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About Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918 | View Entire Issue (Sept. 29, 1911)
—1- Is -=--s- IF.-kk - s s -.--- - sitt Roman aus dem ceben Gib mich frei Von Hedwig Courthvmahler » ——-. ..-W --7-k-- —--k: WITH (2. FortsehungJ Die Konfulin fuhr mit neu erwach ier Thatiraft empor. Zsuf alle Fälle muß ein Standasl vermieven werden. O. dieses undank bare Geschöpf, — wie konnte sie mir das anthun!« »Wir diirfen Lisa nicht verdammen, bevor wir nicht wissen, was sie zu diesem Schritt getrieben hat,« sagte Ronald, Lifa in Schutz nehmend. Die Konfulin warf den Kon zuriick und sah ihn zornig an. »Du hist von einer beispiellosen Milde. Bedenke doch. daß sie Dich so gut wie uns der Lächerlichteit preis gibt.« - »Ich bedenke vor allem« daß sie sich in einem bedauernswerthen Seelenzu stand befunden haben muß. um so handeln zu können. Jedenfalls muß ein Standal vermieden werden« vor allem Lisaö wegen. Wenn ich nur klar denken könnte. Mir ift das alles so schrecklich. daß ich wie vor den Kopf geschlagen bin.« Mallwii, der abseits gestanden hatte. trat heran. »Du-f ich Dir helfen, Ronald?« Dieser reichte ihm die hand· »Guter Kerl, wenn Du einen Rath weißt, — ich wäre Dir danibar.« »Ja, here von Mallwig, Sie sind nun einmal eingeweiht in diese mehr toie peinliche Situation. Helfen Sie uns. Sie sehen, wir sind außer Stande, selbst zu überlegen.« bat die Konswlim alle Bornehmthuerei bei feite lassend. Mallwik verneigte sich vor ihr. »Bor allen Dingen wiirde ich Ih nen, gnädige Frau, rathen, zur Ge sellschaft zurückzugehen, damit Jhre Abwesenheit nicht ausfällt. Jhren Verm Gemahl müssen Sie wohl un terrichten, sobald Sie das unbtrnerli thun können. Novale Mutter und. Seh-weiter erfahren am besten vorläu fig nichts. Sie wiirden sich nur un snbthig sorgen, ohne helfen zu können. Wenn die Angelegenheit aufgeklärt isi, erfahren sie noch früh genug davon. Der Portier ift der einzige Mensch. der Ronald zurücktommen sah. Er kann in der Meinung bleiben, daß die junge Frau diese Nacht in Villa Lim bach bleibt. Und Jhre Dienerschast. gnädige Frau. wird in dem Glauben belassen, daß das junge Paar hier im Iiirftenhof logirt und erst morgen ab "teifi. So isi vor allen Dingen Zeit gewonnen. Jonald bleibt hier auf sei nem Zimmer bis morgen friih und begibt sich dann vorläufig in ein ab gelegenes spiel, wo ihn niemand kennt. Dann gilt er auch hierfür ab reist und tann eine Nachricht von tner Frau abwarten. Wo sich Frau Lifa aufhält, sie wird vermeiden. von Bekannten gesehen zu werden. Daß se jedes Aufsehen verhiiten will, geht aus ihren Zeilen hervor. Sie wird ja auch so bald als möglich Nachricht geben iiber ihren Aufenthalt. Dann können weitere Maßnahmen getroffen Mtdcn.« Die Konfulin reichte ihm huldvoll die hand. »So ist es gut, Herr von Mallwiß. Wir danken Jhnen herzlich für Ihren guten Rath, dein wir genau nachtom men wollen. Nicht wahr, Ronald?-« Dieser hatte grübelnd vor sich hin geseher.. Nun fuhr er auf . »Ja, gewiß, das werden wir thun«, erwiderte er in nervöser Hast. »So will ich jetzt wieder hinab ge lieu-« »Bitte, thue das-. Jch werde morgen sriih Mattin hinausschicten zu Euch, pfli- Nachricht von Lifa eingetroffen r .'