Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, March 22, 1912, Zweiter Theil, Image 14

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    Die fünf Freier
Eine heitere Geschichte
von J. Jobst
(7. IprtfehungJ «
W ertlungen die Weisen der
C- sstd befindlichen Militiirlapellr.
M dein Dampfer glitten mit weit
fssicsdesden Segeln die Boote wie
W iiber die schwellenden Fluten:
Stettin-Weh Mönc, Adter, Alabama-«
starren Meergreis und wie sie alle hie-I
l
sen. die stolzen Renner erster und
zweiter Klasse, dann kamen die kleine
m Segtbootn und unter ihnen das
use-kleinste, Dickerchen. geführt von
Falk nnd Geyer. Es ging von ihm;
die Sage, daß es nicht tentern könne,
und sein Steuermann mußte wohl
daran Stauden denn mit wahrer To-.
desnerachtung tentte er die Rufzschalc
durch Welle und Wind.
Jn jugenden Stößen tauchte die ste:
tin siiirker anfchweltende Bette iiber die
Schlei daher. sie mit Kntzenpfoten
kräuselnd Die Verboten tommender
Dinge huschten in breiten, dunklen
Strichen über die blaue, gtitzernde
Flut, nnheimlicksen Gespenster-n gleich.
Am Heck des Dankt-fees standen dies
Zuschauer eng aneinander gedrängtk
nnd erwarteten Das Nah-en der Boote.
die an dem Mövenberq vorbei durch
«die Enge« in die annze Breite der
Schtei einlanten mußten.
»Heute kisnnen wir was erleben.
Mwaper« rief plötztick eine helle
Mädchenftimnie, »es wird interessant
werden«
Aktes tacbtr. dann wandte sich der
Landtat er war einer Ier Preis
tichter --- an das junge Mädchen, das
so frisch und keck inmitten der Geielli
schaff stand. und fragte fcherzend:
»Ist-thun Sie denn nichts fiir Ihre
Kassiierr. Fräutein Heller-V
«Iiitchten?« Der Hans blickte den
Sprechend-en an, als habe er böhmifch
gesprochen- ;
»Ach, Papa«, rief die Tochter des!
Lands-is »Frijulein Heller sagte mirl
eben noch. sie hätte am liebsten Initqu
tan. wenn es ihr Schwager nur er
laubt hätte.« ,
U» L ,,-I--. S
»Fall« las lllLI Ucctlclh
Aus dieser Unterhaltung ging ber:
vor. daß doch nicht alles, was im
Herrenstall geschah, »in der Familie«
blieb, wie der Hans gesagt haben
würde· Nein das brennendste Jnte
resse der ganzen anwesenden Gesell:
schaft galt der jungen Rheinl änderin,
die so unbefangen und selbftsicher in
der Menge stand und die es verstanden 2
hatte. fünf der beliebtesten herren der- i
artig an sich zu fesseln,« daß sie ders
übrigen Welt verloren waren. l
Doch nun verschlang die allgemein
wachsende Aufreaung jedes andere Jn
terefse. Das erste Boot ging durch
»die Enge« Und trat in das breite
Falxrwasser ein. Qui, wie die Segel
des Sturmvaaels sich entfaltetenl Wie
ein Stoßvogel durch die Lüfte schießt,
so schnitt die schlanke Jacht durch die
wogende See. Da draußen sah es an
derz aus« das Wetter war böi·a.
Mit lautem Hurra —wurde deer
Sturmvogel vom Dampfer ber
grüßt als er gleich einem stolzen Ren- i
ver in nächster Nähe vorüber eilte. l
Uebermiitia erwiderten Willmeroth
nnd Paulsen den Gruß. Sie brauch-.
ten nicht lange-nach der Dame ihres;
herzens zu suchen, da stand sie an;
Deck, dicht an der Reling und schwang
ihre Sportmüße in der Luft. Doch!
nun erhaschte ihr erstaunter Blick wiel
im Fluge den dritten Jnsassen deiJ
Bootes, Dassel, der sein bleiche-Z Auge-;
ficht zu einer Grimasse verzog und
schwach mit der band grüßte, wäh
rend seine Augen mit dem verzehren
den Ausdruck heißer Sehnsucht den
Dampfer umfaßten. als sähe er das
obte Land, dem er, ein zweiter
stei, ftku bleiben mußte.
