Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, January 05, 1912, Zweiter Theil, Image 12
Use-P III Clisabeth Kalbe. I H M der Weg noch zum golde nen Ziel, , .W H III nnd der Miihen - . mel, Z W C · vie Sten- — f DE III —- un nähn-heku ,- is M da nimmt i, 1 ? III so autl Us- M am Wege. See-nun ,le III Ida Sorter. M Suasii daheim wieder k« f schien es allen, als oh er — Todten auferstanden sei. dreißig Jahren hatte ek nichts D:m sieh hören lassen. Und da — — war er ein gar wilder Bursche M rebellisch und unbezähmbar. Baker« ein jähzorniger Mann, Nie gar manchen Rohrfiock aus dem breiten Rücken des Sohnes zerbro Äetn ohne daß es ihtn jedoch gelungen Gre. den Trotzlopf des widerspen ggen Jünglings zu besiegen; ganz tlos hatte sich die väterliche Er Ængsmrihode erwiesen. Noch frü alz die braunen und blauen We an den Schultern, verschwand Erinnerung an die erlittene Stra anz Beppog Gehirn. Die Mutter, weicher gesinnt. hatte versucht, ihre hilse bei dem Pfarrer und allen Hei ligen zu suchen, aber auch diese Me skhodh den ungerathenen Sohn bessern B wollen, haiie nicht die geringste irkung erzielt. Von Zeit zu Zeit verschwand der Bursche aus einige Wochen spurlos. nnd wenn er dann eines Tages-, ohne daß man an seine Rückkunft noch ge dacht hätte, wieder erschien, da bot er mit seinen in Fetzen vom Körper hängenden Kleidern, dem zerschunde nen Gesicht und dem hinlenden Gang einen so verwahrlosien und jäm merlichen Anblick, daß die armen Eltern aus das höchste erschraken. Und neue Prügel, Ermahnungen und Drohworie waren die Folge. Aber nichts wollte helfen;· der Bursche blieb trotzig oersiocki und böse wie Zuvor. s- Q Zum liebsten wuroe im mich ek wiirgent Du Fluch meines Lebens! Du Schandfleck unseres Hauses!« Dies waren noch die fanftesten Aug driicke, die die väterliche Zärtlichkeit für den mißrathenen Sohn-fand Nicht. daß Beppos Erzeuger ein bö ser Mensch gewesen wäre, aber seine Thötigteit als Arbeiter hatte ihm nie genügend Zeit gelassen, etwas für seine Bildung zu thun und seine Manieren ein wenig zu verhalltva nen. Die Mutter, dieses arme, vom Leben gebeugte Weib, hatte zwar manchmal versucht, zur Milde zu mahnen und zu ein wenig Nachsicht aufgefordert, aber der Vater hatte sie barsch schweigen geheißen. und die anderen Söhne und Töchter hatten sie höhnisch wegen ihrer Vorliebe siir den mißrathenen Jüngsten ver spottet. Und eines Tages geschah eg, daß Beppv Guasti verschwand, um drei ßig«ilange Jahre nicht wiederzukehi ren. E«r wird schon eines Tages wieder bei uns erscheinen! Un kraut verdirbt nicht!'« Mit diesen Worten beantwortete der Vater die heimlich fließean Thriinen seiner Gattin, die Fragen seiner anderen Kinder, die Neugierde der Nachbarn Aber Beppo kam nicht wieder. Ein herumziehender Kaufmann er zählte eines Tages in Beppos hei mathsorte, er habe den Verschollenen in Turin in einem Wirthshause nie dersten Ranges mit einer Bande ver wahrloster Gesellen bei wüstem Ha sardspiele angetroffen. »Er wird noch am Galgen en den! Er steuert direkt darauf log! Aber was kümmert das mich! Jch tschi-e ihn nicht mehr zu meinen tskirktierrii war die Antwort des Ba —-----——--—--. Die Jahre vergingen. Beppos Va ter war ein alter Mann geworden dessen Rücken von der harten Arbeit eines ganzen Lebens gebeugt, dessen Gesicht verrunzelt wie das einer Mu nrie geworden war. Die Kinder hatten, eines nach dem anderen. das väterliche Haus -perlassen·. um sich selbst ein beschei denes heim zu gründen, und hatten der Alten vergessen, die ganz der Noth und dem Kummer preisgegeben waren. ,Lauter Egoisten2 Lauter herz lose Menschenl« brummte der alte Mann tagein, tagaus vor sich hin. Aber wenn dann seine Frau den schüchternen Einwurf wagte: »Wer weiß, Alter-, ob ei uns, wenn Beppo bei unt geblieben wäre, heute nicht besser ginge! Jm Grunde genom men hatte er doch kein schlechtes herz!