Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, January 05, 1912, Zweiter Theil, Image 14

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    Der Kunstreiter
Erzählung
von Friedrich Gerstäcker
l—
FortsesungJ
schon vorher dein Kut
- geld gegeben, sprang
- n und stand wenige
piiter im Stalle neben sei
s-:-.l — den Zauml" war
er fa te, als Einer der
dienft rtig herbeisprang
- .». Er nahm das Geschirr
aw feiner hand und legte es
tferde an —- Er selber
den Gurt und befahl
tllles in Ordnung wußte
das Pferd vor das hanc
-« n herr Baron ausreitenk
- einer der geschäftig herbeieilen
- sellner.
»Ja. bitte lassen Sie mir aus mei
Iem Zimmer die Reitpeitsche und den
Plaid herunterholen die zusammen
tief dem Fauteuil liegen.«
» »Seht wohl; Charles Reit peitsche
nnd Vlaid fiir den herrn Baron —
auf dem Fauteuil Ro. 21.«'
Der junge Bursche flog-die Treppe
hinan und war wenige Minuten spä
ter mit den verlangten Sachen wieder
Inten. Georg befestigte den zufammen
geschmsten Plaid an seinem Sattel,
nahm die Reitpeitfche mit ibrem schwe
ren, bleigefiillten Griff. faßte den
Zligel und sng im nächsten cAugen-L
dlick die Straße hinunter. Sein wacke
ses Thier brauchte er auch nicht anzu
tråbem denn durch den vollen Tag,
den es im Stalle gestanden, war es
schon ungeduldig und rastlos gewor
den. Aber er wollte es auch nicht vor
derseit anstrengen, unt seine Kräfte
ge schonen Ueberdies durste er, so
ld er in die engen Straßen einbog,
nicht so rasch reiten und sein Thier
deshalb einzügelnd, trabte er, so
schnell et hier noch vorwärts rücken
konnte. seinem Ziel entgegen.
«- - Bald hatte er Altona erreicht, und
um ja den günstigsten Moment nicht
zu versäumen, ritt er augenblicklich
dein Circus zu, dem Zuge dort, wenn
er etwa schon aus dem Rückwege wäre,
zsu begegnen —-— aber noch war Alles
still. Ein Briefträger, den er anredete
und nach der Cavalcade fragte, sagte
ihm, daß er die Kunstreiter vor tauni
zehn Minuten dort irgendwo rechts
hinunter gehört hätte. Wo sie jeßt
wären, wiißte er nicht. aber jedenfalls
müßten sie hier wieder vorbei. Georg
wartete nicht darauf; er hielt der be
eichneten Richtung zu und hestete
feine ganze Aufmerksamkeit dabei nur
aus die absteigen-den Straßen, um
nicht in diesen irre zu werden und sei
nen Weg im entscheidenden Augenblick
zu verfehlen. Sein Plan war gefaßt;
ernst und ruhig ritt er im Schritt die
Straße nieder, dann und wann hal
tend, ob er die laute Blechmusit durch
das Gerassel der Wagen und das Ge
liirm der lebendigen Stadt nicht hören
könne. Noch ließ sich tein derartiger
Laut unterscheiden; als er aber wie
der eine Straße entlang geritten war,
kalt und umsichtig dabei jedes mitg
liche hinderniß.erspähend, und eben
wieder um eine Ecke bog, schlugen die
fernen Klänge der Trompeten deutlich «
an sein Ohr. Fast unwillkürlich zit
gelte er sein Thier ein, den willkom
menen Tönen zu tauschen deutlich
unterschied er die Richtung, näher und
lauter wurde der Lärm -— es war
kein Zweifel mehr, sie kamen gerade
auf ihn zu. Das aber lag nicht in
seinem Plane, mit dem er fest mit sich
im Reinen war; aber er dachte auch
nicht daran, sich zu übereilen. Nubig
erwartete er das Näherlonimen des
Zuges, sein Herz klopfte dabei fast
hörbar in der Brust. sein Gesicht war
aschenfahl geworden, aber teine Mus
lel regte sich, und erst als er die vor
anreitenden Trompeter nach sich ein
biegen sash, lenkte er fein Pferd in
eine kleine Gasse hinein, die hier schräg
abbog und ihn vollständig oerdeckt
hielt. Dort iieß er den Zug, der wie
der dem Circusplatze zubielt und je
denfalls seinen Rundritt vollendet
hatte, vorüber, und schon klangen die
Trompeten, da der Schall durch eine
neue Biegung der Straße gebrochen
wurde, wie aus weiter Ferne, als- das
Pferd den leichten Schenkeldruckdes
Reiters fühlte.
