Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, November 17, 1911, Zweiter Theil, Image 9

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    »Ja-Dromng
Nebraska
Staats« Anzetger und J cerold
Zw raijei ) E
O ummer I4.
W
Ver Augenblick l
Warum denn währt des Lebens Glück
Nur einen Augenblicks
Die zariesie der Freuden
Stirbt wie ein Schmetterling,
Der, saugend an der Blume, s
Verging, verging. «
i
i
i
i
Wir ahnen, wir genießen kaum,
Des Lebens kurzen Traum.
Nur im unsel’gen Leiden
Wird unser herzeleid
Jn einer bangen Stunde
Zur Ewigkeit
—-—-sk—
Ver Brief der Bonne.
Ein Bildchen aus dem Wiener Leben
von R. Kraßnigg.
Vor einigen Tagen erhielt ich durch
die Post einen ziemlich schweren um
fangreichen Pries. Ich kenne derlei.
Es sind gewöhnlich geistige Erstlings
sriichte einer poelischen Jungfrau oder
eines schwärmerischen Jiinglings. Ge
dichie, so holprig wie ein Waldweg in
Galizien, und von einer Kindlichkeit
der Auffassung, als hätte der Ver
sasser Ngchle noch den »Lulscher« im
Munde. .
Ich lese die Sachen ganz gern. denn
es liegt unsreiwilliger humor in ih
nen, der viel wirksamer ist, als osi
der freiwillige. Jch legte mir den
Brief zuriiek und sreuie mich aus eine
vergnügke Stunde. »
Dei Menschen Leben isi aber eine
sorigesehte Täuschungi
Uuch ich habe mich getäuscht, als
ich in dem Brief die üblichen Gedichte
oder eine Novelle vermuthete, in der
ein edles Mädchen von einem lum
pigen Ariftolraten verführt nnd dann
von einem .rechtlich denke-iden« Ar
beiter oder tletnen Beamten geheim
thet wird. Es war auch keine Bauern
gefchichte, in der der harthersige reiche
Bauer ein »Denndt« dem armen
.Buani« nicht geben will, bis nicht
dieser »san« den ftetntsvfigen Alten
aus dem brennenden Gehöft oder aus
dem wildreißenden Fluß rettei. Auch
keine Näherin wurde gefchildert, die
brufttranl ift, Tag und Nacht hüftelt
und niiht und fchlechten Kaffee dazu
trinkt« weder Kohlen zum Einheizen
noch ein liebendes Herz besitzt, die sich
beim Greisler demüthigen lassen muß,
unt einen Liter Petroleum geborgt zu
bekommen, und die am Sterbebett
bitter-lich weint, dafz sie fürderhin ih
ren Kanarienvogel nicht »betreuen«
sann und erft ruhig in’s bessere Jen
feits hinüberfchlummert, als sie sieht,
daß fich ihr »Dansl« vor Schmerz und»
aus Sorgen fiir feine Zukunft auch
zum Sterben hinlegt.
Nichts von alledem ftand da zu le
fen. Der Brief enthielt ein Tage-!
buch. Jn den wenigen Zeilen des Be-j
gleitfchreibens hieß es, »es fei ein klei- ;
ner Beitrag zur modernen Kultur-zo
ichichte«, ein »Lichtfuukchm, das ins-I
derne Sitten und modernes Leben
beleuchten« möchte, und daß »ich ges;
wiß wiifzte, wie es zu verwenden fei.«
Und nun das Tagebuch aufgeschla
gen.
l. September 19 · . Vor vier
zehn Tagen ist mein Vater gestorben.
Da es meiner Mutter nicht möglich ist,
mich die begonnenen Studien sort
sehen zu lassen, da die lleine Pension
zum Leben reicht, bin ich entschlossen,
etwas zu verdienen. Jch will als
Bonne gehen, da ich von jeher eine
große Kindersreundin gewesen bin.
