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About Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918 | View Entire Issue (Dec. 1, 1911)
Nebraska Staats- Anzeiger und J cerold. Jahrgang 32. s Grund Island Nebr, 1.Dc3cmber 1911 Zweiter (Thcil.) Kummer »s. Im Warnuqu SinW weiße Wintetflockem Sind? Frühlingsblüthengloclen Am schneevethüllten Baums Es glänzen Elfengliedek, Zartblasse Lichtgefiedek, Ein welcher Schwanenflaum Jch wandle wie im Traume, Jrn stillen Waldesraumr. Durch feinen Schmerbqu Frau Halle schüttelt die Locken, Da fallen tausend Flocken, Wie Sterne aus der Luft. Da tanzen sie. die Süßen. Mit mondesblassen Füßen, So federleicht und flink. Meere von bleichen Rosen. - Die Welt im Grenzenlofen Schwelgend in Schnee vergina. Martha Ayellis. Der Manövetbraten Eli-Ue von Alte Lsiovdli. Frau Oetonomierath Bodmer spielte wieder einmal den Geist, der stets ver neint. Sie wehrte sich gegen die Ru hezeit, die sie sonst alljährlich nach der großen Erntearbeit im Hause ihrer chwester verbrachi hatte. »Nein. Mann, laß mich nur hier. Unsere Traute gefällt mir zu wenig. Das Mädchen ist bleichsiichtig und ruhebediirftig, und der ganze Hafer steht noch aufdem Halm« Der Oelonomierath erwiderte dar aus etwas- durchaus Logisches. »Lieb ste Mathilde, den hast di:. meines-Wis sens, auch sonst nicht alsgemiiht." Sie vermied jede Antwort darauf, sondern packte nur ein wenig tröste-« ger mit ihren Gründen aus: « »Wenn du es denn also nicht fühlst, sollst du ed hören! — Seit der dum men Geschichte damals, die Traute in der dorjährigen Manöverzeit durch machte. möchte ich das Kind unter tei nen Umständen der Gefahr aussetzen, etwa Khne mich Einauartierung zu empfangen.« Bodmer zermarterte lich veraeblich iiber dieses wichtige Geheimniß den Kopf. Immerhin war es fiir ihn als Vater mißlich, nichts mehr davon zu wissen. Vorsichtig klopfte er an. «Du beliebst wohl zu übertreiben.« Damit erreichte er sein Ziel, ohne eine direkte Troge nöthig zu haben. Sie richtete ich sofort auf und wurde of sizielL »Das sind Ansichtssachem lieber Bodrner. -ch als Mutter empfand ed damals ehr qualmt-, daß ein jun ger Fant meinem Kind Vorhaltungen machte. weil es, seiner Meinung nach. zu wenig hiuswirthschaftliche Talente besaß-« Ein Lachen aing über das frische, gemiithliche Gesicht deö Oelonomie: raths. «Soov -— —- — darauf willst du hinaus. Na, erlaube mal, ich unter schreib alles. was der Leutnant Milde gegen Trautes ewiges Tennis und Müllern ins Treffen führte. Ein Mii del gehört an dem Kochtopp. Das siehst du, die ja doch alles so großar tig versteht, auch jetzt, wo sie dir von Tag zu Tag darin ähnlicher wird, am desten einl« Damit zog er den Stachel seiner vorhergehenden Worte aus ihren Ge fühlen. Sie versuchte ein Lächeln und einen neuen Einwand. « -—— »Reden wir meinetweaen nicht mehr darüber. Aber eines laß mich noch in Betracht ziehen. Wenn wir nun, ohne vorherige Anmeldung doch Einqnariierung betommen sollten, was dann? Hat sich die Traute auch in diesem letzten Jahr wahrhaft über raschend herangebildet —- glaubst du« daß sie bereits ohne mich diesen An sorderungen gerecht werden könnte?