Nebraska Staats· Anzetger und J set-old Ja » am 32 ovemver 1911 Zwe iter rathen .) Wie ferne Tritte hörst du s schalten, Doch weit umher ist nichts zu seh n, Als wie die Blätter träumend fallen Und rauschend mit dem Wind ver weh n. CI dringt hervor wie leise Klagen, Die immer neuem Schmerz entstehn Wie Wehruf aus entfchwundenen Ta gen, Wie ftetes Kommen und Vergeh n. Du hörst wie durch der Baume Gipfel Die Stunden unaufhaltsam gehn Der Nebel regnet in die Wipfel, Du weinft und laränft es nicht ver eh n. Die alte Mauer. Eine Geschichte von Pieere Loti Ganz hinten im Hof bewohnten sie eine lleine, bescheidene Wohnung: Mutter, Tochter und eine betagte Ver wandte mütterlicherseits Sie hatten diese Verwandte, welche die Tante der einen und die Großtonte der anderen war noch nicht lange bei sich aufge nomine-i Die Tochter war noch sehr jung — sie stand aus der vergänglichen Blüthe ihrer achtzehn Jahre als mißliche Vermögensverhältnisse sie gezwungen hatten, sich in den äußersten Winkel ihres Familienhauses zurückzuziehen Der andere Theil des lieben, alten Be sihthutns die dem Leben zugewandte Seite. die aus die Straße schaute. hatte an prosane Fremde vermiethet werden müssen, die all’ den alten Sa chen ein verändertes Gepräge gaben und alle Erinnerungen zerstörten. « Sie sinaen schon an, den Luxus, die Bequemlichkeit früherer Zeiten zu der gessen, so glücklich fühlten sie sich in ihrem anspruchslosen heim, als eine Mittheilung sie eines Tages in tiefe Bestiirzung versehen der Nachher weinte den hinteren Flügel seines Wohnhausesum zwei Stockwerte er höhen, dort vor ihren Fenstern sollt-e sich eine Mauer erheben, die ihnen die Lust rauben, die Sonne verdunleln wiirdr. Und es gab iein Mittel, dieses Un heil abzuwenden, das ihr Gemüth schwerer bedrückte, als all' die seithe ren Schicksalsschlägr. Zur Zeit ihres Wohlstandes wäre es ihnen ein Leich tes gewesen, das haus des Nachbars zu tausen, jeht war nicht daran zu deuten Jn ihrer Armuth blieb ihnen nichts iibrig — nichts s — als sich zu beugen! , Schicht um Schjcht singen die Steine an sich zu thiirmen, voll Her zensangst versolgten sli diese immer mehr anwachsenden Steinmassen: ein sinsteres Schweigen lastete aus ihnen irntner diisterer wurde es in dem klei nen Satan, se höher dieses alles ver dunkelnde Schreekgespenst stieg. Nr Wochen später hatten die Maurer ihr Wert vollendet, das seht eine glatte, aus Bausteinen herge stellte Außensläche zeiatn die mit ei nem weißlich grauen Anstrich versehen wurde. Wohl schlichen sich die Strahlen der heißen Juni- und lJulisonne noch in den Solan, dochTe kamen später am Morgen und huschten seither hinweg des Abends; im Spätherbst stellte sich die Dämmerung eine Stunde seither ein und hlillte alles sogleich in ein dil ster graues Gewand? j So· verstrich die Zeit, Tage, Mo nale, Jahreszeiten flogen dahin. Jn dem zweifelhaften Licht der Ahenddiirnmerung, ehe die Lampe an gezündet wurde, wenn die drei Frauen, eine nach der anderen, ihre Näh- oder Stickarbeit zusammenlegs ten, dann suchten die Blicke des jun gen Mädchens — die bald nicht mehr jung sein würde —- diese Mauer, die sich dort statt ihres früheren Himmels austhiirmte. Ostinals in einer An wandlung melancholischen Matt-wil lens, wie eine Gefangene, die unab lässig von einer Mante verfolgt wird, vertrieb sie sich die Zeit, von einer be stimmten Stelle die Zweige der Ro sen, die Spihen der Sträucher zu be trachten, die sich von den graut-mal ten Mauersteinen abhobem Dann suchte sie sich der Täuschung hinzuge ben: dieser hintergrund sei ein Dim mel, der, wenngleich höher und tiefer oslö der wirkliche, doch