D e r K u nftreit ex = Erzählung von Friedrich Gewisska H Wfffvfs (16. FortfetznngJ 16. — Georg ritt langsam den«Weg, den er gekommen, zurück, das Herz aber mit anderen Gedanken erfüllt als de nen, die er fo toll und wild auf schnaudmdem Rosse in den Wald hin ausgetragen Es war die Jugendzeit. die liebe, holde Jugendzeit, die wieder vor feinem innern Blicke emportnuchte, und doch auch brachte sie kein Lächeln auf die zufammengepreßten Lippen, doch drängte sie teine Freudenthriine in fdirs feft und starr auf dem Wege haftende Auge. Erst als sich der Wald lichtete, fah der Reiter wieder auf, und durch feine Umgebung zur Gegenwart szuriietgefiihrt, lenkte er fein Pferd hin ter dem Dorfe weg, urn unten am See Tnach seinen Arbeitern zu fchauen. Er fühlte sich noch nicht ruhig genug, nach Haufe zurückzukehren Die Straße selber, als er sie endlich erreichte, war heute außerordentlich be «lebt, und er erinnerte sich jetzt, gehört zu haben, daß an diefern Abend im Stern zu Schildheim eine Hochzeit ge efeiert werden sollte. Die einzige Toch ter des Wirthes heirathete hinüber nach Oledoef und der Vater hatte be stimmt, die Feierlichteit mit einem solennen Schmaus- und Tanz zu be schließen, zu dem eine Menge Ver: wandte und Gäste aus Oledorf so wohl, wie aus-«- Zchildheim selber gela den waren. Eine Strecke hinter dem Dorfe sah sdser Reiter einen Knäuel Menschen auf der Straße stehen« die um ein umge worfenes Fuhrwerk versammelt wa ren. Fast Unwilltiirlich lentte er sein Pferd dorthin, und entdeckte bald ei nen vornehm aussehean Herrn» der Lin Reisetleidern neben einem zerbroche nen Wagen stand. Das linte Hinter rad war in Stücken, augenscheinlich an einem der Wegfteine zerschellt und slag im Straßengraben während ein Kutscher mit Hülfe des Bedienten und einiger gefälligen Bauern bemüht war, »das Riemenzeug der Pferde wieder in Ordnung zu bringen. Der Reisende selber beliitnmerte sich jedoch weder um Pferde noch Wagen, sondern schien nnr damit beschäftigt, seinen etwas-« beschmusten und sogar beschädigten Ro- wieder zu reinigen, wie die Stöße ungeschehen zu machen, die sein hat, mhtsckjeinlich beim Herauzsallen aus dem Wagen, erhalten hatte. Durchidie Umstehenden, die Georg trennten, wurde er jedoch auf den Nahenden aufmerksam gemacht, 'und wandte sich jetzt höflich gegen diesen. »Herr d. Genfeln — wie ich höre, ist das Jhr Name —-- ich dedaure sehr, mich Ihnen in dieser Situation und Oh em Zustande vorstellen zu müssen; in Name ist Baron v. Zühdig, und ich bin hier auf ahominable Art mit meinem Geschirr erst fest und dann auseinander gefahren. Könnten Sie uns nicht helfen lassen, daß wir we nigstens ntit dem Wagen das dort lie gende Dorf erreichten ?« »Das tann ich allerdings, Herr Osaron", erwiderte Georg, »und es thut mir leid, daß Sie der Unfall hier de ttoffen hat. Jch begreife freilich nicht« wie es auf der trocknen Straße mög Iich war.« »Ein Leiter-wagen voll junger Bauern kam in gestreckter Carriere hin ter uns drein«, erzählte der Baron. »Die jungen übermütbigen Burschen, die wahrscheinlich zu irgend einein Feste zogen, jauchzten und schrieen und schwenkten die hüte, meine Pferds scheuten dadurch etwas zur Seite, dgs Borderrad vermied jenen Stein, aber »das hinterrad wurde dagegen gerit ssen, brach wie Gias und wars mich in diesem Zustande, tvie Sie mich hier erblicken, in den Graben hinein.'