Ein Perle-it Von B. Berqmanm .Schnee.... Schnee... Schnee.... Den ganzen Tag das gleiche. Es iii zum Eriiickem Ach war vermiii iags aus« es lag mr roie Blei auf den Schultern. Jch liaiie das Ge Mhb wenn ich nun stehen bliebe. dann wiirde es nur weiter ichneien, immer weiser, bis die Knie mir ein knickien und ich niederiiinle und da iZAe und zu nichie würde rinier all des-.- Weifi... Und dieie Stille. Es iii. als wäre man bei ieinern eigenen Beariibnis. . .« Das Zunge Mädchen ließ das Ro ieau herab nnd iehie sich wieder zu ihrer Arbeit. Die Lampe brannie aeib und iiikl und ließ Las halbe Gesicht im Schatten — ein Kind-erge sirbi noch. aber mii allen Augen. Es gibt Kinder. die solche Augen haben nrxb deren Seele aussieht als wäre sie viele Jahre aller als der Körper «Eg wird schon wieder Friibling werden«, erklang eine Baßiiimmc vkm Soia ber. ,.Wirilich?«« Stimme, Blick, alles war nur ein großer Zweifel. »Ja, so pslegt es wenigstens zu sein.« Der Mann. der sprach. hatte lchwarzes haar und einen schwarzen Bart. und im Lampenschein sahen die Aus-en auch lchwarz aus· Eine lustige Röubermasle obne alles Schreckbaste. Bei ihm war die Seele viel iiinger als der Körper. Er aii eben einen aroßen Gravensieiner, das lröstiae Gebiß war im Ariel zu ie h:n. Daneben. aus dem Sola, isil ein anderer Mann, zusammengeboelL die Hände aus den Knien. und streiste die aliibende Asche seiner Ki gar-re ab. Sein Aviel war ausne gessem und die Schale laa in einer zierlichen Spirale aus den-. Teller. Jetzt lah er auf, der Blick hatte die Farbe des Rauches, die Schlä sen waren einaesunlen, das Haar trat von der Stirn zurück Er war alatt rasiert. wie ein Geistlicher oder ein Schausvieler. Er sah das Mäd chen am Fenster lanae an und ließ dann den Kopf wieder siuten. »Ich sinde, es isi etwas Schönes uns die Stille«. laate er endlich, sa. als hätten seine Gedanlen inrivischen gegen ihre Worte anaetiimpiL »Jmmer und immer nur sich selbst zu hören, iit das ein Virgniiaen?" »Nicht immer, Liebste. aber es lann manchmal notwendia sein.« »Ach —- ich will Menschen -baben. Menschen« die zu mir sprechen, mich nicht nur ansehen. Und die lachen —- hier lacht ia niemand.'« Der Mann mit den Rauchaugen erhob sich sachte und ging aus sie zu. Mit einer diinnen Hand strich er ibr über den Scheitel. Sie hatte eine-i leinsdruet im Gesicht, als müßte iie sich Gewalt antun, um den Raps nicht sortzubiegen »Du bist müde. Willst du dich nicht niederleqen? Es ist mehr als eli Uhr.« «Habe ich schon wieder zuviel ge sagt? Nie dars ich sagen, was ich will. Dann bin ich immer mijde und ioll zu Bett geben, qanz wie man den kleinen Kindern sagt: Wenn du nicht artig bist, darfst du nicht aus bleiben.« Sie legte ihre Arbeit zusammen, und in dem plöylichen Wunsch. wie der gut zu machen, was sie inWort u. Tonfall verletzt haben mochte. erhob sie die Hände zu seinen Schultern und bot ihn-. die Lippen. Aber e: liißte sie aus die Wange, hastig, ia daß er sie laum berührte. Sein Ge sicht war weiß und starr. »Gute Nacht, Bengt...« Sie nidte dem schwarzen Mann auf dem Sosa zu. »Ihr bleibt doch nicht mehr lange sitzen?