Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, April 19, 1912, Zweiter Theil, Image 12

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    Ihre neue Stelle.
—
Von start Rese.
»Wald-nat Schückert. Bürgermei
M.' So stand es auf dem blanten
Meer-unanwe- .
Ehe sie die Haustltngel zog, blickte
sie noch einmal musternd über ihre
Oardserobe bin. Das graue Reifetos
ftiim tleidete sie dorsiiglich· Sorgfäl
glättete sie das anfasliefeende
Wiesen« wischte haftig iiber die Lack
ibiien ibrer Stiefel hin und langte ib
ren Taschensping aus dein Reisetäsckp
eben. »Im großen ganzen gut,« lä
chelte sie, die paar widerspenstigean
chen unter den Hutrand zurückstreis
ebend. So, nun konnte das Geschäft
losgehem
«Wozu eigentlich immer das lästige
Vorstellen,« dachte sie, »wenn man es
schwan auf weist bat: Wir baben Jbre
Bewerbung um die vorläufig halbjäh
rige Vertretung einer erkrankten Lehr
iraft berücksichtiatl »Warum dann
innner noch: Und ersuchen Sie, sich
vor Antritt Ihrer Tätigkeit Herrn
Bürgermeister Soundso hier rorstellen
zu wollen?" Das war nun im Laufe
ihrer zehn Amtsjahre oft aenua vorge
kommen; manches Mal hatte sie dieser
Pflicht genügt. Zwar hätte sie längst
in ihrer Heimatstadt angestellt fein
können; aber sie wollte nicht« nnd ih
rem l beu Müttercben war es auch
so re . Sie konnten beide aus diese
Weise das non fruber gewohnte Reise
leben wie einenAbglanz schänerer Tage
fortsetzen und wurden dadurch hinweg
geträstet iiber den großen Vermögens
verlqu den der Vater noch turz vor
dein Tode erleben mußte. Und in ei
nein ehe-würdigen Berufe Geld zu ver
dienen, gab ei einen besseren Ausweg?
Sie zog energifch die Klingei.
Eine Tiir wurde drinnen geöffnet.
Fragende Iinderftimmen drangen bis
zu ihr. Das hansmädeben öffnete
nnd bat«’s gnädige Fräulein", in den
Solon einst-treten Nach freundlicher
Crwidetung deiGruszes schritt sie über
den weichen Flurteppietk in das bezeich
nete Gemach.
Es war ein allerliebster. anheimeln
der Raum, dessen Besitzer trotz rück
fichtiooller Beachtung des üblichen Se
febmaaes dennoch dem Ganzen ein ei
genartiges Gepräge zu geben gewußt
hatte. Ein derartiges Empfangszirw
mer hatte sie bei einein gerade nicht
derschtoenderifch besoldeten Gemeinde
bearnten noch nicht gefunden. Die
feinfmnige Anordnung wertvoller
Kunftgegenftände verriet den Kenner,
und trotz des durchweg vornehmen. rei
chen Charatters des Ganzen empfand
man nirgends die häßliche Anbring
lichteit des Mammons. Das tat der
feinfiibligen helene Waldenburq un
endlich wohl. Mit Behagen nahm sie
dantend· in dem Sessel Plat, den ihr
das saubere hauömädchen heraus-Da
Sie würde sofort den Herrn Bürger
meister im Arbeitszimmer benachrichti
H .
Die Lehrerin gestand sich ehrlich,
daß sich ihre Erwartung niemals auf
die Person des Bürgermeisters gerich
tet hätte, und gestand sich weiter, daß
es diesmal merkwürdigerweise anders
sei. Mit einiger Verwirruna ent
deckte sie, daß sie auf den Herrn dieser
Umgebung aespannt sei.
Lange sollte sie ihren Gedanken und
Gefühlen nicht nachzugehen brauchen,
denn durch die Mitteltiir trat er selbst.
Waldernar Schückert, das Oberhaupt
des freundlichen Städtchens Ein
stattlich-r Mann. dem der helllslvnde
Vollbart gut stand. Man sah es dern
Bürgermeister nicht an, daß er nun
bald an die Vierzig war. Der schwer
mütige Zug, der wie ein Nachglanz
überstandener Soraen in seinem Ge
sicht stand, siel Helene Waldenbura so
iort auf. Kummer hatte offenbar ei
nen kleinen Rest hinterlassen, der das
sonst frische Gesicht noch interessanter
machte.
