Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, November 10, 1911, Zweiter Theil, Image 11

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    A «
Etat-r Okhrkibtisrikk von
kkzztt Funkme J
Ro. 592. Wenn ich so den Philipp,
was mein Holiband is, mit annere
Männer tompehre duhn, dann muß
ich mich immer ärgern. Der Philipp
duht nit e dissche drum gewinn wie er
auigucke dicht. Den ganze Dag laust
er in e Saht erum, ioo mehbie dreißig
Jahr zurück emal e Steht gewese is.
Jch sehn ja immer dazu. daß alles
gemendet is. answer dieseltve Zeit is
sein Kost un sei Pelsnts so scheinie,
daß mer den-te könnt. er deht se sich
jeden Dag mit Behten einrobbe. Er
hat noch e gute Saht, wo amwer auch
schon in Steiltoar toie der Ehb Lin
ioln sor Pressendent gelause is. Jch
den schon dausentmal zu ihn gesagt,
er sollt doch e wenig mehr aus sich
mache un sollt nit immer so röcked
eruinlausr. Jch hen gesagt: »En
Mann wie du, wo es erfordern kann.
der sollt immer tipptapp ausgucke un
nit wie en Ttämp aussehn. Warum
läßt du dich nit e paar Suhtcher
mache un iaufst dich en diesente Hut
un Necktei un e paar diesente Schuhe
Die Schuh too du wehte duhst, die sen
fieler un wenn du emal ein von den
Seit-an den Seitwaht stehn dehst lasse
deht jedes wo passe duht, den Hals
breche un du dehst wene Obstrockschen
don den Seitwahk errestet werde. Wei,
wenn du in den Ruhm bist, lnnn ja
kein Mensch an dich vorseiiommr. mit
aus iwwer deine Fieß zu stolpere. Sei -
doch emal en Spori.« .
- Wie ich den schöne Spietsch zu ihn
gehalte den, da hat er gesagt: »Nau,«
Lizzir. luckhiek, es is tschost den Weg.
Jn Fäckt duhn ich den Stoff gar nit
brauche. Wo gehn ich denn hin? Jch
gehn dann un wann emal zu den We
desweiler un das is all. Wenn ich
emai mit dich aus-gehn will, dann hen
ich ja immer noch die gute Saht un
das is doch e seines Stück Möbel.«
»Jsch dat so?" hen ich gesagt, »sechs
seine Stück Möbel hen ich den annere
Dag den Peliperteckgmann osserirt un
treiszt du was der mich hat sor gewioe
wolle? zwa n z i g CentsL Un so
ebbes russt du e seines Stück Möbel?
Wei, ich sage dich reit hier, dasi wenn
du dich nit e paar diesente Suhts tause
duhst, daß ich nie nit mehr en Stepp
mit dich an die Stritt gehn; noch nit
in e Assetheater gehn ich mit dich. Jch
gleiche, wenn en Mann e wenig mäss
tie ausgucke duht un in die erschte
seh-» wenn en Mann so gtitguckig ijs
wie aus«
.
