Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, September 22, 1911, Zweiter Theil, Image 10

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    Gib mich frei
- -W CHme
RUMWI U
Ein Roman aus dem
Toben
Von
Hedwig Eourthsimahler
I------------s
(1. FortfehungJ
, IMM- Dechingen hatte sich inzwi
-e-gu von Lifas Onkel verabschiedet
kk Limhach war ein mittelgroßer,
M Meister Here mit graumelier
M Haar und Bollbatt. Seine gut
, Wgen Augen ruhten mit Wohlge
fasku auf Ronalix Er klopfte ihn
M die Schultern. ·
-Daan wänfch’ ich Euch« glückliche
Reise, Kinder. Gtiiß’ mit ie Lifa
M einmal herzlich, mein Sohn —
Ind fei gut mit ihr. Das Külen ist
weh ein bißchen still und verfchiickp
fert; weißt ja, wie meine Frau mit
ihr umsegangen ift. Aber sie wird
sich schon tausmachem wenn sie sich
um« etft nach herzenslust regen lann,'«
fang er väterlich.
Reue-w blickte mit ernsten Augen
in sein Gesicht
.Jeh will alles thun, was möglich
iß. um Lifa glücklich zu machen«
«Glauh’ ich Die, Ronald. Du bifi
ein ehrlicher, vernünftiger Mensch;
und ieh habe von Anfang an Vet
ttauen zu Die gehabt, obwohl mit
Nicht entgangen ist, daß meine Frau
ein bißchen mehr als nöthig Vorse
hmg gespielt hat· Die Lifa hat Dich
lieb, —- na — und Du wirft gut mit
ihr sein«
Sie reichten sich stumm die lHände,
nnd Royald ging durch den Saal.
Mallwis vertrat ihm den Weg.
»Willst Du auch schon echappiren,
Opnaldt Jch sah Deine junge Frau
schon vor einer Weile verschwinden.«
.Eine halbe Stunde hab' ich noch
Zeii.«
.Famos; dann können wi-. noch ein
wenig schwatzen miteinander. Jn
zwifchen wird hier der Saal zum
Tanzen eingerichtet. Komm, wir
suchen einen stillen Winkel, wo wir
ungestört sind.«
Die herren fanden aber nirgends
ein solches Fleckchen.
»Weißt Du was, —- iomm mit
hinauf in mein Zimmet,« schlug
Fnswis vor. »Da können wir in
user Gemüthlichteit noch eine Ab
schiedzpfeife rauchen. Brauchst dann
gar nicht in den Saal zurück. Oder
hsft Du Dich noch nicht von Deiner
Mutter und Schwester verabschiedet?«
«Doch, das ist bereits geschehen.
Alls tomm.«
Sie schritten Arm in Arm hinaus
und begaben sich in Mallwiß’ Zim
Py das er seit dem vorigen Tage
bewohnte. Ali sie eingetreten waren,
schob er Ronald einen Sessel hin.
..So, mein Alter, —- nun nimm
Wah. Da sind auch Zigaretten und
Feuerzeug. Die erste Zigarette ais
Eben-ann, —- bm — wie schmeckt sie
denn?«
Er wars sich in einen andern Ses
sel und sah forschend in des Freundes
Gesicht IN
f «Dante,« antwortete dieser kurz.
Mallwid atbmete tief aus« Dann
sagte er ernst: .
» »Weißt Du, —- wie ein fröhlicher
Wter hast Du heute den ganzen
Jag- , nicht ausgeseben Mensch,
MU- Dich doch ein bißchen zusam
m. ,
« Malt- lachte hart auf und subr
iich iiber die Stirn. . ·
»Ich hab’ weiß Gott das Mög
lichste geleistet an Selbstbeherrschung.