« »Ich bedaure Sin innig; die Leute haben heute im Der-se eine Hochzeit und sind dabei gern ein wenig laut; aber ich darf Sie nicht länger als nö thig hier auf der Straße lassen. Dort drüben arbeiten meine Leute die binterriider Jhres Wagens sind ziem »sich hoch; ich denke, eins von meinen Schlamm-sagen tann Jbr Geschirr wenigstens bis zum Dorfe bringen, und dort werde ich Sorge tragen, daß Ohr Schade, trotz der hochzeit heutej augenblicklich wieder verbessert wird. Entschuldigen Sie mich nur aus we nige Minuten, ich bin gleich wieder bei Und damit wandte er sein Pferd ritt in scharfem Trade über die iese hinüber der Stelle zu, wo seine Leute arbeiteten um diese zur hülfe sei RGO-isten Wagens herbeiqu III. cr Dakehrte auch bald mit ihnen zu Das W wurde wieder so seit tn Stand gesehn die kurze Streite M sm- Dsrse wenigstens zusammen halten, und Georg, der sein Pferd It atn Zitgel führte, schritt neben " be- sonnt-en ans der Straße bin. Or selber tain aber dabei nicht viel Dort; der Fern-de, der außeror lich istsbegierig schien richtete Msteger an, ihn, ohne ijm je III in lasen. auch nnr eine gez " ist-Motten und interes IeI Ich besan disiir zu erfahrer fffq faffffffffffsfff f I I f I f ob es biet in nächster Nähe nicht ir gend eine Stadt oder ·ein Städtchen gäbe das er beut Abend noch erreichen könnte und in dem Theater gespielt würde. Das war allerdings nicht der Fall, und der Fremde. der um den Preis wohl seinen zerbrocherrn Wagen heute im Stiche ’gelassen hätte, sah sich seht genöthigt diesem wieder seine Auf merksamkeit zu schenken- Sie hatten nämlich das Dorf erreicht, und der Schmied erklärte sich mit dem Wa gen- oder Stellmacher. wenn auch im Anfange nach entschiedenem Weigern, doch endlich bereit, die nöthige Reda ratur sofort vorzunehmen und daß die Leute rasch arbeiten würden. da siir bürgte die Hochzeit zu der sie Beide eingeladen waren Jetzt galt es dem Fremden Unter kommen im Gastbause zu verschaffen: das war aber entschieden unmöglich und jedes Wintelchen im Hause, bis in die Stalle hinein, befest. Nicht-ein mal Kutscher und Pferde tonnten dort unter-gebracht werden. So ungern es Georg gerade bei einem Fremden that fab er sich doch endlich genöthigt, ibm siir die Nacht — — denn an ein Weiter reisen ließ sich nicht denken —-- seine Gastfreundschaft anzubieten, die in dessen bon dem Fremden, toenn auch erst nach scheinbarem Sträuben und tausend nichtssagenden, meist französi schen Pbrasen don »Std"ren« und »zu: Last sallen«, angenommen wurde. Den Wagen hatte man indessen den betref fenden Handwerkern übergeben, der Kutscher führte die Pferde in das Gut voran. der Bediente folgte mit dem Nötbisgftem was sein Herr fiir die Nacht brauchte - -- und das war rnebr, als er allein tragen tonnte —, das übrige Gepiick batte der Wirth in sein eigenes Zimmer gesteilt, und die bei den Herren schritten sent ebenfalls plaudernd zum Gute binaus,- wo Georg die Wirtbschasterin rufen ließ und ihr auftrug, auaenblicklich eins der Fremdenzimmer siir den Gast herzu richten· . Das war bald geschehen, und Ba ron d. Zühbig wurde in Stand gesetzt, feine Toilette mit ängstlichster Sorg Efalt, wie er es stets gewohnt war, zu Hvollenden Bis dahin konnte auch das LAbendbrod bereitet sein, und zwar heute nur für die beiden Gatten und den Fremden. Der alte Mühler hatte gebeten, auf feinem Zimmer essen zu dürfen, und die Erzieberin trank überdies jeden Abend rnit Josephinen den Thee auf dem ihrigen. s Georgine war von dem unerwarte ten Besuch rechtzeitig in Kenntniß ge ietzt worden und eben