hand liebevoll zerpflückt und auf das Fensterbrett unter Oiinzcheni Aufenthaltsort gelegt; Margarete goß aus der Karafse auf dem Waschkssch Wasser in die Untertasse und stellte sie daneben. Dann warteten alle drei an die weitere Entwicklung der Din ge. hänbchen aber rührte sich nicht! Nach einer Weile hinauf. «.6iinzchen. komm, totnm!« So lockte sie mehr mal-. Da! Ein entsehter Aufschrei, Frau chen machte einen gewaltigen Sah vorn Fenster fort und schüttelte ihre rechte Schulter, hänschen aber flog —- furr. surr —- zur gegenüberliegens den Wand. »Die Fenster zu!« tommandierte Herr Dr. Frohwein mit Feldherrns stimme. Was war geschehen? Ver lest war das ihm teuer-sie Wesen nicht« das, noch immer Abscheu im Gesicht. sich schüttelte; —- wohl aber hatte das rechte Achselstiick der dufti gen Matinee einen Fleck erhalten. Doch zu Erörterungen war fest teine Zeit; denn der Missetäter flat terte noch immer frei umher, sich mühsam an der Tapetenleiste festhal tend, die dort, wo er war, hoch oben an der Decke — Frohweins wohnten bereits zwei Jahre in der «hochherr schaftlichen Wohnung«! —- ein er tleckliches Stiick abgesprungen war nnd freischwebend in der Luft hing. ,.Schnell, meinen Dut, Margarethe; e: wird gleich herunterfallen.« Und so tam es. Kaum hatte das Mädchen den Dotiorhut gebracht, da gab hänschen schon den Kampf mit der «Tiicke des Objekts« aus und sent te sich matt aus das Parteit. Rasch war der hut iiber ihn geftiilpt und das «Mädchen fiir alles« erhielt ihre Anweisung. Da sie handschuhsNuw mer 10 hatte, so tonntk ihr der Bo gel nicht entwischen, als der Haus herr den improvisierten Käfig vor sichtig an einer Seite lüpftr. »Wir haben ihn!« verkjindete er triumphierend Frau Liselott, die in zwischen, ohne Interesse für die Bor bereitungen zum Vogelfang, im Vor dergrunde des Zimmers ihre Locken zu einem feschen Knoten geschlungen und die Unglücksmatinee mit ihrer Vormittagsbluse vertauscht hatte. »Zeigen Sie ihn mal her,« befahl sie fest im Nähertommen. Margarethe öffnete aein Bischen« ihre Riefenhiinde und —- surr, surr —- flog hönschen wieder, höhnisch tschiepend, zur Deckel Um schließlich hinter dem Ofen, wo es am engften war, einzufallen »Ohen ift er gelb!« so unterbrach die »Gniidige« endlich die Stille der neuen Situation. »Es muß ein Sing vcgel sein; denn ein Spaß wiire viel wilder und hätte sich schon längst das Köpfchen eingerannt. »Was nicht ist« kann noch werden,« knurrte ungeduldig der Ehegemahl, der eigentlich bereits seit einer halben Stunde hätte auf dem Wege der Pflicht sein sollen. aAber wie das Vieh jeyt wieder lriegeni« Denn bät-schen war durch Schaden klug geworden und luschelte sich bei der Amäherung des Mannes noch tiefer in feine Ofenecke. Mit hilfe eines Spaziersiockes wur de er endlich doch aus dem Versteck hervorgejagt. Rasch hupfte er unter das Ehebett, Frau Lifelott ver schwand, ihxn nach, halb darunter, aber schon war er ihr entwischt, in den-« er, .Spuren« seines Weges auf dem spiegelblanlen Parlett zurücklas fend, unter den reitenden Kleider fchsanl geflattert war. Nachdem er biet, sowie Wer dem nächsten Wi, der Spiegelwand des liKth « f u silb eines somit Mem-es —- packten ihn endlich die reichenden Riefenhände des Mädchens wieder. «Drilcken Sie ihn nicht, aber halten Sie fett zu,« ermahnte Frau Dr. Frohwein prompt die häusliche »Ver halterin.« «Wo sperren wir ihn nun ein«-"' fügte sie in einem Atemzuge hinzu. . «Vielleicht bist Du so liebenswiiri dig und fragst oben bei Frau Ober lehrer Reich an.