Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, March 08, 1912, Zweiter Theil, Image 9

Below is the OCR text representation for this newspapers page. It is also available as plain text as well as XML.

    Jahrg-wes
Nebraska
Staats- Anzetger uttd J cerold
exists-e (Zwei The t.)H »
Hittmmer 30
Im Uebel. l
Von Heelnann Oeffe.
Seltsam, irn Nebel zu wandern!
Elnlarn ist jeder Busch nnb Stein,
Kein Baum sieht ben andern, «
Jeder ist allein
Boll von Freuden war mir bie Welt,
Alb noch mein Leben licht war;
Nun, da der Nebel fällt
th keiner mehr sichtbar.
Wahrlich, keiner ist weise,
Der nicht das Dunlel kennt
Das Unenlrinnbae und leise
Von allen ihn trennt.
Seltsam, im Nebel zu wandern! j
Leben ist Einsamlein. »
Kein Mensch kennt den Andern, »
Jeder ist allein. l
—-——
Gettraiid’s Taschchm
Eine Wiener Geschichte don Susi
W a l l n e r.
Es war ein drapfarbiges Täschchen
aus gepreßtem Leder mit einem Git
termuster auf der einen, mit einem
fliegenden Schwalbenpaar aus der
anderen Seite. Die letzten Glieder des
Tragtetterls umliammerten einen
großen Ring von der Weite eines
Armbarisdes. Dieses Tälchchen be
gleitete Frau Gertraud aus allen
Reisen, aus allen Ausfliigem ja schier
auf jeden ihrer Gänge. Sie hielt ent
schieden große Stücke daraus und be
Flrtdelte es mit fast zärtlicher Sorg
t.
»Mit dem Täschchen hat es wohl
eine besondere Bewandtnis, nicht
wahr rau Gertraud?« fragte ich, als
wir beide einmal nach einem längeren
Spaziergang unter der alten Eiche am
Wildessaum rafteten. Sie nickte mir
zu: »Richtig geraten.«
Bitte erzähle-W
»O gerne, wenn Sie es hören
wollen«, gestand sie zu. »Das Nisch
chen da ist nämli auf eine anz
wunderliche Weise in meinen itz
Vlommern Es war lange vor meiner
erheiratung. Jch war damals in
meiner ersten selbständigen Stellung
als »Stiihe der houssrau«, da hab’
ich mir das Täschchen gelauft...«
»hm!« machte ich, »das wäre doch
tetn ungewöhnlicher Weg, in den
Besih einer Sache zu lommen?«
»Ja, warten Sie nur, das kommt
schon. Jch sehe ,tch muss der Verständ
lichleit halber weit ausholen. Die
Dame, die ich »stiihen« mußte, war
sehr neroiis. Sie vertrug zwar weil
wiirdi erweise drei lreischende Papa
geien tn ihrem Zimmer und tagtäg
lich ein halbdutzend Freundinnen zum
Rassen oblag den ausregenden Mo
destudien und ging fast alle Abend in
große Gesellschaften, aber zur Er
ziehung ihrer beiden Kinder war sie
zu leidend und zur Führung des
haushaltes zu schwach. Bloß in Lau
nen war sie start· Die Bonne, die
Köchin, das- Stubenmiidel, ich i
und wohl auch ihr Gatte wußten ein
Lied davon zu singen. Mein Pflich
tentreis war groß, mein Gehalt we
niger. Mein Gott« als Anfängerin
mußte ich mich eben bescheiden! —
Eines Tages fiel mir aus dem Wege
um Marlt dieses Tascherl in der
uslage des Galanterie - Geschäftes
Maler und Sohn- aus« Mein altes
handtascherl war schon recht schiibig
und das Schloß schnappte schlecht ein.
Jch brauchte dringend ein neues, aber
der Preis schreckte mich, drei Gulden
fiinfzig Kreuzers Jch bitte Sie, das
war siir meine damaligen Finanzen
eine underantwortliche hohe Ausgabe,
Notabene, da ich sie fiir mich machen
sollte. Jch war nicht allein die Stütze
meiner neroiisen Gnädigen, ich hatte
auch alte Eltern und drei jüngere Ge
schwister! Nein. daraus wird nichts.