Der Zeitpunkt war gekommen, in
dem er handeln mußte, und ein trotzi
geiLächein zuckte zum ersten Mal
K wieder seit langer Zeit unt die fest zu
sammengepreßten Lippen des Man
nes· Das Pferd bog in einem leichten
Stab in die Danptstrahe ein« und eben
konnte er noch die Lesten des Zuges, !
die Gomit erinnern die mit dem!
solle i Stöße triebe-u. Mühlert
- Bat der e des Allen Aber nicht
,. diesen fürchtete er seht, denn wenn
er ihn auch erkannte was thotw Ehe
- et M wen im Heide-den warnen
" baute, var sein a schon gelungen
—- oder m M, nnd mit der Ge
tw« usw-, Miit-M tät
EIN tie? Zeche aalf di;
ca u, a i o
ewigen-it hand
Iskvtjeu w scheut Vlies sich dabei
Jene eer amb sicher, seines
M seine sahn zu· vergehn-. s
saß var raerade m eer der
hauptstraßen der Stadt ein-gebogen
die direlt aus den breit und hoch aus
geführten Cireus des Monsieur Roya
fet zusührtez oon Weitem ließ sich
chon das aus neuen Brettern ausge
siellte Gebäude mit seinem schräg zu
lausenden spigen Dache erkennen.
Georg übersah das Alles; er hatte
sein Terrain an diesem Morgen genau
recognoscirt. Fest hielt er sein Thier
im Zügel und lentte jeht um den
Menschenschwarm herum, der die
Hanswurste lachend und jauchzend
umtobte. Allerdings hatten sich schon
einige Reiter dem Zuge heute Morgen
angeschlossen —- meist Reugietige, die
ihn eine kurze Strecke begleiteten und
dann wieder, durch das Schauspiel er
müdet, davon til-bogen Die zu den
Kunsireitern gehörenden Personen in
teressiren sich aber natürlich sitt-jedes
Pferd, das sie sehen. besonders wenn
es von edler Rate ist, und der alte
Mühler machte keine Ausnahme da
von. Mitten in seinen Spritngen und
Neckereien, bei denen er rechts und
links mit seiner llappernden hats
pritsche Schläge austheilte, haftete
sein Auge an dem Pferde und fuhr er
schreckt von ihm empor zum Reiter.
Den Rappen lonnte er nicht verken
nen, und der leise Schreckensru; ent
suhr seinen Lippen: «Beim Ton el —
Georg!«
So geschickt Mithin auch bisher ge
wußt hatte, trog allen ausgetheilten
Hiebem tllngrifsen auf ihn selber zu
entgehen unddie Lacher auf feiner
Seite zu behalten, so ganz aus aller
ssung brachte ihn die plohliche Er
cheinung des Mannes, den er von
allen auf Erden in diesem Augenblick
am meisten fürchtete. Er hatte in der
That alles Andere um sich her in dem
einen Angstgedanten vergessen, was
der Mann jetzt mit Georginen begin
nen würde. Die mußte er warnen,
und er sprang nach seinem Ponh,
fühlte sich aber auch in demselben
Augenblick wieder zurückgerisfen, denn
drei oder vier Jungen hingen an sei
nen Schößen und hielten ihn jauch
zend fest. Wie der Blitz fuhr er frei
lich mit feiner Pritfche herum, aber
die Jungen waren durch die früher
erhaltenen Diebe schon gewitzigt wor
den, und sich fest an ihn drängen-d und
ihn mit ihren Armen umfassend, ga
ben sie ihm keinen Raum, sie ordentlich
zu treffen. Das half ihnen indesz nicht «
viel denn die anderen Clowns ließen
ihren Kameraden nicht im Stiche. ’
Von beiden Seiten sprangen sie zu s
und so derb hagelten diesmal die Prä
gel auf die ihnen verlockend genug zu- (
gedrehten Rücktheile, daß die Bande
sehr zum Ergöten des übrigen Publi
kums, heulend und schreiend ausein
anderstob. Mühler war aber dadurch
in seinen Bewegungen gehemmt wor
den. und Minuten vergingen, ehe er
seinen Ponh wieder erreichte. Jn zit
ternder haft warf er sich auf dessens
Rücken, und feine Flanlen mit den
hacken bearbeitend. iprengte er den
Zug entlang, Ronazet die gefährliche
Nähe seines Nebenbuhlers zu melden
und Georginen zu warnen
Lange vorher hatte Georg’s wacke
rer Rappe seinen herrn am Zuge hin
aufgetragen Die Blicke des Vaters
suchten dabei und fanden das Kind
und wenige Selunden fpäter war er
an dessen Seite,
L w,,«,
Zllfcpymt quku un Um Yrurgcsi
vergebens ihre Mutter gebeten, sie
nicht rnit auf die Straße zu nehmen.
