Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, March 01, 1912, Zweiter Theil, Image 12

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    vk Gen-schon des Achills-.
Siizge von-il d o l f S t a r l.
»Ich habe heute einen Heini-Han
betamneen«. sagteFräulein Claire
ewi- la te spiibübrfckd daß in den
fallen gen. welche die Seelust ge
risiet hatte-, zwei reizende Grübchen
Hbar wurden. ,
Mr Augen wandte-i sich Dr. Ja
lesbsen zu. Es war tein Geheimnis.
das die kleine Französin es denr breit
schultrigen blonden Norddeutschen
angetan hatte. Ein bißchen verliebt
waren wir alle in sie, wenigstens der
sämtliche Teil der ganzen Gesellschast.
Selbst Mister Rowland, der ganz in
Einem Samneeleiser ausging. vergaß
ine Basen und Münzen in ihrer Ge
genwart und versuchte bisweilen sogar
ein plumpes Kompliment Aber bei
Jakobfen fah die Sache tiefer und wir
steifelten teinen Augenblick, daß die
Geschichte mit einer Heier enden wür
de. Deshalb blickten wir, wie gesagt.
alle nach dem Doktor hinüber, als
Fräulein Claire von ihrem Antrag er
·hlte, der ihr gemacht worden sei.
lobsen aber saß da, mit der Miene
eines gereizten Bullenbeißers, ein Be
weis. daß er nicht derjenige war, wel
cher —— —. Jch spürte nicht übel Lust,
den schwerfälligen Germanen ein biß
chen auf die Falter zu spannen.
»Nun. Fräulein Claire, dürfen wir
gratulieren?«
Sie zog die Achseln hoch. »Wer
weiß? Es ist ein reisender Jüngling
und liebt mich offenbar von ganzem
zers. Freilich, er ist ein armer
chlncker, aber wer weiß s-- Er
bat rnir geschworen, wenn ich ibn er
börr. so würde er ein reicher Mann
sein ehe vier Wochen ins Land geben«
Jakobsen konnte seine Erregung
nigst länger bemeistern. »Wie heißt
er «
Die Französin lachte. «Wabrbnftig,
ich kenne nicht einmal feinen Fami
liennarnen, weiß also nicht, wie ich als
seine Frau mich nennen würde. Aber
einerlei, diese Griechen haben ja alle
die reizendsten und wohltlingendsten
Namen. Schon sein Vorname klingt.
Achillesl Hört man nicht bei diesen
Lauten das Schwertgetlirr der Home
rifchen helden, sieht man nicht Troja
und der Griechen Zelte vor seinem
Auge auftriuchen?« L
»Achilles?'« Mister Rowlanb rieb"
sich mit der Rechten die Stirne. »Ist
das nich tder schwarzhaarige Fermen
zer, der sich immer unten im Oasen
herumtreibt, allen Mädeln den Kopf
verdreht, Cigaretten raucht und dem
lieben Herrgott den Tag abstiehlt?
Dies Volk ist doch zu nichts zu brau
chen. Der Bursche soll der beste
Schwimmer und Taucher weit und
breit sein« Vor drei Wochen siillt mir
eine Schale ins Meer. Ich hatte sie
drüben gekauft, ein altes Ding, offen
bar aus der Griechenzeit, und versuche
während der Uebersahrt die Jnschrist
zu entziffern, da kommt plöglich von
rückwärts ein Boot, das ein betrunke
ner Kerl steuert, stößt an unseren
Kahn an und hätte mich um ein Haar
ins Wasser geworfen. Zum Glück
konnte ich mich noch halten, aber die
Schale war fort. Jch bot dem Jungen
A) Goldfrnnten, wenn er sie herauf
holt. Nicht einmal einen Versuch hat
er gemacht, der saule Schlingel.«
Claire lachte. »Oh weh, mein ar
mer Bräutigam in spe. Jch fürchte,
wenn Sie ihm einen solchen Rus ma
chen, wird aus der Heirat nichts wer
den.« Sie erhob sich graziös und
lächelte Jakobsen zu. »Ich gehe noch
eine halbe Stunde spazieren Es ist
ein wunderschöner Abend. Begleiten
Sie mich, Doktor?«
Beseligt, glücklich erhob sich der
junge blonde Riese. Den kleinen bog
hcsten Stich, den sie ihm eben versetzt
—- die ganze Erzählung von der Wer
bsug des Griechen war doch nur aus
IT gemiinzt -— hatte er schon verges
Um nächsten Morgen, es war kaum
Tag orden, klopfte es an meine
M. Ali ich öffnete, stand draußen
Hin niederer als A illes. Er war
·M30 schsn, so. w die alten Grie
set ihre Jdealgestalten sormten, be
seit, wo die gewöhnliche
t aus den Zügen verschwun
des M und in den dunklen Augen
achr lohte. Er hielt in der
Meist ,worin ein Gegenstand
.,Ber etye, Verr, wenn im Yicy so
bald störe, aber es ist eine wichtige
Sache für mich. Jch weiß, Du bist
ein ehrlicher Mann, der nicht lügt
und betrügi, wie die Hänbler in Athen
drin. Sage mir, was ist das Ding
hier meis«
Er g aus dem Tuche eine große
Oeldfäle hervor, bei deren Anblick
ich unwillkürlich einen Ausruf des
Wissens ausstieß. Es war ein
M wert, offenbar alte maurische
s» , ans jener Zeit. wo in Spa
IGI die farazenifche Kultur in höch
ste-»Hüte stund. Die Schale hatte,
M von dem Golde-very einen
Nunstweth den augenblicklich
W u ich nicht in der Lage war.
