Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, September 06, 1912, Zweiter Theil, Image 12

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    Dis II.
Log Les Segen
bin-II Stufe iidsekfwnacm
tot M ges und weis and blau
ist. im Giang der Sturm-m
, He we mit, die Sommer-II
MS Dass-« das die Wochen
, Trsckenheit noch mehr beeugi.
tksg durch Kraut und Gras ge
. - stockt-m
St- sieg M Walde hingelenkt
- , tm des Stock-. die im weit-H
, an den Odem- mabnt, verklingt
: Wen frommen Einfamkeitem
. die der Frieden Kränze schlingt
Achst
sie Institution
Erzählung von Ernst Gen-am
»Ein kleines Mädchen?« Der Pri
satp (Polizeileutnant) blickte erstaunt
M seinen Schreibereien auf. »Was
MS sie? Wie alt ist sie?'«
»So ungefähr dreizehn oder vier
W. Euer Gnaden. Und was sie
Mnfclw will sie Euer Gnaden selbst
Mitteilen«, meldete der Beamte be
scheiden.
«Aus unserm Polizeirevier?« Auf
die Befahung des Untergebenen. der
Straße und Haus sowie die Quar
Iiernummer angab, erhob er sich und
Iegte die Zigarette auf den Tisch.
reinfiihrenl —- -—- — Und schafft
Betruntenen in den Schuppen
neben der Feuerwache. Jch lann das
Selreifch nicht länger mitanhifren.«
Aus dem Vorzirnmer erhob sich
noch einmal wilder Lärm. Man hörte
Schlüsselgellappen fluchende Männer
Rirnrnem dann empörtes Gebrüll in
Martikulierten Lauten, und das bald
Darauf in jammervolles Gewinfel
set-schlug Auf seinen Befehl hatte
Inan die bolzvergitterten Käfiae geöff
set und schleppte nun mit roher Ge
walt die einaelieferten Trunkenbolde
Iber den Hof in den kalten, dunklen
Raum. wo sie keinen störten und ihren
Rausch auf dem hinaestreuten Stroh
weist verschliefen. —- Der Nriftam an
solche Szenen gewöhnt, nahm nicht
heiter davon Ilstiz sondern blickte ge
sspannt nach der Tür. Der Schuh
Inann öffnete sie und geleitete ein
Ichlanles, halberwachlenes Mädchen
hinein, das fernher und sogar mit
Ueschmack gekleidet war. Aus dem
TIW Antlitz leuchteten zwei tief
uinschattete braune Augen mit wilder
Sulsthlossenheit Um den feinen
schmalen Mund laaen Falten, die von
einer uniugendlichen Verbitterung
Ieugtew Zwei lange blonde Zöpfe hin
gen auf dem Rücken und kamen zum
Vorschein, als sie plötzlich den Kon
mit jäher Bewegung in den Nacken
Vati- —- »Du heißt?«
»Aera Patolowna Smirnotv«, ant
wortete sie mit llingender Stimme.
«Wie alt bist Duf«
»Hier-Zehn Jahre am 10. September
Der Priftani war ein äußerst gut
Wiget Mann, der feine Weichheit
Ist nur mühsam unter Rauheit ver
. Er hatte selbst eine Tochter in
Alter. die er vergöttertr. So
feste er sich nieder, ohne das Kind
aus den Augen zu lassen, dessen rei
sende Erscheinung sein Mitleid er
halte. »Was willst Du von mir,
Iets Patrilonmaise fragte er lächelnd.
Sie wandte H nach ihrem Be
· leitet um und meinte zögernd: »Dars
Ihnen daz nicht lieber allein sa
«Uhtreten, Petrokvitschl« — Die
ser verschwand »So, mein Kind
nufiz sind wir allein Also was giebt
es
Veto senkte eine Selunde den
Ross. Ein schwerer innerer Kampf.
Dann fah sie den sonst so gefürchte
ten Mann fest an: »Ich wischte —
— anzeigen, daß — —- mein Va
cet —- — in Moskau mit falschem
Muse unter falschem Namen lebt!«
sls dies heraus war, wurde sie to
smbleich und griff nach der Fischlein
Ie, weil ihre Kniee bebten.
«Gott schätze uns«, entfuhr es dem
doch an Außetordeniliches aewöhnjen
Polizeibeamten bei dieser Dem-asia
Iliom Die Zigatette fiel ihm aus dem
Munde. Auch er erblaßte Wie ver rie
gen mied er den Blick des Mädchens
und schaute auf den Zettel, den Pe
lrowiifch vor ibrn niedergelegt hatte.