«, da fuhr sie ihr Mann an: » «Wirst Du wohl schweigen, närri sches Weib! be ich Dir nickzt schon tausend-no gesagt, daß wir te - neu sehn mehr haben, der Beppo se mehr sich der alte Mann i- dtese Idee verbiß desto öfter ge schahe-ihm seitdaßeranden verlorenen Sohn deuten mußte. Und U seinen- bescheW S e Land kII Zinsherr-s — zu III ein-es Mc reichte es M sahe —, dW der Alte alle Zeitungen, deren er hoh hast werden tonnte. in der uneinge standenen Dossnung vielleicht etwas von dem todtgeglauhten Sohn zu er ; fahren. j Wie. wenn er vielleicht doch nochasr Leben wäre? Wenn er vor langen »Jahren nach Amerika ausgewandert i wäre, um eines Tages, mit ungeheuern Reichthümetn beladen, von dort zu rückzukehren? All dieses hatte sich doch schon unzählige Male ereignet. War um sollte es diesmal nicht auch ge schehen können? »Vielleicht wäre es doch einstens tliiger von mir gewesen. gegen den Burschen nicht so streng zu sein· Vielleicht hätte ich mit Güte mehr bei ihm erreicht? Hötten weniger Priigel vielleicht mehr siir Bevpos Et Ziehung gethan? Wenn er eines Ta ges als reicher Mann heimkehren wird. da wird er alles mit seiner Mutter theilen. von mir aher nichts wissen wollen! O, ich Narr, der ich gewesen hin! « Eines Tages, nachdem er wieder stundenlang im Wirthshaus vor sich hingedänimert hatte, kehrte der Alte in sein trübseliges Heim zurück, noch gebeugter als sonst, aher von einer Beredsamteit, die seinem mürrischen Wesen sonst ganz sern lag. »Weißt Du«, sagte er, zärtlich die Hand seines Weibes ergreifend. wie er es nicht in den fernen Tagen sei ner Jugend gethan hatte, .tveißt Du, wenn Bevvo eines schönen Tages zu rückkehren sollte, so sage ihm, daß ich einst glaubte, meine Pflicht an ihm zu erfüllen, als ich so streng gegen ihn war!« Das arme Weib, gerührt durch den ungewohnt liebevollen Ton ihres Mannes und durch die Erwähnung des so bitter Bermißten, brach tn trostloses Schluchzen aus. »Jeder Mensch aus dieser Welt tann irren«, fuhr der Alte traurig sort »und so hin auch ich sehlgegan gen! Sage ihm, daß. . . daß kramein Andenten nicht verfluchen o e-« An diesem Abend erlitt er einen SchlagansalL Nachbarn erklärten sich diensteisrig bereit, nach dem Pfarrer und den Kindern zu laufen, aber be vor diese noch erschienen waren, that der alte Mann seinen lehten Athems zug, das Gehirn nur von einem Ge danken erfüllt, der sich auch aus die Lippen des Sterbenden drängte: »Wenn er wiederkommen wird!. . .« Und das Gras aus dem Hügel des Todten hatte sich noch nicht einmal gelb gefärbt, als .er« kam. Beppo Guasti war ein »Herr« ge worden. Fünszig Jahre alt, rüstig, wie ein Millioniir gekleidet. - Vielleicht war das Gesicht, wenn man näher hinfah. unter der Patina des Wohllebens doch dasselbe geblie ben, das es einstens gewesen: das magere, verschlung Gesicht eines Abenteurers. Aber das Leben und: die Erfahrung hatten Beppo gelehrt.j den Ausdruck seiner Züge zu be-« herrschen, und der elegante fremde» herr, der plötzlich eines Tages mit seinen großen modernen Koffern vor dem Thor des Gasthofes zur Post vor-fuhr, machte ganz und gar einen» höchst disiingirten Eindruck. »Mutter!