Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, September 22, 1911, Zweiter Theil, Image 9

Below is the OCR text representation for this newspapers page. It is also available as plain text as well as XML.

    Ja
nrgangäi
Nebraska
Staats-» Anzetger und J set-old
tchm er um Zwei rat-en .)
cebenshetbst.
Von Elle Kastner - Mulsa
lilfchr.
Sage mit, Liebsten was llagfl du nur
immer,
Wenn auf den Scheitel ein Herbst
hauch dir fliegt?
Weißt doch: ich liebe den silbernen
Schimmer,
Der anl den Locken wie Fkilhschnee dir
liegt.
Wohl lag noch Sommer auf Haupt
dik und Wangen,
Als du zum erstenmal mich getilgt —
Kpnnnt nun der Hefle bald —- der
Winter gegangen
Immer nur will ich dich —- gtnd wie
du bist.
Vas Engel-ach
Historifche Erinnerung-en von
R. W o o d r i ch.
Ajs ich ein Junge von etwa 15i
Jahren war, war ich »schlecht ab«.
Wenn ich am Sonntag aus meiner
Lehre nach haufe karn, fand ich ge
wöhnlich die ganze Familie zum Auc
flng geriiftet. Jch konnte nicht mit,
denn ich hatte ieinen Sonntagsftaat
mehr! Mein Konfirmationsssioei war
mir zu eng geworden, die hände rag
ten etwa feche Zoll aus den Aenneln
der-vor, die Beine dito aus den hofen,
der Cylinderhut, den jeder Berliner
Junge nach feiner Einsegnung tragen
mußte, war roth geworden, wahr
scheinlich durch den Spott der anderen
Jungen, welche schon längst wieder
Mitten trugen. Da tein Geld fiir ei
- nen neuen Anzug vorhanden, mußte
ich wohl oder iibel das Vaus hüten
Jch blieb aber nicht in den Wohnriius
men. sondern flüchtete mich mit mei
nem Kummer in die Bodeniammee.
Hier fette ich mich in dieOachluie und
blickte traurig nach der Gesind, wo die
«Pichelsberge« reing dötm diese wa
ren gewöhnlich das Ziel del Ansta
gx Mehr als eine Thriine fiel in die
achrinne. Sp auch eines Sonntags.
Da wandte ich den trüben Blick in das
Jnneresder Kammer und er fiel auf
einen alten Schrank, welcher zwischen
allerhand Gerünwel in einem Winkel
stand. Neugierig, feinen Jnhalt zu
eriorfchen, begab ich mich zu ihm. Al
lerhand Sachen fand ich da, unter an
derem eine Schachtel; ich öffnete fie.
Sie enthielt den Brautlranz meiner
Mutter, einen Strauß, welchen sie an
ihrem Ehrentag getragen. Freilich es
waren nur noch die Stengel der Blu
men vorhanden, von einem rosa Band
umwunden: Pietätvoll deckte ich die
Schachtel wieder zu. Dann warensda
Briefe meines Vaters, welche er, auf
großen Reifen begriffen, an meine
Mutter gerichtet. Da fiel mein Blick
auf eine alte Brieftafche. ich öffnete fie.
Sie enthielt ein inSammet gebundenes
Buch. Jch schlug es auf. »Mein Tage
sbuch F. M. W." ftand auf-der erften
Seite. Jch wußte nun, woher es
stimmte
In unserem Hause lebte einst ein al
tes Fräulein, eine Freundin meiner
Mutter; es ist auch bei uns gestorben.
Viel Geheimnißvolles hatte diese alte
Dame, denn eine solche war es, umge
ben. Wie ich so von meiner Mutter
heran-gepreßt, soll sieisriiher bei Hofe
eine einslußreiche Stelle bekleidet ha
ben. Wir Kinder nannten sie immer
die »alte Wagner«.
Jch bliitterte in dem Buche und er
sah, daß es eine Zeitperiode von 1804
1809 deckte. Es enthielt viele Tot
lettensGeheimnissh welche wohl auch
unsere Leser-innen interessiren würden,
aber ich will Disiretion iihen.
