Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, November 24, 1911, Zweiter Theil, Image 14
Der Kunstreiter Erzählung von Friedrich Gerstäcker (W. Fortsehung. »Ich, ei war wohl ein leichtsertiger, slter Mensch, der sich den bösen Trunk Wer-Ihm hatte und nicht davon los fen wollte, und wenn mon’s recht be denkt, ist ei vielleicht ein Glück siir ihn nnd uns Alle, daß ihn der liebe Herr Fott zu sich genommen bat; wenn es nur nicht aus eine gar zu traurige Weise geschehen wäre. Und dann wo ren wir doch mit einander Geschwi stertind, und gestern noch hat ihn der gnädige herr aus dem hose schaffen lassen. weil er im Trunle herausge kommen war und sich wohl unanstän dig oder unebrerbietig betragen hatte.« »Das thut mir recht leid, Sibylle«, sagte Georgine, Jetzt aber seien Sie so gut und schicken Sie das Frühstück siir den herrn heraus »s- Sie haben doch das blaue Zimmer heizen los sen?« - »Ach du mein Himmel, das habe ich in dem Schreck- gnsnz vergessen!« »Dann müssen Sie es hier herein schossen. Jn die eisialte Stube tön nen wir den Herrn nicht sühren.'· »Gott gleich Alles besorgt werden!« rief Sibylle. die in dem Augenblicke selbst den armen Tobias über das Frühstück vergaß. Jm nächsten An genblick schoß sie auch schon wieder den Gang entlang, und Herr v. Silber glanz nthmete sreier. Vergebens such te er aber das Gespräch aus den trit heren Gegenstand zurückzuletem Geor giree wich ihm entschieden aus, nnd bald wurden draußen wied:r Schritte tout, denn die Honssmogd kam mit den bestellten Speisen, deckte den Tisch mit zwei Couderts tin-d blieb, aus Georgi-« Lens Befehl, im Zimmer-, fzlls noch etwas gebraucht werden sollte, bis ihr cost gegessen nnd getrunken hätte-. Georgine selber nippte nur an einem Bisse Wein, das Herr v. Silberglanz fst sie eingeschentt. ,Erssl wie er abgegessen, verließ die Mand das Zimmer wieder, um das Geschirr sortzutragen. und Georgine wandte sich setzt an ihren Gast: « MVer-r d. Silberglanz«, sagte sie, nnd so kalt und ruhig sie dtbei blieb, beste doch ihre Stimme und verrieth Ue Aufregung. in der sit sich besond, »ich muß Sie W bitten, mich zu ver W need heute nicht zu mir zurück kakkenck ' — «Den ganzen Tag nicht — und « W Sie meinen Tod?« Y: Besen Sie fest M nekttkeh dumm« - unterbrach ihn die Frau, und ihre Brauen zogen sich finster zu fammen. « »Sollte ich noch in den Fall warmen, Ihren Beistand in Anspruch zu nehmen, so müssen Sie dabei wie ein Mann, nicht wie ein junger ver tiebter Geck handeln. und vor Allem diirfen wir hier keinen Verdacht erre gen. Sind Sie in eigener Equipage get-unmens« »Nein, mit einem Lobntutscher von der lebten Eifenbahnftation." »Beste besser. Haben Sie irgend einen vernünftigen Born-and, sich heute den Tag über hier im Orte auf zuhalten?« »Vortreftlichen.« lautete die rasche · Antwort: »ich eriundige mich nach den Kornvreifen und sehe mir das Ge treide an, kaufe auch. wenn ich es zu einem annehmbnren Preise bekommen kann und adressire es an eine Firma in »Ob« »Seht gut. Flnf wie lnnne haben Sie Ihren Miticher aemiethet?« »Auf unbestimmte Zeit; ich lann ihn gleich wieder fortschicken, oder ihn und seine Pferde so lange behalten. wie und wohin ich sie brauche. — Oh, wenn ich hoffen dürfte . »Meinen Sie es ehrlich und auf richtig mit mir?« Eönnen Sie zweifeln, Holdeste der Frauen?