M ich auch dem Burschen und
Mk M das Stück Mi er Rom
s des-in em Fache
. Aber davon wollte
« '« · hören. Rowland habe
- W. Lieber gebe er die Schale
sites-en stehen um be- halben
· dg- grøben somit-net
, i. ew- is
—
die Schale erwähnt und sliichtig de
schriebem als er ganz bleich im Gesicht
vom Sitze aussprang
»Der Lump, der Gauner! Die
Schele hat er mir gestohlen. Vorige
Woche sandte ich eine Kiste mit Sa
chen. unter denen fich au die Schale
befand, nach London. er Bursche
hat sie zur Bahn getragen, und bei
dieser Gelegenheit gewiß erbrochen.
Wer weiß, was er noch gestohlen hat.
Aber selbst hierzulande giebt es eine
Polizei.«
Ohne sich auch nur Zeit zu lassen,
stürzte er davon. Achilles war nicht
mehr im Orte, er hatte sich aus den
Weg nach Athen gemacht. Rowland
sandte auf eigene Kosten einen Boten
zur nächsten Telegraphenstation. Am
abend traf die Antwort ein« dass der
Bursche in Athen verhaftet worden
sei, gerade als er die Schale verkaufen
wollte. Am liebsten wäre Rowland
sofort ausgebrochen, aber das verbot
die Dunkelheit und dann feierten wir
an diesem Abend ein Fest, ein Ver
lobungsfeft. Der blonde Doktor hatte
endlich den Mut aufgebracht, ekräu
lein Elaire um ihre Band zu bitten,
und sie hatte huldvollst »ja« gesagt.
Als ob die Geschichte, die sie uns ge
stern Abend erzählt, nicht von vorn
herein den Zweet gehabt hätte, den
Einerfiilligen Nordländer anzutrei
n!
Am nächsten Mittag kamen wir in
Athen an —- ich hatte Rowland be
gleitet, da wahrscheinlich meine Zeu
genaussage nötig war -—- und begaben
uns sofort ins Gefängnis. Rowland
bezeichnete die Schale, die ihm vorge
legt wurde. als sein Eigentum, trog
dern Achilles hoch und heilig schwor.
das sei ein Irrtum. Er wollte aller
dings nicht verraten, wo er sie her
habe. aber endlich beguemte er sich zu
einem Geständnis. iemlich weit von
der Hüfte. an einer teile, die nur er
kenne, liege -in der Meerestiese ein
Wrach aus dein er die Schale geholt
habe. Es sei noch viel Kostbares da
unten und er habe die Schale nur ver
kaufen wollen, unt die Mittel zu er
halten, den Schag zu bergen.
Der Richter lachte ihm ins Gesicht
und nannte ihn einen Spitzbudem
Man iibte damals und iibt wohl noch
heute schnelle Gerechtigkeit inGriechen
land, besonders wenn es sich um einen
Fremden und noch dazu um einen so
reichen Ameritaner handelt. Diese
Leute bringen viel Geld ins Land, die
müssen geschützt werden.
Achilles hörte den Urteilsspruch fin
ster an. Als er abgefiihrt werden soll
te, drängte er sich noch einmal an rnich
heran. «Nicht wahr, herr, Du sagst
der schönen jungen Dante. daß ich un
schuldig bin und daß ich gleich zurück
tehzh wenn meine Zeit hier abgelausen
tst. .