Es handelte sich um Geheimnisse der
Königin Luise, zu welcher die Schrei
berin des Tagednchs attachirt war.
-Aus.den Auszeichnungen ging hervor,
dasz die Königin nicht nur eine schöne
Frau, sondern auch daraus bedacht
war ihre Schönheit mbglichst zu eth
hen; dabei muksie arg launenhast und
eine Plage ihrer Dienerinnen gewesen
sein, denn eine Anzahl kleiner, runder
Flecke aus den Blättern des Buches
schienen von Thränen herzurtihrem
efvelche die gequälte Schreiberin vergess
en
Betm vielen Blättern tam ich an
eine Stelle, welche mich besonders in
tcressirte, denn sie betras eine Zeit,
welche mir, noch von der Sule her, als
eine der trübsten in Preußen i Ge
schichte bekannt war. Ich las:
«Den 4· Januar Der König hatte
heute eine Konseeenz mit Minister bon
Stein; es muss sehr erreat dabei zuge
gangen sein, denn die Königin, welche
der Konserenz beigewohnt, . kam in
Thriinetz zu uns in ihr Zimmer
Später erfuhren wit, daß es zu einem
heftigen Streit zwischen dem itsnig
und voii Stein gest-innrem Die Köni
gin hatte sich zu Gunsten Steins ein
gemischt u. detKönig hatte sie zurückge
wiefen. indem et sagte: »Madame, so
viel ich weiß. befinden sich Jhke Ge
mächer auf der anderen Seite des
Schiosses.« Daher die Thränen!
Den 5. Januar. Minister Stein
ist ask-gesetzt! Die Königin fagi, es
wäre ein »großes Unglück fiir Preu
ßen«. Ich fürchte. die kluge Königin
W Recht!'
Ei war inzwischen dunkel geworden,
ich»schloß das such. Die Anssliigler
lehrten heim. An ihrer Spise mar
schirte Schwester Anna. »Was machst
Du denn wieder da oben, Du nnnliger
Bengel-P begrüßte mich«diese. als ich
eben die Kammer verließ, und einer
der vielen Kämpfe, welche ich mit die
ser Schwester halte, begann. Jch wun
derte mich nicht wenig, als diese dann
1870 das eiserne Kreuz fiir Nicht
lomhattanten erhielt.
Der nächste Sonntag fand meine
Leute wieder «ausgeflogen« nnd mich
in der Bodenlammer. .
ch machte mich unverzüglich an das
Buch, fand die betreffende Stelle und
las weiter. —
Den s· Januar. »Die Königin war
heute sehr niedergeschlagenx der König
war schon seit zwei Tagen nicht in ih
ren Gemächern. Er pflegte fast jeden
Tag ein hi- zwei Stunden bei der
Gemahlin zuzuhringem er holt sich in
wichtigen Fällen stets ihren Nath, Die
Königin sprach viel vor sich hin; ein
mal fuhr sie auf und rief: »Und meine
hoffnung auf Deutschland ist immer
noch Preußen!"
O sit II
Den 20. Januar. Gestern war wie
der einmal IamiliemReuniom d. h.
die lönigliche Familie war mit Aue
nahrne weniger Geladener versammelt
Es wurden «allerhansd Sachen zur Un
terhaltung getrieben; «Wortspiele,
Ritthsel wurden anngVefs auch Her
Leherreiui mußte herholten. Die Ge
neralin »K...th« war an der Reihe
nnd sie detlamirte:
»Die Leber ist von einem Hecht und
nicht von einer Taube,
Und stiitzt uns etwas in der Welt, so
ift’s der strenge Glaube."
