Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, October 04, 1912, Zweiter Theil, Image 11
Die Mausefalr. si: dem Wienee Leben von Edrnunisil Sturatvix I herr Ferdinand Schellinger, J Junggeselle und »möblierter Kam merherr«, war wieder einmal auf der Wohnungssuche. Nun gibt es viele Mens en, die ein derartiger Anlaß schreckt ch nerviis und «z’wider" macht. Dem war bei unserem Jung - gesellen nicht so! Er war daran ge w«hnt, ja —- er rechnete sogar im mer mit Bestimmtheit darauf, das bisher innegehabte msblierte heim in iiirzesier Zeit unfreiwillig verlas sen zu miissen. Es mußte so kom men und konnte nicht anders sein! Das lag in der Natur der Sache. Die Schuld lag durchaus nicht aus seiner Seite. Er war ein stiller, ru higer Mensch, der pünktlich seinen Zins bezahlte und niemanden etwas in den Weg legte. Die Ursache war deshalb anderswo zu suchen. Schellinger war ein lebenslustiger, junger Mann, und da er nur in der Umgebung von holder Weiblichteit atmen konnte, schlug er sein Lager nur in solchen zimmervermietenden Fa milien aus, die mit Töchtern, je mehr, defto besser, gesegnet waren. Da ihm nun bisher in kurzer oder längerer Zeit die Kündigung übermitteit wur de, könnte in vielen der Verdacht rege werden, daß er das so nah liegende Gute dazu benii i hätte, um mit den unterschiedli en Töchtern leicht fertige Liebeleien anzuiniipfen. Keine Jdeei Er war zwar nicht ganz ab geneigt, in absehbarer Zeit die Last der Ehe aus seine Schultern zu neh men, in Gottesnameni Aber er war wie die meisten Junggesellen unge heuer dorstchti ,,. mißtrauisch und wantelmiitig. Immer war er ängst lich darauf bedacht, in den Herzen heiratsföhiger Mädchen auch nicht die leiseste hoffnung zu werten und niemals wich er vom Wege des sepa rierten Zimmers ab, um hinter dem Rücken der Eltern zu techtelmechteln. So schwanlte er zwischen der gol denen Freiheit und den rosigen Ebe sesseln hin und her, wie ein Rohr im Winde. Freilich wäre es am einfach ften gewesen, die drohende Gefahr nicht aufzusuchen und ihr in weitem Bogen aus dem Wege zn gehen, aber dazu konnte er sich nicht verstehen. Schellinger wußte die Annehmlichkei ten eines Familienanschlusses wohl zu schätzen. Abendliche Plauder stündchen im Familientreise, kleine Unterhaltungen, Gesellschaftsspiele in Damengesellschast, freiwilliges Aus besfern seiner Wäsche und Garderobe, Einladungen zum Abendessen —- da war alles so riesig angenehm und so —- dtuigx Und es gab Mütter darunter, die sichs etwas tosten ließen. Der Mie ter war nämlich eine sehr gute Par tie. Er hatte von seinem verstorbe nen Papa einige tausend Kronen ge erbt, die in sicheren Papieren ange legt waren; nebstbei betrieb er die Vertretung eines sehr gangbaren und zur Vermehrung der Menschheit viel beitragenden Artikels —- er machte nämlich in Eisenbetten und paten tierten Kinderwagen —- welche Tä tigkeit einen ganz anständigen Ge winn abwarf. Also —- die Mütter ließen sichs was lofien und taten auch sonst, was möglich war. Und einige Male war der Junggeselle auch schon dem er sehnten und doch gefürchteten Ehe stand verdammt nahe und wenn eben nicht die diversen Mütter gewesen wären, die glaubten, in die Räder des Schicksals vorzeitig eingreifen zu müssen, wer weißs Aber in den Momente, in dem er eine Absicht merkte, wurde er verstimmt und er niichtert. Da zog er wie eine er schreckte Schnecke die ausgestreckien; Füiähler ein und zog sich