« lautete feine Ant wort. »Oberlehrers hatten meines Wissens früher einen Vogel.« Und also geschah es. Voran die gnädige Frau, hintendrein das Mäd chen mit dein Vogel. zog die weibliche Mannfchaft ab, während der haus herr sich schwach auf den nächsten Stuhl niederfallen ließ. Nicht lange aber dauerte es, dann kamen sie wieder. Er hörte seine unverwüstliche Frau schon vor der Korridortiir lachen. «Denle Dir, Schadeh es war doch nur ein Spatz! Frau Reich lah das sofort. Jch hatte es mir ja auch schon gedacht! Eins Bauer hat sie, aber wozu brauchen wir denn einen Vogel! Margarethe hat das Tier tn den Garten getragen auf den of. Es muß wohl ein junger Spotz l n.« .Die gelben Federn, die Du gese hen haben wolltest, waren demnach ein Jrrtuml« Die Bemerkung konnte er sich doch nicht versagen. «Rur der Jrrtum ist das Leben,« gab sie schlagfertigizurüC — halh ärgerlich, halb lachend stan den beide nunmehr vor den Trümmern des Waschtilchspiegels und betrachte ten lopflchiittelnd die Vogelspuren auf dein Parteit. Von unten aber schallte es frech und ftöhlich herauf: .Tschiep- Tschkth Its altes seis. Die Vorsteher einer milden An stalt in Potgdam hatten, um ihr zu einigem Vermögen zu helfen, einen besondern Text drucken lassen, den sie allen Großen und Vornehmen zu schirtten, um dafiir eine Spende zu erhalten. Den Text dem Könige in die Hände zu spielen, wollte lange nicht gelingen, bis man sich an Luc chesini. seinen Vorlefer, wandte. Die ser, dem verboten war, iiber andere als literarische oder gelehrte Dinge zu reden, entledigte sich feiner heiteln Aufgabe auf folgende Art. Als· er zur täglichen Borlesung beim König erschien, ließ er sich gegen den Irauch eigens anmelden. Als er eintreten durfte, rief ihm der König zu: »Was wandelt Jhn an, Mar auis, daß Er gemeldet fein willi« .Jch bin nicht der Marquis v. Lueche sini"« lautete die Antwort »Und wer denn sonsti« fragte der König ernst und erhob sich vom Side. «Sire. ich bin Abgesandter des himmels.« Und nun begann der Marquis um ständlich darzustellen, um was es sich mit Bezug auf jene Potsdamer milde Anstalt handele. Schweigend schloß der König einen alten Schrank auf und nahm einen Sack mit Silbergeld heraus. »Da!«, sagte er, »das ist alles, was ich fest tun kann. Er weiß, wie mich der Spitzbubh der G. betrogen hat; und dann sind die großen Ueberfchwem mutigen gewesen. Hier, das nehme ert« Von herzen froh, dantte der Marquiz, und nun schlug das Ge spräch den gewöhnlichen Gang ein, ohne daß der König jene Angelegen heit weiter berührt hätte. Nach etwa zehn Tagen tam mor gens früh der hofcourier zum Mar guis und bestellte ihn mit einiger Fei erlichteit auf »heute um 11 Uhr in den Marmorsaal zur Audienz.' Wenn Friedrich jemand im Marmorsaal empfing, so geschah es immer als König« und war es einer feiner Die ner, so war gewöhnlich ein tlelnes Gewitter damit verbunden. Der Mar quis fuhr daher nicht ohne Herz tlopfen nach dem Schlosse. Jn den Marmoefaal aeiiibrt, fand er den König in voller Uniform. »Mein herr Abgesandter des himmelz!« re dete ihn dieser an, »O ist.3eit, daß ich Jhnen Jhre Abschiedsaudienz gebe. hier haben Sie Jhr Beurlaubungs schreiben.