Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, June 21, 1912, Zweiter Theil, Image 10

Below is the OCR text representation for this newspapers page. It is also available as plain text as well as XML.

    Roman
von Egbert Carl-sen
(11. Fortsetzung)
- Dittn v. Mariens war in feiner
Hostie zuerst der Blinde zugefallen, et
hite leichtes Spiel, denn seine beiden
Gegner waren aussaan zerstreut
Pleitenbach unterließ denn auch nicht,
vie Fehlen welche Gmolin beging, mit
spiiigen Bemerkungen zu markieren,
welche der jung-e Musiker stillschwei:
geni- hinnahm ohne sich dafür bei»
Weißenbach? Flüchtigteii zu keimt-I
chieten Als aber in der letzten Poe-i
tie der Offiziet mit der Some-Daniel
ceupiette, obgleich der betreffende»
Stich schon Garolin gehörte, tonntef
der Lektete nicht unterlassen, mit tu-: i
Eises Höflichkeit zu bemerken: »Den
Itout hätten Sie sparen können, Herr
sen Pleißenbach.«
»Und dazu noch CoeutsDame",
feste Mariens mit farlafiifchem Lä
cheln hin u, »die Dame des Herzens.
sthanvel Du die mit einer so weg
wetfmdeu Gleichgittigieits Oho, lie
ber Freund, wenn das Deine Frau
wüßte!"
Auf Pleißenbachs Gesicht lagerte«
sich dei der Anspielung eine dunkle
Röte. Er schoß Garolin einen zorni
gen Blick zu, indem er ihm zurief:i
»Auch Beendigung der Vartie werde
ich Jhnen beweifen, daß Sie Jhren
Tadel hätten sparen lönnen.«
»Das möchte Dir schwer fallen, lie
ber Pleißenbach«, fagte Mariens
ruhig, indem er feine Karten aufdeckte,
»denn fest feid Jhr Klein-Schlemm.
Dadurch, daß Du die Ebene-Dame
unnötig ausgegeben haft, ift mein
Bube Force geworden. Viola. Jhr
werdet nichts mehr machen können.
Ja, ja die Herzensdame!«
Mit hellem Aerger betrachtete Pleii
ßenbach die Karten, indem er zornig
feinen kleinen blonden Schnurtbart
drehte und malträtierte, als fei der
an allem Unglück schuld. »Das konn
te ich nicht vorausfetzem daß mein
Vartner fo schwach im Atout wäre«,
brummte er. Und die Karten auf den
Tisch werfend, feste et hinzu: »Da
mit ift der Rubdrr ja wohl hoffentlich
Ms.«
»Gewiß«, nickte Mariens, diePoints
zufammenzählend, »Ihr habt einen
stuer von fünfzehn verloren. here
v. Carolin, Sie würden jeht den
Blinden velommen.«
Die Decken taufchten die Pläne«
aber Garolin verfolgte das Unglück
atzch in dem nächsten Rubher. Er be
ian fchlechie Karten und spielte
außerdem schlecht. Das jedoch warl
es gerade. was am meisten geeignet
var, Weißenbach? Laune wieder zu
let-bessern Als man bald darauf zu
Tisch ging, war er wieder ganz a fon
aife und aetvann es fogar über sichJ
mit Garvlin anzuftvßen, als im Ver
lauf des Sauf-ers Graf Zeck einen
Toaft auf den liebenswürdigen Wirt
mitbrachte welcher heute zum erften
Male feine Bekannten in feinen eige
Jnen Räumen um sich versammelt
habe.
Nach aufgehobener Tafel ichan
Mariens noch ein ileines Spielchen
vor und wollte Bank auflegen, aber
Niemand hatte recht Lust dazu. Man
war so gemijtlich beim Plaudern be
wunderte Martens’ geichrnackoolle
Einrichtung, wobei auch der silberne
Tafelaufsan gebührend gelobt wurde
und dein Hausherrn Geleaenbeit gab,
von seinem Vater Oberftjägermeiiter
und der glänzenden Zeit zu erzählen,
in welcher derselbe des Königs Maie
stät bei sich bewirien durfte, rauchte
dann irn Salon noch eine Eigarre
und trennte sich verhältnismäßig früh.
Mariens hätte seine Gäste, wenn er
gewollt, wohl noch länger zurückhal
ten können; da er aber den jungen
Eduard diese Nacht noch fortfchicken
wollte, war ihm der früh-Heilige Auf
bruch gar nicht unangenehm. Garolin
var der Erste, welcher ging, Meißen
bach blieb bis zuletzt.
