Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, May 03, 1912, Zweiter Theil, Image 13

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    Ver-tolle Grat.
Stige von säte Lobotvgli
Ihm Dass recht, daß die Leute viele
Meilen im Umkreis seinen eigentlichen
Namen um des neuen willen, den sie
ihm.qaben, vergessen zu haben schie
nen.
Knno von Waltenried. so hatten
mindestens ein«-Dutzend Ablömrnlinge
des alten Geschlechts geheißen, die auf
Schloß Bodenbach einst hausten, und
« er trug denselben Namen! Aber et
haßte das Alte, das in vorgeschriebe
nen Bahnen weiterrolltei Nachlebend,
wag die Urahnen angestrebt, nnd ver
zehrend, was jene erwarben! — War's
nicht tausendmal tiiclztiger, wenn er
sich auslebie?
Er hatte lau-n zwanzig Jahre ge
zählt, als die Eltern binnen Jahres
srist -—- ain Typhus, der sich trotz aller
Vorsicht auch in die gräflichen Gemä
cher eingeschlichen hatte —- ihn allein
ließen und er, nach ver Großsäheigs
leitserlläkuna als Here nnd einziger
Erbe aus Schloß Bodenbach einzogl
Seine Mutter war eine laltvekschloss
sene Natur qewesen und hatte an kem
leidenschaftlichen Knaben viel gesiins
diatl Nicht, als ob sie es an guten
Lehren und harten Strafen hätte seh
len lassen, nein, nur an dem einen, das
sie alle nicht entbehren können. ohne
Schaden an ihrer Seele zu nehmen, an
der Mutteeliehe die mit dem Kinde
Iuhelt und weint, und die strafend
liebt und liebend straltl
Minos Vater war ein stiller Mann.
Eine Felswand aus Kälte und Vor-·
nehmheit hatte sich zwischen der
Schloßherrsehast und der Anstenwelt
nirsgetiirwt· Knno aber trollte sie
stiirzenk Er wollte Mensch sein! Er
meinte durch sein tolles Leben von dem
Ertrndlritz, den Geburt und Reichtum
ihm angewiesen hatten, herunter zu
sieiaen und sich damit seiner Würde
undVoenehmheit entlleidend. ein Bru
der der Gerinneren zu werden! Aber
es- wollte nichts werden« oh er im Gast
haus zum »Er-wessen Cher« die Nächte
durchtrnnt und durchjubelte .ob er ih
nen durch leine wilden Reiterltiiete
Staunen abzwana —- Die Gewohn
heit, in dem alten Geschlecht ihren
Herrn zu sehen, war stiirter. als die
junge, spriihende Tollheit, die sie un
sicher machte! Sie ichsittelten die
Kiivse nnd spotteten auch wohl, wenn
er sern war. Er merlte von dem allen
nichts. Er tollte weiter und tranl,
nm den brennenden Durst, der in ihm
glühte, los zuNoerdent Aber es hals
nichts, er durstete weiter, denn ein
Fünlchen Gutes hatte sich in ihm erret
tet und dns lechzte nach iraend etwas,
nach einer hand, die ihn aus dem
Schlamm zog, nach einem Herzen. des
sen Schlag er an dem seinen fühlen
konntet
Und es nah eine Hand und ein Herz.
die ihn hätten zur tlmlehr bringen
können — sie aehiirten einem stillen,
lieben Geschöps mit großen Kinder
augen nnd einer Seele. die nicht wuß
ie, daß des Monnes Begehren sein
schlimmlier Feind ist! Sie war des
alten Schlossaärtners Entetint lind
der tolle Gras hatte gemeint, sie
iliieten zu können, wie jede andere
lnme. Doeh er hatte nicht mit dem
treiskhaarigen Mann gerechnet, der
til-er die innere Rose work-te!