« rief Herr v. Silberglanz, und schien nicht übel Luft zu haben, sich wieder auf ein Knie vor ihr nie derzulassen; Georginens Ernst aber hielt ihn zurück. «Wollen Sie mir nur meiner felbsi, nicht anderer eigennütziger Absichten wegen helfen?« fuhr die Frau fort. Aber-, tbeuerste Georgine.« Antworten Sie mir tlar und deut iiO auf die Frage« »Ich befchwöte Sie.« »Ja oder mini· Ja denn; iiinnen Sie etwas An leeres glaube-W »Oui« erwiderte die junge Frau, Essen ein tiefer Seufzer ihre Brust pi, JO wili es mgen.« ·«,Vefehlen Sie über mich. « W nicht Thau Sie, was ich gesagt habe. Befchästigen Siel M ausschließlich mit dem Ge inschildheia Morgen frlih sit- sit case schicken Sie Ihren Ist Um W M spit « M Iris um ciWsten Ist Hase rass- Kreise-That — feine Worte fand, seine Bereitwilligleit aus zudrücken. »Und morgen?« »Wer-gen sriih um zehn Uhr korn Men Sie wieder zu mir, das Weitere zu ersahren,« erwiderte Georgine. die kalt und besonnen ihren Plan über-! dachte. »Ich weiß nicht, wie weit ichs selber irrt-Stande sein werde, bis da-I hin meine Vorkehrungen zu treffen.i — Aber noch Eins: Nehmen Sie3 heute die Gelegenheit, einen Spazier qang in den Wald zu machen. Dort lassen Sie sich die Zaubereiche zeigen und merken Sie genau den nächsten Weg dorthin. Einen Führer finden Sie überall.« »Schön, sehr schön: es soll Alles viinltlich ausgeführt werden; aber oehre Pläne, gnädige Frau! Wollten Sie nur die Güte haben, mir in Ei was —- in der größten Kleinigleit dehre Pläne mitzutheilen, daß ich meine eigenen Maßregeln . . .« «Morgen.« erklärte Georgine be stimmt. »Mein Kovs brennt mir: l-itte. lassen Sie mich seht allein, daß ich Zeit habe mich zu sammeln, lieber Baron.« »Ihr Wille ist mir Besehll« rief d. Silberglanz, der dem lieben Baron nicht widerstehen konnte· »Holt-e Georgine, Sie baden mich in Jhrer stand —- Sie tönnen mich um den tleinen Finger wickeln — Sie können Alles, Alles mit mir machen — ich kenne Hugo v. Silberglanz nicht mehr —- Hugo v. Silberglanz ifl ein ande rer Mensch geworden —- er ist eigent lich gar lein Mensch mehr, er ist ein Gott —- er geht nicht mehr auf der Erde, er fliegt-—- er schwimmt in ei nem ganzen Orean voll Wonne.« Er hatte Georainenz band eraris ken und bedeckte sie rnit seinen Küssen: aber es war kein Liebesblich der dabei aus ihren Augen aus ihn fiel. Wieder snckte der schmerzlich-böse Zug um ihre Linden und ihm ihre band end lich entstehend, deutete sie rnit einer bittenden Bewegung nach der Thür. v. Silberglanz vermochte jetzt auch nicht länger ihrem Wunsche zu wi kderftrehen Gern wäre er freilich spnoch liihner geworden, aber der Frau ernste Haltung entmuthigte ihn wie der — er mußte ihr erst Zeit lassen. Wiorgen —- morgen sollte er seinen ITriurnvh feiern, und mit einem Fichrnachtend süßen Blick aus das von ihren Gesiihlen erreate, wirklich wun derschöne Weib gtisi er seinen Hut kaut und verließ rasch das Zimmer sund das Gut. i c Hugo v. Silberglanz befand sich, als er Georginen verließ, wirtlich in einem außergetoöhnlichen Grade von Aufregung, der nicht allein den Nei zen des schönen Weibes, fondern auch noch feinen durch sie plötzlich über stiirzten Plänen und Geschäften« wie all’ den Verwickelungen galt, in bie er dadurch gezogen werden konnte. Und was würde Baron Silberglanz’ Vater dazu sagen, wenn er von die fem tollen Streiche des Barong Sil berglanz