« Damit reichte er dem be fangenen Lucchesini ein Papier und entfernte sich. sagend öffnete der Marquii das Blatt, und fand'— eine fehr beträchtliche Anweisung zum Besten jener milden Anstalt. Friedrich hatte sich dabei die tletne Fopverei nicht vers en tönnen, es den Mar guis doch ithlen zu lassen, daß die ser sich eigentlich in Dinge gemischt Fabe, die ihm hätten fern bleiben sol n. Itn Juni-. Auf dem Bett-In einer kleinen Ei senbahnftation wartete ein Reisender auf feinen Zug. Die Ruhe des Plat zes wurde plöhlich durch lebhafte Wor te gestört, dann öffnete sich eine Türe und im Bogen flog ein Mann in ad gerissenet Kleidung durch die Oeff nung auf den Bahnfteig Dort blieb der Mann eine Weile ruhig liegen, dann richtete er sich langsam auf und kam schwankend auf den Retsenden u. « »Diese- eruud, Sie habe-; »h« nett Gerichtet Das hat wo speis Whtsley getnns« »Ich-rec,dairnen6iesich—das Ist der »Ur-rief sitt-at Irr Fpiessekelo Erzählung von bl. Bau-regnet Friedrich Thomas, der in dem lleii nen Dorfe Roggenbausen lebte. besaß einen wundervollen bri. So etwas von prachtvollem Ge eder und stolzer Haltung gab es bei einem Habn so bald nicht wieder. Sein Besitzer war über alle Maßen stolz auf dieses Prachtexemplar. »Das ift ein hab-Il« pflegte er Zu sagen, indem er mit unnachahmlicher Geberde die Hand, in welcher er seine kurze Pfeife hielt, bewegte. »So ei nen gibt's weit und breit nicht mehr! Der wäre siir den Hühnerstall eines Königs nicht zu schade!« August Schmidt war von jeher ein Gegner von Friedrich Thomas gewe sen. Augusts Vater war 1870-—71 mit im Kriege gewesen und hatte das eiserne Kreuz bekommen. Daraus bildeten sich seine Nachkommen heute noch viel ein; sie taten gerade, als hätte Deutschland den Krieg kaum gewonnen, wenn Augufts Vater nicht dabei gewesen wäre. Aber sobald Au gust Schmidt das Gespräch aus sei nen Vater brachte, begann Friedrich Thomas von seinem habn zu erzäh len. Darob geriet August jedes Mal ir. Wut, die er aber hinunterschluckte. bis er eines Tages die Geduld ver lor und berausplagtu «Dir werde ich’s schon ’mal besorgen mit Deinem albernen hahnl Sich so zu baden wegen eines elenden dummen Viehs Das war an einem Montag abend gewesen; am Mittwoch daraus war Friedrichs schöner Dahn verschwun den. Als er seinen Verlust bemerkte. wurde er blaß vor Wut. Ohne ein Wort zu sagen, riß er die Mühe vom Nagel und stiirmte sort zu August Schmidt Als er dessen Haus erreicht, wur dc sein Gesicht noch weißer. Denn August sasz vor der Haustür und vor ihm stolzierte ein wundervoller hahn aus und ab. Friedrich streckte die lBand gebie trrisch aus und ries: »Das ist mein Haan »Gott bewahre,« entgegnete August .das ist mein habt-X «Jch sage Dir aber, es ist meiner! Du ba ihn gestohlen!« .Da ist mein Dahn! Jch habe ihn aus dem Markt gekaust!" .So einen Dahn kriegst Du aus keinem Markt der Wem« Meei Sieh mal ant« höhnte Au sUsU Worte slogen hin und her, die nicht gerade böslich waren, während das Streitobjekt, der Prachthahm in sei nem goldnen und bunten Gefieder hin und her spazierte. Der Streit wur de so heftig, daß die Nachbarn her beikamen, und er endete damit, daß Friedrich Thomas erklärte. er werde August Schmidt wegen Diebstahls an zeigen. Von der Geschichte hörte der alte Ortsschulze, ein sriedliebender, ver niinstiger Mann, der schon manchen Streit geschlichtet hatte. Er sprach erst mit dem einen, dann mit dem andern der beiden Feinde. August Schmidt brachte mindestens ein halbes Dujend Zeugen aus, die bekunden wollten, daß er den hahn aus dem Markt in R. gekaust habe. Und Friedrich Thomas hatte auch ein halbes Dußend Zeugen. die bereit wa ren, zu beschwören, daß der Dahn sein Eigentum sei »Ich werde den Gemeindediener be austragen,« sagte der Ortsschulze. »den Dahn an einen bestimmten Platz zu tragen. Dieser Platz soll genau in der Mitte zwischen den Besitzungen des Schmidt und des Thomas liegen. Dort wird der Dahn in Freiheit ge seht. Höchstwahrscheinlich wird er dorthin laufen, wo er zu Hause ist.