Und einetz Abends-, als er zu dem
steinen Weiher ging, wo er die schlanle
, Rindergestalt wußte, da hatte statt
ihrer der Alte nui dem kleinen Bänk
ehen gesessen und hatte zu ihm gespro
chens
»Herr Graf, Sie haben viel auf der
Welt, was Ihnen aehört und mit dem
Sie tun und laffen können, was Sie
wollen ---— ich aber habe nur das Eine
—- das Kind meiner toten Tochter.
und das fchritz' ich mit meinem Herz
bluti« .
Da war etwas wie heiße Scham
iLber sinno v. Wallenried aelommen
und er schlich davon wie ein Dieb
Seither trieb er'z toller wie je zu
ror. —
Ein tühler Herbstabend war’s, auf
dem Schloßhofe herrfchte noch ein zu
dieser späten Stunde uiigewkihnliches
Leben, die Jnspeltoren rannten ausge
regt durcheinander und der alte För
fter murmelte Verwünschunarni Ein
Milddieb, der qenau in dem gräflichen
Revier Befeheid wissen mußte, hatte
tsem Schonftand einen Besuch abgestut
iet und drei Kapitalbiicte mitgeben hei
ßen. Wer anders, als der »rote
Franz'«, dem sich seit ein paar Tagen
die Türen des Gefängnisses geöffnet
hatten, lonnte der Täter newefen sein!
Niemand als er, der einftige Gärtner
burfche, kannte die verfchlungenen
Pfade und versteckten Hütten der ein
gehegten Tiere so genau und außerdem
bewiefen die im feuchten Sande deut
lich sichtbaren Fußsduren — neben den
normalen die des Stelzbeined —- zur
Genüge die Töterfchaft. Sie waren
alle empört, denn der Schonftand galt
ihnen feit jeher als ein geheiligtes
Pleelchen Erde, das die Unherufenen
aum zu betreten wagteni
Als Kund v. Waltenried diehunde
heranpfiif, zwei auf den Mann dres
fierte, riesige Doggen, und sich eine
Mtnte dringen lief-, trat der alte
Schlosgärtner auf i n zu:
rzeihen Sie, rr Graf, aber ich
Sie auf dem Arm getragen und
mein’, das ich mir deshalb auch eine
Bitte erlauben darf: Gehen Sie nicht
mit, denn der «rote Franz« hat einen
Haß auf Lie, und ich fürcht’, er kennt
sbessere yetsieckh als wir heil-« zusam
men!«
Kuno v. Wallenried sah ihn fest i
an.
»Seid ja aus einmal mächtig besorgt l
um mich, alter Manni« Lichte er. !
»Aber wißt Ihr, Feiglinga geil-S nie-:
mals in unserem Geschlechi, und ichs
mächt’—in diesem einen wenigstens —
Mich nicht vor dem alten Herrn in dem
ttersaal zu schämen haben!« .
Er faßte lässig an den hut und ging l
in den Wald. Mit heimlichem Seufzen "
sah der Alte ihm nach. !
Ken- späte mit scharfen Augen, in
denen der Haß glühte, vorwärts —
nicht zuriick — sonst hätte er in einiger
Entfernung eine leichteGestalt, die hin
ter ihm herglitt und mit aufmerksamen
Augen in jedes Gebüsch äugte, gesehen.
Des Schloßgärtners Annerose war’s,
die es zu Haus nicht ertragen lonnte
und ihm nachgelaufen war, um ihm
nahe zu sein, in der Stunde der Ge
fahr! Sie lannte jeden Winkel und
Schleichweg in dem alten Walde und
war fest überzeugt, den Geliebten
fchühen zu können. Und plötzlich späht
sie in eine von Brombeergestriipp über
wucherte Vertiefung und Leichenblässe
übersieht ihr schmales Gesicht. Schim
mert da nicht das rote Haar des Franz
durch die Blätter? Sie gleitet zu Bo
den und rutscht unhörbar auf dem
4
glatten Boden weiter. Ja, er ift’s!
