Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, March 08, 1912, Zweiter Theil, Image 16

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    - ans-mahle« non
Reno
senkte berühmte »Eheichei
« fe« non Rer in Nevada
W der bekannte Pariser Schrift
hier sen-rei- de Tefsarn
He Koraliften weitern gegen
, Wand sagen, daß ei wegen des
Rasen-viele das es gibt wie So
Inn sind Gomorrho vorn Erdboden
Mit werben müßte. Aber die
Mo MAY wie man ven Gerichts
st see Ehescheidungsstadt getauft
Ost, seht unbeirrt ihre Tätigkeit fort
nnd bekümmert sich nicht im gering
sien urn die scharfen Krititen ihrer
Gegner. Sie nia t ausgezeichnete
Geschöer nnd brint auch Wohlstand
Aber die Stadt in der see ihren Sitz
Ist. . Männlein und Weiblein die
Ich durch die ehelichen Bande irgend
spie behindert fühlen Und sie gern ab
fchiiiieln möchten, brauchen nur nach
Reno zu pilaern. Die Gesetze des
Staatei Nevada zeigen sich nämlich4
Scheidungslustigen gegenüber sehr
liberal; wer sechs Monate im Staate
lebt, kann ohne weiteres und ganz
schrnerzlos von seinem Gemahl aefchie
den werden Scheidungsgriindr. hie
von anderen Gerichten fiir töricht und
lächerlich erklärt werden würden, gel
ten fiir hie Rickter von Reno als voll
taertig Es herrscht dort sozusagen
ein automatisches Scheidungsvekfah
ren. Eine Frau, die mit ihrem Schick
sal nicht ganz zufrieden ist saat eines
schönen Tages mit ironischem Lächeln:
»Lieher Mann ich reife nach Reno!«
Der Mann weiß dann sofort das
dies der Anfang vom Ende ist. Der
Aufenthalt in der Scheidungsstadt ist
gar nicht unangenehrn Reno liegt ini
einer malerischen Gebirgslandschaft,;
die Gelegenheit zu zahlreichen roman
tischen Bergpartien bietet. Vier oder
fiinf gut geleitete Hotels gewähren den
am Scheideweg stehenden Herrschaften
alle erdenllichen Bequemlichkeiten Die
fcheidnngsluftigen Herren und Damen
bilden eine Kolonie siir sich, die sich·
von den Ortsbewohnern in ausfallen-;
der Weise abhebt. Die letztern sind in
ihrer Mehrheit Kaufleute, Krämer
und Handelsagenten außerdem gibt
es unter den Bürgern der Stadt eine
beträchtliche Anzahl Gaftwirte, in de
ren nicht immer ganz einwandfreien
»Salons« in etwas wilder Weise ge
jeui wird. Die verrohten Grubenar
heiter nnd Edelmeiallsucher ass den
Bergen der Umgegend lommen nach
Reno um hier den Goldftauh, den sie
gefunden haben oder ihren ganzen
nicht nnbeträchtlichen Wochenlohn auf
eine Karte zu sehen. Karten und
Mk feiern hier niemals, und
manchmal ift hei diesen »innerhal
tungäspielen« der Revolver Trurnpft
wenn der Whiöiey die Geister ein we
nig erhikt hat, kommt es fafi immer
zu Siandalen. die mit einer kleinen
Schießerei endigen. An Marittagen
erscheinen hin und wieder waschechte
»Er-wachs« in ihrer originellen Tracht
deren Hauptstiicke ein seltsamer Filz-;
hat mit Lederband ein grellbuntesj
halituch und ein Paar plumpe Stie
fel aus hammelfell find. Man lanni
sich denken, daß diese «Hirtenlnahen«
in das Stadtbild eine neue reizvolle
Nuance bringen.