« Die Jdee war vorzüglich. Der Gemeindediener Müller wurde beauf tragt, den hahn an die bewuszte Stelle zu bringen. herr Müller war ein kleiner, rundlicher junger Mann, der troh seine-; Jugend und trosdem er noch garnichts geleistet hatte, ein großes Selbstbewußtsein besaß. Mit hochwichtiger Miene packte er den sich sträubendem treisenden Hahn und klemmte ihn unter den Arm, ihn bei den Flügelen haltend. Sämtliche Zeugen und eine Menge Neugieriger folgten ihm, an der Spitze natür lich die beiden Feinde. Als Müller die Wiex erreicht hatte, wo der Dahn in Frei it gese t wer den sollte, stand er still und ah sich eine Weile im Kreise um. Die Menge drängte sich um ihn. »Das ist nicht genau die Mitte, ein Stiick mehr nach lint5!« ries der eine «nein, nein, hier ist es ganz rich tig, hier ist genau die Mitte,« wider sprach ein anderer. «Zuriickgetreten!« erschallte die Stimme Müller-, wie wenn er ein Regirnent Soldaten besehligte. «Wenn hier soviel Spettatel gemacht wird, verliert der hahn die Unhei« Endlich wurde das Tier freigelas sen. Jedermann hielt den Atem an. Das erste, was der Dahn tat, war. daß er sich reckte und schüttelte, bis er aussah wie ein rup er Federn-e del. Dann gliittete er ein Gefieder wieder, rette den , s us Init den sitt-ein und teii . aus stin selte er mehr-als mit den blossen Aengleim worüber die Umsiehenden herzlich lachten, und dann —- dann tat er zwei Schritte in der Richtung nach Schmidts haus. .Er läuft zu Augusti« schrien die Leute unisone. «Kiinnen Sie denn nicht ein paar Augenblicke still lein,u rief Müller vorwurftvoll »Das Tier lann sich ja gar nicht richtig besinnen.« Die Leute verhielten sich eine Weile mäuschenstill Heer Müller stand hochaufgerichtet da nnd sah mit der Miene eines Feld herrn dem Geh-ihren des habnes zu. Der stand fest ganz still, nur den Hals reckte er hin und her. Dann drehte er sich utn und lief in der ent gegengesetzten Richtung davon. »Er läuft zu Thomas!« schrien nun wieder alle. L Aber wieder blieb der Hahn stehen; wieder plusterte er sich aus, wieder glättete sich sein Gefieder, lrähte abermals ohrenbetäubend und —- flog auf einen Baum. Wütend wandte sich Herr Müller an die Umstehenden. , »Ich hab’s doch gleich gesagi,« schalt er. »Machen Sie lieber, daß Sie nach Hause kommen. Sie stören das Tier bloß! i Es fiel niemanden ein. nach Hauses zu gehen. Einige gingen ein Stück-; chen fort, Friedrich und August abers und ihre Anhänger rührten sich nichts vom Fleck. Der Hahn drehte den Kopf ver schiedene Male hin und her, dann steckte er ihn zwischen die Federn und schlief ein. Herr Müller befand sich in einer schwierigen Lage. Auspassen sollte er. wohin das Tier flog —- ja, da blieb ibm weiter nichts übrig, als sich ruhig auf einen großen Stein. der in der Nähe lag. zu seyen. Stunde um Stunde verging. Der Hahn schlief ruhig weiter und auch Herr Müller wurde schläfrig. Da sprang er plödlich aus« ihn überfiei die Angst, er lönne hier einschlafen. Jn einiger Entfernung standen Tho mas und Schmidt mit ihren Anhän gern und warteten der Dinge, die da kommen sollten. Schnell entschlos sen llatschte Herr Müller dreimal kräftig