Nebraska Staats- Anzetger uned II set-old — Jahrgang-Z 912 Wa- rTh ) - Die Hindesseele QWallner - Pallazz Des Kindes fromme Seele Jst sein wie Blütenstaub, Jst wie der Glanz des Falters, Jst zart wie junges Laub. Sie tönt wie gold’ne Saiten, Die sanst ein Hauch berührt, Sie sprudelt wie ein Bächlein, Das Dich durch Blumen führt« Sie strahlt wie helle Spiegel So klar und sleckenreim Voll Liebe und voll Unschuld Und mild wie Sonnenschein. Sie ging als reinste Blüte Hervor aus Gottes Hand, Sie ist sein schönstes Kunstwerk Und ihm daher verwandt. D hüte drum die Reine, Rühr« nimmer rauh sie an — Es wär’ um ihre Unschuld Fiik immer wohl getan! Du stürzt sie von der Höhe Jn Dunseiheit und Nacht — Dtum dent’, was einst der Heiland, Der Kindesiteund gesagt: »Wer eins von jenen Kleinen Um meinetwillen tränkt — Dem märe wahrlich besser-, Daß man ins Meer ihn sentt.« Eom Yoth Hchictisac Eine seltsame Geschichte von A. HottneriGtefr. Cora Vogt war meine Kindheitsi gespielin und verstand es meisterhaft, sowohl ihre Brüder als auch mich, de ren Freund, zu beherrschen. Sie war uns allen eine Ergänzung, der treueste Kamerad, den wir uns wünschen konnten, eine stete Helferin in der Not. Da ihre Mutter friih starb und ihr Vater, ein pensionierter General. genug zu tun hatte, um seine zwei Söhne zu erhalten, welche studierten, ergriff sie, wie so viele, den Beruf ei ner Lehrerin, den sie dann sehr gerne ausübtr. Jch tarn nach wie vor oft ins haus, lies; mich von ihr tüchtig auszantem tanzte mit ihr auf allen Ballen, lief mit ihr Schlittschuh und brachte ihr jedes interessante Buch, des sen ich habhaft werden tonnte. Denn sie war sehr gescheidt und alles in al lem ein ganzer, tüchtigen guter Mensch. Sie gefiel auch überall, wo hin sie kam. Aber zur großen Liebe schien sie nicht zu taugen. denn wir wa ren allmählich sechsundzwanzig Jahre geworden — sie und ich — und Cora Vogt behauptete nun seelenruhig, sie sei zur alten Jungfer und Familien tante geboren. Mit Problemen, welche duntle Seelengebiete streifte-n befafzte sie sich nie. Kürzlich aber hin ten ihr Bruder Fritz und ich viel von einem neuen Buch erzählt, welches uns junge Medizinrr sehr interessierte Es behandelte allerlei seltsame, hnpnotische Versuche. Doktor hell. der Haus«-It hatte gemeint. daß bestimmt ein gut Teil Wahrheit — - freilich eine noch ziemlich unausgeklärte Wahrheit — in allen den merkwürdigen Gescheh nifsen stecke, von denen das Buch er zählt. Während Cora Vogt heftig dage gen erwiderte. batte Jemand leise ge klepft und die Tür geöffnet. Auf der , welle stand ein schlanken. großer nn. viel älter als wir alle. Sein aeifivolles Gesicht hob sich silhouetten haft scharf ab gegen den dunklen Hin tergrnnd. »Guien Abend!« sagte der Eintre tende. »Ich glaube, man hat mich nicht gehört.« Mein Freund Fritz sprang aus. »O, Johannsen! Das ist nett, das-; Sie nun doch einmal kommen! Cora, erlaube, daß ich Dir unseren Sekun dararzt vom Spital, Doktor Max Johannsen, oorstelle.