« Der Oetonornierath glaubte es fel sensest. Aber er wollte nicht Oel ins Feuer gießen. Darum sagte er sanft müthig: »Natürlich, Alte, so wie du« wird sie das im ganzen Leben wohl nie mals lernen. Aber ich sage dir, diese Erwägungen sind total überflüssig Diese Manöverzeit wird uns leine Einnuartiernng bringen. Mir ist das höheren Ortes sest versprochen wor den·« - Sie runzelte leicht die Stirn, weil sie das Recht, siir ihre Familie als höchster Ort zu gelten, bisher siir sich in Anspruch genommen hatte. »Wenn aber trotzdem —«, wars sie unsicher-« und griiblerisch ein« Er be gann die Stirnhaut zu bewegen, was er stets that, wenn er seinen Tonsall zu ändern gedachte. »Na höre aber aus! —- Bisi du wirklich so unverständig, dich dieser dir durchaus nothwendigen Art-span nung zu entziehen, so schreibe ich so fort Tante Helene, daß sie tomrnen durf.« Das half. Diefe Tante ihres Man nes war ihr von jeher unerträglich gewefet-. So verließ Frau Bodmer denn wirklich eine Woche später fchwess ren Herzens den großen Haushalt, um sich opfermiithig fiir die Ihren zu erhalten. Traute Bodrner lief und fchaffte den ganzen Tag in Küche und Keller. Einst war das ganz anders gewesen. Sie hatte den Duft von Fett, faurer Milch und Flundern fo schlecht ver tragen und dies unumwunden einge standen. Es war belncht und bewun dert worden, bis diefer gräßlicheLeut- ; nant Wilde, der volle fünf Tage in ihres Vaters Haus Gasifrenndfchaft und junge Hilhner genossen, ihr er tlärt hatte, wie. er iiber ihre Ansich ten dächtel Sie hörte ihn noch — »Jch verstehe nicht, daß Ihnen ein Leben, wie Sie es fiihren, geniigen kann. Mir sind folche fpielenden, un niihlichen Zungen Damen jedenfalls unerträalich.«« Und sie hatte ihm doch so herzlich gern gefallen wollen« war von der Mittaastafel fortaeblieben. hatte ihrer Mutter eine tolle Szene gemacht, kurz: eine Traaiidie daraus geschaffen, statt ihn- einfach ins Gesicht zu lachen und sich auch nicht einen Auaenbliet an fein dummes Gerede zu kehren. Schließlich hate die Mutter diesem Leutnant Wil de sehr bestimmt klar gemacht, das-, sie allein den Werdegang ihrer einzigen Tochter zu bestimmen habe. Ader aeäadert hatte si- sich seither doch. Traute Bedmer trar ein richti ges, tleines He usmiitterchen aervorden. das ernsthaft und wohliiberleat ihre Pflicht that und höchstens ganz Un: vorhergefehenem geqeniiber aus der Frssung gerieth. Das Nothquartier. das drei Tage nach ihrer Mutter Abreise augefagt wurde, hätte doch auch erschaue-Haus frauen aus dem Gleichaetvicht geschleu dert. Jehi war es 10 Uhr ormittaqs. in einer Stunde wollten re da sein. also gerade zum Mittagessens Tausend Klagen durchsieberten ihre Eeelet Warum mußte gerade auf den Nachksargute die Maul- und Klauen seuche proklamirt werdens Warum hat« te sie keinen Braten in Vorrath! Drei Töubchen schmorten nur im Kochtops, und die aeniiaten gerade knapp fiir den Vater und fie! Die scheue Hoffnung etwa von dein sonst reichlich bevölkerten Schlaa noch ein paar dazu zu holen, erwies sich als triiaerisch. Es war leer, nnd vor dem Abend lehrten die sliiggenThiere wohl kaum zurück. Mit den junaen hüll nern war es nicht viel anders. Sie zirpten und liefen überall umher und waren nicht einst-fangen Jn ihrer Noth lief Traute odmer zu der alten Fiebranz, die bei festlichen Geleaenheis ten in der Gutskiiche Kaiser trank und Braten befiillte. »Mutter Fiebrunzem was soll ich dlosz rnachen?