« Die Konsulin nickte nur; plötzlich fuhr sie auf: »Sie wird doch um Gottes willen dies alles nicht in einem Anfall gei stiger Trühung gethan haben? Mir ist das so unverständlich Sie schien sdoch so glücklich« Roland fuhr sich durchs Haar und stitste den Kon in die Hand. Er glaubte. eine andere Erklärung für Eises Flucht geben zu können. Aber er stritubte sich, sseiner Bermuthung Ausdruck zu geber-. Malltoii beruhigte die Konsulim Er ahnte so unaefkihr ,wie alles zu sammenhing. Aber die Konfulin brauchte davon vorläufig nichts zu erfahren. Vielleicht richtete sich doch alles wieder ein. «Diese Befürchtung brauchen Sie nicht zu hegen, gnädige Frau. Die Wien der» Baronin sind troy aller « rse klar abgefaßt; und ich glaube, Sie fassen die ganze Angelegenheit zu tragisch aus. Vielleicht erklärt sich noch acei auf ganz einfache Art. Bit k, M Sie aber nun nicht länger. Mzugehenx ich werde mit Ronald Ich altes Rsthige besprechen« Zeus-end verabschiedete sich die Mulin von Ronald .Ilaude mir, ich hin gleich Dir un Oas kann ich Lisa nie ver ( M W, sagte sie und ging hin M Ue Thiir hinter ihr zufieh Mut gedankenuerlorew vor PROVIDW BUT-ists sah er Lisa vor sich mit dem scheuen glückiichen Lächeln, dem aufleuchten den, innig-en Blick. Dieses Lächeln hatte ihn manchmal gerührt, aber noch öfter gepeinigt. So vertrauensvoll nnd ergeben hatte sie ihn angesehen wie einen herrn über Leben und Tod. Und nun war sie vor ihm gestehen Was hatte sie zu diesem Schritt ge drängt, der ihrem stillen ruhigen We sen so wenig entsprach? Konnte es etwas anderes sein als das, was er fürchtete, zu denken? Er sprang aus und blieb vor Moll tviß stehen« ihm starr ins Gesicht vuaend. »Ist das nicht wie eine Antwort aus das. was ich Dir vorhin in Dei nem Zimmer sagte, Kurt? Sie gibt mich stei, —- mein Wunsch ist er sitllt." Mallwitz antwortete nicht. Er sah besorgt in Rolands verstörtes Gesicht. .Dieser faßte den Freund am Atm. »Kurt, mich peinigt ein schrecklicher Gedanke. Weißt Du genan. daß das Zimmer neben dem Deinen leer war? Wenn sie uns gehört hättetm Maltin faßte seine Hand sest zwi schen den seinen. »Du tommst von selber daraus. Roland. Deine Vermuthung bestätigt sich leider. Jch sah vorhin die Jung ser der Konsulin ans diesem Neben zimmer treten mit dem Brauttleid Deiner Frau. Aus mein Betragen theilte sie mir mit, daß diese in dem Zimmer die Kleider gewechselt und dann noch eine Weile geruht hat. « Ronald zuckte zusammen und fiel stöhnend in seinen Sessel. .So hat sie auch alles gehört! Die Aermsie die Bedauernswerthet Kurt, lich könnte mich selbst umbringen. Was shab’ ich dem armen Ding angethan! Wie mag ihr zu Muthe sein!« « »Es ist ein unglückliches Verhäng niß. Wie konnten wir ahnen, daß sie sich gerade in diesem Zimmer aus hielt. Es war ja so still drüben. Sie muß ganz ruhig gesessen haben. Ronald schlug sich vor die Stirn. «Zu denken, daß sie nun allein ir gendwo in der Welt herumirrt mit ih irem Schmerz. Wie ihr das gewesen zsein muß! Wie ein Schlag ins Ge xsicht. Und ich tann sie nicht einmal ströstem ihr nicht bristehen. Bertiickt ztönnte ich iiber diesen Gedanken wer- s !den.' Mallwisz legte seine Hand auf Ro nalds Schulter. »Veruhige Dich doch, mein Alter. iVirlleicht bringt Euch dieser Zwischen Jssall näher, vielleicht wird noch alles ’gut.« - ! «Laß nur, mich brauchst Du nicht zu rriisiem es ist mir nur um sie zu thun. Wenn ich nur wüßte« wo ich sie finden könnte, das arme Geschöpf. Herrgott, ist das ein erdrückendes Ge fühl, Schuld sein am Unglück eines Menschen, der sein Geschick ver trauensvoll in unsere Hände legte. hätte ich doch den Mund gehalten vorhin. Mußte ich denn alles, was mich drückte, ausplaudern wie ein al tes Weib?!