Ein Roman aus dem Leben Auf » ererbter Schelle « Von Reiuhold Ortmann (12. Fortsetzung und Schluß.) , «So geschah es nicht aus Deinen Befehl, daß Harald heute Abend das nämliche Verlangen an mich richtete —— das Verlangen, ich sollte diesem serringer das Vorwert verkaufen und sollte meine Einwilligung zu einer trat zwischen Jrene und dem ohne dieses Fabrikanten geben? Er war nicht das Echo Deiner Einflüsse rungen,«als er rnir von den hohen Pflichten eines rechten Edelmannes sprach, und als er mir seinen Ent chluß tundgab, von nun an ein ganz neues Leben zu beginnen?« orst war ersichtlich aus das Freu dig e überrascht, aber es schien, daß sich zugleich auch einige leise Zweifel in seiner Seele regte-n. »Das Alles hat Dein Sohn ge tan?« sagte er. »Und Du hast den Eindruck gehabt. daß es ihm auch wirllich Ernst damit warsm Ewald lachte bitter aus« »Ich mußte es wohl glauben, nach dem er mit sagte. daß er heute um seinen Abschied eingetarnmen sei, ohne mich auch nur um meine Meinung tiber einen solchen Schritt u befra gen. Aber weshalb sragst sdu mich nach Alledern, da Du es doch ohne Ist-Kessel schon früher gewußt hast, als : « «Rein«, erwiderte Vorst. und seine Stimme llang beinahe heiter. »Nichts habe ich gewuktt —- nicht ein Wort! Aber ich sreue mich von ganzem her sen iiber das, was ich soeben gehört habe. Der alte Stamm kann also, wie es scheint, noch srische und ge sunde Weiser treiben. Du aber solltest Dich nicht von Deinen eigenen Kin dern beschämen lassen, Ewaldl Fiige D· in das Unabänderliche und gieb ne· Dein Wort, daß morgen geschehen wird, was ich von Dir oerlangte.« «Riemals!« wiedhrholte der Baron trosig »so jeder Demütigung hätte ich mich bereit sinden lassen — nur nicht zu dieser! Du hast vielleicht die Macht« mich und die Meinen zu Bett lern zu machen, aber Du hast nicht die Macht, mir diese Erniedrigung ssngswkgosx ·..-s Will elllet Wollt-TM ais sei ec. ge sonnen, auf diese entschiedene Meige rung bin der zwecklos gewordenen Un terredung ein Ende zu machen. hatte sich der Andere aufgerichtet »Gut denn! Ich kann Dich aller dings nicht zu etwas zwingen, was - gesunder Menschenverstand und das Bewußtsein Deiner vöterlichen Ber antwottlichteit Dir auch ohne meine Jnterdention hätten zur Pflicht machen sollen: aber ich tann doch ver hüten, daß Deine Torheit und die Torheit Deines Weibes auch die Zu kunft Deiner Kinder ruiniere, wie sie Deine Existenz vernichtet haben. Jch wer-de also tun, was mein Gewissen mir zu tun gebietet; morgen schon «—« Seine nächsten Worte blieben un derstiindlichx denn der scharfe, dröh nende Knallsines Schusses hatte sie verschlungen. Jn nächster Nähe mußte er abgefeuert worden sein, da sich so gleich der beizende Geruch des aufstei genden Pulverdampses bemertlich machte, und da ein Kunden und Rau schen im Strauchwerl hinter der Marmprbank die Anwesenheit eines menschlichen Wesens erkennen ließ, das sich offenbar zur eiligen Flucht ge wandt hatte. Mit einem kurzen Ausruf desjsorl nes war Horst um ein paar Schritte; zurückgetaumelt, und es hatte für ei nen Moment den Anschein, als würdet er im nächsten Augenblick zu Bodens stürzen. Ader wenn dies wirklich einel Anwandlung von Schwäche gewesen» war, so war sie doch jedenfalls vonl sehr kurzer Dauer. Nur wenige Se:4 timden konnten