l
-
Da hen ich das rechte Wort ge
juhsi. Wie der Philipp das gehöri
hat. daß er gniguckig is, hat er ge
lchmeili un gelagi: ,,Well, Lizzie,
wenn du denle duhsi, daß ich'e Suhi
brauche, dann will ich gehn un will
mich en neue Anifiii hause-« Das is
der Stofo hen ich gesagt, ,,iciuf dich
ehhes schönes un sieilifches, bii.ihs du
duhsi es schuhr genug niede un ich will
dich auch for den Riesen gleich hier
sage, daß ich dei Jchönes Stück Mö
hel« dem Pehperrecksmann for zwan
zig Cenis ver-lauft hen.« »Wummen«,
hat er qehallert, un is ganz weiß in
sei Fehs geworde; »das hast du fchuhe
gedeith Well, das dnhi annver doch
einiges hieiel'« Dann is er fort un e
paar Stunde später is er ioidder kom
me un ich lann Jhne sage, ich hen ihn
vuiiienier nii mehr gelennt. Er hat
feine neue Suht un en neue Hut un
neue Sehnf un in Fiickt nlles neu
von tiwa vis unne angehahi. Er hai
schwell gegucki. Seine Suhi war ganz
in den neue Sieil: die Pehnis ieii un
die Kohi iorz un unne an die Pehnis
hat er Kosss gehabt. Dazu hat er
Tiihn Acksfords angehaht un hellt-laue
openwori Sons. Sein Hut war en
« sahfie Felihul wo niee einiger Schehp
gewtve iann nn wo immer in Steil
is. Jch hen mich gar nii satt an den
Zeller sehn könne. »Je» gleich ich
dich; wenn die Kollet von dein Suht
e wenig dunllee wär insieti von leit
steh un deine Salls auch e wenig
untler wäre, dann hätt ich gar nickt
anszulehr. Bei Galle, der Weide-wei
lee un dein Bausch die wem awwer
die Auge aufreißel Ei heiifchussh die
sin loi lchellus, daß se holte awwee
du lanstsi se ja sage, du hiiiili endlich
emal deine Frau aeplsiefi un dann lin
se schnhr genug läiiiifeii.« Well, der
Philipp hat die Tichehtdich auch ganz
ni gegliche un weil ei doch puiiinier
ii for ihn war, for zu den Wedel
miler In gehn, da is er lsiewee gleich
-.- —tm—-» —- — —- - --—.-«— »m
sange. Ich hen mein Meind ausge
macht, den Abend aus zu stehn bis er
heimkomme deht un wenn ich bis zum
nächste Morgen hätte warte müsse. Jch
hen doch unner alle Ziriumstenzes
höre müsse, was se zu den Philipp
sage dehte.
Well, da kann mer widder emal
sehn, was es doch for ungebildete
Mensche gewwe duhtl Jch hen nach
keine halwe Stund zu warte brauche.
da hen ich mit einmal nächst Dohr bei
denWedeSweiler e Kommohschen ge
höri. Jch hen den Fenster enaus ge
guckt un da hen ich gesehn, wie den
Wedesweiler seine Diehr ausgerisse is
worde un gleich draussis en Feller
eraus gesloge komme bis an die Mit
tel von die Stritt un dort is er hin
gesalle. Da hen ich erscht gesehn, daß
es mein Philipp war! Er is dann
heim komme un hat geguckt, als wenn
er dorch e Dresching Maschin komme
wär Seine ganz Suht war verrisse
un er hat gesagt, die Fellersch hatte
ihn ganz schrecklich verhammatscht.
Der Wedesweiler hätt gesagt, er wollt
lein Duhd un kein Malliiattel in sein-·
Platz hen, espeschellie, wenn teinei
Mädlerehd wär-. Wenn er nit als en;
sdiesenter Mann lomme lönni, danni
Isollt er sort hleiwe un dann hätte se
ihn enausgeschimssr. Well, Misterz
Edithor, was sage Se zu so Raudiess
Mit allerhand Achtung (
Yoan
Lizzie Hansstengeh
Bctgfülicer: »Und da erzählen cchsie;
drunten im Hotel, das wäre eine le« te·
Perionl« s«
Vermitterim Ein rechter Lump, mein
Zimmerherrl Zerreißt die Stiefel-F be
vor sie bezahlt findt
Streich: »Es ist wirklich it, daß
meiäi lHut mal eine Entiettnngs ur durch
ma t «
Enta- nej Besinne-.
Et: »Kannft Du Dir, liebe Fran,
etwas Schönetes denken, als so hand
in Hand durch’s Leben zu gehen?«
Sie: »O ja, zu fahren!«
Unsemsnbtes Spricht-nd
»Wie! Sie tanchen«nicht, spielen
nicht, trinke: nicht — womit bringen
Sie denn den Tag herumf«
»Ich dichte nnd musizite!«
»Ja ja, Müßiggang ist aller Laster
Anfangt«
« makerrsiischemißwikthschafe
(Dr. Rene Privat in »Münch. N. Nachr.)