»Dein Vater heißt also nicht Pawel
Smirnomitsch Smirnow?«
»Nein! —- Er beißt Pawel Jefi
mowiisch Djedroff'«, antwortete sie
lind
»Und wo stammt er her?«
»Aus Samara, aber wir lebten frü
her hier in der Außenstadt.« Sie
nannte Straße und Haus.
Der Prisiam erhob sich und befaljl
seinen Untergebenen, ihm einen At
. send-and den er näher bezeichnete, zu
bringen. Dann trat er in das Zim
mer zurück und schob dem zitternden
Kinde einen Stuhl hin: »Setz Dich!«
rief er unwirfch, und während er un
ruhig auf und ab schritt, setzte er sein
Uerhör fort. »Dein Vater arbeitet in
der Bank-P
»Ja, er ist Bucht-alter im Kredit
Theman seit zwei Jahren, vorher
var er Schreiber in der Stuttan
Ichen Fabrik
vvEin Mann, der so lange in solcher
Mit-us ist, scheint roch ein ordentli
Eise-seh zn sein Wozu braucht er
- Minifckkn Namen?« erteog der
Gesteine hatte ihn im Auge be
W
MMMSCICMMMH
lau gezogen. als Vater die Stellung
bei Stattan erhielt Aber dann
kan- die Resolution und cnein Ba
nk hat auf des Tvetlaja mttgellimpfi
und dort Offiziere ioigeschossen Und
da haben sie ihn vier Jahre nach Si
;birien geschickt und ihm das Webs
Ttechi in Moskau nnd Peieefdntg se
amnsnen —- — —«
i Es klopft-. Ein itan
Ibeachee einen riesigen Band ange
kschleppt. Dei Peinen- btstiekte auge
kduldig. Endlich fand et, was et such
;te, und las ein-e lange Eintragung
iverschiedene Male an meelsasi durch.
sSeafsend niclie et nnii dem Kopfe
fund blickte die Besuches-in durchdrin
gend an. Sie saß mit gefalteien
Händen und bescheiden vor ihm: aber
ein heftiger Widerwillen gegen sie et
faßie ihn. Jst-nun einmal her, Beka«.
sagte et zornig. Sie stand gebot-sum
auf und ital vor ihn hin.
»Es stimmt alles, was Du erzählt
hast« fuhr er fort. »Dein Vater hat
seine Strafe verblißi und ist nach Ka
san ordnungsgemäß abgemeldei. Wat
-um brauchi er einen falschen Namens
Warum will et —- zum Teufel —
ssdurchaus in Moskau leben und fest
sich solcher Gefahr aus? Russland isi
»dekl- groß genug. und Buchhaltet
.brauchi man überall!«
i Sie öffnete die festgeschloffenen Lip
kvent »Das hat ihm meine Mutter
Etaufendmal gefagt, hat ihn ange
fleht, mit uns in die Provinz zu ge
ben. Sie will wieder die Hände blu
tig arbeiten wie damals, wo er doch
Hin Sibirien war und Mütterchen uns
Evier allein ernährt hat.«·Eine heiße
Zärtlichkeit klang aus den Worten, ihr
schönes Gefiel-toben wurde weich und
lieb. wenn sie das Wort »Mutter«
sprach.
»Und will Dein Vater nichts —
Bielleicht hat er hier ein gutes Ge
halt, und tann Euch, feine Kinder,
besser erziehen, Verotfcbta?« fragte er,
fiir den abwefenden Vater unwillkür
lich Partei ergreifend.
Wieder flogen die Zöpfe. fie schüt
telte den Kopf. Sie verfinsterte sich
förmlich: »Der? Oh. bah, nein! An
uns denkt der überhaupt nicht mehr.
feit er zurück ift. Solch gutes Gehalt
hat er! Wir könnten fein leben: aber
alles geht ja fort. Und Mutter und ich
nähen uns noch die Schwindfucbt an.
um nur durchzutonimen und Grifeha
und Safeha in die Schule zu schicken.
Wir hatten es -ia-oiel leichter, als er
fort wart« ·
Mit tiefern Mitleid betrachtete der
Priftaw feht das verhärmte Kind und»
verglich es mit feiner rotbäetigen, lu-"
siiaen Tania daheim, die so foralodi
heranwachs. »Sage mir, VerotschtaTj
meinte er milde, »der Vater bat sichs
wohl in der Verfchickung den Trunk
angewiibnt oder das Spiel?« Davon
hören wir oft!« Er nahm ihre kleine
talte Hand, die in feiner warmen nee
vös zuckte.
