Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, May 24, 1912, Zweiter Theil, Image 11

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Ein Roman aus dem
Leben
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Im Ucoorgarten
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Von E
Couife Koth
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(8. ZortseyungJ I
Vierzehnter Kopie-L !
Seine Ankunft vollzog sich so
klanglos wie nur mö lich. Der Amts- »
rat war zur Bahn ge ahren, den Sohn
abzuholen. »Warum ists nicht Wols,s
der wiederkehrk«, klagte Frau Linda.
Liebkosend glitt Rut über ihr wei
szeB haar.
Die Leidende zuckte zusammen.
«Wahrhastig, da kommen sie schon!«
Der Wagen fuhr vor. Rut wollte
Äorteilem Mutter und Sohn sollten
eh allein, ohne Zeugen, wiedersehen,
aber Tante Linda hielt ihre hand
krampfhast fest. Und da stand Hans
Jachen schon vor ihnen. Er war ma
ger geworden, das Gesicht von vielen
Falten gesurcht, ties lagen die Augen.
Seine Blicke ruhten aus Rut, prüfend,
zuwartend, —- als er keinen Ausdruck
der Freude in ihrem Gesicht erkannte,
reichte er ihr nur flüchtig die hand,
ils habe er sie erst gestern gesehen.
Eine hestige Bewegung guckte plisp
lieh über seine Züge. Die zusammen
esunkene Gestalt, diese Greisin, war
feine Mutter. Tief beugte er sich über
sie und küßte ihre Hände. »Meine
arme Mutter«. sagte er in erschüttern
dem Ton.
»Ja, ich hin arm, durch Wolfs
Tod bin ich cirm geworden.«
Gut und kröstend tlang Hans Jo
chens Stimme. er redete zu ihr wie zu
einem Kinde·
Still entfernte sich Rut. Sie hörte
Hans Jochen Mamsell begrüßen. »Ich
freue mich, Sie wiederzusehen, liebes
Pabettchen.« Wie herzlich er sprach,
dabei schüttelte er ihre Hände
»Wenn der Herr Major nun drit
ben von den Schwarzen totgeschoffen
oder sonst gestorben wären — - du lie
ber Gott! Gleich ins Grab ’rein hätten
der herr Amtsrat sich gelegt«, Ba
bettchen weinte.
Auch Krischan Helmert, der seit
mehr als zwei Dezennien als Leibtut
scher in der Familie funktionierte, be-1
grüßte Hans Jochen mit derselben
Herzlichleii. Fiir jeden im Hause
hatte er ein gutes Wort, nur Rut
wollte teins von ihm hören.
Frau Linda nahm nicht am Abend
brot teil, sie verlangte in ihr Zimmer
gebracht zu werden. Fast schroff wies
sie Hans Jochens hilfe ab. Wieder
zuckte es in seinem Gesicht. als er die
beugte Gestalt der Mutter sich
chwer auf Rats Arm stünen sah.
Oder ließ der schukfe Kontrast zu
Nutz blühender Jugend ihre hinfäl
ligteit noch schärfer hervortreten?
Rut laß bei Tisch hans Jochen ge
genüber unsd es war unvermeidlich,
daß ihre Blicke sich zuweilen begegne
ten. »Wie er seinem Vater gleicht«,
dachte ste, nur sah der Vater beinahe
iiinger aus als der Sohn. Hatte
Jahre lauen hinter ihm. oder hatte
auch das Gewissen gesprochen?
Nur die Hände waren noch dieselben,
schön est-formt und blendend weiß.
Noch suntelte der rote Rubin am Fin
ger. Rut erschien er nicht mehr wie
ein Blutstropfem er war wieder wie
ehedem ein Edelstein . . . . Sie erschrak
l
dor sich selbst. Vertrat sie auch den
Standpunkt, daß liihne Taten und
treues Ausharren eine Schuld zu til
gen vermögen? !