seit dem Abseuern desl Schusses vergangen sein, und schon; hatte er nicht nur seine volle Geistes-? gegenwärt, sondern auch seine ganze4 körperlicheGewandtheit wieder gewon nen. Rücksichtslos niederhrechend Und · auseinander reißend, was ihm an Ge zweig und Gestrüpp im Wege war machte er sich an sdie Verfolgung des feigen Meuchelmörders, und fast noch in der nämlichen Minute verriet ein kläglich angstvoller Aufschrei aus menschlichem Munde, daß es ihm ge lungen war, des heimtückischen Bur schen habhaft zu werden. G schien, daß er nicht eben glimpslich mit ihm nmging, denn durch die Stille der Nacht klang eine jäm merlich stehende Stimme: .Zu hülse, here Baron — zu hiiisei Stehen Sie mir bei, wie ieh Ihnen beigestanden habe, sonst bringt er mich inni« Emb, der bis dahin regungslos Wert way wie wenn das Entsesen O schont hatte, Jahr zusammen und wandte sieh dann, onsthlüssig sondernd, der Richtung zu, aus der die rnseude Stimme gekommen war. Tier er hatte mer eben Zeit gehabt, zwei oder drei Schritte zu tun, alt » sie Mein Stoße eine menschliche M us dem Gebüsch Ieschteudert IW w unmittelbar vor den . des W dort zusehen in » U ständen erstes Jene-kannte »F er in einer tos wallnng furchtbarer Wut den Bur schen mit beiden Fäusten, wie wenn er ihn erwürgen wollte. »Elender Meuchelmörder! Du wagst es, mich um Beistand anzugehen? Du —- mich?« Es gelang dein Menschen, sich aus den Händen des schwächeren Baronz zu befreien; einen nochmaligen Flucht versuch aber wagte er nicht mehr. denn er sah, daß auch horft wieder an seiner Seite stand. Mit gesenktem sandte aber mit trotzig geballten Fäusten stand er zwischen den beiden Brüdern. »Das ist also die Gastsreundschaft, die man mir auf heimischer Erde er weiftt« sagte Horst bitter. »An dem guten Willen dieses Burschen hat es sicherlich nicht gefehlt, wenn seine Ku gel nur meinen Arm getroffen hat, statt meines Herzens, für das sie doch wohl bestimmt war.« «Wie?« rief Ewald in neuem, furchtbaren Erschreckern »Du hist verz wundett Allmächtiger Gott, dann müssen wie sofort Hälse herbeischaf fen — einen Arzt —- —-« »Laß sein!' wehrte sein Bruder ruhig ab. »Es scheint nichts Ernst liches zu sein — wahrscheinlich nur eine Fleischwunde. Auf eine Viertel stunde tommt’s da bei meiner Konsti tution nicht an. Und ich möchte erst mit diesem da ahrechnen, ehe ich in mein Gasthaus zurückkehre.« »Lassen Sie mich nur einsperren,« fiel ihm der Diener mit dumpfem Grimm in die Rede. »Sie sehen ja, ich setze mich nicht zur Wehr-, und ich leugne nichts. Jch habe dem herrn Baron aus alter Anhänglichkeit einen Dienst leisten wollen. Ader fest, da es mi.ßgliickt ist, läßt er mich natürlich im Stich« Von Neuem wollte Ewald sich auf den Elenden stürzen; horst aber hielt ihn zurück. .Wszll das? Ich glsUU natåtiich nicht einen Augenblick daran. daß Du diefen Schurken etwa zu seiner Tat angestiftet haben könntest, und ich mache Dich deshalb auch nicht dafür verantwortlich Ueberdies liegt mir durchaus nicht daran, den Leuten An laß zu müßigem Gerede zu geben und den alten Familienztviii der Bruch baufen noch einmal zum Gegenstand öffentlicher Erörterungen zu machen.