.Du wirst sie nicht mehr sinden«.
gab ich zur Antwort. »Sie hat sich
gestern abend derlobt und reist schon
in den nächsten Tagen mit dein Bräu
tigam ab, um baldigst Hochzeit zu
halten«
Kaum waren die Worte heraus-, w
thaten sie mir leid, fo fürchterlich war
der Eindruck, welchen sie auf den ar
men Burschen ausübten. Ganz ber
ftört ließ er sich willenlos obfiihren.
Drei Tage später, gerade an dem
Morgen, als Fräulein Claire mit ih
rem glücklichen Bräutigam abreifte,
meldete eine Kurze Notiz in den grie
chischen Zeitungen, daß der wegen
Diebstahl-Z verurteilte Achilles Papa
dipoponloz fich im Gefängnis erhängt
habe. Jch gab die Nachricht an Mister
Rowland weiter. Der Amerilaner
zuckte nur mit den Achseln. »Ist nicht
scheide um ihn; ein Tausenichts weni
ger.«
Ein Jahr später fand ich mich wie
der in unferem hotel ein. Von der
früheren Gesellschaft traf ich nur den
Ameriianer, oder vielmehr, ich traf
ihn nicht, da er nicht daheim war. Er
hatte ein Dampfboot ausgerüstet
treuzte beständig auf dem Meere und
betrieb Tieffeefifcherei. Erst eine
igsxhotelde später bekam ich ihn zu Ge
i .
»Guten Tag, Mister Rowland. Sie
haben Ihren Sport gewechselt, wie ich
»Nun, anstatt zu sammeln, gehen
Sie aus den Fischfang aus.«
Er rieb sich, wie er es gerne that,
mitder Hand die Stirne. «Lieber
Freund, tönnen Sie schweigen? Jch
will Jhnen ein Geheimnis anver
trauen. Jch suche teine Fische oder
Meerestierr. sondern Schätze, Kunst
schätze; irgendwo da unten in der Tie
se, nicht weit von hier, muß eine Nir
lische Galeere liegen, eine von denen
wahrscheinlich ,die nach der Schlacht
von Lepanto die Flucht ergrissen und
unterwegs sanken· Aus die sahnde
ich
«Woher wissen Sie das, Mister
Rowlandi«
Er rieb sich verlegen die händr.
»Das ist eine eigene satale Sache.
Nämlich, wie ich nach London lam,
be ich die Kiste unversehrt gesunden.
ch versichere Sie, auch ein anderer
hätte ch getäuscht. Die beiden Scha
len ichen ein-ander wie Zwillings
briider, sie stammen offenbar aus der
gleichen Werkstätte. Uebrigens habe
Ich sofort die Angehörigen des Bur
schen aufs-sucht nnd ihnen den Wert
r Echo e reichlich erteitf
»Unser Achillet Also unschuldig
in den Tod getriean
j- r Mland hatte feine san-e
fanden. »Ach, Unsinn, lieber Freund
nur leine falschen Empfindsarnleiten.
Wegen der paar Wochen Arrest hstte
sich der Bursche nicht aufgehöngt. F
fühle mich ganz unschuldig. Wenn -
mand eine Schuld trifft. so ist es
höchstens die lleine Frau Dr. Jakob
sm. Habe ich nicht rechte-· : ·
Und da ich wirklich nicht widerspre
chen konnte, ging er höchst befriedigt
und seelenruhig ins HoteL um sein
Frühstück einst-nehmen«
Martia braucht Ruhe.
Siizze von UteMuellendach.
»Saviel ist sicher, in solchen Fällen?