»Was hattest Du denn heute Abend
gegen den armen Garolin?« fragte
Mariens, als er mit dem Lieutenant
asein war.
»Gegen Garolin? O nichts Be
senderes«, erwiederte Pleißenbach aus
ver-send »Man muß den jungen
Mann nur zuweilen etwas kurz be
sser Edeln. Er wird sonst gar zu über .
pitig und eigentlich gehört er doch
nicht zu uns.« l
»M, die Garolins sind eine ganz
gute Fämilief
«p««h —- Musikani bleibt Musi
«Mn ich gewußt hätte, daß es
Dir Iwane-ebne wäre, ihn hier zu
wessen, wiirde ich ihn nicht eingeladen
haben VII-et aber in Deinem eige I
, neu hause so viel verkehrt —«
»U- nser-ebnes Davon kann garl
Use Me sein«, unterbrach Meißen
M ist mir Garolin viel zu
Nswnde versanken in Still-:
de
fssekstwi M Wer Msa Worte-geant
ichfragte Mariens,
M er der-Wettern Mars fixier
Ies W
niimn mit-? nicht iibel « ein lächer
licher Gedantel«
Mariens guckte die Achseln. »Du
hast Dich selbst neulich darüber aus
gelassen. daß Garalin die Geh-nas
stunden immer so weit als rniiglich
auszudehinn suche, daß man ihn auch
sonst so häufig bei Deiner Frau tref
ife — dazu Dein heutiges ausfallendes
IBenehinen « mon dieu — da lag der
Gedanke nicht fern Du fpiirtest viel
« leicht eine kleine eifersiichtige Regungk
Jn Wirklichkeit war es nicht Blei
ßenbach gewesen, welcher die Bemer
;tung iiber Garolinkz lange Geh-engs
stunden und häufige Besuche gemacht
hatte, sondern Martens selbst. Det
selbe bielt es jetzt aber fiir besser, sie
seinem Freunde zuzuschieben und die
ser Letztere schien auch ganz davon
überzeugt zu sein, die betreffende Beo
bachtung selbft gemacht zu haben, denn
er erwiederte auf Mariens letzte
Worte: »Hm, ich erinnere mich« daßT
ich damals mit Dir über die Ge-j
fchichte gesprochen habe. Es ist nimer
Garolin bekümmert sich viel um meine
Frau. fast zu diel —«' .
»Er interessiert sich eben fiir dieE
Ausbildung ihrer schönen Stimmec
warf Mariens ein aber er begleitete
die Worte mit einem ironischen Lii
cheln welches Pleißenbach nicht ent
zuna·
»Das sagst Du, ohne selbst daran
zu glauben«, rief derselbe heftig. «Dn
hast es auch bemerkt, daß Garolin ein
Interesse iiir meine Frau zeigt. wel-«
ches mir nicht gleichgiltig fein tann·«?
»Lieber Freund, Du nimmst dies
Sache schlimmer als sie ifi«, suchtel
Mariens den Autgeregten zu beruhi-i
gen, jedoch dieser unterbrach ihn: »Siel
ist also, sie ist« das gibft also auch(
Du zu, es iii etwas vorhanden, was
nicht sein sollte. Wie weit aber dieses
Etwas gehen darf, ohne mich und
meine Ehre zu berühren, das zu beur
teilen, iit allein meine Sache."
.Gewiß«, erwiederte Mariens ge
lassen, »nur darfst Du nicht aus einer
Miicke einen Elephanten mach-ein« (
»Ich habe an der Mücke ganz ge
nug. Eine Mücke tann uns oft mehr
quälen als ein Elephant.'«
»Ohne Zweifel, aber man betätnpftl
diese geflügelten, zierlichen Blutfauger
mit anderen Waffen als die Unge
tiirne in den indischen Dichungeln.«
»Das weiß ich selbst Rate tnir lie
ber, mit welchen Waffen ich die
jMiicke Garolin bekämpfen soll.
glaube, das Beste ist, sobald als inva
lich rnit Georgine zu sprechen.«
»Getade das würde ich an Deiner
Stelle nicht tun.'