«Wenn er noch frielen oder trinken
wiirde!« brach es aus ihr hervor.
»Friiher, als ich noch tlein war, daz
»war er oft betrunken; aber immerz
»lieb und gut und so vergnügt. Da!
Lbat er Mütter-then getiißt und uns«
»vier, immer der Reihe nach. Und Oli
)iufcha war noch ein Söuglingx aber
Idie bat er überhaupt nicht vorn Arm
Glossen wenn er aus der Fabrik»
E m·«
»Was hat denn Deinen Vater fo
verändert, mein Kindk
»Seit der Doktor ins hauz kam«
kden fie dann auf dem Kremlerfchossen
Ihaben, ift der Vater ein anderer ge
kworden. Da ift er zu den Turm-i
Eften übergegangen und nun muß er
Einn, was ihm befohlen wird.« Beras
tStitnme wurde fchrill. als fie fort
sfuhrt »Vierzehntauiend Rubel hat er
Isich an der Lena mit Goldgraben er
tspart; aber alles mußte er dem »Ge
Iheimbund geben« der ihm die Stellung
und den Paß hier beforgt hat.«
Jn dem Priftaw erwachte das amt
liche Gewissen. «Mifchen sich die Ter
roriften denn jetzt auch noch in Euer
Leben ein, Verotfchta?« fragte er mit
blinzelnden Augen.
Sie riß sich jäh los und legte trotz
dem die Hand auf seinen Arm: »Aber
gewiß, daher kommt ja unser Elend,
und darum bin ich hier« Sie sollen
meiner Mutter und mir helfen. Un
ser alter Dtvornil sagt, Sie wären der
beste Prisiaw aus Moskau, Sie näh
men kein Geld und hätten ein golde
neö Herz «
Geschmeichelt und leicht gerührt zog
er die Kleine an sich: .Du bist eine
kleine Närrin, Berotschlat Was lann
ich denn trink
»Köu·nen Sie meinen Vater nicht
auskneifen, fest, wo Sie doch seinen
richtigen Namen wissens« fragte sie
!gespannt.
I »Gewiß, das können wie-: sagte ek
leise, »aber Deine Mutter und Jhr
Ifeid noch seine Familie, seid in feinem
Passe eingetragen- Jhe mästet doch
imit ihm fortziehenk
) Sie erschrak Daran hatte sie att
sgenscheinlich nth gedacht. »Nein, das
geht nicht!« rtef ste. Grischa Und
Safcha haben doch Fretschule, und
Edie Gröfin hat versprochen, sie studie
ren zu lassen, wem- tvir weiter dafür
sorgen, daß sie sauber gekleidet gehen
und ordentliche Bücher und
beut Und anderser bleibt akatee
bei usw«
»Aber vielleicht ttt er in einer an
dee«n Stadt ntht so tu den hindert
see Sekten-Mk
Ein schwerer Seufzen .sch, lie
ber Den Peistanx das ist fest gw»
sättig! Er hast uns ja doch. sagt ja.
wenn ee überhaupt zu Hause s tichh
M nur« daß wie Ketten an einen
Sitzen sind. die schlimmer männ. cis
die. welche et aus dem Statisan naq
Sibitken schleppen mußte Er säiii
Mäitetchen eine Kleinbiitgeriw die idns
nicht verstehen kann und seine Ideale
nicht kennt! Und immer nett-ringt
let die Abende bei Jelena Ossipotos
na— —-·«
« »Wer ifi denn das. Berotschiaik
Diese zuckte die Achseln und ent
gegnete bitter: »Zulsniitztin isi sie und
war auch in Sibieiem aber nur zwei
sJaber. Sie hat mit Vater in einem
PDotse gelebt und gehört auch zu ihn
Tereoeisien —- —"
»Dann gibt et ihr wohl sein Gelds·
Efokschte des Pkisismx
’ Bei-a schüttelte verneinend den Kopf
und meinte harmlos: »Ach nein. sie
hungert ja auch und gibt alles-, was
isie verdient, kin. Sie schicken ja alle
die letzten Kapeien nach Finnland. —
Abet können Sie Jelena Ossivotvna
nicht ausweiseih Herr Pristawi Miit
terchen meint auch, die hätte unserm
Vater noch den letzten Verstand ge
nommen. Sie predigt ihm imme.