an diejenigen gewohnte, die oft Nachts auf den un geheuerlichen Pisionen unserer Träume lasten. Ost sprachen sie arn Arbeitstlsch. bei-n Schein der Lampe von einer Erbschaft, die fix erhofften, doch im mer nur wie von einem Traun-, wie von einem schönen Märchen, in so un sichere. nebelgraue Ferne schien dieses Bermächtniß entrückt. Aber sollte diese amerilanische Crbs st doch noch kom men, dann würden e um jeden Preis das Haus des Nachbars kaufen, den« neuen Flügel wiirden sie niederreißen und alles wiederherstellen, wie es einftz gewesen! Ungehindert wiirde dass Sonnenlicht dann wieder den hof und s die lieben, an der Mauer emporllet- ; ternden Rosen treffen. ’ s »Meine lieben Kinder«, fagte dies alte Tante wieder und immer wieder, ; »gebe Pottfchtäaß its-Länge genug lebe, ? um die en ’nen. zu fe n!« i Die Erbschaft ließ lange,he trofilos lange aus sich warten. Aus der glat-» ten Außensliiche der Mauer hatte der] Regen schließlich fchtviirzliche Streifen s gemalt, deren Anblick traurig stimmte· l Eines Tages es war im Früh ling, in einem sonnendurchgllihten Frühling, der, trotz der schattenwer senden Mauer. die Rosen früher und iippiger hatte erblühen lassen, als in den anderen Jahren -—-- erschien in der bescheidenen hofwohnung ein junger Mann. Einige Abende hindurch lei stete er den drei oermiigenölosen Frauen Gesellschaft. Nur vorüber gehend hielt er sich in der Stadt auf, gemeinsame Freunde hatten ihn an die Damen gewiesen, vielleicht mit dem Hintergedanlen einer heirath. Er 4 tvar schön.« kräftige Seewinde hatten s sein stolzes Gesicht gebrannt. Doch die ’ Erbschaft erschien ihm zu unsicher, das ; junge Mädchen, deren Wangen, auss Mangel an Licht bleich geworden was ren, zu arm. So schied er fiir immer er, der dort eine Zeitlang die Sonne die Kraft, das Leben verlörpert hatte. Wie bange Todesahnung beschlich es sie, die sich schon seine Braut gewähnt hatte. · ! .Gleichsörmig schlichen die Jahre da- ? hin, gleichsiirmig, wie sithllos dahin-l stießende Ströme. So vergingen siins, ; echt-. fünfzehn in zwanzig Jahre-i Die Frische des jungen. mitgifnpseuj Mädchens schwand dahin « derge-; dens und unbegehrt hatte sie gebliiht,j »- die haare der Mutter wurdens weiß, die alte Tante wurde siech· Sie T sasz jetzt unentwegt an demselben Plane, an dem verdunkelten Fenster in ihrem verblichenen Sessel. Jhr ar mer achtzigjähriger Kopf wackelte un aushiirlich hin und her, ihr ehrwürdi ges Prosil hob sich don dem Grün, das den unteren Theil der Mauer deckte ab. jener Mauer, aus der die schwärz lichen Linien, die langsam niederrin nender Regen gezogen, sich derstärtten. Angesichts der Mauer, der uner bittlichen Mauer, wurden sie .1lle Drei alt. Auch die Rosen und Sträucher älterten. Sie war schon seit zehn Monaten todt ihr Scheiben hatte eine ent setzliche Leere in dem kleinen Salon der Vereinsamten zurückgelassen wie eine inniggeliebte Großmutter war sie beweint worden, — als endlich die überwältigende Nachricht von dem Eintressen der längst nicht mehr er warteten Erbschast kom. Die Freude, wieder reich zu sein, schien dass alte Mädchen —-- sie war jetzt vierzig Jahre alt « zu verjün gen. Natiirlich jetzt miiszten die Mie ther aus dem Vorderhause weichen, alles sollte werden, wie es einst gewe sen« und dann wenn nur erst diese Mauer niedergelegt war --—, dann würde ihr Leben auch wieder voll la chenden Sonnenscheins sein· Und endlich fiel sie, sie, deren Fall seit zwanzig langen, glanzlofen Jah ren herbeigefehnt worden war. Und als die Arbeiter weggegangen waren, alles vollendet und die Stille wieder geiehrt war, staunten Mutter und Tochter