»Warum nicht?«
s »Du darfst Deiner Frau nicht ihre
Unbefangenheit nehmen. Jhr ist
sGarolin ohne alle Frage aleichgiltig
fund sie hat bis jetzt zweifellos keine
Ahnung davon, daß der Musiker, wie
Du annimmft, andere Gefühle für sie
hegt als freundschaftliche. Und diese
ahnungslose Unbefangenheit muß ihr
erhalten bleiben. Das Einzige, was
Du augenblicklich tun kannst. ift auf
zupasfen halte die Augen offen und
beobachte Garolin genau, sei aber das
bei freundlich gegen ihn, sonst wird er
argwöhnifch, und zur Verstellung ge
neigt, wie alle Polen, versteckt er sich
dann hinter einer Maske, um Dich
sicher zu machen. Bleibft Du aber
unverändert artig und höflich in Dei
nem Benehmen, so hält er eine Ber
stellung siir überflüssig und Du wirst
Dich bald überzeugen, ob Dein Ver
dacht begiindet ist oder nicht«
»Ich wollte, der verfluchte Musikant
wär-. wo der Pfeffer wächst', sagte
Pleisrenbach indem er aufstund und
den Pallafch umfchnallte.
«Warum?« lachte Martenz. »Ist
Dein Verdacht begründet, was ja
immerhin möglich ist. so werden ei
nige passende Worte immerhin genü
gen, um den Musikanten zur Raison
zu bringen. Stellt sich aber Dein
sVerdacht als grundlos heraus, nun,
Idann kann Dir Carolina Anwesen
Iheit ja auch gleichgiltig fein. Er ist
Iim Grunde ein kiebenswiirdiger
IMensch, ich habe ihn eigentlich ganz
sgern und so geht et noch manchem
I Anderen. Sein einschenetchelndei
iWesen hat ihm viele Freunde erwor
den."
»Liebenswütdig .einschmeichelnd
— - nur zu seht, nur zu sehr«, brumm
te Pleißenbach »Nun, ich werde ihm
jetzt gehörig auf die Finger passen,
und wenn mir nur das Geringste
auffälli, werde ich ihm zeigen, wo der
Zimmermann das Loch gelassen hat-«
Die Freunde nahmen Abschied Als
Haber Mariens allein war, lächelte er:
HEiferfuchi ist eine Leidenschaft, die
Idas mit Eifer fuchi, was Leiden
sehe-sit Also, mein lieber Meißen
bach, fang Du nur erst einmal an,
mit Eifer zn suchen, dann wirst Du
nach meiner Ueberzeugung auch genug
finden was Leiden schafft Die Sache
leis-i sich ja ganz prächtig an, trotz
Isarolifs lächerlicher Gewissenhaftig
k Mi,«
L T
;12. Der Edeslmarder macht
T « sich frei.
- IU Ists-II am anderen Morgen
Mein M Mit-L traf er an der
i
f
lTiire mit einem Weibe zusammen.
’mlches ihn ansprach
Es war eine große, starlinoehige
Person, gekleidet mit einer eigentiirn
lichen Mischung von Armut und Ele
gonz. Ueber einem hellgriinen, seide
nen Kleide, trug sie ein bietwollenes
gelbes Umschlagetuch, in welches Pal
men von einem schreienben Rot ge
wirkt waren. Das Kleid war ihr
zu kurz. so baß man die Füße sehen
konnte. dieselben stoten in seinen
! eugschuhen. welche aber vorn zerris
s en waren, ver rechte sogar so weit,
sboß ber nackte große Zeh heraussch.
Zu dieser Ossenherzigleit stnnb in ei
Inem seltsamen Kontrast oer elegante.
.mit Atlasbonb gornierte und einem
i großen Veilchenstrauß geschmückßduh
iroelcher ihr schief aus dein wirren
;Hoare saß. Das letztere schien Seit
J Wochen mit teinern Komme in Lerch
rung gekommen zu sein, so unbedeut
: lich hing es ihr om Kopfe herum und
»in das Gesicht hinein. Wo hatte
Mortens doch schon dies Gesicht ge
sehen? Vergebens besann er sich bor
ons, und dennoch waren ihm diese
breiten Backentnochen, die platte
Nase, der unverhältnismäßig große
Mund, war ihm dies ganze vom
Branntweingenuß ausgevunsene und
geritten Antlitz mit bem set-innige
sehlihten und rotgeränberten grauen
Augen nicht unbetonnt.