ist Ruhe das einzige Richtige!« Dies-l
mit dem tiefsten Brusttan der Ueber
zeugung ausgesprochenen Worte bilde
ten den Schluß einer wohldurchdachi
ten Rede, in der unser lieber ärztlicher
Freund uns eben auseinander geseyt
hatte, dasz es mit mir so nicht weiter
gehen lönne. Jch mußte zugeben, daß
ich mich sehr angegriffen fühlte. Die
legte Zeit hatte viel Unruhe froher und
triider Art gebracht. Ansteckende Kin
derlrantheiten hatten mit vielem
haushesuch und geselligen Freuden im
Hause abgewechselt, lauter Dinge. die
in erster Linie die Kraft der haus
ftau beanspruchen. —- »Und damit
Sie auch wirklich Ruhe haben, bleiben
Sie einfach 'mal einige Tage liegen.«
fette Dr. Walter hinzu, »tiiinrnern
Sich um nichts und lassen Sich alle
zwei Stunden etwas Stattendes rei
chen." —
».herr Dotter,« rief ich ernser
»das geht nicht! Ich lann rnich auch
schonen, ohne zu liegen.«
»Ach was, das tennt man, ej muß
gehen!«
»Es wird auch gehen, dafur lassen
Sie mich sorgen," sagte mein Gotte
mit Nachdruet Er war so voll freudi
gen Eifers für mein Wohl, daß ieder
weitere Widerspruch zwecklos gewesen
wäre. Mir blieb nichts übrig, als
mich still zu fügen und zu Bett zu ge
hen- —- Unser Schlafzimmer lag ne
ben dem Arbeitszirnmer meines Gut-i
ten. Jch hatte mich eben gelegt, als
ich hörte, wie er der Köchin llingelte.
»Meine Frau soll einige Zeit doll
tornrnene Ruhe haben,« hörte ich ihn
sagen, als Marie eintrat. »Ich
wünsche also· daß sie einstweilen mit
Haushaltungs - Geschäften nicht be
helligt wird. Wenn Sie irgend etwas
zu fragen haben, so wenden Sie sich
an mich.« — Das versprach heiter zu
werden. Marie war ein ganz geschick
tes Mädchen, aber sie tonnte nicht
selbständig arbeiten. Unwilltiirlich
stellte ich rnir das Gesicht
Mannes vor, wenn sie ihn in irgen
einer spannenden Arbeit störte, unt
sich wegen Verwertung der Speise
resie seinen Rat einzuholen. Mein
Gatte, der sonst ganz seiner Kunst
und seinen Büchern lebte, hatte von
so etwas natürlich teine blasses-Lib
nung. Müde und reiigniert schloß
ich die Augen und fiel bald in einen
tiefen. köstlichen Schlaf. Gewiß hätte
er mich sehr erquickt, wenn ich nicht
bald darauf durch einen schrillen
Pfiff, ähnlich dem einer Locomotive,
wieder ausgeschreat worden wäre·
Dann wurde leise die Tiir vom
Flur her geöffnet, und der Kopf mei
nes Aelteften schob sich neugierig durch
die Spalte. »Hast Du’s gehört,
Mutti?« —- »Freilich, lieber Junge,
was war das nur?« — »Ich, lir.bfte
Mutti," sagte er zärtlich, »ich bin die
Nachtigall und wollte Dich in
Schlummer singen« denn Du sollst ja
Ruhe haben.'· —- ,.Dante, mein
Sohn«, erwiderte ich gerührt, »aber
Du brauchst Dich nicht wieder so an
zustrengem die Mutti schläft auch
ohne Nachtigall."
Das Schlafzimrner der Kinder war
von dem unserigen nur durch eine
Portiere getrennt. Jch hörte, wie sie
zu Bett gebracht wurden, und wie
man sie flüsternd ermahnte, recht ruhig
zu sein. Dann wurden sie allein ge
lassen. Die Kleinen schienen noch
teine Lust zum Schlasen zu haben.
Die Stimmen wurden lauter· bis der
Aetteste leise sagte: »Wenn ihr ganz
artig seid, will ich Euch ein paar
Rätsel aufgeben!« Das geschah, nach
einer Weile aber rief der Aeltesie halb
laut: «Mutti, schliifft Dut«
»Nein, aver nun wvuen wir aue
schlafen. Gute Nachtls
Am andern Morgen empfand ich es
ganz angenehm, daß ich nicht aufzu
stehen brauchte. Die Luft war so
mild, daß ich bei geöffnetem Fenster
liegen konnte, und aus dem Garten
klangen süße Vogellieder zu mir her
ein, untermischt mit dem kindlichen
Geplauder unserer Buben. Es war
köstlich, so ruhen zu können. Und es
ging wirklich im hause ganz gut.
Ein fürchterliches Geschrei vom
Garten her unterbrach plötlich meine
iehaglichen Betrachtungen. Jch springe
aus dem Bett und fahre in den Mor
genrock, um ans Fenster zu eilen. Aber
die Kinder waren schon im hause.