Mit der Büchse im Anschlag, das Ge
sicht verzerrt in Wut und Todesangst,
die Hand aber in regungsloser Sicher
heit! — Sie wird ganz ruhig. Wenn
si- ihn, den Grafen, auch nicht lieben
und fiir ihn leben kann, das Sterben
flir ihn darf ihr niemand wehren. Und
sie tritt zu einem schmalen Seitenpfad,
der direkt auf das Versteck des ,,roten
Franz« stößt, der mit brennenden
Augen die Gestalt des Grafen ver-«
folgt, um« wenn er in die Lichtung
tritt, Feuer zu aebeni Jetzt —- ietzt-—
noch ein paar Sekunden. — Sie stiirzt
sich von hknten auf ihn und schlagt ihm
das Gewehr aus der Hand! Dabei
verliert sie das Gleichgewicht und glei
te« aus dem schlüpfrigen Boden aus; in
demselben Augenblick, als der Schuß
losgeht! —- Ein Schrei hallt durch die
Lüfte, ein jauchzender, weithin schal
lender, der nichts wissen will von den
Schrecknifsen des Todes! Annerose
liegt im Moos und leise fielert das
Blut aus einer Schulterwundei
Jn wenigen Minuten ist der Graf
zur Stelle, der »rote Franz« sieht ihm
mit wutentstellten Gesicht entgegen,
was hilft ihm das Fliehen, die Doggen
sind zur Stelle; sie fassen ihn an und
er tennt die Zähne. Sie haben ihn
eisenfeft Des Grasen Blick fällt erst
ietzt aus die regungslose Gestalt am
Boden.
Jn einer Sekunde wird ihm der
ganze Zusammenhang tlar; er bettet
Annerose in feinen Armen und gibt ihr
tausend Schmeichelnamen. Und er
kann nicht anders. die vergeudete und
durchtollte Jugend, sie kommt mit dem
Vorwurf des verfehlten Lebens zu ihm
und er weint, um sich und um das
Kind an seiner Brust, das fiir ihn in
den Tod ging. Er tut noch mehr, er«
der tolle Graf, dem das hetligste ge
rade genug zum Spott war, er bittet,
daß der Herrgott ihm die junge Men
schenblume lassen möchte.
Der alte Schloßgiirtner klagt nicht,
als er dem Grasen die leichte Gestalt
abnimmt, er hat seine Frau begraben,
den Schwiegersobn verloren und sein
Jeinzig Kind hergeben miissen, ietzt ists
T die Reihe am letzten.
Nur den Mann, um dessentwilleu
sie das tat, den baszt ek. und der Haß
läßt ibn den schuldian Respekt zumi
ersten Mal vergessen und ihn sprechen, s
I:-ie ein Mensch ium andern spricht.
Er tritt zu dent Grasen und sieht ihm
sest in die Augen:
»Ich glaub’, wenn Jhr Herr Vater
ausstiinde und Jlire Mutter Jhnen
was lagen miißte so wör’s das Eine:
Du hast das Wappenschild der Ahnen
in den Schmutz gezogen, und wir schä
men uns Deiner!«
Der Gras richtet sich hoch aus.
»Ich hab's mir saaen lassen, weil
Ihr doch ihr Großvater seid, Schloß
aiirtner, einen anderen hätte ich zu
Boden qeschlagen. Mein Leben ge
hört seht der, die da bleich und still
liegt und die doch nicht sterben wird,
weit sie eine Ausgabe zu ersiillen hat,
die sie besser kennt, als Jhr und ich!«
Damit geht er hinaus.
Das Unglaubliche geschieht.