Bitten wie Thränen blieben gleich er
folglos: sie mußte, denn sie sollte sich
wieder an das lustige Reiterleben ge
wöhnen und nicht allein daheimsitzen,
zu denken und zu grübeln und zu
weinen. Natürlich gehorchie sie, ( wie
sie ihr kleines munteres- Thier aber be
stieg-n hatte, so faß sie noch, die Blicke
an der Mähne desselben haftend, das
Antlitz bleich, der ganze kleine Körper
zitternd, und die Gedanken waren
weit don da. Nicht an den glänzen
den Umzug dachte sie, an die schmet
ternde Musik und das gaffende Volk,
sondern an die freundliche Heimath
im Walde dort weit von hier »— -
an den Vater, dem sie entrissen wor
den und an dein ihre ganze Seele
hing, an ihre liebe, freundliche Er
zieherin. die sich jetzt ihretwegen-sor
gen und um sie weinen würde. Und
konnten sie je erfahren, wo sie fei? —
und wenn das, würde die Mutter sie
je wieder freilassen aus diefem Leben,
dessen ganze Qual sie erft am gestri
gen Abend durchgekoftet? Rasche Huf
fchläge neben ihr weckten sie aus ihren
Träumen, und eine hohe- dunkle Ge
stalt warf ihren Schatten über sie hin.
»Josephinel« flüsterte eine fo, wohl
belannte Stimme an ihrer Seite.
Staunend erschreckt fah sie aus. und
wie ihre hsnd fast unwillkiirlich, und
mehr im sieh zu halten, als aus einem
andern Grunde, den Zügel faßte, rief
sie: »Bei-r —- Du — Du hierf«
»Willst Du mit mit sehens«
.Vthin Da mich fährst!«
»So komm —- rafch —- sprlng her
ilbeek eief der Mann, vor innerer
Bewegung kam-i WH, die Worte
Käse die Lippen zu dein-gern
»He-b .- äensild M T get-· thsek
, VII E c p
gthine im Stande vg, ihre Sinne
-
fa weit zu sammeln, daß fie begriff,
was ihr Vater von ihr wollte« wie sieh
einer der Reiter durch die Uebrigen
drängte. —- Es war Karl, der in die
fem Augenblick frei aus dein Zuge
mit verhängten Zügeln nach vorn
sprengte.
»Spring!« bat der Vater in Todes
angst- denn keine Sekunde spat u
verlieren -— JPring zu mir; ich faife
Dich!« -
»Halt! was geht da vorf« riefen
Andere der Schnar. die Georg nicht
kann-ten; Jofephine faß noch immer
regungslos. nicht fähig. sich zu bewe
gen; aber Georg war nicht der Mann,
den einmal gefaßten Sieg ans den
hönden zu geden. Sich im rechten
Steigbiigel niederbiegend, faßte er fein
Kind mit dein rechten Arm um den
Leid, und noch während er fie empor
hab, fühlte der Rappe den eingeftoße
nen Sporn, der ihn nach vorn trieb«
Frei an feinem Arm hing bei dem er
sten Sake des Pferdes das Kind in
der Luft. aber fchon faß der Reiters
wieder eifenfeft im Sattel, und wish
rend er die willenlafe Kleine in feinen i
linken Arm warf, und der Rappe, das i
Feuer aus dem Straßenpflafter schla- I
gend, den Zug entlangflog, faßte feine ?