Wie von einer unsichtbaren Mai-ers
umgeben saß Rut Hans Jochen ges
genährt
»Pfle,qt mir meinen Sohn ant, diei
Kost bei den Hereros bat nichts gest
tauat Babettchen soll ihm jeden Tag!
ein Lieblingsgericht lochen«, tagte deri
Amtsrat, als er vom Tisch ausstandU
»Ich möchte teine Störung im;
haushait verursachen und, last noti
l(—agt, jedes Gericht ist mein Lieb
lingsgericht.«
»Marnsell wird gewiss ihr Möglich
stes tun«, sagte Rut lühL
hanc Jochen war viel mit dem Va
ter aus dem ·Felde, oder er sasz stun
denlang in feinem Zimmer und
schrieb. Rut sah ihn nur bei den
Mahlzeitem
Recht oft passierte es Hans Jochen,
wenn er über seiner Arbeit saß und
aus der Terrasse Rats Stimme hörte,
wie sie zu der Mutter sprach oder ihr
vorlas, daß er die Feder aus der Hand i
legte oder lauschend den Kopf hob.:
Oder er trat an das Fenster und war- i
tete, sie zur gewohnten Stunde in den
Bart aehen zu sehen. Was hatte ti-.
eigentlich jeden Tag dort zu tun?
Seine Blicke folgten ihr, bis das helle
Kleid hinter den Bäumen verschwand.
»Ein zugetnöpster Mensch! Für die
Weiblichteit hat er gar nichts iibrig,
und doch wird’s Zeit, dasz er ans hei
raten dentt,« sagte der Amtsrat.
Vielleicht wollte Amtmann Rambte,
ein Gutsnachbar, Hans Jochen die
Brautschau erleichtern, er tam eines
Tages mit seiner Frau und seiner
Tochter angefahren.
»Man sieht sich so selten, meine
verehrte Frau Amtsrat, und da wollte
ich selbst mal fragen, wie es Ihnen
seht-« sagte Frau Rambir.
Frau Linda war herzlich wenig an
dem Besuch gelegen, doch sie war zu
sehr Dame, sich das merken zu las
ten. Die Miste wurden zum Bleiben
aufs-fordert Frau Ramdte blickte
erwartungsvoll nach der Tür, und
Pan-la, ihre bildhiibsche Tochter, ver
mochte nur mit Mühe ihre Ungeduld
zu verbergen.
Endlich« kurz vor Tisch, erschien
Hans Jochen irn Solon. Er trug,
wie immer, seitdem er zu Hause war,
sein schlichtez Zivil.
Er führte das junge Mädchen zu
Tisch. Der Amtsrat hatte Frau
Rambte den Arm gereicht, während
ihr Mann es sich angelegen sein ließ,
Frau Linda sorgsam in das Speise
zimmer zu geleiten. Rut war über
zählig. Dachte sie vielleicht daran,
wie es damals, vor vier Jahren, ge
wesen war, ehe sie Wolss Braut ge
worden? Das Leben hatte vor ihr ge
legen, und was war es nun? .....
Scherben —- Trümmer!
aNun erzählen Sie endlich mal was
von Jhren Heldentaten, here Major,«
ries Amtinann Ramble über den
Tisch. »Die Zeitungen haben darüber
geschrieben, aber ’s is doch «n ganz
anderer Schnack, wenn einer so was
selbst erzählt.« ·
-- s- ·
»Wie ev Iqelllh olll lu) uut occu
fen, Enttiiuschungen zu bereiten.
Meine Schilderungen würden Jhnen
keineswegs das Mahl würzen. Ent
behrungen aller Art, bis zur äußer
sten Erschöpfung Hunger und noch
mehr Durst, dazu sengende Hitze am
Tage und nachts eisige Kälte, das ist
das Los derer, die in Südwestafrika
.lämpfen. Man lehrt als ein anderer
heim, als man hingeangen ist. Er
eignisse, die einem früher von Wich
tigkeit erschienen, haben ihre Bedeu
tung verloren, was man vor Jahren
zu erringen strebte nnd als ein Glück
ersehnte, ist nichtig geworden.«
War es Zufall oder Absicht? Hans
Jochens Blicke hafteten bei seinen letz
ten Worten auf Nut.
»Huh, das klingt ja wie vollkom
menste Resignation,« rief Paula la
chend. »Bleiben Sie in Zukunft im
Lande und nähren Sie sich redlich,
Herr Major."