Annerose tommt zum Bewußtsein
und die junae Widerstand-Fähigkeit
unterstützt durch-die ersten medizini
schen Kräfte, sühten sie der Genesung
entgegen
Und heut’ 1st sie zum ersten Mal
außer Bett. —- Die Oliobersonne lacht
vom Himmel. und vorn Dorstirchlein
lautet sie das Erntedantsest ein! Nach
der Feier im Gotteshause versammeln
sie sich alle in der Vorhalle des Schlos
ses. um die reichgeschrnitckte Krone zu
bringen und siir ihr Sprüchtein Geld
und Geschenke einzuheimsens So
war's seit langen Jahren, und so
wir-W auch heute wieder seint
»Nun danlet alle Goti«, klingen die s
alten und sausen Stimmen in der ho- i
hea, etchenget selten, Halle und der;
graut-artige Aufseher ritt vor und :
wünscht, wie- alltährlih dem edlen
Deren Wein, Gel und Braten, Ge
deihen und Segen, Vieh und Saaten,
dem Rübenstand, den Schonungswes
gen, zur rechten Zeit, die hart und Ne
aen. i
t- ---
Der Graf nickte danlend und schritt1
Inälxer zur Menge
»Jch möchte noch ein paar Worte an
Euch richten, Leute,« saate er mit weit
lzinauäschallender Stimme »Ich
alanb' im Sinne meines toten Herrn
Vaters zu handeln, wenn ich meinem
Haus eine Herrin qeb’! Und wer wäre
würdiger dazu, als jene, die ihr Leben
iiir mich opsern wallte!«
Leise legte der alte Schloßgärlner
die hellrer-glühende Annerose in des
Grasen starle Arme.
»Hier ist sie, Leute!«
Da braust ein Jubel und Jauchzen
durch die Menge, die Jungen stürzen
ver und strecken in heller Freude dem
Brautpaar die Hände entgegen, und
die Alten lüften in stiller Bedächtigkeit
ihre Klippen
Und noch einmal llinqt’s wie leises
Beben zum lachenden Himmels
»Nun danlet alle Gott!«
Dann gehen sie langsam von hin
nen, mit dem sicheren Gefühl, es wird
sortan gut mit dem alten Geschlecht
derer v. Wallenried bestellt sein, denn
iLibeZ dem tollen Grafen wacht die
sie e.
Eine zarte Aufmerksamkeit
Slizze von Michael corday.
Nach dem Diner zogen sich die Her- 7
ren in das Rauchzimmer zuritck und
diskutierten über das Hatellebem über
die Verschiedenheit der Elemente, die
zusammengewürfelt, einer dem andern
fremd, nuLdurch dünne Zimmerwände
voneinander getrennt leben.
Marrel Vautier, ein junger Chemi
ier. ergriff das Wort.
Man lonnte ihn als empfindsarnen,
feinfiihligen MenM. von einer zar
ten Sentimentalitätj über die er sich
sselbst gern lustig machte. Er er
zählte
,,Diesem Durcheinander des Zwiel
lebens verdanke ich ein kleines Aben
teuer.
Es war im vorigen Jahr in Ger
ssonne in den Vogefen.
Jch war mit der offiziellen Untersu
chung einer neuen Quelle, die man
fassen wollte, beauftragt·
Die Badeverwaltnng war sehr zu
vorlommend gegen mich und ließ es
sich nicht nehmen, mich im besten Hotel
unterzubringen Es war ein wahrer
Palast an Luxus nnd Komfort, ganz
neu erbaut. Sie wissen, Gerbonne ist
erst seit wenigen Jahren in Aufnahme,
die Hotels smd daher noch nicht so
3ahlreich, und so begegnen sich dort die
verschiedensten Klassen der Gesellschaft
Neben einer Fürstin, die von einem
Stab von Bedienten umgeben ist, steht
man bescheidene Leute, die schwere
Geldopfer bringen mußten, um dort
ein paar Tage zur Kur verweilen zu
können.