I Denkst Du vielleicht, mir ist rosig zu
Weiche? Der Noth gehorchend, nicht
« dem eignen Triebe, — so bin ich in
diese Ehe gegangen.«
«Weiß ich ja, Ronald. Aber irr-h
dem, — Du hast bei alledem noch
Glikch Deine Frau ist gar nicht so
übel. Nach Deiner Beschreibung
hatte ich eine ganz andere Vorstellung
M ihr. Reizlos, unbedeutend, inde
Ient; nichts weniger als hübsch, ge
macklos in der Kleidung, — so hast
sie mir geschildert Jch kann nur
Hen, daß sie heute sehr hold und
bkech aussah in ihrem weißen
seit-. Eine Schönheit ist sie freilich
IM; aber sie kann sich noch recht
hsbfch herausmachem Du hast sie
entschieden unterschätzt.«
»Zum Kerl, Du willst mich trö
Hen. Aber sprich nicht zu laut; npn
könnte uns im Nebenzimmer hören«
Wllnbesorgt — rechts bin ich ohne
Nachbar; das Zimmer ist unbewohnt,
nd linll ist mein Schlaszimmer. Es
Jst-i uns kein Mensch.
»Beste besser. Uebrigens, um noch
- einmal aus meine Braut —- ober Frau
—- zu kommen: Du kannst über ihr
sie-sehen nicht ersiaunter sein als ich
ich. im Brautkleid wird die
chsiezvetschsnt und der Kranz
»Mqu gräßlich geschmactlose
Die häM sie nur sonst se
sicut Sie kleidet sich nach den
nnd Biinschen ihrer Jrgg
—iesglanbtich Die theatr
W kostbare Stoffe von
ek- stät-Maine Sinäeåndk Ver
W met
M, as M sie geiiehene
m H ji est-m um
IIW gis-IN W
.
O
Dame ist mir sehr unsympathisch
Aber wir dürfen nieht vergessen, daß
sie es war, die Dieh aus einer scheus
lichen Metatne befreite. Es war
höchste Zeit für Dich, daß Hiiie kam.
Armee Kerl, ich hatte Angst unt Dich.
Nun weiß ich Dieh geborgen. Die
Lilli Sondern hättest Du doch nicht
heirathen können. Und offen heraus,
— ich hätte es Dir auch sieht ge
wünscht Sie ist zwar ein bezaubern
des Geschöpf, aber so viel ich- beur
iheilen kann. sein wetthdoller Mensch.k
Ronwld seufzte.
»Es war auch gar keine Gefahr«
daß ich sie heirathen würde. Sie ist
ja arm wie ich. Ich will mir auch
Mühe geben, sie zu vergessen. Seit
hechingen unter den Hammer kam,
wußte ich, daß ich sie vergessen muß.
Was hätte das werden sollen! Meine
Mutter und Lotte. die können doch
nicht hungern. Die paar Kröten, die
aus dem Verfall gerettet wurden.
stiften kaum ihr Leben. Nie mußte
ich nach Vaters Tode ohne Zulage
ansiotnnten und tnieh von meinen
Schulden mästen. Elender Zustand,
—- ieh danke.«
»Na, nehn Du, da hin Du wa- jetzt
sein heraus. Donnerwetter noch
mal« —- bon drei Seiten ist Deine
kleine Frau mit Geld und Gut erblich
belastet. Und da machst Du noch ein
Gesicht, als sei Dir die schönsie Pe
tersilie verhagelt,« sagte Mallwiß in
gutnriithig zuredendern Tone.
»Laß nur gut sein, strapezier’ Dich
nicht. Kurt. Trotz allem ist mir
schauderhast zu Muthe.«
Herrgott ja, —- aber Du wirft die
blonde Lilli bald vergessen, und dann
wird noch alles gut.«
Ronald fuhr sich nngestiim durchs
ar.
»An Lilli denke ich dabei Irr nicht.
Das muß abgethan sein. ber da
von ganz abgelehem Daß ich mich
verlaufen mußte, das zehrt an mir.