« »Nein. Gute veamir Die beiden Herren blieben allein. Sie schenkten die Gläser wieder voll und tauchten eine Weile schweigend. Der Kuckuck iam aus dem Uhrge höuse, rief die halbe Stunde, und das Türchen siei wieder hinter ihm zu. Nachher schien es nach viel stil ier. Es war, als strömte die Stille aus den Wänden iind der Decke, aus den Möbeln, den verblichenen Da giierratvven in ihren Muschel- nnd Pavvrahmem aus dem Schnee un) der Dunkelheit draußen Schnee rutschte iiber die Schein aber man hörte teine Schritte dran-i gen. keinen Schlitten. lelles schliei.’ ,,Na«, sagte endlich der blasse· Mann mit den starren Augen. Er· saß da nnd laute an seiner Zigarrej und seine Lippen zogen sich hinan-s wie bei eineni tnurrenden hund. Ater ei lvnnte auch Schmerz in der Grimasse sein. »Ja, sie iit trank... aber iv sind dte Frauenzi«n:ner.« — «Krani?« »Ja«. »Ja diesem Fall ireiß man wenig stens, wo die Krankheit sitzt« «Wo denn?" «hier«, sagte der Blasse und wies auf sich selbst. »Daß sie in dich verliebt ist, mein Gott«-« »Das-, sie es nicht ist. Nicht iiiehr.« «Unsinii.« Der Schwarze blies denRaiich durch die Nase. »Weder Bengt«', sagte der andere. Dritt-er verstehen ihre Schwestern H nie. Sie sehen nichts. Aber ich sebe und höre -— ohne Worte. Jch hätte übrigens einsehen müssen, daß es nicht gehen würde. daß Leben mit geben bezahlt werden muß, nicht mit» jenen armseligen Gedanken- und Gesi fiihlssubsiratem die die Biicher in’ einem Schulmeisterhirn hinterlassen jDeine Schwester liebt oder liebte mit Ihr-M ganzen Wesen. Wenn ich liebe, bin das ja nicht ich, wenigstens nicht« mein ganzes Ich, nur eine Miste-s ein Drittel... nun ja, diesem Drittel geht es jetzt augenblicklich nicht zum v.sten.« »Das sind Grillen, lieber Freund.« »Ja, Grillen, die sich nicht ver scheuchen lassen. Die immer wieder tommen.« »Aber, wag zum Teusel... hat sie denn etwas gesagt« »Ja, wie man eben solche Dinge sagt... Als iie im Herbst zurücktam, nach diesem Jahr, da war sie nicht mehr dieselbe Judith. Jn einer bal ben Stunde wußte ich alles. ohne etwas zu wissen. Was sich zugesta gen hatte, war schon da; was eö war, bedeutete weniger. Sie kannte mich nicht mehr. Jch war ihr ent fallen, wie ein Name einem entfallen kann, und man ist nicht imstande« ihn ·wiederzusiiiden. . .« - a s L . frinan iomnii ichiiekziich was Wi au .'« »Zutveüen, ja. Aber es kann auch geschehen, daß man einen ähnlichen findet, den man für den richtigen hält, obwohl man bei sich sühlt, daß er es nicht isi.« Er maß den Teppich mit langen Schritten, zählte bis sieben und machte dann lehrt. Die Hände auf feinem Rücken zitterten, wie immer, wenn er sich erregte. Der andere ver trslgte ihn mit eingeknisfeiien blin zelnden Augen. Aber es war eine Dosiö Verachtung darin. »Du bist verrückt, Paul. Mit den Frauenzimmern muß man es machen wie ich mit meinem Apfel: gleich an veißem Essen und schweigen. Aber du mußt deine Aepsel immer erst schälen...« Der Kuckuck rief zwö!f, und der Schwarze, der seinen dritten Toddh hinter sich hatte, begann eine Som mergeschichte von grünen Wiesen und jungen Mädchen zu erzählen. Paul setzte seinen Marsch fort, ohne aus ihn zu hören. Er ging nur und wälzte einen Gedanken in seinem Kopf herum: er mußte brechen, ihr ihr Wort zurückgeben, so bald als möglich. Jede Stunde Aufenthait war für sie eine ebensolange Tor tur. Eigentlich begriff er nicht« warum er ez nicht schon längst ge tan; aber so wie er sich selbst die Worte vorsagte, tranipfte sich etwas in ihm zufammen. Jch liebe sie also, ,dachie er. Es war Lüge, was ich leben sagte; nicht ein Teil, eine Seite von mir liebt sie, ich selbst. alles an