Eine ganz hervorragende Rolle in
der Stadt spielen die Herren, die in
Juristerei machen: sie locken das
ganze Jahr hindurch, hauptsächlich
aber während der schönen Sommer
monaie, Opfer fiir die Scheidung-H
miihle herbei. Man läßt sich im Lenzs
und in den-Tagen ver Rosen viel lie- :
her scheiden, als während der rauhen
Wintetzeit, die die Gipfel der Sierra
mit einem Eis- und Schneemantel be
deckt. Wenn man sich an einein schö
nHJ Julimoraen auf dem Bahnhof
von Rer umsieht, wird man auf dem
Bahnfteig immer eine Serie mehr
oder minder hübscher Frauen versam
melt finden. Die Ebefcheidungsian
didatinnen finden sich hier ein, um bei
der Ankunft der transtontinentalen
Schnellziige ein paar Minuten mit
den guten Bekannten zu plaudern
oder auch um interessante Neuigkeiten
zu hören. Man schwätzt, man lästert,
man erzählt sich Pitante Geschichten:
»Weder kommt denn die da? Und jene
dort? Wie steht es um den Prozeß der
Frau X.? Was halten Sie von der
Sache der armen Frau Z.? Was fa
gen Sie nur zu dem neuesten Aben
teuer der Frau B.?'« Alle Stande-leie
schichten, alle Ehebriiche, alle Jntimi
täten von drei- und mehreckigen Ber
höltnisien werden in Nenn erzählt, be
sprochen, kritisirt. Ja, die ist-schei
dungiindustrie äußert sich hier noch in
ganz anderer Weite: die herren
Wwwälk von Rer sind immer
auf dem Wiang und wenden, um
steh eine gute Mientel zu sichern, gar
Waise Mittel an. Ein be onders
Mise- dak heißt gefchäftst chtiger,
" III-it iiest Tag nnd Nacht in den
- singen des Westens und des Ostens
: Gratian-eigen erkundigt sich ein
Mk M der finanziellen Lage der
, sechsten und sendet ihnen dann
eh M lehrreiches siichieim Die
EM —- tvenn sie die Sendung
ist« M erreicht, sind iit CI It
. Its —- erfahren aus dem
s das st- Iveim die Wie
ist M est-under hegen. sich eise
« . M Indern eilten, in einer
M Gib-Ia si
unfehlban Mittelgegen alles Ehe-s
leid finden. Rath dieser freundlichen
Einleitung werden in leicht saßlicher
Bei-le die Eheschekdnngjgesefe des
Staates Nevada nnd das Verfahren,
das rnan in Ehescheidangifällen einzu
seblagen hat« auseinander-gefest. Den
Schtuß der Belehrung bildet die An
gabe der — genauen Adresse des Ad
vokaten, der in dieser Weise feine
Dienste anbietet
Ein Yankee der sich mit Psycholo
aie befaszt hat auf Grund ofsizieller
Statistikers festgestellt daß in den
Vereinigten Staaten der Ebelrach, der
zu einer Eheschtidung führt« sich ge
wöhnlich im vierten Jahre der Ehe
einstellt. Eine große Anzahl junger
Eheleute geht schon nach einem Jahre
auseinander; die Mehrheit der Ehe
scheidungen wird aber doch zu Gun
sten von Ehepaaren ausgesprochen,
die die Freuden und Leiden des Ehe
ftandes vier Lenze lang getragen ha
;ben. Wenn man über das fünfte
Jahr hinweggetornmen ist, hat rnan
ein gefährliches Kap umschist Eine
neue Krise ist erst wieder nach dem
zehnten Kampfjahr zu befürchten und
eine besonders bedenkliche nach zwan
zig Jahren: Mann und Frau sind
dann in der Regel in das »Hm-inne
Alter« ——— Karin Michaelis nennt es
das »gefiihrliehe« —- gelangt, und viele
Eben. die so lange leidlich gehalten
haben, geben ietzt noch in die Brüche,
in die Ebebriiche nämlich. «
si
Nach Reno kommen Angehörige der
lsesten Kreise, um an sich die Eheschei
dtsnasoperation vornehmen zu lassen.
Man dars daraus nicht schließen, daß
der Staat Nevada hinsichtlich der Zahl
der Ehescheidunaen den Reiord hält.
An der Spitze marschiert vielmehr der
Staat Washington mit einem Durch
schnitt von 512 Eheschseidungen aus
listOOO Einwohner Es solgen dann
Montana« Arkansas und die anderen
Staaten der Union bis hinunter zu
dem freundlichen Virginia, wo man
die Ehescheiduna taum dem Namen
nach kennt: die Leute hier sind nämlich
noch nicht vollständig zivilisirt. Reno
steht aus der otninösen Liste als drei
zehnte Ehescheidunasstadt; bezüglich
der Qualität der Ehescheidungen aber
kommt ihr leine andere Stadt des
Landes gleich. Um gerecht zu sein,
miissen wir hinzusiigen, daß man sich
in Reno ebenso slott wieder verheira
tet. wie man sich slott scheiden läßt.