mit ihren An drdnungen in Küche und Keller, wie mit ihrer eigenen Toilette fertig ge worden. als Herr b. Zübbig, von Georg geführt, ihr Zimmer betrat und sich ihr mit seiner zierlichften Verbeu gung nahte. »Gnädige Frau, ich muß unendlich bedauern, wenn auch die unschuldige, doch die Ursache zu sein, die Sie heut Abend Jhter gewohnten Bequemlich teit und ungestörten Häuslichteit ent reißt, utn einem Fremden Gaftfreund fchaft zu erweisen, aber Ihr Here Ge mahl war . · .." Er blieb pliißlich mit ten in der Rede stecken und fah dii Dame erstaunt »und forschend an, die aber ruhig lächelnd erwiderte: »Lassien Sie sich das nicht stören, here Baron. Wir auf dem Lande sind einmal darauf eingerichtet, Nachbarn und Freunde, die uns besuchen, auch bei uns zu beherbergen Freilich mits sen Sie Rachficht rnit uns haben, denn die Zeit war ein wenia kurz« »Gnädige Frau -——— ich'«, stammeltei herr v. Zühbig, »ich weiß wirklich nicht s-— ob ich —-- ob ich nicht schon früher das-das Vergnügen hatte . . .« »Der Baron wird sürlieb nehmen«, unterbrach ihn Georg, »ein Reisender ist daraus eingerichtet, ost in irgend dem ersten, besten Wirthshause zu campiren, und die Bequemlichkeiten sind dort auch nicht immer ausgesuch ter Art. Jm Stern unten hätten Sie les keinesfalls besser gesunden-U nnd wahrscheinlich noch außerdem die ganze Nacht vor tobender Musik tein Auge schließen können« »Gewiß — gewiß«, stammelte der Baron, »aber — Sie verzeihen wohl meine Zudringlichkeit — doch nein, es ist. nicht möglich --— und doch -—-— herr v. Geyseln —- Sie müssen mich wahr haftig entschuldigen — diese — diese . . . .« »Was ist aneni Sie scheinen ganz außer sich zu sein !« sagte Georg. »Das bin ich auch«, ries v. Ziihbig, indem er abwechselnd bald Margin nen, bald Geer staunend und immer noch ungewiß anstarrte, »wahthastig, gnädige Frau — ich weiß in diesem Augenbäete nicht« ob ich aus dem Kopfe oder ans den Füßen stehe. Ich würde das Ganze auch nur siir einen charmanten. seenhasten Traum halten, wenn Ihre beiden Persiinlichkeitem mich nicht eines Besseren bekehrten; — eriee ich muß Sie schon sriiser einmal gesehen hol-sitts; wieiän auch unter an nguh wa in angenommenen Namen. Wenn-nicht, haben Sie Beide S sfffffffvfIIffffIIIIIIIIvvvr entweder Doppelgänger. oder es be ftebt eine Aehnlichkeit zwischen vier Vetfchiedenen Personen in der Welt die ich bis zu diefern Augenblicke nicht für möglich gehalten hätte-u Georgine etrötbete leicht und fah ihren Gatten an. Georg? Brauen aber zogen sich finftet zufammen, und kaum fähig. feine Fassung zu behalten, fagte er: »Es finden sich oft Aehnlich teiten auf der Welt, here Baron, die uns im Anfange ftuhig machen --- es giebt deren auch. die fchmeichelbuft — andere. die es nicht sind. Das Beste tft, man läßt fich nicht von ihnen be irren, und nimmt das Leben. tvie es sich eben bietet, ohne darüber nachzu senkrean « Jrgend ein anderer Mann, an des Baronö Stelle, hätte sich vielleicht den ziemlich deutlichen Wink genügen inf fen; Herr v. Zithbig ober, irnit dem entziietenden Gefühl, für die Salons und deren Ktntfch eine neue iuperbe Entdeckung gemacht zu hoben. und von dser Jdentitiit der vor ihm Stehenden dabei feft überzeugt, hörte, fah und verstand nichts weiter. »Wenn ich Jhnen nur gestehen diirsi te, wie glücklich ich mich fühle. Ihnen hier in Ihrer reizenden Einsamkeit begegnet zu sein!« suhr re fort, als er sah. daß Georgine verlegen schwieg; »ich segne seht den Unsall mit meinem Wagen. der mich aus teiner passende ren Stelle hätte aufs Trockene sehen lönnen.