mir. Alles, was mein ist. begehrt ai.es, was ihres ist. Welcher Un sinn, ein paar alte Schmäler sollten einen Menschen vergiften tbniienl Jch will sie haben, und ich werde sie ha Ebern Jch und kein anderer. i Ein anderer? Er blieb plötzlich jstehem Gab es einen andern? Und linit einer Art von ueugieriger Ver iwunderung konstatierte er, daß die iser Gedanke keinen Schrecken in ihm sheroorries eher etwas wie Erleichte Hrung. Wenn es wirklich jemanden lgab, der zwischen ihn und Judith getreten war, so lag die Ursache ihrer Veränderung außerhalb von ihr, und er, Paul, hatte etwas-, worauf er i«.it neballter Faust losaehen konnte. Die Gefahr hatte Gestalt angenom men, war sichtbar geworden und di durch in gewisser Weise geringen Aber wenn es keinen gab? WennJ ihre Liebe von selbst hingesiecht war-J Dann war nicht viel zu machen, inanl tchlug gewissermaßen in die leere; unsi. z Er sont wieder aus das Sofa und« zündete eine,neue Zigarre an. Der Schwarze hielt jetzt bei seiner dritten Weibergeschichte und seinem vierten Toddn. Von der griineu Wiese war e: längst in den Berliner Straßen gelandet. Aus dem trausen Bart leuchtete sein Mund feucht, mit wei ßer: Zähnen. »Ich ging also zu Dressei. Da saß ein Paar und tauchte tsrdbeeren in Champagner-. Er mager wie die Brandenburger Heide und dürr, dürr Blaublutsidiot Aber sie ich jage nur... na, ich sah. wie sie nur zunictte unter dem Tisch mit dem Fuß...« Und er lachte, ein breites Kinder tachen, so dasz ihm die Tränen in die Augen lamen. Er fand das Ganze so ungeheuer tornifch und war eigentlich verletzt, daß Paul nicht den D und verzog und dasaß, als hätte er tein Wort gehört. » t!« Paul saß plötzlich terzengerade da »Eg geht jemand durchs Eßzim mer.« Jtn tetben Augenblick öffnete sich die Tür, und in dem dunklen Hin tergrund erschien etwas Weißes, dass die beiden Herren zuerst wie ein Ge spean anstarrten. In ihrem langen schleppenden Itachtgemand trat sie anc Licht, ins «eine Mädchen, das Paul liebte. Die Augen waren weder geöffnet noch aetchiossen, und ne bewegte die Ae me ungelenk, tastend. Das Gesicht hatte einen angespannter-, gequälten Ausdruck «Still! Sie schläft.« Einen Augenblick blieb sie sskhkll vor dem Lichtschein zurückichtkckkkl0« erfchaudernd, so als wollte sie erwa essen. aber tonnte es nicht: dann gingt iie weiter. Das Knie stieß an denl Stuhl; sie schob ihn langsam und vorsichtig beiseite, dann ging sie rasch auf das Fenstertilcbchen zu. Paul betrachtete sie. Sie war ja klein wie ein Kind. Er hatte nie aedachi. daß sie si- klein fei. Was wollte sie? Was aualie sie? Wenn er doch alls das Weiße in ieine Arme nehmen« es wieder ins Bett tragen und zu decken lönnte! Er fühlte eines schwere Last auf der Brust, nnd die: Atmen wurden ihm feucht. l Sie war vor dem Näbkorb itehens geblieben. Jth begann sie darin zu» wühlen. Sie riß heraus und packte: ein und riß wieder heraus. Offens bar suchte sie etwas. Aber während die Hände arbeiteten, sah sie nicht hin. Das Gesicht war dem Zimmer zugewendet, nnd nm den Mund zickte es, wie von einem unterdrück ten Wort oder Schrei. Dann warf sie plötzlich alles hin. Knäuel-Stiele rei und Strähnefwendete nch um und ging hinaus-. Der Ausdruck ihres Gesichtes machte Paul weh ums Herz. ,,Gib acht! Werk iie nicht ansi« »Wenn es nnk gut geht.« Der Bruder folgte ihr auf den sehenspitzen und sah sie in ihr Zim mer verschwunden. »Gott sei Danl!