«Seren Sie mir freundlichft will
kommen, derehrtes Fräulein, Und bei
hatten Sie qiitigst Platz.« Er reichte
ihr die Hand und feste sieh in den ho
hnl« gesehnikten Lehnstuhl ihr gegen
ist-ern
»Zunächst dsnle ich Ihnen für die
Freundlichkeit,« fuhr ee thit rot-hitz
nender Stirnrne fort, »meinequnsehe
so bereitwilligst nagt-gekommen zu sein.
Ich W Jhr Gemiit nicht beschweren
rsnit der Schilderung wie fehr ich und
mit mir die ganze Gemeinde die plötz
tich entscndene Liicke an so verantwor
turrgssolter Stelle empfand und emp
finde. Ja erster Linie wurden iq die
Kinder getroffen. Es war hier fiehee
nicht leicht siir die Kleinen, mein Fräu
lein. den regen Geift, die führende
Hand entbehren zu müssen.« Er machte
eine kurze Pause und blickte sinnend zu
Boden.
Helene Waldenbnm staunte iiber die
liebenswürdige Gewissenhaftigkeit mit
der dieser Mann vor ihr die im Bek
nmltunggdienst häufig vorkommende
Lehrewalanz zu behandeln schien, wie
väterlich er der führen-lasen Kinder ge
t-ael:te, nnd wie trat-m er mit wenigen
Worten die Tätigkeit des erkrankten
Lehrers heiratete Ein Beamter mit
Her-! Diese Wahrnehmung tat ihr
wohl, und ihre anfängliche Erwartung
verwandelte sich in hochachtungz
«Doth ich wis, wie gesagt, keine trü
ben Bilder malen; es wäre ialtloz und
Diebe nicht hineinpaßen in hat« was
ins- lm landläufiqu Sinne Deo-I
bsinrnnng nennt, mein Fräulein.
W behen- cht, wenn Sie erlauben,
set-en been nt das Bewußttelrk von
Ihnen ein nicht leichtes Opfer zu ver-i
langen. Gestatten Sie, bitte. Sie;
haben die Absicht, mancherlei auszuge-;
ben, was dem Menschen lieb und teuer, j
ja. was ihm heilig ist. Ein guters
Mensch hängt doch mit allen Fasernl
des Herzens an der Heimat, an dean
Elternhanse. an allein, was ihm so
vertraut geworden im Lanse der Zeit,
nicht wobei«
Sie verstand ihn nicht« Maß er
denn ihrer vorübergehenden Trennung
non der heimnt so große Bedeutung
dei? War er denn eine so ties veran
lagte Natur. daß er schon das kurze
Meiden vertrautqewordener Stätte
und lieber herzen sast siir ein derbes
Schicksal hielt? Sie sah ihn fragend
an.
»Ich verstehe Ihren Blick. mein sebr
verehrtes Fräulein: es ist das leise
Bangen vor der Zulnnstt Aber das
verspreche ich Jhnenx Was in meinen
Kriisten steht. Ihnen das Leben hier se
leicht und schön wie möglich gestalten
zu helfen. das soll geschehen; ich bin
gewohnt, mein Wort zu halten. Man
che Annehmlichkeiten der Grvßstadt
werden Sie zwar in unserem Städt
chen entbehren ntiissen·«
»Allerdings,« erwiderte sie zustim
mend, »das wohl. Aber ich liebe
durch meine Tätigkeit nerade das klein
siädtische Leben mit seiner Nomnntit
lieben und schätzen aelernt.«
»Das zu hören, ist mir eine beson
dere Freude. Um so leichter und siche
rer werden Sie hier sinden, was Sie
nnd was —- auch ich erhosse.«
Sie mußte ihm wieder die Antwort
schuldig bleiben.
Wa- er erhossti
Aber ihr blieb leine Zeit: denn er
schilderte ihr nun, wie leicht sie es hier
haben würde, sich alle Herzen zu er
obern. Die Familien, die in Betracht
tsrnen sür einen etwa gewünschtenBers
kehr, wiirden sie mit Freuden willkom
men beißen. Er lobte den unten Bür
gersinn in: Orte, pries die gesellige
Liebenswiirdigteit der Damen und
entwars dann ein so lebhaftes Bild
non der harmonie dei Verlebre im
Städtchen, das; helene Baldenburg
ordentlich wißbegierig wurde und sich
sreute. möglichst bald persönlich die
Reize dieses idyllischen Kleinsten-t
- f———.—.-.7———-—-—-.«-----——--s--s—
Lebens kennen zu lernen.