»Diese Absicht habe ich vorläufig,
sie schließt aber nicht aus, daß ich spä
ter wieder in die Kolonien gehe.«
Alles protestierte, nnr Rut schwieg.
Frau Linda winkte Rat zu sich.
»Führe mich in mein Zimmer, ich
tann nicht mehr,'« fliifterte fie
Hans Jochen sah Rut nach, wie sie
die Mutter führend das Zimmer ver
ließ. darüber über-hörte er eine Frage
Paulus. Frau Ramble beobachtete
ihn scharf, das Ausleuchten seiner
Augen entging ihr nicht.
Jhm gegenüber in einem Stengel
glas stand eine einzelne Teerose,
schwermiitig neigte sie ihr schönes
Haupt. »Das ist Rut,« dachte Hans
Jochen unwillkürlich. Gern hätte er
sie an sich genommen, sie stand ihm zu
fern, nur ihr Duft erreichte ihn.
Nut lehrte zurück. »Meine Tante
läßt um Entschuldigung bitten, sie
fühlt sich angegriffen.«
Alle bedauerten.
Ramhles wollten sogleich aufdre
chen, aber es war ihnen nicht so recht
ernst, und der Amtörat gab es nicht
zu. Er war ausgelebt seit des Soh
nes Rückkehr und freute sich, mal wie
der Gäfte zu haben.
»Sie betrachten sich wohl aanz als
Kind des .i3auses· liebes Fräulein,«
sagte die Frau Amtinann, Rut. die
notgedrungen den Platz neben ihr ein
aenommen hatte, inauisitorisch an
bliclend Nut haßte die Anrede »lie
des Fräulein«.
»Das Schicksal wollte nicht« daß ich
das Kind des Hauses wurde, deshalb
lann ich aber doch meinen Verwandten
die Vslichten einer Tochter eriiillen.«
»Gewiß, natürlich können Sie das.
Zu schrecklich war es, als der junge
Herr Wolf ertranl. Wie so’n Sieg
sried war der. Solch einen gibt’s
nicht wieder. Paß auf, Otto, sagte
ich damals gleich zu meinem Mann,
die Braut denkt nie wieder an eine
Heirat. habe ich nicht recht gehabt?«
»Volllommen, Frau Amtrnann. ich
betrachte mein Leben als abgeschlos
sen. Dars ich Jhnen vielleicht einige
Salzstangen anbieten?« Rut sprach
lauter als sonst. -
Hans Jochen machte Paula regel
recht den Dos, was bei seiner sonsti
gen Zurückhaltung nicht ohne Bedeu
tung war.
»Nun tann die Jugend Vielliebchen
essen,« ries die Frau Amtmann, als
die Knackmandeln ausgetragen wur
den. »Die dicke hier, here Major, ist
eine doppelte.«
Hans Jochen stuntr. »Gnädige
Frau, ich würde der verlierende Teil
sein, und da ich vor nichts mehr
Angst habe als vor dem Verlieren —«
»Wie ungalant.« siel Paula ein, sie
»war sichtlich enttöuscht.
J Rat fühlte sich deplaziert, die ag
gressive Art dieser Menschen stieß sie
»ab. Endlich wurde der Wagen be
stellt.
Wie sie-band Jochen einluden heim
Abschied! «
Rut stand im Obst-innen über
wachte das Jlschabdecken und legte
selbst mit band an. Sie tat es mir
mechanisch Jhr Blick war umslort.
UebersliissigF War sie es fest schon?
. . . . Vielleicht würde es doch gut
sein, Tante Edelinens Vorschlag
ernstlich zu erwägen Vor der Haus
tür ging Hans Jochen auf und ab
Er war ärgerlich aus Paula und noch
örgerlicher aus sich selbst. Rats
Schuld war es, dasz er mit dem
Gänschen geflirtet hatte, sie sollte
keine Gewalt mehr iiber ihn haben.