Sohn unglücklicher Weise ge hört hätte? Bah! das- Unaliick wäre zu ertragen gewesen; er war jetzt Ca valier und mußte cavaliermäßig han deln — wenn es ihm auch ein paar Thaler kostete —- roelchen Preis er oberte er außerdem nicht dabei für sich — einen Preis. um den ihn die halbe Residenz beneiden würde! Hm —- ja — aber wohin? — Und was zerbreche ich mir noch den Kopf? Nach Paris —- tvollte ich doch nach Variö, und habe den Umwea nur übert biet gemacht —- jeyt reif ich in Ge sellschaft, und tvas für Gesellschafti Was liegt an den paar hundert Tha lern —- und wenn’s tausend wärenli Hugo v. Silberglanz ift nur einmal! iung, und will auch fein Leben genie-; ßen wie andere analiere. Ein Ge-( fchiift brinat die ganze Sache zehnmalj wieder ein.« Und mit dem Troste sich, I theils der Kälte, theils feiner arme-( nehmen Empfindungen wegen, diei Hände reibend, eilte er in das Dorfl hinein. dessen erfte Gebäude er fchort erreicht hatte. Durch und durch Geschäftsmann, wurde es ihm hier nicht schwer, seine Rolle als Getreidehiindler zu spielen; aber zu wirklichen Räuer traf er, woran ihm übrigens auch nicht viel lag, keine günstige Zeit« da Baron v. Grafeer wie ihm die Bauern sagten, eben deshalb verreift fei, um einen Handel fiir fein und ihr Geireide — roenn ihnen der Preis nämlich zufage —- abzufchließen Erft wollten fie deshalb einmal hören, was fiir Ge bote er bekommen has-. sb- sis sich M einen dandel einliehen —- deu Zq natürlich ausgenommen daß ihnen hier ein febr annehmbar-es Gebot ge-] macht wiirdr. v. Silberglanz war; aber gar nichi geneigt. theuer einzu-; lauft-. und unter diesen Umstänan lief er Ich mir das noch vorbandeneJ Oeteeide zeige-n via ei auf eine-i Waar- tle St bei sich führte- unt-H schrieb fis-b die verschiedenen Namenl der-W sti, III-vielleicht Mer zwei-may sie er sagte, einen hat« de IV M This-schliessen j ,-—— Vorher schon hatte er seinem Kut scher die, nöthigen Befehle gegeben, um Georginens Austrag auszuführen Das versprochene Gepäct kam auch ge gen Abend an, und am nächsten Mar gen, lange vor Tage, war der Wagen schon unterwegs nach seinem Bestim mungsorte, wobei der Kutscher stei lich den Kopf schüttelte, daß er eine Kiste und ein paar Koffer spazieren fahren mußte. · Der Wirth im Stern wußte indeß nicht anders, als daß der fremde here —- von dein der Kutscher nur sagen konnte. daß er ein Baron sei, und der sich als «Baron Soll-ein' in das Fremdenbmh geschrieben —- hier in der Gegend die Rückkunst des herrn v. Geizseln abwarten nzolltr. m-«tt So verging bei Tag —- ote Nachr, nnd Hugo v. Silberglanz, während er das neue Sonnenlicht mit Jauchzen begrüßte. kannte die Zeit kaum er warten, die ihm gestatten würde, wie der zu Georginen zu eilen und den Lohn fiir feine Aufopferung zu ern ten. Punkt Zehn fand et fich oben im Gute ein, und Georgine kam ihm, heute ein ganz anderes Wesen als ge ftern, lächelnd entgegen «Nun?« fragte fie, »baben Sie Jbre Getteideiiiufe glücklich beendet?« »Holt-e Gern-gian fagte Hugo, »reden Sie mir ietzt nicht von Ge treide und Geschäften Jch versichere anen, ich iann das Wort nicht bö ren. Sprechen Sie mir von sich, gei ftatten Sie mir. daß ich Sie ansehe, daß ich Sie an mein herz .. .« »Halt, mein befter Baron!« fagte die Frau, ihn liichelnd abweist-end »So weit find wir noch nicht. Haben Sie Alles beforgt, was ich Ihnen auf getragen?