Er erzählte ferner, daß er lange
Jahre den Rock des Könng getraaem
und daß er mit Beqeisterung und spin
gehung. Ossizier gewesen sei. Aber die
beriichtigte Ecke, meinte er scherzhast,
wurde auch ihrn zur Ecke des Anstoßes;
Ier mußte den Abschied nehmen. Doch
die Liebe zur Arbeit ließ ihn nicht un
tiitig sein. Er bewarb sich um die ge
rade sreigewordene Bürgermeisterstelle s
in dieser Stadt. Noch nie hätte R »
sihm leid getan, auch seinetGattin nicht. s
sEö wäre ihr letzter Wunsch gewesen«
daß er hierbleiben möge siir immer,
und dieses Versprechen sei ihm heilig.!
»Meine Hochachtunq vor den Frauen« ;
—- suht er pliißlich und, wie es Helene
Waldenburg schien, ganz unvermittelt
fort —- »derbietei mir, von Ihnen in
dieser Stunde iraendwelche Verspre
chungen eutgeaenzunehmen. Ich habe
in diesen wenigen Minuten den Ein
druck gewonnen. das-. Sie sich Jhrer
Pslieht bewußt sind, und verlange tei
nen Ausdruck sreudigstee Zustimmung;
ich bin tein Thrann,« sagte er lächelnd.
»Erlassen Sie es aber auch mir, Ihnen
—- wie soll ich mich ausdrücken? —
Jhuen mit dem Munde schon ietzt sa
aen zu sollen, was erst durch die Zeit,
die uns noch verbleibt, zur echten Emp
sindung werden kann«
Heleue Waldenburg blickte ihn so
sonderbar an, wie uns Augen ansehen,
die uns so gern verstehen möchten und
hoch nicht verstehen, die aber der sesten
Gewißheit sind, daß auch das Unver
standene nur Gutes sein tann. »Und
zum Einverständnis dessen,« suhr der
Bürgermeister sich erhebend fort, »daß
Sie uns das sein wollen, was wir
freudig erhoffen, reichen Sie mir die
Hund«
Sie legte ihre Hand in die seine, zö
aernd, sast unbewußt; ihr war so feier
lich zumute. »Ein seltener Mann, ein
seltener «Beamter." ging es ihr durch
den Sinn. Endlich wagte sie schiichs
tern auszusehem unt eine Frage zu tun
nach der Masse« siir welche die Vertre
tung vorgesehen sei. »Einen Wunsch
hätte ich noch,« sagte sie leise. «diirste
ich vielleicht von den Kindern erfahren«
. . . .Cr ließ sie nicht ausredeir.
»Ah-Ue ich es nichts« heller Jubel
klang auj seinen Worten. Jtn Nu
war er an der Tiir
»Miezi! AunchenF
Die schienen schon gewartet zu ha
ben: ein paar reizende Blondtspse
traten iiber die Schwelle.
»Nein-nd Kinder, gebt eurer neuen
Manna das Händchen!«
Da hallte ein lurzek Ausschrei durch
das Gemach; Helene Waldenburg griff
hinter sich nach der Ecke des Fisches,
dann sont sie in den Sessel zutiici.
Ehe es den Bemühungen des Bür
germeisters und des Hausmädchens
nnd den freundlichen Zurufen der
Kinder gelungen war, sie aus der tie
fen Ohnmacht zurückzukufen, hatte sich
durch den Etlbrief Fräulein von Reck
lings die Sache aufgeklärt Sie
schrieb dem Bärgermeistet, daß es ihr
doch tn letzter Stunde leid geworden
setz sie käme nicht und müßte auf die
Ehre, seine Gattin zu werden, verzich
ten. Und dabei konnte sie es nicht
unmle eine sanfte Anspielung auf
ihren l zu machen. Nun erst kam
es Schückert zum Bewußtsein, tn was
ftir eine Lage ihn diese Verwechslung;
fgebracht hatte. Als ein Mann, drei
gewohnt war, mit dein Augenblick zu;
rechnen, hatte er gar nicht geachtet aus «
die ihm nun klar werdenden Einzelheisi
ten der Ankunft Helenens. Fräuleinj
von Neuling wäre sicherlich oorgesahsj
ren, hätte sich nicht so natiirlich und?
herzlich benommen, sondern die«
»Da-m- qkspien und wo hanc eel
schließlich seine Augen! Denn je mehr !
er die »neue Lehrerin« mit seinen Er-.
wartungen in betress Fräulein donj
Verklingt verglich. desto mehr lam der»
Dsfizier in ibrn zum Durchbruch. der
den Augenblick beherrscht nnd das
Hindernis zu nehmen weiß.