,Herrgott, das verfluchte Geld! Es
smacht einen zum Narren oder zurn
;Schurten.« , -
j Mallwis dachte an Lottes Aus
spruch: »Das Geld ist eine goldene
Wünschelruthe.« Ein wehmüthiger
Ausdruck erschien in seinen Augen;
aber er rasste sich auf, um dem»
Freund aufzuhelfem s
»Nun, nun, mein Alter, sei doch;
Tnicht sa rabiat. Wirst Dich ja. wie;
ich Dich kenne, Deiner Frau gegen-’
Idee als anständige Mel aus der
Ufsire ziehen.«
Ronald war ausgesprungen und.
blieb vor ihm stehen. s
»Als anständiger Kerls Nun ja; ich
werde sie selbstverständlich nicht ent
gelten lassen, daß ich sie nicht liebe. —
das arme Ding! Aber sie liebt mich,
—- siehft Du; das ist der Fehler in
meinem kühlen Rechenexernpei. Jn
ihren Augen liegt eine so schauten
lose Ergebung und Jnnigieit, ein so
unbegrenzteö Vertrauen, wenn sie
rnich überhaupt ansieht, — denn meisi
hält sie die Augen gesenkt. Solche
Blicke quälen mich unbeschreiblich.
weil sie rnich daran wohnen, was ich
ihr schuldig bleiben muß. Wenn es
wenigstens auch von ihrer Seite eine
Vernunftheirath gewesen wäret Das
lhatte ich ja angenomniem als mir ihre
Lcllllc is velllncy Avuiurn lciuusc
Jch glaubte, Lisa gelüste es, Baronin
Stolle-Hechingen zu werden. Aber
später überzeugte mich ihr Verhalten,
daß mein Name ihr ganz gleichgültig
ist« —- dasz sie mich liebt. Unter der
Beihilfe der Ronsulin ging alles wie
am Schnürchen; und meine Mutter
war selig, daß ich mich entschloss, um
Lisa anzuhalten. Hätte ich vorher ge
wußt, daß mich das stille scheue Ge
schöpf «liebi, — ich glaube ich hätte
mich noch in leßter Stunde besonnen.«
»Das verstehe ich nicht, Ranaldz
das lann Dir doch nur lieb sein.«
Ronald lachte bitter auf.
»Sieh sein? Ja, begreisst Du denn
nicht, wie eibiiriskich ich mir var
iomme, wenn ich heucheln und Komö
die spielen muß, um sie nicht ung Mii
lich zu machenit Schauderhasil Wie
eine Kette legt sich »das unt mich. So
einsach wäre es gewesen, wenn sie
gleich mir mit iiihler Berechnung in
die Ehe ging Dann stand man aus
iametadschasilichem Standpunkt mit
ihr. Aber so! —- Den Berliebten
spielen, lügen, beucheln, —- vpr sol
chen gläubige-i Kinderaugen, die wie
zu einem Gott zu einem ausschauen.
Das erniedrigt mich vor mit selber,
und darüber komme ich nicht hinweg«
»Du nimmst das entschieden zu
Hengksch anald Sei doch ver-täus
iig Deine Frau liebt Dich und ist
glücklich. daß sie Die angebiiren kann
Gliick ist doch in den meisten Fällen
Illusion. Erniedrigi brauchst Du
Dich wahrhaftig nicht zu fiihlenf
»Du meinst es gut, Kutt; ich weiß
aber daß Du in meinem Falle genau
ss empfinden wittdesi wie ich Sieh,
wenn ich Lisa im Arm halte und
siihle, wieiheheezssimi get-das
Its-W Mk- uiit vor
sie ein Uns-ins Il- Junae satte
ich mal ein n gefangen
steh fählte tn meiner Dant- das angst
volle hetztlopfen des Thierchene. Dies
ging mit wie elektrische Schläge durch
den Körper-. Die Angst des Jhietk
chens theilte sich mit mit, und doch
gab ich es nicht frei. Nur um so fe
ster hielt ich es umschlossen; denn es
war mit ein etstrebenswetthet Befes.
Nach wenig Tagen war es todt, S
weil ich ihm die Freiheit nicht wieder
gab. An das Rothtehlchen muß ich
immer denken, wenn ich Lifa im Arm
halte. Genau so elend ist inte gn
Muthe, wie damals, als das Noth
iehlchen leepitt war. Schön ist das
nicht.«."