»Hast du den armen Dassel gesehen,
Papa«, ließ sich wieder die Tochter des
Landeats vernehmen, ,,welch fremde
Gewalt hat denn den bei solchem
Wetter aus die Jacht gebracht? Der
arme Kerl überlebt es nicht«
»Ist er trant?« iragte ver Hans
voller Sorge.
»Nein, trank ist er nicht-, Das heißt
eigentlich schlimmer als bas, er ist
seetrant. Den schafft man beim
Schluß der Reaatta als halbe Leiche
ans Land, Fräulein Heller, und das
Muschentind, das den armen Leut
nant aegen seinen eigenen Willen aus
das Wasser gejagt hat, mag seine
sQualen verantworten-«
Die dunklen Augen der Sprechen
den funkelte-r voller Zorn zu dem
hanc hin, der, mit tühlem Erstaunen
den Blick erwidernd, antwortet: »Wer
itpang ihn denn dazu? Wenn Herr
m Dassel eine Landratte i , kann er
ei doch ruhig eingesehen ir gegen
Kier benahm er sich stets als seebe
stener Mann, doch fällt mir seit ein,
« I ich ihn allerdings nie zu Wasser
« eben habe. Aber sehen Sie nur, die
" trieb immer interessanten«
« Lin net-ern sehst die « ein, mit
eise- Inck legte sichs-r ermoogel
-T ,«"tief til-ce, daß et ordentlich Wasser
« , , tmd die Inst-gen naß bis aus
Ue hast windet-.
u die singe. die feine Gabe
s« . ten, its-I starrte mit site-en Augen
M den Steuers-ev noch
ed Hinunter, mit dem sendet-li
.JM W « Um W
alsel klammerte
Senden gerade so ties drunten sihen
oder vielmehr liegen würde. Er ver
wiinschte die schwache Stunde« wo er
aus Furcht vor einem spöttischen Blick
aer einem Paar klaren blauen Mäd
chenaugen dieses Marturium auf sich
genommen hatte.
Immer mehr Boote spie »die Enge«
auj, sie den entsesselten Elementen
aus Gnade und Ungnade ausliefernd
Jetzt schoß auch «Diclerchen« als er
stes der kleinen Boote hervor, es
hatte richtig die Fiihrung übernom
men. Ein Nichts in der breiten Was
serwiistel Das ileine Segel schwebte
über ihm gleich einem der Sommer-:
seiden, die in blauer Herbstlust glän
zend und spinnwebsein einher-segeln,
bis sie an irgend einem Hindernis
strandeten. Dickerchen lam ungefähr
det durch die gesährliche Passage an
der Jnsel vorbei und schoß an dem
Dampser vorüber weiter zu sriiblicher
Fahrt.
»Hurra iiir Dickerchen«, rief der
Hans und alles stimmte ein. Dieses
Mal schtoentten viele die Mühe, das
Temperament des Hans bewies sich
als ansteckend, sie wurde immer mehr
zum Mittelpunkt ver ganzen Ver
sammlung. Die Begristerung des Reu
lings gesiel allgemein; das natürliche,
unbefangene Benehmen und der große
Liebreiz des jungen Mädchens ge
wann ihr alle Herzen, da ausserdem
auch die Geschwister sehr beliebt wa
ren.
Das Wetter ließ sich immer böser
an. Wollen zogen aus« schwarz wie
die Nacht, sie segelten am blauen Him
mel einher gleich den Booten unten im
wilden Wogendrange und ein Schauer
ging nieder, daß aus dem Dampser
alles lachend flüchtete. Nur der Hans
hielt stand. Johanna blieb neben den
Preisrichtern stehen und verfolgte
den Sturmdogel. der noch immer an
der Spihe aller Boote waghalsig seine
Bahn zog. Jetzt tam er wieder heran. —
immer nader und nahen hart am
Dampfer fchoß et vorbei. Wie Bliye
»treuzten sich die Blicke des jungen
»Mädchens mit dein der Führer. um
? dann voller Mitleid nach Dassel aus
Izufchauem der nicht einmal mehr die
Kraft baite, mit«der band zu winken.
sondern in völliger Apathie alles iiber
sich ergehen ließ: Sturm, Regen und
Sturzfee, nebst den Worten des Mit
leids, die vom Dampfer zu ihm her
überfchalten und die er sich bei anderer
Gelegenheit auf das energifchste ver
beten hätte.
Pauler stellte das Segel noch
schärfer ein, denn der Adler kam ihm
ftetig näher, die feindliche Jacht drohte
ihn zu überholen.