schnell zu-! r . « Die Folge dadon war immer die-l — Kündigung l Glücklich —- der ungeheuren Gesi sahr wieder einmal entronnen zui ein — machte er sich dann aus die Wohnungsfuche. Er hatte in fol chen Zeiten immer eine tannibalische Freude mit seiner goldenen Freiheit. Nach und nach wurde ihm die Sa che förmlich zu einem Sport, zu ei nem Bedürfnis Er tannte die Tat tit der Miitter schon ganz genau und lächelte diabolisch iiber deren Bemü huMem ihn hernmtriegen zu wollen« it einigen Abweichungen wickelt sich die Geschichte immer in derselben Ordnung ab: Gefiel Schellinger das Zimmer. so suchte er unauffällig her auszukriegen,, wie es in der Familie mit dem Ewigweibli en stünde. Fiel die Antwort unbefrie igend aus, to gebrauchte er einen plausiblen Var wand, um sich zu empfehlen; nsns elehrt aber nahm er das Zimmer so ort auf. Und nun ging alles seinen e wohnten We . Einige Tage verte fen ruhig. as dauerte aber nur o lange, bis die fiirsorgliche Mamn dur dorsichtiges »Austosten« iiber die erhöltnisse des neuen Mieter-s im Klaren war. Dann nahm das Verhiin nis seinen Laus· Da Folperte dann eines Abends sicher der Familiendater zu ihm ins immer und meinte unter vielen Ent chuldigungem »Entschuldt en schont . .. Fad’ san die langen d', wass Rix iir nnguati . . . half nur rag’n wo ’n, ob ma net zu an ,, trohmandel« oder tm Notfall zu an ilan «Schnap ser" an Gspan ham tönnt’?... Ah —- das is aber g’scheidt! Js Jhnas eh a fad', was? Na ja —- so ganzl allan und in aner fremden UmgeJ hung! Wann’s a noch fo g'miiatl chj is, ’s is halt doch net wia z’Haus’,’ net wahr? Das sag’ i allerweilt« ’ Nun wurde im Zimmer des Mir-H ters ein Spielchen gemacht. Natür lich mußte die Annert oder wie sie sonft hieß, dem Papa die zufällig vergessene Pfeife oder das Bier her iiderdringen. Später fanden dann die Spielabende in der Wohnung des Bermteters statt, «weil’s da viel »praktischer ts und ma all’s mehr bei der Hand hatt« ! Da konnte der Herr Schellinger idann so zufällig die Geschicklichkeit Jder Tochter bewundern, »die sich die jganze Aussteuer-an ganzen Häus ktasien voll —- selber macht! Und all’s » Reinleinen!« , »Und kochen kann das junge Ding, daß’s aus und g’scheg’n is!" meinte Idee Papa stolz und mischte dabei eif Erig die Karten. »An Millirahm HstrudeL was alsdann ane von den Ischtverften Mehlspeisen is, weiks rleicht patzert wird und schligig den siegt s’ Jhna her, dafz am’s Wasser jim Maul z’samm’rinnt!« » »Efsen S’ gern an Millirahmstrus Edel? as Dann soll f’ morg’n an imachen.« seinndierte die Mutter. s Das ging so fort bis — nun, bis ider faumseltge und unentfchofsene therr Schellinger die — Kündigung thane ; - e i I Er war also wieder einmal auf » der Wohnungssuche. f Nach langem herumsuchen fand er endlich etwas Passendes. Die eine von den beiden Töchtern hatte er ygleich am ersten Tage tennen gelernt. IEin reizendes und ganz ausnehmend ischönes Mädel. Das Zimmer war iwohl ilein. dumpfig und feucht — iin einer Ecke konnte er sogar eine Anzahl »Schwammerl« bemerken, die ineugierig mit ihren Köpfen in die jWelt guckten —- aber das tttmmerte .ihn wenig! Diesen »Schwammerln« .wollte er schon ab und zu einige inusgetvachsene »Schwammerl« gegen überstellem daß sie beschämt von ihrer Winziaicit Reißaus nehmen mußten! Das Zimmer war nicht schön, desto schöner war das Mädel! Schellinger freute sich schon wie ein Satan, und harrte hohnlöchelnv der kommenden