Geschiedene Männer und Frauen be
ainnen int Angesicht der herrlichen
Berge, die die Sadt umrahmen, neue
Liebesromane .Von hundert Damen,
die hier die geseßlich vorgeschriebenen
sechs Monate verbringen, um sich von
einem zur Qual gewordenen Mann zu
befreien, sind mindestens sechzig von
einem «ravalier seroente«, aus deutsch:
Cicisbeo, begleitet.
Die »Wähle« von Reno spielt also
im ameritanischen Leben nicht bloß
eine negative Rolle. Sie hat zwei Aus
gänge. Ueber der einen Tiir liest
man: ,,(Fhescheidunaen«, iiber der an
dern: »Wiederoerheiratungen«. Die
«Reno Mill« gehorcht also dem in
neuerer Zeit so beliebt gewordenen Ge
setz der Kompensationew Und das ist
aut so. Man muß bedenken, daß in
den Vereinigten Staaten von 1896 bis
1906 nicht weniger als Näcle Ehe
scheidungen ausgesprochen worden
sind. und die nächsten Statisiilm dürs
ten mit noch bedrohlicheren Zahlen
antworten können. Von den Män
nern, die nach Reno lommen, sind, wie
gleichfalls statistisch nachgewieseu
wurde, am scheidungölusiigsten die
Schauspieler und Dramatilee; es sol
gen dann die Geschöstsreisendem dar
aus die Musiker und die Künstler, wei
ter die Aerzte und die Chirurgen, nach
ihnen die Bankiers, die Ingenieure,
die Geschäftsleute u. s. to.
Der-schon irre sehwhaeerem
Der Hauptgewinn der lehtgezoaenen
lPosener Ausstellungslotterie tm Werte
’ von 60,000 M« isi aus die No. 33,074
in eine Kollette in Opneln gesaan
der glückliche Gewinner ist ern here
G. in Malavane. Das Lapi wurde
jüngst, in mehrere Teile zerrissen. ans
einem Düngerhausen zutaae gefordert,
von wo es Kinder herau esucht hat
ten, um mit den bunten viersehen
zu spielen. So kam es dem Herrn G.
wieder vor Augen und, da die Rum
Lmer noch leserlich war, stagte er bei
dem Opvelner Kolletteur nach dem
Schicksal seines LooseL u seiner nicht
geringen Ueberraschung ellte sich her
aus, dass das schon in den Kehricht
geworfene Loos einen Werth von w
000 M. repräsentirt-.
Eise deutsche scheute tu sam. l
Ja Port-au-Prince, der Hauptstadt
von iti, hat sich eine deutsche Schul- !
Gese schaft gebildet, die die Errichtung
einer Schule fitr Knaben und Mäd
chen beabsichtigt Da die Beiträge
reichlich fließen, hofft man, die Anstalt
schon zum I· April 1912 eröffnen zu
tönnen. Der Unterricht wird durch
deutsche Lehrer erteilt und umfaßt als
obligatorische Fächer auch Englisch
und Französisch.
Ists-use
Leutnant: »Höre ja n meinem Et
siounem Mäuler-, dass hre Braut die
thn meiner Braut c !«
Herrsche: »Na, sonst "tten Sie die
such nicht get-trit, herr Leutnant!«
spie seh-wage Åemee der Fran·
Fofen in Marokko.
Unter allen Inst-dem die diie ento
päischen Sepsmächie zum Schqu ih
eee Kolosnien aus Einzel-vagen ge
bildet halten« hat sich leine so dot
ziiglieh bewährt wie die senegalische
Schusteuppe Urspeiinglich hatte
Frankreich. dem Beispiel anderer
Länder folgend, sich damit bognsgh
eine Akt eingeborener Bürgettpehk
zu bilden. Der Fell-Fug von Du
dvme im Jahre 1892 gab jedoch Se
legenheit zue Erkenntnis daß die
schwarzen Tritt-den auch anstkbalb
ihres Heimathlandes glänzende Dien
ste zu leisten im Stande waren. Jn
diesem Feleug haben die fenegalis
schen Tieailleues sich den wohlverdien
ten Ruf erworben, den sie in der san
zen Welt genießen. Hat doch Stan
ley mit Bezug ans die eutodsilchen
Kolonien in Afeila das Wort ge
prägt: »Die Franzosen haben sich den
besten Theil gewählt. das Lond, in
dein Soldaten wochsen«. In der That
sind die senegalischen Titaillenei im
Etobetungdteieg eine geoßaeiige
Teuppr. haben sie doch. und noch
dazu im Snpetlativ, alle Vorzüge des
Soldaten: Muth, Ausbauet, Gebot
sam. Aufopferungsfiihigleid Die
Luft und Freude am Keiegshandweel
ist ihnen angeboten. Das kugeli
sche Preisen-leeres hat eine ständi
ge Stätte von rund 12,000 Kann.