« »Und mit wem haben wir Aehn lichkeit, Herr Baron?« sagte in diesem Augenblicke Georg’s tiefe Stimme an seiner Seite. «Mit wem ?" suhr Herr v. Ziihdig rasch und beinahe etwas erschreckt her um und starrte seinen Wirth verbliisst an. Dessen Ruhe machte ihn nämlich in seiner Entdeckung wieder schwan kend, und wenn er auch aus Georgin nenö Gesicht mit gutem Gewissen hätte schwören mögen, so war ihm das ih res Gatten doch keineswegs so sicher im Gedächtnis geblieben. darin jeden Jrrthum außer Zweifel zu lassen. — »Mit wem. Berehrtesteri oh, mit - aber, hahahahn ———- Sie wollen doch nicht etwa — — Jhr Name . . .«« «Georg o. Entfean »Von Geyselni —— Georg? — oh gewiß außer allem Zweifel. Ich» bitte, mich urn Gotteswillen nicht miß verstehen zu wollen« Der sriihere Name war jedenfalls angenommen —s ein Kunstnamr. Wir hoben das ja hei der Bühne alle Tage, und ich « dari wohl mit Recht von mir sagen, dass ich - selber mit zur Kunst gehöre.« »Sie selber? wie verstehe ich dazi'» sragte Georg, dem der Fremde eben» nicht wie ein Künstler oorlommens mochte. » »Ich bin", stellte sich der herr v. Ziihhig vor, ..General-Jntendant des M7«schen hoftheaters. wo ich —- wenn ich nicht setzt an ein Wunder glauben soll —-·-· das Glück hatte, durch Sie beide in reine Elstase versth zu wer den. Sie —-——— aber, bester Baron. ina chen Sie iein solch’ ernsthaftes Gesicht s-— Sie bringen mich wirklich in — in Ungewißheit und — ich.sange schon an, aanz consus zu reden —- zut Ver zweislungf Am UDschen hostheater?« sagte Georg, immer noch in der, wenn auch vergehltchen Hoffnung, den Fremden von seiner Beute siir Thre- undAbend Unterhaltung abzulenten. «Bitte ten-i Verzeihung -— nicht im Hoftheater, sondern im aber Sie wahrhaftig brauchen sich Jbrer Erfolge nicht zu schämen ---— gnädige Frau. was Sie auch immer bewogen haben konnte. auf eine Zeit Jhr enormes Talent dem Publikum zu mit-mein Jn diesem Augenblicke . . .« «habe ich das Vergnügen, Jhnen in ihr meine Frau, Baronin o. Geoieln, vorzustellen«, unterbrach ihn Georg kalt »Ungemein erfreut«. stotterte Herr v. Bühl-ist« der dabei nicht einmal wußte, was er sprach, «ungecnein in der That — gnädige Frau, erlauben Sie mir, daß ich. . .« er nahm ihre band und führte sie ehrfurchtsvoll an die Lippen. »Und fest, denke ich, wird ein Im biß wohl bereit sein«, rief Georg wie der mit lebendigerem Tone, denn er toiinfchte, dieser Malen Auöeinander setzung ein Ende zu machen. »Der Baron toird nach seiner langen Fahrt uer seinem Unialle hungrig geworden fein. hast Du bestellt, mein Kind, daß wir hier oben in Deinem Zimmer es sen?« »Ja- es ist Alles angeordnet und wird gleich gebracht werden«, sagte die Frau, die sich an der Verwirrung deö Fremden etgitite, ohne im Geringsten das Peinlirhe zu fühlen, das ihres Gatten her-z heenåtez »aber bitte, here Baron, nehmen te doch Plas. Sie miissen sich ja nach der heutigen An ftrengung Miit-et itihlen.