Rechte die bleibeschwerte Peitsche feft
and sicher, sich feine Bahn frei zu
hauen, wenn ihm tein anderer Aus
weg blieb.
Links hinuder konnte er nicht; keine i
Straße bog hier ab, und hinter dem
Zuge wälzte sich der dichte Menschen
schwarm —«— also voraus, und mit
Gedantenschnelle flog er hin. Da
schoß Karl an Rohazet’s Seite. E
Disefer, durch das Getöse betäubt, das
die dicht vor ihm reiten-den Trompeter
machten, hatte von dem, was hinter
ihm im Zuge vorging. noch keine
Ahnung —- als plöhlich des erschreck
ten Burschen Stimme in sein Ohr
dröhnte: »Dort ist Georg Bevtrandl
er entführt das Kind!«
»Georg? um Gott!« schrie Geor
gine, erschreckt emporfahrend, und die
herandonnernden hufe bestätigten
schon die taum gasprochenen Worte.
Jm Nu aber hatte Royazet seinen
Zügel aufgegriffen, und dem eigenen
Thiere beide hacken in die Flanten
bohrend, flog er mit ihm wie ein von
der Sehne geschnellter Pfeil dem
Feinde entgegen. ,
Jn dem Moment brauste Georg
heran, und aus dem Wege ftob Alles
vor dem Rasenden.
«halt!« donnerte ihm Royazet zu,
und wie er, fast durch die Luft flie
gend, an Septas Seite war, griff
feine Faust nach Josephineni Kleid.
Da traf die schwere, bleigesiillte Peit
sche den auyestreckten Arm, daß er
gelähmt zur Seite sank, und der
Rappe schnob mit einem Satze vorbei.
Den Verfolger war er deshalb freilich
noch nicht los, denn Royazet brauchte
die andere Band nicht fiir die Zitgelx
sein Thier, von fast so edlem Blute
als das, welches feinen Gegner trug
flog, nur von den Schenkeln geführt,
herum, den Rappen einzuholen. aber
der hatte schon eine Pserdeliinge Vor
sprung, und« wie ein Wetter sauste er
dahin. L
»Halt da —-« halt!« schrie Polizei,
die dort im Wege stand, und sprang
vor, dern Pferde nach dem Zügel zu
greifen »s— wieder sant die Petsche,
und mit einem Schmerzensschrei fuhr
der Dienstbeflissene zurück. EinSchieb:
larren fuhr quer über die Straße - -
der Mann ließ ihn fallen und floh
zur Seite; einem Vogel gleich schnellte
der Rappe darüber hin, der graue
Araber, den Rohazet ritt, blieb dicht
an seinen Fersen. Wagen treuzten
ihren Weg, aber die beiden, der leise
sten Führung gehorchenden Pferde
fanden lein hinderniß, das sie nicht
überwunden hätten. Wie ein Blin
strahl schoß der Rappe über den Bo
den, wie der Schein, der dem Blitze
folgt, folgte ihtn der Graue, und beide
Pferde schienen den Boden, aus dem
sie die hellen Funken schlugen, kaum
zu berühren. ——- Aber der Araber war
dem Rappen nicht gewachsen, und
selbst wenn er ihn eingeholt, fühlte
Rohazet recht gut, dasz er allein dem
Vater das Kind nicht würde entreißen
Könnens Doch seine Ehre als Reiter
stand hier auf dem Spiele, und weiter
und weiter jagte er sein schnaubendes
Roß. Der seidene Mantel, den er
trug, schlug ihm Wind —- wild weh
ten seine haare hinterdrein, denn das
ederbarett hatte ihm der tolle Ritt
chon lange entführt. Aber seine
hacken trafen des arabischen Hengstes
Flanlen; mit Stimme und Schlag
seuerte er ihn an —- zu mehr, als er
zu leisten vermochte —- den Rappen
einzuholen.