Damit lehrte ich der Auslage den
Rücken. Am Rückweg tam ich wieder
an dem Galanteriegeschiist vorbei,
blieb wieder stehen und liebäugelte mit
dem Tascherl Jch fand es reizend
und --— und sebr praktisch mit dem
dersperrbaren Schloß —- — —- »Ab«
drei Gulden fünfzig Kreuzer« sagte
its- lmtt und sinkt.
Atn anderen Morgen riß der Le
deeriemen meines alten Tascherlt Na
türlich dachte ich an das neue, wäh
rend ich fiickie. Aber um ja nicht in
Versuchung zu kommen Jugend
ist bekanntlich ja nur Mai-Hei an Ver
suchung ss nahm ich mir vor, einen
anderen Wea zum Markte einzuschm
gen. Als ich jusk den but ausse te,
rauschte meine Gniidige herein. « e
heu Sie einlaufenit Dann machen
Sie bei der Gelegenheit einen Sprung
zu meiner Modiftin hinein, sie soll
mir den grauen Federhui dacht noch
einmal zur Ansicht schicken.« D Mo
distin war eine Nachbarin von Maier
und Sohn.
Jch ärgerte mich, daß ich den gan
zen Weg bloß an das vertraclte Ta
scherl dachte und stritt mich mit einer
inneren Stimme herum, die unauf
hörlich sprach: »Siehft Du, es ist bei
nahe, als sollte es sein, Lauf es doch!'«
Der Gegenstand meiner kindischen Be
sihsucht war immer noch in der Aus
lage und gefiel mir mehr als je. doch
ich widerstand trohdem Aber in der
Nacht träumte mir davon. Jch befand
mich im Laden von Maier und Sohn;
ein Vertäufer mit einer großen Glase
hielt mir das Tascherl entgegen und
sagte: «Gelegenheitstauf, mein Fräu
lein, Sie werden es bereuen, wenn
Sie ihn versäumen.« Am Morgen
zantte ich mich aus. Was war in mich
gefahren? Jch war doch sonst nicht
eigensinnig in felbstischen Wünschen
gewesen?
Nachmittags wünschte die Gnädige
von der Modistin auch noch den
schwarzen und den weißen Hut. »Und
weil Sie schon in der Nähe sind«,
sprach Sie zu mir, »so bringen Sie
von Maier und Sohn ein Badehäus
chen siir Lora mit, sie hat das ihrige
zerbrochen-« »
»Der Mensch ist ein Spielball sei-;
ner Bestimmung«, sagte Vater immer, «
wenn ihn Mutter wegen zu späteni
Heimloinmens ausschalt Und »was
sein soll, schickt sich wohl«, hat die
arme Seele geseufzt, als sie herr Sa
tanas holte. Mit diesen schickst-lage
benen Sentenzen begab ich mich zu
Maier und Sohn. Das Tascherl war
nicht mehr in der Anklage Gottlob,
jetzt war Ruh. Jch kaufte das Bade
hiiuschen« Als ich zahlte, flötete der
Mann, der mich bediente: ,,Sonst kei
nen Bedarf, mein Fräulein? Vielleicht
ein hübsches handtiischchenZ Gelegen
heitstauf Sie werden es bereuen,
wenn sie ihn versäumen . . .« Sprach-Z
und hielt mir mein Tascherl entgegen
s-- und denken Sie nur, da bemerkte
ich auch noch plöhlich daß er eine
Glase hatte.«
Die Erzählerin nickte mir ernsthaft
zu.
Jch lachte. »Nun und gut«, sagte
ich, »Gertraud und dasTascherlkrieg
ten sich und lebten mitsammen in
Freuden«
»Ach so«, machte sie. »Sie meinen,
nun ist die Geschichte aus? O, Gott
bewahre. Das Wunderliche kommt
doch erst. Sehen Sie, als ich das
Geld aus den Ladentisch legte, dachte
ich, nun werden Dir gewiß Gewis
sensbisse über Deine Verschwendung
das Behagen am Besitz verderben.