« ries er, zärtlich die Ar me ukn das elende Weibchen schlin gend, das vor freudigem Schreck über dieses Wiedersehen schier zusammen-« zubrechen schien. Und den müdegei weinten Augen entstürzte ein neuer Thriinenstrom beim Anblick dieses vornehmen Herrn, der-sich ihr Sohn nannte. »Er hat es ja immer ge ssagt, daß Du wiederkommen würdest! IEr wußte est« stilsterten ihre Lip IML —-- -- —-· ; Oeppo Saturn um oie waqryekr lzu sagen, hielt sich nicht lange damit sauf, den Todten zu beweisen. Viel jleicht hatte der Alte recht gehabt, als ler annahm, die bitterm Erinnerungen tans seine Jugendzeit würden in dem Sohne noch nicht erloschen sein. . . Vielleicht war auch Beppos Gleichgül )tigteit gegen den verstorbenen Vater eine Folge seiner Anschauung, Ver lorenes verloren zu geben. »Weißt Du, Mutter, wir moderne Menschen haben so unsere eigenen Ansichten über die Dinge!. . . Die Liebe zur Hei math«t. . . Die Erinnerungen unserer ,Jugend2. . . Lauter Märchen, lauter falsche und überflüssige Sentimenta lität, die das schöne Leben hindert!... Dort, wo es mir gut geht, dort ist meine heimatb!« Und Beppo wiederholte diese seine Anschauungen in der Apotheke, in der er täglich erschien, urn sich von den berbeigeströrnten Nachbarn be staunen und bewundern zu lassen. Doch allzu kühner Anniiherungen ei niger Borwitiger. die sich auf alte Freundschaft berufen wollten, wußte er sich mit schneidender Jronie zu ent ledigen. »Ich soll hier Freunde be habt habeni Jch tann mich dessen nicht entsinnen! Aber es ist ja auch schon so lange ber!« Und spöttisch lä chelnd wendete er sich anderen Be wunderern zu. Und genau so verfuhr Bevpo mit feinen Geschwisterrn Keine Zärtlich leitsausbriiche, teine Rührszenen. Je dem eine Summe Geldes, nicht groß nicht klein, nur gerade genug« unt sich in Respekt zu sehen, ohne jedoch überflösstge Jllufionen zu erwecken. bin ein M t Egger Eis-hoch rast-Ufern lassnå s zwin- me..uap time-such- waschan zu, das Leben zu genießen, in vollen Zügen zu genießen!« Auf dem Friedhof war Beppo ein mal gewesen« für einige Minuten, um ein einfaches Grabmal fiir den Vater zu bestellen. Aber fein Wort der Trauer oder der Klage urn den Verstorbenen war feinen Lippen ent floherr Der einzige Mensch ir: der Heime-th. dem er seine Liebe zuwand te, war die Mutter-. »Ich schlage Dir gar nicht vor. Mutter. mit mir in die Fremde zu »sieben! Jch weiß. daß Du Dich nicht daran gewöhnen könntest, wo an Hderg als in Deinem Dörfchen zu le ibenl Und ich darf Dich auch auf ’Deine alten Tage nicht an meine wild-bewegte Existenz leiten! Aber ich will hier-für Dein Wohl sorgen! Ge fällt Dir das kleine, rathe Häuschen dort drüben? Möchtest Du ei ha ;ben?« «Heilige Madonna!' rief die Alte, in ein Meer von Glück verfinlend »Das rathe Häuscheni. . . Das ift viel zu schön für micht« »Nein, es ift nicht zu fchön fiir Dicht. . . Es ift gerade das, was Dir fehlt. . . Ein kleines Häuschen, mit allen Beauemlichteiten, die Du Dein ganzes Leben entbehren mußtest, ein hübsches Gärtchen, in dem Du Deine miiden, alten Knochen ausru hen tannftt« »Ah, wenn das der arme Vater noch erlebt hättet O, wenn Du nur wüßteft, Ver-po, wie sehr er von Deiner Wiederkehr geträumt hat!. . . Tausend und abertaufend Mal hat er von Dir gesprochen!. . . Nicht wahr, mein Kind, ich habe recht ge