Es besteht ausschließlich ans Fest-il
ligen. Mit einem grinsendeer. feine
weißen Zähne enthüllenden Lächeln
auf den wulstige-n Lippen lonnnt der
junge Negek mit der Leistung:
.Jaiee Tikailleut« ,(Tikail!ene Inn-L
chen). Die Ergänzung der Truppe
ist durch einen Staatserlaß vorn U.
November 1904 geregelt. der u. a.
auch ein Hand-gelb sestsetzt Dieses
Handgeld, dessen Höhe verschiedene
Male gewechselt hat« beträgt gegen
wärtig 80 Franken siir eine zweijäh
rige und 160 Franken siir eine vier
jährige Verpflichtung; die Gesammt
dienstzeit lann 15 Jahre nicht Tiber
ichreiten. Das wichtigste Werk-entit
tel bildet die Unisorm. die dem Ti
railleur bei seinen Landsleuten ein
besonderes Ansehen verleiht. Man
zögerte deshalb lange, die satt-entwich
tige blaue Unisorm mit gelben Aul
ichliigen durch die praltischere, aber
weniger glänzende KhalisUnisorm zu
ersehen. Man fürchtete, durch diese
Reform zahlreiche Ireiwillige abzu
schrecten. Und als man sich endlich
doch zur Uenderung entschlos, ließ
man einen Theil der alten Unisorm
weiter bestehen: die Chechia Gasse
wollene Mithe mit Troddel). Reben
der Chechia ist die Leidenschsst des
Tirailleurs das ausgepslanzte Lato
nett. Seine ganze Liebe gehört die
ser Wasse. die er allen anderen dor
zieht. Wie ost lonrmt es vor, daß
im Kampf während des user der
Schüsenlinie der Ossizier eine Leute
mit blihenden Augen rusen hört
Bajonett. Bajonettl und sobald zur
Attacte tommandirt wird, eine Bande
losgelassener Teusel lich voll Wuth arg
den Feind stürzt, der solchem Angri
nicht standhalten kann. Eben diese
Vorliebe siir den Bajonettlamps
macht die senegalischen Tirailleure zlt
einer weitiiberlegenen Trupbe, denn
in Asrila ist die blanke Wasse in vie
len Fällen ausschlaggebend Auch
moralisch hat der senegalische Tirails
leur große Vorzüge: Anhänglichkeit
und Vertrauen zu seinen Vorgesetzten,
Treue und Ergebenheit bis in den Tod«
und ein großes Gerechtigleitsgesiith
Sein heldenmuth ist unerschiitterlich.