« Sie standen sich gegenüber-, die bei den hohen, schönen Gestalten. Das Mädchen neigte freundlich den Kopf und reichte Deren Doktor Johannsen die hand. Und dann sahen sie sich einen Moment toie scharf prüfend in die Augen. Es war bloß eine flüch tige Selunde. Aber ich, der knapp daneben stand. hatte ein sonderbarei Gefühl: War das nicht ein Funke ge wesen, der aus diesen beiden Augen paaren leuchtete und sich vereinteli War das vielleicht die berühmte »Liebe auf den ersten Blicks iiber die wir so ofi gespotiet hattenli Aber da sagte schqn Doktor Jo hannsen mit einer sehr weichen, schö nen Stimme «Ja, Fris. übelnehmen darfst Du Z mir das nicht« dass ich nicht schon stü her kam. Du weißt doch, ich bin in jeder sreien Minute bei meiner tran »ten Frau. Ich bin nämlich schon seit zelm Jahren verheiratet«, fügte er imie zur Erklärung sür uns Andere hinzu. —- »Im ersten Jahre unserer Ehe hatten wir ein Kindchem welches tot zur Welt lam. Seitdem ist meine Frau immer trank. Gelähmt.« Es lag siir uns, die Jüngeren, Sorglosen, etwas wie eine ungeheure Tragit in seinen Worten. Aber er selbst glitt schnell darüber hinweg. »Worüber haben Sie sich denn ge rade so start ereifert, als ich karn, Fräulein Voat?« fragte er. Cato erzählte, und er horchte ihr mit einem sehr interessierten Ausdruck zu. »Es ist ein noch sehr dunkles Ge biet«, sagte er dann. »Aber ich hatte Gelegenheit, schon manchesmal recht seltsame Sachen mitzuerleben. Und eines steht fiir mich außer jedem Zwei fel: manche Persönlichkeit iibt gerade aus eine andere. bestimmte Persönlich leit einen ungeheuren und bestim menden Einfluß aus. An Gedanken übertragung glaube ich felsenfest. Aber auch hier mit einer Begrenzung: Ein sehr willenskräftiger Mensch hat ge wiß die Möglichkeit, durch sein streng lonzentriertes Denken einen anderen Menschen zu einer Tat, einer be stimmten Handlung zu bewegen. Aber eben nur dieser eine Mensch die se n einen Menschen . · ." Er berichtete iiber merkwürdige Versuche. Da sagte der alte Haus arzt plöhlich: »Probieren Sie es doch einmal, Doktor Johannsen, und beeinflussen Sie Fräulein Cara!« s Ich weiß nicht warum, aber ichsl sprang hastig auf. » »Aus nicht!'« rief ich erregt. J Aber Cora Vogt war schon ausgeJ standen. Ohne ein Wort zu sagen, schritt sie zu Dr. Johannsen, welcher sie ruhig ansah. Er ließ seine Blicke auch nicht von ihr, als sie nun vor« ihm stand. Ganz behutsam nahm er ihre Hand in die seine. Fritz hatte das Gaslicht zur Hälfte abgedreht »damit die zwei ihre Ge-» danken besser lonzentrieren lönnen«. wie er sagte. Dann entstand eine Pause. Man hörte nichts, als vonr Garten her ei-. nen miiden Amselruf und das Ticken der alten Stehuhr. Und dann Tr. Johannsens Stimme. »Sie müssen allen eigenen Willen ausschalten«, sagte er. »Sie müssen sich ganz mir unterordnen. Jch will, was Du willst, so müssen Sie den-i ken.« Cora entgegnete nichts. Aber ins ihr blasses Gesicht trat ein Zug fast wie Demut. Nie hatte ich sie noch so schön gesehen, so weiblich hinge-» bend, so ganz losgelöft von ihrer eige- : nen. etwas stolzen, herrischen Natur« Und wieder überlam mich eine selt-» same Angst. Dr. Johannsens Antlitz; erschien mir so hart; ein Zug ungeq heurer Sammlung lag darauf . . . " lind da geschah plötzlich etwas sehr Seltsames. Cora Vogt schloß, wie überwältigt von seinem Blick. die Au nen, dann sank die hohe Gestalt in sich zusammen, neigte sich tiefer und tiefer —— und dann lagen sekunden lang ihre Lippen auf seiner hand. . . Doktor Johannsen erhob sich. Für eine Sekunde lag der Ausdruck eines ungeheuren Triumphes aus seinem Gesicht. Dann fiel es wieder darüber wie ein Schatten. Und ganz ruhig sagte er: »Das Fräulein hat eine sehr starke Willenstraft die sich schwer einem anderen Willen beugt. Dich habe mir immer nur das eine aedacht: »Ich musi, ich muß diesen Willen unter werfen!'« Glauben Sie. dasi es mir aeiungen ist? Jch habe die bestimmte Ueberzeugung.