Jch stelle es mir recht hiibsch vor, mit«
den lieben Kindern zu spielen, sie zu
unlerrichten und in ihr Gemüth edle
Reiser zu pflanzen, die dann weiter
wachsen, blühen und gedeihen. Jch
glaube, es wird mir nicht schwer fal
len, einen solchen Posten zu finden,
da ich gute Schulzeugnisse besitze und
perieti sranziisisch spreche.
18. September 19 .. Es ist
schwerer, als ich gedacht habe. Aus
meine Annonce erhielt ich zwar zahl
reiche Zuschriitem allein wo ich mich
vorstellte, sorderte man eine Bonne,
die »schon wo war". Du lieber Him
mel, einmal muß ia jeder angefangen
haben «
20. September 19 . . Endlich!
n einem sehr wohlhabenden Hause
be ich drei Nachmittage in der
Woche bekommen, um mit einem Kna
ben von zehn Jahren iranziisisch zu
sprechen und mit ihm die Schulausgai
ben zu machen. « n einem anderen
hause wieder bin ch sßr zwei Bor
mittage engagirt worden. Man zahlt
recht wenig iiir Kindererziehung Einel
der Gnsdtgen sragie mich, was ichl
verlange, wenn ich den ganzen Tag bei
den Kindern sei. Ich erwiderte:
.Iiinsundzwanzig Gu-lden«. Sie;
schiug die Hände uoek den Kopf zu-«
fammen und rief: Zum das Geld be
komme ich ja beinahe eine Wirschafts
töchin!« Einer Köchin zahlt man aifo
fiinfundzwanzig Gulden, einer Erzie
berin der Kinder nicht. Merkwürdig!
Das hiitte ich früher wissen sollen.
25. September 19 . . Geftern
war ich zum erftenmal in beiden Fa
milien. natürlich muß ich zu den
Kindern »junger5 herr« und «gniidiges
Fräulein« sagen. Jch habe mir vor
geftellt, daß ich den Kindern eine gute
Kameradin fein und mit ihnen auf
dem Duzfuße stehen werde.
26. September 19 . . heute
Nachmittags war bei der einen Gali
dtgen Jour. Jch hörte bis hinüber
in’s Kinderzimmer, wie mich die
Dame lobte. Eine andere Frau fragte,
welches hontzrar ich bekäme. »Dreifzig
Kreuzer fiir die Stunde!« erwiderte
meine Dame. .
»So viel? Dann hilft das Fräu
lein aber auch in der Wirthfchaft?
Nein? Aber liebt Frau . . . führen
Sie sich doch das nicht ein. Wenn
das Fraulein mit Jhrem Sohn fran-l
zösifch tonfervirt, kann fie doch dabeis
Wäsche ausbessernt Mein Fräulein!
kommt Morgens, geht dann einkaufen, (
führt die fchulpflichtigen Kinder zur
Schule, kehrt dann zurück, ift meiner
Emilie beim Antleiden behilflich, fri
ssrt sie und dann mich und ist dann
anwesend, wenn die Emilie Klavier
ftunde bat. Und ich zahle nur fünf
undzwanzig Kreuzer, gebe aber Mit
tags die Kost. Die Zeiten find schlecht,
Lebensmittel und Toitetten sind»
furchtbar tbeuer, man muß sparen,
wo man kann, liebe Frau . . .'«
l. Oktober 19 . . Der »Jour«l
hatte fiir mich recht üble Folgen.
Meine Gnädige forderte von mir, ich
möge Frisiren lernen, tkil das »heil
zutag jede bessere Banne tönne«. Als«
ich erwiderte, ich lei nicht als Stuben
mädchen engagirt, zahlte sie mir au
genblicklich die »Stunden« aus, rech
nete aber den «Jausentassee« mit zehn
Kreuzer-n ab. Jch ging
3 12. Oktober 19 . . Das kleine;
fünfjährige Mädchen, bei dein ichj
zweimal Vormittags bin, schlug michs
mit der geballten Faust in das Ge
sicht. Die Gniidige sah das und machte
mir Vorwürfe darüber, daß ich es
dem Kinde noch nicht abgewöhnt habe.
alles mit der — linken Hand zu thun.