.Vati, sieb doch, nun lacht ja die
neue Manra.« llatschte der tleine Kund
in die Hände
Et war ein Lächeln der Verwir
rung, das helenens Gesicht noch reizen
der erscheinen ließ. Walde-nat half
ihr gewandt hinweg über den peinli
chen Augenblick nnd schlug to herzige
und humorrsolle Tsne in seiner Bitte
nm Verzeihung. daß sie ihm nicht böse
fein konnte und ihm versöhnt die Hand
reichte.
Die Kinder baten so lange. bis sie
es nicht mehr abschlag, zum Abendtisch
zu bleiben
Ali der Bürgermeister vom Bahn
hos zurücklam, wohin er Helene Wal
denburg begleitet hatte. gab er fosort
Anweisung die Stelle noch einmal
miszuichreiisen Er hatte die srohe
Gewissheit daß es nötig sein wiirdr.
Helene Waldenbnrg aber erhielt arn
nächsten Tage ein Schreiben in gut ge
beucheltern amtlichen Stil, daß sie silr
die neue Stelle leider nicht in Betracht
lame. Der Herr Bürgermeister wür
de sich mit ihrer Erlaubnis die Ehre
geben, sie persönlich arn nächsten-Sonn
tag iiber die Griinde aufzuklären Und
sie zeigte as dem fiir sie denlmiirdigen
Tage volles Verständnis siir seine her
zige Begründung nnd gab sich lächelnd
zufrieden mit dem Versagen der er
hpssten Stellung. Dass sie aber in die
ihr dorgeschlagene neue Stelle jubelnd
einstimmte, das hat der Frau Bürger
meisterin bis heute noch niemals leid
getan.
die Begabung des Herrn Tiere.
Von Renö Cardinr.
Groß war die Ueberraschung und
größer noch die Freude als here Eine
den Brief geöffnet hatte den ein neit
sühlender Postbote ihm soeben über
brachte·
Der Bogen mit dem ponipiisen
Stempel enthielt die Bitte des Thea
terdirettors vom Chalet Dramatique,
noch am. heutigen Tage bei ihm vor
zusprechen
Herr Cleri, der von Berus Ge
richtschreiber aus Neigung aber Poet
war, hatte in der Tat ein großes
Drama in vier Atten und zweitau
send Versen verfaßt.
Erster Att: Ein biederer Jüngling,
»den der Liebeslummer nach Asrila ge
Jtrieben, wird von menschenfressenden
;Regern gefangen, die sich von ihm eine
’sette Mahlzeit versprechen.
, Zweiter Att: Der Gesangene ent
)tommt. Wie? Mittelst eines großen
Fasse-'s Stiefeltvichse, mit dem der
Verfasser seinen helden zur rechten
Zeit beglückte: schwarz wie seine hü
ter entschlüpft er ihrer Wachsamteit.
Dritter Att: Jn seine Heimat zu
rückgekehrt, genießt er den Ruhm, eine
neue Völkerschast entdeckt zu haben,
wird vom Bürgermeister umarmt,
vom Minister mit Orden geschmückt
und auf zahlreichen Festessen glän
zend geseiert.
Vierter Att: Höhepunkt der Glück
seligkeit: Er zu Füßen seiner Lieb:
sten, deren Eltern, von seinen Helden
taten gerührt, ihn nun nicht mehr ab
weisen können.
Jn Ermangelung von Lustschiisen
waren nämlich damals- dieForschunggi
reisen aus dem Gebiete menschlicher
Kühnheit noch die ersten.
War es doch bereits sieben Jahre
her, seit Fortuna Clerc sein Drama
beim Setretür des Chalet Der-matt
qne abgegeben hatte. Und sieben
Jahre lang hatte der Herr Direktor
gleich den Gottern der Alten Augen
gehabt, um nicht zu sehen, und Oh
ren um nicht zu hören.
Ob der unglückliche Dichter ihn mit
Bitten oder Drohungen bestürmte, ob
er schrieb oder lich die Mühe machte,
ihn persönlich zu befuchen — das Re
fultat blieb unweigerlich das gleiche:
Der Herr Direktor antwortete nicht,
der hetr Direktor empfing nicht.
Eine Gleichgültigleit, die freilich ei
nen entfallenden Mangel an Scharf
fsinn verriet, sich aber als fo unbe
tztvingbar erwies, daß Herr Clerc,
jves vergeblich-u nämpieae müd-, da
Feld geräumt hatte, wie nach einer
Niederlage
Und darum war feine Ueber
raschung fo groß, als er an jene-n
Morgen die Verladung des Direktor-i
erhielt.
i i ·
Größer noch toar feine Freude.