« »Es-Solche Vorwürfe sind nutzlos, Ronald. Mir thut es furchtbar leid, daß ich gewissermaßen die Ursache ge wesen bin zu dieser Affärr. Hätte ich Dich nicht in mein Zimmer ge führt, wo ich mich so sicher glaubte, dann blieb vielleicht ungesprochen, was Deine Frau in die Flucht getrie ben hat· Aber wie gesagt, Vorwürfe machen nichts unaeschehen. Deine Frau wird sich ja beruhigen lassen und vernünftig sein. Sie ist so im ersten Schrecken iiber die Entdeckung. daß Du sie nicht liebst, geflohen, — ohne Uederlegung. Man kann ihr das nachfiihlen. Frauen sind nun mal po sitiver als wir Männer. Aber et wird Dir ja gelingen, sie zu besänftigen. Wenn wir nur erst wissen, wohin sie sich gewandt« hat. Ronald hatte kaum gehört, was Mallwitz sagte. Er sah im Geiste Lisa in ihrer Verzweiflung vor sich. Mußte er doch, wie sehr sie ihn geliebt, wie tief sie durch seine Worte geiränlt und gedemiithigt sein mußte. »Au3denten zu müssen. was ihr alles zustoßen kann. Sie ist in ihrer Unerfahoenheit davongefahren, ohne zu wissen, wohin. Wer weiß, ob sie genllgend Geld bei sich hat.« »Jrgendwie wird sie sich schon zu helfen wissen«, tröstete Mallwih. .Sie ist ja schließlich tein hilfloses Bahn Und je weniger sie mit Geldrnitteln versehen ist, um so schneller wird sie gezwungen sein« Nachricht zu geden.« »Dir ich nicht doch noch einmal versuche, ihre Spur zu findenlk »Das hat gar keinen Zweck; Du kommst nur unnäthig in Gefahr, ge sehen zu werden. Wo sollst Du auch suchen heute Abends Jedenfalls will sie sich nicht finden lassen; und das ist doch verständlich Mit solch einerEnt zgschung will man zunächst allein »Da soll ich also unthätig hier n mit meinen quälenden Gedanken! »Im besteu, Du legst Dich schla Åmld schättelte den Kopf. »Schlnsen kenn ich nicht.« »Dann ruhe Dich wenigsten-. Wer weiß was morgen an Dich heran tritt Jch würde Die ja gern Gesell schaft leisten; aber das ist Dir seit auch Iein Trost, unb ich muss wieder hinunter. Ich bin noch engagirt, nnd Deiner Schwester wiirbe mein Fort bleiben aussallen.« »Geh nur, Kurt, ich muß allein bu niit fertig werden. Wenn ich nur bie Gewißheit hätte· baß sie sich in ihrer Verzweiflung nichts anthut.« »Unsinn! Schlag’ Dir solche Ge danken aus been Kopf. Wenn sie solch ein Vorhaben im Sinne gehabt hätte, wäre sie nicht erst nach hause gefahren. Sie schreibt Dir ja nuch,« baß sie Nachricht geben will sobqlb’ sie Untertunst gesunden hat. Nun leg’j Dich aufs Ohr, mein Alter. Wir spre- . chen uns morgen sriib noch.« l Sie schürten-« sich vie Handel Dann ging Maklwig Ronald warf sich. als er allein war, auf den Divan und sah mit starren Augen zur Zimmerdeeke empor. Sein Herz zog sich zusammen vor Angst und Unruhe um Lisa. Er allein war schuld, daß sie jetzt schuhloi draußen in der Welt herum irrte, einsam und verlassen dem verzweiflungsvollen Schmerz preisgegeben. Daß er so gar nichts thun konnte, ihr zu helfen, quälte ihn unsagbar. Vergessen war jetzt sein Wunsch nach Freiheit, ver gessen die Pein. die er empfunden hatte bei dem Gedanken an ein Zusammen leben mit ihr. Er sah sie vor sich mit verstörtem. qualzerrissenern Gesicht. Jhre Augen, die immer so voll Liebe zu ihm ausgesehen, blickten ihn vor wurfsooll an. »Warum hast Du mir das gethan?