Wie in Erz ges en saß dagegen
Geotg irn Sattel. in dicht an seine
Brust geschmiestes K nd im Arn-, das
dunlle sage in Siegesjubel blisenb,
die Rechte mit der Peitsche bewehrt, so
flog er dahin, sein Thier sich selber
überlaserM wie eine Erscheinung an
den entseht zur Seite Prallenden vor
bei, bis Deutschlands Grenze, , die
Linie, die Altona von harnburg schei
det, zwischen i nnd seinem Feinde
» Noch l« er feinem wackern
V edensiisebbiierdienächpe
Werteiihe sasi erreicht. Jest wußte
er. das er aus deutschern Grund und
Boden war, und nicht länger mehr
brauchte er zu sliehen. »s« Wollte ihn
sein Beriolger erreichen, hier hielt er ·
ihm Stand, und mit dein Willen sast
parirle er sein Pferd, das so, in vol
ler Flucht. sich aus den Hinterbeinens
hob. herumslog und wie angegossens
stand. -— Aber Rohazet war klug ge
nug, dem um Aeußersten Getriebe-sen
nicht aus fein eigenes Terrain zu sol
gen. Die Grenze bildete siir ihn das
letzte Ziel der Verfolgung, und dort
sein Pferd so rasch und sicher pari
rend wie Georg. lenkte er es zurück.
und war wenige Minuten später, be
schämt, besiegt, zwischen den Häuser
reihen Altonai verschwunden.
Ein Mumphikmdes Lächeln zuckte
um Georg’s Lippen aber es war
nur ein Moment. Die Gegenwart
nahm ihn genug in Anspruch -— das
Andere lag dahinten Rasch schnallte
er den Plaid von seinem Sattel, denn
sein wilder Ritt sowohl, wie die wun
derliche Tr cht des Kindes, das er
vor sich tru . erregten die Ausmerl
samleit der ruhigen, an so etwas nicht
gewöhnten Bürger hamhurgs —
Neugierige begannen schon sich um ihn
zu sammeln. Ohne Zögern hüllte er
die Kleine in den weichen Plaid,
nahm ihr das Barett vorn Haupte
das er darunter barg, verdeckte ihr
geschminttes Antlitz, und irahte dabei
schon wieder schars dern nächsten
Thore zu. Aus Sieht den Leuten,
und er war vergessen. Jn der Stadt
selber lonnte der aus schweißdedecktem
Thier Vorübertrabende nur sliichtigk
UUIWUICMIUI ckccgclls Mk Beute
dort hatten auch zu oiel mit sich selber
zu thun, sich noch um Andere, Fremde
zu belümmern. So gewann er ohne
weiteres hinderniß sein hoteh sprang
vorn Pferde, das er dem haustnecht
übergab, um es rasch in den Stall zu
führen und abzureiben, und trug sein
Kind, noch eingehüllt in den Plaid,
die breite Treppe selbst hinauf.
Das Stubenmädchen erstaunte al
lerdings, als ihr der Auftrag wurde.
so rasch als möglich Kinderlleider für
die Kleine herbeizuschaffen; dort aber
war das leicht. Jn einer halben
Stunde hing Josephine, Freudenthrü
nen weinend, in einem dunkeln, war
men Kleide an ihres Vaters Halse,
und schon der Abendzug, der Ham
burg verließ, führte sie mit dem Va
ter und dem alten erstaunten Barthold
der heimath wieder zu. l
29.
-- Wolf o. Geyerstein saß allein in
seiner Stube, den Kopf in die Hand
gestützt, und vor ihm lag ein offener
Brief Georg’s:
Tausend und tausend Dank für
Deine brüderliche Liebe, mein Wolf!
-—— Du hast Recht —- meine Stellung
hier« nach dem Vorgefallenen, ift,
wen-n auch nicht unhaltbar. doch höchst
drückend. Durch jenen herrn d. Süh
big, wie Du aus meinen früheren
Brieer weißt, und durch des alten
Mühler trunlene oder seines Neffen
boshafte Schwatzhaftigleit ist mehr
unter die Leute gekommen, als ich im
Anfange selbst vermuthete. Das Ge
rücht, was ich früher gewesen bin, hat
Boden gefaßt, und die Gutsnachbarn
ziehen sich von mir zurück, vermeiden
mich wenigstens-, so viel es geht, und
ich werde sie nicht aufsuchen.
Meine ganze Seligkeit ist jetzt mein
Kind, das ich glücklich dem ihm selber
furchtbaren Leben entrissen habe.