« Die wußte zwar auch keinen Rath, aber sie schlüpfte doch eilig in die Sonntagejacke und begleitete Fräulein Traute. .5n einer rieinen stunk-c waren ne va! Traute sah von ihremeurmstiib lein neugierig aus die Anlommenden herab. Plötzlich schlug sie die Hände entsetzt zusammen, denn sie sah unten etnsas Schreckliches-. Der da am Fusz der Steintrevpe so sreundschastlich von ilkrem Vater begrüßt wurde, war lein anderer als der Leutnant Wilde vom Vor-jahr. Wohl eine halbe Stunde saß sie nach dieser Entdeckung ganz regungs« los, dann subr sie aus« preßte dieHän de auf das vochendeHerz und stiirzte in die Küche. « E —- er! Und sie hatte ihm kein an ständiges Mittag vorzusehen «— Diese Angst freilich siel von ihr ab, als sie Mutter Fiebranz mit schlauem Lä cheln drei sette, stnrle Tauben zurecht puszen saht »Na, Fröleiuten, diesmal geht’s noch.« saqte die Alte stolz. »Wir trie gen ihm schon.« Es schmeckte großartig. Die Taub chen waren von einer Zartheit. wie selbst dieOetonomieräthin sie nicht zu stande gebracht, und Dberleutnant Milde schielte so manchen beredtenBliit zu Traute hinüber, die das ihrerseits jedoch völlig iibersah. weil sie mit dem zweiten, net-gebackenen Ossizier neu-ig sam zu scherzen und zu lachen hatte. Nach Tisch versuchte er geschickt eithe sprtich mit ihr anzubahnen »Wenn Sie wüßten, wie dankbar ich war, daß ich zu anen durste,« saate er warm. Jbrfjerz klopfte stärker, aber sie schenkte ihm letnen Blick. - »Warum denn nur?« sragte sie tithl Da sob er sie sest an. »Wenn Sie das nicht selbst silb len . . ." Sie that, als spräche er arg-: bisch. l F »Ich führe nur das-, S e dukcki pas IEssen zufriedengeftetlt sind-. « « Er schwieg verletzt und näherte sich ihr im Laufe des Nachmittags nicht wieder. So tmn der Abend heran. Man wollte sich gerade ,,guteNc-cht und an genehme Ruhe« wünfckxem ais Womit : Der Bursche desObetientnnnt, mit völ- ( lig entgekftertem Gesicht über dic Schwelle der offenen Veranda stol perte: »Herr Oberleutnant z’ Beschi, unse- ( te Brieftaubens sind verhert Es sind i drei pechfchwnrze im Käfig, und unsre waren doch fchiohweiß. Es war wirklich fo. Statt der soft- » baten Privatitebtinge des Ober-lein-1 nant3, deren Leistungsfähigkeit bei dem diesiähriqen Maniiver erpkoli f werden follte, enthielt das Hinsichve aelbaus, das ein Soldat einitweileni vor Mutter Fiebrmu in die Kiiche nie dekqefetzt hatte drei qnnz aewöhnliche Feld-, Wald- und Wiesenfliichter. Trotzdem obern-at keine Hexerei da bei im Spiel. Mutter Firbrcmz hatte einfach tutzentfchiossen denxiäfiq aus-« qetimbt und des Abends aus dem wohtnefiiltten Schlage fiir Ersatz ge samt. Traute war Untriiitlich Sie lief in . den Pakt und warf sich -— aisfschlucki zeno —— auf ihre Lieblingstiant am Wasser. Ein Gedanke und eine Frage marterten unaufhörlich ihr Hirn: »Man muß ihm doch Ersatz schaf fen! Aber trie nur?« Da sah sie ihn, den Beraubten der ja nicht wußte daß sie hierher geflüch tet, gesenkten Hauptes auf ihre ver iboraene Bank ,Utomn1en. Sie wollte fliehen. blieb aker doch nnd streckte ihm wie alibittend die Hände entge gen »Herr Wilde.« Soiort blieb er ste ,,Jetzt verachten Sie mich natür lich nrch mehr, denn wenn ich auch nicht die Mörderin war, so hätte ich doch Sorge tragen müssen . . .« Er rnuszte lächeln, obwohl er not-h soeben einen anfrichtigen Schreck em ofuntvn « »Ich Sie verrackiien? Wo ich doch Tag siir Tug, Monat fiir Monat nur an Sie und meine damaligen Unaehö rigteit gedacht habe-P Sie zitterte trotz des warmen dunk len Abends ,,Und nun haben Sie hier Ihr Lieb steg verlieren miissen.« »Jawohl, das habe icts wahrhaftig! Aber ich könnte mir einen lieberen trrsatz denlen.. « lieber ihren Häuptern lockte ein verliebter kleiner Sänaer sein junges Weibchen »Ich verstehe Sie nicht«.. Herr Wilre « ,,.tiin denn, ich liebe leine Uinioeae ein loniqlich preußischer Lentnant acht aeradknsegs auf sein Ziel los: Traute, lielie trotziae Traute, willst du hinfort meine liebe. zarte, sanfte Traute sein«.