« «Alles, bis aufs Lebte.« »Im der Wagen fortt« »Heute Morgen. zwei Stunden vor Tage.«« I Rennen Sie den Weg zur Zauber- ; eiche?« H »Wie meine Tasche —- ich bin hin-l und hergegangen und fürchte beinahe, ich balde mich dabei ertiiltet —- der« Schnee war fo tief.« « »Ist Jbr eigenes Gepiick mit fort gegangen?« «Alles, bis auf ein Töfchchen, das ich am kleinen Finger tragen iann.« ; .Voetrefflich! Sie sind ein Muster! von Piinttlichteit, Baron. Zur Beil tobuung fallen Sie nach heute eine j Spazierfabrt mit mir machen. haben lSik Lust dazu-es « »Bis an g Ende der Wel »Um Gottes willen, nein!« lachte .Georgine. »So weit will ich Jhre iGiite nicht in Anspruch nehmen« »Aber wann brechen wir auf? — Jetzt-i« »Jetzt noch nicht. Jch muß einige Leute los werden die mir hier im Wege sind Um drei Uhr heute Nach mittag wird der alte Mann, der ne ftern oder vorgeftern verunglückt ist. unten im Dorfe beerdigt werden. Meine Wirthfchafterin und der alte Verwalter werden mit zur Leiche ne hen. Um drei Uhr fahre ich von hier fort. Seien Sie um diefe Zeit, oder bald nachher, an der Zaubereiche.« »Aber warum ließen Sie mich mei nen Wagen fortfchiclen?« »Ich nehme mein eigenes Pferd mit, das ich nicht zurücklassen möchte und iomme in einem Schlitten, auf dem wir Beide Plan haben. Fürchten Sie fich, mit mir allein zu reifen?« »Georgine!« »Gut; ietzt isi alles Mithioe bespro chen, und nun verlassen Sie mich. Wir dürfen leinen Verdacht erwecken.« »Nein wollen Sie mich fchon wieder fortfchicten?« · »Sie werden meiner Gefellfchaft noch überdriiffig werden« lächelte dies Frau. »Ich bitte Sie, jeht zu gehen« »Ich gehorche Jhnenf fagtev Silberglanz resignirt; »olfo um drei Uhr an der Zaubereiche. Jch werde die Minuten bis dahin zählen.« »Dann find Sie vollständig beschäf tigt. th noch etwasi« »Ja,« fahte o. Silberglanz, ent fchloffen auf sie zugehend und ihik band ergreifend. »Sie haben mich zu Ihrem Befchiiher erwählt, Georginez ich hin bereit, Alles daran u sehen, Ihnen zu willfahren — feien Sie nicht grausam!« Er legte feinen Arm um fie und wollte fie an sich ziehen »Wir find keinen Augenblick hier sicher, überrofcht zu werden,« fagte Wortsinn ihn von fich haltend; Herr o. Silberglanz war aber nicht fo leicht sitze-schütteln »Und foll ich fo lange auch ohne den kleinsten Lohn bleibeni« drängte der verliebte. »Gewinn- hsoldee, gött lichei Wesen, in wenig Stunden ietten Sie Ihr Sefchis an do- meine, und fett-« —- er driickie ihren Arm zuriick nnd CH· sie es verhindern sonstige eine Lippen mof die ihrigen. Oeorglne dumte den Kuß, day-« oder sichs oon ihm losde tiefg Neien vernlinfiin somit feses sich beneed Ich der nichten cefahe one untern GMP lan scheitern ge Sie fest, ei ist g nug; um drei Uhr an der Zauber eiche.« » »Um drei Uhr," ries huga, der sie’ wie in einer Verzückung anstarrte,j «um drei Uhr!« und mit Gewalt sichs losreißend, eilte er, sa rasch er.lonnte,s in das Dors zuviel, unkdort seines Rechnung zu "dezahlen« seine lleinej Tasche zu packen und zur bestimmten; Zeit an der bezeichneten Stelle nicht zu! schlen. : Georgine blieb allein in ihrem Zim-! mer zuriia und starrte, als Herr v. Silberglanz sie schon lange verlassen hatte. nach immer still und schweigend var sich nieder; aber die Zeit siir sie; war auch zum handeln gekommen, ein! Rückschritt nicht mehr möglich, undI das kühne. selbstständige Weib gewann! mit diesem Bewußtsein auch ihre ganze Energie und Entschlossenheitl wieder. »Frei —- frei —- frei!