« Aber sowohl Doktor hill als auch Fritz und ich hatten von dem Erlebten einen so merkwürdig beängstigenden Eindruck empfangen, daß wir froh waren, als Johannsen bald daraus wegging. Auch er war wortkarg und schien in Gedanken. Fritz lud ihn nicht ein zum Wiederkommen. . . . Trosdem traf Cora Vogt häufig mit ihm zusammen. Es hatte sich er geben, daß seine traute Frau eine Kinderbekannte von ihr war. Frau Magda bestand mit dem Eigensinn verwöhnter Leidender auf Coras Be such und hing bald mit einer so sona tischen Liebe an ihr, daß sie damit das Mädchen förmlich quälte. Diese überzarte, hellblonde Frau besaß eine Fähigkeit, zu lieben, wie wenige. Aber bisher hatte sie nur einen Menschen aeliebt: ihren Mann. Und nun liebte sie zwei. Allmählich gewöhnten wir alle uns daran, jede Woche einen Abend bei den Johannsens zu ver bringen· Die Zeit ging bin. Allmählich ver gaßen wir beinahe auf jenen ersten Abend. Nur wenn ich zurückdachte, wie Coea früher gewesen, so siel mir eine sonderbare Aenderung aus. Sie war verschlossenen ernster, ost trau rig. Der eigentümlich weiche, nach giebige Zug in ihrem Gesicht blieb darinnen. Johannsen gegenüber schien sie fast scheu. An einem warmen Frühlings abend waren wir wieder bei Johann fen. Aber wir warteten vergebens aus ihn. Er kam nicht. Endlich er schien ein Diener vom balteriologi schen Institut, wo Johannsen arbei tete, und meldete, der Herr Doktors könne nicht kommen. Er habe sich an der Hand verletzt . . . Frau Magda bewies mehr Kraft,i als wir alle ihr zugetraut hätteni Sie hosste das beste und steckte unsJ sast mit ihrer Zuversicht an. Cara» erbot sich, die Nacht bei ihr zuzu-" bringen, aber seltsamerweise dankte ihr die Kranke und zog es vor, allein zu bleiben. So gingen wir alle heim, bedrückt und sehr still. Doktor Hell schwenkte zum Spital ab. Ehe er sich verabschiedete, sagte er noch zu Corn: «Legen Sie sich gleich nieder, Sie sehen sehr schlecht aus Nevoltiert das Herz wieder?« Wie wußten es alle, daß Cora dann und wann an eine-m Herziibel litt· Aber jeder Arzt hatte uns der vollständigen Gesahrlosigkeit ver sichert »Er ist vor ein paar Minuten ge storben«, ries mir Dr. Hell am näch sten Morgen entgegen. »Es ging von Mitternacht an rapid. Bergistung. Man muß noch sagen: Gottlob, daß das Ende so rasch kam." Jch war sprachlos. Er aber ach tete kaum auf mich und fuhr ausge regt sort: »Diese Nacht tvar schrecklich! -Schtecklich sage ich Jhnenl Jch glaube, daß er ganz gut wußte, daß sein Ende kam. Aber er sprach nicht darüber. Er muß nur einen ein zigen, surchtbar tonzentrierten Ge danken gehabt haben, den Gedanken an irgendeine Person, die er mit aller Krast herbeiwünschte. Immer wieder sormten seine Lippen ein Wort: »Komm! Kommt« Aber aus meine Frage, wer kommen sollte, antwortete er nicht eine Silbe. Im mer gespannter wurde sein Gesicht, immer leidenschaftlicher sein Aus druck. Und in allem Schmerz und aller Qual stets nur dieses einzige Wort: »Komm!« Wissen Sie, ichs bin an vielen Totenbetten gestan-. den. Man qewöhnt’s! Aber das war entsetzlich!« 4 »Und das Gnde?« fragte ich. atemlos. l »Da-«- war leicht. Ganz diötxksch’ schrie er aus wie in einer wahnsinni-l aen Glückseligkeit: »Da —- da ls7st Dut« Und dann siei er zurück, einen veritärten Ausdruck im Gesicht - Jch weiß heute nicht mehr, min mich sorttrieb aus dem Spital und hin zu den Vogts. Aber ich mußte bin. Die Wohnungstiir stand offen, fremde Gesichter starrten mich .:n. Und dann kam Fritz aus mich zit, nsußer sich. »Weißt Du es schon", .saqtc er. »Weißt du es, daß sie tot ist?