« Eine Flamme schlug über ihre sWangen aber er sah das nicht er iiihlte nur wie ihr Köpfchen in seine Schulter sank. Das vetyåeesntßvolle Haus« Stolypin, der ermordete russische Ministerpräsident, bewohnte in Pe tersburg eine elegante, zweistöckige Dienstivohnung, die schon so manchem seiner Vorgänger verhängnißvoll wurde. Bevor Stolzpin seine letzte Reise nach Kiew antrat, befand er sich noch in der Sommersrische in einem kleinen kaiserlichen Palais aus der Jelagiinsel in der Umgebung Peterg burgs. Er wollte beim Einzug in» seine Stadttvohnung Fontanla 161 noch einige Reparaturen vorgenommen i wissen und besuchte deshalb dag Haus i kurz vor seiner Abreise. Abergläubi-— i sche Beinnnte riethen ihm vor zwei Jahren davon ab, das Unglückshgus zu beziehen, das fast allen, die darin gewohnt hoben, Unglück brachte« Als Erster wurde der Onkel seiner Frau, Generalodutant Mesenzow, vor unge fähr 32 Jahren von Revolutionären ermordet. Sein Nachfolger, General Potazom wurde wahnsinnig. Später bezogen das verhängnißvolle Hang die Minister des Jnnern Sipjagin und nach ihm Plehwe. Beide fielen dein Terror zum Opfer-. Ein merkwürdi- ; ger Zusalll Drei Ministern des Jn- ; nern, Graf Loris-Meliiow, Graf Tolstoi und Durnowo, denen das: Haus an der Fonlnnla auch als Wohnort angeboten wurde, die es aber Jvorzogem in der großen Morstajr zu ! lwohnem passirte nichts. Der neues iPremierminister Kokotvzew verzichtete aus die verhängnißvolle Wohnung an der Fontania und stellt sie zur Ver sügung. Zum Befehlen qehören zwei: einer, der befiehlt, und einer, der —- arm ist. Der Zerrwanst ! Von Philipp Ktilmer. ! Als Großherzog Alexander, der Wiedererbauer der Wartburg, einmal .·.:f längere Zeit auf seiner ftolzen ro Inantifchen Burg weilte, unternahm er von da aus mancherlei Ausfliige ins Land und eines Tages auch eine Fahrt ins Eisenacher Oberland. Städtchen und Dörfer wurden teils offiziell, teils unangemeldet besucht und schließlich wollte der greife Fürst noch einen al ten ihm Persiinlich sehr sympathischen Oberfiirster begrüßen Dieser Obersörster war nicht der aus tausend Erzählungen bekannte ewig volternde und unglaublicheJagd gefchichten erzählende Forftmanm Er war ein Naturmensch von frohem Sinn mit einem trefflichen Herzen und von echter Biederteit. Er freute sich des Waldes nnd war nur gegen die, die sich am Walde und Waldbau ver-sündigten von unerbittlicher Strenge Dann fuhr er bös auf, und that ohne Rücksicht auf Hoch oder Wieder und galt drrum als arger Gro lian im ganzen Land. Er hatte in früheren Jahren die ihm von vorgesetz ter Seite gemachten Anerbietungen, in J »(5isenach, Weimar, oder an anderen Orten andere »beffere« Stellungen zu :erlmlten, entschieden akaeiehnt, und Ltvar in treuer Liebe in seinem Wald, jnuf seiner Rhön geblieben. ’ So sehr ihm die sogenannte hohere IGesellschast mit ihrer Vornehmthuerei titsberalh und die »Hosschranzen« wie er ibetoutr. insbesondere zuwider waren, Tfts aron war andererseits seine tief jempsundene Verehrung fiir den alten Großherrog, dem er ehrlich und rein tnieuschlich und nicht blose aus iiblicher tDe votion des Beamten fiir den Für sten, iugetan war. Sein Herzenswunsch war es daher seit vielen Jahren. den alten Großher zog einmal bei sich zu sehen, und groß und ungerügelt trar natürlich die Freude im Forsthaus als der Groß zog unangemeldet vorbeigesahren Jn mehr herzlichen als