Daß Georgine durch einen Sturz vom
Pferde das Leben verlor, weißt du.
Frei oon allen Banden, die mich bis
W
dahin an das alte Leben leiteten. will
ich von nun an meine Bahn beginnen.
Fiir Dein Anerbieten, mich nach
Ungarn auf das dort fiir mich ange
laufte Gut zu sehen, nimm meinen
heißen Dant. Du haft schon mehr fiir
mich gethan, als felbft ein Bruder fiir
den andern thun lann, aber ichs
will Dich aller weitern Sorge fiir mich
entheben. Jch habe einen andern
Plan fiir mich. der mich mir selber
wiedergeben foll. Will es Gott, foj
fehen wir uns dereinft noch froh nndi
fröhlich wieder, und dann lann ich derj
Mutter auch getrost in’s Auge schauen.
Ich will nach Amerika. Es wird
mir von meinem tleinen Kapital etwa
fv viel übrig bleiben. mit meinen Be
gleiter-n hiniiber zu lommen. Jch habe
ein Kind angenommen - - eine Waife
—- als Jofephinens Gespielin, die mit
unendlicher Liebe an der neuenSchwe
fter hängt. Von allen meinen Sachen
nehme ich nur den Rappen mit, der
mir mein Kind befreit ——— aber nur
bis zu Dir. Mag er Dir von ith an
fv treu dienen, als er mir gedient.
Alles Weitere mündlich. Jch komme
auf der Durchreife nach »Is. um Dich,
Du treues Herz, noch einmal zu fehen
und Dir felber fiir Alles, was Du an
uns gethan. zuf danlen. Wahrschein
lich folge ich diesem Briefe unmittel
bar; denn wie Du mir schreibst, wird
der neue Pachter fchvn in acht Tagen
eintreffen. und es ist Alles hier fo ge
regelt und in Ordnung, daß dem al
ten Verwalter das Gut auf die lurze
Zeit ohne dae geringste Sorge anver
traut werden lann. Jch bin gerade
gebei, ihm das Inventar zu iibergei
n.
Es grüßt und liißt Dich bis dahin
Dein G e o r g.
P. S. ——- Da Du mich nach dem
Namen des traurigen Jndividuumz
fragst das meine Frau zu ihrer
lucht benutzte, so schreibe ich ihn
ir. — Er nennt sich Baron hugo
v. Silberglanz.
Wolf hatte den Brief wieder und
wieder gelesen. Er war ausgestanden
undsskzing mit raschen Schritten in sei
nem Zimmer aus und ab
»Er darf nicht sort!« slüsterte er
dabei, »nicht nach Amerika! Es ist
das letzte Herz das hier noch mir ge
hört s— wir gehen zusammen fort von
hier — nach Ungarn Brennt doch
der Boden auch mir unter den Füßen.
Gott sei Dant, daß er tomrnt —- be
sprochen ist so etwas besser, als ge
schrieben, und er wird er tiinnte
nicht von mir gehen —- wiiszte er nur
den tausendsten Theil von dem, was
ich um ihn hier leide«, sehte er mit
leiser, kaum hörbarer Stimme hinzu.
Mit dem Entschlusse« feine Stel
lung hier aufzugeben und die Stadt
selber, die so viele trübe Erinnerun
gen fiir ihn barg, zu verlassen, tam
auch plöhlich Ruhe iiber ihn. Er ord
nete seine Papiere und ließ sich dann
bei dem Fürsten melden. Der Fürst
war aber aus die Jagd gefahren und
wurde erst am nächsten Abend zurück
erwartet. Die Lataien schlenderten
miiszig im Schlosse herum und zählten
vor lauter Langerweilkdie Fenster
scheiden.
Karl. der Bursche des Nittmeisters,
hatte indessen mehr Beschäftigung,
denn ihm war der Austrag geworden,
zwei Zimmer stir Gäste herzurichten,
mit allem Nöthigen zu versehen und
ordentlich durchwärmen zu lassen, da
der Besuch jeden Augenblick eintreffen
konnte
An dem Abend war Soiree bei
herrn v. Zithbig und Gras Generstein
ebenfalls eingeladen worden — der
sich aber entschuldigen ließ Gegen
,Ahend. als er durch die Stadt ging
ftrcrf er den Baron zufällig aus der
Straße.