Aber ich ging kreuzvergniigt wie ein
erfolgreicher Schahheber nach hause.
Seit meiner ersten Puppe hat mir
nichts mehr solche Freude gemacht.
Einige Tage später überraschte mich
die von mir gestützte Hausfrau mit
der Einladung, mit ihr nach der Van
Waldrast zu fahren. Eine aus dem
Halbdntzend ihrer Jausenfreundinnen
habe dort ein Gartenpicnic veranstal
tet. »Er- war sehr nett von meiner
YeundinC sagte sie, »daß sie Jhr
itkommen eigens gewünscht hat.
Sie können dafür Jhrem neuen
hausfröulein behilflich sein. Es wird
sehr animiert werden«
Das wurde es tatsächlich. Jch und
meine Berufsiollegin fchwißten in der
Küche um die Wette bei dem Bestre
ben, den hungrigen Picnicgäften Alles
mundgerecht herzurichten. Mitten in
voller Tätigkeit erhielt ich den Be
fehl zur Absahrt. Ein Wetter war
aufgezogen. Gnädiae Frau fpiirten es
bereits in allen Nerven und warteten
fchon im Wagen. Jch packte mich eil
fertig zusammen. Bereits unten, fiel
mir plößlich ein, daß ich mein Ta
fcherl oben vergessen hatte. Jch ent
schuldigte mich und bat um einen klei
nen Verzug.
»Aber fir!« rief die Gnädiae, »ich
bin zu leidend, um das Warten ers
tragen zu iönnen.«
Jch ftiirmte in’g haus zurück,
suchte. suchte — und fand es just in
dem Augenblick, in dem meine nervöse
Hausfrau ohne ihre Stüße davon
fuhr· -- s— Mir blieb nichts übrig,
als auf Schufters Rappe-n nachzutrai
ben, was den freundlichen Picnic
gäften großen Spaß machte. Mir
nicht. Jch murrte und knurrte heim
lich, fand das Brot der Dienftbarteit
hartrindiaer als je und ahnte nicht«
welchen Dienst mir mein Oandtascherl
erwiesen hatte.
Die Pferde waren vor einem Blitz
strahl gefcheut und hatten mit einem
wilden Seitensprung den Wagen in
den Straßengraben gerissen. Der
Kutscher trug bloß ein paar Beulen
davon, meine Gnödige aber hatte sich
beim Sturz den Arm gebrochen. Sie
gab meiner ftriiflichen Vergeßlichteit
an Allem fchuld, ließ sich von mir ge
sund pflegen und setiirte mich dann
zum hause hinaus.
f
Von ihr tam ich zu jener Dame,
bei der ich meinen Mann lennen
lernte. So hat mich mein Tascherl,
das mich so seltsam angezo en, nicht
bloß vor einem wahrschein ichen Un
snll bewahrt, sondern mir auch ans
meinen We« zum Glück verholsen
Ich glauge daran. Und --s« Frau
Gertraud streichelte das deapsarbige
Leder —— und aus meine Meinung
kommt es in diesem Falle ganz allein
nn."
---.-.--—
Ernsies nnd Heiteres ans dem
Leben des Grokzen König-.