Voll banger Ahnung eilte ich ins Kin
derzimnrer. »Guftav isk gefallen und
hat sich am Arm weh gethan,« sagte
das Kindermädchem antav weinte
leise und schien arge Schmerzen zu
haben «Gehen Sie ’mal mit ihm
zun- I ,« sagte ich; «Ouiifried ist«
in der vle, der kleine M kann
so lange oben· bei mir bleiben, dann
bin ich ruhiger.«
Als Gustav zurücktam, trug er den
Arm in der Binde. Wir sollen var
sichtig sein, das er nicht noch einmal
aus den Atrn fiele, ließ Dr. Walter
sagen; das Schlüssean sei verleit,
aber bis fest sei die Sache noch unge
fährlich — Der Kleine war mit seiner
Binde ziemlich unbeholfen, und da wir
fürchteten, an seinern haben, tleinen
Kinderbett möchte er sich stoßen, so zog
der gute Vater in'j Fremdenstiibchen
und räumte dem Patienten sein Bett
neben mir ein. Auch wurde ein
sNachtlicht bei uns angezündet Das
Zwar natürlich alles sehr wichtig und
Iausregend siir den Kleinen, und wir
schliefen erst spät ein.
» «Mutti!« llang’s dann siiß in mei
nen Schlummer.
,.Gustadi«
»Ur-ne Muttil Nich’, Du mußt
auch Ruhe haben?«
«Allerdings, lieber Gustav, gute
Nacht!«
Endlich hatte ich Ruhe. Wir schlie
ien beide bis in den hellen Morgen
hinein
Als Marie rnir das Frühstück
brachte, drang durch die geössnete
Tür der widerwiirtige Geruch ange
brannter Milch in mein Zimmer. Jch
sah sie sragend an. »Sie ist nicht ange
brannt«, sagte sie errötend. »Die
Gans wurde gerade gebracht, und ich
dachte, es wäre ein Irrtum und lies
zu herrn Dator, um zu fragen, ob er
si: gekauft hätte. Als ich wieder in
die Küche ianr kochte die Milch über·«
«Hat rnein Mann denn wirtlich eine
Gans gelausi?«
»,Ja denten Sie nur« und sogar
eine ganz schöne. Jch hatte bloß, weil
ich nichts davon wußte, siir heute
Roastbees bestellt, aber —- entschuldi
gen Sie, ich soll Sie sa nicht damit
stören. Wir werden ganz gut sertig!«
Ehe ich etwas erwidern tonnte, war
sie verschwunden und ließ mir volle
Muße, mir meinen Gatten beim
Gänse-Eintaus und — meine Marie
beim Gänse-Braten vorzustellen. Ge
sliigel hatte ich immer selbst zuberei
tet« und es wirlte nicht gerade beruht
gend auf mich. zu denken. daß die
schöne Ganz vielleicht verdorben witt
de, bloß weil ich meiner Köchin nicht
einige Ratschläge geben durfte. Viel
leicht ließ der Gotte sich überreden.
Ich lauschte und lauschte; im Hause
war alles wie ausgestorbem es ging
teine Tur. niemand ging iiber den
Flur. Endlich ein Geräusch: jemand
hatte etwas in den Briestasten gesteckt.
Jm selben Augenblick schoß unser
Dattel mit bestigem Gebell aus der
Zimmertiir meines Gatten, und zu
gteich hörte ich das Getlirr von zer
brochenem Porzellan. »Das ist aber
gräßlich! Meine Frau soll doch Ruhe
haben!«' ries jeht mein Gatte mit zor
niger Stimme und wars hestig das
Flursenster zu. Neues Getlirr —- je
denfalls war eine der großen Fenster
scheiben entzwei gegangen und beraus
gesallen. —
Bald darauf näherten sich Schritte
meiner Tür. Mein Gotte erschien, in
der Hand mein Kochbuch »Sei nur
ganz ruhig, Liebste, es war nicht
schlimm. Jch hatte nur eben Marie zu
mir gebeten, um ihr borzulesen. wie
man Gänsebraten macht, und sie hatte
in der Eile das Frühstücksgeschirr aus
die Treppe gestellt. Nun ist der Hund
aus Versetzen daraus gesprungen und
hat es mit hinunteraerissen. Jch werde
Dir neues taufen. Weißt Du, es giebt
sich ja jeder im Hause Mühe«, iubr er
seufzend sort, .aber ich sreue mich doch
sehr daraus, wenn Du wieder selbst da
biitt«
«Jch auch!« antwortete ich aus ries
stem herzem »Das Liegen hat mir
sehr gut getan, aber fett habe ich’ö
satt und möchte lieber heute als mor
gen ausstehen!«
»Gebt es Dir denn wirklich so viel
besieri« sragte er ersreut. »Wenn Du
meinst. wollen wir Dr. Walter mor
gen bittenj ’mal nach Dir zu sehen.«
«Gute Entschlusse soll man nicht
ausschieben,« sagte ich. «Wie wär-.