Nun schämte er sich vor ihr. Da
hörte er den Vater rufen: »Nat, lies
mir nun die Zeitung vor. Donner
wettet, war das ne lange Sitzung
aber an Schlaer nicht zu denkenf
Er trat zu ihm. »Kann ich das Rnt
nicht abnehmen, sie wird müde sein.«
,,Nee, mein Sohn. mit deiner schar
sen Kommandvsiimme tannst du nicht
vorlesen. Rut ist nicht müde, be
wahre, die kenne ich.« Jochen Taub
ner machte es sich in seinem Lehnses
sel behaglich. Rut entsaltete die Zei
tung. Sie erwartete, daß Hans
kJochen in sein Zimmer geben würde.
doch der zündet sich eine Zigarre an
und setzte sich in eine Fensternischr.
IRuts Stimme klang verschleiert.
Hang Jochens Geranlen spannen
Gewiß nur in Wolfs Gedenken wid
mete Rut seinen Eltern in solch rüh
render Weise ihre Kraft. Er würde
diese Gefühlsgrösze bewundert haben,
hätte sie nicht Wolf gegolten. Glü
lhenihe Eifersucht stieg in ihm empor.
Sonderbar, daß die besten Mädchen
oft den leichtfertigsten Menschen ihre
sLiebe schenkten. Hans Joche-is Zi
,garre war ausgegangen, seine Blicke
shingen an Nutz ProfiL Sie war
noch schöner geworden, der melancho
i lische Hauch verlieh dem Gesicht einen
i eigenartigen Reiz.
T Den nächsten Tag kam Gerty, dieses
kMal mit zwei Kindern. Sie knüpfte
J wieder Beziehungen mit den Nachbar
Åaiitern an. Der Verkehr mit Narnhi
les namentlich wurde rege. Paula
tauchte zu jeder Tageszeit auf ihrem
schönen Goldfuchs im Moorgarten
auf.
,,.s)crns Jochen braucht sich mali
nicht anzustrengen, die heiratet ihn,s
J ohne daß er’s selbst merlt,·« sagte der s
« Amtsrai. i
i »Es-onst wird’s mit ihm überhaupti
nichts. Die lustige Paula ist fiir Sen ;
Griesgrarn wie geschaffen und mirs
seine willkommene Schwester,« entgeg
nete Getty.
i
s Fünfzehntegskapitet
,,Guten Tag, Herr Major. Mußte,
daß ich Sie hier treffen würde,« re
dete Rittrneister von Crossen Hans
JJochen an, den Besorgungen in die
tStth gesinnt. Ek hatte bereits km
sBesehl zum Anspannen gegeben und
Iwartete im hotelgarten auf den Wa
sgen. Die beiden Herren schüttelten
;sich die Hände.
s hans Jochen hatte den Rittmeiiter,
E mit dem er früher viel verkehrt, im
-rner gern gehabt.
; »Haben Sie einen Augenblick s-!cit
für mich, lieber Täubner?«
: »Gewiß. Crossen. Was haben Eie
;denn auf dem Herzen?«
»Es handelt sich um eine Tau-ist«
T-— Der Rittmeister war verlegen. ---
i »Jhre -- -Jhre Kusine Rut »- Bsxr
ineß Hollnegg s—« verbesserte er icl
schnell, als Hans kochen ihn sit rf
ansah
! «,Nun was ists mit ihr?« Tic
Frage klang wenig verbindlich.
»Lassen Sie mich wie zu einein
Freunde zu Jhnen sprechen,« den-Tun
der Rittineister fest. »Seit Jahr und
Tag betniihe ich mich um Jhre Fiuiine
——- die -—— oder keine. . Aber keine
Möglichkeit mich ihr zu nähern! Die
Baronefz außerst referviert und Jhr
alter Herr der mich früher so oft
nach dem Moorgarten eingeladen bat,
immer iurz ab. Was ist da zu inn
chen? Mich hinsehen Jhrer ziuiine
'nen feurigen Liebesbrief schreiben
und dann schlani abgewiesen werdenh
. . . Nee, lieber Freund, das tue ich
nicht. Heler Sie mir. Täubner, ge
ben Sie mir Gelegenheit, die Baroneß
zu sehen, sie zu sprechen«
band Jochen antwortete nicht so
gieich. Sein blonder Schnurrbart
zitterte leise und seine Blicke schweif
ten in die Ferne »Meine Kusine lebt
noch ganz in der Liebe zu Wolf,«
sagte er endlich langsam.