habt, toenn ich ihm sagte, Du wür deft immer nur ehrliche Wege ge beni« Das Gesicht des Mannes, der durch allen Schmutz des Lebens gewandert war, nahm einen starren Ausdruck an, die hand, die schon fo viel gefiindigt hatte. zitterte leicht, als sie mit der goldenen Uhrlette spielte, die die We fte fchmiicttr. , äVer-pat« rief die Mutter angfts bo . s »Es-is dag, Marias antwortete Jseine miide Stimme. » Und Bepvo kauste das rothe Häus ’chen und richtete es sür die Frau ein, die bisher nur Thranen und Elend kennen gelernt hatte. Die Alte konnte an ihr Glück gar nicht glauben! Dies alles sollte jetzt ihr gehören? Dieses Gärtchen mit den blühenden Blumen, das in Son ne gebadet dalag? Diese freundli chen Möbel und hellen Vorhängei Sie sollte jetzt siir immer von Sau berkeit und Frieden umgeben, leben dürfen? Jm Dors rissen die Nachbarn Mund und Augen aus« als sie von all der herrlichkeit erfuhren, die Bep po3- Mutter zugefallen war. Und Neid und Mißgunst hefteten sich an die Fersen der Frau, die bis dahin eine der Bedauernswerthesten gewe sen war! An dem Tage, an dem die alte Frau das häuschen beziehen sollte, kam Bevvo Guasti im Wagen zu ihr, um sie in das neue heim zu bringen. Er hatte ihr schöne Wäsche geschenkt und neue Kleider, und als sie jegt mit dem Sohne die Karrosse bestieg. um ihre Wohnung aufzusa chen, da sah sie in all dem neuen Staat sast wie eine vornehme Dame aus« Und tiefe Dankbarkeit gegen den Spender all dieser herrlichleiten überfluthete das herz der Alten. als sie in ihrem neuen heim bewundernd von einem Stiick zum anderen ging, ihre Finger wie schmeichelnd über die schönen Vorhänge gleiten und ihre Blicke liehvoll aus Schranken und Solas ruhen liest. Und vor dem Bette, diesem breiten Bette, mit Sprungsedermatrshe, blühiveißem Leiniuche und weichen Kissen. blieb sie stehen, die hände an dächtig wie im Gebet gesaltet. »Das soll mir gehöreni Miti. . . Das ist doch das Bett einer Köni gin!. . . Nein, mein Sohn, diese Wohlihaten verdiene ich nicht! Das ist zu viel!. . .« »Aber Mutter, sprich doch nicht solchen Unsinn! Du dies nicht ver dienen?«. . . Wie ich mich steue, daß es Dir so sehr gesiillti« »Und unsere alte, alte Hütte?. . . Und unsere Möbel?« sragte sie schüch tern. »Die werden wir dem Kranihändi lex- schenken!« antwortete Beppo fröh li . »Oh, sür Deine Geschwister wer den sie noch immer ein Glück bedeu ienL . . Jch mache mir Vorwürfe, Beim-, so im Uebersluß zu leben, wiihrend sie. -. .« »Warum ließen sie Dich vor Hun ger und Elend schier vertomnieni« »Aber Da. . . vielleicht könntest Du Dich auch ihrer ein wenig annehmen i« bat die Alte zaghaft. »Nein! Ich will siir sie nicht mehr thun, als ich bereits gethan habe! Ich habe meinen Geschwistern siir einen Groschen. tiir kein gutes Wort dankbar zn sein! Du allein bist meine Vergangenheit, Du allein, Muttert« Und ein tiescr Schatten überflog das Gesicht Beppos bei der Erinnerung an alle jene, die ihn aus einein ehrlichen Leben gestoßen und ans seine jehige Bahn gedrängt hat .ten. Arn nächsten Morgen, tamn daß T des , se III-Fi- - dem 1M«ÆDZT überraschen und sie wegen ihres «da menhasien Faulenzens« zu unten Leise betrat er das Zimmer und sand die Mutter noch schlasend. Aber in höchster Verbliissung blieb er stehen und starrte aus den sonderbaren An blick. der sich ihm bot. Die Mutter hatte die schsne Sprungsedernmtrahe in den entserntesten Winkel des Zim mers gestellt und sich ihr Lager aus dem Boden neben dem Bette berei tet. Der magere Körper ruhte aus einem alten. verschlissenen Strohiack, der von Schmuh und Abgebrauchtheit starrte. .Mutter!