« Sie hörten eine Tiir zufallen, und es war wieder still. Das Ganze hatte nur wenige Minuten gedauert, und als die beiden Herren wieder wie früher vor ihren Gläsern saßen, wußten sie sich zuerst nichts zu sagen· Aber schließlich kam es von Paul »Jst deine Schwester sonst je im Schlaf gewandelt?« »Me, soviel ich ioeiß.« »Es heißt, daß das vorkommen kann, wenn irgend etwas einen be sonders bedrückt...« Der Feine Schwarze schien ganz die Sprache verloren zu haben. Er saß nur da und fah ganz unglück lich aus seinen nmflorten Aeuglein vor sich hin. Aber plötzlich sprang er auf. »Sie hat etwas gesucht. Wir müs sen fehcn...« »Daß das." Paul packte ihn bei den Schultern, aber er riß sich los nnd bemächtigte sich des Nählorbes. Ganz unten, in eine Garnwinde geschoben, lag —- ein Portrait. Er stand da und drehte es hin nnd her. Dann warf er es dem andern zu. »Bitte«'. Paul zuckte zusammen. Er ver tuchte, wegzugehen, er sagte sich, daß das ein Unrecht war, eine Gemein heit, aber er war gezwungen, dac Portrait anzusehen. Seine Blicke trallten sich hinein· Das Blut stieg ihm zu Kopf. »Wer ist das?« fragte er endlich. Seine Kehle war trocken, die Zunae liebte ihm am Gaumen· »Weißt du; es?« i »Nein. ich habe es nie gesehen.'« i Es war ein junger Mann. der? gar nichts Ausfallendes an sich hatt-J Ein offenes, etwas gewöhnliches like-l sicht, das Haar tief in die Stirn ac-! wachsen, ein klarer. hartnäckiaerl Blick ans ein paar Augen, die sein« blank nnd sehr leicht erwärmt fein mußten. Kinn und Hals warens start, der Mund gleichgültig —- dass Ganze ein Herr Jraendwer. I «,’.)llfo, das ist er.« « Pauls Augen tonnten sich nichts von dem Portrait losreißen, das aufs dem Tische lag Was barg sich hin ter dieser glatten Stirn, diesem lee ren Blick. Nichts vermutlich -—- nnd davor sollte er tapitulierene Qui-J war doch viel verlangt. Er wußte jetzt, was Judith für ihn bedeutetH und er wollte sie behalten. Es snhl nicht danach aus, daß diese Kinder-I trantheit zu den tödlichen gehörte — er schlug eine tleine Lache auf, Witz lich ganz ruhig... f »Du gestottrst, dasz ich das list-! morgen behalte?« sagte er nnd steche den jungen Mann ein. »Und setztj gute Nachts« Draußen schneite es noch, schnskre dichte Flocken. Es war die Stille selbst, die zu Boden siel. Währan er durch die Schneehaufen wettet-, dachte Paul on die Worte seinerk Braut: Es ist, als sähe man seini eigenes Begräbnis mit on. Aber er war noch nicht tot, nicht richtig, die Leiche hatte noch die Augen offen. Der Schnee hing wie weiße Nacht-s nsiinen auf den Laternen, und auf Pfählen und Staketen türmte er sich zu hohen Torten auf. Begräbnis tcnsett — nein, war er schon wieder dabei. Es sah übrigens gar nicht lvie Begräbnistonsett aus, sondern wie irgend etwas ganz anderes-, gleichviel was... . Er kam heim und zog das Por troit heraus. Er tonnte nicht zu Bett gehen. Aber je länger er so si·ß, desto leerer und schwebend-er trurde es in seinem Innern. Be ts.rsfen, sasziniert starrte er diese Augen an, die nichts sagten, die tein Näthfel boten, lein Ich, keinen An griisspunit. Schließlich ergriff ihn eine obergliiubische Angst. Das war ja tein Mensch- den er da vor sich auf dein Ttsrhe hatte, tein besonderer P:tensckz es war die Jugend selbst. blank nnd groß. Er sollte den Kampf mit der Jugend aufnehmen, er mit seinen dreiundvieizig Jahre-n eDas hieß in die leere Luft schlagen« Er gab sich preis und gewann nichts» Fünfundzwanzig Jahre haben imss mer recht gegen dreiundbierzig. ’ Jn ein Paar Stunden war Pauli besiegt geschlagen —- oon einer Pho-j tographie über die er zuerst gelacht hatte.1 Er wußte nun was er zn tun ha. te Zeitig am nächsten Morgen während Judith noch schlief, war er wieder in ibrer Wohnung und steckte. kaå Portrait in die Garnwinde zu .»