Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, October 20, 1911, Zweiter Theil, Image 10

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    Ein Roman mi- dem
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Gib mich «rei
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Von
Hedwig Conrthismathr I
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Iwmisimasacnn
(5. Fortsesmng
Die jsnge Frau blickte auf.
.DU biß ei, Tunte Arm-IS'
»Ja, mein Schwälbcheu. Willst
Du etwas? Hast Du einen Wunsch?«
stinken Jch habe Durst.«
Die Tor-te hielt ihr ein Glas Zi
treaenlimonade an die Lippen und
Este sie im Rücken.
Lisa trank einige Schlucke und legte
M wieder zurück.
»Hast Du große Schmerzen. meine
LifaW
.Dre Kopf thut mir weh, —- und
hier —- rs sticht beim Athemholen·«
»Nun, bald kommt ver Arzt; der
wird Deine Schmerzen lindern. Hast
Dich erlältet auf der langen Fahrt.
« Nu liege nur still. Wir wollen Dich
schon gesund pflegen." Die junge
Fkau legte ihre Wange an die hand
per Taute.
»Gute, Liebe!«
In dem energischen Gesicht der
Gutsherrin zuckte es wie verhaltene
Rührung Jhr war so wunderlich
weich zu Muthe, seit Lisa heute Mor
gen eingetroffen war. Es war ihr
ein seltsames Gefühl, sich um jemand
bangen zu müssen, der ihrem Herzen
nahestand. —— ----— --— — —- —— s-— s-—
Eine Stunde später traf der Arzt
ein. Er begrüßte Frau von Rahnss
dprf wic ein guter, alter Bekannten
Manchen Ksassshäcsfall hatte er schon
in Rahnsdorf behandelt und die
Sutsherrin wußte. daß er ein tüchti
gen erfahrener Arzt war, der seine
Sache wohl verstand. Sie saß gerade
hei ihrem einsamen Abendessen und
empfing ihn ohne Umstände. Sie
Mitte ihn mit einigen Worten aus
iiher ihre Nichte, verschwieg ihm als
altem Bertrauten auch nicht. daß die
junge Frau eine schwere seelische Auf
regung hinter sich hatte. Doktor
Streubel strich sich bedächtig den
grauen starken Lippenbart und fun
keite sie durch die Gläser seiner golde
nen Brille mit seinen scharfen klugen
Augen derständnißvoll an.
Sie gingen zu Lisa hinauf. Der
Arzt untersuchte sie ernsthaft und
gründlich. Als er fertig war, legte er
die Patientin, die sich still und gedul
dig alles gefallen ließ, in die Kissens
Druck und nickte ihr lächelnd zu. ’
»So, junges Frauchem jetzt sind wir
fertig. Ein bißchen erlältet in der
saßtaiten Märzlust, ein bißchen leicht- «
sstnntg gewesen mit der neuen Früh
jahrstoilettr. Nun muß rnan dafiiH
ein paar Tage im Bett liegen mit Fie- i
her und allerlei Unbehagen Aber nur l
nicht hange, —- das wird überstanme
sein, wenn wir sehe artig sind. Sehr .
artig, —- oerftanden?« !
Lisa verzog die Lippen zu einem.
schwachen Lächeln. Was waren ihr
die körperlichen Leiden gegen das,
was ihre Seele belastete.
Der Arzt wandte sich an Manisell
sirknen die arn Fußende des Bettes
d.
.,So, Mamsellchen, « nun können
Sie mal einen Umschlag auf die
ichs-vergeude Brust legen. Sie wissen,
W wir es neulich bei dem alten
Gustav gemacht haben: alle zwei
Stunden wechseln, wenn die Kranke
wach iß, —- sonst schlafen lassen. Jetzt
nehme ich Ihre gnödige Frau wieder
seit hinunter; sie ist noch nicht fertig
mit ihrem Abendessen.«
« Mamsell nickte.
»Ja, ja, ——— und sehen Sie man
drauf, daß die Gnädige auch ordent
ligiwns ißt. Ich beforg hier schon
a «
»Dann will ich lieber zur Gesell
schaft mitessen; da schmeckt es besser.