Woraus der Kraut-ring
,.Dir Leber ist von einem hecht und
nicht von einem Ochsen,
Und hasz ich etwas auf der Welt, so
sind's-die Orthodoxen.«
Der König erhob sich, warf einen
strengen Blick aus seinen Sohn und
verließ das Zimmer. Auch die Köni
gin hob bald die Versammlung auf
und entfernte sich mißlnuthig
c sit d
Den 20. Februar. Gestern war
große Redoute im Opernhaus-. Der
Kronprinz hat wieder einen seiner
Streiche ausgeführt Er hatte sich
PfeffertuchensTeig verschafft und den
selben heimlich auf die Rückseite der:
vielen anwesenden Pierrole streichen
lassen. Großer Standal König wü
them-.
si- se (
Den 15. Mai. Einer der schlimm
sten Streiche wird dem Kronprinzen
zur Last gelegt: Die Pfosten des
Bmutbettes der Gräsin »O « waren
durchsiigt. Allqetneine CntriiftungL l
i
sei-i !
Es folgen im Buch wieder allerlei
Toilettheheimuisse, z; B. wie inanI
die Schönheit der Bitfte erhöht, wie -
Reispulver und Rot-ge angewendetH
wurde usw Doch ich bin distrei.
Jch tomme nun zu einem Theil des !
Buches, welcher durch Wasser gelittenl
haben mochte, denn die Blätter waren
zusammengellebt und ich war eben da
bei, sie mit einein Messer zu theilen.
als sich eine Hand aus meine Schulter
legte. Erschrocken suhr ich herum. Es i
war mein gelehrter Freund, welcher»
im Schlasrock hinter mir stand. Der- i
set-de hatte, da sein immer unter der i
Bodentammer lag,e en Geräusch überi
sich gehört, und da er nicht wußte, daß i
Jemand im Hause war, einen Ein
dringling vermuthet und nun tam er
nachzusehem »Was machst Du denn
hier, mein JungeC redete er mich an
»Ich lese Briefe meines Vaters«, gab H
ich zur Antwort. indem ich ihm einige
der Schreiben überreichte Er las die
selben aufmerksam, dann sagte er:
-.,Junge. wenn Du je solche Briese
xchreiden tiinntest - !« Jch hat« ver
acht.
Nun überreichte ich ihm auch das
Buch. »himmel!« ries er dann, »das
sind ja Staatsgeheimnissel Die Ver
öfsentlichung derselben könnte einen in
Teufels Küche bringen, in dieser Zeit
sdet Reaktianl·' Er war wohl liber
ängstlich, der Gute. Jch wies auf die
Stelle im Buche, die den Ausspruch
der Königin Deutschland betreffend
enthielt. »Ja, ties der alte Patriot
entzückt, »auch meine hoffnung aus
Deutschland ist Preußen! und«, fuhr
er fort, .,schade, schade, daß eine solche
Frau an einen Schwächling, wie- es
Friedrich Wilhelm der Dritte was-, ge
bunden sein mußte t«
j Dann naan et das Buch aus inei
net hand, legte es in den Schrank und
;vekschloß diesen. «Das ist leine Let
’tiire site Dich, mein Freund, komm
—in mein Zimmet.« Jch folgte. Unten
Ullgcllllllcllclh Mganll III »Du Hast
mich in lehter Zeit sehr vernachlä; t
Hbist Du meiner Lehre entwa -en?
Freilich, Du bist nahezu sliigge und
Idas alte Nest wird Dir zu enge.
Doch«, fuhr er sort, »Du sollst die
sschöne Zeit wegen Kleidermangel nicht
Idertrauerm sieh, hier hängt mein Kan
jdidatensAnzug es wird Dir passen,.
) denn Du bist groß geworden, ziehe ihn !
,an und geh’ zu Deines Gleichen.'« Jch s
sträubte mich ein wenig, zudem ichs
wußte, daß dieser Anzug der einzige’
»war, den der Gute besaß, aber er ließ .
snicht locker. «Mach keine Umstände,i
»Du warst ja immer mein Alter ego, sei «
;es auch mal in meinen Kleidern!« s
Bald war die Metamorphose betont-;
stelligt, ja ich fand sogar ein Zwei-i
Jgroschenstiick in der Westentasche. Ich i
jiwollte es zurückgeben denn ich- wußte« s
Tes war die Hälfte seines Vermögens.