Es fiel ihr gar nicht ein, das Kind zu
strafen, weil es mich geschlagen, sie
örgerte sich nur darüber, daß es dies
mit der Linien gethan. Als ich der
Kleinen das garstige Betragen bor
bielt« rief die Mama: »Friiulein, ich
verbiete es, das Kind auszuzanlenl
Es ist nervenleidend und muß lehr
zart behandelt werden. Wollen Sie
sich das ein- fiir allemal gesagt sein
lassen!«
18. Oktober 19.. Wieder dreil
Leltionen bekommen. Jch bekomme
dafür zwar kein Geld, aber die Kost.
Wenn ich hier anführe, daf; wir sieben
Personen zu Mittag sind und daß
taum zwei Pfund Fleisch getauft
werden, daß fiir zehn Kreuzer Ge
miise gebraucht wird, so lann man
sich vorstellen, wie meine »Kon« aus
sieht. Und das sind reiche Leute, die
ein eigenes haus, eine Cottage und
ein Zinshaus besitzen. ,,Wollen Sie
noch etwas Fräulein?« fragte die
Gnädige öfter bei Tisch« wenn ich
mein papierdiinnes Fleisch und meine
zwei Eßlöffel Gemiise verzehrt habe.
Der Blick, mit dem mich die Gnädige
dabei beehrt, läßt mich eriennen. daß
ich »nein« sagen muß. Des Spasses
halber aber sagte ich: »Wenn ich bit
ten dars!« Jch erhielt sodann noch
zwei Eßlöfsel Gemiise, mußte aber
dann hören, wie die Gniidige der
Köchin den Auftrag gab, von nun an
um zwei Kreuzer Gemiiie mehr ein
zulaufen, »weil ein ausgehungerter
Bauernmagen« zu sättigen sei. Jch
schrieb noch am selben Tage ab.
2. November 19 · . habe mich
wieder für ein anderes Haus ver
pflichtet. Jch habe mit einem sieb
zehnjährigen jungen Mann zwei
Stunden täglich Französisch zu ton
versiren. Der »Den Alfred« wird
aber zudringlichx Ich beschwerte mich
hierüber bei seiner Martia und erhielt
zur Antwort: »Sie werden doch nicht
glauben, daß der Bub das ernst
meinti Er macht einen harmlosen
Scherz.« Jch dankte fiir verlei Späne
und ging auch da.
15. November 19 . . Jch sehe
immer mehr und mehr ein, daß eine
«Bonne« eigentlich zu ganz etwas an
derem verwendet wird als zur Er
ziehung, zum Unterricht und zur Ge
fellschafterin der Kinder. Sie ist
Studenmiidchem dai Frisiren und
Zimmerbiirften soll, sie soll einiausen,
damit die theure Köchin geschenk-f
wird, sie ist der Sündenbock sür die
Unarten lleiner und großer Kinder.,
sie ist Haushälterin, die die Wäsche zu
slicken hat, während sie Französisch
parlirt, und wenn sie sich untersteht,
zweimal Gemüse zu verlangen, wird
sie zum »ausgehungerten Bannan
gen.«
Eine Köchin in einem der Däusey
in denen ich »Stunden« gebe, sagt
mir: »bökn S’, san Sö dumm! set
nen S’ lachen, Fräul’n, Sö bt
net z’viel können, weil dö hat f "
Gnädigen eh net wissen; wia was se
soll. Geh’n S’ als Köchin, da Danks
S’ es viel besser. A Köchin wird vieH
viel zarter behandelt wia a W«Tks
Wann a Köchin was versteht, is ;
der Herr im Haus, sie is nia so M
tig wia die herrenleut’, wann s’ «
Essen aussteh’n, sie wird besser zahlsi
und braucht sich von die Frayen nix’
g’sallen z’lassen.« Jch will Köchin
werden.«
Hier endet das Tagevuch Was ich
von »Vonnen« nnd ihrer Behandlung
in »seinen säusern« weiß, ist das(
Tagebuch eher weiß als schwarz ge
siirbt.