»Wenn Du Dich in solche Stirn
mung hineinkedesi, dann machst Du
Die alles noch viel schwetek.«
Ronald stöhnte auf und streckte die
Arme wie verlangend and.
»Hei-matt im himmel, — wiite ich
doch frei, frei! Könnte ich diese legten
Wochen ungescheben machen,« tief ee
mit qualvollem Ausdruck
Mallwig trat mit besorgtetn Se
iicht neben ihn.
)
)
Halse Dich. Ronald. Jeßt mußt
Du durch. Aslso muthig vorwärts, —
es hilft nichts-. Und nun ist es wohi
Zeit siir Dich zum Umlleiden.« i
Nonald richtete sich auf und fuhr
sich mit der Hand über das hlalse Ge-«
ficht »
»Du hafi recht, —- ez hilft nicht.«3
sagte er bitter. .
Jn demselben Augenblick hörten sie!
eine Thiir in das-Schloß fallen. i
»Still, —- da trat jemand in das;
Nebenzimmee,« sagte Malltoih war-H
nend.
»Du sagtest doch, es sei unde-?
wohnt.« 1
»Weil-ishr in ein Zimmkkmadchxui
eingetreten. Jedenfalls sprich nichtl
mehr so laut.« i
»Ich habe auch nichts mehr zu sa
gen.·'
Mallwiß faßte seinen Arm.
.Es thut mir furchtbar leid. daß
ich Dich in so deprimirter Stimmung
sehe· Ader ich hoffe, Du siihnst Dich
bald mit Deinem Geschick aus. Deine
Frau ist doch ganz nett, weder häß
lich noch dumm und unleidlich. Sie
besiht ein reiches Gemüth und Her
zensgiitr. Vielleicht fällt es Dir gar
nicht schwer, sie liebzugetoinnen..
Aber nun musz ich Dich wirllich fort
lchickm«
Ronald reichte ihm die hand und
zwang lich IY einem Lächeln. »
»Hei-muss nicht ich-, daß ich Dies
gequiilt habe mit meiner Jeremiadr.
Aber es mußte einmal herunter vom
herzem Und wem soll ich mich sonst
anvertrauen? Lotte sorgt sich ohne
dies um mich, und meine Mutter —
die ist so aliiulich daß ich nicht den
Rock ausziehen und über den großetJ
Teich gondeln mußte. Also hast Du;
still halten müssen. Nichts siir un-«
gut — leh wohlt« j
»Auf frohes Wiedersehen in der?
Gewison mein Alter. Eine Empfeh-»
lung an Deine Frau.« »
Sie trennten sich Jnit einem lurzeni
händedruiL Ronold ging« um die
Unisorm mit einem eleganten Reise
zivil zu vertauschen, und Malltoiß
suchte die Gesellschaft wieder auf. !
Unten im Saal spielte die Musik
eben zum Tanz aus, und Lotte?
sechingen lam Mallwik schon entge-;
gen. « .
· s- m
»Dir yaven nory Inn enorm-o gr
sprochen, nicht wahrs«
»Ja, Baronesz.«
«War er sehr bedrückt?« fragte sie
besorgt.
Er lächelte beruhigend.
»Wir haben in aller Gemüthlichleii
eine Ziaarre getaucht. Sie brauchen
nicht lo sorgenvoll auszusehem Jeht
wollen wir tanzen und fröhlich sein,
Baroneß. Jede Minute wollen wir
mit Bewußtsein auslosten« ;
Sie nahm seinen Arm und ließ sich
zum Tanze führen
Ronald hatte sich mit dem Umtlei-.
den beeilt. Schon ooe der verabrede
ten Zeit betrat er das Bestibiib
Draußen fuhr oben der Wagen vor,J
der das junge Paar zum Bahnhof
bringen sollte. Ali der Portier den;
jungen Ehemann erblickte, dienerte er
aus ihn zu und meldete, daß die Urau
Baronin bereits sortgesahren sei. Sie
habe zu Hause etwas vergessen, was
sie noch holen miisse. Der herr Ba
ron möge die Güte haben, den war
tenden Wagen zu benutzen. Die
Frau Baronin erwarte ihn in Her
Villa Limbach.