« »Wer?« Aber da hatte er mich bereits nach dem Wohnzimmer gezogen. Und da lag auf dem Diivnn, das schöne, ernste Gesicht mit einem qliicksetiaen Ausdruck der Morgensonne zune wandt, Cora Vogt. Jedes Wort er starb mir im Munde, eine so iilers zeugende Sprache redeten diese Züge. — — Immer wissenschaftlich. Professor (dessen Kollege beim Uebergang iiber einen Steg in den Bach siel): »Wie ist denn die Tempe ratur, Herr Kollege?« Schwierig Bauer: »F möcht’ an Baroineter.« Optiker-: »Hier ist einer, kostet 6 Mart.« Bauer: »Scho’ recht, aber wie muß i« ietzt dbs mach’n, daß es regnet?« Kurs nnd bündig. Richter: »Sie haben in dein Gast haus den Hafen mit einem falschen Geldstiick bezahlt!" Anqeklagteu »Wie der Dass so das Geld!« . Noth-licht Als heim er ging, blißte ein Schein werferz Da sah man die Wirkung vom Wein schärfer-. Wziifjsäiähkieniäiids " Das Pharsonenlanb offenbart auf Schritt und Tritt Gegensäße, wie sie schroffet auch die ausschweifenb sie Phantasie nicht auszumalen ver möchte. Unwilliütlich fragt man sich immer wieder, wie all das nur möglich sein kann. Anspruchs volle, massive Bauten, Paläste von üppigen Gattenanlagen umgeben. Bankbureaux mit luxukiösen Ausstat tung und dicht daneben elende, schmutzige Baracken. Die Scheriah Maghraby in Kairo ist solch eine vor nehme Sttaße; aber ein Blick aus die Menschenmenge, die ausundnieder wogt, bekehrt uns, daf; hier unmittel bar neben europäischem Luxus afrita nisches Elend ungescheut sich blqßstelli. Ticht neben elegant gelleideten Frauen arme zerlumpte Araber und Berber lialbwiichsige Knaben und Mädchennn mitleiderregende Fetzen notdürftig em gehiillt, ftarrend von Schmutz, das Haar wirr und kraus oder in Strah nen herunterhängend «- ein Anblick» zum Erbarmen. Die einzige Be schäftigung, zu der sie von ihren un glücklichen Eltern angehalten werden, ist das unaufhörliche Balschischrufen, gegen das man sehr bald abgestumpft wird. Wirst man ihnen jedoch ein ab gegriffenes Kupferstiick zu, dann dan ken sie beglückt, laufen lachend davon, um das Spiel von neuem zu beginnen. hier begreift man, weshalb die Gngländer der verwahrlosten Stra szenjugend des grauenvollen Ostends von London die Bezeichnung »Arabs« beigelegt haben. Und selbst diese Lon doner Jammergestalten reichen an das Irlende Aussehen ihrer Kairener Schick falsgenossen nicht heran. Immerhin ssind die in den vornehmen Straßen Hind Quartieren des äghptischen Paris sherumlungernden Kinder noch unver sgleichlich besser daran, als der gleich Taltrige Menschenlehricht --- man ver Izeihe das bittere übelllingende Wort -—- in Alt-Kain. hier, in diesem un rrgriindlichen Gassengewirr, in diesen jeder Beschreibung spottenden Höhlen sin die niemals ein Sonnenstrahl sich ihineinstehlen kann, hier lann man es isinnsällig miterleben, wie weit es der ’Mensch in der Anpassungsfähigkeit an gewohntes Elend bringen kann. Bei alledem sind diese so grauenvoll verwahrlosten Kinder, unter denen sich gar nicht selten recht schöne, intelligent dreinschauende Gesichter zeigen, heiter, harmlos, in jedem Augenblick zu Scherz und Ausgelassenheit ausgelegt. Ungestörtes Glück der Jugend, das al len Elendes siegreich zu spotten scheint. Aber in den entsetzenerregenden Laster höhlen Alt-Kanns harrt ihrer zuwei lein ein Los, das auch nur