« »Der gnädige Herr Baron werben
verzeihen«, sagte bie Person mit einem
Knix und einem breiten Grinsen, »ich
möchte gern den Herrn Baron spre
chen.«
»Mich?« fragte Marien-Z- oerwun-l
deri. »Wie tommen Sie darauf? Wo
her tennen Sie mich?'·
.Ach, der gnädige herr haben mir
ganz vergessen? Jch hatte allerdings
nur ein einziges Mal und nur kurze
Zeit die Ehre.«
»Zum Teufel! Was wollen Sie
denn eigentlich?« rief Mariens ärger
lich« dem diese Unterhaltung in der
offenen Daustiire um fo peinlicher
war, als die Vorübergehenden ihn
Fund feine fchöne Dame mit lächelnden
Blicken musterten.
»Was ich will, tann ich so schnell
nicht sagen', grinfte das Weibsbild.
: «Wollen der err Baron nicht mit mich
Ihinausgeheni Oder, wenn der gnä
dige herr ietzt keine Zeit haben, kann
ich ja auch zu einer anderen Stunde
wiederkommen. Vielleicht heute Rach
mittagi Bitte nur zu befehlen.'
»Hier sind Sie denn? Wie heißen
Sie "
«Marie Mirsti. Der gniidige herr
werden sich erinnern, die Tochter von
dem früheren Grenzauffeher Mirsii.
Es ift wegen des jungen Eduard,
was ich mit dem Herrn Baron spre
chen wollte.«
Kommen Sie mit herauf.«
Mariens drehte sich turz urn und
ftieg langfam die Treppe hinauf,
Fräulein Mirsti folgte ihm
»Nun, was haben Sie mir wegen
EduarW zu fagen?« fragte Martens,
indem er sich oben im Solon in einen
Fauteuil fallen ließ.
»Ich habe ihm diese Nacht auf dem
Bahnhof gefprochen«, etwiederte die
»fchiine« Marie, indem sie ohne eine
Aufforderung abzuwarten, Mariens
gegenüber Platz nahm. »Es war
ganz zufällig, ich war gerade ange
tommen und er wollte abfahren, viel
konnten wir daher nicht miteinander
sprechen. Aber er fagte mich doch,
daß er bei Jhnen im Dienst wäre
und wo Sie wohnten und das war
mir fehr lieb, denn fonft hätte ich
Sie wohl nicht so schnell gefunden.
habe ich Ihnen doch nur ein einziges
Mal gesehen und auch nur recht kurz,
und es war ja auch nur fo eine Ver
mutung von mich, daß Sie der herr
wären, welcher Eduard zu sich genom
men hat, weil Sie ihn damals zu
i brachten an dem Abend, wissen
ie wohl noch?«
Bis hierher hatte Mariens die Per
son ruhig sprechen lassen, jeit aber
unterbrach er sie ungeduldig mit der
Frage: «Warurn wollten Sie mich
denn aufsuchen? So sagen Sie doch
endlich einmal, was Sie von mir
wolle-IF
»O, ich wollte nur ’tnal mit Sie
über Eduard sprechen, wegen seiner
vornehmen Abkunst, wissen Sie
wohl?« Er sagte mich, er wäre Be
dienter bei Jhnen und das schickt sich
doch eigentlich nicht sür einen herrn
v. Birzorosti.«
»Sie saseln, Evuard ist in Jhr
Vetter und heißt ebenso gut Mirsti
als Sie.«
Die »schöne" Marie verzog ihren
großen Mund zu einem breiten Grin
sen. «Friiher habe ich das auch ge
glaubt«, meinte sie. »Aber als wir
damals so vlöylich von hier abreisten
und Ednard zurückblieb, merkte ich
wohl, daß es mit ihrn eine besondere
Bewandtnis haben müßte. Auch kam
ich bald dahinter, daß mein Vater-,
der Lunis-, mehr Geld hatte als die
zweihundert Thaler, welche er mich ge
zeigt, und ais er ’mal wieder einen
rechten Rausch hatte, durchsuchte ich
seine Kleider und fand eine Summe
von mehreren tausend Thalern. Als
ich ihu nachher sragte, sehr er das
Geld hätte, wollte er mir neiget-;
s
----------------------------
.
aber mit feinen Kräften war es nicht
mehr weit her und ich habe fchon
manchen Mann gezwungen, der stärker
war als er.