über die helligteit, denn am Tisch-e sitzend, bedurften sie zum ersten Male nicht mehr der Lampe fiir ihr Abendessen· Wie in früheren Zeiten ruhten ihre Blicke auf den Roer des Hofes, die sich wie einst leuchtend vom himmel abhoben. Aber statt der er hofften Freude beschlich sie ein uner lliirliches Unhehagen: zuviel Licht ftröinte in den lleinen Solon, eine grausame helle durchfluthete ihn, und das Gefühl der unaewohnten Leere draußen, der großen Veränderung . .. Die Erfüllung ihres Wunsches ließ sie verstummen, schweigend verharrten Beide in Gedanken versunken ließen sie das aufgetranene Mahl unberührt. Eine stetig wachsende Schwermuth er fiillte sie ganz· Jhre derzen lrarnpften sich zusamt-en, ihr Schmerz steigerte lsieh bis zur höchsten herzensangst, bis i zu jener trostlos düsteren Empfin !dung. die uns bei dem Bermissen theurer Todten übertomsmt. Als die Mutter gewahrte, daß Thriinen die Augen der Tochter ver schleierten, errieth sie die unausges sprochenen Gedanken, die wohl den ihren glichen. » »Man könnte sie vieder ausbsauen«, sagte sie. ,,Meinst Du nicht, daß man es versuchen lönnte, sie genau wieder so herzustellen. wie sie gewesen isl?" »Ich habe auch schon daran gedacht«, antwortete die Tochter. »Aber weißt Du, es würde doch nicht mehr das selbe sein.« Ach, wie war es nur möglich, sie, ja sie und kein Anderer, war es gewesen die das Wieder-reißen dieses Hinter grundes befohlen, von dem soviel ihr vertraute Bilder sich abgehoben hatten damals, im Lenz, war es ein schö ner Männerlops gewesen und viele Winter hindurch das liebe Prosil der greifen, verstorbenen Tante. Ein herbes Web durchzuckte ihr Herz und um die unwiderruflich zer störte Mauer weinte sie die bittersten Thränen ihres Lebens. Die Seele des Ostens-. Um "nrit dem Anfang zu be ginnen, ist die Geburt eines japani schen Kindes von höchster Wichtigkeit fiit den Haushalt, von dem jeder ein zelne an der Freude theilnirnnit, mit Ausnahme des Neuankiimmlings selbst: er weint. Diese allgemeine Freude ist sedrch einigermaßen von dem Geschlecht des Neugeborenen ab hängig Jst das Kind zufällig ein Knabe, herrscht allgemeines Entziiclenx ist es ein Mädchen, äussert sich der Enthusiasmus weit gemäßigter. Jm letzteren Falle sind die impulsiven Ber wandten unverkennbar verstimmt, während die philosophischeren unter ihnen siir das nächste Mal eine günsti gere Fügung erhossen. Beide Theile ergehen sich in hiibschen Redensarten« die sie aber selbst nicht ernst nehmen, denn es ist eine ausgemachte Sache, daß die Familie in der Baby-Lotterie eine Niete gezogen hat. Eine so sehr vcn dem Geschlecht abhängige Freude beweist, wie gering die Rolle ist, die· das Persönliche, selbst in der Betst-et trvr, spielt. Der Grund dieser ausge sprochenen Parteinahme für das männliche Geschlecht liegt natürlich in dem allbeherrschenden Wunsch nach Erhaltung des Familienstammes. Der beklagenswertheSäugling wird nur in dem Lichte eines möglichen Stammhal ters angesehen. Ein Knabe ist boten tkell schon ein Vater, wohingegen ein Mädchen, wenn es sich überhaupt ver mählt, aus seiner Familie in eine an dere hinein heirathet, und von vorn herein so gut wie verloren ist« Dieser Uebelstand wird jedoch bis zu einem gewissen Grade durch die fast unend lickcn Möglichkeiten der Adoption ge mildert. Aus diesem Grunde sind also Töchter nicht ganz so verzweifelte Fälle. Aus der Abgeschlossenheit des häus lichen Kreises wird der Säugling, an die Schultern einer kaum älteren Schwester festgebunden, huckeparl in die Welt geführt. Der Obhut eines Wesens anvertraut, das selbst tautn ruht als ein zartes Babh