« rief Bepvo mit erreg ter Stimme. »Was soll das bedeu ten, Mutter?« Erschrocken suhr die Alte empor, und als sie die zornig-erstaunten Blicke Bepbos aui sich ruhen sah, da erröihete sie in tiefem Schrecken wie ein aescholteneg Kind. »Verzeihe mir, Bewo, verzeihe mir!« sliisterte sie. »Ich hosste, zu er wachen. bevor Du lommsi!« »Ich tonnte nicht anders. mein Junge!. . . Du sollst nicht böse sein« aber. . . aus diesem Strohsacl wurde ich einst geboren. aus diesem Stroh sack will ich auch sterben!. . . Als junaberheirathete Frau habe ich ihn in das Haus Deines Vaters mitge bracht. . . ihr alle wurdet mir aus ihm geschenkt. . . und Dein Vater hat aus ihm seinen lebten Seuszer gethan! kDer Strohsact hat alles gewußt. er bat mein ganzes Leben mitgelebt,» Kummer. Krankheiten und Sorgen; meine Seufzer als Du verschwan desi. hat er gehört. und meine Ge-i bete, der Herr möge Dich einen ehr »lichen, braven Menschen werden las ssen!. . . Bebt-a Bevor-, vers-ihr mirii iJch weis-» daß ich eine alte Närrini sbin, der es nie, nie gelingen wirdJ Feine Dame zu spielen und die im :mer das- einsache Weib bleiben wird, »das sie war. Ich fegne Dich aus ganzem Hean siir al! das Gute, das IDU mir gethan; bis an meinen Tod und darüber hinaus will ich siir Dein Glück beten, aber. . .ich habe mich entschlossen, in mein altes haus zu rückzukehren . . Verstehst Du. daß ich nicht anders kanni. . . Kannst Du mir verzeihen?« Und zitternd vor Erregnng hob sie die abgearbeiteten. mager-en Hände flehend zu dem Sohne empor. Und der Mann. dessen Leben einzig Sünde und Schlechtigleit aewesen, der ohne Thkiine am Grabe seines Vaters gestanden. der nur harte Wort fiit das Schicksal seiner Geschwister ge sunden, dieser Mann sank fest, bitter lich schluchzend, aus dem zersetzten Strohsack nieder und bedeckte die ge salteten Hände der Mutter mit heißen Küssen. fn Die Beleriur. san Paul Nargnerttte »Du nimmst sie mit!« sagte Frau Nenne zu ihrem Manne. Das kleine, schtoarzbranne Wesen mit dem spitzen, angreisenden Munde glich einem stets knurrenden Zimmerhundr. hekr Renne, ein träftiger Bursche von heiterem Temperament, seines Zeichens Handlunggreisendeh blickte aus die dicke Tuchpelerine, die seine Frau ietzt vom Kleiderhalter nahm. Sein Gesicht drückte Fassungslosigteit aus. Bis zum legten Augenblick hatte er gehofft, daß «man« vergessen wür de, ihn mit diesem auf dem Zweirade so überstiissigen Kleidungsstiick zu be lästigen. »Es wird regnen,'« tündigte die tleine Frau an. »E- liegt mir durch aus nichts daran, daß Du naß wirst. Ein Schnupfen lann eine Menge Geld kosten. Dann ist unser Dottor ein Esel. Er wird Dich nicht iuriren, wenn Du eine Lungenentzündung be tonunft. Und wenn Du stirbst, was wird aus mir? Deine Eltern geben mir nichts. Verheirathen werde ich mich auch nicht wieder. Also lann ich betteln gehen, nicht wahr? Da hänge ich mich lieber leich aufl« —- . Während die e Worte mit ungeheu rer Schnelligkeit hervorgesprudelt wurden, hatte sie die Pelerine zusam mengerollt, einen Bindfaden darum geschlungen« und das so fertig ge machte Packet brauchte von dem Manne nur noch an dem Zweirade festgebunden zu werden «Weshaib stört Dich die Pelerine eigentlich? Möchtest Du es mir wohl sageni Sie ist Dir wohl nicht ele gant, nicht