) (Fortsehung salgt.)
W
« see urtuuvllfetenltche schwel
Der Kanton Graubiinden, der in
nerhalb seiner Grenzen namentlich
das Juwel des Ober-Engadin mit sei
ner herrlichen Umgebung anGletschern
und Hochgipfeln umfaßt, hat den Mut
gehabt, die Automobile aus seinemGe
biet zu verbannen. Hier herrschen also
nur Eisenbahnen, gewöhnliche Wagen
und die zuverlässigste Maschine de:
menschlichen Gehwertzeuge als Ver
lehrsmitteL Man ist gespannt darauf
gewesen« wie das Automobilverbot auf
den Fremdenbesuch in Graubiinden
wirken würde, und auch die Behörden
des Kantons haben sich guten Erfolges
wohl kaum ganz sicher gefühlt. Den
noch läßt sich schon jetzt sagen. daß ein
solcher eingetreten ist, denn in diesem
Jahre sind die Hauptanziehungspnnkte
Graubiindeng stärker besucht gewesen
als je. Jnsolge dessen erscheint die
Feindschaft gegen die Automobile in
der Schweiz weiter um sich zu greifen,
und mehrere andere Kantone erwägen
ob sie dem Beispiel Graubiindens sol-«
gen sollen. Vorläufig werden die Leu
te, die sich einer solchen Maßregel
freuen würden, wohl noch in derMehri
zahl sein« namentlich alte, die denTom
risten zu Fuß noch als den eigentlich
vornehmsten Reisenden in der Schweiz
betrachten. Wer in den letzten Jahren
beispielsweise am Vierwaldstätter See
gewesen ist, wird den Autamobilder
lehr aus der jchrnalem gewundenen
Uns-nahe umsilulet ochts trennqu
Alpengewiissers als höchst unange
nehm und auch als schlechthin gefähr
lich empfunden haben. Vielleicht wird
es sogar einmal zu einem Bundesgesek
gegen die Automobile in der Schweiz
kommen. Der Kanton Ziirich but die
Absicht, vorläusia siir die Sonntag
nachmittage den Automobilverlehr auf
sämtlichen Aantonalstrasken zu verbie
ten. Ausgenommen sollen nur die
Stadtbezirke von Ziirich und Winter
thur sein. Außerdem soll für dieNachts
stunden eine Beschränkung eintreten
Selbstverständlich haben sich die Auto
mobilisten zu einemProtesi zusammen
getan, aber es hat den Anschein, als ob
sie dabei den Mir-Irren ziehen werden·
Auch in unserm YellomstonesPart
ist der Gebrauch vonAutomobilen nicht
gestattet.
Ein Professor hat ausgerechnet. dass
die Lebensdauer der Erde noch 15,
000,000 Jahre sein wird. Na, da
kann man sich ja ieden«-,slbend ruhig ins
Bett legen.
Nachdem der Bitndes:3ensus erge
ben bat, daß die Bevölkerung New
Yorls zu vierzig Prozent aus Perso
nen besteht, die im Auslande geboren
sind, rühmt sich Chicago, die größte
nmerilanische Stadt zu sein. Aber
mit Recht?
Der Oasen-Krieg in Tripolitanien
nimmt einen mehr oder weniger ski
schen. fröhlichen Fortgang Die Ita
liener werden sikh bald ebenso »oeroast«
vorkommen, wie sich s. Z. ein bekann
ter Witzbold in der Menschenwiiste
Sbicago fühlte.
Zlvingen wir, so nennen mir es
Macht, werden wir gezwungen, so
nennen trir es Gewalt.
n Ei giebt keine langen Winterabcnde mehr! l
Der Graf non .
Dante Christo ·«
ceicn Sie dein interessantesteu Roman
aller Zeiten, das an Abenteueru reiche
Leben de
Gtafkn von cMontk Christo
von Alex-andre Dumad
sieben diesem unvergleichlich ipanuenven
sei-um enthaiien die beiden Bäuve noch zwei
weitere sit-imme
Ein Grab an der Kirchhofmauer
von Julie Butoiv
Vaniinknyof m u. muss
Ju der Qiiiee dieser Zeitung zu haben