Als Friedrich der Große den Frei
herrn v Schrötter zum ersten Male
nach dessen Ernennung zum Regie
riingspräsidrnten in Preußen (Regie
inne hießen damals die Oberlondesges
richte) sah, äußerte er sich bei der Un
terietnng mit ihm: »Weifz Er, wer ich«
bin, und wer Er ist? Jch tvill es Jhm
sagen. Jch bin der erste Justiziarius««
iiber mein Land und muß Gott der-;
Innleinst Rechenschaft ablegen, daß die
Justiz darin gehörig verwaltet wird. J
Weil ich nun aber dies nllein nicht be- s
iuirlen lnnn, so habe ich Ihn zu mei
nenk Justizinrius dieser Provinz er
nannt. Er hat nun nicht nur eine
gleicke Pflicht gegen Gott zu beobach
ten, sondern ist hier nus Erden nuch
mir deshalb responsnbel, daß ein Glei
ches von jedem Justizbedienten der
Provinz beobachtet tverde.'«
. . . «
Ein Leutnant in Potsdarm namens
von Mellentin, ging. ohne sich abzu
melden, nach Berlin auf einen Masken
bclL Der König, dem er bekannt war,
sprach ihn dort an: »Wer ift Er?·9,
moran der andere antwortete: »Stat
nant von Mellentin. Aber ein Hunds
fttt wer es meiterfagt!« Monate wa
ren vergangen, da« trat eines Tages der
Monarch zum Leutnant und raunte
ihm zu: »Er ist Hauptmann. Aber ein
Hundsfott, wer es weiterfagt!« Jm
Kreise der Kameraden wunderte man
sich allgemein, dafi der tapfere, schnei
bige und beim Könige beliebte von
Metlentin nicht avancierte. Erst nach
Jahren wurde diesem das Haupt
marsns - Pateni und die Anweisung
fiir die Besoldung als Hauptmann zu
geftellt, nnd zwar beide bereits von dem
Tage dotiert, an dem der Monarch ihm
sein Avancement mitgeteilt hatte.
Als der preußifche Gefandte am
englischen Hofe Friedrich dem Großen
chrieb,in London sei alles derart teuer,
daß, falls ihm teine höhere Besoldung
winde, er genötigt sei. Pferde und Was
gen abzuschaffen und zu Fuß an den
Hof zu gehen, gab der sijönig ihm die
Antwort: »Gehe er immer zu Fuß, das
ver-schlägt nichts, und falls jemand
dariiber Glossen machen sollte, darf er
nur sagen, Er sei mein Gefandter, und
hinter ihm gingen dreimalhunderttau
send Mann·"
s- sh
Eines Tages tonrde ein kleiner, aber
berühmter vrotestantischer Geistlicher
nmrsrns Dieterich,ein pedantischerhern
der mehr in Büchern als in der Welt
zu hause wur, dem König dargestellt
»Halt-er Gott, großer Friedrich!«spracks
er den Monat-then an, der, schwnlstiqen
ins-reden nbhold, ihm ins Wort siel:
»Ganzer Narr, kleiner Dieterich!«, was
den Aermsten derart außer Fassung
k-r»ckte, daß er sich seines Wortes sei
ner vorher mühsam einstudierten Rede
mehr entsann.
·- irs i
Jn den Konduitelisten eines schlesi
schen Regiments« die dem-König wie
iiblick alljährlich vorn General-Inwi
teur eingesandt wurden, stieß er aus
einen Leutnant v. Wideborn, der in
ihnen als »ein schlechter Soldat, ein
schlechter Dichter« stand. Nach einer
Rrvue beschied er den Lentnant zu sich
und Verlungte von ihm aus der Stelle
einen Vers. Sosort hob der Leutnant
an:
»Der König dacht in seinem Zorn
Vorn Lentenmn von Wideborm
Tn sollst ans diese-c Erden
Nie mehr nto Leutnant werden«
Der König fchiittelte den Kopf und
sagte: »Er ist mit seinem schlechten
Vers auf dem Holzwegel Zum Beweis
dafür ernemie ich Jhn hiermit zum
hauptmanm Aber mach’ Er gleich
noch einen besseren Vers!« Nicht faul,
dichtete Widebom nun:
»Das Blatt hat sich gripandt:
um Hauptmann bin Ich ernannt;
och hats ich Equipage,
Hätt ich noch mehr Col-rage.«
»Die Equipage (der Offiziet meinte
damit die itandesmößige Ausltattunw
soll Er auch haben!« fiel ihm der M
nig ins Wort. »Aber hör’ Er auch
nun auf, weiter schlechte Verse zu ma
chen!«
·- e o
Bei einem Marsch durch Böhmen
hatte sich eisi Gatdedutorps von ver
Avantgarde, die der König führte, un
terwegs Birnen gekauft. Weil ihm
aber die Birnen nicht schmeckten, be
glückte er seine Borderleute mit ihnen.