schick genug? Du willst den Schneidigen spielen, wenn Dir schöne ItDamen auf dein Zweite-de begegnen? Es paßt Dir nicht« ein Partei bei Dir zu haben. Jch bin wirklich dumm, daß ich Dich allein fahren lasse. Wer weiß, wo Du Dich herumtreibst. — Nachher erzähist Du mir, was Du willst, es wird alles Schwindel sein, nicht wahrli« Geduldig wie ein großes Kind, das eine Strafpredigt über ich ergehen läßt, senkte Nenne den opf. Er wußte, daß er durch die schüchternfte Einwendung, den leisesten Widerstand seine Frau auf das Mußerste reiste und daß die Szene offne Ende fein würde. Heute war ein Weibchen nämlich noch in erträglicher.Lairne, sie tte ihren guten Tag. So hütete er denn, eton zu erwidern. » WisDichinAcht,da diePes lerine nicht durch den Stra fchrnus : wied, und d He nicht. Willst Du sie wieder zusammen, so suimm das Futter nach außen. Ber lliere nicht, wie neu:icd, den Bindfa ’deu. Was siarrsi Du se in die Lufif Szi so freundlich und höre mir zu, tu " . Vergnügt betrachtete Renne den strahlend blauen Himmel, dessen la chende Farben seine gute Laune noch hoben. — »Nun. worauf wartest Du denni Einen Kuß willst Du mir gebenll — hältst Du mich für lo dumm? Mit ISchmeichetkius willst Du mich ist-uns IGieb Dir keine Mitbe; also weshalb » sielisi Du noch hieri« i Anstatt zu sprechen zog Renne es vor-. durch eine Pantomime seine Wünsche auszudrücken. Er rieb den Zeigefinaer gegen den Daumen, um durch diese Bewegung zu zeigen, daß Ier Geld brauche. s »so-M um Dich i» ten Zug zu ,stellen und etwas Kaltes zu trinleni Paß auf, daß Du leine falschen Münzen herausbelommsil Hier haft Du fünf Frank, Du erzäblsi mir aber « genau, wo sie geblieben sind.« Herr Renne steckte das Geld in das Portemonnaie, küßte feine Frau, setzte eine ernste Miene auf —- denn eine Bekundung von beiterleit hätte ihm die lebhafteiten Vorwürfe zugezogen —- und langsamen Schrittes ging er die Treppe hinunter und ging ebenso langsam über den Hof. Er holte fein ; Zweirad. das in einem Schuppen dess Portiers stand, und er fühlte, daß ers von einem Fenster des vierten Stockes beobachtet wurde und die Blicke seiner lieben Frau ihn nicht verließen, wäh rend er die Peierine am Zweirade fesibandx wie scharfe Pfeile schienen sie seinen Rücken durchdringen zu wollen. Als er auf der Straße war, sog er die Luft so tief ein, datzner dunkl roth wurde, mit offenem unde und hervortretenden Augen. Dann blies er die Backen auf, senlte die Lider und athmete die Luft gründlich aus, so daß er ganz bleich wurde und aus sah, als ob er aus seiner Haut her aus wollte. Die Sonnenstrahlen brannten sent recht hernieder. und al? here Renne aus seinem Zweit-ad dahineilte. schien die weiße Landstraße vor ihrn sich wie der Faden einer Garnrolle abzu wickeln. Wald-den« Häuser, Felder, Weiden, die ganze Landschnst sah aus, als bewegte sie sitis in entgegen gesetzter Richtung. Wie trunten trat Herr Renne die Pedale. so schnell, als wollte er sich aus den vor ihm ausge breiteten Horizont stürzen, und die in . der Ferne so winzig aussehenden Böschungen und Bauinaruppen wur den größer und ariikren Wie Zucker stijckchen verschwammen die Kilome tersieine. das Zweirad raste die Ab hange hinunter und itiirrnte die An höhen hinaus; einer Feder gleich flog es über den Weg, wenn dieser eben war. err Nenne pfiff ein tolles Matschlied dazu! Wie wundervoll waren diese Au genblicke! Ja, er irae nicht nur die Unannehrnlichteiten, das Elend, die