und er verachtet körperlichen Schmerz
Man hat Tiralleure gesehen, die mit
durchschossener Brust sich austichte
ten, um einem Osfizier zu salutiren
oder stehend die Untersuchung des
Aerztez zu erwarten. Eine besondere
Rote im Bilde des senegalischen
Korpi bildet die ständige Gegenwart
der Frauen in der Rachhut: denn der
Tirailleur ist verheirathet, und Mann
und Frau sind nnzertrennbar. »Ma
dame Tirailleur«, wie man sie nennt,
ersetzt im Felde den Wagen der Jn
tendanz: Sie trägt das Gepäck und
marschirt in gleichen Schritt wie die
Truppe, leichfüßig, unermüdlich und
tapfer. Dank ihr braucht sich der
Tirailleur nur um feine militörifchen
Obliegenheiten und um die Pflege fei
ner Waffen zu kümmern. Er tennis
keine anderen Sorgen und iann nach
dem türtiichen Sprichwort leben:
»Der Mann ist fiir den Krieg geho
ren, die Frau fiir die Erholung des
Kriegers, und alles übrige ift Un
sinn«. Und da «Madarne Tirailleur«
auf die Zerstreuung des Deren Ge
mahls hiilt, so besorgt sie meistens
aneh das «anrntam«, diese einzige
Oper des Tirailleurs. Was die Zer
streunng anbelangt ist übrigens der
jfenegalisrhe Tirailleur nicht sehr an
spruchidolL Er iit ein großes Kind,
den die geringste Kleinigkeit königlich
unterhalten kann. Beweis lieferte die
folgende Anekdote: Als die Senegalier
in Marotto landeten. verkaufte ihnen
ein händler das englische Seid-ums
ser, das bekanntlich in kleinen runden
mit Glatstöpfeln verschlossenen Fla
schen vertauft wird, die man dadurch
öffnet. das man den Glasfiöpsel if
die Flasche stößt. Die Tira lleure
tausten sieh matsenhait diese Jinfchent
all sie aber den Jnhalt getrunken hat
ten, bemerkten sie, das der Stiipfel in
I- slasehe sehr gut die Diese M
s
Pl
Glockenklöppiti spkte Sde waren
von dieser Entdeckung so muss-I daß
sie um keinen Preis die Leu-ca Mai-Im
zurückgeben wollten und taaimd IIIId
jubelnd mit ihren imptmästrtm Sto
ckeII abzog-II Diese gutes-I Kinder
abe: werde-I bei Gelegenheiten zII
helden JIII Verlauf ver Fett-sägt
von Ochs-me Madakasthh Mamka
und im Wobei haben sie es zur Gr
nüge bewiesen
L
Die neue-n- Ballette in LondonT
Wenn Berlin einstmals in längst
entschwundenen Tagen die Haupt
stadt der Musik genannt wurde, so
kann ·man das heutige London die
Hauptstadt des Tanzes nennen. Ueber
die Bühnen der britischen Haupt
stadt rauscht und lockt und schwirrt es
jeden Abend von hunderten zierlicher
Frauensiifze, die sich in immer neuen
Stellungen und Gruppen darbieten«
und das Ausstattungssieber, das die
hiesigen Bühnenlenker beherrfcht.
kommt nirgends so auf seine Rech
nung wie bei der Einstudirung neuer
Ballette. Das internationale Publi
kum« das Abends die Londoner Thea
ter füllt. verlangt stets neue Abwechs
lung an Kostiimen. Gute neue Ideen
sind aber auch auf dem Gebiet des
Balletts selten. Solch ein Stück muß
nicht nur tadellose Kostiime, sondern
vor allem eine Tanzszene zwischen ein
oder zwei Stars haben, von der man
spricht, und die die Einbildungskraft
fesselt. Das Empirethater versuchte
in letzter Woche sein Gliick mit einem
neuen Ballett in zwei Szenen, »New
York« genannt. dessen Musik von
Clarke ist, und dessen Einsiudirung
Frev. Farren, der bekannte erste Tän
zer dieses Theaters besorgte. Viel
Einbildungstraft ist nun an dieses
Ballett, in dem weder gesprochen noch
gesungen wird und in dem es auch
keine eigentliche Handlung gibt, nicht
verschwendet. Es sind ganz einfach
Szenen aus dem New Yorler Leben
in phantasievoller Ausführung des
Tanzmeisters. Zuerst befinden wir
uns aus dem Landungsplah der
grossen Dampfer am Welt Wider,
nachher auf dem Dachgarten eines
großen hotels Ein wirres Durchein
ander von anlommenden Einwande
rern, Spihbubem Künstlern, Chine
sen« die sich mit den Zollbehiirden in
Konflikt sehen, dient der Pantomime
als Grundstock und als Varro-and siir
eine Reihe von Tänzen. Jm zweiten
Bild steigen wir auf die Höhen der
Eleganz und des Reichthums. New
Werks derwirrende Schönen tanzen
vor uns auf dem asphaliirten Baden
eines Dachgartens zwischen befrarlten
Kellnern und lauschigen Cadlnets
Particuliers, die aus grünen Wän
den gebildet werden. Rothhiiute in
vriichtigem Feder-schmuck, tugendhaste
Pilgerviiter. in alkvöteriiches Schwarz
gekleidet, werden in den Wirbel des
modernen Tanzes mit hineingezpsgenx
er erreicht seine höhe in dem grotes
ken Duett, das Fied. Farren mit der
Tänzerin Jda Crispi tanzte, und das
mit dein Namen »Yankee Tangle«
prunktr. Er hatte eine gewisse Aehn
lichkeit mit den keineswegs sehr
schönen Bewegungen, die man aus
den Pariser Apachen - Tänzen kennt.