Bei den Worten ftreifte das Mäd
chen ihre Aermel zuriiet und zeigte mit
Stolz auf ihre fchtnuhigem aber träf
tigen Arme, deren Mustulatur einem
Schlsstkkutchte alle Ehre gemacht ha
ben würde. »So tam es«, fuhr sie
fort, »daß er tlein beigab und mir
Alles erzählte. Nur auf Ihren Na
men tonnte er sich nicht mehr besin
nen, der Trunk hatte fein Gedächtnis
ganz verdorben. Seitdem er fo viel
Geld hatte, war er faft immer be
trunken, das brachte ihn schnell vol
lends herunter, dazu tam der haften,
wissen Sie, und dann hat er auch
’mal eine ganze Nacht auf der Straße
gelegen. ich dachte schon, er wäre mir
durchgegangen, aber am anderen Mars
gen fand ich ihn vor dem hanfe lie
gen, halb im Ninnftein und ganz naß,
aber fest fchiafend. Das muß ihm
doch wohl zu viele gewesen sind, denn
noch an demfelben Tage triegte er das
Fieber und das gab ihm den Reit.
Jm Deiirium hat er auch noch viel ge
ichwafzt von dem Schloßbrand da
mals, wiffen Sie, und als er wieder
bei sich war, wollte er einen Geistli
chen und beichten. Es war aber fchon
zu spät, er konnte nicht mehr sprechen.
- Schloß Wolno -- das brachte er
noch heraus, aber den Namen Bir
zowsti lonnte er nicht mehr finden,
und nachdem er noch die lebte Oelung
erhalten, verfiel er in die heftigfte
Fieberraferei. Er geberdete sich ganz
wie wahnsinnig und brüllte und fchlug
um sich und der Doktor meinte, nun
würde es wohl aufs Lette gehen
Und io war es denn auch in der Nacht
ftarb er.«
»Da hat er nicht mehr viel von sei- "
nem Gelde gehabt«, meinte Martens.
»Genug hat er davon gebraucht, der
Lump«, ries die «schäne« Marie, »und
Alles siir sich allein. mir bat er dabei
darben lassen, der Rabenvater. Und
mich die ganze Geschichte verheimlichen
zu wollen« eine solche Dummheit! So
gut hätte et mich doch kennen sollen,
daß ich trohdem dahinter kommen
würde; wenn er es mich aber zur rech
ten Zeit gesagt hätte, dann würde er
ein weit besseres Geschäft gemacht ha
ben. Denn das kann ich Sie sagen,
herr Baron, so billig hätte ich die
Geschichte nicht hergegeben.«
Mariens zuate die Achseln. »Das
sind geschehene Dinge, die nicht mehr
u ändern sind", sagte er kalt. »Was
führt Sie nun aber zu mir? Was
ist es, das Sie wegen Eduard’s mit
mir besprechen wollten ?«
«Dinge, die nicht mehr zu ändern
sind«, schrie das Mädchen. und schlug
mit ihrer großen plumpen Hand so
kräftig aus ein« neben ihr stehende
Tischchen, daß das zierliche Möbel
ächzte und knaätr. »Was aeht es mich
an, was Sie mit meinem Vater abge
macht haben? Jetzt haben Sie ef- mit
mir zu tun und ich kann Sie sagen,
herr Baron, ich lasse mir nicht so
ibibertölpeln wie der alte Trauten
old.«
»Wenn Sie nur endlich einmal aug
sorechen möchten. was Sie eigentlich
von mir wollen«, sagte Mariens mit
eisiger Ruhe. »Sie haben sich damit
eingeführt. über Jbren Vetter Eduard
mit mir reden zu wollen« bis ietzt ist
aber nur von anen und Ihrem Vater
die Rede gewesen«
»Geld will ich zehntausend Tha
ler will ich billiger tue ich es
nicht«, schrie Fräulein Mir-Sti, und
versetzte bei jedem Satz mit der ge
ballten Faust dem neben ihr stehenden
Tischchen einen hieb, dasz Martens
den Moment tomrnen sali, in dem
dasselbe unter diesen wuchtigen Schlä
gen zusammenbrechen würde.«
»Dann bedauere ich, anen nicht
dienen zu tönnen", versetzte Mariens,
indem er ruhig ausstand und das be
drohte Möbel aus der gefährlichen
Nähe der »sch’rinen« Marie entfernte.
»Ich bin tein Geldverleiher.«
»Und ich will auch tein Geld gelie
hen baben«, treischte das Mädchen.