»Er führt zu viel Tuch! Das gibt
ein Ungliictl« rief der Landrat.
Die Bö rafte weiter. die Segel der
beiden Boote legten sich fo weit über.
als wollten i ·ns Wasser tauchen, die
Brecher gingen « die Fahrzeuge
weg, daß den Jniaffen Hören und
Sehen verging. Ein Schrei t.1m vorn
Dampfer, denn der Adler schlug voll
Wasser und tenterte, der »Strava
gel« flog dagegen unaufhaltsam wei
ter, er hatte das Spiel gewonnen.
Langfam richtete der Adler sich wie
der auf, die Führer des Bootes be
mühten sich eifrig, die tlatfchenden
Segel einzuholen. Die Schiffbrüchi
gen lagen bis an den hats im Was
fer, das heet der Jacht ragt hoch em
por.
Aus dem Dampser beruhigte die
Stimme des Landrats einige ängst
liche Damen mit den Worten: »Steine
Sorgen, meine Damen, das Boot liegt
»auL«
T »Ja, ja«, iiel seine Tochter ein, ,,se
i hen Sie doch nur, Fräulein Heller. die
Herren liegen da, wie in einer Wellen
badichautel.«
Der Hans lachte herzlich zu dem
Vergleich unv alles stimmte ein.
»Gut, daß man wieder lachen
lann«, rief Maria, »wir stand das
herz still, als das Boot tenterte.«
«Heißal,« ertlang’s in demselben
Augenblick hinter den Sprechenden,
denn an der Möve brach der Mast
, mitten hindurch, sie mußte ins
« Schlepptau genommen werden. Es
dauerte gar nicht lange und der Dam
pfer führte drei Fahrzeuge in seinem
hrwasser mit, die alle havarien er
itten hatten, vier weitere waren ge
strandet. Der ,,Sturmvogel« verfolgte
unterdessen stolz seine Bahn, Dieser
chen hart hinter ihm. Sie flogen mit
den wenigen noch übrig gebliebenen
Booten vor dem heimiehrenden Dam
gee her und jagten dem Ziele zu.
ickerehen kämpfte wie ein Held —
der Sie blieb sein. Unter dem hur
ra der Zuschauer ging das Boot, un
mittelbar gesolgt von Sturmvo el als
erstes durchs Ziel. Diese gatta
slocht seinem Namen einen neuen Lor
beerkran .
Der ans war nicht wenig stolz,
daß ihre herren sieh in corpore mit
dem Siegeilorbeer schmücken durften,
denn auch Dassel, der soeben ans
Land transportiert wurde, hatte ihn
redlich verdient. Kreuher dagegen
tat-Die verschiedene W Blicke oder
Bette aut, wenn allzu kecke, boöhaste
sen iiber die sön in des Liebes
s , atta- hertensia , Roavglossen
I Wer Mes. Er schwor ec sich
zu. daß die Sache so oder so ein Ende
haben müsse. Verlobung oder Adresse
des haus, das war nunmehr die
Frage!
Der herrenstall stand noch immer
unter denr Zeichen des Sieges. Dageel
hatte stolz die Worte herzlichen
dauerns aus Johannas Munde ent
gegenommen, in denen sie in einem
Atem sein Betragen lohte und schalt.
Er hatte wundervolle Ausnahmen von
den siegreichen Booten gemacht. Kurz
und gut, die Eintracht der Familie,
wie der hans stets betonte, lie nichts
zu wünschen übrig. Auch der Unter
richt in Latein und Mathematik wur
de wieder ausgenommen, doch der
Sport ruhte. Kreutzer hatte pliihlich
darauf gedrungen, daß der Hans not
gedrungen noch einige Besuche machen
müßte.
Johanna war außer sich, sie ahnte.
daß man damit der Jdulle. die sie hier
erlebt hatte, gewaltsam ein Ende mach
te. und sie tlagte den guten Freunden
ihr Leid. Doch obwohl sie bei denen
das großte Verständnis sand. ließ sich
der Schwager nicht überzeugen. Er
hatte seine Gründe und war unbeu -
sam. So sollte denn morgen die Biss
tentour begonnen werden und der Hans
ließ die Flügel hängen wie ihr schwar
zer Namensdetter. Sie schlich auch
genau so, wie dieser, wenn er aus ir:
gend einen Rauh ausging durch Sta
chelheer- und Himbeergestriiuch.·durch
hohes Gras und Rohr zu ihrer Lied
lingsbant am Wasser hinunter, um
mit der schlechten Laune fertig zu
werden, die sie plötzlich hesallen hatte.