Gab ej iest noch einen Zweifel
tiber die Annahme feines Stückes?
Nein und abermals nein. Denn die
Idee, daß der Direktor ihn vielleicht
tm samtnen ließftnn ihm fein Ma
nnftribt zurückzugeben toar in Anbe
traebt eines fo wertvollen Stückes ein
fach WIN. »
-Frifch eafieet, mit bellgelben hand
fchnhen und vertliirter Miene hielt der
glückliche Poet ein paar Stunden spä
ter feinen Einzug in das Sprechzim
mer des Chalet Dramatigur.
Ter here Direktor, ein dicker Fa
milien-raten empfing ihn mit finem
gewohnten gutmütigen Schmunzeln.
«Ab! . . . Ah! . . . Sie sind ei, jun
ger Mann. der Verfasser vom
»Schwarzen Neger«. Ausgezeichnett
Mein KomplimentP
Clerc verbeugte sieh und erwiderte
mit geiiinstelter Befrheidenheit:
»Seht verbunden. here Direktor.
fiir die Machst-N mit der Sie mein
Wert gelesen . . .«
»Gelefen? . . . hin! , . . ein paar
. Stichwortr. Aber ich habe ja gleich die
Idee erkannt! Graßartige Jdeei th
ihre fünfzigtausend Franks unter
Brüdern wer-U
..Oh. Herr Direktor!« rief Formen
Clerc. ganz rat vor Freude. »Ok- . . .
Oh!«
»Ganz gewiß fiinfzigtausend
Franks, leinen Pfennig weniger
leer, fagen Sie nur, wozu haben Sie
das in — Verfe gebracht! Liebes
Kind! Kein Mensch hört sieh Verse
mehr an! Und wer tann Verfe denn
noch fpreehen?«
»Sie glauken alfa.« ftotterte der
verwirrte Dichter, »daß mein Wort in
Profa —«
»Betvahre! Weder in Profa noch in
Verfen," unterbrach ihn der Direktor,
»sondern in Nil-um«
»Wie meinen —- Wie —i«
.Jn Kunstfilmsl Natürlich. Aber
was ift Ihnen denn? Das feheint Sie
zu verblüffen. Teufel aush! haben
Sie etwa Jhr Lebtag noch keinen
qstille-« gefehen, diese wunderbare Ver
Ialltornmnung der Luterna niagiea
die das Publitutn, das große sind.
ftets in Entzücken verfent?«
»Ja, aber . . ."
.Glauben Sie mir. junger Mann
Geben Sie zu Patauillard, berufer
Sie sich ask-f mich. Ich habe ihm vev
Ihnen erzählt, und er hat den sehnte
ten Kapitalisten schon gefandemspder
sein Geld in Jhre Stiefelwiehse fteckt
Gehen Sie. eilen Sie, Jhr Glück is
gemacht!«
Und mit einer vornehmen, felbftlo
sen Handhewegnng verabfehiedet de
Direktor Deren Fortune-, der sieh un
verziiglieh zu Meister Patouillaed he
gab.
Bald waren sie handelseinig
Volle fünfzigtausend France bracht
diese Angelegenheit dem Autar aller
dings nicht ein: aber fee enthiillte ihn
seine wahre Begabung. Und nicht
ohne Nuhen zählt herr Clerc heute zi
unferen betten Dichtern fiir Kina
Films. Seinem Beruf als Gerichts
-fehreiber hat er längft Balet gefagt.
Ot- veelaeneres sente.
Weil er sich Gelegenheit zum Absaße
seiner Romane und eines fünfaktigen
Trauerfpiels verfchafien wollte, ift der
17jiihrige »Schriftftelier« Wilhelm
Siebert in Berlin auf den Weg der
Verbrechens geraten. Der aus achwa
rer Familie stammende Angeklagte
kam auf der Schule nicht recht weiter
und wurde deshalb von seinem Vater
in dessen Gefchäft angestellt. Diese
Tätigkeit schien ihm jedoch nicht guzu
fagen; er las bis in die späte Nacht
hinein alle möglichen Bücher, besuchte
Mufeen und beschäftigte sich ftiindis
mit Kunst und Literatur.