Wird man je die Mädchen, denen.
wie unsere Kinder zur Erziehung und
zum Unterricht anvertrauen, so be-f
handeln und so bezahlen, wie es ge-·
recht wäre? Jch glaub« es nicht!
Der see-kannte Leiche-um
Aus einer rheinifchen Jnduftrieftadt
wird der Tägl. Rundsch. folgendes
.dort kürzlich pafsirteö Geschichtchen ge
meldet: Vor einigen Tagen fanden Ar
beiter auf einem Schutthaufen vor der
Stadt ein Packet in dem sich ein klei
ner, geöffneter Rumpf ohne Kopf be
fand, Arme und Beine waren abge
trennt und lagen dabei. Die Polizei
fahndete sofort nach der vermuthlichen
Kindesrniirderin und übergab die An
gelegenheit dem Gericht. Zwei Aerzte
untersuchten die Körperreste und stell
ten fest, dafz sie von einem drei bis«
vier Monate alten Kinde weiblichen
Geschlechts herrührten, das bis zuletztt
Nahrung aufgenommen habe; die
Haut der Leiche war abgezogen· Dar
auf wurde das Kind ftandesamtlich in
das Todtenregister eingetragen und
auf dem Friedhof beerdigt —- die Ar
menkasse wies dazu zwanzig Mark an.
Einige Tage war die Stadt wegen des
gebeimnißvollen grausigen Fundes in
Aufregung. Da erklärte der Besitzer
des hiesigen kleinen Zoologifchen Gar
tens ihm sei vor einiger Zeit ein jun
ger Schimpanese eingegangen, diesen
habe er ausftopfen lassen und die ge
fundenen Gebeine seien die Ueberbleib
sel dieses Thieres. Der katholische
Geistliche hat den Antrag gestellt, den
Kadaver wieder sammt Sarg zu ent
fernen. Wer bezahlt nun die Kosten
der EnterdigungT Das Stande-samt
muß feine Todesurkunde berichtigen.
Die Stimmung der Bevölkerung aber
hat sich natürlich in allgemeine Hei
terkeit aufgelöst
Kostbare Rechenscher
Die portugiesische Polizei hat in
Lissabon mit der wichtigen Arbeit be
gonnen, die Schätze und Kostbarkeiten
auszunehmen, die sich in der er,zbi
schöslichen Kathedrale befinden und de
ren Werth von Sachverständigen aus
weit tiber 3 Millionen Dollars ge
schätzt wird. Denn die Kirche besitzt
neben alten Gold- und Silbergerä-s
then von unschätzbarem Werthe eine
Reihe von Stücken, die über und über
mit echten Juwelen besetzt sind. Eine
der werthvollsten Arbeiten ist die große
Monstranz, die von einem portugiesi
schen Goldschrnied des XVI· Jahr
hunderts gefertigt wurde; in dieses
Stück sind nicht weniger als 4120
seltene Edelsteine eingelassen; nach
dem Urtheil der Fachleute stellt diese
Monstranz flir sich allein einen Werth
von 450,000 Dollars dar. Kaum
weniger tostbar ist das juroelenge
schmückte Kreuz, das einst Philipp tl.
der Kathedrale stistete. Der größte
Theil der iibrigen Kirchengeräthe
stammt aus dem XVlL Jahrhundert,
wie auch die meisten kostbaren, reich
rnit Gold und Silber verbrämten
Meßgewander. Aber die Kathedrale
versitgt auch iiber einen ganzen Schatz
wundervoller, alter, persischer Tep
piche und lunstvoll gewebter alter
Drum-ten Die geistlichen Würden
triiger der Kathedrale haben gegen das
Vorgehen der Polizei einen schrift
lichen Einspruch erhoben, in dem sie
geltend machen, diese Schätze seien
ausdrücklich der Obhut der Geistlich
teit übergeben worden; die Priester
schast hat es auch abgelehnt, sich an
der Jnventurausnahme zu betheiligen.
Die Jagd auf den Rognes
Elefanten.