Diese Verschiedenheit der Vermö
aensverhältnisse wurde mir jeden
Abend symbolisch vor Augen geführt
Jch kam immer erst zu vorgeriickter
Stunde aus dem Kasino, denn ich ver
suchte mich in meiner Einsamkeit zu
zerstreuen·
Die weiten Hallen des Hotels waren
durch aruske elektrische Ampeln hell er
leuchtet. Fast vor jeder Tür stand in
einer Vase ein Butett. Zuerst konnte
ich mir das gar nicht erklären, aber
dann verstand ich es, daß diese Blu
nien den Hotelgästen gehörten. die sie
nicht iin Zimmer zu haben wünschen
ilnd diese Blumen wurden mir zum
Symbol, denn sie waren so verschieden
von den einfachsten bis zu den stolze
sten, sie zeigten so deutlich die Neianni
ibres Besitzers« . ..
Aber sie sind vielleicht erstaunt, das:
in Gerbonne in einem Hotel eine sont--I
Fülle von Blumen zu finden ist. Sie
müssen bedenken, daß Gerbonne ein
Modebad ist« und dasz jeder Bideort
einen enorinen Verbrauch.an Blinncn
l;at. -
Dei- Most der Bliimenhändleein iik
fast ebenso besucht wie der Brunnen
Einen Blumenstrauß gibt man bei der
Ankunft, bei der Abreise. Uebrigens
steigert sich die Lust am Kaufen bedeu
tend durch den Müßiggang des Bade
lebeng. Man verbringt den lTai
ariisztenteils damit, vor den Schausen
siern der Hauptstrasze zu stehen« nnd
ein Nichts, eine Spielerei, die sonst
auch nicht einen Augenblick Ausmert
samleit gekostet hätte, wird plötzlich be
aehrenswert
Aber ich schweife von meinem The
ma ab
Wie esagt, die vor den Tiireii ste
benden eträusze waren sehr verschie
den« hier standen einigeOrcbideen, dort
ein Tusf Nellen etwas weiter ein Ro
senzweig. Und ich bemerkte, daß vor
einer Tiir stets ein sehr armselige-·
Striiuszchen stand, rührend in seiner
Einfachheit Einige Anemonen, ein
Enzian, nicht einmal gelauste Blumen,
sondern vom Besitzer selbst im Gebirge
gepflückt
Soviel war gewiß, sie, die sie
abends vor die Tür sente, war nicht
verwöhnt. Wenn sie, wie ihre Nach
barin, einen Strauß haben wollte, so
mußte sie ihn auf den Wiesen selbst
vsliiitein weifellos eine von denen,
siir die es e n großes Opfer war, den
lururiltsen Knrort auszusuchen, ein
großes Opfer.... Eine bescheidene
verschwindende Ieldblume zwischen
»den Treibbauspflanzem Und ich koni
ibiniertr. Sie war gewiß allein, denn
aus Sparsamkeit konnte sie niemand
zur Begleitung mitne men, in langen
Spaziergängen irrte durch die Tä
ler, 2um sich zu zerstrenen und dein
Gewühl des Badelebens zu ente
Zwei Tage lang versuchte ich, csien zu
Gesicht zu bekommen, aber meine Ar
beit hielt mich den Tag iider vom Hatel
fern, und erst spät abends Lehrte ich
heim. Jch mußte mich damit begnü
nen, an den armseligen Feldblnnien in
ihrer Eniaillevase vorüberzngehen Da
kam mir der Gedanke, meiner Unbe
kxinnten eine Freude zu machen. Ich
wollte das Schicksal verbessern.
Ich wollte die kleinen Wiesendlumen
snit einem vollen Strauß vertauschen.
Noch an demselben Tage taufte ich
einen herrlichen Rosenztveig, und als
alles im Hotel schlief, nahm ich den
Tausch Vot.
Die lleine Emaillevase verschwand
völlig unter den hängenden Rosen.
Ich schlief diese Nacht sehr spät ein,
obaleich meinen Sinn nichts wichtiges
beschäftigte
Zireifellos würde ich niemals von
der freudigen Ueberraschung, die sie
»in nächsten Morgen haben würde, er
fahren. Um so viel feiner, fo viel
;««.rtfiihlender war meine Aufmerksam
eit.