Sitte Nacht, junges Frauchen. Mor
gen feiih bin ich wieder da und sehe
nach. ab Sie artig waren.«
Er nickte ihr lächelnd zu und ging
M Frau von Rahnsdors hinaus.
, Diese lannte ihren alten haquzt
- M genug, uin ihm anzunrertern daß
H at durchaus nicht fo sorglos war, als
ee sich anstellte. Aber erst unten im
. Ghin-er sah sie ihn fragend an.
- O- lieber Doktor?«
Geadelt-.
»Ja, ja, Sie haben recht. So leicht
ist die Sache nicht zu nehmen. Das
ist keine harmlose Erliiltung. Lun
genentsiindnng liebe gnädige Frau.
Ra, —- nur nicht gleich erschrecken.
Wenn has Frauchen auch kein Riese
ist, s— die Organe sind gesund; und
junge Menschen haben Heilkraft in
sich. Also hübsch bei-gesetzt und geges
sen. Ich schreibe nur schnell ein Re
zept, das gleich besorgt werden muß
Und dann leiste ich Jhnen Gesellschaft«
OF es Mamsell Birlner versprochen.«
Er Echob die erschrockene Frau an
den Tsch und ging hinüber in das
Uslsitzimmen um das Rezept zu
sehn-ihm Damit schickte der im han
sq Perlqu Arzt einen Boten zur
speiset- imd lehrte dann zu Frau
- MEMIMRY
a zeii gab er ihr
Its-M Mira Berhaltunggmaßregelw
, et siebet fortgefahren war, stieg
m Indern-es hin-its Und
sIOOI IIIIIIIIIIIIaIIIIOIOII
schickte Mamsell zu Bett. Die wollte
proiefiiren und durchaus die Nacht
vache ähernehrnens aber ihre· Herrin
ließ ej nicht zu.
»Geh nur zu Beri, Birknern Du
kommst morgen dran. Heute laß
mich bei dein Kinde. Jch könnte doch
nicht schiefen. Und eine von uns bei
den muß auf dem Posten sein.«
»Die Mamsell sah ihre Herrin knur
rig an.
»Na ja, —--- ich gehe. Sie setzen
doch heute Ihren Kon durch. Aber
morgen bin ich an der Reihe.n - —
Nun war Anna von Rahnsdorf al
lein rnit ihrer Kranken. So schwer
ihr das Herz auch war, es erschien ihr
kdoch wie ein Geschenk des Himmels,
daß Lisa bei ihr war, daß sie jemand
hatte, der ihrer Pfiege und Sorgfalt
!bedurfte.
Wie ein hilfloses Kind lag die
ijunge Frau in den Kissen. Sie war
ilosgelöst von allem, nur aus die
IHilse der Tante angewiesen. Und in
deren Herz war ein so großer Schau
unverbrauchten, mütterlichen Empfin
dens. Dieser Schatz hatte brach gele
gen all die Jahre. Ein eigenes Kind
zwar ihr versagt geblieben, ihr. die es
’stets als das höchste Glück betrachtet
;hiitte, Mutter sein zu dürfen. Trotz
aller Sorge war sie beglückt, daß sie
’an dem Kinde ihres verstorbenen Bru
»der-Z nun Mutterstelle vertreten konn
te, wie sie es sich solange schon ge
wünscht hatte.
Es waren seltsam bewegende, feiers
liche Stunden« die sie in dieser Nacht
vertebtr. So vieles wurde wach und
lebendig in ihr, was im nüchternen
Gleichrnasz ihrer Tage liingst gestorben
schien.
Mit liebevollen Ausdruck sah sie in
das schmale abathische Gesichtehen.
Lisa lag theilnahmslol mit geschlos
senen Augen; aber sie schlief nicht.
Zuweilen stieß sie flüsternd hatbwirre
Worte aus und einmal schrie sie laut
aus nnd rief wie in jäher Angst nach
Ronald Jn einem Wimmern erstarb
sein Name.