Das Albambra - Theater, das gleich
falls ein neues Ballett einstudirt
hatte, konnte literarischen und musika
lischen Ansprüchen damit eher gerecht
werden. Wie das heil fiir die Londo
ner Bühnen so oft von den Ufern der
Seine kommt, so war man auf die
Idee gerathen, aus Jaques Qsienbach
und henri Murgers Boheme eine Art
Mischung herzustellen und ihr den
Titel »1830" zu geben. Die haupt
rolle, die der Mimi. spielt eine Wie
ner Tänzerin, Fel. Poldi Müller.
Unter Prof. Reinhardi wird gegen
wärtig die große Ballektvantomime
»Das Wunder« einstudirt. in weichem
die ruisische Tänzerin Trouhanowa
eine der Hauptrollen inne hat.
Ein condoner Stadtmuseum
Jn diesem fruchtbaren Jahre der
Komitesihungen und der befriedigen
den Rückblicke siir die gesammte bri
tische Welt ist auch der Gedanie aus
getaucht, ein besonderes Londoner
Stadtrnuseum zu gründen. Der Ge
dante ist mit Wärme aufgenommen
worden, man hat einen Ausschuß er
nannt, und der König hat einen
iTheil der Staatsgemächer im Ken
fsington · Palast, die bis dahin leer
standen, dem Museum als Ausnu
haltsort zur Verfügung gestellt« bis?
sich ein geeignetes Gebäude wird sin
den lassen. In der That könnte man
sich wundern, daß London bei der
sonstigen uniibersehbaren Fülle seiner
Museen noch nicht daran gedacht hat«
eine besondere Erinnerungsstätte siir
seine eigene Geschichte zu Kisten. Stoff
dazu gäbe es gewiß genug. da ja Lon
don an sich mit den noch vorhandenen
Uebereesten aus der Nömeegeit zu den
Its-Heu crosstiidten von Europa ge
hört und Iriegerische und revolutio
niiee Erlebnisse ihm nicht gefehlt ha
ben· Es scheint aber eine Erfahrung
zu sein, daß Stadtmuseen nur in aus
geprägt demokratischen Gemeintoesen
gedeihen. London hatte zwar bisher
in der cum-halb in seinem Rath
hause, ein Museum, in dein eine An
zahl stinkt-unser aus der Geschichte
der Stadt untergebeacht waren. sber
dies Museum ist eben zu alteetdumllchi
und gehti m allgemeinen iidet eitmische
Seele-W nnd Lampen alte Wirths
haufzeichen und einige interessante
Autagkapdien nicht hinaus. Zudem
sind die Raume ziemlich klein und
schlecht beleuchtet. Das neue Museum
soll nach dem Bothilde des Pariser
Catnadalet - Museum-l eingerichtet
werden. Das Caraaualet- Museum
ist das Jdeal eines Stadtmuseums
Es giebt nicht nue die Geschichte von
Paris von den ältesten Zeiten die in
die Gegenwart, es hat auch den Vot
zug eines alten stilvollen Gebäudes
und Mtzt in seiner Sammlung
von Porträt-T Briesen und Datumem
ten aus der Revolution eine Merk
würdigkeit etskdthanges. Andere
Städte werden dies Museum so leicht
nicht nachadmen können, zumal wohl
auch keine eine so bewegte Geschichte
aebabt bat wie Paris
Jn Berlin bat man in neuerer Zeit
angesangen, dai Märlische Museum
zu einer Gedenlstiitte siir die Ge
schichte der hauptstadt auszubauen,
was ja eine ganz richtige Jdee ist.