anzudeuten die Feder sich sträubt. Man mufz bil lig darüber erstaunen, daß die engli sche Verwaltung, die hier in Aeghpten schon mit manchem Schmutz aufge räumt hat, derartigen, die Menschheit schändenden Greuel nicht schon unter-— drückt hat. Doch hinweg von diesen, alle Danteschen Höllenbilder weit hin: ter sich zurücklassenden Vorgängen, an die man nur mit einem Gefühl, aus Scham und Ekel gemischt, zuriiclden len kann. Alt-Kairo! Ein Wirrsal von Elend, von Schmutz, von Lastern, von Ver-; lommenheit —« und von gewerblicher; Rührsamleit, die wiederum in Stau nen und in Verwunderung versetzt. Auch hier, neben den primitivsten Handwertsstättem die großartigsten Basare, in denen die lostbarsten Er zeugnisse orientalischer Webereien, ein« gelegter Metallarbeitem Holz-: nnd Elfenbeinschnitzereien in sinnverwir renden Massen zusammengestapelt sind. Malerisch ist ja all das unor dentlich und schmieria zusammengetret gene Geriiinpel in den Verlaussbouti len, aus den« Gäßchen und in den Win lelchen allerdings —- und wirtlich sieht man auch hier und da einen fleifzig die bunttvechselnden Bilder aus die Lein tvand hinzaubernden Malersmann « aher scheuleich abscheulich bleibt’s in Wirklichkeit doch. Einzig das melan cholisch und wie in feierlichem Ernste oder in gleichgültiger Verachtung sei ner ganzen Umgebung dahinfchreitende Kamel versöhnt einigermaßen unseren Widerwillen und beruhigt unser schmerzlich erregtes Gemüt. Und was sich nicht sonst noch alles hier in diesem Gassengetvimmel vor aller Augen, in naivster Freiheit abspielt, das entzieht sich gleichfalls jeder näheren Andeu tung. Wir befinden uns eben im Orient —- trotz aller aneuropäisierten Lächerlichkeitem wie Oper, Varietes und Wiener Cafes. Der Khedive Jsmail Pascha, der mitten durch das Ameisengewimmel seines damals noch gar nicht einspä isch gefälschten Kairo eine Pracht ftraße, auf seinen Wink hin entstehen und mit Ariadengöngen versehen ließ — so gewissermaßen eine Rue Rivoli —- hatte sich die Entwicklung seiner Schöpfung anders dargestellt- Aber die Jahrtausende alten Gewohnheiten dieser Menschen waren stärker als der Wille dieses aufgeklärten Despoten, und so verfiel denn die unvolistürn liche Pracht dieser Straße gar bald und sie verlam in Schmutz und Ber wahrlofuna wie ihre Umgebung, und auch die jetzige enalische Verwaltung hat bisher noch nicht vermocht, eine gründliche Wendung herbeizuführen Genug, daß an jedem Abende die Straßenabfälle weggespült werden. ; Um sich von all den widerwärtigens Eint-rücken zu befreien, gibt es lein l besseres Mittel, als sich dem Rücken ei- ; nes Grautieres anzuvertrauen und; über den großen altkairaner Markt platz hinweg auf die Zitadelle und in die Gräberstätten hinauszureitem Hier die gewaltigen Mauern einer Saraze nenberg — oder wer sonst von den ver ehrten Herrschaften dieses iigyptische Zwinguri errichtet haben mochte — die weltberühmte Alabastermoschee mit ihrem der Cheopsmoschee entnomme nen mattschimmernden Steingewande und drüben die grandiose Wüstenein öde, die surchterregende Gräberstätte so vieler, vieler dahingeschwundener Geschlechter. Unter der phantastischen Beleuchtung der untergehenden Sonne wirkt die ganze, ohnehin schon un geheuerliche erstarrte Szenerie gera dezu beiingstigend, den Atem heuch mend. Und dennoch bleibt man wie durch unertlärliche Gewalten gefesselt stehen und sieht dem untersinkenden Tagesgestirn entgegen, dessen stumpf blutrote Strahlen