Zärtlich erneute ihre Tante die
iiihlen Kompressen auf der sicherhei
ßen Stirn. Das arme Kind! Was
mochte es gelitten haben seit gestern.
in welcher trostlosen Verfassung die«
Reise zurückgelegt habens H
Sie gelobte sich selbst, alles zu thun,
um Lisa wieder gesund zu machen an«
Leibe und Seele. Vielleicht gelang es
ihr, gut zu machen, was andere an
dem armen Kinde gesiindigt hatten.
Aar nächsten Morgen trafen zweiz
Telegratnrne ein. Das eine war vonj
Karl Limbach und lautete:
Bin froh, daß ich Lisa in Deinem
Schutz weiß. Alles Aufsehen ist ver
mieden worden. hechingen ist ver
ständigt und wird bald dort eintref
sen. Gib mir ausführlich Nachricht.
herzlichen Gruß. Dein Bruder Karl.«
Das andere Telegramrn meldete
kurz Nonalds Ankunft mit dem Mit
tagszug
Am Morgen war Lisas Fieber na
turgemäß etwas gefallen. Sie sah et
was tlarer aus den Augen.
»Ist das Nachricht von zu Haus?
fragte sie, als sie die Depeschen in der
band der Tante sah
»Ja, Kind.«
»Sind sie —--- sehr bös?«
»Nein, nein; sei ganz ruhig. Es ist
auch gelungen, jedes Aussehen zu ver
meiden-«
Lisa saltete die hande.
»Gott sei Dani. -— so wird tein
Schatten aus -—— seinen Namen sal
len«, sagte sie leise.
Ihre Tante liichelte ihr zärtlich zu.
«Gelt, » das hat Dich gequält?«
-Seht.« .
,,,Uud nun bist Du viel ruhiger,
nicht wahrs«
. »Ja; aber sag mir noch eins:
komm-It Walds«
Ihre Tante überlegte.
: »Du sollst Dich nicht ausregen. an
suischts deuten. als daß Du gesund
werden sollst«
s ISag mir nur das noch«, bettelte
lLisa «Jch werde ruhiger sein. wenn
ich wetsn daß et tommt und alles mit
Dir Mosis-»
I »Fu- sa denn, —- er kommt. «
! »Wann?«
i Frau von Rahnödotf dachte, daß es
besser sei, wenn Lisa die Zeit nicht
wußte. Sie würde sonst unruhig
sein« »Das sage ich Dir nicht, List-.
Jn den nächsten Tagen kommt er
Erst wenn ich alles mit ihm bespro
chen habe, sollst Du es erfahren. Vot
het regt Dich die Erwartung zu seht
auf.«
»Aber vetfptich mir, daß Du ihn
nicht tränken willst, und ihm teine
Vorwürfe machsi·«
»Mnd, Deine Tante kennt ein gan
Izez Stück Leben mer sts Du. Die ist
inicht so schnell mit Borwiirfen bei der
ihm-. und krank-ne Ich werde doch
niemand tränken, den Du lieb hast«
List-s Augen feuchteten sich.
»Ich, wie gut und lieb Du bist«
»Ei, da bist Du ändetet Ansicht,
wie zum Beispiel Deine Taste het
inine, mein SchMiWn.«
»Die kennt Dich nicht«
Anna von Nah-ists lachte ge
rührt.
»-Und Du weitersahrenes Baby
willst mich besser kennen, trohdem wir
unt im Grunde erst seit gestern saht
getrelen sind.«
»Ich siihle es, Tante Anna«
««Sv? Nun. seht sprechen wir aber
nnht mehr-; jetzt schweigst Du still.« »
Als der Arzt kam, war er niit Li
fss Zustsnd nicht unzufrieden. Die
Krankheit schien ihren normalen Ver
laus zu nehmen. Es war Oeffnung
vorhanden, daß die Patientin wieder
gesund würde. Immerhin war die
Gefahr nicht eher beseitigt, als bis
das Fieber vorüber war; und bis
dahin konnten noch lange Tage und
Nächte vergehen. Der Arzt war zu
gewissenhaft. um die Sache leichter zu
nehmen als sie war. Aber seine ruhige
Bestimmtheit slösite Frau von Rahnis
darf. wie schon ost. das größte Ber
trauen ein. Nach Tisch schickte diese
ihren Wagen nach Poesiendors zur
Statistik mn Ronald abholen zu las
sen. Sie verständigte Mamsell Bitt
ner davon. daß Lisa nm die Anlunsi
ihres Mannes nicht wissen sollte. Sie
hatte die alte treue Seele eingeweiht,
so viel es nöthig war; und Mantsells
blanke schwarze Augen blickten seitdem
voll Mitleid in das junge Gesicht der
Kranken.