«Hilden Sie sich nur nichts- ein, Sie,
und machen Sie keine Weiterungen,
Sie -- - Sie«, sie suchelte mit den
händen in der Lust herum. bis sie
das rechte Wort gesunden hatte »
.Sie Schwindler Sie!'·
»Sie scheinen schon am sriiben
Morgen betrunken zu sein«, sagte
Mariens mit unverwiistlicher Ruhe.
Die «schiine« Marie sprang wütend
empor. »Was? beleidigen wollen Sie
rnir auch noch? Wissen Sie, was ich
tun werde, wenn Sie mir das Geld
nicht geben? Jch reise Eduard nach
Berlin nach und s ihm, wer er ei
gentlich ist sund da er gegen Ihnen
austreten soll. Sie meinen wohl, weil
Sie die Papieee haben, könnte man
ahnen nichts beweisen? Obo! Ich
nn es vor dein Kriminal beschwö
ren, was mich mein Vater gesagt hat«
und wenn man mir nicht glaubt, eige
ich das Geld vor, das Sie menein
Vater gegeben haben, dann wird man
mir schon Its-den scheuten. ! Na
n sie snur nicht ein so I
Ists-, ne meiner mit ,
nnd Ieise sich dass-II nichts
--------------------------
ben, bringe ich Ihnen ins Zucht
haus. "
Martens’ Brauen hatten sich dro
hend zusammengezogen und in seinen
Augen begann es grell zu funkeln.
Er stand mit dem Rücken gegen ein
Schränlchen gelehnt. auf das sich die
Linie stüyte, während die Rechte,
unbemerkt von dem jungen Mädchen,
behutsam eine tleine Schieblade her
auszog und derselben ein Terzerol ent
nahm. Bei dem Worte »Zuchthaus«
hielt er der »schönen« Marie dasselbe
entgegen, indem er im gleichgiltigsten
Tone sagte: »Dann würde ich mir vor
her noch das Vergnügen machen Sie
wie eine Kase niederzuschieszen."
Wie ein Sturzbad wirtte der An
blick der Waise aus die Wütende. Mit
ireidebleichem Gesicht taumelte sie zu:
rück, während Mariens mit höhni
schem Lächeln sortsuhr: »Dies Ter
zerol schießt ganz vorzüglich und gibt
dabei nicht einmal einen KnalL Es
sind das sehr nützliche Instrumente,
vielleicht haben Sie schon einmal da
don gehört« man nennt sie Teschings.
Es bedarf also nur eines Druckes mei
nes Fingers und Sie haben aufgehört
zu atmen, ohne daß ein Mensch etwas
davon hört. Vermissen wird Sie auch
Niemand, Niemand wird nach Jhnen
fragen oder suchen. So sicher vor der
Rache des Gesetzes kann ich Sie hier
töten, als wären wir zusammen allein
aus einer einsamen Insel. Nun. wie
gefällt Ihnen ietzt der Schwindler.
mit dem Sie meinten. so leicht sertig
zu werden?«
«Die «fchöne« Marie hatte sich ge
faßt »Sie find fest im Vorteil und
hoben rnir überrurnpeli«, fagie fie, in
dem sie behuifarn nach der Türe los
vierte, aber als sie im Begriffe mor,
die Hund nach der Klinke auszustre
cken, hob Mariens von Neuem das
Terzetol und rief: »Fort da von der
Täte, fehen Sie sich ouf den Stuhl
dort ncn Ofen.'«
Mariens-« Augen funkelien fo wild
bei den Worten und die Münduna des
Terzecols gähnte die «fchi5ne« Motie
fo unheimlich an. daß diefelbe ohne
einen Laut des Widerspruches dein
Befehle nnchiann
lFotifeyung folgt.)