ist, erblirlt es zuerst die Welt. Die Winzigteit dieser Kinderwärterinnrn ist dabei das erftaunlichste. Man kann das gebrech lichstc Püppchen, mit einem Wesen be laden, das halb so groß ist wie es selbst in den Straßen herumwacleln sehen. Wie das Pünktchen aus dem »i« scheint das-Köpfchen des Babhs ein natürlicherTheil der tindlichen Warte rin zu sein. Eine derartige Oelonomie in der Kinderwartung gibt uns viel zu den tcn; daß es überhaupt ausführbat ist« so ein Kind dem anderen anzuveri trauen, beweist die rühkeife der japa nischen Kinder. ber diese verblüf fende Reife der Jugend bedingt einem Gesetz zufolge, das zu bekannt ist, um eine-. Erläuterung zu bedürfen, die spätere Unreife der Rasse. Je tiefer die Wachsthumsgrenze, desto früher wird sie naturgemäß erreicht. Ja, es mag sogar fraglich sein, ob dieg sich nicht noch rascher vollzieht, nach dem Prinzip, daß ein Rennen der eine ge ringere Distanz zu bewältigen hat, nicht nur seinen Lauf rascher zurück legi« sondern sich auch mit relativ grö ßerer Schnelligleit fortbewegt oder wie ein kleiner Planet nicht nur früher altert als ein größerer,"sondern ver hältnismäßig auch schneller. Jupiter befindet sich noch in seiner feurigen Jugend, während der Mond von de repiter Alteröschwiiche ift, und dennoch begann das Sonderda ein dei ersteren lange vor dem des ondeö. Dieses Gesetz erklärt die abnorm frühe Ent wicklung der chinesischen Rasse und die daraus folgende Periode ihrer Jnaiti jbitiit. Unterdessen geht die jugendliche Würterin in glücklicherUntenntniß des Beweises, den ihre geistige Frühreife gegen ihre zukünftigen Möglichkeiten erlsringt, ihrem Vergnügen nach,wobei sie ab und zu ihrem Pslegling, dessen «tleines armes Köpfchen in höchst be :triiblicher, lockerer Weise bald auf diese, bald auf jene Seite wackelt, ihre Aufmerksamkeit zuwendet. Sobald das Kindchen etwas größer geworden, hat es mit aller Wartung ein Ende, und nun beginnt für es selbst die Pflicht, auf andere Acht zu geben. Sein Leben daheim besteht ans unablässiger Subordination. Das Verhältniß, in dem sein Gehorsam zu dem der Kinder anderer Länder steht, erhellt vielleicht genügend aus der Wichtigkeit, mit der diese Vorschriften in den verschiedenen Gesetzbüchern be handelt find. Das Gebot: »Ehre Va ter und Mutter« bildet ein Zehntel des mosaischen Gesetzes, wankend dasselbe Gebot wenigstens die Hälfte der ton fiszianischen Vorschriften ausmacht. Für das chinesische Kind sind alle el terlichen Befehle nicht einfach geschrie bene Gesetze, sondern sie müssen im Geiste noch übertroffen werden. Zu thun, was man ihm sagt, ist nur der minimalste Bruchtheil seiner Pflichten. Theoretisch soll sich fein ganzes Sin nen und Trachten einzig darauf rich ten, wie es feinem Familien - Ober haupt dienen kann. Aeneas folgte bei seiner Flucht aus Troja demselben Ko dex des Betragens1 wie bekannt, galt seine erste Sorge seinem Vater, die nächste seinem Sohne und die letzte sei ner Frau, die er, nebenbei gesagt, ver lor. Bei dem Chinesen ist die kind licise Pietät die hehrste Tugend. Ein pflichtloser Sohn ist ein Monstrum, e: n Fall moralischer Mißbildung Auch könnte es kaum anders sein. Denn ein Vater vertörpert »in propria Persona« einen ganzen Patriarchew stamm, dessen angehäuste Autoritäts alt thatsiichlich gottlich ist. Diesem Obrigkeit-Zustand entwächst das Jn diriduum nie ebenso wie ihm die Rasse nie entwachsen ist. i Unser Knabe beginnt nun zur Schule zu gehen, in eine Tagsschule natürlich, denn ein Jnternat wäre mit der-s Familienleben nicht im Einklan ge. hier gibt man ihm zur Eröffnung des Unterrichts die trimetrischen Klas siter, damit