Kurze Zeit, bevor Ronald in
Rahnsdorf eintreffen konnte, trat
Mamer in das Krankenzimmer, wo
Anna von Rahnsdors anr Bett ihrer
Nichte faß.
»Gniidige Frau der Jnspettor hat
vom Felde hereingeschiekt. Sie tniißten
unbedingt kommen um die neueSaat
mafchine zu besichtigen. Nun gehen
:Sie man Ich hab schon bestellt. daß
tdas Pferd gesattelt wird. Sie können
Jganz unbesorgt hinan-reiten -» Jch
bleib bei unserem jungen Frauchenf
I Jhre Herrin erhob sich.
I »Ja Kindchen da hilft alles nichts;
ich musz Dich eine Stunde allein lassen -
Imit der Birlnern Es können auch
zwei werden.«
Lifa streichelte ihre Hand.
»Geh nur. Tantchen. Es thut tnir
so leid. daß ich Deine Zeit in An-»
spruch nehme." J
Mir thut das gar nicht leid, Lisa.
Und ich gehe auch ganz unbesorgt. ;
Meine alte treue Birlnern sorg min
fdestens ebenso gut fiir Dich als ich es
thue. Also adieu fiir eine Weile. Sei
recht artig, verfuch zu schlafen, ia2«
»Ich will mir Miihe geben«
Anna von Rahnsdorf neigte sich
liebevoll herab und küßte Lifa auf die L
Wangen. Dann klopfte sie Mamsell
Birkner auf die Schulter und blickte
ihr bedeutungsvoll in die Augen, ehe
ifee hinausging
Unten war weder ein Reitpferd ge
sattelt, noch machte die herrin von
Rahnsdorf Anstalten, auszureiten
Sie ging in ihr Wohnzimnrer und
fehte sich still wartend an das Fen
ster. Jn ihren Gedanken legte fie sich
zurecht, was sie Ronald hechingen sa
gen mußte. Sie war sehr gespannt,
was er fiir einen Eindruck auf sie ma
chen würde. Als sie den Wagen auf
tauchen fah, erhob sie sich und ging
mechanisch, wie ordnend, in dem schö
nen, behaglichen Zimmer mit den al
ten dunklen Eichenrnöbeln umher. Es
war eine leichte Unruhe in ihrem We
sen, weil sie fühlte, daß von ihrem
Verhalten und von der bevorstehenden
Unterredung viel sur Lisas Zukunft
abhängen würde.
Der Wagen hielt draußen vor dein
Portal Sie tonnte es nicht erwarten,
Ronald zu sehen und trat an das Fen
ster, um durch die Spitzenftvres ver
stohlen hinaus zu blicken. Sie fah
einen fchlanien jungen Mann« der ein
elegantes Civil trug. Das Gesicht
konnte sie nicht erkennen, weil er es
abwandte und mit dem alten Diener
sprach, der ihrn den Wagenichlag ges
öffnet hatte.
Wenige Augenblicke später ließ ihn
der Diener in das Zimmer treten.
Frau von Rahnsdorf wandte sieh um
und fah ihm entgegen. Er verneigte
sich grüßend, und dann ruhten die
beiden Augenpaare eine Weile schwei
gend und forschend ineinander.
«Seien Sie rnir willkommen, Ba
ron hechingen«, fagte die Gutsheerin
und reichte Ronald die hand. Er
führte diefe an die Lippen und fah er
regt in ihr Gesicht.