« Sie trasen sieh am Vormittag. Siej ith rniide ans als sie ilnn die Wange bot, und ihr Blick war ver-; litleiert Aber sie schien ruhig und ein klein wenig heiterer als seit lan-; act Zeit, lanr es Paul kor. Derj Jablorb war vom Fenstertischchen verschwunden. »Und du hast« gut geschlasen2'« sagte er nach einer Liebtofnna, die etwas matter war als gewöhnlich. »Ich weiß nicht. Jch glaube. ich babe eine ganze Menge geträumt. Ich hatte etwas verloren und suchte es- im Traume, da wird man immer so unruhig...« »Nun, und hast du es gesundem-" »Erst als ich auftvachte«, sagte sie, und Paul glaubte zu merken. daß ein Lächeln in ihren Auaen ausblitzte. »Um so besser. Gewöhnlich pflegt es umgekehrt zu sein: man verliert etwas. wenn man erwacht... Er stand da und sah in ihr Ge sicht, in dem kein Muskel sich be -treate, und eine Sekunde fühlte er einen unerträglichen Schmerz in feis nem Innern. Es war, als drehte iemand eine Messerklinae in einer Wunde um. Aber dann kam er dar iiber hinweg, mit einem leichten Schwindel, und rettete sich heim und schrieb sein begonnenes Gesuch um eine freigeworden Lein-stelle in einer nördlichen Stadt fertia. Er bauchte Luftveriinderuna. Und die Kälte. die erhält den Menschen doch auf die Dauer am besteu. — Der cieseswsseu des Holentöutsi Wunderbnr ist oft das Schicksal non Sieaestronhöen einenartia deren spätere Vestimmuna. Wo blieb der aoldene Sieaesrvaaen. den einstmals die Kaiserstadt Wien dem Polenkönia Johann Sobieskn aus Dankbarkeit iiir die Beireiuna aus der Hand rer Türken am 11. September 1683 schenkte: Er steht heute als Kanzel in einer kleinen vommerschen Dorf tirche. Jn feierlichem Zuge wurde der Sieger Johann Sobieskn von den Bewohnern Wiens eingeholt. Aus Dankbarleit schenkten die Wiener dem Polentönia einen vriichtiaen Sieaes wagen, auf dem dieser auch seinen Einzug aehalteu haben soll. Herstel luna und Ausfchmiickuna dieses Wa gens-, der nach Art der römischen Triumvhwagen gebaut worden ist« ha ben eine bedeutende Summe — man spricht von Tausenden von Dukaten —- verschlungen. Heute ist nun die fer kostbare Siegeswagen die Kan zel in dem zwischen Neuftettin und Bärtvalde aeleaenen kleinen wonner schen Dörfchen Raddatz. — Nach Be endigung des Ersten Echtes-schen Krie ges wurde der von den Rädern gelö ste Wagen in der Raddatzer Kirche als Kanzel aufgestellt Auf toenia Stufen steigt rnan von hinten in diese einen artige Kanzel l;erein. Der Walda chin ist an der Ajrchendeae befestigt und trägt die Inschrift »Um-rup trinmpstmlig Juli-innig sitt-icssti·v, des-is l’ul(-r«·srtirrs.