sormge wandten Worten gab der Oberförster im Laufe der längeren Unterhaltung feinen Gefühlen lebhaften Ausdruck, Was den Großherzog entzückte und zu gleich höchlich amiisierte. Ernstlich ge rührt war aber der Fürst, als der Oberförster denBeweis dafür, wie sehr er in Verehrung an seinen Landes herrn gedacht hatte, den Großherzog voe dem Abschied bat, ein großes Etui als Dedikation annehmen zu wollen Es war ein reiches, sorgsam ausge ieähltes, mächtiqu Tafelbesteet, dessen Griffe von foirschaetveihen aus Jagd beuten des Eisenacher Oberlandes her gestellt waren. If II If Des anderen Morgens beim Früh s.ück auf der Wartburq gedachte der Großherzog mit vieler Zufriedenheit des gemachten Ausfluges und erinnerte sub mit Worten des Lobes und der An crkennung seines kurzen Aufenthalteg bei dem alten Oberliinder Fürsten Diese sinnige und auch recht werthvolle »Echentung des Tafelbestecks war ihm Therzlich nahe gegangen und beschäftigte lange seinen Sinn. An seinen Fitt gcladiutanten, einen Kavallerieoffi zier, gewendet, sagte er schließlich: »Unser lieber Obersörster hat mir da eine Aufmerksamkeit erwiesen. sü perh Hat mich wirklich sehr gerührt. Möchte nun daran denken, wie ich dein lieben Qbersörster auch eine Freude be reiten könnte Mein lieber Graf, Sie müssen mir dabei behilflich sein« ,,Königliche Hoheit, gewiß, sehr gerne.« Leider isl die Sache, da der Ober finster-Junggeselle geblieben ist, nicht so einfach, Herr Gras. Man miiskte den quien Oberförsler doch fragen, was er sich eigentlich wünschi.« »Allerdinas, Königliche Hoheii,« autworteie jetzt etwas gedämpft der Herr Adjuiant, ein langer, hagerer, sehr vornehmer Kavalier von elegante slcn Manieren und von unübertresflich kaltem, zugeknijpsiem Wesen. ,,Dabei habe ich an Sie gedacht, Herr Gras. Uebernehmen Sie mal diese «diploinatische« Mission. Su chen Sie den allen Oberförsier auf, nnd fucken Sie recht geschickt aus ihm herauszubringen was ihm wirklich Freude machen könnie.« Der sehr elegunie nnd gewandie Adiuiani, der wohl einsph daf; es liier kein ckniriiinen aaly fiizqte sich re signieri lächelnd in die ihm äußerst unangenehme Ausgabe —- er kannte den Obersörsier zur Genüge — und versicherte: »Wenn Königliche Hoheit jbefeblen, will ich qern versuchen, das Nöihige zu ersahren.«« So fuhr denn nun der Herr Gras, obendrein verärgerl durch die unver meidlichen schlechten Teansportver Ihiiltnisse und miserablen Verbindun qen, ins Oberland und versuchte, »di plomatisch« aus dem alten Forstmann das Gelvünschte zu erfahren. Dieser war von dem Besuch in Er innerung an die »Hosschranzen" wie auch an mancherlei Jagdtheilnahme des Grasen wenig erbaut, und behandelte ihn mit einer gelitnstelten höflichteit, hinter der sich nur bösartige-r Spott iiber die Formen des Hofes verbarg Als der Graf schließlich den eigentli chen Zweck seiner Reise mehr undiplo matisch als llar mittheilte, wurde der »gute« Obersörster noch klarer, das beißt abtveisender, gröber und unange nehmer als zuvor. »Mein Besuch scheint Jhnen,« so sagte der Herr aräfliche Adsutant in aelviihlter Aussprache, ,,tvirllich nicht sehr angenehm zu sein.« »Ich müßte lügen, wenn ich das Gegentheil behauptete,« brummte da gegen der Herr Oberförster. «Na, Sie sind ja als höflicher »s Jicilllll III-ca UclcillllL »Ja und so soll es auch bleiben.