« flatterte ne· wie eine Beschwörungöformel leise dort sich hin-. «frei hin ich wieder. wie deri Vogel in der Luft, wie das wilde Roß« ? das die Steppe durchfliegt und der» Verfolger lacht. Den Zwang habe ichs abgeschiittelt, der mir die Seele wund; gedrückt und Geist und Körper nieder-; gebeugt hat, und schon fiihle ich den« beweglichen Boden wieder unter mei nen Füßen, fühle, wie der wehende» Luft-Fug mir die Locken um den Nacken peitscht — sehe die dichtgedrängte Schaar der Zuschauer. höre ihr Jauch zen, höre ihr Jubeln und fliege im Triumph die alte Bahn dahin. — Georg wird wüthen, wenn er zurück tehrt und mich — wenn er sein Kind nicht mehr findet, obgleich es ihm die deutschen Gesetze zusprechen. Weder Josephinx noch ich werden jemals wie der deutschen Boden betreten. Und will er im Schweiße feines Angesichts, in ruhmloser Beschäftigung und Ar beit fein Brod hierverdienem will er, lann er vergessen, was er einst gewe sen, als ich ihn liebte, dann verdient er auch nicht. daß ich je mit einem Athemzuge an ihn gedacht. Und nun an’s Wert. denn nur noch wenige Stunden sind meint« Und mit den Worten, als ob fie damit Alles abge worfen habe, was sie bis jeht noch ge drückt, ging sie rasch und fröhlich daran, den einmal sestheschloffenen und eingeleiteten Plan sur Flucht auszu führen. --- ' Vorbereitet war er insofern schon lange. als Georgine ihre Künstlergars derobe gepackt in M siehen und dort »die Weisung hinterlassen hatte, sie ihr isviiter dorthin zu schicken, wohin ntan Ieben die Weisung bekommen würde. ’Gesiern hatte sie diese ertheilt, und in Iwenigen Tagen tonnte ihr Auftrag vollzogen sein. Ihre, wie Josephi nens nöthigste Kleider waren heute Morgen mit dem Wagen des Barons abgegangen· und was sie unterwegs brauchten, tonnten sie recht leicht und unbemerit mit in den Schlitten neh men. · Allerdings war die Tour siir ihr eigenes Pferd etwas starl, aber es mochte sich nachher lieber wieder or dentlich ausruhen, und auf andere EWeise tonnte sie es doch nicht mit sich fortfiihren. Josephine wußte freilich noch tein Wort von der beabsichtigten Flucht aus ihrer neuen Heimathz sie Mitte vielleicht gegen ihre Gouvernante nicht geschwiegen, und diese jedenfalls versucht, die Ausführung des Planes zu hintertreiben. War Josevhine nicht mehr da. so fah sie sich natürlich auch ohne Stellung —- ohne Brod; und wer verliert das gern so leicht? YDafz Josephine selber mit Freuden das i alte fröhliche Leben begrüßen, daß sie den Vater bald vergessen würde, davon glaubte Georgine sest überzeugt zu sein. Ueberdieg hatte das Kind teinen l eigenen Willen und mußte der Mut ter dahin folgen, wo diese fiir ihr Glück und ihre Wohlfahrt sorgen wollte. . Nur etwas mußte sie noch besorge-H dann war sie mit Allem fertig, und zwar von des Kindes Leibwiische ge-l nügend fiir die erste Zeit bei Seite; bringen« ohne daß es Mademoiselle Adele bemertte. Ein Vorwand, diese zu entsernen, war aber bald gesundem Georg hatte in seiner Stube einige; alte Kupferwerte, die dem Grasen? Geversiein hörten, und die er des halb sar ltig hütete. Josephinej durfte die Bilder nicht besehen, wennl er nicht selber dabei war. heute er laubte Georgine dem