Es war Johanna zumute. als solle
eine sremde lfzsand mutwillig alles zer
stören, was ihr lieh und wert gewor
den war. Sie wußte nur zu genau.
die beiden letzten Wochen, die ihr noch
blieben. würden im Tumult der gro
ßen Geselligteit untergehen. Jn eini
gen Tagen rückte ohnedies das Regi
ment zu den Manödern aus. zwei der
Kameraden oon ihr sordernd, und da
für rückte hier die sogenannte Gesell
schnst ein, mit ihrem Klatsch und all
den nichtssagenden Redensarten, die
ihr so verhaßt waren. Es war zum
Totärgernl Was nur dem Schwager
aus einmal einsiel.
-
sollten die Nichts-Wer aktuell,
da . . ·.
Eine tiefe Röte überzog das lieh
liche Gesicht des Hans, aus dem plöhs
lich jede Energie erlosch, um einer
süßen Unruh Raum zu geben. Mit
behenden ingern zog das junge Mäd
chen ein t eines Medaillon hervor, das
sie an einem feinen goldenen Kettchen
um den Hals trug· Ein leises Knipsen
war zu vernehmen und nun ruhten die
dunkelblaaen Augen mit innigem
Blick auf der winzigen Photographie.
die es barg.
Jm Rohr rauschte es stärker. doch
der hans hörte nichts. Falk schritt
über den Steg und barg sich im Rohr,
sie sah ihn nicht« denn gerade hob sie
das tleine goldene Ding zu den schwel
lenden Lippen und drückte Kuß auf
Kuß auf seinen geheimnisvollen Jn-»
brin.
Dem Lauscher inmitten des Rohrs
rann es siedend heiß iiber den Rücken
toar der Hans gar heimlich Braut
und hatte einen Schai da drunten am
Rhein? War sie darum so unbefan
gen, so ganz der fröhliche Kamerad
mit ihnen allen? Schon wollte er die
Sache brüstieren und vortretend ihr
die Frage verlegen, die ihm auf dem
herzen brannte, daß er vermeinte an
den inneren Flammen ersticken zu
müssen· Da tam etwas Dunkles aus
demRohr hervorgeschoisem der schwar
ze bang hüpfte mit seinem Korah
Korad Freudig und io schief wie wog
lich auf die geliebte Herrin zu.
Jm ersten Schrecken ließ die allo
Ueberraschte das Medaillon aus den
händeu fallen, und als sie ei voller
Hast an seinem verschwiegenen Ver
steck bergen wollte, hatte das Untier
schon die seine goldene Kette mit dem
mächtigen Schnabel erfaßt und hielt
spielend fest. Voller Angst wehrte
Johanna dein Raben, aber schon riß
das seine Gold mitten durch und das
iMedaillon sprang in hohem Bogen in
sdas Gras.
i Ein schmerzlicher Aufschrei entsudr
sden Lippen Johannas und ries Fall
plötzlich in ihren Sehlreis, während
I das Radentier sich eiligst verkroch.
; »Ist Jdnen etwas geschehen?' stag
ite der bestehlen der doch schon lange
iAugenzeuge war
s »Nein, ach nein ....« stotterte ·o
dannen »der band hatte mich mit ei
nm pliiylichen Vorstoß erschreckt Wo
kommen Sie denn hat«
»Ich? Vorn Steg, ich habe Dickerchen
ein wenig getummelt, nitdiges Fräu
llein. Wann werden ie mir wieder
einmal die Freude machen, mitzusnh
ten « .
»Ich weiß ei nicht, ich muß doch
morgen die Besuche machen, und dann
ja, in vierzehn Tagen fahre ich
« ieder heim.«
»Das iCSe ich mir ase Tage, nnd
dann vergessen Sie uni, Ihre Ge
treuer-. und studieren immer mehr, bis
»Sie vor lauter Latein’vnd Mathe
; Instit vergessen haben, daß Sie jung
sind, nnd —- und —«
«-UUV- Hm ZUIPCMIMV Der
»was vergaß plöjlich alle Sorge we
"gen des Medaillont
»Und dass der liede Herrgott doch
das Dirndel nicht wegen des Stu
diums in die Welt gesest hat.«
«Und das sagen Sie?« fragte der
Hans entseht über die Ilamrnengut,
die aus den Worten des jungen Man
ines zu ihr hinüber wehte.