in die Hände, um den Hahn aus dem Schlafe aufsuscheuchen Das Tier wachte aus« flatterte ein paarmal und schlief wieder ein. Da liatschte Herr Müller wieder ein paarrnal träftig in die Hände und machte mehrmals »schl, scht«. worauf der Hahn ausfiatterte und davoneilte. Mit ausgebreiteten Flügeln und vor gestrecktem Halse lief der Berfolgte davon, die Menschen natürlich hinten drein. Schließlich erreichte das Tier ein lleines Häuschen, das der Witwe Pariser gehörte. Der Hahn flog durch das Fenster in eine Dachstube und feste sich auf einen großen Schrank. Frau Pan-sen eine ziemlich resolute Frau, war gerade bei der Wäsche, als- sie den Speltalel draußen ver nahm. Sie streifte sich den Seifen schaunr von den Armen und wollte hinausgehen, als Herr Müller in ihre Küche trat. Mit ausgelrernpelten Aet meln, die Arme energisch in die Sei ten gestemmt, stand sie vor dem Man ne mit dem vom Laufen hochgrröte ten Gesicht. Als dieser seine Erzäh lung beendet hatte, sah sie ihn heraus sordernd an. »Sie sind mir ja ein schöner Kerl -- ob Sie Beamter sind oder nicht, das ist mir Wurscht. hinter einen armen, wehrlosen Tier so herzujagenl Von meinem Schrank wollen Sie ihn jetzt herunterhehent Wagen Sie sich ja nicht in meine Stube hinaus! Jch verbiete Ihnen das! hier bin ich herr im Hause, nicht der Ortsschulzet Ver standen? Sagen Sie nur Jhrem Vor gesetzten, wenn er den Hahn haben trill, soll er selber kommen und ihn holen!« Das war ja dirette Verhühnung des Gesetzes! Das war einsach unerhört! Ob das nicht auch als Beamtenbelei digung angesehen werden konnte? Herr Müller wollte verschiedene Ein wendungen machen, aber Frau Pan zer ließ ihn nicht zu Worte kommen. Müller wußte nicht« was tun. Ge walt konnte er doch nicht anwenden« die Frau stand mit sest eingestemrnten Armen vor der Treppe und vertrat ihm den Weg. Er beschloß also, den Rückweg anzutreten »Der Klügere gibt nach,« so tröstete er sich. Er ging also wieder hinaus und suchte seine zertretene Würde da durch herzustellen, daß er mit gebie terischee Stimme die Draußensteheni den sorttrieb. Dann lehrte er zu dem Ortsschulzen zurück und erzählte die sem, was er erlebt. Der alte Mann lachte und so tat jeder, der die Geschichte hörte -- alle lachten. herr Müller erhielt den Austrag, am nächsten Tag wieder du Frau Panzer zu gehen, um sie nochmals auszusordern, den Dahn herauszuge ben. Ali Müller seinen Austrag aus richtete, lachte ihm Frau Panzerins Gesicht. Eotnmen Sie rein und suchen Sie das ganze hanc ab,« rief sie vergnügt. «Sie können »ja sehen, ob Sie den de habätsftmern denn noch immer aus lLärern Mant?«sr fragte perr Mitl M Sie mir nach,« ver-feste die stätnenige Trau. »Sie können ja den großen Be en nehmen nnd damit iiber den Schrank segen.« Oerr Müller ging in die Dachsinbe nnd sagte mit dem großen Besen in allen Ecken und Winkeln heran-. Ueberac irn Hause suchte ek. Aber tein Dahn war da. Nach einer Weile kam er wieder in der Küche, ans der ihm ein herrlicher Dust von Speisen entgegenstrsrnte. «Wv istdas Tier nur hin?« fragte »Meis; ich«s?« versetzte die Frau. Der liebliche Dust der Speisen, die aus dem herde brodelten, stieg deren Müller gar verführerisch in die Nase. Er hatte gerade rechten Hunger! Frau Panzer schien das zu erraten, sie sah kein forschend an und lächelte gutmü ck »Ni, Sie haben wohl auch Appe tit?« fragte sie plötzlich ganz freund lich. »Na, setzen Sie sich her, essen ISie ein paar Löffel mit.