Kinde, hinüber zugehen und sich die Kuvserstiche zu betrachten, bat aber die Gouvernante dabei zu bleiben, daß ia nichts mit den suchern geschehe und die Erlaub niß nicht mißbraucht werde. Adele wandte allerdings ein, der her-r Ba ron wiirde es vielleicht nicht gern se hen und böse werden« wenn er es er fiihre; Madame dagegen erklärte, die Verantwortung allein auf sich nehmen zu wollen,·und die Erzteherin konnte sich natiirlrch nicht länger weigerte, dein Befehl zu gehorchen. Die seit, die Beide dort verbrach ter-, genügte politainmew Georgine packte atlee Mhige in zwei große Yßsticke Acad schrieb dann die lehten an Georg. Der Ortes war skurz ’und inhaltschwerz ader mit sich jim Reinen, griihelte sie nicht lange Iliher die Fassung. Die Zeilen slogen aus das Papier, dann saltete sie das Blatt zusammen, überschried und sie gelte ei, und legte ea, als Adele und Josedhine Georg’s Zimmer wieder verlassen hatten, aus ihres Mannes Schreihtisch. . - Nach dem Mittagessen ging sie noch mit der Wirthschasterin durch die Ge bäude und ordnete Einiges an, dann zu der Erzieherin aus die Stube und hat diese, Josedhine warm anzuziehen da sie ein Stiindchen mit ihr im Schlitten sahren wollte. Das war den ’Winter schon einige Male geschehen und konnte keinen Verdacht erregen. Josedhine selber steute sich auch dar aus, und mit dem Schlage drei Uhr hielt der eine Knecht, der den Austrag dazu bekommen, mit dem kleinen leich ten, mit Georginens eigenem Pferd bespannten Schlitten vor der Thür. kGeargineL trug selber den einen Fuß saet hinunter und ließ den andern dann. während sie das Pserd hielt von dem Knechte nachholen. Adele war noch beschäftigt, Josephine recht warm etnzuhiillen, und wenige Minuss ten später klingelte das muntere Thier mit seiner leichten Last lustig zum Thore hinaus und aus der glatten Straße hin, dem Walde zu. Unten im Dorfe läutete die Glocke Heu dem Beariihniß des alten Tobias, idem die Wirthschasterin und der alte Verwalter pslichtschuldigst beiwohnten und nach dem Beariibniß gingen die Leute in’s Wirthshaus, tranken noch ihr Glas und sprachen iiher den Ver unaliictten und die Art seines Todes. Von Schildheim ans schritt Herr d. Silberalanz. sest in seinen Paletot eingevaekt, und ein Paar Pelzstieiel, wie sein kleines Tiischchen unter dem einen, seinen aroszen Pelz iiher dem andern Arm. einen schmalen Fußpfad entlang gerade dem Walde zu. dass ihm bestimmte Nendezdous richtig undz pünktlich einzuhalten. l i CFottsehung solgt.) Ein Spaziergang durch peking. Von canrathlierti Sitte-rieth Peling ist heutzutage die interessan- l teste aller hauptstädte der Welt, ja! vielleicht die einzige wirklich interes-( sante, weil sie nämlich so ziemlich dies einzige ist, die noch ein beinahe reine-i s nnd unentstelltes Bild einer uns abso- « lut emden und großen Kultur gibt. Torw, die Hauptstadt Japans, ist » s on so rnit Nachbildungen enro: - paischer Muster durchsesh mit Stein-’ häuserm Basaren, Paris im westlichen » Stil, Japaner in hosen und Röcken,: daß es heute laum mehr als den Ein- ; druck eines Misch- oder Uebergangstils hervorruft. Ja Peting ist man, sowiel i man das nach europäischer Art er baute, oolltommen siir lich abgeschlos sene Gesandtschastsviertel verlassen hat« mitten drinnen im Zentrunr der Gelben Welt, und angesichts der ge waltigen Mauern, der mit