« »Ja walks-— ich? -—— bitte um Ver zeihung —- mit idem grshten Vergnü gen«, la te v. Ziihbig vollkommen außer J- mse ask-Mit- DZ er sich den beiden Kunstreitern onsieur Vertraun void Senat-ten gesenktan ----v vvvvvv ff--vff-IIII’III sand, daraus hätte er in dein einen Augenblicke den höchsten körperlichen Eid ablegen mögen, während er im andern dnrch Georg-? anstec. abge messenes Wesen fast wieder schwankend gemacht worden wäre· Dazu kam die veränderte Kleidung der Beiden. die andere, fremde Umgebung, und dann der Name ---— v. Geyseln. Es gab ein Geschlecht v. Geyseln s— Herr v. Zith big war viel zu sehr Edelniann, nicht den ganzen deutschen Udelslatalog im« Kopfe zu haben, und war witllich der Edelmann ein Kunstreiier oder veri Kunstreiter ein Edelmann geworden,s oder bestand zwischen vier sich einander s gar nichts angehenden Personen einel solche frappante Aehnlichkeit daß( seide- ek -- des Genesui-Jmkudauti des Woschen Hostheaters getönschti werden lonnteY i Herr b, Ziibbig ließ sich aus das Sopha neben Georginen nieder. und saß dort wie aus Nadeln, bis ihn die Fragen der schönen Frau nach seiner Reife und dein heutigen Unsalle wieder zu sich selber brachten. Ei- erzählte ietzt. wie er Urlaub in «- genommen trotzdem dass seine Anwesenheit dort dringend nöthig sei. denn er furchte, »daß am dortigen Theater, selbst wäh rend seiner kurzen Abwesenheit, die größten Mißgriffe geschehen würden .Nothwendige Familiengeschäfte hatten Tihn aber nach Norden gerufen, und er Iselber war nur der angenehmen Pflicht gefolgt, bei einer im Jnnern des Lan ides lebenden Schwester, der Gräsin "Hostenbrul, Gedatter zu stehen. Von da lehrte er eben zurück Herr v. Gehfeln kannte gewiß die in Meinen burg ziemlich ausgebreitete Familie Hostenbrut --- und während er im An fange geglaubt habe. daß ihm sein bö ser Stern heute einen satalen Aufent halt zugezogen, finde er jetzt -- und er setzte das mit seinem süßeften Lächeln hinzu --—, daß es sein guter gewesen sei. dem er nicht genug danten könne. Einmal im Zuge, war auch keine Gefahr, daß here v. Ziihbig ein. anderes Thema berühren würde als sich selber, und als er das erschöpft zu haben schien, brachte ein einziges hin geworfenes Wort Geora’s, das Thea ter berührend. ihn ins eine neue Bahn aus deren Geleisen er nicht mehr wich, bis das Essen hereingehracht wurde. Aus ein einladende Bewegung Gange hatte Herr d. Ziihbig eben der Dame des Hauses den Arm geboten, sie zu ihrem Stuhl zu führen, als Josepbine in das Zimmer kam und sich gegen den Fremden verneigend sagte: »Mama. ich habe mein Musitheft hier liegen lassen!« «Mademoiselle Josevhine, beim Zeus!« rief herr d. Zühbig erstaunt aus. Josephine sah staunend von ihm zu ihren Eltern, der finster-e Blick«des Vaters aber ließ sie die Seene rasch durchschauem und wieder sich graziös verbeugend, gewissermaßen wie um siir Nennung ihres Namens zu danken. ergriff see das vergessene Heft und ver äsehn-and im nächsten Augenblicke aus »dem Zimmer. ’ »Bitte, diesen Platz einzunehmen, there Baron«, sagte indessen Georgine, während der General-Jntendant noch ;imrner auf derselben Stelle stand und Ihinter dem jungen Mädchen wie hin ster einer Erscheinung dreinsah. » »Enifchuldigen Sie«, erwiderte ver- f legen Herr v. Zühbig, und fein Blick sftveifte über-Die beiden Gatten. Wenn Eaber auch Georgine ihre volle Unbe ifangenheit gewahrt hatte - denn ihr lfeil-er machte es fogar Freude, die Er innerung an sich und ihre Tochter fo! bewahrt zu fehen -- , lonnte fich deri Baron doch nicht gut über den finstern i Ernst täufchen, der auf »Monsieuri Bertrand’s« Zügen lag. Zu viel Welt- s mann dabei, einen fo argen Mißgriff » zu begehen, als jetzt noch einmal das Thema zu berühren, das, wie er füh- I len mußte, feinem Wirthe tvenigftens lein angenehmes war, erwähnte er der neuen Bestätigung, die er in feinem erfien Erkennen durch Jofephinens Erscheinen gewonnen hatte. mit