Aber Berlin isi eben als hauptstndt
zu jung. unt-aus ein langes Erleben
zurückblicken zu können. Man lann
bei dieser Gelegenheit eine Anmer
kung machen. Es wäre eigentlich iiir
Stadlmnseen viel nützlichen wenn sie
ibre Hallen weniger mit altrömiicben
Sarlopbagen und Lampen ansiillten
und mehr der Entwicklung des Ver
lebrswesenö in ihrem Gemeinwesen
einen recht breiten Raum einräumten·
Pläne des Straßennetzes in ganz aller
Zeit, spätere Postrouten und Postver
lebr, bis zur Anlage der modernen
Untergrundbabnen müßten den Gang
der Kultureniwicllung veranschaus
lichen, wie sie sich verschieden in den
Einzelheiten, aber im Ziel gleichartig
in den einzelnen Großstädten abge
spielt bat. Unsere Nachlommen we
den uns zudem dankbar sein, wenn sie
einmal aus den Dolumenten solcher
Masern sich iiber den Bau unserer Uns
tergrundbabnen unterrichten lönnen
und sie mit ihren ohne Zweisel viel
mehr vervolltommneten Mitteln ver
gleichen können. Und sticht Schau
siellung miißte mit dem ältesten
Straßennei ansangen: isi doch die
Straße in einem gewissen Sinne der
Anfang der menschlichen Kultur. Die
Jugend aber, die solche Museen be
sucht, gewöhnt sich an eine großziigige
Anschauung der Dinge, bekommt eis
nen Begriss von den Leistungen der
Menschheit im ganzen und von den
Verdiensten des eigenen Gemeinwesens
im besonderen. Ein Londoner Stadt
museum lönnte rnit einer Darstellung
der iiltesien Schisssabrtsverbindunaen
Londons nach allen Ländern eine
reizvolle Ausgabe haben· wie ein Ber
liner Museum die Entstehung des
ausgedehnten Kanalnetzes in der
Mart und Preußen veranschaulichen
sollte. Ein Stadimuseum wiirde aus
diesem Gebiete vieles leisten lönnen.
was sich andere Museen aus Raum
mangel versagen müssen.
q-—
Wie nian fich in Moskau
amiisiert
Der Lehrling Wanfa hat manches
über sich ergehen lassen müssen, ist ge
dueit, getnusst und geprügelt worden;
vom frühen Morgen bis zum späten
Abend hat er sich abkackern müssen..
und wenn er schließlich aus seine
Pritsche in einem Raume niedersinken
durfte, in den tetn Westeuropäek sei-«
nen Hund gesperrt haben würde, dann
war an eine Beschäftigung nicht mehr
zu denken, nach der Wanjas aufge
weckter Geist verlangte. Wanja ist
schlau und verschmttzt, wie sein Prin
zipal, und hat diesem bald seine tauf
männiiche Praxis abgelernt. Lesen
und Schreiben hat Wania zwar nicht
gelernt, er kennt auch Zahlen nur so
viel, wie unumgtinglich nöthig, aber
rechnen sann er, ten Kopf nnd am
Rechendrett, dieser nächst dein Santa
war, .eehtesten «aller rnssifchen Erfin
dnng, oui dem er blitzschneil die korn
dlizirtesien orithrnetischen Operatio
nen ansiiihrt. Wonja hakt nth
leicht gehabt, oder schließlich isi et
Jtvan Jwanowitsch, der Inhaber des
Geschäfte geworden, das feinem ver
storbenen Prinzipal gehörte, dessen
Tochter fest Wanon oorn vielen
Theetrinlen aufgedunsene« mit Bril
lanten behängte Gattin ist. Jeht lann
der sriihere Wania sieh was leisten,
und er muß sich was leisten. Die
hunderniißige Behandlung, die er hat
hinnehmen müssen, muß er ietzt an
feinen Unternehmen oder doch ant
Droichlenintscher, am Kellner irn Re
stanrant, wo er sieh nmiisirt, uneins
len. Daß sich Jwan Jwanowitsch auf
seine Art austodt. lann man ihm
weiter nicht verdenlen, er lennt eben
lene andere. Der ganze Kasrihof
muß davon sprechen, wenn Jwan
annotnitsch ichliirfend schmal-end
und til-losm- sein thenres Mahl im
altmosianer Kaufmanns - Resianrant
versehrt, hat er den Plan me Bim
nieliahrt zu Ehren von Müller n. Co.
entworfen. Jn einer telephoniscii be
stellten Troila holt er den Geschäfts
ireund ab. und iiihrt ihn in das vor
der Stadt gelegene Nestaurant
»Streljna«, das sich in eine-n mäch
tigen Wintergarten befindet, dessen
größter Schmuck in Palmen besteht,
die zur hohen Glajdeele unsre-gen
Man hat sich in einer der Tusssteins
arotten niedergelassen und »ganze
Meere Champagner-« bestellt. Jwan
Jwanowitseh hriitet dariiher, was er
seinem Saite zum Essen vorsehen soll.