»Aber ich bitte Sie! Die Baroneßi
kann doch nicht ihr Lebenlang dein er- i
trunkenen Bräutigam nachtrauern,«
s der Rittmeister war erregt.
J Hans Jochen hatte große Eile, den
Wagen, der soeben verfuhr zu be
sfteigem »Es ist mir nicht möglich,.
! etwas fiir Sie zu tun, lieber Crossen,
lich würde ein ungeschickter Freiioer
! ber fein und da Sie selbst sagen, daß
meine Kufine immer ablehnend ist, be
s fürchte ich erst recht, keinen Erfolg zu
haben. Betwinden — vergessen! Jst
. das nicht das Los der meisten Sterb
lichen2« Er schüttelte dem Rittmeister
die Hand. T
» Verbliissst blickte Croisen dem da
vonrollenden Wagen nach. Wie Taub
ner gesprochen hatte —- fo ernst. so
resignieri . . . Und wie er dabei aus
gesehen . . . Sollte er am Ende gar
stle . . . Der Rittrneifter rieb sich
die Stirn. »Wird wohl so sein'«,
murmelte er. Er sah in dem Kame
raden eine Leidensgefährten, und das
war ihm ein kleiner Trost.
Hans Jochen betrat unbemerkt das
Haus. Fröhliches Lachen scholl ihm
auf der Treppe entgegen. An Gertys
Kinderzimmer, dessen Tiir weit geöff
net war, vorübergehend, sah er Rut.
Sie hob den kleinen Lothar hoch em
vor, laut jauchzte das Kind und
streckte ihr die Aermchen entgegen.
»Du bist mein kleiner Taugenichts,«
sagte sie zärtlich und küßte das Kind.
Hans Jochen blieb wie gebannt ste
hen· Wie heiter Rut aussah, es war
ein anmutiges Bild. Heiß stieg es in
ihm empor-, vor seinen Augen begann
es zu flimmern. Hingehen, sie in
feine Arme schließen und ihr sagen:
ich lasse dich nie, nie mehr . . . Er
hatte alle Zurückweifungen Nutz alle,
noch var einigen Minuten wohl erwo
qenen Borsiitze vergessen·
War er wirklich vor sie hingeste
ten? . . .
Da sah sie aus. Jhr fröhliche-Z
Lachen erstarb, ein Ruck ging durch
ihre Gestalt, sie strasste sich förmlich
-—— beinahe feindselig blickten ihn die
aroßen haselnußsarbigen Augen an.
»Verzeih, wenn ich dich erschreckte,
das war nicht meine Absicht,« sagte er
verlegen.
Der Knabe stimmte ein Zeterae:»
schrei an, Rut hatte Mühe, ihn zu be- »
ruhigen.
»Du siehst, daß ich meine alte Rolle, t
ein Störenfried zu sein, noch nicht
ausgegeben habe«, sein Ton war bit
ter.
»Ein Störensriedx . . . Nein . . .
nein — das warst du nie,« Rut war
sehr rot geworden.
»O, wirklich nicht?« Durchdringend
blickte er sie an. Er stand dicht vor
ihr. Jhr Herz schlug bis in den Hals
hinaus.
»Dein Vater freute sich Tag und
Nacht auf deine Riicktehk,« ihre Stim
me zitterte.
»Und du, Rut, sreutest du dich
auch?« Er hatte sich zu ihr niederge
beugt, er sah das leise Zacken ihrer
Mundwiniel, den angstvollen Aus
druck in ihrem Gesicht. »Nun· Rut?
. . . Ich habe wohl immer das Un
gsiiick, nie eine Antwort von dir zu
erhalten?«
Ganz still war es in dem Zimmer
Noch immer hielt Nut das Kind aus
den Armen. Willenlos ließ sie ge
schehen, daß Hans Jochen es ihr ab
nahm und auf den Fußboden stellte.