-Der.erfte bestimmte, ftabile Ein
s druck, den ein tieferer Blick in die ma
I roikanifchen Kultffen hinterliißt, ift
) diefer: So kann es nicht ewig"weiter
. gehen! Fürs erfte freilich glaubte
fman fich der Freiheit nutfreue zu
dürfen, die da dem Handel und n
I del der beeren Europäer keine Schran
f ken fest. Man fühlte sich nicht ohne
Stolz keinem fchroarzen, rothröckigen
Schuhmann unterthan u. nur feinem
Konful verantwortlich. Jede Natio
nalität bildet fo gewissermaßen einen
Staat im Staate, und darüber gibt’s
außer der guten europäifchen Cour
toisie, die fo weit don der Quelle keine
» absolute Wirkfamkeit mehr besitzen
f durfte, keine unbedingte Zentralge
f walt.
; Der gute Marokkaner ift hier voll
s ftändig ausgeschaltet Und das ift ge
j wtß sehr löblich. Er ift Mittel und
fWerizeug allenfalls als Körper be
» fcheideneö wirthfchaftliches Subjekt.
fEr hat auch, wenigstens in den
f großen andelözentrem reftlos in
f diefe Rolle eingelebt und wird dort
J keinem Europäer mehr gefährlich.
! Von der Jnternationalifierung Ma
J roktos durch die Algecirasakte kommt
"manches Uebel her. Sie war wohl
auch für alle Weitfichtigen nie mehr
als ein Provisorium, der Nothausweg
aus einem fchweren europäifchen Kon
flikt. Aber der Zukunft Marokkos
kann jenes Abtommen in feiner der
zettlgen Form fchwerlich dauerhafte
Wege bauen. Gefchadet hat es bis
her wohl auch nicht viel. Denn da gab
es nichts mehr zu verderben! Aber die
maroilanische Mißwirthschast ward
dadurch nicht gebrochen, sondern viel
mehr unter den trefflichen Schutz in
ternationaler Eifersucht gestellt.
Damit hängt meines Erachtens
auch all das eng zusammen, was ich
auf-Schritt und Tritt hier höre: all
die berechtigten Klagen deutscher
Kaufleute, ihr Nothschrei nach Ord
nung, nach Gewährleistung ihrer be
nachtheiligten Interesse i, kurz all das,
worum heute in Berlin gekämpft und
. geseilscht wird.
Diese marollanische Mißwirthschaft
ist im altehrwürdigen Scherisenreich
organisch sestgewurzelt. Marotko ist
überhaupt kein Staat und der hochlöb
liche Maghzen, mit Respekt gesagt,
überhaupt keine Regierung. Man
braucht einige Zeit und reichliche Be
lehrung, um dieser einzigartigen
staatsrechtlichen Begrifssverwirrung,
dieser systematischen Systemlosigleit
ins Herz zu schauen. Aber wenn man
erst das ganze grosze und kleine Leben
hierzulande überschaut, dann fühlt
man umso ilarer: das ist marollani
; sche Logik!
Jch will versuchen, eine kleine Vor
stellung davon zu geben
Der sog. Maghzen, der bis ins
neunte Jahrhundert, auf Muley Js
ris, den Erbauer der Hauptstadt Fez,
zurückreicht, ist selbst nichts sest De
finiertes, sondern das Sammelsurium
all der Gewalten und UntergewaL
ten, die sich um die letzten Endes bloß
religiöse, hohepriesterliche Zentralge
s:alt des Sultans gruppieren. Er
fiihrt eine höchst veränderliche, prekäre,
relative Existenz. Und doch ist er
schier das einzig Greisbare und Wäg
bare im marokkanischen Staatslebent
Ei lebt gewissermaßen von der Hand
in den Mund, nach Maßgabe seiner
jeweiligen Machtmittel zur Eintret
bung mehr oder minder reichlicher
Steuern in einem Land, dem jedes
bindende Nationalgesiihl abgeht und
dem selbst des Jslams beste Kraft, der
heilige, sanatische Glaube, mehr und
mehr verloren ging.
Und wie setzt sich die Bevölkerung
ethnisch zusammen?