« Auf dem Val dachin steht der ztveikövfiae weier Adler mit der Inschrift -l. s. lt. l’. Die dankbaren Wiener haben den« Wagen überaus reich verzieren nnd« vergolden lassen, und nichts hat man an diesem historischen Wagen achtu dert, nur an der Vorderseite findet sich das Wappen des preußischen Ge- « nerals Hennina von Kleist und dieJ Jahreszahl 1742. Diese Abänderung ( gibt uns Antwort ans die Frage aus ! welche Weise dieses immerhin dochs historisch wertvolle Stiict einmal nach » hinterpommern nnd vor allen Bin-i gen als Kanzel in eine Kirche aelom- l men ist. Der Lehnsherr von Rad-( dan, General Henning von Aleist,1 kämpfte unter Friedrich dem Großen im Ersten Schlesischen tirieae Jn einem schlesischen Dorfe, das einstmals Johann Sobieslhs besessen hatten, er beuteten Kleists Grenadiere diese Sie gesirophäe siir das Berliner Zeug haus, änderte jedoch seinen Befehl, als der General Kleist, den Friedrich schon nach der Schlacht bei Mollivitz seht auszeichnete, den König bat, den Wagen seiner neuer-bauten Kirche in Raddatz als Kanzel zu schenken. Die Räder des Wagens, die der General an der Kirchenwand hinter dieser ei genartigen Kanzel ansstellen ließ, sind spurlos verschwunden. Sie waren gleichfalls reich vergoldet, und ans diesem Grunde hießen die Franzosen sie in den« llngliicksjahren ausNimnier wiedersehen mitgehen. —Beim Graphologen. »Was soll der Zettel mit den drei Kreuzen?« »Ja, wissen c5’ —- ich ivollt’ mir halt von Jhnen mei’ Handschrift deu ten lassen!'« Jus Schnee. Sliqze von Leuelottc Winirld - Ueber der weiten, öden Schnee fläche das Rund des stumpfgrauen Himmels. Nichts in Näh« und Ferne als dies harte, unerbittliche Weiß, das den Augen weh tut. Sonst bringen die Ziegeldiicher der hier nnd dort ver legen hinter niederen Sträuchern ver iiectten Landhäufer mildernde Unter brechungen in die Langeweile des Landichaftsbildeå Heute lieat ankle ihr fröhliches Rot im weis-en Schlafe Eine Schar hungriqer Krjilsen schwingt sich schwarz und frhweriöilin iiber das Feld. Ihr heiteres Hirsch-: zen tinat in der iriiumenden Stille in melancholiiche Seufzer aus. Wie der Schnee unter ihren Schnabethieben in Silberfunten reritiebH Wie ihre glit lienden. scharfen Augen nach Futter spähen! — Jn der Ferne, wo sich der scheinbar steinerne Himmel mit der weißen Erde vermählt, fteiat gelblicher Rauch auf. Er malt auf den aranen Grund aller hand aignntifche Formen. die warn haiten tingehenren gleichen, nnd schnell, wie eine Fata Morgana, wie der im Leeren verschwinden. —- — ikine Fran. mit einem Traglorb auf dem Rücken, wandert an » unbe-l wohnten Sommergiirtem deren Ziinne in ihren Malchen dicke. weiße Tuvten tragen. vorbei. Sie läuft durch den Schnee wie beflügelt, denn ihr Trag lorb ift leer. Das Tuch, das ihren Kopf verhüllen foll, ift ihr in den Nacken geglitten. Sie iiihlt die Kälte nicht. Ihre Armen. die ausgehöhlt von vielen Tränen scheinen, glänzen nnqewohnt freudig nnd ihre eingefal lenen Wangen haben einen Anitug von Nöte. Eine giitige Dame in der Stadt hat ihr den ganzen Jnhalt ihres Korbes abgelauft. Nun hat sie Geld fiir ihre Kinder. — . Die Frau reckt ihre gekrümmte, J tleine Gestalt, soweit ek- der Tragtorb sgestattet Sie sieht purpurne Son inenfreude iiber der weißen Weite. ’Goldene Märchen steigen ihr aus dem Schnee auf, ziehen mit ihr Seit’ an Seite dahin. Ein rosiges Wunder land scheint ihr die grau-weiße Lede. Klingt es nicht in der Luft von silber nen Gläckehen? Verzauberte Prinzes sinnen sind die weißen Sträucher in ihrem Filigransehmuet Oeffnet sich nicht das überzuckerte Gitter der Gär ten« um einen smaragdenen Schlitten heraiisziilassen? Die Frau lächelt. Sie will ihren Kindern heut abend von der Eisiung frau, der Königin des Winters, er zählen. — Jhre Kinder! — Blumen