»Ja, ich, und ich werde noch mehr
sagen. Jch werde es nicht leiden...«
»Daß ich studiere?« fiel Johanna
nun übermütig lachend ein. »Aber,
mein lieber herr, da ich, der Vani,
; nicht heirate, fo muß ich studieren. da
Izu hat mir eben der liebe Gott den
iVerftand gegeben. So sagt mein Va
ter, nnd d·r muß es wissen."
»Und ich darf Jhren Worten wohl
Nachdruck verleihen«, fiel die Siirnnie
des Regierungsrats hier ein. Er stand
plötzlich hinter den beiden, als sei er
vom Himmel gefallen. Daß er gehorcht
hatte, gerade wie vor wenigen Minu
ten er selbst, mutmaßte Fall bestimmt.
»Ich habe schon eine Viertelstunde aus
der Veranda auf Jhr Kommen ge
wartet, gnädiges Iröulein«, vollendete
Geyer iviirdevoll. Johanna ergab sich
seufzend in ihr Schicksal und folgte
dem geitrengen Lehrmeister, nicht ohne
vorher noch suchend um sich zu blicken.
»Sie haden etwas verloren?« fragte
» Gener
; »Ach nein, aber, Herr von Fail, was
Iich Ihnen noch sagen wollte. Sie wer
iden doch dem schwarzen hans nichts
fdaiiit antun. daß er mich vorhin er
sschreoti hat? Er ist sicher längst zum
Käfig geschlüpft, dort werden Sie ihn
; finden.'·
; Falt mußte trotz aller inneren Un
Iruhe über die schlaue Jxe lachen, die
Jihn von hier sori habe wollte. Das
jMedailloWlag sicher hier irgendwo.
;Er hatte doch etwas Glänzendes durch
zdik Lust slieaen sehen. und Johanna
khielt die gerissene Kette trampfhaft in
Hder hand· Nun mußte er zum Schein
Jmitgehem Aber später. wenn die
JSchiilerin hinter den Büchern faß.
Iwiirde er schon das Verlorene zu fis-—
jden wissen. Das herz klopfte ihm.
. wenn er daran dachte, daß er das Bild
desjenigen von Angesicht zu Angesicht
Isehen sollte, der diese Perle sein eigen
nannte.
Johanna war so unaufmertsarn in ’
der lateinischen Stunde, daß sie zu
letzt Kopffchmerzen vorichiihte, um
’sich von dem unerträglichen Zwang zu
befreien Es rvar als ob sie ahnte
jhaß Full unterdessen auf her Suche
nach dem Pfand ihrer Liebe war. Doch
foviel er auch fuchte er fand nichts
und wollte sich schon mit der Annahme
tröften, daß Johanna das Mehaillon
fofort erspäht und längst in Sicherheit
gebracht hohe, als er has junge Mäd
chen kommen fah.
Scheu wie ein Reh flog sie daher.
uno lnum war er im Schilf verbor
gen, als sie an der Banl anlangte und
»mit glühenden Wangen und hlitzenhen
Augen zu suchen begann. Nun war
all feiner Sache gewiß, er hefchloß
rhren Nochforfrhungen ein Ende zu
machen und heute nicht mehr von fei
»nem Posten zu weichen, um morgen in
aller Frühe noch einmal dem lofthaten
Kleinod nachlviiren zu können, his er
das Geleimnis in Händen hielt
»haben Sie etwas verloren?«
Johanna fuhr bei Falts Erscheinen
erschrocken zusammen und strebte wie
zderum dein Hause zu. Man sah ihr
sdaä böse Gewissen an, nnd der Asses
sor triumphierte heimlich in dem Be
wußtsein, sie zu durchschauen. So
wandelten sie der Rosenbilla zu, wo
Johanna sich verabschiedete, um oben
in ihrem Zimmer Auf-schau zu halten,
wann der Weg wieder frei wurde.
Doch sie mußte sehen, wie Falk sich an
diesem Abend mit besonderer Aus
dauer in den Wiesen«herumtrieb, ja
sogar mit Sder Angelrute dem Wasser
zuschritt, so daß sie ihre Nachforschun
gen nach dem verlorenen Medaillon
der weifelt ans morgen verschieben
mu te. -
Erst als die Dämmerung jedem
Suchen ein Ende machte — denn daß
licher Weile ihre Forschungen am
Wasser fortsehen würde, war doch
nicht anzunehmen sschritt Falt in
tiefen Gedanken seinem Hause zu· Als
er an dem Käfig des schwarzen hans
vorbeikam, rief dieser herausfordernd:
»hani, hans!« Sein herr blieb stehen
und sagte lachend: »Willst du mit,
schwarze Seele?«
»Korah, Korah!« trächzte der Rabe
und rappelte voller Verständnis an
dem Schloß.