« —- Da« — und er reichte dem Diener! ein Väckchen von Kassenfcheinen, das. er lofe in der Brufttasche getragen —? »nimm dies Geld, Burfche, und mache Dich damit aus dem Staube. LäifefiT Du Dich binnen heute und einer Woche noch auf deutschem Bosn er tappen, fo bist Du ein ver orener Mann, denn ich werde Dich alsdann ohne Gnade den Gerichten überlie fekn. Jn Amerika aber magst Du Dich hängen lassen, wo und wann es Dir gefällt." Einen Augenblick hatte der Diener gezögettx dann aber nahm er, ohne ein Wort zu sprechen. das Geld und war unmittelbar nachher in der Dun kelheit des Pariec verschwunden. Ewald von Bruchhaufen bedeckte das Gesicht mit den Händen, und sein Bruder hörte, daß er weinte. »Er-te Nacht, Ewald!« sagte er. »Ich glaube, nun ist es doch an der Zeit, daß ich mich drüben im Dorfe verbinden lasse.« · s-- «- D »Y("ll, Uclns klcl Dkk DUXUTL »Ja! lasse Dich nicht fort. Nicht drüben in dem elenden Dorfwirtsbouse ist Dein Platz, sondern dort in Deinem Vater bause, dessen rechtmäßiger Herr und Gebieter Du bist.« Doch mit- ruhiger Entschiedenbeit wies Horst sein Erbieten zurück, wie er auch seine Begleitung ablebnte. »Ich weiß, itzaö ich mir zumuten darf,« sagte er. »Meinetwegen brauchst Du Dich keiner Besorgniß hingeben. Gute Nachtl« »Nun wohl, ich halte Dich nicht, denn ich weiß, daß es unmöglich sein würde, Deinen Sinn zu ändern. Aber ich wiederhole, daß von dieser Stunde an hier lein anderer Wille mehr gilt. als der Deine. Was Du von rnir ge fordert hast, ich werde es ohne Wider streben morgen tun, und auch in allein Uebrigen magst Du nach Deinem Ge fallen über mich gebieten-« Ohne irgend eine Gemütsbewegung zu verraten, reichte ihm Horst seine gesunde hand. Du wirft seine Ursache haben, Deine Entschließung zu bereuen. Gute Nachtt« Und in fester, aufrechter Haltung Yschritt er von dannen. z Iiipfzehntei Kapitel ? spin- yekwunvuug hatte sich bei dee ärgtlichen Untersuchung doch als eine recht erhebliche berausgestelli. Der Jsibinower Landaest der zu der Er izöblung des Patienten, daß er sich bei dem trer hantieren mit et nem Zagt-gewebt selbst verlest habe, einigermaßen ungsnbig den Kopf Wlte vermochte ihm zwar den wies Verband anzulegen, aber er er Meis- das er nicht-ern auch vie ser ists-ertrug en diesern weitere seh-Id Im W I- sts-instit N nehmen möchte. Die Hinzuziehung eines erfahrenen Chirurgen erwies steh denn auch am nächsten Tage schon aus dem Grunde als dringend notwendig, weil der Verlehte in heftigem Wund fieber lag, das ihm zeitweilig sogar das klare Bewußtsein trübte. Der wißbegierige Wirt zum »Sol denen Löwen« war nicht wenig er staunt, als er den Kreiöphysilus aus der nächsten Stadt in einem mit den besten Pferden bespannten Buchhan sen’sehen Landauer verfahren und dem Gefährt außer dem Arzte auch noch den herrn Baron in eigener Person entsteigen sah. Der Rhinower Doltor wurde dann ebenfalls gerufen. und es gab ein langes Confilium hinter ver schlossenen Türen, dessen Ergebnis die Vornahme einer fehleunigen Ope ration und die Entscheidung war, daß der Verwundete mit Rücksicht auf die Gefahren eines Transportz vorläufig am besten dort bleibe, wo er sich be fand. Der Physilus wollte an jedem zweiten Tage herüber tommen, um sich von dem normalen Verlauf des hei lungsprozefses zu überzeugen, und er bezeichnete es als die dringlichsie Sorge· eine äußerst gewissenhafte und aufmerksame Pflegerin für den Pa tienten zu beschaffen. Die