ungeheuren, bergartigen Aufbauten getriinten Tho re. der Holzhäuser mit den seltsam ge schnitzten holzverziernngen an den s Dächern, die meist die Gestalten von Drachen wiedergeben, der langen Fah- : nenstangen und der bunten hölzernenJ Triumphbogen quer über die Straßen könnte man sich in die Zeit des großen ; Kublai ilhan und seiner Nachfolgeri zurückversth fühlen. Aus stinken J Pferden stürmen Reiter in der altchi-«; nesischen Tracht, die tegelsörmigr. » schweisgeschmiickte Mütze aus dem haupt, einher und binden die Rasse an I den eisernen Ringen der Äußeren » Mauern der Paläste der Prinzen und; Mandat-irre fest, bei denen siezuthun. haben: ein Bild, ganz wie im Mittel alter der europiiischen Städte. Durch die staubigen Straßen der Stadt, die sich bei Regen in undurchdringliche Pfützen verwandeln, winden sich mit Mühe und Noth die Rieksch13, die ein Jzigenspdttm eingeborenenxnlio gezoge- » "nen Wägelchen. und bei jedem Meter vorwärts fliegt der Jnfaffe nach rechts oder linls. Dazwifchen bewegen sich schwerfällig die mit tonnenartigern blauen Dach überfpannten, federloer Karten, in denen ganze lsbinefenfamis lien, die aus der Reise befindlich sind, hocken. Jn den Straßen der Tannen und der Chinefenstadt sieht man nur ganz selten einen europiiisch getleideten Menfchen —- ilberall tauchen die lan gen, blauen Kittel der Chinefen auf. Man fagt, daß China in Vezu auf die menschliche Belleidung das f nur rigste Land der Erde fei: die Männer sehen in ihren raclartigen Gewändern ,rnit den langen Zöper wie Weiber aus« und die Frauen in Hafen und Jucken wie Männer. Nach kurzer Uebung fchon lernt man bei den Frauen dieAngehörigen der Mandfchu und der chinesischen Rasse unterschei den. Das wichtigste Merkmal ift der Kopfpu : der mandschurifche lft eine Art ge ickter breiter Daube, die mit der elfassifchen eine entfernte Aehnlich lett hat; der Kopfpuf der Ehinesin ift dagegen rund und chmal. Auch an den itfzen ertennt man die Verschie den t der Rassen: die Chinelin bat die vertriirnrnten Füsse, bei denen die hen unter die Sohle gekrümmt sind ie Itiße stecken bei ihr in ganz tier nen, spitzen Schuhen« nnd das ganze. ost sehr hübsche Persdnchen kommt nur langsam trippelnd vorwarts. ethe Mandschurin dagegen trägt dre«Fnße unverstiirnmett und schreitet frei aus Die vornehme Dame in China lasit die Nägel unbeschnitten wachsen und schiiht sie dann durch lange stillen aus Gotdsiligram dies ist ein Zeichen des Mithigganges, denn infChina ertennt man die Bornehmbeit der Menschen«-an zwei Dingen: daß er nicht arbeitet und dass er nie Eile hat. Das Festgks wand der vornehmen chinesischen Dame besteht ans schwerster, über und iiber herrlich gestielter Seide. - Aus Ind an den Straßenent altet sich das sesselnde Leben des O ents. Die meisten Handwerker arbeiten ös sentlich vor den Augen der Spazier gänger: der Schmied beschlägt die Pserde auf ossener Straße, die Zim merleute zersiigen die riesigen Ballen die schräg über Querbölzern aus e baut sind, vor aller Blicken. us Schritt und Tritt begegnet man den seltsamsten Typen. Da tomrnt ein taiserltcher Falkner, aus dessen Faust der gezährnte Raubooael sitzt, mit dem die taiserlichen Pein-ten aus die Reiherberge gehen. Der Chinese liebt auch in seinem heim die Thiere. Aber unser treuer Hund wird im allgemei nen entweder verachtet oder