leinem Worte, und warf sich jeht, vielleicht mit etwas nur zu großem Eifer, auf ein Gespräch über Ackerbnu unk- Vieh zucht, das ihm volliommen fern lag und von dem er tein Wort verstand. Gevrg aber tvar ihm dennoch dafür dankbar und ging rafch darauf ein. Trvhdein herrfchte ein Mißton in der Unterhaltung, die unter diefen Um ftiinden nicht natürlich fließen konnte. Der eine Theil verschwieg etwas, von dem der andere fchon zu viel Kenntniß erlangt hatte. um et ungefchehen zu mach-ern und wenn auch das Gespräch bald auf-die Jagd, dann auf die Nach-. barfchaft und die Unterhaltung isn Winter hinübertvsechfelte, ließ sich der heitere Ton darin nicht wiederfinden. Derr v. Zilhbig fehnte deshalb die Zeit herbei, in der er fich auf fein eigenes Zimmer zurückziehen konnte, und Georg lam ihm darin unter dem Vor tvande zuvor, den reiferniiden Gast nicht Fu lange die nöthige Ruhe und Beauemlichteit entbehren zu lassen. Um nächsten Morgen beim Frühstück wallte inan fich wieder treffen, und bis O -Ivvff-I vvvvv vvfffvfsvffff idahin war auch der Wagen, wie sich lGeorg indessen schon hatte ertundigen llassen wieder hergestellt, damit die Reife ungesäumt fortsetzen zu können. So friih indessen Herr o· Zithbig an diefeni Abend zu Bett gegangenj war, so srith war er am nächsten Mor- s gen wieder aus und —--- unten im Dor fe Nicht aber um nur nach seinem» Geschirr zu sehen — - das würde er; unter anderen Umständen allein seinein Kutscher oder Bedienten überlassen haben, — sondern in einer Sache, die für ihn weit größere Wichtigkeit hatte: » iiber die Gehfeln sche Familie nämlichi soviel Nachrichten als möglich einzuzie hen. Schon beim Schmied erfuhr er denn auch zu seinem unbegrenzten Er staunen, daß das Gut Schildheiin der Familie Geyerstein gehöre und Herr o. Genfeln nur der neue Pächter sei, der mit dein Grasen v. Geherftein vor noch nicht sehr langer Zeit hier eingetroffen wäre. Weiter vermochte ihm aber der Schmied leine Auslunft zu geben, und eben so wenig der Wagenmacher, das ausgenommen, daß der «gnädige Herr« noch außer seiner Tochter den Vater seiner Frau und einen Knaben, einen Neffen oder Vetter bei sich habe. So viel einmal erlundschafteh geliiftete es Herrn v. Zühbig fest außerordentlich noch mehr zu erfahren, denn daß die Residenz bei solcher Neuigkeit auch die kleinsten Details von ihm verlangen würde, verstand sich wohl von felbsiz aber es gelang ihm nicht. Selbst der Wirth, der, als er den Stern betrat.« nach durchschwärmter Nacht eben sein Bett verlassen hatte und ihn gähnend in Pantoffeln und Schlaspelz mitten ini Hausflur begrüßte. wußte leine nähere Aus-lauft und Herr v. Zühbig hätte auch mit Vergnügen - - trotz sei ner dringenden Geschästs zu Hause einen Tag in Schildheim zugegeben. seine (·l1mniquc· Scmxelalesusc zu det vollständigen, wenn ihm nur, dem Barvon v. Gehseln gegenüber-. der ge ringste haltbare Grund dasiir einat sallen wäre. Das ging jedoch nicht an; der Wagen war leider fix und fer tig; sein Diener hatte das Gehört schon vom Gute heruntergedracht und eben begonnen, es wieder auszuladem und ,er mußte sogar eilen, daß er iu der bestimmten Zeit oben beim Frühstück eintraf. (Fortsesung solgt.) Vte deutsche Rechtslchreibung.i Der unlängst verstorbene sriihere Direktor des Ghnrnasiums in Der-Z setb. Geh. R.