Ungewißheit, woher man eine solche Pslegerin zu nehmen habe, war aliicklicher Weise nicht von langer Dauer. Noch ehe das Consilium fein Ende erreicht hatte. waren die Witwe des Pasiors Lammert und ihre Toch ter in großer Aufregung im »Gotdenen Löwen« erschienen, um sich nach dem Befinden des Kranken, von dessen Ber wundung sie eben erft gehört hatten, zu erinndigen, und um sogleich zu er llirren. daß fie seine Pflege und War tung teinem Anderen überlassen wür den. Jn der Tat sah sich lHerr Benin ger nach einer turzen Besprechng mit der jungen Lehrerin veranlaßt, noch am nämlichen Taae telegraphisch eine Stellvertreterin siir sie zu berufen; und keine in jahrelanger Uebung am Kranienhette geschulte Dialonissin hätte dem Leidenden eine so hinge bende, ausopsernde Pslegerin sein län nen, als es ihm von diesem Tage an Martha Lammert war. Schneller als sie es geahnt, hatte sie Gelegenheit gez sunden, ihm zu vergelten, was er für sie getan, und Keiner, der ihr Ver halten beobachtete, hätte ihr das Zu geständnis versagen können, dasz sie ihre Schuld mit Zinsen und Zinses zinsen bezahlt. Von einem Duell zwischen Horst und dem Grasen Woldenberg konnte unter so veränderten Umstanden vor-· läusig natürlich nicht die Rede sein. »Aber es gewann ganz den Anschein, Hals ob der Herr Gras auch sitr alle Isulunst daraus verzichten wolle, von .einekn so gefährlichen Gegner Genug tuung zu fordern, denn schon nach Verlauf weniger Tage trat er :ine Reise an, von der er nach den im Ein verständnis mit seiner Großmutter getroffenen Dispositionen nicht vor Ablauf eines Jahres zuriielertvartet werden durste. Sobald die in dem Besinden des Bertvundeten eingetretene Besserung ihm den Empfang von Besuchen und liingere Unterhaltungen gestattete, sah er seinen Nessen Harald täglich in das kleine Gasthosszimmer treten, und binnen liirzester Frist schon hatte sich ein herzliches Verhältnis zwischen den beiden an Alter und Lebenserfahrung so ungleichen Männern herausgebil det. Von der Vergangenheit freilich war zwischen ihnen niemals die Rede ge wesen. Harald tat teine Frage, und iider die Lippen feines Oheims tam nie ein Wort, das dem jungen Manne um seines Vaters oder seiner Mutter willen die Röte der Scham hätte ins Gesicht treiben müssen. Und doch ahnte er, ohne allen Zweifel die Wahr heit in ihrem ganzen Umfange, diese Wahrheit, die ihn eindringlicher als irgend ein anderes Argument davon überzeugen mußte, wie berechtigt die Vorhaltungen der Komtesfe Herta über die Verwerslichieit eines zwecklofen und verfchwenderifchen Lebens gewesen waren. Wie es bei der Begründung des Gefuches nicht anders zu erwarten ge wefen war. hatte Harald ohne Wei teres den erheienen Adfehied erhalten, und am zehnten Tage nach dem Vor fall im Mk von Rhinoto machte er dem Ohetrn einen Abschiedihefuch da er sich entschlossen hatte, zunächst ein paar Monate als Volontiir auf einer als Musierwirtfchaft bekannten Be situng zu arbeiten, um seine landwirt fchaftlichen Kenntnifse zu bereichern und sich angemessen auf den Beruf vorzubereiten, dein sein ganzes Hinf tigei Leben gehören follte. Mit Wohlgefallen ruhten Vorst Augen auf dem stattlichen Jüngling« »dem das Bewußtsein seiner ernsten Pflichten und die Entschlossesheit, fie tapfer zu erfüllen, eine edle Männlich kett in