«Geduid, Geduld«, mahnte sein
herr und steate ein Streichhölz n
an, um beim Oefsnen des Schlo ei
besser sehen zu können. »So, schwar
zer Hans, lomm herant, du hast sie
auch lieb, alter Kerl.«
«hani, sonst« flbtete der Rabe, so
rtlich er konnte, und tletterte an
alt m die höhe, der das lodernde
teeichholz in den Käfig fallen ließ.
» ni, IS' titste ei · t dicht an
feinem ht, während bei m lehten
ufflammen des brennenden hölz
ni dem Atsessor etwas Gliserndes
ans der fernsten Ecke des Käfigs ent
qegenleuchtetr. Dorthin hatte der Stabe
seinen Raub getragen. hastig griff
i
i
der Hans mit einer Laterne zu nächt-»
Fall nach dein goldenen Ding. Er
hätte an ·auchzen mögen, denn er sah
sich a iel. Er brannte vor Neugier
das Rätsel zu lösen und doch bangte
ihm vor dem Geheimnis, das sich ihm
enthüllen sollte.
Jedt stand er in seinem Zimmer.
das leste Abendrot siel in sein Fen
sier Jn der zitternden band hielt er
die goldene Kapsel, die in ihrem Jn
nern die Antwort barg auf alles
heimliche, heiße Fragen und Sehnen.
«Hans Hans-. ries der Vogel und
streckte gierig den Hchnabel vor, die
glänzende Beute von neuem zu haschen,
die er so sorglich irn Misig geborgen
hatte. Ungeduldig schlug Fall nach
dem Tier, dann aber sich besinnend,
was er ihm verdanlte, streichelte er es
zärtlich und setzte es aus seine Stangr.
Mit schieiem lion iab Hans zu, wie
fein Herr das Medaillon öffnete. wie
er ausjauchzend das Jnnere erblickte
und törichterweiie dasselbe tat, wie
der band vor ihm. das Bildchen an
die Lippen führte und tiiszte, wieder
und immer wieder. Bis er es übermütig
lachend vor sich bin hielt in das däm
mernde Abendlicht und nicht miide
wurde. seine eigene Photographie in
betrachten, die aus einem Gruppenbild
ausgeschnitten worden war und so
heimlich verborgen nui der jungen
Brust geruht hatte, wer weiß schon
wie lange.
lSchlttß folgU
Das Ozean · samst- »Sieh-esse
Tas- irn vergangenen Ihre durch den
Printzen Heinrich von Preußen in Kicl
auf den Namen »Suchard" getauf
te L’uitschisi, mit dem der Oeiterreich1
.«l·nerilaner Bruder den Flug von Te
neriiia über den Ozean nach Amerika
machen will, wurde dieser Tage in der
Ballonhalle der Lustverlehrsgesellschast
zu eranniöibal montiert. um baldigst
seine Probefahrten unternehmen zu
Sinnen. Neue, großellnternehmungem
rie Anspruch daraus machen. ernst ges-s
nornmen zu werden, pflegen. wieyauori -
Mann Hildebrandt dem «Berliner Lok
lnlsfslnzeiger« sck,reibt, immer Versinke
rnnaethntersoorsen zu sein; to wartet
auch d« ser tiibne Plan schon mehrere
Jahre auf feine Verwirklichung Wöb
rrnd der Schwede Andree und der Ame-·
riltsner Wellnmnn ibre ähnlich liibnen
Wagnisse, durch die össentliche Mei
nung aedränz1t, zu frühzeitig mit unzu
lrinalicksen Mitteln durchzuführen ver
sucht haben und diesen Leichtsinn schwer
büßen mußten, hat man in Deutsch»
lnnd diesen Fehler rermiedenx die Luft
fuhr-er sind fest entschlossen. den Flug
nicht eher zu beginnen bis nicht das
Lastschiff mit allem Zubehör in tadel
losei Ordnunn lich besindet und erprobt
weben ist. Die sitt Mel im vergan
4enen Jahre in Aussicht genommenen
Urobesahrten konnten aus verschiedenen
Gründen nicht vornenorntnen werden«
und io mußte der Flug um ein Jahr
ziiriiclgeieht werden« weil rnnn unbe
dinat die gunstigste Jahreszeit wählen
will. Nur unter Benutzung des im
Frühjahr mit aroßer Reaelmäszigleit
wehenden Nordost-Pnssats. lann der
Flug gewagt werden. Es ist nämlich
nicht wörtlich lo viel Benin mit-zufüh
ren. daß die Motoren während der
vielleicht 10 bis 14 Taqe dauernden
fclchl ZU Gchllkll VIIMVSIIL Jst Ucll
Hauptsache soll das Fahrzeug als Frei
lcgllon mit dem Winde treiben; die Ma
schinen werden im wesentlichen nur
dnnn in Gang geletzt werden, spenn et
waige Windstillen überwunden werden
sollen, oder wenn Abtreiben vom Kur-J
verhindert werden muß. Mit 3000
Liter Benin glaubt man anskommen
zu können.