wenn Du ihn batest, heute Abend die
Gans mit Dir zu verzehren i« — Die
ser Gedanke behagte ihm, und er be
schloß· die Einladung gleich persönlich
zu besorgen. —
Als er ausgegangen war. rief ich"
Marie zu mir, um ihr die nötigen
Anweisungen zu geben.
»Ich habe mit Dr. Walter fiir heute
nachmittag einen größeren Spazier
gang verabredet,« erzählte mein
Gatte, als er Mittags zurücklehrtr.
»Zum Abendbrot sind wir dann
piinltlich zusammen hier.«
Kaum hatte er das hauö verlassen,
um seinen Freund abzuholen, so stand
ich auf und ergriff mit tiihner hand
wieder die Zügel des hauswesenö. Ich
sorgte dafür-, daß am Abend das Eß
zimmer besonders hell erleuchtet war.
und der Tisch recht hübsch und festlich
aussah —- ,,Wer giebt Jhnen eigent
lich das Recht, aufzustehen?« rief Dr.
Walter lachend. als die beiden in ver
gnligtester Stimmung zurilcklehrten
und an der hauitiir von mir bewill
tomninet wurden
»Ich folgte nur Jhrern weisen
Rathe,« gab ich fröhlich zurück. «Jch
stand auf, weil ich im Bett keine Ruhe
lehr fand. und Sie haben ia selbst
Mant- In folchen W ist Ruhe das
cis-it WI«
L Yrauenckke
Jud-komisch
Von Martin Greis.
Daß ich wieder in dir weile.
Traute heimat, schafft mir Ruh.
Fort ift alle bange Eile,
Weiß ich doch: mein Ziel bist du.
Von der heimat losgeeifsem
Ruhlos irrt der Mensch umher,
Scheint er sie auch nicht zu missen,
Ja, sie nicht zu kennen mehr.
Doch toie et ur Mutter fliehet
Als ein lang ergrauter Mann
Und sie weinend an sich ziehet
Wenn er sie noch finden tann·
So auch sucht er voller Sehnen
Endlich noch die Heimat auf
Und den leiten Kindestriinen
Läßt er in ihr freien Lauf.
Its INMUQO stier
Die Backfische von heute tönnen in
zwei Klassen eingeteilt werden; in
die der alten und die der modernen
Art. Die Mütter halb erwachsener
Mädchen wissen ein Lied davon u
singen, wie schwierig es ist, solch ein
Baafischchen durch diese weiblichen
Flegeljahre hindurchzulotfen und ei
nicht nur zu einer wohlerzogenen
jungen Dame, sondern auch zu einern
tiichti en Menschen zu machen. Es ist
auch chtoer fiir eine Mutter, den rich
tigen Uebergana im Verhältnis zu
ihrer heranwachsenden Tochter zu
finden, die lein Kind mehr ist und
doch auch tein gereifter Mensch; um
so mehr, als gerade in unseren Back
fischen das Streben nach Selbstän
digkeit unt so heftiger ist, je uneeifer
sie noch find. Um gleich mit dem wich
tigsten zu beginnen: Welche Vorstel
luna macht sich ein Backfisch von
Liebe und Ehe? Unsere heranwach
senden Töchter haben sehr oft Gele
genheit gehabt, moderne Bücher zu le
sen, und die sorgsarnste Mutter lann
das heutzutage taum mehr verbitt-L
vern. Ader ivte spiegeln nch oie we
schehnisse dieser Biicher in solch einem
unreifen Gehirnchen? Jn den aller
meisten steckt doch noch so viel
Schwärmerei. daß sie sich ein Jdeal
erträumen. »Er« mus; möglich noch
ein .Dämon" sein, ein »gesährlicher
Mensch«. Natürlich richtet sich die um
diese Zeit mit tätlicher Sicherheit
austauchende erste Liebe auch aus solch
einen selben. Und dann tann es sich
ereignen, daß das junge Mädchen
später auch einmal einen so interes
santen Tausenichts in Wirtlichteit
liebt, toie sie es sich in diesen Jahren
einbildete, und damit vielleicht unab
sehbares Unglück über sich selbst her
ausbeschtoärt. Hier liegen ernste ver
antwortungsbolle Ausgaben siir die
Mutter« und sie diirsen in der Tat
nicht leicht genommen werden. Es ist
dringend notwendig, den Umgang
der Tochter unauffällig, aber streng
zu überwachen und sie von allem
Ueberschwenglichen, allem zu Jntimen