-,R. Pros. Dr. Kontos Orden, war sicherlich einer der meist genaunten Schulrniinner in den Län derr deutscher Zunge. Sein Vollstän diges orthographisches Wörterductl der deutschen Sprache. kurz der große Du den genannt, sehlt seit Jalmn in tei ner Druckerei, überhaupt taum in eis nem Betrieb, in dem viel qeschrieben wurde. Und der kleine Duden beglei tete seit Jahrzehnten in Deutschland den Schüler von der Sexia aufwärts bis zu den Würden der Prirrta Da bei war Duden gar nicht, wie vielfach angenommen wird, der Schöpfer der’ neuen Orthographie. Er war ledig-« lich Theilnehmer an der grundlegenden Konserenz, die aus Veranlassung des preußischen Kultusministerg Dr. Fall im Jahre 1876 eine Reihe von-Sprach gelehrtenund Schulrniinnern zur Fest- » sehung einheittichen Grundsätze flir die Orthographie vereinte. Aus dieser Konserenz · handelke es sich zunächst urn eine Prüfung der von dem bekannten Germanisten Rudolf von Raumer gemachten Vorschl?ige, die jedoch von der Mehrheit derKonstren3 teilnehmer abgelehnt wurden. seit-er auch Dudenö Vorschläge fanden leine Mehrheit, da sie mit ihrer raditalen Abschassung des Dehnungg H den mei sten viel zu weit gingen. Die Qrthw graphie, aus die man sich schließlich einigte, war ein Komprorniß, mit dem auch Duden selbst angesichts der Un mö lichleit, mehr zu erreichen, sich ein« verstanden ertliirtr. Durch Erlaß des Minister-i Viktor v. Puttlamer vom Jahre 1880 iam dann die neue Or thogrnvhie ossiziell zur Einführung, Fund sie wurde auch in Oesterreich zur i gleichen Zeit übernommen. Die Geschichte der deutschen Recht schreibung ist natürlich unendlich öl ter; man tann sagen. daß sie mit dem schriftlichen Gebrauch der deutschen SpracheOiiberhaupt beginnt. Eine ein heitliche deutsche Rechtschreibung gab es im Mittelalter so wenig, wie eine« einheitliche Aussprache. Es gab vielmehr bestimmte ortho gruphische Kreise, die von einigen we nigen Klosterschulen ausgingen. Von diesen war die St. Gott«-Schule stir die altdeutsche Rechtschreibung die wichtigste. Neben der St. Gallu Schule erlangte zur asthochdeutschen Zeit besonders die rheinsröniische echtschreibung durch ihre Literatur einen grösseren Einfluß, diese in Mit tel-, iene in Oberdeutschland. Ein drit tes literarisches Zentrum mit mund nrtltcher Rechtschreibung hat für ganz tf If-fvv-ffv Niederdeutschland einen maßgebenden Einfluß erlangt, so lange Nieder deutsch überhaupt eine Literaturspka che gewesen ist. Die mittelbochdeutsche Literatur Mist eine verhältnismäßig einbeitli chete Rechtschreibung aus als die alt hochdeutsche, wenngleich sie in Wirt licheit viel stärkere mundartliche Un terschiebe zeigt als sie in unseren nor malisterten mittelbochbeutschen Texten zu Tage treten. Diese Rechtschreibung seht die althochdeutsche nur zum Theil fort. Zu leiner Zeit bat sich bie deut sche Rechtschreibung die einen satt wiilxrenben nie auggleichbaren Kampf zwischen der phonetischen und der bi stctischenSchreibweise darstellt, so sehr dem Jbeal einer pbonetischen Recht schreibung genähert, als im 12. und 13« Jahrhundert. der Blütbezeit oer mitteldeutschen Literatur. Hier war es besonders der Einfluß der Hohen stausen, der der oberdeutschen, spezika schwiiblschen Schreibweise eine weitere Geltung verschaffte. Von einer gemeinbeutschen Recht schreibung lann eigentlich erst seit dem 15. Jahrhundert, genauer noch seit Luther gesprochen werden. Jbre Ge- . schichte ist mit ver der neulzochdeiitsd,en - Schristsprache untrennbar verbunden. Man sing damals eben auch dort, wo man »Bit« und »Huo« sprach, an, nach dem Vorbild Luther-Ei ,.Zeit'« und »Halt-b« zu schreiben; oas