haltuna nnd Aussehen verlie ben hatte. Lange hielt er mit träf tigem Druck seine Hand umschlossen und als ldarald ihn verließ, durfte er die Ueberzeugung mit sich fortnehmen, daß er aus Erden nie einen treueren und zuverlässigeren Freund haben würde, als er ihn in seinem Oheim gewonnen. , Und noch einen anderen Besuch empfing horst von Bruchhausen an diesem nämlichen Tage. den Besuch eines jungen, strahlenden Brutwa res. das ihn als den eigentlichen Ur heber seines Glückes betrachtete und ihm kein hehl aus seiner innigen Dantbarkeit machte. Mit leuchtenden Augen sprach Doktor Rudolf Verein ger don seinen großen Zukunftspliis nen, deren Verwirklichung jetzt, nachf dem Erwerb des Rhinower Votum-! tes, teine Hindernisse mehr im Wege standen; und Jrene, die ihr holdes Köpfchen an seine Schulter geschmieat hatte hörte ihm voll so andachtigert Bewunderung zu daß Horst die beru higende Gewißheit gewann, sie wiirde es sicherlich niemals bereuen die Gat tin eines schlicht bürgerlichen Indu striellen geworden zu sein« — Seinen Bruder und seine Schwane rin aber sah horft nicht wieder. Zu wiederholten Malen hatte EwaldI brieflich bei ihm ungefragt ob er ihn besuchen diiie sich persönlich nach sei nem Befinden zu erkundigen.a aber der Kranke hatte ihm jedesmal eine ab lehnende Antwort zugehen lassen. « »Sei versichert, daß ich keinen Groll - gearn Dich oder Deine Gattin hege.« schrieb er ihm das letzte Mal, »aber auch der beste Wille und der festeste Vor-sah lönnten uns nicht dazu ver helfen, geschehene Dinge aus unserem Gedächtnis zu tilgen Wie gespensti sche Schatten würden sie bei jeder Be "aegnung zwilchen uns stehen unv pag freundliche Wort, das wir vielleicht schon auf den Lippen hatten, in Un mut und Bitterkeit verkehren. Es hat sich ja nun Alles so ganz anders gei ftaltet, als ich es bei meiner heimkehr. geplant hatte: aber ich bin der Mei nung. daß das allmöchtige Schicksal es um so Vieles besser gemacht hat« als ich es hätte machen können. Der Himmel hat Dich mit zwei vortreff lichen Kindern gesegnet, und wie Dein wackerer Sohn auf der eterbten Schelle den Namen Bruchhausen wieder zu Ehren bringen wird, so wird Dein liebliches Töchterlein zu ihrem Teile dazu beitragen, jene überlebten Vor-— urteile zu erschiittein, die sich heute noch so vielfach einem gedeihlichen Zusammenwirken der verschiedenen Gelellschaftsllassen entgegen stellen und dadurch der Allgemeinheit einen schweren Schaden zufügen. »Wir Beide können beruhigt vom Schaut-laß ab treten. wenn unser Stündlein lommt, und können uns mit dem Bewußtsein trösten, daß wir nach manchem Jrri tum und mancher Verfehlung doch zu leht noch wieder gut gemacht haben. was gut zu machen war. Mit einem freundlichereuc Eindruck, als ich es noch vor Kurzem siir möglich gehalter hätte, werde ich demnächst die alte hei mat wieder verlassen. Weshalb sollte ich denn ohne zwingende Noth dielen Eindruck durch eine nochmalige Be gegnung gefährden, die nur trübe Er innerungen neu beleben und halb ver narbte Wunden wieder aufreißen lönntel«« l Rath Dem Empfang Dieses Quem rnachte Baron Ewald keinen weiteren Anniiherungsversuch mehr, und eine Woche später verließ Horft in der Tat Rhinow, ohne seinen Fuß noch einmal iiber die Schwelle des Herren haufes gesetzt zu haben. Er ging noch