gegessen. Besrndere Vorliebe bat der Chinese siir Bogetbaltnng. Meist sind es Wachtetn oder die sogenannten chine sischen Nachtigallen. Der Chinese liebt es, iie mit«aus·bie Straße zu neb men, wenn er spazieren geyt oder Be suche macht: er träat dann das Bauer mit dem Thierchen in der Hand und führt dieses an die Luft wie wir un sere hunde. Die Zahl der sandten die Zucker-rieth Wasser und alle möeiichen Luxus- und Bedarssartiiei ver aufers, ist Legian. und jede Art hat ihre eigenen Sitten, Gebärden. Ausrufe, Trachten. Ein ganz eigen artiger Anblick. den man in Peting ie den Tag genießen kann. ist ein chinesi scher Beerdigungszug, der aus zahlrei chen Bannertröaetn mit Emblemen und Laternen an langenStiibem Prie itern, Söniten, Rickichas usw. besicht. " Die Lieblingeiiinite dei Verstorbenen. sein Pferd, feine Frauen — alles wird in feierlichem Zuge mitgefiihri, die Trauernden sind in Weiß elleidet. und vor dem Trauerlied-in auf offener Straße wird ein Feuern-ers abge brannt, nm die bösen Geister zu ver treiben. Welch wunderbare Stimmung herrscht an den beiden großen Heilig thiimern Pelings, dem großen Lamo tenipel und dem himinelsaltarl Jrn Lamatempel durchschreitet man weite Höfe, in denen riesiae. wunderbare Brausen stehen; man lommt vorbei an langgestreciten, mit bunten Ziegeln ge schmüaten Gebäuden, in deren halb kunlel gewaltige Götzenbilder harren. meist aus Holz geschnißt und über und über vergoldet, und aus geheim nisvollen Hallen schallt in Molltönen der weiche, rezitierende Gesang der ganz in Noth getleideten Priester-, während dumpfe Gloain aus der Ferne hereinhallen. Am entgegenge setzten Ende der Stadt hüllen weite Partanlagen den gewaltigen, aus wei ser Marmor errichteten Rundbau des Himmelsaltars ein, an dsm am Neu iuhrsmorgen der chinesilche Kaiser als höchster Priester des Landes nach durchfasteter Nacht das große Opfer darbringt. Eine feierliche und erha bene Stille waltet hier, tein Laut in weiter Runde stört die weihevolle, tiefe Einsamleit, Thor nach Thor erschließt sich, bis man an die Stätte der höch sten Verehrung gelangt. · Das Stück der ri«:fiaenStadtmauer. das das Gesandtfchaftsviertel ab grenzt, ist wohl die interessantes-e Ge gend· der ganzen Welt. Felbsyzur Saifan in Monte Carla sie i man auf engem Raum taum so viele Völkerschaften vertreten, wie an schönen Sommerabenden hier oben. hier genießen die Mitglieder der ertra ipäischen Kolonien frische Lust, freuen sich der eigenartigen Aussicht über die Jriefige Stadt mit ihren Pagoden, Hihren weiten Paris zu ihren Füßen ; und dehnen den Spaziergang wohl bis Tzur Sternwarte aus. die sich ein Stück sweiterhin über der großen Mauer er zhebt Jn ihren Khaliuniforrnen sschreiten die Soldaten aller Gesandt lschastiwarhen einber. denn seit dem sgroßenBoxeraufitande von 1900 traut ! man den Chinesen nicht weiter. als die IAugen der Europäer reichen: das Oe isandtschaftsviertel ilt festungsartig ’abgeschlossen. Laternen europaischer Truppen befinden sich darin, und man vergißt keinen Augenblick, daß man hier, fernvon aller europäischen Ord nung und Sicherheit, wie auf einem Vulkan sitt. -- Eine englische Zeitung nennt die Ameritaner das un ufriedenfte Voll der Welt. Unzufrie nheit ist die Quelle des Fortschritts. An die Stelle der Zeit der Wunder tlt im modernen Leben das —- Patent M Wesen. « IN »k. - I