Jn den Dschungeln Jndiens ist ein
besondrer Schrecken der Rogue, der
Verwüster der Hütten, der zieldewußte »
Verfall er der Menschen, an dem er mit i
heftialischer Tücke und List seine Wut l
ausläsz Jn der Nähe von Kalonta
schoß der Elefantentönig Sanderson
einen der berilehtigften Rogueö, der
vorher die Etngeborenen über Hals
und Kopf zur Flucht zwang. Hier wü
thete später Peer Bux, der-Schrecken von
Hunsur, ein ehemals zahmer Elefan
tenriese, der seineMahauts tödtete und
dann den Kampf gegen jedes lebende
Wesen für längere Zeit data-führte bis l
er schließlich von dem tiihnen Gordon
Cumming nach mehrtoöchiger, systema
tischer Verfolgung erlegt wurde. Die
sen von ihm erzählten Beispielen fügt
der Jndienforscher und Jäger Ober
leutnont O. K a u ffm a n n den Be
richt von einem selbsterlegten Rogue
elefanten hinzu. Wir entnehmen ihn
seinem Werke »Aus Indiens Dschun
geln", das zum Preis von 20 M» mit
vielen Aufnahmen nach der Natur aus
gestattet, geb. in 2 Banden bei Klink
bard u. Biermann erscheint und die
Jagderlehnisse und Reisen des Verfas
sers. die Herrlichkeiten Indiens, das
Leben feiner Bewohner schildert.
Eine herrde Elefanten greift niemals
geschlossen an. Unangenehmer als mit
einerHeerde kann schon die Begegnung
mit einem Einzelbullen werden, und es
gibt wohl kaum ein den Menschen mehr
oefiihrdendes wehrhaftes Wild als ei
nen Roaur.
Der Schrecken, den ein einzelner
Rogue unter den Cingehorenen hervor
rust, wird kaum durch einen Tiger oder
einen Panthermensehenfresser übertrof
fen. Auch hier ist der Schaden indi
viduell verschieden, den die Bosheit s ol
cher Bestien anrichtet, und es ist eine
mäßige Frage, welches Thier mit Recht
mehr gesiirchtet werden müsse.
Wegen des dichten Dschungels ist
M in dien ezwnngen, möglichst
nahe an en Cle anten heranzugehen,
um einen tödlichen Schußabgeben zu
lönnen. So mus-, man sich an einen
Einzelelesanten aus wenigstens 20 bis
Rn Schritt mit gutem Wind heranpir
schen. Mit der Nähe wächst aber auch
die Gefahr. Gewöhnlich geht jeder
lklesank wie überhaupt jedes wehrhaste
Wild und Raubzeug, dem Menschen
aus dem Wege. Bei boshasten Ein
zelelesanten mag es dagegen ost nicht
zutreffen. Daher muß es mein Be
streben sein, mit dem ersten Schuß den
Riesen, bevor er angeschweiszt die kurze
Strecke zu mir zurückzulegen in der
Lage ist, im Feuer zu strecken. Diese
Absicht, deren Ausführung aus einer
einzigen Person beruht, kann aber nur
durch einen Gehirnschuß erzielt werden.
Bei Lungenschiissen vermag der Ele
sant mich in der Regel noch zu errei
then, ehe die tödliche Wirkung eintritt.
Jch habe wohl mein Herz schlagen
hören und verheimliche nicht eine ge
wisse Erregung, die mich ergriss, als
die Kurumbas mir zum erstenmal die
Nähe eines notorischen Rogues mit-'
theilten, als ich gerade nach meinem
Gaursumps ritt.
Jn dem letzten halben Jahre war in
den Kakontotmfforsten tin vaorel
ein halbes Dunend Menschen von drei
beriichtigten Rogues getödtet worden.
Die Aurnmbas hatten einen dieser bas
haften Gesellen an der Fährte und
Richtung erkannt, die er in bestimmten
Iteitriinmen als Wechsel einhielt. —
Während die Kurnmbas ausge
schwärmi, die noch warme Fährte be
stätigten, klang in einer Entfernung
von etwa 1300 Fuß das Brechen eines
Elefanten herüber. Die Windrichtung
wurde festgestellt und es folgte eine
kurze Berathung.