«Jch danle Ihnen ergebenft, daß
Sie mir gestattet·haben, hierher zu
kommen, verehrte gnädige Frau.«
Frau von Rahasdorf blickte forschend
in fein blasses, charaktervolled Ge
sicht. Sie merkte sehr wohl, wie un
ruhig und erregt er war. Der erfte
Eindruck ift oft bei einer neuen Be
kanntschaft der maßgebende und
Anna von Rahnzdorf empfand ganz
deutlich, daß Donald ihr fhrnpathifch
MI.
Sie bat ihn in ihrer ruhigen be
stimmten Be . Mai zu nehmen.
»Die Dank seit durfte segenfeitig
lein. Herr Var-m Jeth bin froh, daß
IjvfsvvvvvvvIII----QIIIID-UII
Sie meiner Aufforderung so schnell
Folge leifetenck
»Die Unruhe trieb mich her. gnä
dig«e Frau. Wie soll ich Ihnen dan
ken, daß Sie meine Frau bei sich auf
genommen habet-K
»Sie ist doch meine Nichte. Herr
lBarom -—- und mir lieb und theuer
wie ein Kind, trosdem uns die Ber
hiilinisse bisher einander fremd fein
ließen.«
Es arbeitete in feinem Gesicht.
) .Wenn Sie wüßten, welche furcht
date Sorge mir vom Herzen genom
Imen wurde, als ich Ihr Telegramm
Hin den Händen hielt« stieß er erregt
:dekp·2t
; Sie sah ihn voll Theilnahme nn.
;Seine Worte verriethen ehrliches Em
.psinden. »Ich glaube Ihnen, dasz Sie
in großer Sorge waren. Lisa hat sich
das nicht überlegt; sie ist wie ein
surchtsames Kind davongelausen und
jerschrat sehr, als ich sie daraus aus
Jmertsani machte, was-sie durch ihre
Flucht siir einen Standal herausbe
schwiiren konnte. Weines Bruders
Telegramin hat uns darüber beruhigt
Wie ist es Jhnen gelungen, Aussehen
zu vermeiden?« 1
Ronald erzählte, was nach Lisaöz
Flucht geschehen war, in turzen Wor
ten; aber dann stand er auf und trats
vor Frau von Rahnsdors hin. !
»Verzeihen Sie mir, verehrte gnä-!
dige Frau, « ader ich tann die Un- (
ruhe nicht länger bezwingen. Wo istl
LisaZ Bitte, gestatten Sie mir,
ich rnit ihr spreche. Jch weiß nicht,
ob Ihnen meine Frau die Ursache ih
rer Flucht verrathen hat. Ich be
zweifle es, da Sie mich so gütig aus-i
genommen haben Aber ich weiß daß
ich allein schuldig bin an allem was
geschehen ist; und es drängt mich Li
sas Verzeihung zu erstehen. Bitte
lassen Sie mich zu ihr.'«
Es lag soviel ehrlicher Schmerz, so
viel Qual und Sorge in seinen Wor
ten, daß sie sich ergriffen sühlte. Wenn
dieser Mann auch um äußerer Vor
theile willen Lisas Gatte geworden
war, so zeigte doch sein Verhalten
setzt, daß er durchaus nicht leichtsinsi
nig und herzlos war. Wer tonntes
i
i
i
wissen, was ihn alles zu dieser Ver «
bindung gedrängt hatte Sie sah ihn
sast mitleidig an
.Leider tann ich Ihren Wunsch
nicht erfüllen. Lisa ist lrant und liegt l
im Fieber; sie dnrs nicht beunruhigt
werden-" «
Rouald stöhnte aus. i
»Auch das noch! Sicher ist fee durch
die furchtbare Aufregung erirantt.«
»Sie hat sich ertältet. Vielleicht
steckte die Krantheit schon in ihrem
Körper und ist durch die nächtliche
Jrrsahrt und Aufregung zum Durch
druch gekommen. Jedenfalls hat der
Arzt Lungenentziindung tonstatirt.«
Nonald zuate zusammen und trats
an das Fenster. um sein Gesicht abzu- «
wenden. Nach einer Weile wandte er
sich mit einer Entschuldigung wieder
in das Zimmer zuriiel Sie sah, wieH
es in seinen Zügen zuate und arbei
.tete.