Jsdoch er wehrte ab: »Laß nur«, sagte
»er, »Du mußt doch Taschengeld ha
ben!« Mit diesen Worten ging er an
sein Pult, und w"hrend er im Schlaf
rock und Pantos el in Unterhosen an
seiner »Borgeschichte Roms« schrieb,
sigurirte ich in seinem Frack als junger
Künstler bei Schulzens in Moabit. «
i Meine Kleidernoth hatte indessen
lbald ein Ende, denn ich war bald so
weit, ·mir. indem ich nach Feierabend
Arbeiten ansertsigte, einen Anzug zu
kaufen. Als ich nach Ablauf meiner
«Lehr-zeit in die Fremde ging, gab mir
»der Freund seine llhr zum Andenken
»Mde sie Dir nur glückliche Siunden
zeigen!« sagte er zum Abschied.
s Ich war jetzt skiigge geworden. Tag
alte Nest wurde vernachlässigt und Bo
denkammer und Buch vergessen. Nur
als wir einst umzogen und das Ge
riimpel nebst Schrank beinahe verars
sen wurden, erinnerte ich mich der
Briestasche und des Buches. Jch ret
tete beides und bat die Mutter, mir
beides zu schenken. Sie that es.
Als ich nach Amerika ging, lief- ich
Tasche und Inhalt bei einer mir nahe
stehenden Person und diese brachte ei»
als sie mir folgte, mit nach Amerika.
Hier ruhte beides Jahre lang in mei
nem Bücherschrank Erst vor einian
Jahren, als ich beschloß, etwas zu
schreiben, holte ich es hervor, mai-me
mir für meinen Zweck die nöthigen
Notizen und verschloß alles wieder.
Ich war sehr krank, als ich vor zwei
Jahren New York verließ. Vorher kiab
Ich den Auftrag. aue unnvthigeanmer
nnd Papiere zu verschenken und zu
verbrennen. Man that dds gründlich.
Man verbrannte nicht nur wehrt-»se,
sondern auch werthvolle Sachen, nir
unter meine Leaitimations-Padisk-re.
Jch tnußde, als ich kürzlich solche
brauchte. mir Duplitate beschaffen.
Die alte Brieitalche verblieb mir nle
aber als ich sie öffnete, war das Vlch
verschwunden. Nur die Notizen und
mein gutes Gedächtnis festen miai in
den Stand, Vorliegendes zu schrein-en.
Ein- schwarzes Kapital
Ich habe drei Königreiche, lannii du
darin leinen anderen Platz finden?«
rief Jakob l. von Großbritannien der
Fliege zu, die sich ——— was man sofort
errathen wird sauf seine Nase gesetzt
hatte. Fürsten und Fliegen! Manche
lchelmilche Aneldote bringt beide W
fammen,um uns scherzend zu beweisen,
daß jenes fchtvarzeSommergesindel so
zusagen allmächtig ist: »Zum Hentck,fo
dectt doch den Fliegen besonders!« rief
Schilleri Widersacher, der Heron
Karl von Württemberg, als ihn die
Fliegen beim Mahle im Darin-inbe
baus belästigten Flugs deckte die
lchmucle Wirtin den zweiten Tisch.
woran sie lächelnd vor den Landes-va
ter bintrat mit den Worten: »Befehlen
nun Ew. Durchlauchi, daß die Fliegen
sich hinseheIW Die Fliegen, das weiß
sama ja. find eben nur einem einzigen
Fürsten unterthaus—«und zwar keinem
irdischen. sondern dem höllenfiirstem
Beelzebub, das schöne Wort, beißt ja
nichts anderes all Fliegenlöntg.