Nachdem ich die mitHohlsritzgcfchos-·
sen geladenen Büchsen durch Ganz
inantel ersetzt, folgte der Anwarsch
quer durch das verhältnißmäßig lichte
Dschungel auf das Brechen des Ele
fanten zu. Hier und dort hatte er den «
aus der Suhle noch mit Schlamm be
deckten Körper an dicken Baumstäm
men gescheitert Er mußte fast drei
Meter Schulterhöhe haben! Näher und
näher ertönt von Zeit zu Zeit das
Prasseln und Krachen im Holz vor
uns. Jetzt mufz er einen Bambufen
llump benedeiten Laut kerstet mit
einem staatl, der an einen Flimm
schnsz erinnert, das schwonte Rohr.
Da verschwinden die Kurumbas aus
der Front. Jeder erklettert einen der
Baumtiesen, die auch der stärkste Ele
funt nicht mnzuwerfen vermag. Wir
müssen auf 840 Fuß heran fein. Das
Brechen hat aufgehört So hält Hil
da auf den leisen Wink des Mahant,
mn den genauen Standort des Ballen
auszusinden Es vergehen wohl zwei
Minuten —— Todtenstille. Wohl ertö
,
ness ringsum Vogel- und Insekten
stimmen, aber die höre ich nicht, da
mein Ohr nur aus ein bestimmtes Ge
räusch wartet. Soll der Balle unsern
Anmarsch schon gehört haben? —
Nein, da rauscht es wieder vor uns in
den Zweigen. Auf den Druck der
Schenkel desMahaut geht Hilda, mein
Reitelesant, mit dem Rüssel hoch
windholend, die Behänge nach vorn ös
ters klappend». wieder vorwärts. Sie
hat natürlich auch ihren wilden Bru
der schon getoittert und weiß die all
gemeine Kriegslage durch ihre lang
jährige Praxis zu denkt-heilen Wieder
um seierliche Stille. Hilda steht. —
Aber da — taum dreißig Schritt vor
uns im Halbdunkel der Bambusen eine
I graue hohe Mauer. — Jch nehme das
Zeiszglaß — richtig! Mit der Fjont
zu uns bombenstill ein riesiger Ele
» sant. Nicht mit einer Muskel rührt er
J sich. Der Rüssel hängt zur Hälfte her
» unter, die Spitze ist, leicht nach innen
gewickelt. Aber was ist das-? —- Der
stumme Geselle hat ja keine Stoßzähne
—- leine Waffen? —- Da kann er ja
nicht der beriichtigte Rogue sein, der
nach der Beschreibung der Kurumbas
eiit fünsoiertel Meter langes Gewaff
tragen soll. —- »Muclna!'« taunt mir
Theobald zu —- aha, also ein wassen
toser Einzelbullr.
Währenddessen rührt sich der Mutt
na nicht vom Fleck. Er scheint zur
Gegenwehr eines Angriffs bereit zu
sein, den er von der ihm so nahe aus
riickenden Hilda erwartet.
Mir liegt aber nichts ferner, als ei
nen Muckna zu erlegen, und es heißt
sich nun wieder aus der bedrohlichen
Nähe, ohne den Burschen weiter zu
s reizen, zu entfernen. So gebe ich
) nach weiterer Beobachtung dem Ma
haut einen Wink und seitwärts zuerst,
dann später von ihm abgewendet, wird
s der Rückzug eingetreten Lächelnd
; kommen dieKurumbas wieder Von den
Bäumen herunter. Sie behauvten
j aber, sich in der Fährte nicht getäuscht
zu haben. Trotz der Enttäuschung
tvirlt die wohlige Ruhe der Abspan-« .
» uung angenehm auf die Nerven
l
l
Abee halt, da bricht es je. wieder
, nach weiteren 400 Schritten. Jst das
ein Getöse! Meine Kurumbas horchen;
und erklären eine ganze Herde Elefan
ten äse dort.