Verstiinmungen des täglichen Lebens mit Füßen, nein, er über-stieg sie, er eilte an ihnen vorbei, er übersprang sie und ließ sie gaer weit hinter sich. Wenn sie ihrn auch nacheilen wollten, sie würden ihn nicht mehr einholen. Obgleich er seines Vorsprunges sicher war, strampelte er, rls ob die häus liche Misere ihm aus den Fersen wäre; er strarnpelte durch den diclen Sand und transpirirre so start, daß die Schweißtropfen aus die Land straße fielen. So sauste er dahin und merktei nicht, wie der Bindfaden, mit dem die Peterine an der Lentstange festgebun den war, sich nach und nach lockerte, ganz heimlich, als ob er ihm einen schlechten Streich spielen und veran lassen wollte, daß er zu Hause mit Vorwürfen überhäuft würde. Wäh rend er so in die Ferne eilte, ohne je den Gedanken, von einer bestialischen Freude erfüllt, nur darauf oersessen, so schnell wie möglich weiterzutonn men, löste der gleißnerische Bindfaden iich immer mehr; jene hing schon ein Ende herunter, ein Theil der Pelerine war nicht mehr umwickelt und streifte das Rad. Da, ouff, gerade als Herr Renne triumphirend an einem Kilo rneterstein vorbeisaustc, lag die Prie rine auf der Landstraße. Er mertte nichts. von dem Fall; schon war er zehn Meter von diesem lostbaren Klei dungsftiick entfernt, tald waren es hundert und dann tausend. Plait blieb die Pelerine auf dem Boden lie gen; wie ein schwarzes Thier sah sie aus. Das von dein Ballast befreite Zweirad eilte noch tchneller dahin, und Renne trat voller Entzücken die Pedale. I s i Aber welch ein Erwachent Ei ge schah in einer tleinen Kneipe, als er in der Laube des Garten- sasz und mit Selterwasser derdiinnten Weiß wein trank. Vetteiiumt blickte -er lächelnd auf eine bronzene Kröte, die auf einer Tonne festgenagelt war und die ihr Maul durstig nach dem Weiß wein zu öffnen schien. Er genoß die anaenehme Lri che des Gattens und die beha li u « miUerechtern Stolz bl te er au sein 8 rad, das er gegen einen Pfahl gelehnt hatte, als er plöhlich ein unbestimmtes Ge ght Chief-sitz dass etwas daran fehle. te u von eine-n Unaliick na Risewiß it voran. Die le Was sitr ein Schrei! Der hin-met erschien ihm vlöslich sardlotx durch die Laube»psiss ein scharfer Wind, der frank-pess- hque sein-u manch-u ok schmack verloren, das Jweirad zeigte l Stellen, an denen der dan fehlt-, die droniene Kröte sols aut, als ob sie teuslisch grinste. Und Renne. so ener »gisch, wenn es sich unt Arbeit oder jMuth handelte. stenne saß ietzt voll kommen gebrochen da. . L O, diese Rückkehr, dieses Nach sdausetornmeni Frau Renne würde aus Jden ersten Blick das Unheil bemerlen. EEine Flutd von Jammerreden, Kla Jger und Beschwerden würde sich er gießen. und die unerlliirliche Wall-, die manchmal die klein-. Frau packte, wiirde sie bei diesem Vorsall ohne Zweifel wie in griine bittere Galle getaucht ers-deinen lassen. Kalter Schweiß bedeckte ihn. Eilig zahlte er. schwang sich aus sein Zwei rad und lehrte, von feiger Angst aes trieben, aus demselben Wege zurück, aus dem er soeben voller Seligleit d binaeeilt war. Zuerst tras er einen Schlächterwagem etwas weiter eine dicke Frau und zuleht einen Zigeu nern-men. der von einem durchtrieben aussehenden Kerl mit langem, struvs vigem Haar gelenkt wurde. Er rich tete seine glänzenden, svöttischen und unruhigen Blicke aus Renne, der il:n beinahe gesragt hätte ob er nicht die Pelerine gesunden linke: aber er glaubte seinem Respekt etwas W det