er die Schriftzeichen aus wendig lerne und gelegentlich dabei ei nige Jdeen aufschnappe. Diesem Buch folgt: Das Jahrhundert der Ge schlechtsnamen, ein Katalog allerClan: Namen in China, wie das erstere hauptsächlich wegen der Schriftzeichen studiert wird, obgleich die darin ent haltenen Hinweise auf die Bedeutung tder Familien gewiß nicht verfehlen, jauf den jugendlichen Geist Eindruck zu zuu chen. Dann kommen die Tausend Schriftzeichen - Klassiker, ein wunder volles Kunststück der Mnemo - Tech nit, denn von den tausend Schriftzei chen dieses Buches wiederholt sich kein einziges auch nur einmal, ein Mangel an Tautologie, der von dem unfreiwil ligea Leser laum nach Gebilhr gewür digt werden kann. Durch Erinnerung an unsere eigene Schulzeit können wir uns den Widerwillen lebhaft vorstellen, den der Knabe empfindet,statt der Be wunderung, die er empfinden sollte. Drei weitere Bücher folgen diesen ersten Bänden in der Form von ein ander abweichend, aber dem Jnhalt nacb merkwürdig gleich, da sie alle Geschichte verbunden mit Moral, be handeln. Denn das fromme Alterthum verknüpfte Geschichte unzertrennlich mit Moral· Ja, es ist. als hätte die Vergangenheit einzig mit Rücksicht auf die Erbauung der Zukunft gelebt. Die Chinesen waren in jenem goldenen Zeitalter geradezu anormal tugendhaft und setzten die wenigen Unglücklichen, die die folgendenZeitalter als warnen des Beispiel der Entartung brauchten, unter Schloß und Riegel. Wenn man davon absieht, daß der Unterricht keine Belehrung iiber das künftige Leben enthält, kann man sagen, daß die fernitstliche Erziehung aus einer fort laufenden Sonntagsschule besteht. Denn von den gelehrten Autoren wird keine Gelegenheit verabsiiumt, selbst in die weltlichsten Partien ihrer Bücher iMorallehren einzuflechten « ! Der Ausspruch des Dionysius ron Halitarnaß, Geschichte sei an Beispie len gelehrte Philosophie, tännte hier so modifiziert werden: Geschichte ist in Beispielen vorgetragene Philosophie Denn in den belehrenden Anetdoten snuszsede andere Art des Verdienstes der kindlichen Pietiit nachstehen. Der Bethiitigung dieser hehrsten Tugend werden alle anderen Rücksichten geop fert. Das Streben des Schülers wird so ausschließlich auf diesen einenPunkt gerichtet. So oft er ein Blatt umwen det, stößt er auf Beispiele kindlicher Selbst-Verleugnung, die den jugendli chen Leser zum höchsten Ehrgeiz an-· spornm Bilder aus der Vergangen heit, zuweilen loloriette, zeigen diese gepriesene Eigenschaft in einem lo hoch gesteigerten Typus, daß sie bei jedem anderen weniger kindlich Veranlagten Voll einfach detiWettbewerb anmuthi gen würden. Aber der Knabe hier glaubt alles aufs Wort. wird davon zur Nacheifernng angefeuert, ja be schließt, das Gelesene noch zu übertref sen. Ein oder zwei Beispiele werden ge nügen: Jn einer Erzählung wird der Held der Nachwelt als leuchtendes Vorbild gepriesen, weil er in einem außerordentlichem Fall von Familien- » noth seinenSohn verhungern läßt« um Nahrung fiir seinen alten Vater zu be- « schaffen. Jn einer anderen Geschichte i reißt ck sich unbedenklich von seiner s Frau scheiden, weil diese sich irgend s einen harmlosen Scherz niit den höl- ! zernen Abbildern seiner Eltern er- : laubte, die er zur täglichen Anbetnng j und Betrachtung in seinem Hause auf gestellt hatte. Schließlich verkaufte ! sich irgend ein andererMuiiersohn that siichlich in ewige Sklaverei, um die nö- l thigen Mittel herbeizuschaffen, seinen würdigen Erzeuger, der zuerst seine Nachbarn betrog und dann sein un-« recht erworbene-Z Gut in einein üppigen Leben vers-reihte mit gebührenden Eh ren begraben zu