Auf dein riesigen Baisin im Winter
garten ziehen zwei schwarze Schwane,
der Stolz des Reste-strauan ihre
maieitätisehe Bahn. »Was losten die
Schwänei« Der herbeigeeilie Wirth
lennt ieine Kunden: »3weitausend
Nobel, Ew. Gnaden« — »Sei-lach
ten! — Mit Aenfeln braten! ——« innr
rnandirt Jwan Jwanowitseh. — Miils
ler n. Co. derlt der Angstschweisz auf
der Stirn. Sein Wirth isi ihrn un
heimlich geworden. Schließlich läßt
er sich noch zu einem Gläschen Konnal
1812 überreden. Und wieder dlißt
eine irnvolante Idee in Iwane bene
heltem Kopfe ani. »Was losiet lo ’ne
Palme?« —- »Dreitausend, Ew. Gna
den-" —-— »hrer an dieser Stelle abfä
qen." Sein Befehl wird iosort voll
zogen, und stolz sedt Jwan Jwano
witsch die Kognalnläfer auf den Pal
menstnmvf, der ein toitharet Tischchen
hat abgeben rniissen. Nachdem Müller
u. Co. einen Kognal heruntergewiirgt«
flieht er entseht Da erscheint gerade
Jwan Jwanowitsch’5 Nachbar ans
deen Kaufhosi «Stephan Stephano
witichl huerohl« Die beiden liegen sich
in den seinen nnd ichrnahen sich. nach
ilawischer Sitte, die därtigen Lippen.
Aenßersi animirt zieht man ins Cahi
net a dart, wohin der obligate Zigeu
nerinnenchor heordert wird. Jwan
Jwanowitsch unterhält sich unterdes
sen, indem er Teller in die riesigen
Spiegel wirft und behaglich grunzh
.Wai tosirt's? Jeh zahl’s. Ich zahl
alle« —- Einine Stunden später wer
den die stumpfsinnig vor sich Raitar
renden von einem großen Ansaebot
von Kellnern nur mit Mühe in den
Troiiasehliiten derfrachtet. der sie jetzt
nach Haufe dringt, wo ihnen morgen
an der iiinlstelligen Zahl ihrer Rech
nnna llar werden wird, wie gut sie sich
in Moslau amiisirten.
Edgar Mesching.
Mosis-!
Untetofsizieu »Was smd Sie in
Jhrem Most-Bernh Sangele
»Chausseut!«
Untetossiziett »Ach wos, wenn Sie
»ein Automobil lenken, bleibst doch
stecken, reden Sie deutsch und sagen
»Sie einfach Wagenfchiebet.«
Die m stets-part wieder auf gestellten Königskolsuudem
Die Wiederaufstrssss der Königs
)
s blos-Ide- iu Berti-h .
l
Eins der ehrwürdige-n Bauwerke
aus Bei-lind fridekizianischer Zeit,
die sogenannten ,,Königokolonna·
den« am Ascariden-law hat infolge
des stets sich dehneuden Großstadts
verkehrö von feinem alten Stand-F
punkt weichen müssen. Jm Spät-i
herbst vorigen Jahres begann viel
Spichacke den Ichlankgegliedertenl
Pilastetbau in feine einzelne-W
theils zu zerleqem und dank ders
vors-ex mit ver die aus-est keimt-L
kige Arbeit von einer der ältesten
Stelmnehfikmen Berlan in streng
fachdemößck Weile geleitet wurde
gelang der Abbruch wie der Wieder
auflmu im früheren »Bist-mischen
Garten«, dem jehigcn »Meistparc"
ohne wesentliche Schädigung des
Gontatdfchen Werkes. Darüber
freilich, ob die Wahl des neuen
Statide die glllcklichlte war. sind
die Ansichten nach wie vor getheilt,
aber der Bau, der künftig das breite
Si ganthhor des Bartes bilden
»se- gsxsnlssnzsplgsk M«
e i , e in W
strus gehalten Glis-Fa