Schließlich wollte er es den »Ged
ßen« nachtun. Er verfaßte einen »Ro
man" und ein »historisches Diama«
unter dem Titel »Robeopierre«. Die
ses bot er mehreren Verlegern an« die
es ihm aber zuriieksandtem Zu feinem
Unglück wurde der jugendliche
«Schriftfteller«, der fich bereits für
eine »Größe« in der Literaturwelt
hielt, mit gewissentosen Leuten be
kannt, die ihm einredeten, fein «Dra
ina« sei ein Kunstwerk ersten Nanges.
Sie erboten sich, es gegen Erstattung
der Kosten zu drucken und in den
Buchhandel zu bringen, um vorerst auf
diese Weise die Oeffentlichteit auf den
«neuen Stern« aufmerkfam zu machen.
Als der Vater die hergabe der er
forderlichen Mittel verweigerte, tam
der Angeklagte auf folgende Idee: Er
erschien in dem Bureau der »Berliner
Zentral-Kredit-Anftalt« in der Köthes
net-Straße und gab dort den Auf
trag, ihm ein Darlehen von 30,000
M. zu beschaffen. Dabei gab er sich
all einen «Studenken Karl Conne
rnann" aus« mit dem er bekannt ge
worden war und erfahren hatte, daß
dieser sehr reiche Eltern befist und ein
ritfterej Vermögen zu erwarten hat.
e plumpe Schwindel kam natürlich
bald heraus, und der hoffnungsvolle
« iftsteller" wurde verhaftet. Das
Ger t erkannte auf S Wochen Ge
fängnis unter Anrechnung von drei
Wochen der erlitten-en Unterfuchungz
Itsits
-—-.
c Ieh!
Fechten-»Der junge Meier macht
immer O wiyige Bemerkungen --— das
ist ein rechter Spasvogel.«
Vater: «Ya, aber einer mit frem-.
den Federn. «
sites seine-.
Jungverheiraieter Ehenmnm «Jch
möchte qerne wissen, was meine Frau
über mich denkt!«'
Alter herr: «Stpen Sie sich ’mal
auf ihren neuen hat, dann werden
Sk« gleich erfahren!«
Yraucnechc
--.,—.-—
Von Ingu e Schidloh
123 e alt.
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Insp. s
1
Der teste Strahl der Sonne ist ver
glommen
Der Sterne Heer erscheint am Dim
melixlt «
Dek Mond ist hinter Wollen vorge
kommen s
Und blickt hinunter ans die miide
Welt. s
l
Ein leises Lüftchen macht die Halmn
ben !
Ein Vöglein singt noch eh ei gehtl
zur Ruh , I
Gar bald veestummzt es auch. Ich-l
wedej Leben -
Jst müd und schließt die heißen Art-?
gkn DU —
i
Ein Monvstenhl ilimtnetnd ans vie
Eebe gleitet I
Und streicht vorbei an einem kleinen
haus.
Doch jth verschwindet et und leise
breitet
Das Daniel seine schwarzen Schleier
aus.
srshltsssssevaskeu.
Im Frühling erwachen im Jiingss
ling Gedanken an die Liebe, in der;
Hausfrau solche an das große Rein
machen. Wer sich beim Frühlings-i
Reinmachen die Neutapezierung wesj
nigstens eines Zimmers gestatten kann,«"
bringt der halbjährlichen Revolution(
im hause ein besonderes Interesse
entgegen. l
Auf manche Leute wirtt der Ges;
danke an den Frühling sehr anregend.«z
Es macht uns Vergnügen, uns in;
Gedanken mit der Sache zu befchästiss
gen und im Geiste ein Zimmer tau-«
sendmal frisch zu taoezieren Auge-I
sehen von dem Vergnügen, das er uns«
bereitet, hat dieser Plan auch wirk
lichen Aufen. Allzu oft lösen wir das
wichtige Problem des Wändetaoqsp
rens, wenn wir wirklich im Tapeten
geschäft stehen und vielleicht zehn oder
wsls Muster von zweifelhaft-Erhärt
sieik betrachtet-, während der Versäu
ier uns versichert, das dies alles sei,
oas er in der Preislage habe.
Wir wundern uns häufig iiber un
·ere eigene Charakterschwiiche, wenn
uir in ein Geschäft gehen, ohne genau
zu wissen. was wir kaufen wollen.
Wenn wir andererseits etwas sorg
fältig erwogen, die Sache im Fami
lienkreise besprochen haben und end
lich zu einem definitiven Entschluß
gekommen sind, dann findet schließlich
der Lieferant; daß man ihn auch in
Betracht ziehen müsse, und wenn er
rerade nicht hat« was wir wollen, so
tann er es doch besorgen. Vielleicht
.vir dadurch unserem Zimmer einen
angenehmen Dinterarund geben tön
nen. Alles was auf die Dauer lang-—
xoeilig oder unerträglich wird. sollte
man vermeiden.