Aber niemand ist vollkommen. Jm
Grunde meines Herzens rechnete ich
aist einen glücklichen Zufall. Vielleicht
entdeckte ich meine Nachbarin noch und
vielleicht erfuhr sie auch, dasz ich der
Gelser war.
Vielleicht fand ich Geleaenheit, sie in
ihrer Einsamkeit zu trösten.
Wunderfchöne Perfveltiven eröffne
ten sich vor mir und fiifze Träume uni
woben mich beim Entschlafen
Durch treischende Stimmen, die den
tiorridor füllten, wurde ich aiifgeiveclt;
ej- war schon ganz bell. Jch sprang
an: meinem Bett, öffnete die Tür ein .
nsenig und steclte den Kopf erschreckt
herum
Ich sah einen kleinenMann in Pan
toffeln, auf seinem Rücken machte das
Heind zwischen den Hosenträgern einen ’
Buckel. Spärliche graue Haare be
ierlten seinen Schädel, sein kleiner
Spitzbart tanzte vor Wut. Seine
xslnaen funkelten unter den runden
Vrillengläsern, in der Hand schwang
er einen Büschel Rosen — meine Ro
sen —- nnd mit piepsender, sich über
iclklagender Stimme brüllte er:
,,Fiellner!. . .. Kellner!. . .. Wo ist
der Kellner?t. . .. Man hat mich be
stohlen, man hat mir meine »Gentiana
dumm« fortgenommen «und diese
Treckblumen dafür hingestellt! Kell
:ser!. . . .Kellner!· .. «
Ich zog mich zurück. — Es war ein
alter Professor der Botanil, der Ge
lsirgsblumen sammelte. . . ."
Die tslufe des AergeentsseQ
Element Bautel, der im »Main«
interessante Tagesereignisse zu glas
sieren pflegt, erzählt folgende Ge
schichte: Die Zeitungen berichten, daß
ein Pariser Ehemann gegen seine Frau
auf Scheidung klagt, weil sie nur am
Rücken zuzuknöpsende Taillen und
Blusen trage. »Ich kann nicht mehr
vom frühen Morgen bis zum späten
Abend diese Blasen- und Taillensron
ertragen«, erklärte er. »Ich verbringe
meine ganze Zeit damit, meiner Frau
die Taille zu- oder auszutnöpfen
Manchmal wechselt sie im Laufe des
Tages die Toilette, dann habe ich na
tiirlich doppelte Arbeit. Noch schlim
mer ist es, wenn wir ins Theater ge
hen wollen. Meine Frau hat ein Prin
zeszkleid, das hinten zu schließen ist;
es besitzt 49 winzige Knöpfchen — ich
weiß es genau, denn ich habe sie ge
zahlt. Natürlich muß ich armer Mär
tyrer diese 49 Knöpse zulnöpfen und
mich mit den niederträchtigen Knopf
löchern, die nie so wollen wie der
Knopf will, abquiilen. Und nicht sel
ten kommt eH vor, das; ich, wenn ich
qidlich beim 45. Knopf angelangt bin,
merke, das; ich mich geirrt und die
Knöpfe mit gar nicht zu ihnen gehö
rigen Löchern zusammengebracht habe.
Selbstverständlich fängt jetzt die Ge
schichte von vorn an. Da ich nun nicht
Geld genug besitze, um mir ein Dienst
mädchen zu halten, habe ich beschlos
sen, meiner Qual ein Ende zu machen.
Wenn es eine Gerechtigkeit gibt, werde
ich bald srei sein.« Wir halten das,
was der arme Mann vorbringt, wirk
lich siir einen ernsten Scheidungsi
grund!