Hamburq zurück! Aber er ging nicht allein, Margarethe Lammert und ihre Tochter begleiteten ihn nach der alten Hanfestadt an der Elbe, die ihnen fortan eine neue heimat bieten sollte. Wohl hatte horst seine Werbung um Martha nicht wiederholt, aber eines Abends, da er ihr ans vollen setzen fiir ihre ausopfernde Pflege gedanlt und mit wehmütig be nder Stimme von der bevorstehenden rennung ge sprochen hatte, die ja in Anbetracht seiner Jahre nun mehr eine Trennung iiir’s Leben fein würde — da war die junge Lehrerin neben seinem Kran ienftuhl in die Knie geglitten, hatte ihre Wange an seinen Arm geschmiegt und rnit tief innigem Ausdruck erwi deri: »Nein. wir werden uns nicht tren nen, Vorsi, wenn Du nicht willst, daß ei geschieht. Vifi Du nicht inzwischen anderen Sinnes geworden und ver schnishft Du rnich nicht, so will ich Dir gern und freudig folgen.« «Wie?« rief er beglückt, feinen ge funden Arm um die zarte Gestalt der Knien-den ichlingend. »Du willst mir folgen. Marthai —- Als mein Weil-i« »Es-« sagte sie.leife, »als Dein Ue . »Und ist es nicht blos Dankbarkeit oder - ein gewisser angeborener weib licher Infopiernngstrieb. der Dich dazu veranlaßt? Du bist mir wirtlich ein klein« wenig gut?« »Ich habe Dich von Herzen lieb, Horsts s-— Und wenn es auch vielleicht ein«-andere Liebe ist als jene — jene erste, sv ist sie darum doch sicherlich nicht minher wahr und lies.« Mit nassen Augen schloß Marga rethe Lammert ihre Tochter in die Arme, als sie von dem Verlöbnis er suhr. Das Glück, das sie selbst ber einst vergebens erträumt und ersehnt hatte, nun sollte es ihrem Kinde zu Teil werden, und wenn es auch gewiß nicht mehr jenes überschwängliche be rauschende Gliick war das der in Ju gendschiinheit und überschäunienderLes benslrast prangende horst hätte ge währen können, so war es doch in ih ren Augen immer noch ein Glück, sür dessen Gewährung sie dein Himmel noch bis zur letzten Stunde ihres Da: seine danken würde. Und ein stilles, sonniges Gliiel war es denn auch in der Tat. das die Mauern der behaglichen Van aus der Uhlenhorst bei ldamhurg umschlossen Die angesehene gesellschaftliche Stel lung. die Horst von Bruchhauseii als der Mitinhaber einer alten, hochgeach: teten Firma unter den Patriziern der reichen Hansestadt einnahm. erschloß seiner jungen Frau einen herzersreuem den, anregenden Verkehr mit liebens würdigen, geistig hochstehenden Meri schen« der bald auch vie lehten Schat ten der Vergangenheit aus ihrer Seele bannte. Und wie die Nasen aus ihren Wangen wieder ausbliihten, wie ihre milden, schwerniiitigeii Augen wieder hell und glänzend wurden, schien auch ihr graubärtiger Gatte wieder zum ieurigeri Jüngling ge worden« der sein angebetetes Weib gleichsam aus den Händen durchs Le ben trug und immer auss Neue da rauf bedacht war, ihren Pfad mit Blumen zu schmücken. An Schloß Nhinow und seine Be wohner wie an die Vorgänge während der letzten Anwesenheit Horsts wurden sie natürlich ost genug erinnert. Aber mit einer einzigen Ausnahme geschah es immer in durchaus erfreulicher .Weise. Diese Ausnahme aber ereig nete sich an dein Tage, da Harald sei nem Oheim schrieb, man habe in ei nem Brunnen des Rhinower Forstes die Leiche eines in zerlumpte Gewän der gehiillten Selbstmiirders gesunden, der alsbald als der ehemalige