sprießen aus dem Schnee auf. Hoff nungen! — Anständige Menschen wird sie aus ihren Kindern machen. Sie sollen einmal im Weltlauf nicht snur Not und Verzweiflung, sondern iauch ernste Schönheit sehen. f Die Frau bleibt am Ende des Zau Jnes, der sich —-- im Begriff, zu fallen z-—— ängstlich zur Seite neigt, stehen. iEin graurotes Fleckchen im Schnee — iein halberstarrtes Vägelchent Die Frau birgt es unter ihrem Umschlage tuch. Sie fühlt, wie in der Umfchlie ßung ihrer Hände langsam Wärme und Leben in den kleiner-« gefiederten Körper kommt. Jhre Augen strahlen heller. Das Vögelchen will sie auch ihren Kindern bringen. — Die griinen Lauben der verlasseneu Gärten griifzen mit ihren Schneehau ben zum letzten Male herüber-. Freies Feld öffnet sich. Die Frau muß erst den Pfad suchen. Die weiße Decke verhiillt ihn ganz. Endlich findet sie Fußtapfen im Schnee, zwei große und zwei tleinere. »Ein Paar ging hier iiberg Feld« dentt sie mit leisem Neid. Sie vertraut fiel) der Fiihrung der Spuren nn. Dass Stapfen im Schnee ist jetzt schwer. Unter der täuschend glatten Decke sind gefrorene Radfduren. Der taftende Fuß trifft bald scharfe Erd riicken wie Felsgrate, die in die Stuh le schneiden. bald gleitet er in ausge höhlte Gleise. Die Schuhe der Frau find rällig durchnäsz Die Kälte kriecht ihren Körper hinauf und erinnert fie Plötz lich daran, daf-, sie sehr miide ift. Seit Tagesanbruch ift fie unterwegs. Jbre Augen verlieren den strahlen-« den Glanz, ihre Wangen färben sich grüntich bleich. Jhr fällt ein, dan sie heut noch nichts gegessen hat. Dass mitgenonimene Brot liegt itn Korb. Vor Freude vergaß sie es. Soll sie jetzt das Versäumte nachholen? Aber das Vögelchen in ihrer Hand! Es wiirde entslattern. Die Frau tappt weiter. Bei jedem Ausrutschen aus dem schlechten Wege läuft es ihr lalt und heiß durch die Glieder. Jhre Schritte werden schwe rer, langsamer-. Die Märchengestnk ten, die mit ihr wandelten, sind ver schwanden. Kein Wesen toeit und breit! Die ersten Schatten der frühen Dämmerung klettern zum niedrig hängenden Himmel empor, nrnhiillen sein ehernes Grau mit spinnwebfor benem Flor. Weicher als vorher er scheint es, nnd plötzlich taumeln Flot ten herab. Zuerst zaghaft, dann slot ter und lustiger. Dick und weiß stil len sie die Lust. Die Frau vermag kaum die Augen zu iissnen, so tanzen die Leichten, Neckenden ihr auf der Nase herum. —- Die Grenze zwi schen Himmel und Erde ist vermischt. Die Welt ertrintt in Weiß. —-——————·,- --——--- -s f Die Frau späht mit erwachsnder Sorge nach einem Licht in der Fer ne, das ihr den Weg seinen tos. Nichts als die monotone Reihe der in Weiß getieideten Chausseebäume zeichnet sich verschwommen am Hort zont ab Die Fußspuren im Schnee hören plötzlich auf. Haben die Flocken sie jneåwifchtit —- Natlog steht die kran ti »Ich habe noch mindestens eine hal be Stunde Wens'«, denlt sie. Schwindel nnd Zugleich entsetzliche Angst kommt iiber sie. Schweiz tritt csui ihre Stirn. Mit Anftrenmmn zieht iie einen Fuß ans dem Schnee und setzt ihn vor den andern. Tiefe Löcher groben ihre Schritte in die unentweiht weiße, ieidiue Fläche. Seltsam betäubt fiihlt sich die Fran. Wie im Nanirb taumelt lie querfeldein Dir liinlelnien Flecken sind wie ein Wienenlied Die Missio leit in ihrem Kopie-. ihren Glis-dem wird immer Ftninoender — anh ein mal rafft sie sich m klarem Denken, zu eiligerem Schreiten auf. »Wenn ich nur erst die Lichter ic be!