Ronald sah den Portier erstaunt
an Es roar doch eine sonderbare
dee von Lisa, allein von hier wegzu
ahren.
· »Warum bat meine Frau nicht auf
rnieh gewartet?« fragte er verständ
nißlos. -
»Ich rollte hinauslchicken, um es dem
Herrn Baron melden zu lassen; aber
Frau Baronin meinten, der here Ba
ron sei noclknitht fertig und wenn sie
warte, lotir es zu spät stlr den Zug.
Deshalb ist sie in einer Drosthte iu
IXM
msionald niate tlnn dankend zu und
stieg in den Wagen. nachdem er dem
Kutscher befohlen hatte, nach Pisa
Limbach zu fahren.
Der Pottier ich dem Wagen nach
und blickte dann auf die Uhr.
»Wenn sich die Herrschaften nicht
sehr beeilen, werden sie den Zug ver
säumen,« dachte er besorgt.
Rot-old saß ver-stimmt im Wagen
nnd ärgette sich über-Eises Verhalten.
Statt einfach einen Boten nach Hause
zu schicken, der das Bergessene nach
dem Batzan brachte, fuhr sie selbst
davon und überließ es ihm, ihr zu
folgen. Natürlich kam man zu spät
zum Zug. Daß Frauen nie zur Zeit
fertig werden können!
Er berechnete die Zeit Sie schien
ihm sehr knapp bemessen, wenn er vetz
weiten Weg bis zum hause des Kon
suls in Betracht zog. Nervös biß er
sich auf die Lippen, und die Falten
auf seiner Stirn vertiesten sich.
Lächerliche Situation! Da fuhr er nun
gehorscun hinter seiner Gattin her, die
wahrscheinlich wegen einer unbedeu
kienden Kleinigkeit diese thörichte
i Rundiahrt Averanstaltetr.
; Endlich meet oer Wagen vor ver
jvornehmen Ban in der Karl-Jauch
JnihsStraßr. Ronald sprang heraus
Lund tlingeltr. Ein Diener öffnete
Iihm. Er trat ein.
«Melden Sie meiner Frau, daß ich
hier warte. Sie foll sich heeilen,«
fagte er hastig.
»Frau Baronin sind bereits wieder
fort, — zum Bahnhof Sie fürchtete,
zu fpöt zu tommen. Hier das
Billet soll ich dem herrn Baron über
reichen.·'
Ronald hätte in feinem Aerger fast
eine Verwünschung ausgeftoßen Solch
ein Unsinn don ihr! Statt ihn nun
hier zu erwarten, fuhr sie wieder ohne
ihn fort.
Aergerlich nahm er dem Diener das
iuvertirte Billet aus der hand.
»Es iit gut. Empfehlen Sie uns
noch einmal den Herrfchaften,« fogte
er und beeilte sich, den Wagen zu be
steigen.
»Na-h dem bahrifchen Bahnhof, —
fchnell,« befahl er.
Ersi ais der Wagen davon rollte,
öffnete er das Rudern Eine Visiten
tarte zog er heraus. Bei dem matten
Schein der Laternen, der in den Wa
aen fiel, entzifferte er die wenigen
Worte nnd siarrie wie entgeiftårt
» rauf nieder. Was da gefchrie n
nnd, traf ihn so unerwartet. io nn
vardereitet, daß er.es zunächfts nicht
fassen konnte. Noch einmal las er die
ftiichtig mit Bleiftift geschriebenen
Zeilen.
»Ich gehe Dich frei! Sieh, dafz Du
Aufsehen vermeiden tannsi, —- in Dei
nem Interesse. Sobald ich eine Un
teriunfi gefunden, fende ich Nachricht.
Bitte beruhige Tante und Ontet.