sernzuhalten. ohne daß das Backiischs
lein es merlt. So lange die Mutter
die beste Freundin ihres Kindes
bleibt, lann sie es auch am besten
verstehen und lentetk Es muß ein
Trost der Mutter sein« daß aus dem
unausstehlichsten, naseweisesten und
vorlautesten Baasisch sich manchmal
das allernetteste Mädchen entwickelt
Bei gut veranlagten, gut erzogenen
Mädchen gehen diese Brauseiahre bes
ser darüber, besonders bei ruhigeren
und phelgmatischeren Temperamenten
Leicht erregbare Kinder aber, ganz
besonders solche mit starler Phantasie
und heftigem Temperament, haben
manchmal wirkliche Leiden zu ertra
gen, die in einem «»himmethoch
jauchzend, zu Tode betrübt« zu gips
seln pflegen. Solche Temperaments:
ausbriiche zu dämbsen, ohne sie ganz
zu unterdrücken, sie sogar erzieherisch
zu verwenden, ist eine Kunst, die auch
Miitter erst lernen müsse-i, legt sie
doch siir die T r den Grund zum
ganzen späteren eben und wird siir
die Mutter ausschlaggebend siir ihr
serneres Verhältnis zu der Tochter.
Ort-echte Ieteptr.
Schwarzwurzeln als Ge
müie (mit weißer Sauee). Die
rcvurzeln müssen gleich nach
dSem chSLiilen in Wasser gelegt werden,
das mit etwas Mehl und Essig ver
mischt wurde, damit sie nicht fleclig
werden Man schneidet sie in finger
lange Stücke und locht sie in nicht zu
viel Wasser nebst Butter und wenig
Salz oder in leichter heller Fleisch
oder Knochenbriihe weich Dann
nimmt man sie mit dem Schaumliissel
heraus auf eine erwärmte Schüssel,
verkocht die Brühe mit etwas in But
ter gar gedünftetekn Mehl, das aber
hell bleiben muß, wiirzt mit Kronen
faft, nach Gefallen auch mit alz und
gibt die Sauee über die Wurzeln.
Schweincteule mitUpteL
fii l l u n (nach einer englischenVors
schrift). an läßt die Schwarte einer
kleinen Schweinsleule einschneiden
und das Bein ausliisew Da, wo das
Bein ausgelöst ist« wird die Keule ge
füllt, worauf die dont darüber wieder
at zusammengebunden werden muß,
Ist-It iåichts kansdeeussllung aus
sll Its Us
geknetet Merva IMMM
her gar gekochten kleinen Zwiebeln,
5---6 gehackten Salbeibllitterm einem
gefchölten, in Würfel geschnittenen
Apfel, einem Eidotter, etwas Pfeffer
und Salz wird die Fülluna hergestellt.
Die Keule wird dann im Ofen (man
gieth ein wenig Wasser in die Brat
pfanne) unter fleißigem Begiefzen
fehön braun gebraten. Man kann den
nach Belieben mit etwas Kartoffel
mehl feimig gekochten Fleifchfaft als
Sauce reichen, aber in England gibt
man stets eine Apfelfauce dazu. Ei
nige förmliche Aepfel werden gefchiilt,
in Viertel gefchnitten, von den Kernen
befreit und mit wenig Waffen Butter
und braunem feingeftoßenen Landw
Stireker in einer Kasserolle bei fleißigem
iihren mit einem holzliiffel zu dick
licher Same verkocht.
T e e - G e lee. --— Man bereitet von
UHTeelöffel gutem See einen hellen
Aufgqu von einer kleinen Obertaffe
Tee, der recht aromatifkh schmecken
muß. 6 Unzen zerfchlagenen Hut
zueker läutert man iiber gelindem
Feuer in Wasser bei forgfältigem Ab
chäumen zu klarem Symp. gibt den
Teeaufguß und 5 Tropfen Cochenilles
tinktur (zum Farben) dazu, nimmt
den Shrup vom Feuer, deckt ihn zu,
damit das Tee-Aroma nicht entweicht,
und läßt ihn austithlem Dann mifcht
man ungefähr I-» Quart feinsten Ar
rak, den Saft einer Zitrone und 2X3
Unze aufgelöfte rote oder weiße Gela
tine dazu, fchiitteL fobaid alles gut
vermischt ift, die Masse in eine Form
oder in eine Glasfchale und läßt das
Gelee auf Eis erstarren· Es wird mit
Schlagfahne und kleinen Waffeln,
Makronen oder Bistuits ferdiert.