- —
Unter Gauner-ji«
»Was hast Du denn da sür einen
schönen Potal?«
»Das ist ein erster Preis-, den ich
davon getragen habe.«
»Bist Du nicht erwischt worden da
bei?«
Höchste Malen-irrte
Jm übersiiltten Straßenbahnwnaen
hatte ein Arbeiter seinen Platz an eine
ältliche Dame abgetreten Diese dankte
ihm etsreut,
»So gehört es sich«, wehrte der
Mann den Dank ab.
Als die Dame saß, fügte« der ritter
tiche Arbeiter hinzu: »Ich sage immer,
ein Mann darf nie eine Frau stehen
lassen. Manche Männer stehen nur
aus« wenn sie hübsch ist, aber sehen
Sie; ich mache keinen Unterschied da
ttn.«
O diese Kinder-.
Vater (in Igemvart seiner Frau):
»Komm her, L schen, ich will Dir ei
nen Kuß geben, ich bin Dir gut.«
Etsch-n: »Ach, geh’ doch, das hast
Du zu dem Kindermädchen heute früh
s auch gesagt.«
i Wimde -——k
Der Gewiesnen
Angeklagtm Woher Jekichtshos, ice
habe in diesem Jahre det erste Mal die
hohe Ehre, vor Ihnen Uffzutreten;
darum jestatten Se, det ick Ihnen· eh’
wir in de Verhandlung intteten, een
herzlichet Kraft Neijahr« zurufe.«
Von der Lokalbnhm
,,Jn dem Zug ist ja nicht einmal ge
heizt!«
»Halten’s Jhnen net auf! Wir
bleibnja doch sieden, da mitl« Ih
nen dann beim Schneeschaufeln schon
warm werden.«
» Bankwottspieb
Batitfassierek (zu den zahlreichen,
lebhaft plaudernden Kunden): »Bitte
nicht fo laut, meine Herrschaften! Wie
sollen da nur die Summen stimmen,
wenn so viele Stimmen summen.«
Sichet ist stehet-.
Gefangenen »Da fliegt mein Hut;
soll ich ihm nachlaufen?«
Polizist: »Was? Rachlaufen und
nicht wiederkommen? Das kennen
wir. Nein, stehenbleiben! Jch werde
den Hut selber fangen.«
Mißverständnis i
Sarah: »Jsidor, der Feigelstock hat
mer beleidigt!«
Jsisdor: »Woso?«
Sarah: »Er hat gesagt, ich wär’
ohne Charme, ich wär’ überspannt,
i ! ....«
Jsidor: »Sarah, reg’ der nix auf
tvege dem Stußl Wie kannste sein
überspannt, wenn de hast keinen
Schau-ist«
Aus Rheinland.
Ein biederes Bäuerlein speist mit
einem Nachbar nach guten Gemiisege
schäften in einem Restaurant der
Großstadt. Das Mittagessen kostet
1.50 Mark. Draußen auf der Straße
zieht der eine die mitgenommene Lei
nenserdiette aus der Tasche, hält sie
prüfend auseinander und meint treu
herzig: »Ett Essen wor wall jett diierr,
edder e paar Groschen eß och datt Dog
weätt.«
Meiste-send
»Ihr Sohn hat also gestern verges
sen, den Hühnerstall zu schließen? Da
hat der der Fuchs wohl am Ende die
Hühner geholt?«
»Nein; aber sie sind nach Haus ge
laufen!«
Würde.
Sanitätsrat: »Na, Sie sehen, Herr
Doktor, das sind eben Meinung-Idee
schiedenheiten.«
Stabsarzh ,,Verzeihen Sie, ich bin
Stabsarzt und nicht Doktor.«
Sanitiitsrat: »Pardon, ich dachte,
tSie wären im Nebenberusauch Dok
or.«
Entschuldigt. ·
Richter: »Jhre Frau beklagt sich,
daß Sie im ganzen letzten Jahre kein
Wort zu ihr gesprochen hätten. Was
haben Sie dagegen zu bemerken?«
Angeklagter: »Ich wagte nicht, sie
zu unterbrechen.«
(Aus: Gucklasten.)