Lifa.«
Was war geschehen? Was follten
diefe Worte bedeuten? Das fah doch
aus, ais hätte Lifa die Flucht vor
ihm ergriffen. Warum? —- »Jch gehe
Dich frei!« Die Worte bohrten sich in
fein Dirn. Eine unheimlich hellem
mende Ahnung ftieg in ihm auf· Aber
er wehrte sich dagegen und wies sie
von sich. -
- is. - . -4 s
Ort-se quekslwpsm Prrurn uui
seiner Stirn. Mechanisch trocknete er
sie ab. Wieder las er die Karte, aber
die Worte blieben stehen« »Ich gebe
Dich frei!« War das nicht lvie eine
Antwort auf feinen teidenschaitlichen
Ausbruch vorhin. Mallwitz gegenüber?
Aber nein, nein. Das mußte ein
Jrrthum sein, der sich aufiiären
würdet Liia würde aui dem Bahnhoi
auf ihn warten und ihm Auftlärung
geben. Er faßte sich mühsam und
steckte die Karte zu sich·
Wie Iangsam der Wagen fuhr! Er
tam kaum von der Stelle. Nahm
denn die Albertstraße gar iein Ende?
Ih,,-—- da fuhr et an der Kirche vor
über, wo er heute mit Lisa vor dem
Altar gestanden hatte. » . . . bis daß
»der Tod Euch scheide.« Er meinte die
"tiare Stimme des Predigere zu hören:
»Bi« daß dev Tod Euch Heide-« —
Und er suhr allein zum Bahnhof.
Gottlob, —- da sah er bereits die
hesetlenchiete Bahnhosiuhr. Nun
war er gleich da und wurde von der
lahmenden Angst befreit. Jhm war
piötiich zu Muthe, ais müsse es eine
ygroße hetzenssreude sein, wenn er
fest seine bteine scheue Frau vok sich
)sehen wiirde wenn ihre großen zärt
lichen Augen ihm so voll Liebe und
Vertrauen entgegensehen wiirden wie
immer.
Aber wenn sie nun nicht da warf
Ein heißer Sbrecien durchsuhk ihn
wieder. Was dann, wenn sie nicht da
war, wenn die Worte aus der tleinen
Karte doch kein Irrthum warens
Der Wagen hielt. Mit einem Sah
war er heraus und itiirrnte aus den
Person. Arn Arrigo-in iam ihm der
Diener entgegen, der dae Gebä- auf
Fepeben hatte. Er hielt ihm bie Fahr
arten entgegen.
»Der sug- ift leider soeben abge
sahren. herr Lamm .
f »Und meine FOR stieß Royalt
hdstig hervor. ,
Der Diener sah ihn verhuht em
« »Frau Baronin sind noch nicht
hier.«
Es ging wie ein schmerzhafter
Schlag durch Nonaldi Körper. Er
faßte sieh gewattsnm.
«Lassen Sie mich doch unstet-ein«
sagte er heiser. »Meine Frau ist in
das Hotel zurück. Wie sahen, daß
wir den Zug nicht mehr erreichten und
werden morgen sriih fahren. Geben
Sie die Fahrtarten her nnd iragen
Sie meine Handtasche nach dem
Handgepäcksehalter. Dann können Sie
gehen. Jeh will mich noch nach dem
Frühzug erlundigen."
»Der Diener grüßte ehrerbietig uni
ging. ·
»Der Herr Baron scheint nicht mehr
ganz nüchtern. Jst wahrscheinlich sehr
fidel bei der hochzeit gewesen.« dachte
er, ahnungslos. wie ganz anders sich
l Ursache rerhieit.
monald sah wie getahmr eine Weite
hinter dem Diener her-, Dann ver
barg er sieh instinltiohinter einer
Säule. bis er sah, daß der Diener sich
entfernte.
Gewaltsam zwang er lieh zur Ruhe
und zum Nachdenken. Was sollte nun
geschehen?
Neh einmal zog er Lifag Billet her
vor und las es aufmerlsam durch.