lassen· Bei diesenErs zähinngen musz ebenso wie bei gewis sen fragwiirdigen Romanen die lon- ( ventirnelle Moral fiir die allgemeine Jnitnoralität der Handlung entschädi-— ! gen. So ist die Studien-Laufbahn be- I schaffen, die man den junaen Chinesen l zurücklegen läßt« Ein ähnliches Sy- i stem herrscht in Japan, und die Ver-— I ichiedenheit zwischen beiden ist mehr quantitativ als qualitativ. Die Vit cher find in beiden Fällen so ziemlich dieselben, und der Lesestoff unterschei- « det sich erstaunlich wenig, wenn wir » bedenken, daß in dem einen Falle der " Schüler die eigenen Klassiter liest» in anderem Falle die einer fremden Na tion. ? Gehört der Schüler detnMittelstand an, wird er, wenn seine Schulzeit vor bei ist, dazu angehalten, seines Va ters Gewerbe zu erlernen. Sich irgend einem anderen Gewerbe als dem des Vaters zuzuwenden, wiirde der Fami » lie einfach als ein Unding erscheinen. IUnd trarum sollte er auch einen ande ren Geichiistszweig erwählen? Und wenn, welcher sollte das sein7 Jst sei nes Vaters Berschiiftiguna nicht schon da, ein Theil der bestehendenOrdnung der Dinge, und ist er nicht der Sohn seines Vaters und deshalb Erbe der väterlichen Geschicklichkeit-E Nicht als ob die Vererbung einer solchen Befähi gung wissenschaftlich festgestellt wäre man nimmt sie einfach instinktiv als Thatsache an. Tie Möglichkeit der Vererbung von seiten der Mutter kommt nicht in Fra ge, so, als ob ihre Abtrennung von ih rer eigenen Familie eine solche Wir luug aus-schalten würde Was die in dividuelle Vorliebe des jungen Mens schen siir die Sache betrifft, so hat die Natur steh der Sitte riicksichtsvoll an gehaßt, indem sie ihm überhaupt keine gab. So wird er z. B. ein Tischler, weil seine Vorfahren immer Tischler waren. Er erbt das Familien-Gewer be als einen iiothtvendigen Theil des Familiennainens, er wirk- siir sein Handwerk geboren, nicht nach seiner Veranlagung dazu bestimmt. Aber aewöhnlich ist er genügend dasiir qua lisizieit, denn mehrere Generationen der Praxis. wenn auch nur in einem Zweig der Familie, attumulieren ein-e große technische Geschicklichkeit Die Folge dieses Systems vonFamiliengil den in allen Zweigen der Industrie ist sehr bemerienstverth. Die fast uner reichbare Ueberlegenheit der japani scken Handwerker über ihre euroväi sehen Genossen ist ja wohlbctatint. An dererseits ist die abstralte Tendenz der Beschäftigung das konkrete Indivi duum zu verschlingen, ebenso durch die Theorie anerkannt wie in der Praxis erwiesen. Der Mensch geht in seiner Besehästiguna ganz aus. Schon die Namen der verschiedenen Handwerie bringen dies zum Ausdruck- Bei-« stsieleioeise bedeutet das japanische Wort Tischler wörtlich: »Schneide Ding-Haus« und bezieht sich jeßt ebenso sehr auf den Mann wie aus sei ue Werkstatt. Wenn unser tupischer Jüngling, statt ter niederen Klasse inzugehörem von blauerem Blut ist oder, wenn ihn auch nur der Wunsch beseelt, von einer solchen Abstammung zu sein. wird er Student. Hat er nun nicht schon in der Schulstnbe die Nichtigleit des von seiner Nation so hoch gepriesenen Wiss — fens erkannt. fo wird er diesen Stu dien fein Leben weihen. Mit einem Eifer, der einer besseren Sache würdig wäre. stürzt er sich in das Studium der Klassiker, bis er fiir nichts anderes mehr Sinn hat. Wie man sich denken lann, legt er schließlich in die Ansprü- - che der Vergangenheit mehr hinein. als diese sich in ihrer Einfalt jemals träu men ließ, htneinznlegen. Er wird kon fnzianischer als Konsuzius. Und es ist ein wahres Gliick für den Ruf des Weisen. daß er nicht zur Erde zurück kehren kann, denn zu seinem größten Schaden