-----------------sssssssss
Ifssssssssiswøsvs
Memoirien der Mutter
Uapoleon l.
njmjfmfccfcsscccsst
sind gehaltdoller als die modernen der
ehemaligen Herzogin von Toskana,
Luise Toselli, die im allgemeinen we
nig Anklang gefunden haben. Ge
meinsam ist beiden Erinnerungen nur«
dab- ihre Autoren italienischen Boden
berührt haben und daß fchriftstellerifche
Hilfe notwendig war, denn Lätitia
Bonaparte war in hohem Alter voll-.
ständig erblindet. Jede Sensationg—
sucht war aber der »Frau Mutter«,n:ie
sie offiziell in Rom genannt wurde,
fremd. Lätitia ist übrigens nicht nur
von dem französischen Dichter Voran
ger. sondern auch von einem deutschen
Dichter besungen worden, als sie im
Alter von 80 Jahren den Tod ihres
Enkels überlebt hatte. Nach dem Tode
des Herzogs vonReichftadt hatte »Frau
Mutter« am 22. September 1832 ein
neue-L- Testament niedergeschrieben das
am Abend des 2. Februar 1836 ihrem
Todestage, unter den Augen ihres
Bruders, des Kardinals Fesch, der be
reits die höchste Stellung im Kardi
nalstollegium erreicht hatte, eröffnet
wurde. Es war in italienischer Spra
che abgefaßt, da Liititias Setretiirin,
Nosa Mellini,die auch die obenan-ähn
ten Memoiren niedergeschrieben hat,
Pralienerin war · . .. Mancheö in die
en Erinnerungen einer an Geist und
Charakter hochftehenden Frau, deren
Söhne ganz Europa vorübergehend
uutgestaltet haben, dürfte noch heute
interessieren. Erscheint doch der sonst
etwas brutale Charalter Les lorfischen
Eroberers, wenigstens der Mutter ge
geniiber, hier in milderem Lichte. Nach
dem 1785 erfolgten Tode seines Va
terS schriebNapoleon an Lätitim »Mei
ne teure Mutter! Jeht, da die Zeit den
ersten Ausbruch Jhres Schinerzes ein
wenig beruhigt haben wird, beeile ich
Mich, Ihnen meine Dankbarkeit für die
Güte zu bezeigen, die Sie mir jederzeit
erwiesen haben. Trachten Sie sich zu
trösten, meine teuere Mutter! Die Um
stände gebieten es« usw ..... Erst 16
Jahre alt, suchte Navvleomder damals
auf der Militiirschule in Brienne war,
um Freivliise «er seine Brüder nach.
Die Familie war zahlreich und ver
schuldet von dem verstorbenen Vater
zurückgelassen worden. Welch hohen
rad damals die Mnot Littitiai er
reicht hat, beweisen diesstiese deISvh
nes an die Mutter. II einem dersel
ben klagt Verbotes-« sie ihm die 6
Frank, welche er thr— n, nicht gu
rtiagegeben hätte. n einem anderen
klagt er llber s Frank, die sie von ihm
antgeltehem Littitia nähte eigenhän
dig seine Asche und alle seine Mel
dung-We; aber Mr n noch so klei
nenMnuesteeriedat Geld ssr
das Port- mä Frankreich voraussa
pth Die M II erhielt
von dem sraW eine .
Pensiom die laurn hinreichte, um mit
größter Sparsamkeit ihre Kinder er·
ziehen zu können . .. Napoleon l. aber
war ein dantbarer Sohn. Als er
Kommandierender General geworden
und den Oberbesehl in Jtalien erhalten
hatten, blieb er vor der Abreise meld
rere Tage bei seiner Mutter in Mar
seille. Als sie ihn als »großen Gene
ral« begrüßte, sagte Napels-am »Von
Wuchs bin ich ein kleiner General. Der
Tag wird vielleicht kommen, da ich in
moralischer Beziehung wackse" ......
Als Napoleon Kaiser geworden war
mußte auch »Frau Mutter« (wie sie
allgemein genannt wurde) Hof halten.
Sie tat es aber so prunllos wie abg
lich. Sie hatte allzu viele Schicksals
uxnwälzungen erlebt,um mitten in aller
dieser blen nden Große an ihre Dauer
glauben zu können. Jhre Wohltätig
leit wurde allgemein anerlannt, denn
sie erinnerte sich, wie sie in Marseille
nach dem Tode ihres Mannes gar
manche Nacht gesessen hatte. um zur-il
sene Kleider zu slicken. Wenn ihre
Kinder. namentlich ihre Töchter und
Schwiegertöchter, ihr vorwarsen, dasi
sie allzu sparsam sei. pflegte sie zu ant
woi·ten: »Wer weiß, ob nicvt dieie Kö
nig; eines Tages kommen und mich um
Brot bitten werden« So lam es be
kanntlich in der Tat. Als die Verbiins
beten vor Paris standen siedelte am 2.