Wo mochte sie sieh hingewendet haben.
— was mußte lie zu diesem Schritt
drängen?
Er fürchtete, sich die Antwort auf
diese leßte Frage zu gehen. Dann
klammerte er sich an eine neue Hoff
nun . Vielleicht tain sie doch noch
hierser. Jedenfalls wollte ee nach eine
Weile warten. —- Aber sie tam nicht«
Nun hielt es ihn nicht länger. Es
war doch auch msgiickz, ße hatte lieh
in das Hotel zurückbegebem Oder
vielleicht war irgend eine Nachricht
von ihr eingetroffen. -
Er verließ den Bahnhpi, und warf
sich draußen in eine Drei-hin um nach
dem Hotel zurückzufahrem Unterwegs
überlegte er, was er thun sollte. »Sieh,
daß Du Aussehen vermeiden lannit,«
hatte Lifa.,geschrieben. Mehr und
mehr wurde es ihm zur Gewißheit,
daß Lisa geilohen war, —- vor ihm.
— Aufsehen vermeiden? Er gab sich
einen Ruck. Ja, vor allen Dingen
mußte Aufsehen vermieden werden;
niemand von der Weitsgeiellschait
durfte erfahren-»f daß Lisa lieh ohne.
ihn entfernt hatte. f
Er itrengte sich an, um Klarheit in
seine Gedanten zu belomrnem Eine
neroiise Unruhe hinderte ihn immer
wieder daran· Schließlich nahm er
sich vor, steh vom Augenblick leiten zu
lassen.
Den Wagen ließ er halten« bevor er
das Hoteil erreichte und ging die kurze
Strecke zu Fuß bis dahin. Als er
das Vettibiil betrat, kam ihm der
Portier beitiirzt entgegen.
»Herr Baron haben den Zug ver
säumt?« fragte er erschrocken.
Ronald wußte nun, daß Lisa nicht
zurückgekehrt war. sonst hätte das der
Portier gewußt.
Erng diesen beileite.·
»Sie haben recht; wir ramen zu
spät zum Bahnhos. Meine Frau ist
gleich nach Hause gefahren-»wir reisen
nun erst morgen. Aber wir möchten
nicht, daß die Gesellschaft davon er
sährt.«
»Seht wohl. Herr Baron, ich ver
stehe,« sagte der Portier verständ-riß
voll lächelnd. ;
»Schön Jch werde die Nacht
wahrscheinlich hier im Hotel bleiben.
Sie haben doch ein Zimmer stei?« »
»Gewiß. herr Baron tönnen das
selbe Zimmer wiederhaben, wie dieser.
Tage: es ist noch srei.«
»,Gut ich gehe gleich hinaus. Möchte
jedoch Frau Konsnl Limbach benach
richtigen Sie sorgen wohl dasitr.
daß ein Kenner Deren M Maklwis
dittet, zu mir zu kommen, aber so,
daß niemand davon etwas mertt
here von Wallin kann dann Frau
Konsul von dem Zwischensall unter
ttchienf
Der Portier beeilte sich , zu ver
sicheru, daß er alles zur Zufrieden
«deit des Herrn Barons besorgen
werde. Niemand außer herrn von
Mollin wiirde ersahren, daß die
Herrschasten nicht abgereist seien
Ronald begab sieh eilig aus sein
Zimmer-. Ohne hat und Paietot ab
zulegen, wars er sich in einen Sessel,1
nachdem er das etettrische Licht einge-J
schaltet hatte, und starrte vor sich hin. «"
Mallwig harte mit betroffenem Ge
nen lskeiiner erfahren, daß Ronald ihn
zu sprechen wünsche. Erstaunt folgte
er dem Rus. Zum Gliick hatte er den
nächsten Tag sroi und konnte sich nn
bemertt entfernen.
At- er die Treppe hinaus gesprun
aen war und an seinem immer dor
iiberging, kam gerade inna, die
Jungser der Konsulim ans dem Ne
benzirnmen Sie trag einen großen
Larton vor sich her. Mallwsti Hutte.