daß es nichts schadet. wenn wie alle
au Grunde gehen. Die nächsten Ge
schlechter würden dasiit itei und gliieki
lich sein! Bitte. schicken Sie doch
gesetzes Ossipatvna aus Moskau spri,
i e «
--- — sie st. »—LL-—
Ost gctclsle Wissen ouutc nquer
send auf das Kind. Er tannte diese
its-erzeugten Freiheitsheldem diese
Märtyrer ihrer hochfliegenden Ideale
und das ilnaliick, das sie wider ihren
Willen iiber ihre Familien bringen«
zur Genüge Seine band glitt mit
leidia tosend iiber die Wange sdes
Vactsischchen2. Sein Menschtum war
größer als sein Poliaeigewissm »Ve
rotschta«. saate er leise und herzlich,
»weiß; Dein Mütterchen. daß Du hier
bist? Snae die Wahrheit!«
»Um Gottes willens« schrie sie auf.
»Mutter würde ins Wasser gehen,
wenn sie es ahnte. Und Vater wiirde
mich totschlagen —«
»Das dachte ich mir«. meinte er
lächelnd· »Du hast etwas Gutes
tun wollen, Verotschla. aus Liebe zu
Deiner.Mutter haft Du aber etwas
sebr Böses getan. Ja. ja, mein
Kind, glaube ed mir. Weil ich el
nber gut mit Dir meine. will ichi
nichts gehört haben von allem, was
Du mir erzählt hat, -—— nichts!—— Geh
nur heim und hilf weiter fleißig Dei
ner Mutter fiir Deine Geschwisier for
gen.«
",.So wollen Sie uns gar nicht hel
fen?«- fragte enttäufcht und verzwei
felt. »So soll das ganze Elend wei
tergehen —- —
Er erhob sich und fiihrte sie bis zur
Tür. »Ich werde mir sorglich überle
gen, was ich für Euch tun kann, ohne
mir selbst zu schaden. Vielleicht stillt
mir etwas ein. habe inzwischen Se
duld und Gotwerteauem Berotschla!«
Damit entließ er sie.
Müde und hoffnungslos schlich sie
heim. Der Geistliche aus der nahen
Kirche und der als gut betannte Poli
zeibeamte hatte sie fortgefchiat, Wer
sollte jetzt noch helfeni
M
Der Diebstahl eines seen-eurem
Der verstorbene hervorragende
Mathematiter henri Poineari war
der Gelehrte, wie er in im Buche
sieht, einfach in seiner Kleidung,
turzsichtig und zerstreut. Seine Zer
ftreutheit war sprichwörtlich, und er
war der Erste, der darüber herzlich
zu lachen vermochte. Eines Tages
ging er von der Atadernie nach Hau
ssex mit gefenltem Kopfe, nachdenk
ilich vor sich hinsinnend, schritt er
saus. ais er piiihlich gewahr wurde,
daß er einen — Jlafchenlorb in der
Hand hielt. Herr Poinearö war ein
szu wissenschaftlicher Geist, um an
zunehmen, daß dieser Gegenstand;
durch ein Wunder in seine hand!
gekommen sei; es fiel ihm daheri
sofort ein, daß er ihn wahrscheinlichl
unbewußt aus der Auslage eines
Geschäfts genommen hatte, und er
ging also den Weg zuriich Richtig
lxcmv ek ban- den Laden· den ihm
ie anderen vorhandenen Sie-schen
liirbe als den richtigen bezeichneten,
und der berühmte Mathematiker
ftellte so distret als möglich den .ge
siohlenen« Gegenstand an seinen-plus
zurück und ergriff dann die acht,
ais ob er jegt erst gestohlen tie.
--————
H
triftig-r Inn-A
Peter Roiegger erzählt in seinem
»heimgarten« folgendes Gefchichtchem
Jn«St. Raps-recht an der Sallach
war ein bäuerlicher Winlelarzi we
gen Kurpfnscherei u acht Tagen Ar
rest verutteilt wor . Der Verurs
teilte machte sich nichts daraus, nur
sagte er ganz artig: »Den Richter,
a Gebitt hätt ih holt. stunk nia nit
mei Strafzeit a bissl derschobn wern,
af a Monat oder wass« Antwortete
der Richter: »F möcht Ihnen doch
taten, die Stra e gleich einzutreten
Dann sind Sie fertig.« —- »halt frei
nit derweil (nichi gelt) han ils hiazk
—- ,,Waj haben ie denn so Nöti
ges zu tun, jeht im Winterk —
«Wissnj, herr M ter, der Doktor,
mqu Spitalar i, trank nnd ih
Ihr-n ihn in Be dlungf
Z zeitlisz
Hase-M von Juli-i knaps.