« schienen sie in wehem Schmerz zu fragen. »Arme kleine Lisa, armes liebes Kind —- wenn ich doch bei Dir sein lönntel Es war ja gar nicht so schlimm gemeint, was ich sagte«, stil sierte er vor sich hin. · Nun würde ihre Liebe zu ihm bald vergehen und sich vielleicht in das Ge gentheil umwandeln. — Sonderharerweise empfand er et was wie Schmerz bei dem Gedanken. Wie eine Erkenntnis iam es iiber ihn, daß er ein lostbares Gut achtlosf verscherzt hatte. Keiner seiner Ge danken flog jetzt zu der blonden Lilli Sondern, um deren Verlust sein Herz noch vor kurzem getrauert hatte. Bis her hatte er den Schmerz um diesen Verlust gleichsam gehegt und gepflegt, hatte sich in allelei wehmiithi e Ge danken eingesponnen und war ich wie ein Märtyrer seiner Liebe vorgekom-« men. Jth war das alles wie ausge löscht in seinen Gedanken, die sich nur in angstvoller Hast um das Schicksal seiner Frau drehten. Seiner Frau! — Unten aus dem Fesisaal drangen leise schmeichelnde Walzermelodien zu ihm empor. Dort unten feierte man seine und Lisas hochzeit. Die da un ten wiihnten ihn mit seiner jungen Frau auf der Reise nach der Jnsel der Glückseligkeit Grausame Ironie! Sein armes Weib irrte, Verzweiflung im setzen, herum; und er lag hier und hätte seine Seligleit darum gege ben, wenn er hättest-ei ihr sein dürfen. . Lisa hatte wirklich jedes Wort der Unterhaltung zwischen ihrem Gatten und Kurt Mallwitz gehört. Erst war sie erröthend zusammen gezuckt, als sie ihn an der Stimme er kannte. Still, mit seligeni Lächeln lag sie in ihrem Sessel, wagte sich jedoch nicht bemertbar zu machen. Und gleIch daraus richtete sie sich jäh empor und starrte mit erschrockenen Augen aus die durch ein Schriinlchen berstellte Verbindungsthiir der beiden Zimmer. Sie saß ganz nahe dabei und hörte mit unbarmherziger Genauigkeit jedes Wort. Wie unter Keulenschlägen sant sie mehr und mehr in sich zusammen. Sie wollte schreien, sich wehren gegen das Furchtbare, was von da drüben aus sie eindrang. Aber sie vermochte sich nicht zu riihren. Wie gebannt saß sie in dem Sessel, bleich bis in die Lip pen, ein Bild des surchtbarsien Schmerzes, der unerträglichsien De miithiaung. " Ach. welche Qual ihr diese Stunde brachte, die erst nur Seligteit für sie gehabt hattet Eine falsche, verlogene Seligkeit. Jn dieser kurzen Viertel stunde, die sie zitternd vor Schmerz und Erregung in dem· eleganten ho telzimmer verbrachte. schien der ganze Inhalt ihres Lebens erschöpst zu sein Wie ein uernichtender Sturm brauste es itber sie hin, ein Sturm, der alles Schöne und Liebe aus ihrer zittern .den Seele riß und nichts zurückließ als brennende Scham, unsiigliche De xniithigung und trostlose Verzweif ung. . " Zu jäh war der Wechsel zwischen überschwenglicher Glückseligkeit und bodenlasem Jammer. Die Zähne schlugen ihr tote tin Frost zusammen, die Augen glühten wie tnt Fieber nnd blickten wire und angstvoll urn sich. , Und dann hörte sie, tote Ronald sverzweifeit ausrief: »Den-gut im Thimnieh —- wäee ich doch frei, frei!« Wie von einer unwiderstehlichen Macht wurde sie da getrieben. Sie er hob sich leise, iodtenbiah, und schüttelte ssich irn Fieber. Intchtbsar erschien ihr Ewas sie gehört. Der Mann den sie liebte rnit allen Fasern ihres Seins sdesien Liebe sie zu besihen glaubte, seine Liebe, die sie in ihrem bescheidenen --Sinn für eine Wundergabe des hien meis gehalten, — ihr Mann, mit dem sie vor wenig Stunden den Schwur der Treue dar dem Altar gewechselt hatte er empfand ibre Liebe wie eine driickende Fessel und rief fehnfuchts voll seine Freiheit zurück. Sie ichauerte zusammen und setzte mechanisch ihren hat auf. Ein hilf ioser Blick lag in ihren Augen, eine heiße Herzensangsi, ihm jeßt begegnen zu müssen. Jeht mit ibm