Da kämpft die kaum noch erhaltene
Rassereinheit mit der rassefeindlichen
Vorliebe sür Negertveiber, der mobi
’ sche Kommunismus mit dem Partitu
larismus der Becher, und längs der
Küste wandeln sich die alten Brauche
«troh aller satalistischen Apathie mehr
und mehr unter enropiiischen, zumal
spanischen oder algerisch-französischen
Einflüssen. Jn diesem Staate aber,
dessen Geschichte sich als ununterbro
chene Fehde zwischen den einzelnen
Stämmen, ja sogar zwischen den
kleinsten, dorfartigen Vollseinheiten,
den »Duars", darstellt, und wo eg an
jedem vollstreckenden Rechtsmittel zur
Eintreibung der siir einen geordneten
Staatsbetrieb unerläßlichen Steuern
sehlt, wird die Staatsgewalt selber
schließlich zum obersten Räuber!
Jede Steuereinireibung wird zur
Erpressnng, zur bewassneten Razzim
TWer sich zum Ausruhr zu schwach
fühlt, wird ausgepreßtl Das geht so:
Wenn derSultan und sein Hof Geld
- brauchen —- und das ist bei so vielbe
weibten herren stets der Fall! — dann
» wendet er sich an die Stamme-Wächst
» linae, die Kaido· Es wird gleich eine
bestimmte, möglichst hochgegrissene
s Summe festgesetzt. Erscheint dem
Kaid der bewaffnete Widerstand —
den er sonst regelmäßig verziehen wür
de! — aussichtslos, dann wendet er sich
an die Begtiterten seineöStammes und
fordert von ihnen das Doppelte von
dem, was er einzuliesern hat. Den
Ueberschusz schiebt er in die eigene
Tasche. Kommt er aber einmal in den
Verdacht, irgendwo Reichthümer ver
graben zu halten, dann läßt ihn der
Sultan einsperren, bis er das heim
liche Versteck seiner Goldlammer ver
rät, Und genau wie der Sultan dem
Kaid, so macht es der Kaid den ver
meintlich Begiiterten seines Stammes.
lind deshalb ist es in Marolto höchst
gefährlich, den Verdacht der Wohlha
benhcit zu erwecken. Und deshalb
soll es da millionenreiche Juden geben,
die wie Bettler durch die Straßen
schleichen·
Diese Verhältnisse haben sich in den
europäisch beherrschten Städten gewiß
wesentlich gebessert. Eine durchgrei
sende Reform hat aber das internatio
nale Eisersuchtsregime bisher nicht
durchzusetzen vermocht. Ein Korrek
tivum ist ihm allerdings in dem sog·
Protettionswesen der Sensare und
Mochalaten erwachsen, mit dem die
fremde Einmischung praktisch eingesetzt
hat. Doch läßt sich diese Frage nur
in anderm Zusammenhang eingehender
untersuchen. Es ist dies bis heute
das einzige Mittel siir die Europäer,
ihren marottanischen Geschäftssreun
den und Angestellten die unerläßliche
ökonomische und persönliche Sicherstel
lung zu erwirten. Und das ist eine der
wesentlichsten Grundlagen europäi
schen Geschäft-Ziehens im Scherisen
reich. Daß nun aber um diese Frage
allerlei politische Streitereien entbren
nen mußten, liegt nttr zu nahe. Denn
hier« in diesem taum erschlossenen Neu
land, sind politischer und wirthschastli
cher Einfluß nothwendig auss engste
verknüpft. Und so zieht das mitth
schastliche Problem überall das politi
sche noch sich.
Die Frage wurde deshalb brennend,
weil eine einzelne Nation im Begriff
stand, das politische Problem Mard
tns in seiner Hand zu monopolisieren.