Die Rücksichtslofigkeit, mit der die
Fliegen das menfchliche Geschlecht in
allen feinen Vertretern, hohen fvie ge
ringen, verfolgen und bedrängen, hat
diesem Geschlecht wie es scheint, doch
ziemlich imponirt. Jcn Alterihum we
nigstens ließ man um das dunkle
Hciupt der Fliege geradezu den Glo
tienfchein der Heldenhastigleit erstarb
1en. Sie galt als eines der muthigften
Geschöpfe Selbst Homer hat ihr diese
ehrenvolle Auffassung zutheil werden
lassen: Als Menelaos im Kampfe die
Pullus Athene anflehi um neue Kraft,
du verleiht ihm die Göttin ins Herz:
»Der Flieg’ unerfchrockene Kühnheit,
Welche, wie oft sie auch immer vom
menschlichen Leibe gescheucht wird,
Deckt- anhaltend ihn sticht, nach Men
fdienblute sich sehnend.«
Aber die große Anziehungslraft, die
der Mensch — und leider gerade der
furiusende — auf das Fliegengeschlecht
»aus-nor, wußten na- dte alten Griechen
auch noch aus andere als heroische
Weise zu deuten: RichtBlntdurst, Ei
gcnsinn und unermüdliche Kampflust
veranlassen die Fliege, dem Menschen
nueder und wieder zu nahen, sondern
ein Drang viel zarterer Natur zwingt
sie zu diesem Gebann.
Es war nämlich einmal —- so er
zähl: Lukian in seiner Lobrede auf die
Fliege —- ein schwarzgelorltes, reizen
dee Mädchen, das auf den Namen
kILirkja hörte. Diese niedliche Kleine
entbrannte eines Tages in Liebe zu
»dem schönen Endymion und ward da
jdnrcli die Nebenbuhlerin der Göttin
-(Eelene. Da sich nun das Schwarz
köpschen den lieben langen Tag mit
Summen und Singen in der nächsten
Nähe des Geliebten zu schaffen machte
und sich ununterbrochen erlaubte, durch
Neuereien seinen Schlaf zu stören, ver
iusandelte die grollende Selene es eines
Tages in jenes schwarze, summende
Wesen, das man im alten Griechen
larde tha nannte, und das sich noch
heutigen Tages in wundersamer Zu
neigung zu schlummernden Menschen
ganz besonders hingezogen fühlt. .
Leider besteht nicht viel Hoffnung,
daß diese liebliche Sage dieGemiither
iktthren und den Fliegen- gegenüber
milde stimmen möchte. Viel energi
scher als einst bekämpft man gegen
wärtig die Fliege. Wir fürchten heute
in ihr den Verschlepper von Krani
hritsleimen —- und den Schaden, den
z. B. aus dem Lande draußen die
Stallsliegen dem Thierhalter zufügen,
versteht der moderne Gelehrte ziffern
mäßig nachzuweisen. Wissenschaftli
chenUntersuchungen zufolge verbraucht
beispielsweise ein Pferd durch die
ständigen Abwehrbewegungen, zu de
nen jene Plagegeister es zwingen, täg
lich soviel Kraft, als ihm durch ein
Pfund Hafer zugeführt wird. Wir
wollen durchaus nicht aufzählen, was
die Fliegen sonst noch aus dem Kerls
holz haben. Genug ist es jedenfalls-,
denn der energische Rus: »Musra de
lenda!« (Die Fliege mus; vertilgt wer
den!) hat allgemeinegWohlgefallen ge
sunden. Dieses Wort stand als Titel
aus einer preisgetrönten Arbeit über
die Massenbertilgung von Fliegenlars
ven. Musen delenbal Fliegenseinde
brauchen aber deshalb noch nicht zu
srchloclen und schmunzelnd im Geiste
schon das Pavillönchen zu erblicken, in
dem man einst in irgend einem Natur
schutzpark die letzten, mühsam am Le
ben erhaltenen Fliegen gegen Ein
trittsgeld zeigen wird· Wenn »der
sunemer heisz wird«, und wenn alles
gut geht, soll eine einzige Fliege eine
Nachtommenschaft von 25 Millionen
Individuen bekommen können. Selbst
wenn diese Berechnung etwas zu gün:
stig ausgestellt wäre, und selbst wenn
der Mensch dafür sorgt, daß nicht al
les gut geht, braucht Myjas Geschlecht
also um seine Zulunst noch· nicht allzu
bange zu sein.