Dinge. Anfangs ging alles programm mäßig. Die Frau Michler holte langsam aus ihm heraus, was sie wissen wollte. Das war aber auch alles· Keine weitere Frage mehr, keine Anspielung, kein vorsichtigeg Manövrieren — nichts! Es war wie abgeschnitten; nirgends eine gelegte Schlinge, die feine Junggesellenherr lichkeit zu Falle bringen sollte. Der junge Mann wartete und war tete, aber es ereignete sich nichts auf fälliges. Weder der Herr Michler — wie er bestimmt wußte, ein großer «Spielraß« vor dem Deren —- wollte kommen, noch eine teuflisch-harmlos mvtivierte Einladung oder eine noch so kleine Aufmunterung. Er fah keine gefüllten Wäschekasten mit Rein leinen, keine Milchrahmftrudeln und was das Schmerzlichfte war, er konn te auch mit der schönen Bertha nur gelegentlich einige Worte wechseln. Aber diese derräterische Röte und Verlegenheit des Mädchens reizte ihn um Nachdenken. Er fühlte es, das Stäbchen war ihm gut. Und er fand noch viel mehr Gefallen an ihr. Nach einiger Zeit kam er sogar daran-, daß er bis über die beiden Jungefei lenohren verliebt war; fo verliebt, daß er auch vor dem Aeußerften — vor der Ehe —- nicht mehr zurück schreckte. Aber bei den Eltern zählte er augenscheinlich nicht. Die sahen in ihm nur den —- 3immerherrn! Das konnte er nicht ertragen. Daß man ihn, der überall eine bevorzugte Rolle gespielt hatte, so ganz links liegen ließ, ihn, den verhätscheiten und ver zärtelten Liebling aller zimmervcrH mietenden und tächterbesißenden Fa- i milieni Ja —- war er denn derJ Niemand, daß man es nicht einmalJ der Mühe wert fand, mit der Even tualität zu rechnen, ihn ais künftigen I Schwiegersvhn anzusehen? Wolltens denn diese Leute auf einen Prinzen warten, der si in ihrem möblierten Zimmer der C ampignonzucht wid men soll — unt der Champignoni zuchti --— indessen ihr armes Kind älter und älter wird und langsam dahinfiechti Eine kurze Zeit hielt es Schellin ger noch aus, dann raffte er sich zu einem festen Entschluß auf Eines Tages trat er vor die El tern hin, steckte eine feierliche Miene auf und sagte einleitend: »Jetzt werd'n S’ bald das Zim mer wieder ’naushsängen müssen-, Frau Michler.« Er hatte heimlich gehofft, daß die se Worte wie eine Bombe plaßen wilkvm Ader ek »Ein sich mit vie ser Annahme gehör . Jn Berthaö gügen zeigte sich freilich großer chreek, aber die beiden Alten blie ben ganz ruhig. Die Mutter fagte nur gleichgiltig: »So, so... Paßt«s Jhna nimmer, herr Schellingeri« »Das g’rad net, aber wissen S«, icht wferd' mich wahrscheinlich verhei ra en.« Abgesehen von der reizenden der tha, der es einen furchtbaren Riß gab, machten diese schwerwiegenden Worte wenig Eindruck. Die Frau Michler machte wieder nur »so, so« und der Vater «hm, hm«. Als nun gar die Mutter an ihn die Frage richtete, ob er sich diesen Schritt gut überlegt nnd den tristen Zeitpunkt in Betracht gezogen habe, da brauste der junge Mann aus: »Erlaub’n S« mir, eFrau Michlerl Jch bin alt g’nug, um selber X wissen, was ich z« tun hab’! Und wann ma schon in die Sechsund dreißig is, wird das doch ka Mensch silr an' Jugendstrach anschau'n! Und was das Mater-teile betrifft, kann ich in den schönsten amtlien anklopsenl Manns Jhnen velleicht a net paßt, ich heirat' Jhre Bertha z’ Tagi« Nun war es heraus. Die ertha stieß einen Freudenschrei aus und wars sich der Mutter weinend an die Brust. Die Frau Michler blieb ruhig und sagte: »So, so... Also dieSBertha... Na, was manst,.