—- - . s- ·
U e r u e Fortune-supp
rnit saurer Sohne. —- 2Vsnnd
geschiilte, in Stücke geschnittene Kar
tosseln werden mit etwas geschälter zer
schnittener Sellerielnolle, Petersilien
wurzel nnd Poree in schwach gesalze
nem Wasser weich gekocht. dann durch
ein Sieb gestrichen. Diesen Kartoffel
brei verbiinnt man unter langsamem
dinzugieszen und teitiindigem Rtihren
mit lochender leichter Brühe, die man
aus Fleisch, Fleischabsiillen, gerösteten
oder srischen Knochen oder aus zwei
Bouillonwiirseln bereitet, löszt alles
nochmals durchlochtn und schmeckt nach
Salz ab. Inzwischen riihrt man ein
Stückchen gute Butter zu Sahne, siigt
nach und nach 2 Eidotter und eine
tleine Obertasse dicke saure Sahne da
zu, gießt vorsichtig nach und nach die
nicht mehr lochende, aber noch heiße
Sappe dazu, schlägt alles schaumig
und gibt die Suppe in die erwärmte
Terrine iiber gerösiele SemmlwiirseL
Rindsleisch mit Sellerie.
Man schiilt 2 Selleriestouben und 2—-·
3 Zwiebeln und schneidet sie in Schei
ben. 1 bis 6 Pfund gut gellobstes
altschlachtenes saftiges Rindsleisch
(Brust- oder Schwanzstiich legt man
in einen passenden Tons schüttet Sel
lerie- und Zwiebelschnitten darüber
giesst Wasser nebst Salz oder leichte
Brühe da u, so dass eg ein wenig iiber
dem Fleisch und Gemiise steht. und
läßt alles langsam weichdiimpsen.
Man verlacht die dicke Briihe mit ei
nem Stückchen in Mehl gerollter But
ter oder etwas in Butter gargediimps
tem Mehl, wiirzt mit etwas Messer,
geriehener Muslanuss und Gar-nur
vsesser, schmeckt ab und gibt das zer
schnittene Fleisch in die Mitte einer
Schüssel. den Selleriebrei darüber und
in Butter oder Fett gebratene oder ge
backene Kartosselscheiben rundherum
Uöcheemtcher suchen-eint
sS o n n i a g.
Mittags: Braune Brühe mit Eier
stich. Schwarzwurzelgemiiie mit
gebratenen Nieren.
Schweinsteule mit Aepfelfiilltgig. Fee
Gelee mit Schlagfahne.
Abends: Kelter Braten. Aufschnitt
M o n t a g.
Mittags: Feine Kattofselsuppe mit
saurer Sohne. Brechbohnm
(Konsekven) mit heting und
neben Kartoffeln in der
Schale. Rostbtaten.
Kompott Saht Spkihtuchem «
Abender Gefiillte Tomaten.
D i e n s t a g.
Mittags: Getftelsuppe. Rinvileifch mit
Sellekie. Kalbstchnitzel mit Brat
tartofteln. Kompon. Kirsch
sattflammekei. Abends-:
Eier in Senfsauce.
M i t t w o ch,
Mittags: Aptetweinsuppe. Blumen
tphl mit gebratenen Hiknttößs
chen. Gedämpfte Leber mit
Sohne. Kompon.
BotteesAussaui -—- Abends:
Rugout-Pastete.
D o n u e r s ta g
Mittags: Blumenlphlfuppr. Dommel
beaten mit pitantet Same.
Komvpth Zittonatspeise.
Abends: Sittztoteletten.
sie e t t a g.
Mittags: Oe uteeusuppe. Steinbutte
oder heilbntt mit geeiihttee But
tetfauer. Kompott Galat.
Schotoladentlöhchen in sautllelauer.
»Mittelst- chtfstai.
Sen-m end. -
Mittags: selbsteifchbtithh Meis
ftetfchfettsseh VII-Westen sitt -
« mis- m get-Me