»Was haben Sie denn dat« fragte
er, aus den Karten deutend.
i
r »Das Bronttleiv der jungen Frau
daroniry gnädiger herr. Frau Ber
ronin hat sieh in diesem Zimmer unt
getteioet und dann noch ein halbes
Stündchen geruht.·
Mann-is machte ein sonderbare
Gestcht ,
»Ist diesem Zimmer? Vorhin?«
«Jn, nor der Abreise, gnädiger
Herr. Und nun will ich das Braut
tieid nach hause schaffen; es soll nach
geschickt werden, wenn Frau Baronin
von ver ochzeitsreise zurück ist."
Mnlltv s ging an ihr vorbei und
stieß leise die Lust zwischen den Zäh
nen hervor-.
«Donnertvetter.« sagte er bestürzt
vor sich hin. , ,
Er eilte, Rom-los Zimmer zu er
reichen, das am andern Ende des
Norridors lag. Noch ganz benommen
trat er bei ihm ein und starrte aus
den regungslos dasinenden Freund.
»Was ist geschehen, Romle Wes
helb bist Du noch hie-? Wo ist Deine
Ironi« .
Ronald wars seinen Hut aus den
Titel-.
»Du fragst mehr als ich beantwor
ten tann.«
Er erzählte in itiegendee Eile, was
er erlebt hatte, seit er sich ron dem
Freunde getrennt.
, Mallwis hsirte mit betroffenem Ge
sichtiausdruck zu. Die Entdeckung,
die er eben draußen gemacht hatte,
schien ihm eine Ertiäeung zu sein iiir
das räthtelhatte Vetschwinden der
jungen Frau. Nun siet ihm auch ein.
daß sie die Thiie hatten in das Schloß
sallen hören. Er überlegte, ob er
Ranatd sagen sollte, was er vermis
thete. Aber dann beschtasz er dach,
damit zu «warten, bis man die Kon
sulin unterrichtet hatte. Die brauchte
vorläufig nichts von jener Unterse
dung zu erfahren. -
Auf Ronalds Wunsch holte er dann
die Muts-tin beraus.
Diese war iasiungslos vor Schre
cken, ais sie Ronald vor sich sah und
hörte, was geschehen war. Kopischiits
tecnd las sie das Billet, welches ihr
»in-math- keichie. Beistand-imm- blickte
isie daraus nieder- und sant in einen
iSesieL
I »Ich kein-he das nicht, Mann
iWas soll das heißen?«
«Jch weiß es nicht,« sagte ee zis
·gernd. .
»Dein Ihr etwas miteinander ges
tsadt, euch gezantti«
»Nein; seit Lisa den Saat verlassen
bat, habe ich sie nicht mehr wiedergese
n «
»Mein Gott, mein Gott. dieser
lEttatt Wenn das ruchbar wird! Lisa
. muß von Sinnen gewesen fein. Was
Hallen wir thun, wo mag sie sich nur
: hingewendet haben?«
; »Ich weiß es so wenig ais Du,
legnte hermine,« sagte Ronatd ton
! p . «
’ Gortsehung iotgt.)
)
i
i
Bein-lex ein polnischet Hansitery trifft
feinen Freund und Konkurrenten Jeiieles
nnd bemerkt in dessen Bart Spuren. die
klug den Genan einer Sie-speise schließen
s cu.
Quinte-" ruft er aus« »ich wette eine
Mach is kann dir sagen, was du haft
.g·ftüWck1 du«-I
.- Angenommen« tJeitrles
»Nu, Ist vu ene en Eier
wascnh r die nrs.« ruft Jesteles, »so
echt-be hkw hab ich gessen e
Der-ina, aber vor acht Tagen b« ich ge
sessen Ei erl«
»Ja im, feifen Sie doch nicht diesen
Mägden åqss ssueenha
»Aber quäd iqe Fran, beim Stiefel
puhe n sann Zih doch nlck n .·Wagmt
l kseiskm der kommt beim Silbepr
um «