dem hellgraugelben, wie wellig bewegten Sandrneere einen unvergleichen Schimmer verleihen Sogar der bis ins Mart ge gen diese Sonnenuntergangsalltiiglich teiten gleichgültig gewordene Eseltrei ber steht wie in die unheimliche Far benpracht versunken da und blickt in die verglimmende Sonnenglut —- ohne dafür ein Extrabackschisch zu verlan gen. Doch allzulange sich den träumeri ischen Betrachtungen hier an dieser iStelle hinzugeben, an der mancher das Fürchten erlernen könnte, dazu ist kei ’ne Zeit heute. Denn der Geburstag zdes Propheten wird heute in Kairo wie in der ganzen weiten mohameda »nischen Welt durch Voltsfeste aller »Art gefeiert, und unser Berberführer, Jder übrigens recht gut deutsch spricht, zhat uns durch feine Beschreibung der iherrlichteitem die unserer dort drau »ßen in Abbazia, einem nach dem jew "gen Khedive Abbas Hilmi benannten »Bororte Kairos, warten, förmlich den HMund wässrig gemacht. Leicht ist es uns gerade nicht geworden, in die Fest stadt hineinzugelangen Es galt erst, Isich durch eine von feinzermahlenen sStaubtörnchen erfüllte Atmosphäre mühsam durchzuarbeiten Hunderte und Aberhunderte von Wagen folgten in mehreren Reihen hintereinander, so dasz die zahlreich aufklebotenem übri gens prachtvoll berittenen Polizisten Mühe genug hatten, die immer wieder sich förmlich zusammentnäuelnden Fahrzeuge auseinanderzuwirrea Und das war wieder keine leichte Aufgabe, denn zwischen die Wagenreihen scho: ben sich Hunderte von Bactschisch hei schenden Kindern, von Zuckergebiick und Limonade und Ketten in allen Farben oder sonstigen Kleintram mit unendlichem Geschrei den Fremden an bietenden Beriäufern. Es erschien ganz vergebliches Be mühen, sich durch diesen Menschen und Wagenwall in das Innere der Feststadt hindurchzwiingen zu können. Doch unser findiger Rosselenler hatte irgendwo eine nur dünn besetzte Stelle entdeckt, auf die er dann auch rückhalt los hinstürmte. Soweit das überhaupt in dem molligen Sande möglich war. Schließlich war auch dies Hemmnis iiberwunden. Und nun bot sich den Eintretenden ein Bild von schimmern dem Lichte, von glänzendem Rot in den den ungeheueren Festraum umschlie ßcnden Zelten dar, wie man es sich wirklich nicht vorzustellen vermag. Man glaubte sich in eine Märchenwelt versetzt. Eines der sattroten Zelie im mer prächtiger, immer phantastischer geschmückt, immer herrlicher erleuchtet als das andere. Licht und Glanz und Farbe strahlten diese Zelte aus, und es schien, als ob von ihnen eine festliche Lichisrendigleit in die Gemüter der nach vielen Zehntausenden zählenden Festbesucher sich mitteilte. Die Menschen waren fröhlich ge stimmt, heiter, harmlos, und nirgend wo hörte man jenes briillende Ge treisch, jenes ohenzermartende Gebrüll, Gepseise, Gejohle, ohne das bei uns Vollsbelustigungen nicht denkbar sind. Die erstaunliche Genüasamleit dieser braunen Naturlinder und des Prophe ten klug diesem heißen Klima ange paßtes Verbot berauschender Getränle tragen zusammen das ihrige dazu bei, daß bei aller Zerlumptbeit der einzel nen das Ganze eines solchen Volls festes einen wohltuend gesitteten Ein druck hinterläßt. Und über dieser Leuchtzauberslut schwebte ein milder Vollmond, der mit seinem mattröt lichen Lichte die ganze Szenerie in ei nen ganz unbeschreiblich weichlichen Glanz einhüllte. Man konnte sich von dieser Farben- und Lichtstimmung gar nicht loslösenz immer wieder zog es ei nen willenlos in diesen magischen