Ohne größere Vorsicht rückt Hilda
der vermuthlichen Heerde aus. Wieder
blieben die Kurumbas zurück. Mit
ausgezaqenem Schieber der Kassette
niihere ich mich der Stelle, wo Aeste
lnacken.
Aber halt! Jenseits einer Graben
mulde, da steht ja ein Einzelelefant.
Von weiteren Stücken war nichts zu
hören noch zu sehen. Jch komme auf
30 Schritt heran. Er stand so tief im
Schatten der Bambusen, daß an eine
photographische Aufnahme nicht zu
denken war.
So lege ich die Kamera fort und
nehme die Doppelbiichse aus.
Der Mahaut raunt mir zu, es wäre
ein ganz junger Elefant mit ganz klei
nen Stoßzähnen. Ihm grault es und
er möchte mich zur Umkehr bewegen.
Daran dachte ich gar nicht. Der Bulle
sta nd zu uns Breit; beim näheren Zu
sehen mit Hilfe des Glases wurde mir
der freiwerdende Kopf mit gewaltigen
Waffen sichtbar. AJst das ein gewalti
ger Burscle —- ,,Jawohl,« kam es ge
preßt aus Theobale Munde, ,,es ist
der Eeriichtigte Rogue, der mit dem
Muclna zusammengeht und schon so
Viel Unheil angerichtet hat« —
Erst muß ich in der Dschungels
dämmerung durch das enge Ast-— und
Iweiggewirr mit dem Glase das Ge
hör des Bnllen suchen, um in der
Mitte zwischen den Sehern und deui
Gehör das Geschoß anzubringen.
Kurz und scharf ballt der Knall der
Biichse wider. Jn dem nächsten Au
genblick liegt auch schon der Bulle aus
dem Rücken. Mit heiäubendemGetöse
begräbt er einen Bambusenllump un
ter sich und streckt alle vier Läuse gen
Himmel. Jch führe sofort eine neue
Ganzmautelpatrone in den abgeschos
senen Laus und warte.
Von unsrer Haltestelle aus konnte
ich nur eine dunkle Masse sehen, aus
der zwei Läuse hervorragten. Der
Kopf war durch das dichte Gebüsch
nicht zu sehen. Jch verlor den Ele
santenlörper aus den Augen, als sich
Hilda in Bewegung setzte, um durch
die Grabenmulde näher heranzukom
men. Da, plötzlich ein schriller Trom
petenton, der, mit der Lust durch den
Rüssel ausgepreßt, Wut und BoshaF
tigleit auszudrücken schien. Sosort
wendet seht Hilda —- sie macht nicht
mehr mit! Und als gleich daraus sich
nochmals derselbe gleichtonende Trom
petenstoß wiederholt, ist sie nicht mehr
zu halten, und in derRichtung, von wo
wir hergekommen, geht sie trotz aller
Bemühungen flüchtig ab.
Wem jemals imDschungel der Reit
elefant durchgegangen, mag sich von
der unangenehmen Lage einen Begriff
machen, in welche den Reiter die vielen
Baumäste und womöglich noch Lianen
geschlinge zu bringen vermögen. Dazu
noch in einem so angegebenen Augen
blick!
Nach ungefähr 500 Fuß vermochte
der Mahaut Hilda zum Halten zu
bringen. Wir hielten in einem ziem
lich übersichtlichen Bestande. Um drei
Seiten führte eine Grabenmulde, die
unferen Standplatz zu einem wahren
Festungsglacis gefialtetr. An einen
Angriff des-Pullen dachte ich nicht, und
wir glaubten, er würde, wieder aus die
Läufe gekommen, in entgegengesetzter
Richtung abziehen. Doch, was ist das-?
— Jch höre den Schwerverletzten bre
- chen und auf der Fährte Hildas heran
kommen. Jst das ein übler Bursche.
Jetzt sehe ich über den Rand der
Grabenknulde geradeaus den Rüssel
zum Windfangen quer durch die Luft
,fahren. Er muß unsern Stand ge
swittert haben. Und wie angreifendes
,Wild und Raubzeug beim überlegten
i Angriff die Flanle des Gegners zu ge
winnen sucht, so macht er jetzt in der
Grabenmulde gedeckt linksum. Die-·
« selbe wird flacher, nach und nach wird
Jder ganze Kopf sichtbar und in den
- durch das Gezweig brechendenSonnen
strahlen blinken jetzt die mächtigen wei
ßen Waffen.