»So tann ich sie nicht sehen?« stag
te er noch einmal tonlos.
; »Nein, herr Baron. Ich muß Ih
nen sagen, daß Lisa mich gebeten hat,
jalletl Nöthige init Jhnen zu bespre
»chen. Sie wiirde sich, auch wenn sie
gesund wäre, einem Wieder-sehen mit
Ihnen entzogen haben. "
i ..So unversöhnlich grollt sie mitl«
, Frau von Rahnsdors schiittelte den
s Kopf.
»Nein, dazu ist sie gar nicht im
Stande; dazu liebt Sie das Kind viel
jzu sehr.«
! Er seufzte
i Und doch wollte sie mich n: cht se
ihenPa
»Weil sie glaubt, sich ihrer Liebe
schämen zu müssen und weil sie
noch mehr fürchtet, Sie zu beschä
men. Wissen Sie denn, weshalb Lisa
geflossen ift?«
»Ich fürchte, es zu wissen. Ein
enthüllte mir, daß Lisa sich in
einem Nebenzimmer befand. als ich
init meinem Freund Mollin eine
Unterredung hatte. Diese Unter-re
redung. die nicht für ihre Ohren be
siinunt war, nian sie tin-glücklicherwei
se gehört haben. Nur so kann ich mir
«allei erklären-«
«Sie haben recht vermuthet. Lisa
hat mir alles anvertraut. Als sie hör
te, daß sie von Ihnen nicht geliebt
wurde, daß Sie sich nach Ihrer Fee-st
heit zarücksehntem da ist sie in ihrer
blinden Angst und thörichten Scham
davongelaufem ohne zu wissen, wo
hin. Einem Zufall ist ej zu danten,
daß sie zu mir innr. Ich glaube, sie
ist erst hier bei rnir zur Erkenntnis
dessen gekommen, was sie gethan hat
Jedenfalls erfchrat sie sehr, als ich ihr
sthr mochte, daß sie unrecht gethan
und die Pflicht gegen den Namen, den
sie i i trägt, außer Acht gelassen hat
Sie si nnn sehr erleichtert daß alles
derinfth werden konnte; und ich hin
es mit ihr Die Welt richtet m solchen
weist nur die Frau-«
»Und doch bin ich allein der Schul
Ijvsfvvvvcvvs------v---v
digr. Jch verstehe, daß Lisa nicht on
deri handeln konnte und würde alles
auf mich genommen haben, um ihren
Ruf zu schkihen.«
Sie serh ihn eine Weile nachdenklich
an, dann sagte sie gütig:
»Bielleicht liegt die Schuld doch
nicht allein bei Ihnen. Weis-n ich nicht
irre. spielen dieVethiiltniffe eine grosse
Rolle in dieser Angelegenheit Man
ist nicht immer Herr seiner handlun
gen, und Sie machen mir so gar nicht
den Eindruck eines gewissenlofen Mit
giftjiigers.«
Nonnlds Stirn röthete sich. Er
ergriff ihre Hand und führte sie in
ltiefer Bewegung an feine Lippen
; »Verehrte gnädige Fran, Jhre Aus
zfassung der ganzen Angelegenheit
imacht mich auf ewig zu Ihrem-Schuld
iner. Jch tarn hierher in der Voraus
;sesung, mitleidslos von Ihnen verur
theilt zu werden, und hätte es ruhig
ertragen miisfen.'«
»So schnell bin ich nicht bei der
band mit dein Verurtheilen. Wenn
man die Welt über ein halbes Jahr
hundert lennt, wird man nachsrchtig.
Jedenfalls habe ich mir abgewöhnt. zu
derurtheilen, ehe ich Gelegenheit zur
Rechtfertigung gegeben habe. Deshalb
habe ich auch Lisp zugeredet, Sie erst
anzuhören.«
Er sah gespannt zu ihr hinüber.