allein sein« seine erheuthelten Liebtosungen ertra-' gen rnit dern Bewußtsein, daß sein Herz einer andern gehörte —- nein — nein, —- das konnte sie nicht; das ging iiber ihre Kraft. Fort, —--- nur satt! — Jrgendwvhin, an irgend einen stillen Ort, wo sie sieh verstecken tonnte, wo sie ausschreien durste in namenloser Qual, wo sie ihreSehmach verbergen tvnnte. — Mit zitternden Händen wars sie den Mantel über, hängte ihr Reisetiisch eben um und ergriff die Handschuhe, alles wie eine willenlose Maschine. So ging sie hinaus, von einer inne ren Macht getrieben, von der Furcht gejagt, ihm begegnen zu müssen. « Unten im Vestibiil tam ihr derPor tier entgegen. Sie stockte. Etwa dämmerte in ihr, daß sie eine Erklä rungs geben miisse siir ihr Fortgehen. Sie stotterte etwas, was ihr der Au genblick eingab und hastete dann an ihm var-über. Eine Drvschte, die eben einen neuen sotelgast gebracht hatte. hielt vor der Thiir. Sie stieg ein« von dem Portier unterstützt, der dann auch dem Kutscher befahl, nach Villa Lim bach zu fahren. weil sie angegeben, daß sie dort etwas vergessen hatte. Nun saß die junge Frau in dem Wagen. Wie einer furchtbaren Gefahr entron nen, lebnte sie in den Kissen. Sie suchte sich klar darüber zu werden. tpcs sie ciscnilicks ivolltt was sie thun müsse. " s · · . Mühsam ordnete sie ihre Gedanken. Erst jetzt fiel ihr ein, welches Aufse hen ihre Flucht erregen würde. Was hatte sie nur dem Portier gesagt? Sie überlegte, nnd nun siel ed ihr wieder ein. Nach hause wollte sie fahren; dort sollte sie Ronald abholen. Um himmeli willen, —- nein! Nicht nach Hause: dort kam er hin, wenn der Portier ausrichtete, was sie gesagt. Fort. nur fort, -- nur ihm ietzt nicht in das Gesicht sehen müssen; die Scham wiirde sie tödten. Sie wollte aufspringen und dem Kutscher eine andere Adresse sagen. Aber welchel Sie sann nach: aber ihre Gedanken irrten wieder ab. Wie sie ihm ihre Liebe so offen gezeigt hatte, ihre Liebe, die ihm lästig war, die ihn drückte wie eine Fessel! Oh. nur nicht mehr daran denken müssen. Lieber überlegen, was zu thun war Ja, —- Onkel und Tante mußten« doch ein Lebenszeichen erhalten von ihr; man glaubte sonst am Ende, — atn Ende — Sie feste sich hoch aus. Und warum nicht? Warum nicht ein Ende machen, kurz und schnell. Dann war alles überstanden; dann klopfte das thörichte Herz nicht mehr so qualvoll in der Brust; dann fühlte sie nicht mehr diesen furchtbaren Schmerz. Für wen sollte sie noch le ben und dies qualvolle Dasein weiter tragen? Onkel Karl würde ja ein we nig um sie trauern. —und Taute, — ach, der war sie ja nie im Herzen et was gewesen; das fühlte sie jeht mit deutlicher Klarheit. Aber Ronald, — nein, ihm durfte sie das nicht anthun. Er wiirde errathen, daß seine Worte sie in den Tod getrieben. Nein, —- sie durfte nicht. Dann wiirde er nie mehr frei sein; die Neue würde ihn zu Bo den drücken. Und diese Ietsel konnte sie dann nicht von ihm litten Ehe sie noch tlar geworden über das, was sie thun sollte, hielt der Wagen. Sie stieg aus und hieß dem Kutscher L Dern Diener, der ihr öffnete ries sie ein paar hastige Worte zu. Dann eilte sie aus ihr Zimmer und schrieb das Kärtchen siir Anprall-. Nun hatte sie wenigstens ein· Lebenszeichen hin terlassen, und er wiirde schon erra then. weshalb fte gefloben war. Er konnte sür das Weitere sorgen; sie war nicht im Stande, mebr zu thun. So schnell wie mäglich verließ sie dann das haus wieder, nachdem sie dem Diener das Billet sin Ronald