- Al ter « »Na, ja,« entgegnete der Gesragte und drückte mit dem Zeigesinger die Asche in seiner Psetse nieder, «wann s’ ’n mags« Natürlich wollte sie! Daran war nicht zu zweifeln. i I II Die Verlobung verlies sehr stdel, noch sideler die H eit. Der neu l ebackene glückliche hemann hatte ktch sogar einige Flaschen »Scham spuk« geleistet. Dieser ungeahnte Furige Trank brachte die vor Stolz rahlende Schwiegermutter in eine sehr redselige Stimmung. »Wissen S', Mutter, daß ich mich ost damisch g’iirgert hab' über Ih na?« sagte der Schwiegersohn tin Laufe der Unterhaltung zu ihr. »Ur berall, wo ich noch g·wohnt hab’, ham die Mütter alks mögliche tan, damit s’ ihre Töchter an mich anbringenl ) Sie war’n die Anzige, die nichts der gleichen ’tan hat! Das hat mich ost g"fuchlt!« »Hehe!« lachte die Mutter und leerte ein volles Glas aus einen Zug. »Hab’s sriihre a so g’macht, hehe!.... Aber da hab’n die jungen Männer den Braten g’rochen und san bei Zeiten ausg’rissen! . . .. Was stoßt )D’ mich denn immer in d’ Seiten, Alter? Trink’ —- und gib an’ Ruahl Ja —- mein lieber Ferdinand,« wen dete sie sich wieder an ihren Schwie gersohn, ,,da hab’ ich mir dann denkt: lProbierst es amol —- um’tehrt! Viel Ileicht geht’s so besser! Und richtig Jis 's ’gangen! Hehehe!« » Der gute Schellinger machte ern J urdummeg Gesicht. « Aber er hatte keine Ursache, seine Wahl zu bereuen. Seine Bertha war ein liebes, treues Weibchen, das an der ganzen Sache so unschuldig war wie ein neugeborenes Kind. Erst viel später hörte der glückliche Ehemann, daß das Zimmer allge lmein »die Mauöfall’n« genannt wur de Die Regensihirmsprache. Die Augensprache, die Fingensprache, die Blumensprache, die Briexrnartens und ähnliche Sprachen wer en von den derselben Kundigen bewußt ge sprochen; nun gibt es aber noch eine unbewußt geübte Sprache: die Re genschirmfprache. Sie ist kinderleicht und ohne jede Mühe nnd Uebung ver ständlich. hier ist sie: Ein rasch geöffneter Regenschirm bedeutet: Nimm Dich in Acht, wenn Dir Deine Augen lieb sind. Ein rasch ges lofsener Regenschirm ist gleichbedeuten mit einem toder mehreren) vom Kopfe gestoßenen »Hü ten. Ein Regenschirm« den ein Herr iider eine Dame derart hält, daß ihm der Regen in den Nachen tropft: ein Lie bespaar. Ein Regenschirm, der dem Herrn Schutz und seiner Begleiterin keinen Schirm bietet: ein Ehepaar. Ein 50 Eents - Regenschirm, der ganz zufällig neben einen kostbaren seidenen Schirm zu stehen kommt, be deutet: iver tauschen will, will betrü gen. Einen Regenschirm laufen heißt so- : viel wie: Jch bin ein Ehrenmann. Einen Regenfchirm Jemandem let-« hen, heißt: Jch bin ein Narr. » Einen geliehenen Regenschirm sei-. nem Eigentümer zurückerstaiten . . ? das bedeutet überhaupt nichts, weil es das nicht gibt. » Einen Regenschirm wagrecht nn term Arm tragen, bedeutet Unglück —s fiir den, der hinter Dir ht. ! Einen Regenschirm lüs g nachschlei- i sen, bedeutet Un liict — tir die Spka ; Deineg Regenfch rmes, d e der Hinter- j mann abtreten wird. » Ein Regenschirm im Futteral« heißt: der Schein trügt. . . der tadel·! lose Schein des Futteralg trügt iiber f die mangelhafte Beschaffenheit des! Schirmes. ! Ein Regenschirm für Zwei: geteil-» teg Leid ist doppelteö Leid. « Ein Regenschirm in der Hand bes dentet s önes Wetter. Ein egens irni, dessen Ueberng fehlt: wer unbe acht, wird ausgelacht i i i Bo shast. Kaufmann (zum Freunde): »Der Kassierer, den Du mir empfohlen hast, ist heute mit mei ner Frau durchgegan en.