« Der Mann zögerte erst eine Weile, dann nahm er jedoch Platz am Kit chentisch. Frau Panzer legte ihm ein Gericht vor, das aus Reis, Zwiebeln und weißem Fleisch bestand und so verführerisch roch, daß Deren Müller förmlich das Wasser im Munde zu fommenlief. Er aß — und es schmeckte ihm so herrlich, wie seit einer Ewigkeit nicht. Als er fertig war, wischte er sich schmunzelnd den Mund. «Vielen Dank, Frau Panzer,« sagte er, »das hat aber famoz geschmeckt. Doch nun musz ich fort und den Dahn weiter suchen. Jn diesem Augenblick brach Frau Panzer in lautes Gelächter aus. ·hahaha. den Hahn — den können Sie suchen, bis Sie schwarz wer den.'« rief sie. »Den Hahn finden Sie im ganzen Leben nicht! Sie ha ben ja soeben geholfen, das Vieh zu verzehren.« zJch —- geholsen — ihn zu ver zehren?« Atemlos —- ruckweise s- in höchster Entrüstung wurden diese Worte hervorgestoszen. »Na natürlich!« bestätigte Frau Panzer prustend vor Lachen. »Wir beide haben ihn aufgegessen!« Herrn Müller blieb tatsächlich der Mund offen stehen, er starrte die Frau sprachlos an. »Mein Gott — das hätten Sie nicht tun dürfen,« stammelte er. »Der Dahn war doch fremdes Eigentum -—« »Ach was« fremdes Eigentum. Der Kerl hat mir meine ganze Stube schmuhig gemacht. zur Strafe dafür bebe ich ihm das Genick u edreht. Na --- anzeigen können Sie m ch doch nicht. Sie find ja sozusagen mein Spießgeselle!« Das traf! Der arme Müller sentte fchuldbewufjt das haupt. Er tatn fich beinahe wieein Menschenfresser Vot «Sie sind eine ganz schlechte Per son«, sagte er mit gepreßter Stimme. »Und —- und —-'« Weiter brachte er nichts hervor, so entsezt war er über die entsetzliche Lage, in die er geraten. Die Witwe Panzer wusch unbeirrt ihr Geschirr ab, ohne sich um die Ver zweiflung ihres Gaste-i zu kümmern. »Der Dahn ist verspeist und damit ist die Sache erledigt,« sagte sie. «Ge hen Sie nur nach hause und erzäh len Sie, was Sie fiir gut befinden. Auf meine Diskretion über Jhre Spieszgeselligkeit lönnen Sie sich ver lassen-" Mit schwer zu beschreibenden Ge fühlen ging Müller von dannen. Als der Ortsschulze ihn fragte, ob er bei der Witwe Panzer gewesen sei, ant wortete er: »Ja, dort gewesen bin ich.« »Und haben Sie den hahn zurück gebracht?« »Nein, das konnte ich nicht.« »War er nicht mehr aus dem Schrank der Frau Müller-F »Nein, da war er nicht mehr.« »Ja, wo war er denni« fuhr der Frager etwas ungeduldig fort »Ich weiß es nicht, er ist ver schwunden —- —-—« Zur größten Erleichterung des mit so schweren Gewissensbissen Belasteten traf er kurz darauf Friedrich Tho mas, der ihm freudestrahlend entge genlam. «Denlen Sie sich bloß,« rief er ihn schon bon weitem an. «Auguft Schmidt hat meinen Dahn nicht ge stohlen, denn das Tier ist gestern abend wieder heimgekommen." Auf die Frage, wo denn nun der hahn sei, den Müller aus der Wiese ausgesetzt, tonnte niemand eine Antwort geben. Aber die Leute wunderten ch tm Stillen, warum die Witwe anzer jedesmal, wenn die Rede aus deren Müller lam, so spisbiibisch lächelte —- auch darüber wunderten fie fis dafz here Müller stete, wenn er de Witwe unte s traf, schnell einen Seitenweg eins lug, um ihr sa nicht begegnen zu müssen. us -- —— Rai. Willst du einen Mann genau kennen lernen, frage feine Frau um Auskunft —- das Gegen ieii ifi dann meistens richtig. — A u! Herr: Ja, meine Gnäd e ich brauche mit einer Dame nur e ne Viertelstunde sn plaudetn, und is wey was ostr von mit denlii amec) Joa- nm aber seht un angenehen fiie Sie In