Lichtkreis. Und mit wie verhältnis mäßig einfachen Mitteln wurde diese zauberisch zwingende Wirkung erreicht, die unser Gemüt geradezu in Fesseln schlug. J. K a st a n. Eine deutsche Rhetnmünduns. Der Plan einer Verbindung des Rheins mit der Nordfee auf deutschem Gebiet durch einen großen Schiff fahrtslanal hat, wie eine Berliner Korrespondenz schreibt, jetzt greifbare i Gestalt angenommen. Es hat sich ein fKomitee aus beteiligten Körperfchaf sten und einzelnen Persönlichkeiten ge lbildet, dem unter anderem die Stadt Emden, die Handelslammern zu Köln, Harburg und Altona sowie Fürst Salm angehören. Dieses Ko mitee hat die Mittel zur Aufstellung eines völlig durchgearbeiteten Projek tes zur Verfügung gestellt. Das Pro jelt ist inzwischen von zwei namhaften Architekten fertiggestellt worden, und wird nach erfolgter Drucklegun dem nächft den Regierungen, dem Reichs tag und den Parlamenten der Bun desregierungen sowie allen an der Frage interessierten Körperfchaften zugehen. Bisher hat die preußische Regierung zu der ganzen Frage noch keine Stellung genommen. Der Kanal soll nach dem Entwurf bei Wesel vom Rhein abzweigen, in der Richtung der holländischen Grenze laufen und westlich Leer in die Eins einmünden. Die Kosten sind unter Zugrundelegung ziemli hohevGrund erwerbpreise auf 235 illionen Mart veranschlagt. Diese Summe erscheint ansich zwar ziemlich hoch, sie bleibt jedoch noch immer hinter den Kosten des Rhein-Hannover--Kanals zurück, der mehr als 250 Millionen Mk. er fordern wird. Abgesehen von den außerordentlichen Vorteilen, die ein solcher Kanal der deutschen Schiffahrt und der Stadt Emden bieten würde, fällt für die Beurteilung des ganzen Plans seine Bedeutung für die Lan deskultur ins Gewicht. Denn der Ka nal durchschneidet in feiner ganzen Länge das Bourtanger Moor, dessen Kultivierung durch den Kanalbau er möglicht würde Die sich hieraus er gebende Besiedlungsmöglichteit gro ßer, jetzt völlig wertloser Gebiete, dürfte für die Stellungnahme der preußischen Regierung dem Projekt gegenüber nicht ohne Einfluß sein, nachdem der Entschluß der Regierung zu einer planmäßigen Kultivierung der Moor-e nnd Oedländereien durch die oorjahrige Thronrede kundgege ben ist. ——«—-A Geographir. Fällt mir da neulich — es war ein heißer Nachmittag - — irgendwo eine Zeitung in die Hände. Jch lese aus’s geradewohl: » ..... Die nächste Stadt von eini ger Bedeutung ist -.Odessa Freilich hat Odessa, da sie abseits von der Hauptstrasze liegt mancherlei Nach teile »Hm denke ich, Odessa « von ei niger Bedeutung -—- abseits- von der sStraßeJ und lese weiter: » »Von Odessa geht die Straße in seiner vollkommen geraden Linie nach Smyrna und weiterhin ebenso schnur gerad nach Dover....« Na, denke ich, schnurgerad nach Do ver von Odessa - hat sent die Hitze meine Wahrnehniungssiihigteit ge trübt? - s und lese weiter: »Von hier aus führt die Straße mitten durch Berlin, eine Stadt, die seit einiger Zeit ganz nett aus strebt-. Ganz nett aufstrebt? wiederhole ich und fasse an die Stirn· .. aber lese s weiter: . .aber der Weg von Rom nach Merito ist ebensoweit wie von Rom inach Syratus: hochstens drei Stun iden braucht ein gutes Automobil.. .« s Ja, zum Teufel, sag’ ich, was ist denn das- siir eine Zeitung? Da war es die »American Auto News«, welche die Autowege im Staate New York beschrieb. Unter Freundinnen. »Was, Kitty, glaubst Du, daß es noch eine Figur gibt wie imeine2« »Es gibt schon Deine nichtt«