Die wundervolle Jniel Tenerisfa ist
alJ Ausgangspunkt iiir den Flug ge
wählt worden. Jn einem Barranto,
einer durch vullnniscke Felsen einge
schlossenen, gegen Winde geschützten
Schlucht, rvird das Fahrzeug montlert
trerden. Die unter Leitung des be
tnnnten deutschen Prosessorg Pnnntvitz
stehende Tenerissagcsiesellschast unter
itiitzt das Unternehmen onse wirlsorn
ite. Dr. Gans lMiinchen), ein ver
dienter LustschifsiMiizem hat im we
sentlichen dem Projekt Bruders zur
cJlerroirklichung geholfen. Jhm ist es
auch ient gelungen, vom Präsidenten
Txrit Kriegsschifse und von ameritani
schen Jochtenlsesihern Jochten zur Ve
obachtung seines Fluges zugesichert zu
erhalten· Der Münchner Meteorologe
Dr. Alt hat den meteorologischendienst
»:oährend der Fahrt übernommen und
einen Sertonten lonstrniert, mit dessen
Hilfe die Orisbestimmung iiber dem
Meere ohne jegliche logariihmische Be
rechnung, lediglich durch Addition und
Subtraktion. schnell vorgenommen
werden konn. Berlin-nie Meteorologen,
wie Professor Klippen lhamvurg)- Dr.
spann (Wien), Professor rgelell
lStraßburg)- DrSchrnaus ( iinchen)
und andere, beurteilen das Proielt
günstig oder sprechen ihm wenigstens
die Aussicht aus Erfolg nicht ab.
Der seht verlängerte »Suchard« hat
einen Rauminhalt von etwa 15,000
Kultikyord bei 250 k uß Länge und 54
guk größten Dur melsm er vermag
vie 10 Tonnen Nat-last zu tragen»
eDie Gondel ist ein seetiichtrges, in der;
Wein von Lin weg-such gebaut-ei
Boot, var Im te der net durch et-«
nen Handgriff augenblicklich feellar
gemacht nnd losgeliift werden tann. Ein
iider dem Boot, dicht unter der Ballen
hulle befindlicher Lanfftea tann mit
einer Jakobsleiter erreicht werden. Bor:
ihm aus lann man durch kleine, runde
Fenfter fotvohk in den Gasrnnm als
auch in die jetzt auf drei vermeinten
se 15,000 Kudilnards ins-senden Luft
iiicke blicken und außerdem an die Si
ckerheitidentile heranreichen
Ia die Sonnenstrahiunq, die ftarte
Temperaturerhdhung des Fiillgafes
sur Folge hat« adliiriend auf die Fahrt
der Ballons einwirtt, bat man hier
durch eine Beriefetilngsanlnge dafür
geforgt, daß ständig eine nleichmäßige
Geistemperatnr im Innern herrscht.
Das Luftfchiff foll mit Hilfe von
Schwimmerm die am Schledptau befe
ftigt sind, meist unmittelbar iidcr der
Oberfläche des Wassers dahfnfchwebem
man lann daher mit Leichtigkeit die Be
riefelungsanlage fiir die Hülle mit
Meerwasser in Tätiateit sehen. Zwei
aus Berlin ftaknmende Mrtcren der N
A. G. von je 110 P. K. treiben die dein
Parfevol-Luftfchiff ll entnommenen
Propeller. Die Führung des Luft
fckiffes übernimmt sder bei der Parie
tsal - Gesellschaft ausgebildete Haupt
mann a. D. Jörrens. Die demnächftis
gen Probefahrten werden zweifellos
das Interesse weiter Kreise erregen.