Einer wintte ihm, ihm doch auch eine
zuzuwersen. Doch der Wurf ging
schl, und die Birne trns des Königs
rechte Schulter. Der König hielt still
und erfuhr bald durch den Flügelnde
-tanten, wer ihm den plötzlichenSchnierz
Y1Ieeeitet habe. Eine schnell angestellte
xUnterfuchung führte zur Entdeckung
zsei Täters. Da der Monarch sehr
aufgebracht aussah, als er zu ihm her
«nt:ritt, machte der Aermste sich schon
takes sein Todesurteil gefaßt. Doch
Iscakt ihm dieses zu verkünden, belehrte
ihn der Monarch: »Er muß sich wohl
sehr feind sein« daß Er sich solche harte
Bienen tauft7sdenn meine Schulter hat
es- gefiihlt, daß sie hart war. Künftia
lause Er sich reifes Obst, dann schadet
(««r seiner Gesundheit nicht.« Damit
ritt der König lächelnd fort.
It· Its sa
Bei der Jnspizierung eines lKaval
leiie Regiments erkundigte sich
Friedrich beim Obersten nach seinen
Listziekem Der Oberst äußerte sich
til-er alle sehr lobend, nur den Ritt-»
tncister F. tadelte er und meinte, es.
tvlire ihm lieber-, wenn derselbe versetzt »
wurde, weil er saufe. Während der
Reduk- beobachtete der König den be
Esuldigten Rittmeister und seine
dkoadron genau und fand zu seiner
listirraschung. daß die Schwadron un
ter Führung dks Rittmeisters in jeder
Beziehung ausgezeichnet exerzierte,wäh
read die Leistungen des Obersten mit
telmäßige waren. Nach Beendigung
der Revue nahm der König den Oberst
beiseite und sagte zu ihm: »Weisz Er
wa-. sauf Er auch!«
.
l
l
Nach der Schlacht bei Leuthen am
5. Dezember 1757 hatte ein Leutnant
der aus dem rechten Flügel stehenden
Gardes du Corps versprochen, er werde
demjenigen seiner Mannschasten einen
Gulden zahlen, der schnell Holz zum
Erhalten eines aus dem Schlachtfelde:
iIhren-runden Feuers herbeischaffe. Als
Xdri Reiter sich deshalb aus den Weg
gemacht, stieg König Friedrich beim
Feuer vom Pferde »Kinder, raucht
nur zu und laßt euch nicht stören!« rief »
er den Truppen zu die eiligst die Psei
sen aus dem Munde nahmen. Jn sei
nen Mantel gehüllt, stand er beim
Fseuer. Bald danach brachten die bei- i
den Reiter irgendwo in der Nahe aus
getiiebenes Holz, das sie da, wo der
liönia stand, zu Boden zu werfen sich
anschickten. »Marsch, sort da!« riefen
sie ihm zu, den sie nicht erlannten,weil
er ihnen den Rücken zutehrte. »Jeder
saule Kerl stellt sich ans Feuer! Und
leiner will einen Splitter holen!« Der
König trat mit: »Du hast recht, mein
Sohn. Komm, ich werde Platz ma
chen« zurück. Die Gardes du Corps
prallten erschrocken zurück. Doch Fried
rich lachte dem einen von ihnen gutmü
tig zu: »Du bleibst hier, mein Sohn!