«——Freund: »Na, hab' ich Dir ni i gleich gesagt, daß das ein Prachiierl sti« Meister Scherf. »Eure Hundegescht te, frei nach dem i Französischeu. on Eduard Münz. Eine Zugverfpätung nötigte mich, drei Stunden in einem, von zwei Bergen mit fchneebedeelten Gipfeln eingeschlossenen Flecken des Kantons Waadt zuzubringen Was sollte ich während der Zeit beginnens » Jch fragte einen Bahnbeamten um »Nat. »Sehen Sie sich den haudron ant« war feine Antwort. »Das ift der schönste Punkt der Umgebung!« I Bei weiterer Etkundigung erfuhr ich, daß sich der haudron auf halbem Wege zu einem der beiden Berge be Hfand Der Weg dahin war für einen iFremden kaum aufzufinden, er führte sbald rechts, bald links durch Dickicht » und Gestrüpp. Der Beamte riet mir daher, einen Führer zu nehmen, und zeigte mir ein kleines weißes Häus chen mit grünen Fensterliiden, in dem der befte Bergführer der Gegend, na mens Simon, wohnte. Jch klopfte an die Tür des Häus chens Eine alte Frau öffnete mir. Als ich mein Antiegen vorgebracht, bemerkte sie: »Mein Sohn ist leider unpiißlich. Er hat sich bei seiner letzten Tour das Reißen geholt und kann nicht auf stehen, aber Meister Scharf führt Sie ebenfo gut zum haudronK »Wohl ein Nachbari« »Nein, Meister Scharf ist kein Mensch.« »Was? Kein Mensch?« »Nein, herr, unser Hund« »Aber ein hund kann mich doch nicht führen?« ,,,Doch mein herr! Meister Scharf nimmt es mit jedem Bergsührer auf. Den Weg zumE Haudron kennt er ausgezeichnet. rift daran schon gewöhnt.« f »Gewd’hnt?« f »Ja, Simon nimmt ihn seit vie len Jahren auf seinen Touren mit. Er hat schon zahlreiche Reisende in die Berge geführt, und jeder war mit ihm zufrieden. Verstand hat Mei sHer Scharf, Verstand « plauderte die Alte naiv, »mehr als wir beide. Sprechen kann er allerdings nicht, aber das braucht ein Bergfuhrer auch i nicht« Er macht Sie schon auf feine Ari auf alle Naturschönheiten auf zmerksam, und wie die einzelnen Punkte heißen, ersehen Sie aus einer » Karte der Gegend, die ich Jhnen mit Igeben kann Außerdem sparen Sie dabei Geld; meinem Sohn müßten Sie mindesiens drei Francs für den Weg zahlen. Meister Scharf wird Sie nur halb fo viel kosten und Jhnen ebenso viel Sehenswertes zeigen.« i ,,Me1netwegen. Doch wie kommt sein Hund zu diesem sonderbaren Na s men?« ’ »Weil sein Verstand und sein Blick gleich scharf sind, haben wir das Tier »Meister Scharf« genannt.« »Wo ist denn das Wundertier?« »Meisier Scharf liegt im Garten in der Sonne. Er ruht aus, denn er hat bereits heute morgen mit zwei Engländern den Weg nach dem haudron gemacht. Aber das schadet nichts.« »Meisier Schaer Meister Scharf!" rief die Alte. Ein unansehnlicher, langhaariger Ritter kam sofort herbeigesprungen. Sein Aeuszeres verriet von seiner ungewöhnlichen Jntelligenz nicht viel, doch lag in seinem Ausdruck etwas Solides, Selbstbewußtes. Er blickte mich scharf an, als wollte er sagen: Jch weiß schon, was der Herr will, es ist ein Reisender, der gern den haudron besuchen möchte. »Ich muß aber spätestens in drei Stunden wieder auf dem Bahnhose sein, da ich mit dem Bieruhrzuge ab reisen will.« ,,Unbesorgt, Herr-, Meister Scharf wird Sie noch pünktlich zum Zuge heimführen.« Der Bund spitzte zwar aufmerksam die Ohren, machte aber keine Miene, aufzubrechen. »O, wie dumm! Beinah’ hätt’ ich den Zucker vergessen!