»Aber sie weigert sich trotz-denn mir
Gelegenheit zu geben« einen Versuch
meiner Rechtfertigung zu niachen?«
»Sie behauptet, es bedürfe dessen
nicht in ihren Augen; sie macht Jhnen
leinen Vorwurf und trägt Ihnen
nichts nach. Nur mit sich selbst geht
sie zu scharf ins Gericht. Sie schilt
sich eine Thiirin« daß sie sich eingebil
det hat, von Ihnen geliebt zu werden,
trotzdem Sie ihr nie von Liebe gespro
chen haben.« » « » · .
»Aber mein ganzes Verhalten dar
ihr diesen Glauben eingesliißt. Wenn
sie in ihrer Großherziateit mich auch
nicht antlagt, so thue ich es selbst um
so mehr. Jn ihrer Herzensreinheit
mußte sie annehmen, daß ich sie liebte,
weil ich um sie worin Liede verehrte,
gnädige Frau. Sie sehen mich mit so
milden, verstehenden Augen an. Glau
ben Sie mir, erst jetzt ist es mir so
ganz tlar geworden, welch ein werth
voller Mensch Liia ist. Erst jetzt weiß
ich, was ich an ihr besessen habe, nun
sie mir verloren ist. Jbre stille. starke
Liebe. ibr bedingungsloses Ver
trauen« ihre schlichte Größe, ---« so
lange sie mir gehörte, erlannte ich den
Werth alles dessen nicht. Wie eine
Binde ist es mir von den Augen ge
fallen. Mit einem Male sah ich, was
ich rnir verscheth habe. Verzeiben Sie
mir. daß ich Ihnen lästig salle mit der
Schilderung meines Empfindens.
Aber Ihr ganzes Wesen stößt mir ein
unbedingtes Vertrauen ein; und ich
betrachte Sie als Miltlerin zwischen
Lisa und mir. Was ich ihr nicht sagen
dars, möchte ich anen anvertrauen,
damit Sie bei ibr siir mich sprechen.
Dars ich Ihnen sagen. wie alles ge
kommen ist, wie ich Lisas Verlobter
und dann ibr Gatte wurde?«
»Man soll ein Vertrauen« das man
uns entgegenbringt, nicht zurückwei
sen. Gern will ich Sie anböten, Herr
Baron, schon um Lisas willen. Jch
hasse, ihr dann sagen zu können, daß
sie ihre Liede keinem Unwiirdigen ge
schenlt hat. Es ist sitr eine Frau. die
Hliebt. immer schmerzlich, einen Malel
szu finden an dem Manne, dem ibr
Therz gehört. Gerade iveil sie meist
Hauch weiterlieben muß, wo sie nicht
smebr recht achten kann, schmerzt die
Erkenntnis des Untverths einer ge
liebten Person umsomehr. Wie ich sie
lenne, wird sie selbst vor ihrem eig
snen setzen Jer bester Vertheidiger
)sein; aber es wird sie trösten, auch von
mir zu hören, dasz Sie sich vor mir
gerechtfertigt haben. Erst müssen Sie
aber einen meiß nehmen. Verzeihen
Sie, daß ich meinen Pslichten als
Wirtbin sent erst nachtomme. Sie
tperden hungrig sein-«
- Nonald wein-te ab
«Rein, nein, gtiiidige Frau, dessen
bedarf es nicht« Jch kann seht nicht
essen. Bitte hören Siemich erst an.«
Frau von Rabnsdors nahm wieder
Plas.
»Wenn Sie nicht anders wollen«
ich bin bereit-«
Ronald sah eine Weile stumm vor
sich hin; dann begann ee zu erzählen.