I
!
I unter ves- stee ewig ichs
nen and reizvollen Irilhlingteeroas
chene den die deutschen Lande
Jn den «ldern spsßte und grünte
es, die Zinses see-g Er Lied, der
Pkwi PMB die nein-nun nnd Pet
tneln dichten, frischen. kräftigen
Etdgeruch atmet-n die rsten, nnd
selbst in den Karten tetnmaeeern
Berlini« towte nean den jungen Lenz
gewndrem Aus den Straßen ver
tausten die Blumenstreuen schlanke
Weidenzlveige mit den silbergrauen
Kätzchew L
Der junge Mann, der frohen her
zeng im Tarameter nach dern An
halter Bahnhos sahe-, murmelte im
mer wieder in ausgelassener Freude:
.dem Lenz, dem Lenz entgegen!«
Er hatte eine schwere Wiederkom-»
pagne hinter sich, war sehr fleißigs
gewesen und hatte Porträts in gro
ßer Anzahl gemalt. Man schäßte
Etsch Meidling als ein gutes Talent,
und da er viel Konnexionen besaß,
so konnte es nicht wundee nehmen,
daß ihm die Aufträge zuslogen.
Nun aber hatte er genug, er sehnte
sich nach Wald und Wanderung.
dem hats galt sein Ziel. Dort
wollte Meidling die bösen Nerven.
die zu rehellieren anfingen. wieder in
Räson bringen- . . . Ngr Fvenige
Dlllllch Bahllsclkskh llllo Icle Will
erreicht. Das ersehnte, bizarre Bode
tal umfing ihn mit seinen Reizen.
Fünf Tage bereits durchstreifte
Erich Meidling das schöne Gebirge.
Er hatte sich vollkommen tholt und
fühlte sich frisch, wie nur je. Nun
war er in Jlfenburg angelangt, und
er liögerte nicht, dem alten Vater
Brocken, den er schon so oft begrüßt,
seinen Besuch abzusiatten.
Eine etwas befchwerliche Wande
rung; denn er hatte es vorgezogen.
den abtiirzenden Weg durch das
steile »Schneeloch« zu nehmen. Die
Sonne brannte,.heisz. der Weg war
lang, aber Meidling blieb guten Mu
tes. Den Ruckfack auf dem Buckel
wanderte er fröhlich fürbafz und
summte ein Liedchen, hin und wieder
den reichlichen Schweißerguß mit
dem Taschentuch entfernend.
Nur eine Stunde mochte es noch
bis zum Gipfel sein, da bemerkte er
bei einer Biegung des Weges zwei
Damen. Die eine lagerte mit allen
Reichen der Erschöpfung auf dem
Boden, während die andere. eine
schlanke Blondine, mit blitendem
blauen Augen, gespannt umher-schau
te. Als sie ibn erblickte, flog sie auf
ihn zu und sprach mit einer zarten
Stimme, die ihm wie Sphärenmusik
llangt »Mein herr, ich bitte Sie um
Ihre Hilfe. Meine Freundin hat
ihre Kräfte überschiiht, sie ist völlig
ermattet, wir waren so unvorsichtig,
keine Getränke mitzunehmen, würden
Sie uns mit einem Schluck Rotwein
oder Kognal aushelfen?«
Erich Meidling bejahte. »O, es
wird mir ein Vergnügen sein; meine
Feldflasche ist noch mit einem guten
Tropfen gefüllt, bitte!« «
Er entnahm seinem Etui ein
Glas, füllte ei der schönen Blonden.
Die Freundin trank den Wein in
hastigen Zügen. Er wirkte bele
beid und nach zehn Minuten war die
marode Dame wieder hergestellt.
Man danke dem Retter in der
Not rnit freundlichen Worten, fand
Gefallen an dem offenen, liebens
würdigen, jungen Mann, und so war
es natiirlich, daß ihm gestattet wur
de, sich den Damen anzuschließen
Erich Meidling stellte sich vor und
bemerkte mit Vergnügen, dass den
Damen sein N e wohlbekannt war
Eine leichte lteit, gemengt mit
einem ihm selbst nicht ertlärlichen
Wohlgefühl erfkllte seine junge See
le. Aber ach, das Vergnügen schmolz
wie Schnee in der Sonne, als die
Reifegefiihrtinnen auch ihm das Ge
heimnis ihrer Persönlichkeiten ent
hiillten. Die marode Brünette nann
te sich Frau Alma Jäger aus Berlin
und ftellte die blonde Freundin als
Frau Maria hört-rann vor.