Sie war ganz unter dem Bann seiner
guten Augen, seiner Stimme, und
dachte nicht an das, was trennend
zwischen ihnen stand. Er sah es
weich und warm in ihren Blicken auf
steigen —— leises Ausdiimmern eines
großen Glückes durchzitterte ihn·
,,·’5reutest du dich auch, Rut'.ck«
fragte Hans Jochen dringender. Er
faßte ihre beiden Hände und zog sie
dicht an sich heran, sein Atem streiste
ihre Stirn.
Da plotzlich desann sie sich — datz
sie nur einen Moment hatte vergessen
tönnent Heftig riß sie ihre Hände aus
den seingen. »Nein, Wolf trennt uns
im Tode noch mehr ais im Lehen,«
llang es hart.
Hans Jochen trat zuriict liine
duntie Flamme lief über sein Gesicht.
Er kam sich grenzenlos nnaeschicit vor.
»Verzeih. ich wußte allerdings nicht,
da dein Schmerz um Wolf noch so
rege ist.«
Die Tür fiel ins Schloß. Als Rni
aussah, hatte Hang Jochen das Zim
mer verlassen.
Jm Solon wartete Panla Rambte
vergeblich aus ihn.
»Der Herr Major sind ans den An
stand gegangen,« berichtete Franz.
Der Morgarten wurde wieder le
bendig. Lothar von Brenten nnd
mehrere seiner Kameraden fanden sich
ein.
Rut hatte in der Häuslichleit viel zu
tun und fehlte daher ost im Kreise.
Wohl erregte das schöne Mädchen
Interesse, doch ihr trauriges Geschick,
sowie eine von ihr aus-gehende Herb
heit. ließen sie hors de concours er
scheinen.
Gertv dominierte in ihrer Eigen
schaft als junge Frau und Tochter des
Hauses. Jhr Ton gegen Rut war
noch überlegener geworden.
»Achte aewissenhaft auf die Kin
der, Lothar pflegt sich unter deiner
Aufsicht mit Vorliebe den Magen zu
verderben,« hörte Hans Jochen von
seinem Zimmer aus die Schwester
Rut zurufen, während sie in den Wa
gen stieg, um mit Lothar und den
jungen Ossizieren spazieren zu sah
ren.
hans Jochens Gesicht tötete sich.
Sprach Gerih nicht wie zu einer Un
tergebenen? . . . »Bah, wag geht’g
mich an,« dachte er gleich darauf.
Seit Nuts Abweisung mied er sie.
Van- Jochen versuchte zu arbeiten.
es gelang ihm nicht. Jeder hielt es
siir sein Recht, Ansprüche an Rut zu
stellen, ohne ihr je ein Wort des Dan
kes zu sagen. Da rief die Mutter
»Ach ihr, und als Rut, die im ent
fernten Kinderzimmer weilte, nicht
kam, wurde sie heftig.
Hans Jochen stand aus und ging
hinunter.
»Wie Rut nur so laut lachen kann,
und sie wird doch gleich zu Wolfs
Todesstelle gehen,« sagte Frau Linda
gereizt.
Da war das Lachen auch schon ver
stummt, Rui trat aus dem Hause und
ging in den Part.
Wolfs- Todesstellei Also das war
der Grund ihrer täglichen Wande
rungen. Beinahe wäre Hans Jochen
Rut nachgestiirzt und hätte ihr brutal
die Wahrheit iiber Wolf gesagt· Aber
da sah er sie hinschreiten — in Gang
und Haltung und in ihrem weißen
Kleide erinnerte sie ihn an eine Ve
sialin. Namenloses Erbarmen über
iam ihn. an dieser Stunde haßte er
Wolf. Hans Jochen beschloß, in den
nächsten Tagen abzureisen und den
Rest seines Urlaubs zu einer Rhein
reise zu verwenden.
Obgleich Rut jeden Taa in den
Pari ging, Wolss Todes-stelle suchte sie
nicht auf, schon lange war sie nicht
mehr dort gewesen. Sie verabscheute
diese Stätte mehr denn je, · weniger
um des Toten als um des Lebenden
willen. Heut ging sie zu ihr. Gold:
gelb leuchteten die Bäume. Wie in«
einem Flammenmeer schritt Rut da
hin. schon raschelten dürre Blätter zu
ihren Füßen. Nur die Erlen standen
noch im schmucklosen dunklen Grün.