Zum Glück hängt die Schönheit
durchaus nicht vom Preise ab. Gerade
die hübschesteu Sachen betouunt man
oft fiir wenig Geld.
Leute von Geschmack legen bei Ta
peten Wert auf einfache Wirkungen,
und diese send auch sehr zu empfehlen.
Die fiir das Zimmer nötigen Farben
und Muster tönnen durch Wandfriese,
Vorhänge, Möbelbeziiae, Bettstellen
sein-. erzielt werden.
Weiße Tapeten gewinnen immer
mehr Betiedtheit. Zuerst kamen sie in
London in Aufnahme, wo der dieke
s Nebel die Zimmer so düster macht, dass
man oft die allerhellsten Wandbetlei
dungen wählen muß. Man glaubte
früher-, daß weiße Tapeten unpraltisch
seien, doch hat es sich herausgeftellt,
daß sie sich erstaunlich lange halten.
Man sollte jedoch eremesarbiae Töne
wählen« da diese wärmet sind als
blauweiße. Auch Grau und Gelbgrau
sind lehthin viel verwandt worden.
Diese«neukralen Farben lassen auch
das Zimmer grösser, erscheinen und eig
nen ch daher besonders für kleine
Räume.
1
cJaksen wtr etwas mehr zu bezahlen»
ils wir beabsichtigten, aber ein paart
Vollarsnnehr sind gut angelegt, wenns
l
i
i
t
Es ift praktischer, eine Tapete zuU
verwenden, die man nicht leicht über
belornmt und die nicht fo fchnell ver
blaßt, wie z. B. rofa, blaue uns la
vendelfarbige Tapeten.
Bei eini en der toftbareren Aus—
fiihrungen end ausaefchnittene Iriefe
und Medailions aufappliziert Früher
verwendeten die Tapezierer grob aus
geschnittene Blumennrufter, doch war
an diefen meiftenö der unfchiine rauhe
Rand zu fehen. Jeht liefern vie
Fabrikanten Friefe und Medaillons,
die sorgfältig mit der Mafchine ausge
fchnitten und gebrauchifertig sind, fo
das man nicht mehr von der mehr over
minder großen Gefchialichleit des«
Tapeziereri abhängig ist.
Iiir die Auswahl von Schlafstube-r
Tapeten la en fich nicht mehr fa viele
R in auf eilen und Warnungen er
iei n wie früher, denn folange die
hatt-freut einfache Mufter und hell-J
nentrale Farben wählt, tanrk sie ar,
nicht fehlgehen. Crit bei der Wahl er
yorhsnge und Möbelbeziige ftellt sich
bie grbsere Schwierigteit heraus.
sie erstehen Ite untere Ists-der ne
ordnun- eesd spat-saurem
Ein behagliches Heim ist der Jube
griss des Glückes. Es ist die Oase, zu
der wir flüchten, wenn uns unsere
Pflichten und Arbeiten mehr als wün
schenswert in Anspruch nehmen. Hier
sammeln wir neue Kräfte siir den
Kampf um’ö Dasein. Ein behagliches
,Heim ist aber nur dort möalich, wo
!Ordnung und Reinlichteit herrschen.
.Die Ordnung. die uns umgiebt, läßt
Iunsere Sinne, unsere Nerven zur Ruhe
stammen, sie giebt uns, wenn wir ver
iirgert oder abgespannt waren, das
Gleichgewicht wieder, das wir brau
schen, wenn wir uns den Widerwärtig
Iteiten gegenüber behaupten wollen, die
dem Leben keines Menschen set-len
band in Hand mit Ordnung und
IReinlichteit gebt die Sparsamkeit
lEin ordnungsliebender, reinlichee
IMensch ist in der Hauptsache auch ein
Isparsamer Mensch- eins ergiebt sich aus
dem anderen: hält« man Ordnung
weil man sparsam wirtschaften will.
oder wirtschaftet man sparsam. weil
man ordentlich ist? Kleidungsstiicke,
tdie in Ordnun und rein gehalten
werden. Gegenäiindh die nur dem
weete dienen, siir den sie bestimmt
ind, bleiben liinger gebrauchsfiihig,
als solche, diejchmuhig irgendwo her
umliegen, und Ordnunghalten in
Geldiachen ist die Grundlage einer
Hesicherten Existenz. Es ist aber nicht
genug, daß einer im Hause Ordnung
and Sauberteit zu wahren versteht,
kseder soll dazu beitragen« sie zu schas
sen und aufrecht zu erhalten, vor al
lem muß ei den Kindern beigebracht
werden, daß sie die Ordnung, die sie
vorfinden, achten. Denn aus Kindern
werden Leute, .die einmal selbst die
Verantwortung siir ihre Umgebung
tragen und wiederum eine heranwach
sende Generation Ordnung« Reinlich
teit uns Sparsamkeit lehren müssen.