Keine zweite Nation ist mit einer so
weitgreifenden, vollbewußten, ausge
sprochen politischen Absicht an Moral
lo herangetreten wie Frankreich Jhm
schwebt seit langem bis — fük die spe
zieller Jnteressierten höchst realistisebe,
fiir die öffentliche Meinung aber vor
wiegend sentimentale, von der Sehn
I"ucht nach neuem Waffenruhm getra
Aene —- Jdee eines großen nordasrila
nischen Kolonialreiches vor und lang
sam, unter der Hand ging es an die
Durchführung Die einzelnen Etap
pen hier aufzuzählen, würde zu weit
Führeri. Den Franzosen stand dabei
die sehr ausgiebige algerische Erfah
rung zur Seite und die Algecirasalte
blieb ein illusorischez Hinderniß. Sie
gehört in die Kategorie jener Verträge,
die geschlossen zu sein scheinen, um
iibertreten zu werden« Algeciras gab
den Franzosen —- zusammen mit den
Spaniern —- politische Vorrechte, de
nen die Auslage der offenen Thiir und
wirthschastlichen Gleichberechtigung
nicht viel Abbruch thun konnte. Denn
was ist die schönsteVerpflichtung werth,
wenn es an jeder greifbaren Verant
wortlichkeit fehlt? Verantwortlich blieb
nach wie vor höchstens der gute Sul
tan!
Den ihnen zugebilligten politischen
Einfluß benutzten die Franzosen in
naheliegender Weise, um ihrem Handel
tenter die Arme zu greifen. Das ge
fchah freilich weit mehr inoffiziell als
offiziell. Sie durchsetzten die Staats
monopole und öffentlichenArbeiten mit
französischen Beamten, die freilich in
mancher Hinsicht auch zum Heile des
nichtfranzösischen Handels Ordnung
lebusen, anderseits aber auch eine Be
vorzugung der französischen Interessen
für selbstverständlich hielten. ZumaL
da eine wirksame internationale Kon
trolle schwer durchsührbar ist und die
französische- Regierung ofsiziell unver
antwortlieh bleibt. Der Maghzen
aber versteht sich jeder Beschwerde ge
geniiber wunderbar auf die erprobte
Taltit der endlosen Verschleppungen.
Vielleicht bietet sich mir Gelegenheit,
an einzelnen dem Leben abgelauschten
praktischen Fällen das geheime Räder
lverl dieser Mißwirthfchaft näher zu
beleuchten. Hier sollte nur das Pro
blem großziigig umrissen und auf sei
nen Kern hin Präzisiert werden. Und
der heißt nicht in erster LinieTheilung
des Landes in wirthschastlich-politische
Einflußsphiiren. Das ist ein Weg
zum Ziel, und gewiß lein schlechter.
Aber es gibt deren wohl noch andere,
die man wohl zur Zeit in Berlin er
wägt. Das Wesentliche aber ist die
Schaffung wirksamer moderner Ver
antwortlichkeiten und greifbarer wirths
schriftlicher Garantien.
-—-—
Schon wandelt durch viele Gemm
iungen im Rh.«ingau der Gemeindedie
ner mit der Schelle und verliest die
Belanntmachung, daß von jetzt ab das
Betreten der Weinberge durch Kinder,
Handwerksburschen undTouristen ver
boten ist. Noch eine Woche oder zwei,
und dann tritt die große Sperre ein,
deren Zeitpunkt vom Herbstausschuß
beschlossen wird. Das ist ein Ausschuß,
der stch in jeder Gemeinde aus den be
deutendsten Weinbergbesitzern bildet
und dessen Vorsitz der Bürgermeiter
hat.Dann werden bis zurLese die ege
und Zugiinge zu den Weinbergen durch
Bretter, Leitem Stangen, Dornen
sträucher und Warnungstaseln ver
sperrt. und nun darf sogar der Eigen
tümer, wenn er keinen Erlaubnisschein
oomBiirgermeisteramt hat, seineWein
slur nicht mehr betreten. Die Traube
ist jetzt, bis derHerbstausschuß die Lese
festsetzt, sakrosankt. Nur der Bürger
meister selbst, der Herr Pfarrer und
die Polizei- und Forstbeamten dürfen
ohne solchen Ausweis in das Gebiet
eindringen. Die Wacht darüber halten
die iiber die einzelnen Bezirke eingesetz- (
ten Schützen, die mit der Flinte im
Arm hoch oben auf einem Aussichts- »
punkte stehen, wo zum Schuß gegen
schlechtes Wetter eine kleine Hütte fiir
sie errichtet ist, oder die Wege adpa
trouillieren.’ So gefährlich auch die
Flinte aussieht, so ist sie doch nur siir I
dieDrosseln und Spatzen berechnet, die
hier ihre ungebetenenBesuche abstatten.