« rief die alte Frau, brachte schleunigst vier Stücke Zucker und gab sie mir mit den Worten: »Erst wenn Meister Scharf den Zucker bei Jhnen sieht, macht er sich auf den Weg.« »Der Herr will zum Haudrom Haudrom haudrom und muß in drei Stunden zum Fuge wieder hier seini« wiederholte te lan sam und mit Nachdruck, und der seltfame Hund knurrte, gleichsam um zu zeigen, daß er verstanden habe, was man von ihm wolle. Durch einen Blick aus seinen klu gen Augen forderte er mich auf, die Wanderung anzutreten. Wir schrit ten durch das Dorf, Meister Scharf voran, sich feiner Pflicht bewußt, ließ sich weder durch die Zurufe der Dorf kinder, noch durch das Gekliiff einiger Kisten die sich mit ihm anfreunden wollten, stören. Geringschätzig wies er alle Versuchungen ab, als wüßte er, daß er jetzt Wichtigeres zu tun hätte, daß er jetzt Geld verdienen mußte. Auch ich befand mich ganz in seiner Gewalt. Er kannte den Weg, der mir fremd war. Aus dem Dorfe kamen wir auf eine staubige Landstraße, die der Hund aber in größter Eile durchmaß. Meinen Versuch, mitten auf der staubigen Landstraße unter einem verkriippelten, dürftigen Schatten spendenden Bäumchen Rast zu ma chen, wußte mein vierbeiniger Füh rer durch eindringliches Gebell zu verhindern. Bald aber geleitete er mich auf einem herrlichen, schattigen Waldwege zu einer prächtigen Lichtung, die ein kleiner Wasserfall belebte. Hier stand eine alte Holzbank. Meister Scharf lud mich in seiner Art ein, da Platz zu nehmen, indem er bald dieBank, bald mich anblicktr. Jch tat meinem Führer seinen Willen, setzte mich aus die Bank, steckte mir eine Zigarre an und hätte beinahe Meister Scharf auch eine angeboten, wenn mir nicht noch rechtzeitig eingefallen wäre, daß ihm ein Stiick Zucker wohl lieber sein dürfte. Er sing es gewandt aus, nagte daran, während er es sich zu meinen Füßen bequem machte. Genau zehn Minuten währte un sere Rast, dann erhob sich Meister Scharf und gab das Zeichen zum Weitergehen. Langsam wanderten wir durch die schönste Gegend desl Waadtlandes. Einmal passierte es ihm, daß eri einen falschen Weg einschlug, dochs dauerte es nicht lange, bis er seinen Jrrtum bemerkte und Kehrt machte. Dann führte er mich einen kleinen steinigen Pfad zu einem Hügel hin-s auf, ich folgte ihm, obwohl ich sofort i merkte, daß wir vom Wege nachj Haudron abwichen. Aber ich hatte; dem intelligenten Hunde unrecht ge-s tan; von der Spitze des Hügels hatte s ich eine wundervolle Aussicht, undJ diese durfte er als gewissenhafter’ Mentor mir nicht vorenthalten, seßte aber alsbald die Wanderung fort," nachdem er mir genügend Zeit gelas sen, die Schönheit der Gegend zu be wundern. Auf beschwerlichen Wegen zogen wir weiter, Meister Scharf sprang geschickt von Fels zu Fels, verlor mich aber keinen Moment aus den Augen« Plötzlich hörte man ein Rauschen, der Hund bellte freudig auf und machte einen Luftsprung, ein Zeichen, daß wir am Ziele ware.1. Ja, das war wirklich der Hau dron, eine armselige Quelle zwischen kahlem Gestein, die kaum die Miihe des Weges gelohnt, wenn nicht mein Führer mich immer lebhafter interes siert hätte. An beiden Seiten der Quelle gab’s Milchwirtschaften, in der einen wal tete eine blonde, in der anderen eine» brünette Sennerin ihres Amtes. Schon wollte ich bei der Blonden, deren schöne Augen mir aufgefallen waren, zu Gaste sein, als Meister Scharf mir den Weg vertrat und so lange bellte, bis ich ihrer Konkurren- « tin den