Du hast Holz geholt und daher das
erste Recht am Feuer.« Und zum an
dern wandte er sich: »Laß mich nur ein
wenig mich wärmen.«
Zu den Pagen des Königs zählte
einer namens von Sydoiv, den er we
gen seines tadellosen Benehmens lieb
gewonnen hatte. Am 28. Juli 1746
« der Page, dessen Angehörige fern
non Potsdam lebten, hatte nicht daran
gedacht, daß sein Geburtstag auf den
Tag fiel — rief ihn Friedrich der
Große in sein Kabinett und wies auf
eine auf dein Tisch liegende OffizierS
nisrrm mit den Worten: »Ich habe mir
sie machen lassen. Probier sie einmal
an, damit ich sehe, tvie sie sitzt.« Als
von Sndow dem Befehl nachgeiommen
nnd der Monarch ihn nach seinem Ur
teil iiber die Uniform fragte, gab er es
dahin ab, sie säße ihm wie angegofsen,
doch bezweifle er, daß sie Seiner Majes
stiit auch passen werde. ,,Greif in die
linke Tasche!« befahl der König; von
Shdow zog ein zusammengesaltetes
Papier heraus. Und als er auf des
Kbrzigs Wunsch sich daran machte, es
zu lesen, wurde er gewahr, daß es ein
ist halb scherzhaftem Ton gehaltenes
Patent war, das ihn zum Leutnant
und Flügeladjutanten des Monarchen
ernannte. Jm ersten Freudenraufch
kamen Daniestvorte für diese große
Gnade über des Pagen Lippen. Doch
plötzlich stockte er. »Was hast du auf
einmal?« fragte König Friedrich.
»Ein solches Patent ift doch wohl nur
ein Scherz Eurer Majestät?« gestand
von Shdow lleinlaut. »Das kann
mich doch wohl zu nichts berechtigen?«
Friedrich der Große lächelte: ,,Nur ru
hig! Daran habe ich selbst schon ge
dacht. Greis in die rechte Tasche! Jn
ihr steckt Dein Patent als Leutnant
und Flügeladjutant ganz in der übli
chen Form« Außer der Uniform und
dem lPatent erhielt von Shdow von
seinem gnädigen König noch eine be
deutende Geldsumme zu seiner Carli
pierung geschenkt.
si- sis si
Zwei Gardisten kehrten vom Manti
Iver zurück, das Friedrich der Große
befehligt hatte »Du, haft du gesehen,
was für einen schlechten Hut Fritze
heut aufhalte?" fragte der eine. Der
andere antwortete: »Ja. Aber hast
du auch gesehen, was fiir ein Kon dar
unter war?« Feiner ift der große Kö
nig gewiß selten gelobt worden.
II II si
Dem Minister von Münchhausen,
der das Justizdepartement unter sich
hatte, befahl der König, einen jungen
Grafen als Rat beim Kammergericht
anzustellen Der alte brave Minister
weigerte sich entschieden den Grafen,
der- nichtg als seinen Adel für diefe
Niclterstelluna mitbrachte, dem höchsten
Landgerichteinzureihen Jetzt wurde
des König unwillig und schrieb dem
Jrkftizrninister einen sehr groben Brief·
Darauf erwiderte der Minit ter sehr
etcraifch und schloß mit den orien:
»Ich iann mir nicht denken, daß Seine
Mafeftät einen solchen Brief an einen
treuen Diener Höchstderoselben ge
scliieben haben. Das wird wohl ein
grober Esel von Sekretarius Ew. Ma
jcltiit verschuldet haben.« Der Minister
setzte feinen Willen durch, der Graf
wurde nicht angestellt, aber der Mini
ster hörte lange nichts mehr vom Kö
nig Da traf ihn dieser bei einer fest
lichen Versammlung. Der König ging
auf den Minister zu, blickte ihn mit sei
nen großen Augen durchdringend an
und sprach: »Mein lieber von Münch
hausen, er ist ein rechtschaffener Mann,
nnd ich habe es meinem Selretario
aud) gesagt.«
--.-—-.-.—-..—
i
Heidnische Ethik.