« Und so ging das anmuthigeGepliin kel weiter, ohne daß der Zweck der Reise irgendwie gefördert wurde. Aufgebracht warf sich der elegante Offizier schliesslich in einen Lehnstuhl des Olsersörsters und sagte sehr ent schlossen und pitiert: »Nun bleib’ ich, wahrlich nicht zu meinem Vergnügen, hier« bis Sie mir mit einem Wort an gedeutet haben, womit der liohe Herr Ihnen eine Freude machen kann. Ih retwegen thue ich’s wahrlich nicht. Jch wüßte gar nicht, was mir gleichgülti ger wäre, ob Sie was geschenkt bekom meu oder nicht. Aber ich bin hier in höherem Auftrag und den muß ich ausführen Machen Sie also nicht so viele Geschichten, Herr Oberfiirster, sondern helfen Sie mir, nicht aus Ge fälliateit mir gegenüber —- darauf nerzicbte ich —, sondern denc Großher zog zuliebe« Der Oberförster ftriiubte sich zwar noch eine Weile« zuletzt aber stimmte ihn das Argument »dem Großherzog zuliebe« und wohl auchein wenig die derbe Art, wie ihn der Graf angefaßt ’hatte, um. Er ging auf den Herrn .?lds11t.sinteti Ju. reichte ihm gutmütig dse Sand und sagte: »Herr Graf, ich habe Sie verstan -i-en, gut verstanden. Jsch danke Ih nen fiir diese Aussprache Und wenn’-3 denn nicht anders sein kann, so wiinlich’ ich mir halt einen Zerr r anst.« »Wie sagten Sie?« Einen Jerrwanst.« Und damit komplimentierte er den uerdutzt dreiuschauenden Hofiavalier vergnügt und froh aus seiner Stube hinaus. Da stand er nun, der Herr Fliigeladjutanh ebenso klug wie er lang war. ,,Einen Zerrtnanft,« sprach e- nor sich hin und schiittelte ungläubig deu Kopf r, « k· »k UL isilllc lclllcli OllsllllUch Heinifahreno wiederholte er sich im mer wieder das Wort und schrieb es isch genau in sein Notizbuch auf, Um es in nicht zu bemessen. Ein :,errwanst! War ihm in seinem Leben nicht vorge kommen. Jinmerhin war er froh, sein Ziel erreicht zu haben. Er hatte ja keine Idee, was so ein Zerrwanst wohl sein möchte. Es war aber ande rerseits-s auch gänzlich unmöglich ge wesen, aus dem »unangenehnien alten Herrn« mehr herauszuholen Der lsistte ihn wohl schön vernllt, wenn er seine Untenntniß eingestand. Aus die Wartburg zurückgekehrt, berichtete er mit gutem Behagen von der ,,sebwieriaen Sache« und wie we nia «triitabel« der alte Obersörster ge wesen sei: um damit zu enden, der Herr ithersörster wünsche sich einen Zerrwanst. »Was wünscht sich mein lieber Ober iörster9« fragte sehr verwundert der Großherzog »Einem Zerrwanst, Königliche Ho heit.« »Haben Sie wirklich richtig verstan den?« »Gewiß, Königliche Hoheit, der Herr Obersörster sagte wiederholt sehr laut und sehr deutlich: einen Zerr wanst.« »Seht schön, bm « sehr gut! Und was ist das, ein, hin — ein Zerr wanst." ,,Königliche Hoheit —- das weiß ich nicht« »Was-, das wissen Sie nicht, das ist tostliel«!«« Und des Großherzogs be mächtigte sich ein langanhkiltendes, fri sches Lachen, wie man es von ihm sel ten gehst-i hatte. Schließlich sagte der Großherzog: «Also, mein lieber Gras, das haben Sie wirklich sehe gut gemacht, ganz samos. Aber nun werden Sie doch schleunigst dafür sorgen müssen, daß »wir erfahren: was ist ein Zerr Und lachend ging der Groß her-zog davon. l Dem Herrn Fliiqeladjutant war zu nächst trotz aller Komik der Situation etwas schwül zumuthe. Alsbald kam ihm aber die richtige Idee, daß es das kseste sein würde —- sieh zu erlundigen. Und das that er denn auch schnell und reichlich. Zunächst fragte er aus der Wartburg selbst, im Schlosse sowohl wie in der Restauration, bei allen Per sonen, die ihm irgendwie in den Weg kamen. Vergebens! Die Gesragten sollten zum Theil über den erregten Adjntanten nnd seine Frage merkwür que Betrachtunqu anaestellt haben. Der Herr Graf wandte sich dann nach Eisenach Auf der Bezirksdireltion batte man keine Ahnung. Auch an dere, dem Grafen bekannte Personen konnten keine zuverlässige und be stimmte Auskunft geben. Nunmehr ließ er den Telegraph spielen. Natür lich als ,,Großherzogliche Angelegen heit« kostenlos. o gingen oenn eine Anzahl De veschett nach Weimar mit der inhalts schweren Frage: »Was ist ein Zerr wanst? Drahtanttvort nöthig.