Da die beste Verteidigung stets der
Hieb ist, so nehme ich die mir auf 50
fSchritte deutlich sich abhebende Schlä
ffe aufs Korn und feuere.
f Jrn nächsten Augenblick fuhr der
Bulle herum und ,,tschriiiiu!« ertönte
wieder laut und eindringlich sein
I Trompetenstoß.
Das war wiederum zuviel fiir Hil
da. Sie machte kurz Kehrt
Der Mahaut, der sich auf das Ab
gehen Hildas diesesmal besser vorbe
reitet hatte, brcidhte sie mit Hilfe des
Anlus nach einigen Schritten Flucht
zum Stehen. Der Rogue soll nun auf
meinen Schuß auf dieKnie zusammen
gebrochen fein. Er war wieder aufge
gangen und hinter den nächsten Bam
busenllumps verschwunden, so daß ich
ihn überhaupt nicht mehr gesehen hat
te. Schußfertig wartete ich noch einige
Minuten. Aber ich verfolgte ihn nicht,
da- ich annehmen mußte, daß er sowiefo
bald eingehen mußte.
Aber welche Fülle von Betrachtun
gen schließt sich an das Benehmen und
die Taktik dieses Bullen. Nachdem er
wieder nach seiner Betäubung durch
den ersten Schuß hoch geworden, ver
folgt er zielbewußt die Fährte seines
; Gegners, wittert und sucht nun seine
Flanle zu gewinnen.
Alte verwundete Gaurbullen sollen
ebenfalls-, wenn sie von dem Jäger auf
» der Fährte verfolgt werden, abbrechen,
umkehren nnd auf ihre eigene Fährte
zu plötzlich von der Flante angreifen.
Von verwundeten Großkatzen weifi
man es bestimmt, daß sie im dichter-.
Gebüsch verborgen die Verfolger dicht
herankommen lassen, um aus derFlan
te mit einem Sprunge anzugreifen
Daher auch die häufigen Verluste m-.
Menschenleben bei der Verfolgung
kranker Großtatzen zu Fuß.
Mein erstes Gefecht mit einem Ro
gue war zu Ende —- und verloren!
Aergerlich und verbittert begann ich
am folgenden Morgen die Nachsuche.
Schweiß in Massen auf dem Anschusz
des Einzelelefanten und wie mit Gieß
lannen gegossen seitlich und zwischen
der Fährte. Aber der Elefant selbst
war nicht zu finden. Zwei Sambhars
liirsche gingen bei der AnnäherungHils
das ab. Jch folgte ihnen und hatte
bald den einen Hirsch schußrecht, wor
auf ich ihn umlegte. Wenn man nun
einmal Pech hat, kommt es gleich dop
pelt. Der stärkere Hirsch ging nach
dem Schusse ab, der geringere lag auf
der Strecke.
Nachdem er auf Hilda vertaut war,
ging die Nachsuche noch eine weite
Strecke ohne Erfolg. Erst nach meiner
Rückkehr nach Mysore erfuhr ich, daß
der lapitale Rogue an der Grenze von
Coorg, etwa 4 Meilen vom Anfchuß,
von Kurumbas gefunden worden war.
Gastsrenndlich.
« . . . Erich, sei doch etwas liebens
würdiger gegen meine Mama; sie
meinte heute, ihr Besuch dauere Dir
wohl schon zu lange!«
»Aber ich bitte Dich, Kind, jedes
mal wenn ich ausgehe, sage ich doch
zu ihr: »Hoffentlich bist Du noch hier,
wenn ich zurücktomme, Mama!«
Stolz.
Dichter (zum Bekannten): »Ich sage
Dir, für dieses Blatt arbeite ich so
viel, daß auf der Reduktion ein be
sonderer Papierlorb fiir mich aufge
stellt ist!«