Wenn der Unwille über die Ver
logenheiten in moderner Moral in uns
einmal so groß geworden ist, dann tut
es innerlich wohl, einmal wieder aus
dem urkräftigen Quell gesunder »heid
nischer« Ethik zu schöpfen, in der frei
und ehrlich, ohne alle »idealistische««
Verlogenheit, der Mensch zum Men
schen spricht. Hier, in der Moral so
manches alten Griechen und Römers,
schaut der edle Mensch, dem nichts
Menschliches fremd ist, uns mit stillem
Forscherblict ins Auge und in die
Seele, under verhält si dabei wie ein ·
guter Arzt: er kennt un ere Natur und
ihre Schwächen, und die Heilmittel,
die er uns gegen unsere Krankheiten
reicht, sind den Kräften dieser unserer
Natur angepaßt. Manche unter die
sen antiten Ethiten sind nun heute be
reits der Mehrzahl der Gebildeten be
kannt. Die stoische Moral (etwa in
den herrlichen Selbstgesprächen des
tatserlichen Philosophen Marc Aurel)
oder die epitureische Sittenlehre in den
verschiedenen modernen Darstellungen
werden heute viel gelesen. Dagegen ist
einer bisher fast völlig unberiicksichtigt
geblieben und, wie uns dünkt, sehr
unverdienterweise: der alte Demokrit,
der Beariinder dek- antiken Ijiechanis
mus. Atomismut und Ilttaterialismus,
der ,.tachende« Philos- ph von Addera.
Und doch gibt es bis ais den heutigen
Tag wohl kaum eine feinsinnigere Art,
eine ·ouicr,geis.«igte Lustfehre —- intel
teitnclten Hedmismus nennt es des
Fachmann — auf sittlichem Gebiete zu
predigen, als wie die Art, in der De
motritos in den uns von ihm erhalte
nen ethischen Fragmenten zu uns redet.
Jn unvergleichlich feinsinniger Weise
wird hier einer durchgeistigten »Wohl
gemutheit«, einem »Wohlsein« und
einer ,,Gesasztheit« das Wort geredet.
Wir wissen, daß die Echtheit mancher
dieser Fragmente von den Philologen
noch utnstritten wird. Dennoch können
wir unbedenklich behaupten, daß die
Gesamtheit der Fragmente uns ein
treffendes Bild des Charakters der
demotritischen Sitte-richte gibt.
Hier einige Proben, nach denen der
Leser selbst urteilen mag, ob die von
dem antiten Naturphilosophen und
Materialisten entwickelten sittlichen
Grundsätze nicht besser sind als das
meiste, was heute als moderne Ethik
verzapft zu werden pflegt. Aeuszerst
sein wird zunächst der allgemeine lei
tende Grundsatz der demotritischen
Moral, die ,,Wohlgemutheit« einge
führt und gerechtfertigt: »Wer wohl
gemut leben will, soll nicht vielerlei
treiben, weder im eigenen noch im
Staatswesen und, was immer er
treibt, nicht über seine Kraft und Na
tur streben, sondern so sehr auf seiner
Hut sein, daß, selbst wenn das Glück
einschlägt und dem Scheine nach ihn
in die Höhe siihren will, er dessen nicht
achtet und nichts über die Kraft an
faßt. Denn mäßige Fülle ist sicherer
als Ueberfiille.« —- Wie durchaus
modern muten ferner folgende Apho
rismen an: ,,·hohen Sinn bekundet es,
—
Taltlosigkeit gelassen zu ertragen.« —
,,Vor Gesetz, Obrigkeit und —- dem
Klügern sich zu beugen, zeugt von
Selbftzucht.« »Wer den, der sich
einbildet, Verstand zu haben, zu Ver
stande bringen will, vergeudet seine
Zeit." —- ,,Viel Denken ist besser als
viel Wissen.« ,,Unbegrenzte Wün
sche sind Kinder, nicht MannesSache.«
— ,,Eine Art Habgier ist's, alles reden
und nichts hören zu wollen« —
,,Kleine Wohltaten zur richtigen Zeit
sind fiir die Empfänger die wertvoll
sten.« —- ,,Kannst du die Lobspriiche
nicht selbst anerkennen ldie andere dir
spenden), so nimm an, es sei Schmei