Ein blinder Schuß, der durch die blaue
Stille über die sonnendurchgoldeten
grünen Hänge donnert, und erschreckt
schwirrt und flattert es nach allenRich
tungen auf.
Früher als seit vielen Jahren wer
den diesmal im Rheingau die Wein
berge geschlossen. Der Schluß findet
statt, wenn die Trauben in die Reife
übergehen, was sich durch die ausge
wachsene Form und bei den weißen
Trauben durch die hellere Farbe, die
sie dabei annehmen, andeutet. Mag
der heiße Sommer von 1911 sonst auch
großen Schaden angerichtet haben —
für den Winzer ist er zum Segen ge
worden. Wie in der Elbe, so sind auch
im Rhein und in der Mosel die »reden
den« Steine gesehen worden, so zwi
schen Bacharach und Caub die soge
nannten ,,sieben Jungfrauen«, spitze »
Felsen, die nur bei außergewöhnlichem
Tiefstanb desStromes sichtbar werden,
und zwischen Rüdesheim und Bingen
der»Weinstein«, in den die großeWein- -
jahrzahl »1811« gemei elt ist. .
Das Jahr 1911 ver pricht also ein E
würdiges Jubeljahr zu werden. Als
der ,,Weinstein« im Jahre 1811 er
schien, wurde zu seinen Ehren ein gan
zer Ochse gebraten. Wie die Bachara
cher ihn in diesem Jahre feiern werden,
steht noch dahin. Von Lißig an der
Mosel kommt die Kunde, daß dort eine
gewisse tiefe Felsplatte zum Vorschein
gekommen ist, von der es heißt: »Der
Litziger Stein bringt guten Wein«.
Das letzte Mal lam dieser Stein in
den 1840er Jahren in Sicht, und die
Chronik des Trarbacher Kasinos er
zählt, daß damals die Kasinogesell
schaft mit geschmückten Kähnen und
Musik zu bemStein gezogen lam, wor
auf die Felsplatte geöffnet wurde und
eine dort von früher her eingemauertc
Flasche, eine Achtzehnhundertelferin,
herausgeholt wurde. Es wurden zwei
Stühle auf den kleinen Felsen über der
warte gesteun oaraus nahmen oer ra- ;
tholische und protestantische Pfarrer
Platz, und nach einer feierlichen An
sprache wurde die Flasche ebenso feier
lich von den beiden Herren ihrer Be
stimmung zugeführt. Es gibt an der
Mosel einen alten Winzerspruch:
»Wenn der Fisch schwitzt und runzelt
—- der Weinbauer schmunzelt. Wenn
die Schiffer machen lange Schnuten,
dann gibt’s Guten.« Nun, die Schif
fer auf dem Rhein haben sehr lange
Schnuten in diesem Sommer gemacht.
Fast ist sogar fiir den Winzer die
Hitze in diesem Jahre zu groß gewesen.
Siebenundsechzig Tage lang hinterein
ander ist ini Rheingau kaum ein Trop
fen Regen gefallen. Mehr als 45 bis
50 Grad Celsius verträgt auch der
deutsche Weinstock nicht auf die Dauer.
Schon drohten die Trauben zu verwei
len, die Blätter zu verdorren, dass
»li’ochwetter« kam eben zu früh. Viele
Weinbergsbesitzer ließen schon Fässer
mit Wasser auf dieFluren fahren, was
sich aber der lleine Winzer wegen der
damit verbundenen Kosten nicht leisten
tonnte Da endlich lam der erlösende
Witterungswechsel, und wenn es zur
Bewässerung derFluren auch noch weit
reichlicher hätte regnen können, so
nimmt das Auge doch überall den vor
züglichen Stand der Fluren wahr.