Ueber diese seine Zukunft läßt sich
natürlich sonst nichts sagen» Seine
Vergangenheit aber können wir über
schauen, nnd in ihr sindet steh —- wie
wir schon vorhin zeigten — manches
Juteressante und Unterhaltsame. Hat
doch die nahe Beziehung zum Teusel,
in die seit uralten Zeiten der Volls
aberglaube die Fliege brachte, eine
ganze Fliegensagenlitteratnr geschaf
fen. Die Fliege galt aber im Volke
auch -—— was ihr mehr Syntpathien
eintrug —- als das Bild des kleinen
Mannes «- des in der Welt Schwa
chen und Machtlosen. Manches Flie
genspriichlein, mauctte Fliegenweigheit
die durch den deutschen Sprichwort
garten summt, klingt darum auch recht
sliegensreundlich Gleichwie man im
Orient sagt: Verachte nietnals lleiner
Feinde Haß, es sind schon große Leute
an einer Fliege erstickt! so heißt es auch
bei uns: Man muß auch eine Fliege
nicht verachten. —- sileine Fliegen ste
chen große Leute —- Auch eine Fliege
hat ihren Schatten — Auch eine Flie
-ge hat ihren Zorn. Anerkennend sagt
auch der Vollsmund: ,,Wo ein Adler
nicht hindurch kann, da findet eine
Fliege zehn Wege.« Allerdings, so
bald die Fliege sich nicht mehr damit
begnügt, von unseren Speisen nur zu
nippem sondern vor lauter Gier in sie
hineinfällt, dann ist es mit der Flie
gensreundlichleit vorüber. ,,Eine
Fliege«, heißt es, »ist ein ileinesThier,
doch schwimmt ste« in der Suppe, so
wird mit schlimm von iht.«
Aber wahrscheinlich will dieses
Bei-schen doch mehr humoristisch als
tragisch genommen werden. Launiger
Fliegenwörtchen gibt es ja auch eine
ganze Reihe. Eines der drolligsten ist
zweifellos das Kompliment, das man
im Schwabenlande einem hübschen
Mädchen macht, indem man sagt: »Du
hascht e G’sichtle, d’ Fliege lönntet
schlipse!« Das heißt also: Ein so glat
tes, blissaubetes Gesichtchen, daß so
gar die Fliegen Gefahr laufen, dar
auf anszugleiten
T. v. Altwallslädt.
du- Erde
Ztoeieinhalbe Milliarde neues Gold
werden jährlich aus der fchiitzebergens
denErde gewonnen, aber wohin ergießt s
sich nun dieser funkelnde und glänzen
de Strom? Wieviel davon kommt in »
unsere Taschen? Wieviel wird verar
beitet, wieviel wird von den Staaten ;
und den großenBanten zurückgehalten?
Auf all diese Fragen gibt ein inhalts- »
reicherAuffah von L. de Launay in der
französischen Zeitschrift Nature Ant- !
wori.
i
i
i
i
Was wird aus den Sonst-rissen
i
i
Was zunächst die Vertheilung der
Goldproduition auf die einzelnenLän
der der Erde angeht, so find nach der
neuestenStatisiit von 1910 von den
242? Millionen Gold, die in diesem
Jahr gewonnen wurden, 807 in »
Transvaal gefördert worden. 497 «
Millionen in den Ver. Staaten, 85()«
in Australien, 66 in Rhodesia, 59 in »
Kanadm 55 in Briisch-Jndien, 19 in -
Westasrita und· 7 in Englisch-Guyana.