Vorng gegeben hatte. Eri liebte also die Brünetten. Jch be-l stellte ein Glas Milch. Als die Sen nerin ins Haus ging, um es zu ho len, folgte ihr Meister Scharf, der teinen Blick von ihr gewandt hatte. Durchs offene Fenster sah ich, wie die Brünette ihn streichelte und ihm, noch ehe sie meinen Auftrag ausge führt hatte, eine große Schale mit Milch hinstellte. Meister Scharf war einfach bestochen. Bald tam er, Milchtropfen am Maule, zu mir und richtete einen er wartungsvollen Blick aus mich· Jch verstand, hier war er gewohnt, sein zweites Zuckerstiiclchen zu bekommen. Er hatte es ehrlich verdient. Ein halbes Stündchen atmete ich die er quickende Bergluft. Meister Scharf ward unruhig, es war Zeit, an den Heimweg zu den-! len. Jch bezahlte die Milch und wollte den Weg, den ich hergekom- ! men, wieder zurückgehen Mißvergniigt knurrte der Hunds und rannte nach der entgegengesetzten Seite." Jch begriff, denn während unseres zweistündigen Verkehrs hatte ich ihn verstehen gelernt, daß er mir sagen wollte: Du kennst mein Füh rertalent noch lange nicht, wenn du glaubst, daß ich dich auf demselben Wege heimführen werde Wir beschritten einen anderen, viel schöneren Weg, und Meister Scharf fah mich glänzenden Auges an Vor der Hütte der Mutter Simon blieb er stehen. Kaum hatte er je doch bemerkt, daß ich zum Bahnhof hinfah, geleitete er mich dahin, nahm, als wir richtig zwanzig Minuten vor Abgang des Zuges zur Stelle waren, die beiden letzten Zuckerstiicle in Empfang und trollte, nicht ohne mir einen Abschiedsblick zuzuwerfen, im Bewußtsein, feine Pflicht getan und mir seine, nicht alltäglichen Fähigkei ten gezeigt zu haben, von dannen. Der Glückspilz. Humoreske von Paul Bliß. Eines Abends, als Herr Woldemar schon ein bißchen angeheitert war, hatte ein Händler, der in dem Stiefmu rant allerlei Dinge feilbot, die Gele- . genheit benutzt und ihm ein Los der Wendenburger Pferdelotterie aufgere- l det. Jch will die Sache kurz machen das Los tam heraus und zwar mit s einem Gewinn von 2000 Mart. Jm Umfehen wußte das die ganze l Zechgesellschaft Selbstver ltändltch 1 i i i mußte dieses freudige Ereigni s nun aber auch gefe ert werden, und so ließ der Held des Abends dann aussahren, was der Wirt nur immer zu geben hatte. Als endlich Herr Woldemar fein Portemonnaie herauslangte, um die Zeche zu bezahlen, da erst larn ihm zum Bewußtsein, daß er bald den fünften Teil des Gewinnes zum besten gegeben hatte. Arn nächsten Tage fuhr er nach Wendenburg um seinen Gewinn, ei nen bespannten einspännigen Jagd wagen, in Empfang zu nehmen und ihn möglichst gut zu verlaufen Aber als er den schmucken Wagen und den flotten Gaul fah, übertau ihn eine ganz unbändige Lust, eine kleine Spazierfafrt zu unternehmen er lud also Herrn Mauer, den Haupt kollekteur, ein und bestieg mit ihm das leichte Gefährt. Und wirklich, es gelang. Leicht und flott fuhr er durch das Städtchen zum Tore hinaus, in den kühlen Wald hinein, der Forstschänke zu, wo man Halt machte, unt sich etwas zu erfrifchen. Natürlich blieb es nicht bei einenr Glase, und schließlich gerieten beide Herren in recht heitere Stimmung Anfangs ging die Rückfahrt ebenso glatt von statten; als der Gaul aber merkte, daß die Hand des Lenkerö dis Zügel nicht mehr allzu stramm hielt, wurde er ausgelassen, und als Herr Woldernar elegant die Ecke nehmen wollte, gab es plößlich einen Ruck, und der Wagen sank zur Seite, der Gaul stand und