Das die Trauben beschützende Laub ist
üppig, die Beeren sind zwar nicht sehr
groß —- eine Folge der Trockenheit —,
aber, soweit man schon zur Probe da
von tosten kann, sehr süsz und auch
ganz voll von der Glut, die sie eingeso
gen haben. Jnfolge des vielen Regens,
der in die letzte Zeit der Bliite fiel,
drohte der verheerende Wurm nach so
viel vorangegangenen Mißjahren auch
in diesemJahre wieder und brachte den
Winzer schon zur Verzweiflung That
sächlich hat der Wurm während de:
Blüthe auch gerade Schaden genug an
gerichtet und die Ernte unt keinen ge
ringen Theil vermindert. Immerhin
sind ihm die Becken durch die schnelle
Reise »aus dem Maule gewachscn«,
wie der Winzer sagt, denn wenn die
Becken genügend groß sind, iunn der
Wurm ihnen keinen Schaden mehr
tun. Was der Juni der Rebe gescha
det hat, das haben Juli und August in
dieser Hinsicht wieder reichlich gut ge
macht.
Besonders erfreulich ist, daß die un
gewöhnliche Hitze auch die Puppen des
Wurms vernichtet zu haben scheint,
was dem Winzer auch siir die nächsten
Jahre zugute zu kommen verspricht,
vorausgesetzt, daß er in der Bekämp
fung des Wurmes durch Anwendung
der vielen ihm dafür an die Hand gege
benen Mittel nicht nachläßt. Auch die
verschiedenen Neblranlheiten, wie Pe
ronospora, Oidium, Gelbsucht sind
durch die Hitze zum Berschwinden ge
bracht worden. Allerdings soll man
den Tag nicht vor dem Abend loben.
Auch im Jahre 1901 lagen die Aus
sichten für die Lese zu Ende August so
günstig wie heuer, dann aber larn lan
ger Regen und verdarb wieder alles.
Die außerordentliche Wärmeaufspeis
cherung jedoch, mit der der Boden ge
sättigt ist, rückt diese Befürchtung we
nigstens in eine tröstliche Ferne. Was
die Menge betrifft, so rechnet man nach
dem jetzigen Stand auf einen halben
Herbst, das ist fiir denMorgen ein hal
bes »Stück«, also fiinf bis sechs seitab
liter (einHettoliter etwa 26 Gallonen).
Wie eifrig auf den ,,"Neuen schon ge
wartet wird—— denn« imHandel herrscht
infolge der vielen vorangegangenen
Mißernten Weinnot — ergibt sich aus
den vielen Angeboten, die der Handel
jetzt schon vor der Ernte macht. Hoffen
wir, nicht nur zum Besten der Winzer,
für die ein gutes Weinjahr dieRettung
aus großen Nöten wäre, sondern auch
im Namen aller frohen Zecher, daß
wir auch in diesem Jahrhundert einen
Eifer bekommen, so ruhmreich wie der
leer im vergangenen·
H e i n r i ch L e e.
I
Zur veeamptuna ver Scheut-pfla
reit.
Das beste Mittel gegen Schlaflosig
teit war bisher das, das jener Jrlän
lDer einem Freunde, der durchaus nicht
schlafen konnte, empfahl: ,,Leg Dich
schlafen und denk’ nicht ans Schlafen!«
Wie schlafen wir? Wie schläfert die
Natur unser Bewußtsein ein? Zu
allererst schlägt sie die Zentren unseres
Körpers, von denen aus unser Muskel
systein regiert wird, in ihren Bann
und zwar so, daß eine Mustelgruppe
nach der anderen allmählich ihre Thä
tigkeit einstellt. Jn regelmäßiger
Folge reihen sich dann die verschiedenen
Geistesträfte ihnen an. Die Aufmerk
samkeit und dieUrtheilsfähigteit verlie
ren wir zunächst, dann schwindet das
Gedächtniß und die sich selbst überlas
sene Einbildungstraft wandert ins
Weite. Je näher der süße, lebenfpen
dende Schlaf rückt, desto weniger be
herrschen Zeit und Raum die Gedan
ken. Dann kommen die Sinne an die
Reihe, das Gesicht macht den Anfang,
—- die Augenlider schließen sich und
der Augapfel dreht sich nach oben und
nach innen, als wolle er vor dem Lichte
flüchten.