1850 Millionen oder L der ganzen
Goldmenge kommen also aus Ländern
des grofzbritannischen Reiches. Diese
einzige Thatsache genügt schon, um zu
erklären, warum der Markt fiir unbe
nrbeiteiesGold fast ausschließlich Lon
don ist, trotz der mannigfachen Versu
che, die seit dem Transvaalkriege un
ternomtnen worden sind, um einenTeil
dieses Goldhandels nach Frankreich
und nach Deutschland zu ziehen. Die
größere Schnelligkeit der englischen
Schiffahrtslinien und eine seit alter
Zeit gefestigte Organisation des Han
dels kommen hinzu, um den Goldhans
del in London zu zentralisieren und
ihn zum Monopol einiger Weniger zu
machen.
Fast alles unbearveitete Gold geht
zunächst in der britischen Hauptstadt
durch die Hände von vier oder fiinf
Raffinerien, die aus den Goldbarren
oder dem Goldstan ein homogeneö
Metall herstellen, das sich zumSchmel
zeu, zur Ausniiinzung und zur Verars
beitung gleichertnafzen eignet.
In dieser Form nun wird das iztow
seinen beiden hauptsächlichsten Bestim
mungen zugeführt, nämlich der Verirr
lseitung in der Industrie und der Aus
iniinzung Wieviel Gold jährlich durch
diese industrielle Verwerthung ver
braucht wird, ist sehr schwer festzustel
len. Einmal, weil es sich dabei um .
Privatindustrien handelt, dann aber»
auch, weil innerhalb der einzelnen Jn- «
dustriezweige nicht angegeben werden
tann, wieviel neues Gold eingefchmols
zen wird und wieviel Gold, das von
außer Kurs gesetzten Münzen oder
alten Goldsachen herstammt. Unge
fähr läßt sich feststellen, daß der Ver
brauch der französischen Industrie an
Gold 40,0()0 Pfund beträgt. Jn
Deutschland sind die Hauptplätze fiir
Goldbearbeitung Hamburg, Frankfurt
a. M., Freiburg und Pforzheim. Der
Goldverbrauch der deutschen Industrie
ist 34,000 Pfund. Den größten Gold
verbrauch für industrielle Zwecke haben
gegenwärtig die Ver. Staaten mit
1()0,000 Pfund. Die Schweiz verar
beitet jährlich 22,000 Pfund, Russland
1'-«·,200 Pfund, Oesterreich-Ungarn
10,000 Pfund u. s. w. Jm ganzen
rrurde im Jahre 1907 wenigstens eine
Menge von 400,000 Pfund siir den
Handel mit Goldsachen verarbeitet,
eine Menge die etwa 80 Prozent der
gesamten Produktion ausmacht.
Diese Zahl ist aber nur eine sehr
ungesähre Schätzung, die sicher zu ge
ring ist« denn es sind dabei nicht jene
Schätze in ungemünztem Gold gerech
uet, die im Orient ausgespeichert wer
den. Jn Jndien besonders sind unge
heure Reichthümer rohen Goldmetalls
vorhanden, deren Menge verheimlicht
wird, die man aber auf 50 Milliarden
schätzen kann nd die sich immer noch
vermehren. Eine merkwürdige Form
des Goldverbriiitches, die ebenfalls bei
der Schätzung nicht berücksichtigt wer
den kann, findet sich in China. Die
Chinesen verbrennen in wichtigsten
Augenblicken des Lebens Goldblättchen
von nicht unbedeutender Größe, und
dieser Brauch ist sehr ausgedehnt
Viel genauer lassen sich die Gold
mengen feststellen, die von dem Münz
wesen der Erde verschlungen werden.
Weit entfernt davon, das ganze neue
Gold zu verbrauchen, sind sie doch von
1887 bis 1907 so groß gewesen, daß
sie die ganze Goldprodultion des Jah
res beinahe erreichten. So kommt man
zu der paradoxen Tatsache, daß in die
sen zwanzig Jahren mehr Gold zu
Münzen geschlagen wurde, als der
jährliche Ertrag der Erde lieferte. Je
denfalls genügte bis zum Jahre 1907
die jährliche Goldproduktiom die gegen
zwei Milliarden betrug, nicht, um den
stets wachsenden Goldhunger der zivis
lisierten Welt zu befriedigen. Erst seit
1907 läßt sich eine mäßige Uebers-ro
duktion konstatieren, die die Reserven
der großen Geldinstitute verstärlen
muß.