»Frau hörmann', plagte er her
aus, die Titulatur »Frau« scharf be
tonend. »
Irau Marie lächelte. Zuber nn
tiirlich Oder sehe ich Jhnen nicht
hausfrauenrnäßig genug ausf«
Der Maler blickte sehr unglücklich
drein.
«Jiun wohl«, fuhr sie mit behender
Zunge fort, den rechten handschuh
abstreisend, ȟberzeugen Sie sich
selbst, herr Meidling.
Sie streckte die rechte hand hoch,
und in der Tat, irn Frühlingsschein
blihte der bekannte Ring, der das
Symbol der Ehe bedeutet. Jn Weid
lings Seele riß etwas. Aus einmal
schien die Sonne nicht mehr so hell,
güßte die Landschast nicht mehr so
riickend, wirkte der Brocken, ja der
ganz- harz nebst Umgebung nicht
mehr so reizvoli. Der Maler gab
sich einen Ruck. Teufel« was war
denn in ihn gefahren, daß er, der
bisher iiber die Liebe auf den ersten
sites gespbttelt, sich so iin ndnrns
drehen in die erste beste hüb che Lar
»ve, die noch dazu einer verheirateten
; kau angethte, verguelt hattet
, n auch das zarte Oval ihres Ge
ssichtes, ihre graziiise Figur, ihr rei
che-, natiirlich gewelltet ar sein
Wtsdneftiqes Maler- uqe reiz
ie, nnd der leuchtend Blick ihrer
sagen ihn ganz ause- -nis(h fes
selte, so war es doch nun-. noch kein
Grund file sein herz, zu repvliiesrem
siir ein dess- dat wahrlich bit jedi
immer in gleichmäßig ruhigem Takt
geschlagen! Schweigend schritt et ne
ben den Damen, grübelnd, zersahrem
Aber das nahm er sich vor: iun sich
nicht in irgend einen Mhltfurvt In
verkennen. wollte er sieh am anderen
jTage von den Damen trennen. Bes
ser war besser, und welcher Mann
sann fiir sich Satantierem wenn zwei
schoöne Augen von ihm Besih et
griffen!
Doch was sind Pläne, was sind
Eniwürsel Um das setz ist es ein
eigen Ding, es meisteri den Kaps.
Und sa geschah es, daß er ban den
beiden Frauen am anderen Tage
Nicht Abschied nahm und aus dein
lonseauenten Frauenveröehier ein
ionsequentet girrender Liebhaber
wurde.
Immer« heißer entflammie Erich
Meidlinq für die schöne Frau Ma
ria« umso mehr, als -r bemerkte, daß
sie seine Huldigungen keineswegs un
gern entgegennahm Manch - ein
freundlicher Blick, den sie ihm spen
deie, ließ sein herz schneller schlagen,
wenn er die schöne Frau auch insge
heim, um sich gewaltsam abzukiihlem
eine Kokeiie nannte.
CEI war ihm oft getodkztt unhe
greiilich, wie eine ebrehaste Dame —
und das war Maria unbedingt —,
eine Dame, die durch das Standes
amt bereits gebunden ist, ihrs solche«
Avaneen machen konnte. Doch diese
Grübeleien überlamen ihn nur« wenn
er allein war. Sowie Frau Maria
auf der Bildsläche erschien, zerfloß
terte seine Mißstimmung.
Eine Woche bereits war das Mee
blatt beisammen — noch einige Taae,
und es hieß Abschied nehmen, Ab
schied siir immer. Denn Meidling
hatte sich vorgenommen, nach der ab
soldierten Reise nicht mehr mit den
Damen zusammen zu lvmmen, am
seine Liebesaualen nicht immer von
neuern zu verschärsen· Das wäre
der genugsam bekannte Schrecken ohne»
Ende gewesen.
Nun, da es an die Trennung ging,
war ihm höchst miserabel u Mute.
Es gab Augenblicke, da er tte auf
heulen mögen. wie ein geprüaeltet
Schuljungr. Da hatte er mal lo
ein Juwel kennen gelernt, und hatte
er sein herz verloren —- und nun
mußte dieses köstliche Wesen ihm
unnahbar sein fiir immer.