Seit sie Hans Jochen harte Worte ge
sagt, war eine innere Zerrissenheit m
Rut, der sie nicht Herr werden konnte,
hier aus dieser Stelle würde es ihr
gelingen. So oft sie auch hier aes
weilt, immer hatten die Aeste ein
trauriges Lied von einer bösen Tat
gerauscht. Aus das Geländer gestützt,
stand sie und lauschte. Sie wollte es
wieder hören, jenes Lied --— es sollte
ihr neue Kraft geben. sich aeaen ihr
eigenes Herz zu wehren. Nut lauschte
vergeblich, das Lied war verstummt.
Laut schlug ihr Herz, nichts, gar
nichts mehr sprach zu ihr auf dieser
l Stätte.
Scharf spiegelten sich in dem tri
stallhellen, sasi übermütig viäischern
den Wasser die Bäume. »Er hat es
Iia nicht getan,« rief Rnt laut in her
»vorbrechender Qual. Sie preßte die
sHönde vor die Auaen. Hans Jochen
war einer solchen Tat nicht fähig, ein
Spui hatte sie in iener Nacht geäfst.
Rauhes Lachen schreckte Rat auf.
Ein Mann in abgetraaener Klei
dung mit glattrasiertem Gesicht und
turzqeschorenen Haaren stand vor ihr.
»Die schöne Baroneß kennt mich
wohl nicht mehr, wie?«
Rat schüttelte mechanisch den Kopf
»Jch bin der Deckert und komme
ans dem Zuchthau5, mehr als ein
Jahr bab’ ich drin gesteckt. Wissen
Baroneß noch. wie Sie Weihnachten
dem Herrn Amtsrat sagten, das; ich
den Ochsen schlug? Baroneß waren
schuld, daß ich tveagejaat wurde, nnd
daß es dann beraab mit mir nina.«
Mit drohender Gebärde trat Ddetert
dicht an Rut heran. »Im Znchthans
wird teinet besser.«
kttut wollte aenen oder ne innr ioie
gelähmt vor Schreck. Die Drohung,
die Deckert gegen sie ausgestoßen, fiel
ihr wieder ein ein Blick voll Io
desangst streifte seine hiinenhafte Ge
statt.
»Ich könnte Sie gleich in den Bach
werfen, niemand würde mich dran
hindern und mir wärs ein Leichtes, «
der Mann reckte feine Fäuste, »aber
Sie brauchen keine Angst zu haben
ich tue Jhnen nichts. « Deckert
machte eine Vaufr. Er sah, tvie Ruts
Hände das Geländer fest umklammer
ten. »Sie haben ja auch Jlir Fett ge
kriegt, damals. als Ihr schöner Schatz
lutfch war-" Er lachte höhnisch· »an
Wasser ist der nicht gegangen! Der
Herr Aintsrat bat allen Leuten bloß
»was weiß gemacht und der Herr Mo
I« s- --»----«s
aticnt: »Sage« Sic, Herr fzprofessoy wir kommt das nur, daß ich immer
den intandmng nach dem Kopf e abe?«
Professor: »Jede Flusiikxkeih akjo au ch das Blut, hat immer das Bestreitu.
zuerst dic Ovhltäume aus-m ülle nl
jor erst . . · ’S is bei den Vornehmen
nicht besser als bei ung.« Deciert
spuckte aus.
Aus Rut war alles Leben gewichen,
kein Ton kam über ihre Lippen.
»Ich hab’ in einer Zelle mit einem
zusammen gesessen, er hat wiss er
zählt, wie’s wirklich gewesen ist.«
Da fiel ein Schuß. Lothar von
Brenien ging, seiner Gewohnheit ge
imäß, auf die Eichhörnchenjagd.
! Einen Moment schwieg Deckert und
horchte Diirres Holz tnacktr. »Wenn
das schöne Fräulein nicht zu stolz ist,
;zu mir zu kommen, « sliisterte er Rat
lin das Ohr, ,,will ichs ihm erzählen.