die Jnsafsen kutsch ten hinteniiber. Man war gegen einen Prellstein gefahren, das linke Hinterrad war total zerbrochen, so. daß an ein Weiterfahren nicht mehr-. zu denken war. Herr Woldemar war ärgerlich, ev sah die Schadenfreude auf den Gesich tern der Umstehenden, und um den peinlichen Lage schnell zn entkommen, übergab er Pferd und Wagen einemt Diensttnann, der beides nach denn Gasthof führen sollte. So endete die erste Ausfahrt. Aber der freundliche Herr Maeyr machte ein paar Witze und brachte es dahin, daßl Herr Woldemar darüber hinweglaim und als man erst bei der Flasche saß war der kleine Unfall bald gänzlichs vergessen. So Viel aber sagte ihm die kühl Vernunft doch, nur so schnell als möglich Pferd und Wagen losschla gen! Gleich nach Tisch kamen denn auch die Kaufliebhaber, und da ergab sich die interessante Tatsache, daß der Nennwert des Gewinnes mit 2000 Mark zu hoch bezifsert war, denn nach langemFeilschen erzielte man fiir Wa gen und Gaul nur 900 Mark; das war zwar schmerzlich, aber damit war ja die Geschichte niin auch zu Ende. Also nahm Herr Woldeinar sein Geld und fuhr nach Hause. Ein paar Tage ließ er sich in seiner Stammtneipe nicht sehen, uin nicht wieder von neuem zum besten geber zu müssen, hauptsächlich aber, ums nicht die Summe des Erlöses nennen zu müssen. Aber der Zufall führte Ihm einein der Zechgenossen in den Weg. »Nun, lieber Herr Woldemar, was haben Sie denn nun herausgeholt aus dem Gewinn?« wurde er gefragt. »O, so nahezu eintausendsiebenhuns Betst Mart,« antwortete er etwas zag a t. - Da jubelte der andere los: »Was! Eintausendsiebenhundert Markt! Sie Glückspilz! Das miissen wir sogleich mal gehörig begießen!« Und damit nahm er den armen Mann unter den Arm und schlepptu ihn trotz alles Sträubens in die Stammlneipe, wo die Neuiglsrit jubelnd betanntgegeben wurde· Als Herr Woldemar fortging, war er um 100 Mart leichter-. Aber das iiberraschende Nachspiel sollte nun erst beginnen. Am nächsten Tage kam der Käuferk des-Pfades um seinGeld zurückzufors dern, denn der Gaul war an der sto lit verendet, und der Arzt hatte nach gewiesen, daß das Pferd die Krank heit bereits gehabt hatte, als es ver kauft wurde. Das alles hatte der vorsichtige Bauer schwarz auf weiß, vom Arzt und von der Behörde be scheinigt. Herr Woldemar war ein friedlic bender Mensch« deshalb ging er zu seinem Rechtsanwalt, erkundigte sich über alles genau, und als er erfuhr, daß das Bäuerlein im Recht sei, zahlte ee anstandslos das Geld zurück« womit der biedere Landmann abzog« Nun aber vertlagte Herr Woldemae die Lotteriekommifsion tn Wende-i burg auf Schadenersatz, weil sie ihn ein mjt Krankheit behaftetes Pferd als Gewinn geliefert hatte. Doch der gute Mann zog auch hien wieder den kürzeren. Die Lotterielommisfion ließ näm lich durch ihren Arzt befestigen, daß das Pferd, als es abgeliefert wurde, gesund gewesen war; wenn es also an der Kolik erkrankt wäre, dann könnte es sich diese Krankheit eben nur zugezogen haben, als es im Besitz des Gewinners war, und somit könne die Lotteriekommission siir leinen Scha den verantwortlich gemacht werden. Also lautete die Entscheidung des Gerichts, und also hatte der Glücks pilz nicht« nur sein schönes Geld per loren, sondern er mußte auch noch ein nettes Stimmchen für Gerichts- und Anwaltskosten bekam-en « Seit jener Zeit wird Herr Mom mar rabiat, wenn man ihm wieder ein Los zu einer Pserdelotterie anbie yt