« Aber die Sitberfchleier ringsum ziehen sich dichter und dunller entom men. »Jetzt wird der Junge mit rein Schneefiua mir entneaenaeben«. rsrnit fie, »Aber bin ich denn überhaupt auf dem rechten Wege?« Der Schreiten tht fi- mit Wien hand. Sie beainnt m laufen sind los dehnt sich die Ebene. Kein Meg kein Stra. Die Frau macht einen groben nee Iweiselten Satz nnd steiit Miit-lich in einer Erdsenkunaen, die nen den Wes Gleichmachern deu Flocken, bis iiisier den Rand ansaefiitlt worden. Sie will iisli heraus-arbeiten Aber an ihren Fiißen hängen « scheints-er Nieiaewichtr. Schweer nnd tekund-r hänan die Zipfel ihres Tuch-Z im Schnee. Sie betrat. in beifien Nenn ben, vorwärts m los-einen den Cis-r körver hor. — Da ist’8. ots iiioe eine Land sie rnr Ode. Die Kiere ver hindert ein Versinlem Die Schneedecke ist weich wie ein Daunenksett und die Flocken fallen ptönlich so leise nnd linde. — Die Frau denkt em das Geld in ibrer Tasche nnd an das Vörelchem das ibre band noch immer nmseixlieieh Lin die wartenden Kinder daheim nnd die große Freude. die sie heute —.-kmlst. Aber sie denlt an alles mit der Pin teresselnsialeit, die man kurz vor dem Einschlafen anch fiir die allem-E Ha sten Dinge des Lebens bat. Giiße Miidialeit nimmt sie aane gesonnen Und dann kommt iraendwober ein Schlitten mit weißen. samtenen Kis sen —- die Glocken sind angehängt — nnd nimmt sie ans. Sanft und glei tend aebt es hincin in ein unbe stiinmtes weich - graues Damit-en — Zwischen den riesetnden Flocten die geschäftig den umgetippten Traatorb auf der Erde zudecken, flattert mit ängstlichem ,,Piep« ein rot - graues Vögelchen. JOv Derr Lebt-en Von drolliger Wirksamkeit ist der folgende Witz, dessen Held der be rühmte Professor Rudolf Virchow ist. Der Herr Professor hält Kolleg nnd spricht iiber die inneren Oraane des Menschen wobei er seinen Hör-ern einzelne Prsjivarase zeinL Er gibt ei nes dieser Prävmnte dem Etudioius NawratiL einein edlen Böhmen, nnd fräat ihn: »Ich habe Ihnen nun die einzelnen Organe erklärt, wollen Sie mir ia gen, was dieer Piatmrnt ists-" »Das ifk sich derr Leichen Herr Professor« »So, sc. . . sind Sie auch nein-z sicher?« »Jawol.-i, Herr Professor-, ek- iß derr Lebber.« »So?! Na erstens is es nistrt »der-r Lebber«, sondern ,derr Leber«: einei tens iit es nicht ,,derr Lebe-»O sondern »die Leber« und drittens-I Sie höhni der Onadrotschadel, ist ek« aarni.tit »die Leber«, sondern »der Maaen« — nnd vierten-Z können Ese Medtzin tm dieren bei wein Sie lockten, aber nicht bei inir.« » — -.-.-—— Faun-e Jüngste-seh Ein Arzt hatte es sich in den Kot-s gesetzt, nlle Krankheiten seiner Aktien ten nach bestimmten Merkmalen ter Augen zu diagnosieren. Eines Jn ges kam ein Patient, um lieb untersu chen zu lassen, nnd der Arzt nrnste zuerst die Auaen »Aus dein Aug-denkt Jhresz rett ten Auges ist mir die Natur Jhreo Lei dens bereits volltonnnen tlnr". »Meine-Z rechten AnaeLzZsp ,,Jatvcl)l -der Ausdruck ist charak teristisch in Ihrem speziellen Falle Sie sind leberleidettk.·« »Entschuldigen Eie, Herr Dotter, aber mein rechtes tslune ist ein Glas auge.« — —— Nettex Zustand. Dame: »Ist mein Mann vielleicht noch bei Jhnen?« Wirt: »Jntvok«-l. gnädige Frau er bat mit einiger-. Freunden ein bißchen Geburtstag gefeiert; wollen Sie ihn gleich mitnehmen, oder soll ich ihn Ihnen zttschicken2«