April 1814 Liititia und die ganze Fa-:
miiie Napoleons von Paris nach Bloics
über. Am 7. April trat dort die Nach«
rächt ein, daß Vonaparp dem Throne
entsagt habe. Die Kaiserin Mari
Luise wurde nach Oefterreich berufen
unt- reiste am Osterabenb .ib. Deniets
ben Tag verließ auch »MadameM·’-re««
die die zehn Jahre betl naaoleoniicben
Krisertums mit Zittern fiir ihre Sizii
ne zugebracht hatte, Blois und reiste in
Begleitung ihres Bruders, des Kardi
nais Ieich, nach Rom. Papst Bin-L
Vli. nahm, obwohl er einst Navaleon-:
Gesangener gewesen, Liititia voll Glitt
ursd Milde aus. »Willlo«nmen, meine
Tochter,« sagte er, million-tara in dies
ser Stadt« die immer ein Zsisluchtzsirt
des großen Verbonnten a-"-ien ist '
Jn Rom hat die alte Frau ihre leyten
Tage zugebracht; sie wurde AS Jahre
alt. war aber infolge eines Falles im
Parie bei der Villa Borghese sechs
Jahre bis zum Ende ihres Lebens der
Kraft zu gehen beraubt und hatte auch
ihr Augenlicht verloren. Wenn im
Frühling vie Sonne des Säbens ihre
Strahlen nach den traurigen Sälen
sandte, worin sie gefangen saß, sagte
sie: aDie Sonne wenigstens kommt
noch als eine Freundin, mich zu besu
chen, aber —- ach! -—- ich kann sie nicht
mehr sehen.« So war der Tod am 2.
Februar 1886 siir Napoleons Mutter
eine Erlösung. Der berühmte Bild
hauer Thorwaldsen wurde geholt und
nah-n ihre Totenmaste ab. Sie hatte
nett im Tode ihre Schönheit bewahrt.
Jn Ajaccio, wo sie ruht, trä t der vier
eclige Marttplah den Namäi «Place
Leiizia« . . « Jn Ajaccio hat 1857
Naroleon ill. siir Lätitia eine Kirche
bauen lassen, und mitten in der Krhvta
steht ihr Sarg. «
W
»Die langen Kerle-C
die Potsdanier Riefengarde, waren
der einzige, aber sehr lostspielige
Luxus-, welchen König Friedrich Wil
helm l. sich gönntr. Den Anstoß zu
dieser Liebhaberei gab ihm das Vor
bild des Martgrasen Philipp von
Schwebt, welcher aus großen Leuten
Grenadiertompagnien bildete und die
selben an der Spitze des Regiments
marschieren ließ. Der Ursprung der
Grenadiere war der, daß in jeder Konr
pagnie sechs bis acht Mann zum Wer
sen von Handgranate ausgebildet
waren, und die spitzen Grenadierrnüts
zen hatten den Zweck, daf, die Leute vor
dem Wurf ihre Gewehre rasch über den
Kopf auf die Schulter werfen konnten
Die Grenadiere sollten also ursprüng
lich gewandte, bewegliche Leute sein.
Der König abmte diesem Vorbild nach
und befahl in dem Realement: »Die
Grenadiers sollen aus dem dritten
Gliede ausgesucht werden und müssen
lauter Kerls sein, welche gut marschie
ren tönnen, nicht über fünfunddreißig
Jahre alt find, voll aussehen, nämlich
nicht tnrze Nasen, magere rder schmale
Gesichter haben-« Daraus entwickelte
sich denn allmählich die Leidenschaft
für die Potsdarner Niesengarde, welche
der König schließlich aus 3000 Mann
brachte. Für die Potsdamer war die
Sache etwas lästig, denn jedes Privat
haus mußte eine Stube resp. Kammer
nach vorn heraus für einen Grenadier
hergeben. Der König selbst gab im
Schloß sechs Mann Quartier-. Zum
lehten Male trat die Riesengarde bei
dein Begräbnis des Königs an, dann
löste Friedrich der Brone sie auf.
—-.
Betreffs Vertilgung der Moslitos
ist ein Arzt in Tean aus eine neue
Idee verfallen. Die Austottung der
lästigen Insekten soll durch zu dem
Zweae dressierte Fledermäuse vollzogen
werden. Das liikt sich hören. Aber
wie die Fledermäu e zu dressieeen sind.
darii - schweigt sich besagter Messen
Sera ieni m der Band noch gelind
lich ni.