Diener erilch retognosziert worden sei. Der Mann war also damals nicht, wie Horst es ihm zur Pslicht gemacht hatte, nach Amerita gegangen, sondern er hatte sich allem Anschein nach im Lande umher-getrieben und von dem erhaltenen Gelde so lange ein stottes Leben geführt, bis es vollständig dar auf gegangen war. Dann mochte er weiter und weiter beruntergetommen sein. Die Verzweiflung und der Hun ger mochten ihn zuletzt, trotz der Ge fahr, der er sich damit aussestg nach Rhinow zurückgesiihrL haben. Und Hals er dort erfuhr, daß Baron Ewald, an den er sich wohl hätte um Hiilse wenden können, gar nicht mehr aus iseinem Gute lebte, sondern mit seiner Gemahlin sern im Süden weilt-, und er damit auch seine letzte hossnung zu sammenbrechen sah· hatte er dann in der Stille des Waldes seinem verfehl te Leben freiwillig ein Ziel gesetzt. tkSonst aber waren es nur gute und herzersreuende Neuigteiten, die aus der heimat nach dem schmucken Häuschen hinüberslatterten. Jrene war an der Seite ihres Gatten so glücklich, wie es ein verliebtes junges Frauchen nur immer sein kann, und harald hatte sich in der gut benuhten Lehrzeit zu einem so tüchtigen Landwirt entwickelt, daß seine Gutsnachbarn mit Bewun derung wahrnahmen, wie rasch das ziemlich verwahrlosie Rhinow unter leiner Verwaltung emporbliihte. Denn diese Verwaltung war wenige Monate nach feiner Heimtehr in feine hönde übergegangen, da Frau Leonie plöglich ein dringendes Verlangen fühlte. ihre angegriffene Gesundheit durch einen längeren Aufenthalt im Süden wieder herzustellen. Die ei gentliche Veranlassung zu diesem Ent schluß aber war wohl viel weniger ir gend ein ernsthaftes oder auch nur wahrnehmbares törperlicheo Leiden, als eine tiefe Verftirnrnung iiber die, trog ihres heftigen Einfpruches und troß eines ebenso energischen Wider standeö von Seiten der Gräfin Jntta erfolgte Verlobung Vorale mit der IKorntefse Woldenberg Ehrltch nnd mutig hatte herta das Versprechen erfsllt das fie bei ihrer iiberhafteten Abreise auf dem zurück gelaffenen Zettel dein jungen Offizier gegeben. Sie hatte ihrn nicht nur trog des tiefgehenden Zwisteö zwischen den beiden häufern ihre Freundschaft bewahrt, sondern fie hatte auch leinen vAugenblitt Bedenlen getragen, ihm bei der erften zufälligen Wiederbegegnung die« ungefähr acht Monate nach jener Abreise erfolgte, mutig und ehrlich ins Gesicht zu lagen, san ne mir kam zu frieden und von ganzem Versen llpld auf ihn fei. Was nach einer solchen, für eine junge Dame einem jungen Manne ge genüber immerhin etwas ungewöhn lichen Erklärung sich notwendig neig nen mußte, war dann prompt gesche hen. harald hatte ihr der Wahrheit gemäß und mit einer Aufri tigieit, die hinter der ihrigen nicht zuruckftand, erwidert, daß die Liebe zu ihr den al lerwesentlichften Anteil an der mit ihm vorgegangenen vorteilhaften Wandlung gehabt habe, und daß er es als einen nicht geringen Gewinn fiir fein ganzes iiinftiges Leben anfehen würde, wenn sie ihm Gelegenheit gäbe, viele Liebe durch eine Vereinigung ih rer Schicksale bis an das Ende seiner Tage frifch zu erhalten. Wie ihre Antwort ausgefallen war, hatte er teinem Menschen erzählt; aber sie mußte doch wohl in einem be friedigenden Sinne geläutet haben, da schon am nächften Tage auf beiden Seiten der Kampf mit den