übergeben hatte. Sie behielt auch noch so viel Uberlegnng, dem Kutscher zu zurusem »Baytischer Bahnhos«, ba rnit es der Diener hörte. Nun suhr sie weiter. Aber nicht lange, dann ries sie den Kutscher an, zu halten und stieg aus. Sie reichte ihm ein Geldstück nnd sagte ihm, das sie noch etwas besorgen müsse Lifa ging wie im Traum weiter; aber die Knie versagten ihr den Dienst Jn den Anlagen auf dem Flaßplas feste fie fich auf eine Promenadenbanl und ftarrte vor fich hin» Ein junger Menfch ging einige Male an ihr vor iider und redete sie schließlich, den but liiftend, an. Sie erschral und floh dar ihm Miide lreuzte fie den Plas. Jn der Sidonienftrafze fand fie eine lleine Konditarei. Sie konnte von der Straße den schmalen Raum übersehen Er war leer. Rafch trat sie e n und fette fich in eine Ecke. Ein junges Mädchen fragte nach ihren Wünschen. Sie bestellte eine Tasse Schololade. Als sie ihr Ledertiischchen öffnete, um zu bezahlen, fiel ihr Blick auf den Brief, den sie heute kurz vor der Fahrt nach der Kirche erhalten hatte. Ein rettender Gedanke stieg in ihr empor. Sie zog den Brief heraus und um-« klammerte ihn mit der Hand, bis sie die Schoiolade bezahlt hatte und al lein war. Dann zog sie ihn hastig aus dem Couvert und gab sich Mühe, ihn mit klarem Bewußtsein noch einmal durchzulesen. Mit wie andern Empfindungen hat te sie diesen Brief zuerst gelesen! Jn der Fülle ihres Glückes hatte sie nicht vermocht, ihre Gedanken sest daraus zu richten« Jeht in der Fülle ihres Leibes mußte sie es thun, weil sie von diesem Schreiben die Lösung der qual vollen Frage erhoffte, was aus ihr werden sollte. Der Brief lautete: Meine liebe Lisal Wenn ich auch aus besonderen Gründen nicht zu Deiner Hochzeit kam, so will ich Dir doch zu Deinem Ehrentage meine in nigsten und herzlichsten Glückwiinsche darbringen. Du willsi wahrscheinlich gar nichts wissen von Deiner Tante Anna, denn Deine Tante hermine wird mich in Deinen Augen wohl als eine Art Popanz und Leuteschreck hin gestellt haben. So junge Menschen wie Du sind ja so leicht von ihrer Um gebung zu beeinflussen. Sonst hätte ich wohl schon eher zuweilen an Dich geschrieben. So lange Du aber im Hause meiner Schwägerin warst, hatte das gar keinen Zweck. Jch kenne sie zu genau. um nicht zu wissen. daß sie Dir nicht gestattet-hätte, mir zu ant worten. Denn wir sind sozusagen spinnefeind miteinander, oder viel mehr, sie beehrt mich mit ihrem Haß und mit ihrer Feindschaft weil ichi sie zu genau kenne und eines Tages mei nen Bruder Karl mahnte, sich nicht mit diesem diinkelhasten herzenäkalten Geschöpf zu verheirathen. Trotzdem ift sie meines Bruders Frau gewor den; und ich bezweisle. daß sie ihn glücklich gemacht hat. Nun, jeder ifi seines Glückes Schmied, und- jeder will seine Erfahrungen fiir sich ma chen. Aber nun zu Dir, mein lirbes Kind. Troßdern ich Dich seit dem Tode Deiner lieben Eltern nicht mehr gesehen, habe ich immer in treuer Liebe Dein gedacht. Denn Du bist das Kind meines herzlich geliebten Bruders und Deine Mutter war mir eine liebe Freundin. Jch wollte Dich nach dem Tode Deiner Eltern so gern zu mir nehmen. Mein Mann war mir turz vorher gestorben. und ich selbst habe keine Kinder. Es wiire mir ein Trost gewesen, Dich um mich zu haben, Dich erziehen zu diirfen im Sinne Deiner Eltern. Aber meine Schwiigerin ent riß Dich mir. Jch war schwer trank in jener Zeit und konnte meine An sprüche an Dich nicht genügend zur Geltung bringen« Als ich aesund war, hatte Dich