Wie tönnen sie das, wenn sie es
felbft nicht gelernt haben? Dem Kinde
muß es Bedürfnis werden. sich und
feine Umgebung rein und ordentlich
zu halten und diefes Gefühl muß ian
zur zweiten Natur werden-« Es genügt
nicht, ein Ninddadutst tut-Ordnung
zu erziehen, daß es in einem ordent-·
lichen heim aufwiichft. Wohl wirtt
auch hierin ein gutes Beispiel diei, es
weckt den Sinn dafür, aber daß ein
Kind die Ordnung ehren und sie hal
ten lernt, lommt nur durch ei enes
Zugreifen. Nur was der Menfch jicelbft
kann, wird er von anderen verlangen
und anderen wieder beibringen können.
Deshalb lehre man einem Kinde bei
zeiten, den Sächelchen, die es Abends
auszieht, einen befiimmten Plan zu
geben, wo es sie felbft in guter Ord
nung binlegt, man bringe es ihm bei
als etwas Schönes, es muß ihm eine
Freude sein« sich rein zu halten und
ichon mithelfen zu dürfen, nicht als
eine Mühe, vor der ihm bangt. Man
iorge dafür, daß das Kind nicht vom
Spiel wegliiuft und alles flehen und
Ziegen läßt, fondern daß ej feine
Spielfachen aufriiurnt. Dieses Auf
riiurnen muß der vielleicht etwas lang
weiltge, aber sehr notwendige Schluß
des Spiele-is fein. er führt das Kind,
deffen Phantasie durch das Spiel an
geregt und den alltäglichen Dingen
entrückt war, unmerklich in die Wirt
lichteit zurück. Die gleiche Freude, mit
der das Kind lernt, auf Ordnung zu
sehen. foll es daran haben« die tleinen
Beträge zu verwalten, die ihm zur
freien Verfügung gegeben werden.
Zuerft eine Kleinigteit davon in das
Sparbiichschen iiir etwaige wichtige
Tage, das andere nicht iin Nu vertan,
auch das Kind foll feine tleinrn Aus
gaben mit einenl gewissen Bedacbt be
streiten« und fobald es arößer ift, ge
wissenhaft darüber Buch fithren. So
wird es allmählich in die großen Auf
gaben des Lebens hineinwachfen und
mit Gewissenhaftigkeit und Ueber
legung an feine Beruisarbeiten her
angehen. Ordnung, Reiniichieit und
tSpaqumteu heben vie Sirt-schrein
;und die Wertftiitte, in der unfere Kin
sder sie lernen können, fei das Hei-n
jedes Einzelnen.
sük Ist sche.
Preißelbeersbeisr. -- Ein
.Tasseniops geiochte Cranberries rührt
man mit einem Qui-l recht gleich
mäßig. gibt unter ständigem Riibren
5 Unzen seinen Zucker zu und Z Ei
tveisz, rührt das ganze aus lindern
Feuer und stellt die Speise dann kalt;
dazu lann man auch Himbeersauee
reichen.
Salat sjir Kranke aus
Seller ie. - Mittelgtoße Selte
rietnollen werden geschält, in Schei
ben geschnitten und mit lochendenr
Wasser hegt-gen sa daß sie ganz be
deckt sind. un tut man etwas Zi
tronensait, einen Teelöisel Salz und
eben so viel Zucker daran und tacht
den Sellerie, der zugedeckt bleiben
muß, eine Stunde. Er must gut weich
sein« daes gber nicht zerbriieteim Die
Scheiben werden alsdann ans der
Dritt-e genommen, aus eine schitssel
gelegt, ngebeelt, und die stiihe so
eingel t, baß nur noch so viel, wie
eine Ko seetasse voll bleibt. Dies wird
til-er die Selleriescbeiben gegossen und«
einige Stunden stehen gelassen, das
die Sauee recht gut in den Seseeit
einzieht. Dann ist der Salat fertig.