Ort-en nee- seteerveiusums.
Die Wetterwnrte auf einem Berge
im Staate Virginia, der zufällig such
den Namen Wetterberg führt, hat
sich während der lehten 35 Jahre in
befcnderem Maße der Pflege des
Drochenfluges angenommen. Die
Ausnutzung des LlugdrachenT der fo
umng aus cui Wulst-i utp Kalt-cl
spielzeug geführt hatte, zu wissen
schaftlichen Zwecken ist hetannilich
überhaupt bon Amerila ausgegan
gen. und zwar war es die dadurch
nseltberiihrnte Wetterwarte auf dem
Vlauen hiigel bei Bofton, wo der
Meteorologe Rotch die ersten entschei
denden Erfolge na chdiefer Richtung
errang. Diesem Forscher ist ei ohne
Zweifel zu danken gewesen« daß der
wissenschaftliche Drachenslug so schnell
auch in Europa aufgenommen wurde
und fest bereits seit Jahren zu einem
täglich gebrauchten Hilfsmittel zur
Extorschung des Witterungszustandes
in höheren Schichten geworden ist.
Damit, daß die Wissenschaft sich des
Drochens angenomen hat« ist er
selbstverständlich wesentlich vervoll
tornrnnet. und damit sind auch Lei
stungen erzielt worden, die den blas
feu Neid jedes Schuljungen erregen
müssen, der seinen selbstgellebten
Parierdrachen auf freiem Felde spa
zieren führt und seinen Stolz de
friedigt fühlen muß,· wenn er ihn
einige hundert Fuß hoch gebracht
bat. Die Retords der wissenschaft
lieben Drachenfliige weisen ietzt ganz
andere Zahlen auf. wie eine Ahhand
lung lehrt, die William Blatt, einer
der wissenschafttichen Beamten auf
dem Wetter-berg. im Buttetin dieser
Wettern-irrte veröffentlicht hat. Der
Grund, weshalb gerade diese Anstalt
die Trachensliige so hoch entwickelt
hat, liegt darin, dasi fie auf die Be
nutzung von Pitotballons Verzicht lei
sten mußte, weil diese wegen der
grossen Nähe des Meeres zu leicht
dein Verlust ausgesetzt waren. Das
her ioar es wünschenswert die Tra
chensliige so hoch toie irgendmöglich
zu treiben, nnd das ist denn auch ge
lin·gen. Die mittlere Höhe über dem
Meere, die in den rablreichen Drachen
sliigen erreicht worden ist, belies iich
atsi 10,00tt Fuß, während die Wetter
toarte selbst in einer Meeres-blähe don
1750 Fuß aelegen ist. Außerdem
wurden noch Fesselballono sür meteo
roloaische Zwecke benutzt, die irnDurch
schnitt einehöhe von 5750 Fusz erreich
ten Der höchste Flug aber den ein
Drache von der Watte aus genommen
h«:i. ersolgte am 5. Mai vorigen Rh
res und ging bis zu der außerordent
lichen Höhe von 25,000 Fuss, und dies
bedeutet einen Weltretord, obgleich an
dere Fluge-auch in Europa nicht um
sehr viel hinter diesem Wert zurückge
blieben sind. Es war selbstverständ
lich nicht ein einzelner Drache, der zu
diese-: gewaltigen Höhe ausstieg, son
dern ein System von zehn Drachen die
insgesarnt etwa 75 Quadratyard la-«
che besehen, und bei ihrem Austieg
45,000 Fuß Klapiersaitendraht ver
brauchten. Der höchste Drachenans
stieg in Europa war bisher derjenige,
der am 5. April v. J. an der Lust
warte zu Lindenberg bei Berlin erzielt
wurde und bis 21, 500 Fuß ging. Diese
Obhe ist bei den Ausstiegen vorn Wet
terberg sechsrnat überschritten worden«
und eine höhe von mehr als 23,500
Fuß wurde dreimal .erreicht. -
Viele halten sich. sii us w,lirdevoll lei
den aber nur an geschwolleneni Kopfe
i- - i
Jtn britischen Unterhaus ist ein
Vmückter entdeckt worden. Jn der
Einzahl liegt dieUebertreibung.
i st
Die Wahrheit tnag auch in unserer
lichtscheuen Zeit zeitweilia verdunkelt
werden können aber erlöschen wird
tie nicht.