hermine schon fest in ihren händem und obwohl mein Bruder Karl selbst sie bat, Dich an mich ab zutreten, weigerte sie sich in recht häß licher Weise. So mußte ich zurücktre ten, mit schwerem Herzen. Viel Liebe wirst Du nicht von ihr erfahren ha ben. denn wo andere Lente das has haben, hat die grau Konsul einen Adelslalenden roydeni sie einen Bürgerlichen geheirathet hat, ist sie die Geborene von Schlorndors geblie ben; nnd daß ich, die gebotene Lim dach schlichtweg, erst durch meine hei rath eine«leelige, eine Frau von Rahnsdors wurde, das hat sie rnir nie verziehen. Aber ich schweife immer wieder ab. Verzeihe mir; doch jahrelang ange häufter Groll drängt in mir zumAuss bruch. Jch habe auch nie einen hehl daraus gemacht. daß mir Herinine un sympathisch ist, und sie hat sich dafür gerächt. Jch bin eine einsame Frau geblieben, mein liebes Kind. und habe mich Jahr um Jahr schmerzlich nach Dir geschni. Aber Hermine betteln« Dich wenigstens zuweilen ein paar Wochen zu mir zu schicken, das der mochte ich nicht« Es hätte auch nur zu weiteren Mißhelligteiten geiiihrtx denn ich hätte wahrscheinlich versucht, ihre Erziehungsmethode an Dir zu korri giren. Und darunter « hättest Du schließlich am meisten gelitten. Aber nun, mein geliebtes Kind, nun bist Du erwachsen und kannst Die selbst ein Urtheil bilden. Nun bist Du verheirathet. Hoffentlich recht gluels lich, trohdem Deine Iante Hermine wohl mehr aus den Adel und Titel Deines Mannes Werth gelegt bat als daraus, daß er Dich glücklich macht. Also nun bist Du nicht mehr von der Frau Konsul abhängig: und wenn Du Deiner einsamen Tante Anna ei nen großen. innigen Herzenswunsch erfüllen willst. dann besuche sie bald einmal mit Deinem jungen Gatten. Vielleicht schon auf der Rückkehr von Eurer Hochzeitsreise. Jch werde von heute an jeden Tag und jede Stunde aus Dich warten. Ein hochzeitsgeschenk habe ich Dir absichtlich nicht geschickt. Ich kenne Deine«Wiinscht nicht, nnd mache nicht gern Geschenke, bei deren Empfang dee Beschenlte denltt Wieso bin ich verpflichtet, derartige Geschenke anzu nehmen. Du sollst mir selbst sagen, sp womit ich Dir eine große Herzensfreu- - de machen kann. Du bist doch eines Tages meine Erbin, und bis zur Höhe meines halben Vermögens ist Dir im voraus jeder Wunsch gewährt So, meine liebe Lisa: nun hab’ ich Dir al les gesagt, was ich aus dein Herzen hatte. Gott behiite Dich, mein Kind, —— und vergiß nicht, daß in einem idyllischen Winkel des schönen Thit ringer Landes Rahnsdorf liegt, wo eine einsame, alte Frau lebt, die die Stunden zählt bis sie Dich an ihr herz drücken dars. Grüß mir Deinen jungen Gatten herzlich. Auch meinem Bruder Karl einen treuen Schwester grufi: ich bin trotz allern, was man zwischen uns geschoben, fiir ihn die alte. Der Konsulin bestelle jedoch tei nen Gruß: ich will ehrlich bleiben· Selbst höflichkeitsliigen gehen mir gegen den Strich. Denke deshalb nicht schlecht von» mir, mein liebes Kind, und komme bald zu Deiner Dich herzlich liebenden Tante Anna. Meine genaue Adresse findest D auf dem Umschlag. —- -· —- —— — ( Fortsetzung solgt.) Nach eigenem Willen können die Völker nicht leben —- haben sie keine Tyrannen, dann haben sie wenigstens Reformen « Einem Cincinnatier Arzt gemäß sann man sich das Leben durch Sauer tmutessen verlängern. Alfo ist endlich ein Kraut gegen den Tod gewachsen — Sonn-traut he IS o h l t opi : Bissen Sie, mjr fchiv irren nur fo die Gedanken im Kopf ma · D ame: Tit VII-In zuviel IX Las Was O