Die Damen merkten reinen verän
derten Gemütszusiand, blieben aber
gleichgültig und nahmen keine Notiz
davon. Sie waren nett und lustig
wie immer, ja, Maria zeigte sich so
gar noch liebenswürdiger und entge
enkpmmender, wie vordem. Wahr
cheinlich, so murrte er, um ihm die
bittere Abs iedspille ein wenig zu
versüßen. us purem Mitleid also
Nun, er dankte siir das Mitleid. —
Die jungen Damen wollten mit
dem Bodetal und dem Besuch von
Suderode ihre harzreise beschließen.
Troßdem Meidling mit dieser Perle
des harzes seine Wanderung begon
nen, ließ er es sich nicht nehmen, die
munteren Damen auch dorthin zu
begleiten
Man war in Trefeburg angelangt
und mietete dort einen Wagen, der
die kleine Gesellschaft iiber den
herentanzplatz nach Thale bringen
sollte. Zwei flotte, beinahe zu feu
rige Renner waren vor das Gefährt
gespannt, in schnellem Trade jagten
sie dahin. —- Der Kutscher, der et
was angetrunien war, animierte sie
schnalzend zu einem flinkeren Gange.
Fast schien es zuletzt, als hätte er
die Gewalt über die Pferde verloren,
die Damen machten besorgte Gesich
ter, Meidling erhob sich, um den
Kutscher zu warnen —- da, lurz vor
der Einfahrt in Thale, ein Ruck, ein
Aufschrei —- das Malheur war ge
schehen. Glücklicherkveise war das
Unglück nicht so groß· Ihr Gefährt
hatte einen leichten Milchwagen über
ranni, die Kannen waren entzwei
gegangen und die schöne, weiße Milch
ergoß sich über die Landstraße.
Die Kutscher fluchten in unver
ständlichern Deutsch und schienen nicht
übel Lust zu haben, einen Faust
iarnvf miteinander einzugehen. Da
erschien zum Glück der Polizeidiener.
Er ließ sich den Fall von den bei
den Kuischern vortragen und wandte
sich dann kopfschüttelnd an den Ma
ler und die beiden Damen.
»Sie entschuldigen, meine herr
schaften keiner von den beiden Ker
len will die Schuld tragen, da muß
ich Sie schon um Ihre Zeugenaussw
gen bitten. Wollen Sie sich auf das
Gemeindebureau bemühen Denn
hier wird wohl außer einem Stras
rnandat noch ein Entschädigung-pro
zeß entstehen!
Natürlich mußte man dem Wun
sche des Polizeigewaltigen entspre
chen und Inan wanderte ini Bureau,
wo ein langes Protokoll ausgenom
rnen wurde.
Meidlin und die beiden Damen
unterschrie
Nun möchie ich Sie noch um Ihre
Lesitirnationene ebeten hobenl« inein
te der gewissen fte Beamte, »Orts
nu
HWMeibliW präsentierte seinen Mill
rau zücke zeigte ihren
Frau chein, nur Mir-wurde
Essai-rot unt- soh sich verlegen um.
s »Ich bade leine Legitimation dei
Mit-« sagte sie mit leiser Stimme. «
i »Ist die gnädige Frau diirge ich»
Tiel Meidling ein, »ich tenne die
Dame.«
i Der Beamte zapfte sich TM M
«Rase.
«Js, aber irgend eine Begloudii
gung muß ich sehen.« wiederholte
Her hartnäckig. Plösiich tam ihm
eine ekle-Hunde Idee. «Bielleicht
Idol-en Sie einen Briesumschlag, der
an Ihre Adresse gerichtet ist, Ma
«damet«
Maria destiitigtr. »O gewih.«
Sie entnahm ihrem Täschchen das
gewünschte ändert der Polizist wars
einen Blick daraus und runzelte die
Stirn.
mhören Sie mal,« sprach er erho
benen Tonez, »Sie behaupten, Sie
lseien eine Frau, doch hier steht ia
jFriiuleinl Was sind das für Sa
cheni«
Jetzt wurde Maria blaß. aber
schnell kam ier die Freundin zu
;.s2ilie. »Gewiß ist sie noch ander-hei
fratet —- ied bin’s nicht mehr. beruhi
Taei Sie sich ——« versicherte sie schnell
iden argwödnischen Beamten. »Meine
sFreundin leate sich siir die Reise den
Trauring ihrer Mutter und den to
»sienlosen Titel »Frau« zu, um Be
»liistianngen —« «
Weiter ilam sie nicht. denn Erich
Meidlinq. zweiunddreißig Jahre alt,
keines Zeichens Poeteiitrnaler und-un
ter normalen Umständen ein leidlich
verniinstiner Mensch, tat einen Lust
sprung, trat vor die verlegene Maria«
machte eine tiese Verbeuguna. und
seaate mit srohlockender Stimme:
Fräulein — wirklich Fräulein?«
Fräulein Maria nicktr.