chelei.« --— »Die Menschen haben sich
ein Jdol gebildet: Zufall genannt, zur
Beschönigung ihrer eigenen Ratlosig
teit. Denn nur in seltenen Fällen
wirkt der Zufall der Klugheit ent
gegen; das meiste im Leben weiß ein
wohlverftändiger Scharfblici ins Ge
rade zu richten.« —- Welch aufsallende
Vorahnung modernster pädagogischer
Einsichten zeigt ferner folgender
Grundsatz: »Besfer wird es offenbar
bei der Erziehung dem glücken, der
Aufmunterung und überredendeWorte,
als wer Gesetz und Zwangsmaßregeln
zur Anwendung bringt. Denn wer sich
nur durch das Gesetz am Uebeltun ge
hindert sieht, wird vermutlich im ge
heimen sündigen; wer dagegen durch
Ueberredung einmal auf den Weg der
Pflicht geführt ist, wird voraus-sicht
lich weder heimlich noch öffentlich et
was Bertehrtes tun.« — »Vaters
Selbstbeherrfchung ist für die Kinder
die wirksamste Vermahnung.«
Wertvoll ist auch der folgende ,,heid
nifche« Grundsatz: ,,Klugheit verrät
es, sich vor einer drohenden Beleidi
gung zu hüten; Stumpfsinn dagegen,
eine erlittene zu rächen.« Welch ein
seiner Kenner und Verehrer der wah
ren Vorziige des weiblichen Geschlechts
spricht aus folgenden Worten: »Wenig
reden ist ein Schmuck des Weibes;
schön ist auch ihre Einfachheit im
Schmuck.« — Und endlich, wie fein
empfunden sind die Aphorismen: »Ar
inut und Reichtum: Worte für Ent
behrung und lieberfluß. Also ist, wer
noch etwas entbehrt, nicht reich,- und
wer nichts entbehrt, nicht arm.« —
,,Armut mit Würde zu tragen, ist ein
Zeichen von Selbstzucht.« --(K. Z.)
Fremdtåndifche Höflichkeit
Paris ist in vielen Beziehungen die
hohe Schule der Höflichkeit und des
Anstandes. Die gefällige Art des Ver
tehrs, in dem Liebenswiirdigkeit vor
herrscht ohne daß sie zur Aufdring
lichkeit ausartet, ist dem Pariser aller
Klassen eigen Auf der Straße hat
man freundliche Rücksichtnahme gegen
einander, im Theater herrschen feine
Formen Niemals wird in den Stra
ßen von Paris ein Fremder wegen ei
nes ungewohnten Anzuges und Beneh
meng angeglotzt oder belästigt; laum
daß jemand seinethalben einen Augen
blick den Kon umdreht. Besonders
im Restanrant kommt man sich helfend
entgegen; kein neugieriges Anstarren
des Eintretenden, kein Zufliistern über
einen fremdartigen Anzug usw. Da
gegen ist man gewiß, daß der Gegen
iibersitzende freundlich feine Hilfe an
bieten wird, läßt man seine Blicke
suchend über den Tisch gleiten, um
etwa das entfernt stehende Salzfäßchen
zu finden. Der Franzofe lacht nicht,
wenn ein Ausländer seine Sprache
radebrecht, er hilft ihm im Gegenteil
freundlich nach. Der Franzofe sucht
nicht das Wesen der Höflichkeit in for
mellen Anreden, tiefen Verbeugungen,
anffälligem Hutabziehen Er lüftet
nur den Hut, tnt dies aber, selbst wenn
er in einen Eisenbahnwagen steigt,
wenn er ein Lokal betritt oder verläßt
u. dgl» worauf die Anwesenden eben
falls den Hut liisten. Die größte Aus
merlsamkeit aber bekundet der Fran
zose den Damen gegenüber.
..-——-.--.
Seht einfach.
A.: »Giebt’5 bei Euch in der Pfalz
auch Rebhijhner2«
B.: »Sel! will ich meene, alle
Beem’ hocke voll.«
A.: »Ja, sitzen denn die Rebhiihner
bei Euch auf den Bäumen?«
B.: »No, wo solle sie denn sitze,
weenn hunne schon Alles geradelt voll
is?
Kollegen unter fich.
Schriftsteller: »Mir fällt etwas
ein!«
Baumeister: »Mir is Vormittags
schon was eingefallen.«
Auch etwas
Heimisvetmittlet (zur Kundin):
,,Eine Schönheit ist der Herr tade
nicht, aber prachtvolles Haar vll er
gehabt haben!«