widerstre benden weiblichen Anverwandten be gonnen hatte, und da kaum vier Wo chen später der über diese Anverwand ten glücklich eriochtene Sieg durch ein festliches Verlobungsdiner gefeiert werden tonnte. Die hochzeit folgte dann binnen lürzester Frifi, da nach Haralds oft wiederholter Versicherung bei der vor aus-sichtlich ständigen Abwesenheit fei ner Eltern Rhinow unmöglich lange ohne eine Schloßherrin bleiben dürfe. In der Tat erschienen denn Baron Ewald und Frau Leonie nur noch sel ten und immer nur aui kurze Zeit, gleichsam als Gäste. auf dem Gute, das der Baronin durch die Anwesen heit der ungeliebien Schwiegertochter und durch die Veränderung, die unter ihrem Einfluß mit Harald vorgegan gen war, gründlich oerleidei schien. l Auch ihr Gotte harte nach seiner iimmer wieder abgenebenen Erklärung keine Freude mehr an der ererbten Escholle, seitdem durch das zwischen Landwirtschaft und Großindustrie eingegangene Bündniß alle Traditio nen seines alten stolzen Gelchlechtes über den Haufen aeworfen feien. Die sehr beträchtlichen Summen aber, die ihm harald aus dem Ertrage dieses für beide Teile aleich fruchtbeingenden Bündnissei zur Veriügung stellen konnte, nahm er doch ohne Murren entgegen. lE n d e.) N hefteten used s-— betonte-. Mizzi Wirth. die bekannte Sou brette, die jüngst vor den Rechnungen ihres Schneiders aus Berlin flüchtete und jeßt in Peteraburg in dem Wie ner OperettensEnsemble im Kasino Theater die Haupt41n2iehungskraft bil det, war, wie aus Petersburg geschrie ben wird, vor einigen Tagen der Mit telpunkt einer hüchft komischen Szene, die teils Theater, teils Wirklichkeit war. Jm Latini-Theater wurde die Premiere von der neuen Operette Franz Lehara »Eva« gegeben. Die Vorstellung war zugleich das Benefiz desPetersburger Lieblings Jul.Spiel mann. Mizzi Wirth hatte die Rolle der Ver-im Es konnte darum nicht ausbleiben, daß das Kaido-Theater bis aus den letzten Platz von einer bei fallzluftigen Menge gefüllt war. Die Stimmung war sowohl im Publikum wie auf der Bühn: allmählich fehr ausgelassen geworden. Der Erfolg war außerordentlich und fteigerte sich nach dem zweiten Att zu wahren Bei fallsstürmem Die Hiihe des Erfolges bildete aber folgende Szene im dritten Att: Eva, die von Grete Freund dar geftellt wurde, machte die Bemerkung, daß das Koftürm das sie trage, noch nicht bezahlt ei. Darauf erwiderte Mizzi Wirth- pitm »Ach, wer denlt denn beim Hieiderbesellen immer bald ans Bezahlenl« —- Donnernder Ap plauö folgte diesem Wiß. Das Publi tum. das genau wußte, daß es den Aufenthalt der Mizzi Wirth in Pe tersburg nur ihren Schneiderschulden verdanke, rafte vor Beifall, und heute ist es in Petersburg ein geflügelte Mort: »Wer denkt denn heim Kleider bestellen leich ans Bezahlen.« —- Die armen L ferantenl Vatikan-. »Das Dich Dein Mann aus Liebe gehei!atet?« »Votläufig ja, mein Ersteil be komme ich erst spätet.« senden-II »Cin Wort am Vertrauen, lieber Freund-! Der Kuglek hat bei Inst ei nen Posten Wein bestellt —- was hal ten Sie von dem Manns Es ist mit erzählt worden« et pfle sich Ware Kommen zu lassen. um e nachher zu verkaufen, und die Lieferanten hätten das Rachfehen.« «.Das ist eine VetteumdnngS Ob et bezahlt, weiß ich zwar nicht — aber verkaufen tut er teinenfaill den Mk Was et bestellt, das tean U « «