Gefühl für Oithograpbie prägte sich also damals bereits aus· Die deutsche Rechtschrei buna entspricht, ebenso wie dies-christ sprache. im wesentlichen der mittel deutschen Sprechweisr. Luthers Recht schreibung, der übrigens daran selbst später inanches geändert hat, blieb für die Folge vorbildlich, wenn auch Im 17. Jahrhundert die Rechtschreibung, besonders durch eine Unsinnige Hatt-i sung der Konsonanten, wieder start berwildert. Der Grundsatz der bedeu tenden Grammatiter des 18. Jahrhun derts, wie Gottsched und Adelung. »Schreib. wie du sprichst«, hat sich nur in geringem Maße als durchiiihrbar erwiesen, und die deutsche Rechtschrei bung ist seit Luther immer mehr eine historische geworden. Zur Zeit der höchsten Blüthe der deutschen Literatur, gegen Ende des 18. Jahrhunderts-. war die deutsche Rechtschreibung im wesentlichen sertig gestellt. Nur in einzelnen Punkten haben sie difnn J. Chr. A. hehse und andere in den ersten Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts noch weiter gebildet Babnbrechend hat dann noch einmal Jatob Grimm gewirtt· Veranlaßt durch seine Werte aus dem Gebiet der deutschen Sprachgeschichte haben die deutschen Sprachgelehrten angefangen. aus eine radikalere Vereinsachung der Rechtschreibung nach phonetischen Grundsiihen zu dringen. Auch die jüngsten Bestrebungen zur Beseitigung Idee Fratturschrist zu gunsten der An » tigua, die vielfach mit der Tendenz ein jhergehen, auch die großen Anfangs -buet8staben zu beseitigen, gehören im Grunde genommen in das Gebiet der Rechtschreibung Es ist aber taum anzunehmen, daß diese Tendenzen in absehbarer Zeit die Oberhand erhal ten, wie überhaupt weitere Verein ssachungen der gegenwärtigen Orma Igraphie wohl aus larige Zeit hinaus 2teine Aussicht aus Einiiii-rung haben dürften. Jn dieser Hinsicht tanzt man wohl sagen, hat Duden, soroeit das bei Tdiese: Materie überhaupt Möglisty ist« Heir. sertiges Wert hinterlassen, und ssein Name wird in der Geschichte der ;deutschen Rechtschreibung gewiß im ; Iner mit Ehren genannt werden. — Dr. Tsoth, der New Yorkek Qua« rai«tänearzt, tann, wie die Staat-zei tung sagt, als Erfolg seiner Wirksam teit die Thatsache aufweisen, dass ec allen Seuchen den Weg zu Wasser ver legt hat. Noch mehr als das. selbst die Furcht vor solchen Seuchen hat er ge bannt. Ein Pestschiss- bei dessen Ra hen noch vor etlichenJahren, und zwar uus·guten Gründen, eine Erregung die Bürgerschaft befiel, als ob seindliche Geschwader schon die Narroios und Fort Totten passiert hätten, verursacht heute teine Furcht mehr. Wohl ist man sich der Gefahren bewußt, die es mit sich führt, aber man ist sich auch be wußt, daß der Quarantänedienst« den Aufgaben, die in solchen Fällen seiner warten, gewachsen ist, bis dahin we nigstens gewachsen gewesen ist. —Einem Manne, der sich im Ge dränge einer das Theater in San Francisco verlassenden Menschen-nen ge befand, wurde eine der langen hutnadeln durch das eine Augenlid, die Nase und durch den Augapsel des anderen Auges gestoßen und dann nannte ihn die Eig nthiimerin dieser Nadel einen rohen Menschen« weil er« ihren hut verrückte. — Das scheint start, aber entspricht den landläufi gen Ansichten der holden Weiblichlett ber ihre und die Rechte des anderen Geschlechtes. Doch das erwähnte Vei fprel ifi nicht das einzige dafür, was diese dolchahnlichen hutnadeln ange richtet haben, und alle Versuche, sie dugch Verordnungen zu beseitigen, ha en sich als auflas erwiesen.