Alles beichtete er der aufmerksam
iaufchenden Frau. Wie er dazu ge
kommen war. um Lifa zu werden« wie
es ihn gequält hatte, als er erkannte,
daß sie ihn liebte und an seine Liebe
glaubte. Er verschwieg ihr auch nicht,
dsß er eine Jugendliebe hatte aufgeben
müssen. Wie er sich dann gezwungen
hatte, Lisa lieb zu gewinnen und viel
leicht grade durch diesen Zwang in
eine gedrückie Stimmung getrieben
wurde und dabei doch von Tag zu
Tag mehr empfand-» das-, Lisa ein
werthvollen tiefangetegier Charakter
war-. Wie zum Troß hätte er sich ge
gen diese Einsicht gewebt-i und aller
lei Aeußerlichkeiien bei ikze beim-Engelt
Je höher seine Braut i:: ietktsth IIZIZ
tunssg gestiegen. je nieciricr iei e-: nico
selbst erschienen. Marions-txt lkk «
nahe daran gewesen. ihr alles zu ak·
stehen; aber wenn sie ihn dann mit
ihren glüetsirahlenden Augen sp »M
trauend angesehen habe, Dann sei es
ihm grausam erschienen, ihr vie Jllu
sion ihres Glückes zu rauben.
Alles sprach er sich vom Herzen-usw
und bedauern tief, daß er sich in Jenes
unglückselige-i Stunde hatte hinreißen
lassen, von seinen Empfindungen zu
sprechen, so baß Lisa in grausamer
Art ersuhr, wa- ihr verschwiegen
worden war. Zum Schluß seiner
Beichte-, die schlicht und ehrlich allei
Cucdtlicktr. was er empfand. sagte er
schmerzlich:
»Wenn ich nur unaeichehen machen
lünnte. daß Lisa jene Unterrehuna ne
hört han«
Frau von Nahnssdors sah ihn prii
send an. Seine Worte ten-gen der
Stempel der Wahrheit. Sie richtete
sich aus und sagte ernst:
.Ungeschehen machen? Wünschen
Sie das wirklich? Durch diesen u:
glückseligen Zufall haben Sie doch
Ihre ersehnte Freiheit erlangt-«
Nonalv suhr sich über die Stirn
Ein schwaches Lächeln umspielte set
nen Mund, und er sah unsicher in in:
ernfies, gütiges Gesicht.
»Es ist mir mit der Erfüllung die
se§ Wunsches ergangen. wie es mein
ver Fall ist. Das Erioünschte verliert
an Werth, wenn man es besitzt. Im
weiß nichts mehr mit Dieser Freiheit
anzufangen Und ietzt, ya der Zwang
zu heucheln von mir genommen ist.
begreife ich nicht mehr. daß es mir so
schwer geworden ist« Lisa lieb zu ge-·
minnen. Jch habe das Gefühl, das-.
mir etwas Kostbares unwiderbringlich
verloren gegangen ist, wenn ich daran
venle, wie liebevoll Lisa mit entgegen
getomriaen Jch möchte diese Liebe zu
rückge nnen, -- — sie ist in aller Stille
sest mit meinem Wesen verwachsen.
Mir scheint jeht ein Leben ohne Lise.
unerträglich lalt und leer·«
Fortsetzung solgt.)
»Schön .Nun nnd wo ist dein Sohn
mchk am Klapqu
Faust-un -3ut Börse. mit Glas nnd
Bandes ging es nich-, sum versucht et es
mit Glück und Heusch«
Erim- Oexr: «A! o. Si-, meine-»Zum
Hikugebotcnci hat mng Mhmichkeu mit
mir's«
Zweiter Hen: »Im-obl, es bat eben
so wie Sie weder Haare noch Isidor-X
Das M ieht mit nach einer keine-I
Verstandes irr-U jetzt möcht« i nur wiss
sen, ob ich nicht mit einer Oktroi ans Nei
gung besser weciommeu wäre. --— »
Wer mii erienntnisteichen und ern
stem Geiste
Der Eitelkeii hat entsagt,
Sieht von etiloknm’iiek höhe der
Weisheit
Unter sich tief die Toten. Er blickt
Lächelnd auf den sich mühcndens Hau
en,
Wie von des Berges Gipfel iiig Tat
So sumchet hält sich für einen
Menschenseumt, nur weil et nieman
dem traut.