Aber Gele muß es mitbringen, nen
ordentlichen Beutel voll, sonst —
Deckert lachte roh-— ,,na, sonst er
zähle ich s eben anderen. Ja, anderen
werde ich s erzählenf rief er noch ein
mal laut, im nächsten Auqenblicl war
Ier im Gestrüpp verschwunden
Der Abend sank und Rut stand
noch immer reglos.
»Baroneß Rut!« rief es laut.
Es war Dota, die sie suchte.
Mechanisch solate Rut dem Rus. J
»Frau Amtsrat haben ihre Zu
stände.«
iSchluß folgt.)
Z Die Motive-Ausga
IH den für UND
Die MarineiAusgaben der acht
größten Seeinachte fur das Jahr
1912X13 stellen sich tm Vergleich mit
denen des vorigen Jahres wie folgt:
»-:lscillionen Mark-—
inne-m
lllkhc Udcc
1Elii.-121m«.«13 wenn-er
(·-lkaf-,bisitannicn Inn-zu Eins-J- sp 6,3
Her Staaten Don
Islmerila . . 5212 Sitz-»O H- ists
Deutschland . 4.’-»,3 Hitll —- l).7
Ratsherrn . :5::.«1,l .;J-:)s,s«. -s- BL
lins:l(uld . Lät77 Jl.’s—t,tl —s- 1t7,3«
Japan . .......... Wust HOUI st- List
steilten . .......... thisz tTflki -t— III
seltensten ilnaarn lot-« »W- Jp 1·.I,t
Das Rechnunggjahr, das in Frank
reich, Rußland und Oefterreich - Un
garn mit dem Kalenderjahr zusam
menfällt, in Großbritannien, Deutsch
land und Japan am 1. April, in den
Vereinigten Staaten und Italien am
1. Juli anfängt, hat für die Mehrzahl
der angeführten Staaten begonnen,
ohne daß die Etats die parlamentari
sche Genehmigung erhalten haben. Bis
jetzt sind nur der französische, der ita
lienische und der japanische Etat be
willigt, fiir die übrigen Marinen sind
daher die Voranschläge gegeben. Jn
England werden die letzten Kapitel des
Etatg immer erst im Laufe des Som
ineiL beraten, doch ist es nicht übliche
dabei Aenderungen in der Etatsfumme
vorzunehmen. Das letzte gilt auch
für Oesterreich-Ungarn.
Wie die Ueberficht zeigt, ist überall
eine Zunahme der Ausgaben zu ver
«zcickinen mit Ausnahme von Großbri
tannien nnd Deutschland. Bemerkens
wert ist die Erhöhung des russischen
Etat-s, der in seinem Voranschlaae be
reit-: den französischen übersteigt und
damit zum ersten Male an die vierte
Stelle unter den Marineetats der
Greßinächte tritt. Der sranzösisrhe
Etat hat übrigens eine Erhöhung
inrrh eine Nachbewilligung von t),5
Eilliillionen Mart erhalten, die aus
ssdjiliefilich siir die Eraänzuna Der Pul
Fiscsriorräte fiir die Flotte Verwendung
finden sollen. Tie Erhöhung der Ma
riiseetatg von Japan, Italien nnd
JOesterreich Ungarn entsprechen den
Hträftia aefiirderten Flottenbanvliinen
Itiieser drei Länder. Bei Oesterreicth
xllnaarn ist in den anaeaebenen Sum
-»n.(n ein Sonderlredit enthalten, der
:siir 1ld11 46,R nnd für das laufende
"Jahr 56,95 Millionen Mart beträgt.
—.—-.-.--«
Gesellfchaftsdomen in Baltimoke
sollen ihren Hunden parfümierte Bä
der geben. Jnsettenpulvct ist sicheren
sk Il- II
Jn Bofton geht Die Zahl der Ehe
scblicßnngen zurück Die holde Weib
lichleit scheint dort Von dem Vorrechte,
das ihr das Schnltjahr gewährt, kei
ncn besonderen Gebrauch zu machen