aeben. Zder vielleicht hinderte ibn auch der dunkle Verdacht daß der Zian nei· sie unter den Lumpen versteckt hatte. die das Gör «eir.ln·illten, dessen Schreien aug dem rollenden Kasten derausllang. Aber er halte die Hofs nung, die Pelerine wiederzufinden, noch nicht völlig aus«-geben und eilte weiter. Jn die Furcht. die er vor sei ner Frau empfand. begann sich ein dunkvsen ärgerlich-r Widerstand zu taumelt, zu hellt sich Ucckt Sstlllsmlls gesellte. Weshalb hatte ibm seine liebe Gattin eine Wirsterpelerine an einern Frühlingstages mitgegeben, an dem die Sonne sc- heiß niederbrannte, daß man Eier darin locben lonntei Zum Teufel auch, so sollte sie denn verloren oder gestohlen sein. Er begann schon. lich über das Ganze lustig zu machen. als er sieh vlöslirb der spähend-n Blicke des Ri geuners erinnerte. Nun war Er sich vollständig tlor. das; dieser die Pelei rine gefunden hatte! Was tbun2 Hinter dem Manne verjagen. ibn zwinaeru seine hat-selig teiten zu öffnen. ilnn die Pistole aus die Brust setzen? Und wenn er sie schließlich gar nicht cestoblen battef Sein Zorn, das Orsser eines Dieb stabls geworden zu sein. schwand da bin, eine heiterleit, dir er vergebens zurückzudrängen suchte-. bemächtigte sich seiner Noch nie hatte er einen ähnlichen Ansall von Lustigkeit ver spiirt. sie ergriss ihn, sie schüttelte ihn, et rollte sich vor Ausnelaisenbeit im Graben. Diese lächerliche Freude war eine surdonilche Narbe siir die Jahre tek Beklemmung; seine Frau schwebte ibrn jetzt nicht mehr als Schreckges svenst vor, sondern cis eine lomische Person. Jn·s Gesicht lachen würde er ihr. Ach, jetzt lonnte sie ihm we nigstens nicht mehr zum-them eine vier Pfund schwere Pelerine bei einer solchen Hitze mitzuschlevpent Aber dann begann er, vernünftiger zu überlegen. Wenn sie ihn gezwun gen hatte, das Aleidungsstiict mitzu nehmen, war es aus übersliissigem, aber gutgemeintem Interesse gesche hen. Uebrigens war diese Peterine noch neu. seine Frau hatte 29 Franc dafür bezahlt. Es wäre zu dumm, einzuqesteben, daß er sie verloren bot Leö Er mußte einen Ausweg fin n. i i » d »Die —- die ---— die Pelerine!« rang es sich von Frau Rennes Lippen. »Ach, diese Peierine!'· sagte er nachlässig. »Es war mir zu warm. Sie störte mich. Jch habe sie ver lauft." »Wie -—?« Mie offenecn Munde stand die lleine Frau, wie gelähmt, da und sah ihm ftarr in die Augen, oh die von ihm gespielte Ruhe nicht ein Zeichen stillen Wahnsinns sei der plöhlich in einen Tobsuchtsanfcll übergehen konnte. Er zog 35 Frant aus der Tasche und hielt sie ihr l;ia: »Da, ich habe doch tein schlechtes Geschäft gemacht, sechs Franl Ver dienst. Dafür laufst Du Dir etwas hübscheö.« Entwafsnet stand sie da, jedoch mißtrauisch fragte sie: «Wem hast Du sie vertauft7« »Einem Reftaurateur, der eine tüchtige Bronchitis hatte. Während eines hustenanfallez blickte er voller Neid aus sie. Wir lamen dann in’s Gespräch, und er bat mich, sie ihm zu vertaufen." Bei die er heiligen Lüge genoß er einen rna iaoellischen Rausch; er be zahlte ihn nicht zu theuer mit den fiinsunddreißig Fraun die er seit drei Monaten heimlich gespart und ver steckt, und von denen e- jeden Augen hliet gefürchtet hatte, deß sie von sei ner l ben Frau entdeckt werden Mir den. Zu dem Gefühl befreite-.- Furche gesellte sich n das grossen Gllich von nun ab on der etelhaften Pete rine befreit zu fein. Da erklärte Frau Renne ru ig «Mor , inein , wer Die einem-tue Muth D