Inst-rat
»Herzlichen Dank allen lieben
Freunden und Verwandten, die mei
nem Manne, dem Weichensteller
Zapfert, die letzte Ehre erwiesen haben,
sowie dem Kegelklub ,,Jmmer fidel'«
für das Eis-bemessen mit Sauerkraut
und das nach dem Begräbnis gespen
dete Faß Patzenhofer.
Die untröstliche Witwe.«
Dek kleine Hans.
Der lleine Hans ist ganz entzückt
von seiner ersten Automobilsahrt.
»Wenn ich all’ mein Geld aus meiner
Sparbiichse nehme, Pupa«, fragt er,
,,lann ich mir dann ein Automobil da
siir laufen?«
»Nein«, sagt der Vater, »das ist viel
zu wenig.«
»Wenn, aber Kurt und Erna mir
ihr Geld noch dazu geben reicht
es dann?« fragt der beharrliche Junge
weiter·" »
»Nein, dann ist’g auch noch nicht
genug«, belehrt ihn der Vater.
,,Na«, meint Hans daraus, ein we
nig ärgerlich, »wie viel Kinder müssen
wir denn noch bekommen, damit es
reicht?«
Die Gattin des Dichters.
Der junge Dichter hatte soeben seine
Arbeit, die er siir ein wahres Kunst
werl hielt, beendet. Er eilte zu seiner
jungen Frau, die eifrig seine Strüm
pse stopfte.
»Lieschen, mein Herzblatt«, sliisterte
er zärtlich. »Das habe ich eben ge
schrieben."
Und er sing an zu lesen. Er las
voller Gefühl. Seine Bewegungen
waren graziös, seine Betonung ausge
zeichnet. Er las das Gedicht wir
lungsvoll bis zu Ende. Als er fertig
war, sah er sie an und erwartete ihr
Lob. Eine Zeit lang sagte sie nichts.
»Nun, mein süßes Herz«, sagte er,
«sage mir, was Du denkst?«
»Ich wundere mich ---«
»Woritber?«
»Daß der Fleischer die Leber noch
nicht geschickt hat.
. ·
sw
»Meine Braut ist das direkte Gegen
tcil von mir, und doch verstehen wir uns
ausgezeichnet«
»Hu-, habe schon gehört. solt ja eine
ungemein hübscle interessante und geist
reiche Dame sein«
iH·"-.-, — HEXØEHIWI
-,Entschuldigen Sie bitte, qnädigei
Fräulein. daß ich Sie nicht grüßte, als
ich hnen begegnete, aber ich habe Sie
wirk ich nicht erkannt·«
»Wie können Sie dann überhaupt wis
-- ·- - s s
Jmmgeselle: Es ist zu toll, sich cwick
die zindpse an die Hemden zu nähen
Wenn ich "edt verheiratet wäre, aus den
Knien müsste mein Weib unseren Sohn
bitten, nicht wie sein Vater, ein alter
Junggeselle zu bleibe-il
—---—
— —. -..—
Sie: »Ich finde es sehr kalt hier.«
Er (an dem in der Nähe hängenden
Thermomctct nachsehendj : 68 Grad; das
ist doch normal nnd durchaus nicht kalt.«
Sie: »Aber ich bitte dich, für das gro
ße Lokal ist das viel zu !alt.«
f —
Wl
»Mein Fräulein, ich komme ikn Anf
fmge meines Papas, um Ihre werte
Hand anzuhalten «
»Seht icljmeichelhnft, mein Hekrl Auch
ich gehorche in dieser Sache meinen El
tern. Nur möchte ich Sie bitten, die
Sache kaick abznmachen Jkn übrig-en
werde ich spie, solange Sie mein Bräuti
gam sind, täglich uin dic· Mittag-Ismin
empfangen: wenn Tvir erst alnckkich ves
heiraict find, wird ja hoffentlich auch
dieser Zwang cnifalcen.'«