Fragt man, wohin das neue Gold
geht, so läßt sich- anttvorten, daß etwa
ein Drittel davon von der Goldwaren
Industrie verarbeitet wird. Von dem
übrigen Gold, das auggemiinzt wird,
kommt aber nur ein sehr geringer Teil
in die Portemonnaies der Privatleutr.
Ein sehr beträchtlicher Teil bleibt in
den Tresors der großen Staats-danken
So mußten in den zehn Jahren von
1900 bis 1910 bei einer Gesamtmenge
von J9Milliarden mehr als 9 Milliar
den dazu dienen, die Reserven zu ver
stärken. Frankreich vergrößerte seine
Reserven von 2480Millionen auf3224
Millionen, Rußland von 1888 auf
3261, die Ver. Staaten von 8088 aus
6581. Da auch die großen Privat
institute einen bedeutenden Teil des ge
miinzten Goldes zurückhalten, so ist es
nur eine verhältnismäßig kleine Gold-·
menge, an der der gewöhnliche Sterb
liche Sterbliche einen größeren oder
kleineren Anteil haben»kann.
orskcht beim Näh-m
»Der allgemeine Brauch, den Nähfa
den in den Mund zu nehmen und mit
den Zähnen zuzuspißem giebt zu ern
sten Bedenken Veranlassung« Abgese
hen davon, daß manche Farben, die
zum Färben der Nähseiden und stir
ne verwendet werden, an sich schon gif
tig sind, kommt es auch vor, daß die
Seiden, um das Gewicht zu erhöhen,
mit Blei oder Quecksilber getränkt resp
beschwert werden. Gelungen auch nur
kleine Mengen dieser Gifte in den
Magen, so kann doch aus die Dauer
der Gesundheit großer Schaden er
wachsen, und man hat ost gar keine
Ahnung, woher Uebelkeit und ge
schwollene Lippen kommen mögen.
Außerdem steht das Spitzen mit den
Zähnen unschön aus, schadet den Zäh
nen und ist zeitverschwendend.
.-—.——
I
Spät, aber doch.
Der überaus leutselige Landessiirst
eines Kleinstaates besucht den wegen
seiner urtviichsigen Grobheit bekannten
Fslegeltvirth im strengsten Jnkognito,
um sich einmal von dessen derbem Hu
nior zu überzeugen. Vergebens aber
waren alle seine Versuche, den ruppi
gen Menschen aus seiner Reserve her
auszuloetern Die ärgsten Provokatios
nen, die er bei jedem Andern zweifel
los mit den urwüchsigsten Grobheiten
quittirt hätte, prallten heute an dessen
achtungsvoller Ergebenheit wirkungs
los ab. Endlich erhob sich Durchs
laucht, legte ein Goldstück aus den
Tisch und entfernte sich mit den Wor
ten: »Sie sind doch der bekannte Fle
gelwirth, wie kommt es denn, daß
Sie heute so böslich waren?«
»Ich, moanst, Durchlaucht«, entgeg
net der, sich verlegen den Kon
tragend, ,,i woasz net daß ma net mit
jed’n Trottl arob sein därf!«
Ja Ernianaelnna.
»Sag mal, Liesc, hat unser Junge
nicht wegen irgend ’was Priigel ver
dient?«
,,Priigel? Wieso?«
»Na, morgen ist doch sein Geburts
tag, da miissen wir ihm doch etwas
schenken.«
»Nun ja.«
»Na, vielleicht hat er wegen irgend
etwas Prügel verdient, dann schenken
wir ihm die.«
tiefem-unmit.
Fräulein: ,,Denken Sie, eine Freun
din von mir lernte vor drei Monaten
einen Herrn kennen, heute sind die
Beiden schon verheirathet!«
« Dichter: »Das ist noch nichts; ich
habe in acht Tagen einen Roman ge
schrieben, in dem sich drei Paare ken
nen lernen, sich verloben und verhei
rathen!«