..-O, das Glück!« —- riei er— »ein
Glück iit dass Gesegnet unser berech
ier Kutscher. gesegnet die veraosiene
Milch und dreimal gesegnet endlich
Sie Perle von einem Polizisten!«
Damit driielte er dem Beamten träf
tia die Hand und lud ihn zu einem
Glase Rotsvon aniiisklich der Verlo
bunasieier im hotei ein«
.Nati.irlich nur, wenn Sie damit
einverstanden sind, Fräulein Maria!«
Und Fräulein Maria sagte nicht
nein.
Das höreten Meist-«
Druckfehler sind, wie man weiß.
der Schrecken der Redakteure und
Schriftsteller Aber auch Korrelior
und Seher zieht es lalt den Rücken
entlang, wenn vor ihrem geistigen
Auge der Sehlasienlobold aussieigi.
Denn die Geschichte geht nicht im
mer glimpslieh ab. Aber so schlimm
wie bei einem englischen Bibelverles
ger isi wohl noch niemals ein Streich
des boshafien Druclsehlerieuseld ge
ahndei worden. Es sind,gut zwei
hundert Jahre her. da konnte man
in einer neuerschienenen Bibelauss
aabe im sünsien Buch Mose Kap. 5
Vers 21 lesen: »Du sollst begehren
deines Nächsten Haus, Acker, Knecht,
Magd, Ochsen, Esel noch alles, was
sein ist!« Dem unglücklichen Tnpens
areiser war eine »Leiehe« unterge
lausen —- er hatte das kleine, aber
sin den Sinn um so wichliaere Wört
chen «nichi« vergessen Diese Aus
sarderung zum Diebstahl ging der
Behörde denn doch iiber den Spaß.
Druckfehlerberiehtigungen oder »Er
raia«-Vetzeichnisse kannte man noch
nicht. So wurde denn über den
Verleger die für damalige Verhält
nisse ungeheure Buße von 6000 Mart
verhängt Ferner wurde die Ver
nichiuna der- ganzen Auslage ver
iiigi. Nur ein Exemplar konnte der
allgemeinen Zerstöruna entgehen. Cz
besindei sich im British Museum —
ein literarischei Denkmal menschlichen
Fehlens.
tte Seh-erstern
Eines Tages tommt Mutter Suhr
ins Pfarrhaus »Ach, Fru Paltern,
mit min oll Kirl Ioill dat gar nich
mehr gahn. bei hetts zu dull im
Krüz und in de Bein. Jck hewto
ihm seggt, dat tümmt von all bin
Supen. Atower hei meint, dat
stimmt von de Mill. »Na, Mutter
Suhr, ich habe hier eine Flasche
Franzbranntwein, die nehmen Sie
einmal mit uno reiben Sie ihn da
mit dreimal täglich tüchtig ein.
Dann wird's wohl schon besser wer
den.« »Na, iet bedant mi ok veeli
malö!« —- und Mutter Suhr geht
ab. Arn nächsten Tage tehrt Frau
Pastor selber bei dem Kranken ein«
»Das Einreiben hat noch nicht helsen
wollen« So muß sie denn aus gute
Besserung vertrösten· Aber wie wun
»dert sie sich- all Vater Suhr am
Tage daraus wohlgemut am Pfarr
lhani vorüber zur Arbeit geht. »Aber
TSuhr, hat denn nun das Einreiben
Iso schnell gehotsenk« »Mi, das Ein
treiben nicht«, sagt Vadder Suhr,
Lan-wer tck hetmo dacht, dat duert
sdoch gar zu lang, bet dat oll Tiigs
:von buten an de Weihdag ran
stilmmh da hetvtv tck de Sat anners
malt. Ich hetoto de Buddel uttruns
zlen. Un nu bedant ick rni es verl
!mals. Zru Pastern.« Und damit
ging er hin.
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