müßte er mit seinen eigenen Kosnmentatoren in Widerspruch gera ten. Unser Jüngling hat jetzt die Blüthe zeit seines Lebens erreicht. jenen lut zen Lenz, wo die ganze Welt einen ro sigen Schimmer annimmt, wo er sich nach allen dramatischen Gesetzen ver lieben müßte. Er thut aber nichts der gleichen. Es ist traurig, aher diese Ge fühle sind ihm aanz fremd. Diese Liebe, wic wir das Wort verstehen, ist im fernen Osten etwas Unheianntes Glücklicherweise, denn diese zarte Lei denschaft wäre mehr als unangelsrachi. Sich ihr hinzugeben, wiirde endlose Störungen in dem Gemeinwesen her vorrnfen, abgesehen von dem Jammer fiir das Opfer selbst· Wahrscheinlich würde sie einer Art Kleptomanie oder sonst irgend einer Ausfchreitung rück fichtslosenEgoisinns gleichgestellt wer den. Die Gesellschaft könnte so etwas niemals dulden, da dies die Wurzeln ihres ganzen sozialen Systems unter graben würde-. Percival Lorrell Ein Berliner Original. Die nivellirende Großstadt ist lein richtig-er Boden, auf welchem Origi nale gedeihen, während es vor fünfzig Jahren in Berlin noch eine ganze An zahl gab. Jm vorigen Jahre starb viel leicht das letzte Berliner Original, der ,,Katzendottor« B, in der Oberwasser strasze, Doktor der Philosophie und der Rechte, sowie im Besitz der Er laubniß, an der Universität zu lesen. Seinen Spitznamen führte er daher, daß er dreißig bis vierzig Katzen hielt, und wenn jemand eine Katze los sein wollte, dann versetzte er sie dorthin. Die Katzen erhielten täglich zwei Liter Milch und Futter im Abonnement aus dem Rathe-stellen Als Legerstelle dien ten ihnen ein alter Schlitten und eine alte Kalesche Früher ritt und fuhr der Doktor mit einem Schimmel aus, bis das Thier zu alt geworden war und nun das Gnadenjbrot erhielt. Es war ein großes Haus, welches ihm ge hörte, mit vielen kleinen Miethern und mäßigen Miethpreisen. Konnte einergnicht rechtzeitig bezahlen, so war er nachsichtig; versuchte jedoch jemand zu rücken, so war er hart. Den Katzen geruch im Hause mußten die Miether allerdings für die mäßige Miethe hin: nehmen. Dr. B. war ein sehr ge scheidter Jurist; er bereitete junge Ju risten siir die Prüfung vor und bear beitete den juristischen Theil desBries ikastens einer Zeitung so gründlich, rdaß junge Juristen denselben emsig studirten. Früh, wenn noch alles im Pause schlief, ging er an die Arbeit: tun 3, 4 Uhr mußte sein Diener ihn 7weclen. Um 11 Uhr speiste er zu sMit tag, und Nachmittags wanderte er mit seiner Wirthschafterin nach dseniilhths teller. Aber man konnte mit dem Manne lange verkehrt haben, ohne zu wissen, woran er eigentlich glaubte; ·er war verschlossen. Etwas transzen dental war er jedenfalls veranljgt; denn Abends hielt er häufig spiritisti sche Sitzungen ab wobei ein Däne ihm assistirte. « Das Katzen -Dorado ist abgebrochen; an seiner Stelle ist be reits ein moderner Neubau unter Dach. Jetzt heißt es gar, daß J. Pierpont Morgan auch das Putzmachergeschäft des- ganzcn Landes konkrolliert. Dass würde dem Faß den Boden ausschla gen. Wenn die Hüte der Frauen noch mehr verteuert werden sollen, dann ist es Zeit, daß den Frauen das Stimmrecht erteilt wird. Was können unerschwinglich hohe Lebensmittel preise gegen Verteuerung von Damen hüten bedeuten? —— Frauen können wohl hungern, aber keinen nmnoderi nen Hut tragen. si- sk « Gliicklich jene, die sich sekbsi genü gen, denn ihnen ist es gleichgtltig, was andere von ihnen denken oder sagen. III II O Der Dampfer Sikh traf in New gork mit 744,000 Chinesenzöpen ein. ie Sendung kommt reichlich spät, kmh Nachfrage nach falschem Haar hat er freuliche-erie bedeutend nachgelassen