Sodann folgen die Ohren — das
Gehör schwindet. Das Herz schlägt
langsamer und der Athem geht ruhiger.
Jn der Nacht macht das Herz in der
Minute weniger Schläge als am Tage,
und das Athmen ist nicht nur langsa
mer, sondern auch weniger tief, als
wenn wir wachen. Allmählich hat der
Schlaf iiber die Natur gesiegt und alle
Sorgen sind vergessen. Der erste
Schlaf ist der gesündeste; nach der er
sten Stunde läßt der Schlaf allmählich
nach, daher auch das angenehme und
lräftigende des beliebten ,,Viertel
sftiindcbeM nach Tisch. Ueber die
Dauer des Schlafes kann man keine
bestimmten Regeln aufstellen. Män
ner brauchen indessen weniger Schlaf
Ials Frauen. Der Schlaf sollte gerade
so lange dauern, daß wenn man sieh
morgens nach dem Erwachen gedehnt
nnd gestreckt hat, man sich dann frisch
genug fiihlt, an das Tagewerk zu ge
then·
s Wie wichtig ein gesunder Schlaf ist«
lmag man aus der zuverlässigen An
gabe entnehmen, daß fiinf Nächte, die
ohne jeden Schlaf verbracht werden«
den Tod herbeiführen können, und
zwei solcher Nächte bereits genügen,
um Halluzinationen, Gedächtnis
schwäche und allerlei andere Beschwer
den hervorzurnfen. Die Schlaflosig
leit gibt zu erkennen, daß im menschli
chen Körper etwas nicht ganz in Ord
nung ist — was aber, pflegt nicht im
mer ganz klar zu sein. Wer einen ge
sunden Schlaf haben will, der thut gut,
dem Vorgehen der Natur bei der Be
täubung des Bewußtseins zu folgen,
und Mittel hierzu gibt Dr. Bryce in
einer englischen wissenschaftlichen Zeit
schrift an. Nach ilnn ist vollkommene
Ruhe aller Mliskeln«lvesentli«:lk, wenn
Schlaf kommen soll. Nicht denken
wollen, heißt gerade, den Geist zum
Denken anregen. Die Zentren der
Bewegung und seine Aufmerksamkeit
suche man außer Thätigkeit zu setzen,
dann wird der Schlaf schon von selbst
sich einstellen.
Folgendes soll man nach dem Rathe
des englischen Arztes tunt Jm Bette
nehme man die möglichst bequeme Lage
ein, das ist gewöhnlich die auf der rech
ten Seite; die Knie halte man ein klein
wenig gebeugt; dann schließe man die
Angen.
Dann suche man nocb andere Mus
keln einzuschliisern nnd zwar die der
Fäße, Beine, Schenkel und Arme;
man stelle sieh vor, das-, diese Gliedma
szen schwere Gewichte sind, die auf dem
Bette lasten, und ferner bilde man sich
ein das-, die Auaen ins Weite nach dem
fernen Horizont starren. Bald wird
die Aufmerksamkeit ermatten. das
Dunkel aufhören und statt, daß die
Einbildunacstrast ungezügelt sich selbst
iiberlassen bleibt, wird sie sich auf et
was beruhigendes richten, Und der
Schlaf mird bald kommen.
Einem vom »Kriegsschauplatz« ab
gesandten Telegramrn zufolge haben
die Türken ein italienisches Schlacht
schisf, das noch gar nicht gebaut ist, in
den Grund gebohrt. Solch bedauerliche
Versehen sind eben nur »in der Hitze
des Gesechts« denkbar.
les-«
Die italienische und die türkisclsseArs
mee stehen sich lampsgeriistet gegen
iiber. Sie kdnnen aber zusammen nicht
kommen, die Wasser sind viel zu tief.
Ilk VI I
ManchemMenschen ist es beschieden·
sich an tauben Müssen die bestensähne
auszubrechen.