« Viel sach zerbrach man sich vergeblich den Kopf, was diese Frage eigentlich be deuten solle. Die meisten antworte Hten, sie bedauerten, keine sofortige Antwort geben zu können. Ein jüngerer Offizier, der aus dem weimarischen Lande stammte, hatte ebenfalls eine der vielen ominösen Frage-Tepeschen erhalten. Er tele graphierte lustig zurück, man solle »so fort tüchtigen Arzt fragen, was Flü geladiutant fehlt.« Also nirgends eine Auskunft. Da gegen äußerte einTelegramm von amt ticker Stelle in Weimar sich ziemlich streng und gewissenhaft dahin, man »erbitie sich zunächst Aufklärung dar iikser, wag mit solcher Frage überhaupt bezweckt werde.« Diesem Wunsche konnte nun leicht entsprochen werden, und so telegra Objekte denn der Herr Graf nach Wei n ar zurück: »Steine Königliche Hoheit, der Großherzog wünscht zu wissen: Was ist ein Zerrwanst?« Nun war die Sache gebührend be griindet ,sie war seriös, wichtig. Man besann sich also inWeimar von neuem. lind dabei kam ein Wirklicher Gehei mer Rath auf den Einfall, der Herr Graf sollte doch einmal auf der Be zirksdireltior in Dernbach (im Ober landi anfragen. Das wurde dem Grafen drahtlich anempfohlen u. dieser wieder telegrapierte wie vorgeschlagen cen den Bezirksdirektor nach Dernbach. Nicht lange darnach lief das folgende Telegramm ein: An den Fliigeladjutanten Seiner ssiöniglichen Hoheiot des Großherzogs Graf So undc Auf der Wart lurg Ein Zerrwanst ist eine Ziehharmo ’ »in! l —-—-——s Der Regtmeuts-Pumpier. Jn der Oktobernummser von »Wel hagen und Klasings Monatshesten« plaudert Hang v. Spielberg »Von den Schulden und vom ,,Pumpen« und erzählt dabei folgende Reminiszenz: »Als ich einmal an einem Morgen als blutjunger Fähnrich im Kasernenbett lag, fühlte ich plötzlich etwas merkwür dig Freundes. Nasses am Kinn und sIh erwachend ein Männchen vor mir, das mit dem Rasirpinsel aus meinem jungfräulich glatten Gesicht herum hantirte. Jch war entrüstet: »Ich brauche Sie nicht!« Worauf der Brave unentwegt weiter pinselte. »Sie wer den mich schon noch brauchen«, sagte er gelassen. Und er hatte ja so recht -- ich habe ihn wirklich gebraucht. Er war nämlich nur im Nebenamt Bar bier, im Hauptamt der allgemeine Re giments-Pumpier. Ein Biedermann aber, der nur 20 Prozent Zinsen nahm, nie mehr als 25 Thaler in maximo pumpte, dafür aber nie »trat«.... und durch den Niemand in’5 Unglück tam· Zwanzig Prozent pro anno! Damals zahlte man den größeren Menschensteunden unweiger lich 25 Prozent im Quartal, und durch allerlei Schiebungen verstanden sie den Satz noch dreimal höher zu schieben. Sage mir keiner etwas ge gen den braven Reckling den immer Hilfsbereiten! Er verdiente es, daß eines Tages, als er zum zweiten Male in den Stand der heiligen Ehe treten wollte, der Regimentsadjutant bei Tisch die Sammlung zu einem Hoch zeitsgeschenk für ihn eröffnete. Zwei prachtvolle Lampen erhielt er, und jede trug die Aufschrist: ,,Seinem un bezahlbaren Reckling das dankbare Ofsizi-erslorps« . .... Wir tragen so manches Uebel ohne Murren —- bis jemand kommt, der uns daraus aufmerksam macht.